Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt! - Virginia Ironside - E-Book

Nein! Ich möchte keine Kaffeefahrt! E-Book

Virginia Ironside

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Beschreibung

Seniorenteller leer? Hier kommt der Nachschlag!

Das Zipperlein zwickt? Die Lesebrille gehört zum festen Inventar? Kein Grund, das Leben nicht mehr mit froher Entschlossenheit anzupacken!
Marie Sharp ist zurück! Sie ist mittlerweile fast 67, und sie hat eine Liste mit guten Vorsätzen: Nie wieder Alkohol trinken, schon gar nicht Sekt, Rotwein und Rumpunsch durcheinander, ein Facelifting machen lassen, Akupunktur ausprobieren gegen die zunehmende Steifheit in den Gliedern und natürlich: Tagebuch schreiben, denn Maries Leben ist völlig aus dem Gleichgewicht geraten. Ihre Jugendliebe Archie ist an Alzheimer erkrankt und glaubt an Elefanten im Schrank, und dann beschließt auch noch ihr Sohn Jack, mit seiner Familie in die Staaten zu ziehen. Marie lässt sich sogar Skype installieren – doch auch das hilft nicht gegen ihre Sehnsucht, und so macht sich Marie schließlich auf die Reise ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten…

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 480

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Virginia Ironside

Nein! Ich möchte

keine Kaffeefahrt!

Das neue Tagebuch

der Marie Sharp

Deutsch von Sibylle Schmidt

Die Originalausgabe erschien 2012 unter dem Titel

»No! I Don’t Need Reading Glasses« bei Quercus, London.

1. Auflage

Copyright © der Originalausgabe 2012 by Virginia Ironside

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012

by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur München

Umschlagmotiv: Franziska Biermann /

Agentur auserlesen-ausgezeichnet

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-09278-8

www.goldmann-verlag.de

Für meine liebe Edith Hansen,

die sich vor vielen Jahren so wunderbar

um mich gekümmert hat.

Januar

1. Januar

Herr im Himmel.Aufgewacht mit grässlichem Kater, Herzrasen, Schweißausbruch, nachWasser lechzend… passiert mir sonst nie. So etwas hatte ich nicht mehr seit den Sechzigern. (Da fällt mir ein, dass es mir nach meinerAbschiedsparty an der Schule auch nicht so prima ging, was aber daran lag, dass der Biolehrer das Bier selbst gebraut hatte.)

Hab es geschafft, mich aufzurappeln, eineTasse Kaffee zu trinken und einenToast zu essen. Hatte große Lust auf fünf Spiegeleier und habe zwei verputzt, aber irgendwie ist ohnehin alles einerlei. Heute ist Neujahr, und es ist so sonderbar still in London, dass ich mir wie in einem grottenschlechten Film vorkomme, in dem ich einzige Überlebende in einerWelt bin, die von einer verheerenden Schlafkrankheit heimgesucht wurde. Habe keinen einzigen Menschen gesehen, als ich aus dem Fenster schaute. Und nur wenigeAutos.Wahrscheinlich sind alle verreist. Beim Blick aus dem Schlafzimmerfenster– ebenfalls keine Menschenseele. Na schön, da ist auch sonst keiner, und es würde mich doch sehr wundern, wenn am Neujahrstag jemand auf meinem Rasen herumlungern würde, aber man hört gar nichts, nicht mal das entfernte Heulen einer Kettensäge oder ein weinendes Baby oder das Wummern von Bässen aus einem Radio.

Der Garten macht einen ziemlich verwahrlosten Eindruck, muss ich gestehen. DerWinterschneeball wird wohl bald blühen, aber bislang noch keine Spur davon. Mein Garten ist ein langer schmaler Schlauch mit einem Rasenstreifen in der Mitte und Büschen und Bäumen am Rand. Im letzten Sommer war er so üppig wie ein Dschungel, aber an Neujahr wirkt alles öde. Eine Schlammwüste, und in der Mitte hockt eine fetteTaube und überlegt, ob sie sich in die Lüfte schwingen soll, um den Krallen und Zähnen meines Katers Pouncer zu entkommen, während Pouncer ebenso träge herumsitzt und darüber nachsinnt, ob er sich aufraffen und auf dieTaube hechten möchte.

Ich sollte wieder ins Bett gehen. Mit etwas Glück bin ich später putzmunter und quietschvergnügt. Mit noch mehr Glück schlafe ich bis nächsteWoche, wenn das Leben wieder normaler wird.

3. Januar

Allmählich erwacht dieWelt wieder und ich mit ihr. Und ich habe beschlossen, etwas zu machen, was ich seit meinem zehnten Lebensjahr nicht mehr getan habe: eine Liste mit gutenVorsätzen fürs neue Jahr zu verfassen.Also los geht’s.

Nie wiederAlkohol trinken, und schon gar nicht Sekt, Rotwein und Rumpunsch durcheinander. (Hab mich immer noch nicht richtig erholt. Die alten Hirnzellen kommen erst langsam wieder in Fahrt.)Ein Facelifting machen lassen.Gegen die zunehmende Steifheit in den GliedernAkupunktur ausprobieren. Ich stakse durch die Gegend wie diese Holzgliederpuppen aus dem neunzehnten Jahrhundert.Das Haus aufräumen, jedes Zimmer einzeln entrümpeln. Ich besitze viel zu viel Zeug.Tagebuch schreiben. (Damit habe ich schon angefangen.)Wieder mit Malen beginnen.

Penny, meine liebe Freundin, die gleich um die Ecke wohnt, hat vorgeschlagen, dass ich »häufiger verreisen« in die Liste aufnehmen sollte, aber ich bin alt genug, um zu wissen, dass man mit Reisen nirgendwohin kommt– auch wenn das albern klingen mag. Ich habe schon oft gedacht, dass eine Reise mir guttun würde, und wenn ich dann beispielsweise inTimbuktu ankam und meinen Koffer öffnete, fand ich dasselbe alte Selbst darin vor, dem ich hatte entkommen wollen.

Deshalb bleibe ich jetzt lieber zuhause.

Ist vielleicht sonderbar, das Facelifting so weit oben auf die Liste zu setzen, aber bei der Silvesterparty sprach mich ein grusliger alter Mann an (ich schreibe »alt«, obwohl der vermutlich in meinemAlter war) und sagte in einemTonfall, den er wohl für charmant und verführerisch hielt: »Sie erinnern mich an eine burmesische Prinzessin.« Mir war sofort klar, dass er mich nicht erotisch und exotisch und wunderschön fand. Sondern dass der verführerische Schlitzaugen-Eindruck darauf zurückzuführen war, dass meine Lider so tief herunterhängen.

Und wieso schreibe ich wiederTagebuch? Das habe ich mit sechzig gemacht, aber nach einem Jahr wieder aufgehört, weil ich lächerlich glücklich war. Und weshalb soll manTagebuch schreiben, wenn es einem blendend geht? Das ist doch furchtbar langweilig.

Montag: SuperschönerTag. Dienstag: Sonne scheint, fühle mich prima. Mittwoch: Mit Penny getroffen, sie war süß. Donnerstag: Große Summe für wohltätige Zwecke gespendet und höchst zufrieden gewesen. Freitag:Was hab ich doch für ein Glück, am Leben zu sein! Äh, ja und?

Außerdem hat man keine Zeit zumTagebuchschreiben, wenn man glücklich ist, weil man nur schöne Sachen macht, wie Freunde zumAbendessen einladen, fürWeihnachten Blumenzwiebeln inTöpfe pflanzen und sie unter dieTreppe stellen, alte Folgen von auf YouTube gucken und sich kringelig lachen, das Gästezimmer frisch streichen, überlegen, ob man Fotos sortieren und inAlben kleben soll (bitte beachten: Ich habe überlegen geschrieben) oder einfach mit einem lieben Menschen zusammensitzen und… na ja, eher wenig machen.Wenn man mit jemandem zusammen ist, möchte man eigentlich keine schönen Sachen unternehmen. Sondern eher tun.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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