Neurowissenschaften und Schulpädagogik. Handlungsorientierter Unterricht - Björn Widmann - E-Book

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Björn Widmann

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Beschreibung

Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Pädagogik - Schulpädagogik, Note: 1,3, Universität Hohenheim (Berufs- und Wirtschaftspädagogik), Sprache: Deutsch, Abstract: Naturwissenschaften und Geistes- bzw. Sozialwissenschaften sind zwei Wissenschaftsbereiche, die sich grundsätzlich voneinander unterscheiden. Auf der organisatorisch-strukturellen Ebene wird an Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen i.d.R. eine strikte Trennung in natur- und sozialwissenschaftliche Fakultäten praktiziert. Außerdem sind die theoretischen Erklärungsmodelle und praktischen Forschungsmethoden häufig grundverschieden. Die Naturwissenschaften arbeiten mit stringenten Kausalitätsbeziehungen unter experimentellen Laborbedingungen, während die Sozialwissenschaften auch einem qualitativ-hermeneutischen Zugang aufgeschlossen gegenüber stehen. Trotz der unterschiedlichen Ausrichtung gibt es Ansätze für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Neurowissenschaften und Pädagogik. Prominentes Beispiel ist das „Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen“ (ZNL) in Ulm unter der Leitung des Hirnforschers Manfred Spitzer. Ein weiterer Verfechter des interdisziplinären Brückenschlags ist der Frankfurter Neurophysiologe Wolf Singer, der die Herausforderung u.a. darin sieht, „die Grenzen zwischen den Beschreibungssystemen für neuronale und psychische Prozesse überbrücken“ (SINGER 2002, S.178) zu wollen. Auch von Seiten der Erziehungswissenschaft lässt sich eine vermehrte Auseinandersetzung mit den Forschungsergebnissen der Neurowissenschaften feststellen. Damit reagierte sie auf die umfangreiche Berichterstattung in den Medien nach dem „PISA-Schock“ im Jahr 2004. In dieser „Zeit der Empörung“ wurden Neurowissenschaftler mit ihren angeblich revolutionären Erkenntnissen zu wahren Heilsbringern stilisiert. Getragen wird die neurowissenschaftliche Popularität auch von der sog. Ratgeberliteratur, die im Bereich „hirngerechtes Lehren und Lernen“ ihre Leserschaft bei Lehrern, Schülern und Eltern rekrutiert. Als Fazit lässt sich feststellen, dass die Erziehungswissenschaft in die Defensive geraten ist und sich gezwungen sieht, ihrerseits Stellung zu beziehen, wie die pädagogischen Publikationen zum Thema Hirnforschung der letzten Jahre belegen. Grundsätzlich ist eine Interdisziplinarität zu begrüßen. Allerdings müssen sich die Beteiligten der Probleme bewusst sein, die bei einer Zusammenarbeit zweier grundverschiedener Disziplinen auftreten können. Neben den unterschiedlichen Forschungsmethoden sei exemplarisch die jeweils spezifische Fachsprache erwähnt, die sich als Barriere herausstellen könnte.

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INHALTSVERZEICHNIS

 

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Problemstellung

2 Grundlegende Begriffe

2.1 Neurowissenschaften

2.2 Pädagogik und Schulpädagogik

2.3 Didaktik

2.4 Handlungsorientierter Unterricht

2.5 Lernen

3 Das menschliche Gehirn

3.1 Evolutionstheoretische Aspekte

3.2 Zur Anatomie des Gehirns

3.3 Neuronale Prozesse

3.4 Lernen, Gedächtnis und Emotionen

4 Rezeption lernpsychologischer und neurowissenschaftlicher Erkenntnisse in der Pädagogik

4.1 Allgemeine Bemerkungen

4.2 Psychologische Lerntheorien

4.3 Neurowissenschaftliche Rezeptionen

4.3.1 Integrative Ansätze

4.3.2 Eigenständige Modelle

5 Hirnforschung und Didaktik: Das Beispiel „Handlungsorientierter Unterricht“

5.1 Einleitende Bemerkungen

5.2 Theoretische Fundierung des Handlungsorientierten Unterrichts

5.2.1 Kognitive Handlungspsychologie

5.2.2 Handlungsregulationstheorie

5.3 Charakteristika des Handlungsorientierten Unterrichts

5.3.1 Ziele

5.3.2 Merkmale und Definition

5.4 Fallstudie als praxisrelevante Unterrichtsform

5.4.1 Merkmale und Ziele

5.4.2 Phasenschema

5.5 Handlungsorientierter Unterricht und Hirnforschung

5.5.1 Vorüberlegungen

5.5.2 Bewertung der Merkmale

5.5.3 Weiterführende Aspekte

6 Schlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

 

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

 

Abb.1: Ein Gedächtnismodell von Informationsaufnahme und  -verarbeitung (in Anlehnung an Gage/Berliner 1996, S.280)

Abb. 2.: Das menschliche Gehirn (nach Kandel/Schwartz/Jessell 1996, S.9)

Abb. 3: Eine Nervenzelle mit Zellkörper (Soma), „Empfängerstrukturen“  (Dendriten), „Senderstruktur“ (Axon) und informationsübertragenden  Strukturen (Synapsen); entnommen aus: Braun/Meier 2004, S.511.

Abb. 4: Medianansicht (Längsschnitt) des menschlichen Gehirns mit den  wichtigsten limbischen Zentren (entnommen aus: Roth 2003, S.13)

Abb. 5: Die strukturellen Zusammenhänge von Verhalten, Tun, Handeln  und Denken (eigene Darstellung: vgl. Ausführungen bei Aebli 1993, S.18ff.)

Abb.6: Schematische Darstellung der multiplen Beziehungen zwischen  vorbereitenden und realisierenden Regulationskomponenten für einen  mittleren Hierarchieausschnitt (entnommen aus: Hacker 1998, S.244)

Abb.7: Phasenschema der Fallstudie mit entsprechenden Sozialformen  (entnommen aus: Bonz 1999, S.143)

 

1 Problemstellung

 

Naturwissenschaften und Geistes- bzw. Sozialwissenschaften sind zwei Wissenschaftsbereiche, die sich grundsätzlich voneinander unterscheiden. Auf der organisatorisch-strukturellen Ebene wird an Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen i.d.R. eine strikte Trennung in natur- und sozialwissenschaftliche Fakultäten praktiziert. Außerdem sind die theoretischen Erklärungsmodelle und praktischen Forschungsmethoden häufig grundverschieden. Die Naturwissenschaften arbeiten mit stringenten Kausalitätsbeziehungen unter experimentellen Laborbedingungen, während die Sozialwissenschaften auch einem qualitativ-hermeneutischen Zugang aufgeschlossen gegenüber stehen.

 

Trotz der unterschiedlichen Ausrichtung gibt es Ansätze für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Neurowissenschaften und Pädagogik. Prominentes Beispiel ist das „Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen“ (ZNL) in Ulm unter der Leitung des Hirnforschers Manfred Spitzer. Ein weiterer Verfechter des interdisziplinären Brückenschlags ist der Frankfurter Neurophysiologe Wolf Singer, der die Herausforderung u.a. darin sieht, „die Grenzen zwischen den Beschreibungssystemen für neuronale und psychische Prozesse überbrücken“ (Singer 2002, S.178) zu wollen.

 

Auch von Seiten der Erziehungswissenschaft lässt sich eine vermehrte Auseinandersetzung mit den Forschungsergebnissen der Neurowissenschaften feststellen. Damit reagierte sie auf die umfangreiche Berichterstattung in den Medien nach dem „PISA-Schock“ im Jahr 2004. In dieser „Zeit der Empörung“ wurden Neurowissenschaftler mit ihren angeblich revolutionären Erkenntnissen zu wahren Heilsbringern stilisiert. Getragen wird die neurowissenschaftliche Popularität auch von der sog. Ratgeberliteratur, die im Bereich „hirngerechtes Lehren und Lernen“ ihre Leserschaft bei Lehrern, Schülern und Eltern rekrutiert. Als Fazit lässt sich feststellen, dass die Erziehungswissenschaft in die Defensive geraten ist und sich gezwungen sieht, ihrerseits Stellung zu beziehen, wie die pädagogischen Publikationen zum Thema Hirnforschung der letzten Jahre belegen.[1] 

 

Grundsätzlich ist eine Interdisziplinarität zu begrüßen. Allerdings müssen sich die Beteiligten der Probleme bewusst sein, die bei einer Zusammenarbeit zweier grundverschiedener Disziplinen auftreten können. Neben den unterschiedlichen Forschungsmethoden sei exemplarisch die jeweils spezifische Fachsprache erwähnt, die sich als Barriere herausstellen könnte.

 

Jedoch steckt in einer engeren Zusammenarbeit ein chancenreiches Potential, das zu einer besseren Verständigung untereinander führen und in gemeinsamen Forschungsvorhaben resultieren könnte. Vor allem die deutsche Pädagogik sollte sich der Herausforderung stellen und aktiv Stellung beziehen, wenn Neurowissenschaftler Vorschläge dafür entwickeln, wie der Lernprozess in der Schule gestaltet sein sollte, um einen nachhaltigen Lernerfolg zu erzielen. Sicherlich hat die Pädagogik auf diese Frage Antworten geliefert, die der Komplexität der Materie Rechnung tragen. Doch momentan sieht sich die Pädagogik mit einer populären neurowissenschaftlichen Forschung konfrontiert, deren Erkenntnisse scheinbar neue Hinweise liefern, wie in der Schule gelernt werden sollte. 

 

Die vorliegende Arbeit wird sich aus Sicht der Pädagogik auf die Fragestellung fokussieren, inwieweit die neurowissenschaftliche Forschung das Konzept des Handlungsorientierten Unterrichts stützt. Anhand dieser Fragestellung gilt es vorab zu klären, ob ein erkenntnistheoretischer Transfer von den Neurowissenschaften zur Pädagogik grundsätzlich möglich und zweckmäßig ist. Welche Chancen und Risiken sich aus der Rezeption neurowissenschaftlicher Erkenntnisse in der Pädagogik ergeben, wird u.a. am Beispiel des Handlungsorientierten Unterrichts aufgezeigt und bewertet.

 

Im zweiten Kapitel werden grundlegende Begriffe erläutert. Im dritten Kapitel werden evolutionstheoretische Aspekte und anatomische Grundlagen des menschlichen Gehirns vorgestellt. Außerdem wird die Funktionsweise neuronaler Prozesse beschrieben, die die neurobiologische Grundlage für kognitive Leistungen wie das Lernen bildet. Im vierten Kapitel werden verschiedene Rezeptionsmöglichkeiten neurowissenschaftlicher Erkenntnisse in der Pädagogik skizziert. Dabei wird eine historische Betrachtung auf die psychologischen Lerntheorien der 1960er Jahre vorgenommen. Im fünften Kapitel wird ein aktuelles Beispiel aus der Lehr-Lern-Forschung ausführlich behandelt: der Handlungsorientierte Unterricht (HoU), der an kaufmännischen Schulen zum leitenden Unterrichtskonzept avancieren soll. Die theoretische Fundierung des HoU erfolgt unter Zuhilfenahme des kognitionspsychologischen Ansatzes von Aebli und der Handlungsregulationstheorie von Hacker/Volpert. Die Charakteristika dieses Unterrichtskonzepts werden vorgestellt und exemplarisch anhand der Fallstudie als einer praxisrelevanten Unterrichtsform aufgezeigt. Der zentrale Aspekt dieser Arbeit widmet sich dem HoU in Anbetracht aktueller Erkenntnisse aus der neurowissenschaftlichen Forschung. Die Merkmale des HoU und der Fallstudie werden hinsichtlich der zentralen Fragestellung analysiert und bewertet. Weitere Aspekte, die es in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen gilt, werden skizziert. Im Schlusskapitel werden die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst sowie ein Ausblick gegeben.

 

2 Grundlegende Begriffe

 

2.1 Neurowissenschaften

 

Unter dem Begriff Neurowissenschaften (engl.: neurosciences[2]) wird ein komplexes Wissenschaftsgebiet subsumiert, das sich aus unterschiedlichen Disziplinen zusammensetzt und sich mit der Struktur und Funktion des Nervensystems befasst. Diese Interdisziplinarität der Neurowissenschaften und ihre damit verbundene Eigenschaft, komplexe Zusammenhänge auf unterschiedlichen Ebenen darzustellen und zu interpretieren, ist ihr besonderes Kennzeichen. So werden Befunde auf der Mikroebene – z.B. molekulare Vorgänge in Nervenzellen – dafür benutzt, um sie auf der Makroebene – z.B. Bedeutung der zellulären Prozesse für das gesamte Nervensystem im Sinne einer Netzwerkarchitektur – zu interpretieren (vgl. Pickenhain 2000, S.475).

 

Ein zentraler Bereich der Neurowissenschaften befasst sich mit der Diagnose und der Behandlung von Hirnschäden und Erkrankungen des Nervensystems (z.B. Depression, Alzheimer Krankheit). Vor allem bei der Diagnose konnten erhebliche Fortschritte durch den Einsatz sog. nicht-invasiver Verfahren erzielt werden. Diesen bildgebenden Verfahren sind eine Vielzahl der  aktuellen Erkenntnisse in den Neurowissenschaften zu verdanken (vgl. Pickenhain 2000, S.476f.). Im Bereich der Hirnforschung (s.u.) haben vor allem zwei Verfahren eine zentrale Bedeutung erlangt: Die Positronenemissionstomographie (PET) vereint die Vorteile tomographischer Schichtaufnahmen mit der selektiven Darstellung physiologischer Stoffwechselvorgänge. Mittels radioaktiv markierter Substanzen lassen sich beispielsweise der Blutfluss und der Glucoseverbrauch im Gehirn messen. Nachteile dieses Verfahrens sind die radioaktive Strahlenbelastung und die mangelhafte zeitliche Auflösung der durchgeführten Messungen (vgl. Hanser/Scholtyssek 2001, S.95). Diese Nachteile werden durch den in den vergangenen Jahren vermehrten Einsatz der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) aufgehoben. Die fMRT misst wie die PET die neuronale Aktivierung im Gehirn, die indirekt aufgrund einer veränderten Durchblutung einzelner Hirnareale erfasst wird. Im Vergleich zur PET zeichnet sich die fMRT vor allem durch eine hohe Bildauflösung aus, wobei 30 verschiedene Schichten in 1-3 Sekunden dargestellt werden können (vgl. Hanser/Scholtyssek 2000b, S.21f.). 

 

Um eine Gesamtschau über die verschiedenen Disziplinen der Neurowissenschaften zu erhalten, werden diese kurz vorgestellt: Zunächst wäre die Neurobiologie als Grundlagenfach der Neurowissenschaften zu erwähnen, die mit den Methoden der Biologie zelluläre Vorgänge in tierischen und menschlichen Nervensystemen untersucht (vgl. Hanser/Scholtyssek 2000b, S.429f.). Als ein Teilgebiet der Neurobiologie bzw. der Physiologie wird die Neurophysiologie bezeichnet. Sie untersucht sowohl die Funktion von Nervensystemen bzw. von bestimmten Hirnarealen als auch die Funktion einzelner Nerven bzw. Nervenzellen (vgl. Hanser/Scholtyssek 2000b, S.464). Davon zu unterscheiden ist die Neuropsychologie als ein Teilgebiet der Neurologie, die als ein Brückenschlag zwischen den Neurowissenschaften und der Psychologie angesehen wird und sich im Vergleich zu den anderen Disziplinen erst relativ spät herausgebildet hat. Die Neuropsychologie erforscht die Grundlagen und Zusammenhänge von neuronalen, behavioralen (d.h. das Verhalten betreffenden) und psychischen Vorgängen oder Strukturen. Hierzu zählen die sog. „höheren kognitiven Leistungen“ des menschlichen Gehirns wie Wahrnehmung, Erkennen, Denken, Fühlen, Handeln, Lernen und Gedächtnis (vgl. Ebd. 2000b, S.465).

 

Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht die Hirnforschung (engl.: brain research), die sich für ein besseres Verständnis der Funktionsweise des menschlichen Gehirns interessiert. Sie gilt als das Paradebeispiel eines interdisziplinären Forschungsgebiets innerhalb der Neurowissenschaften (vgl. Hanser/Scholtyssek 2000b, S.142f.). Die Hirnforschung übernimmt und vereinigt die Erkenntnisse aus den zuvor beschriebenen neurowissenschaftlichen Disziplinen. Daraus könnte sich die Offenheit dieser Disziplin erklären, ihre Erkenntnisse in andere, nicht naturwissenschaftliche Bereiche zu transferieren, wie es das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen (ZNL) veranschaulicht.  

 

2.2 Pädagogik und Schulpädagogik

 

Der Begriff Pädagogik kann als Synonym des Begriffs Erziehungswissenschaft verwendet werden, wenn darunter eine Wissenschaftsdisziplin von der Erziehung und Bildung verstanden wird und nicht nur eine Theorie der bloßen Wissensvermittlung. Damit geht die Klärung der Frage einher, was unter Erziehung und Bildung überhaupt zu verstehen ist (vgl. Schaller/Lersch/Baumgart 1977, S.325f.). Ohne im Folgenden auf die unterschiedlichen Strömungen in der Erziehungswissenschaft einzugehen,[3] besteht die Hauptaufgabe der Pädagogik darin, Erziehungs-, Unterrichts- und Ausbildungsprozesse unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen zu beschreiben (vgl. Schaub/Zenke 1995, S.263). Die Pädagogik kann nach Altersstufen (z.B. Vorschulpädagogik, Schulpädagogik, Berufspädagogik, Erwachsenenbildung) und nach Fächern (z.B. Technikpädagogik, Wirtschaftspädagogik, Sozialpädagogik) in spezifische Teilgebiete gegliedert werden (vgl. Ebd. 1995, S.266).

 

Demnach stellt die Schulpädagogik ein Spezialgebiet der Pädagogik dar. Die Schule als Institution, in der Erziehungs- und Unterrichtsprozesse stattfinden, erlangt dabei eine zentrale Bedeutung. Unter dem Begriff Schulpädagogik wird eine Lehre vom Unterricht subsumiert, die in einen größeren schultheoretischen Gesamtzusammenhang gestellt wird, der sowohl die institutionellen Voraussetzungen der Schule als auch die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen hat. Mit anderen Worten ist die Schulpädagogik eine Theorie des Unterrichts im Rahmen einer Theorie der Schule (vgl. Ebd. 1995, S.310; vgl. Reinhold/Pollak/ Heim 1999, S.469f.). 

 

2.3 Didaktik

 

Die Didaktik ist eine Teildisziplin der Erziehungswissenschaft bzw. Pädagogik. Es lassen sich zwei grundsätzliche Auffassungen voneinander unterscheiden: eine weite Auffassung von Didaktik als eine Wissenschaft vom Lehren und Lernen im Allgemeinen und eine engere Auffassung von Didaktik als Wissenschaft vom Unterricht mit Fokus auf Inhalts- und Zielfragen. Den verschiedenen Auffassungen ist jedoch gemeinsam, dass sie sich auf die beiden zentralen Aspekte der Didaktik begründen: Lehren und Lernen (vgl. Gudjons 2003, S.233).

 

Verschiedene Auffassungen von Didaktik finden sich in sog. didaktischen Modellen wieder. „Unter einem didaktischen Modell verstehen wir [...] ein erziehungswissenschaftliches Theoriegebäude, das didaktisches Handeln in Schule und außerschulischen Handlungsfeldern (z.B. der Volkshochschule) auf allgemeiner Ebene analysiert und modelliert, d.h. zur Planung hilft“ (Gudjons 2003, S.233). Diese didaktischen Modelle werden der Allgemeinen Didaktik zugerechnet, während es auch Spezielle Didaktiken wie Fachdidaktik (z.B. Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, Technik, Sozialwirtschaft), Stufendidaktik (je nach Altersstufe der Schüler) und empirische Lehr-Lern-Forschung gibt. Die Didaktik ist in besonderem Maße auf andere Bezugswissenschaften außerhalb der Pädagogik angewiesen. Die Grundlagen der Allgemeinen Didaktik gehen auf Erkenntnisse in der Philosophie, Psychologie, Soziologie und den Biowissenschaften[4] zurück. Außerdem müssen die Fachdidaktiken auf ihre jeweiligen Fachwissenschaften zugreifen, um eine entsprechende Vermittlung von Fachwissen zu gewährleisten (vgl. Jank/Meyer 2003, S.28ff.).