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Jana Alegra Martines

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Beschreibung

eigentlich normales Leben bis Jan einen Herzinfarkt hat, zwar gesund wird, aber seinen Platz im Verlag aufgibt und ein Abschieds-Event gibt, Sabine lernt Sebastian kennen, der eigentlich nur eine Bettgenossin sucht, der 'Teufel soll ihn holen. Sein Unfall, für den sie sich schuldig fühlt läßt sie zu ihm zurück kehren, aber nur kurz. Sie sie geht mit Jan nach Wien, alles wird anders doch ein kleiner Rest bleibt, vielleicht...

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jana alegra martines

Nichts ist für immer

bunt ist das Leben und die Liebe

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Nichts ist für immer, bunt ist das Leben und die Liebe

„Ja, soll ich dir den Brief noch einmal vorlesen?“

„Werden seine Eltern das auch so sehen?“

Impressum neobooks

Nichts ist für immer, bunt ist das Leben und die Liebe

Nichts ist für immer

bunt ist das Leben und

die Liebe

Jede Ähnlichkeit mit lebenden

oder toten Personen ist rein zufällig

Es ist heiß, sehr heiß.

Nicht mal im Schatten hält man es aus und die Gedanken laufen wirr durcheinander. Noch ist es Sommer. Und doch, wenn ich’s mir so recht überlege, ist es eigentlich gar nicht richtiger normaler Sommer. Seit ein paar Tagen quält uns alle die Hitze besonders, verwandelt die Büros in Saunen und läßt die Arbeitszeit schweißtreibend endlos dauern.

Die kurze Zeit der brennenden Sonne hat nicht gereicht, unsere Körper an die neue Hitze zu gewöhnen.

Heute beginnt es zu regnen und gleich ist es kühl und die ersten Blätter fallen, nicht weil der Herbst beginnt, nein, weil nicht genug Wasser für die Bäume und eigentlich für alles Grün vorhanden war und ist, ob der Regen jetzt ausreicht? Ob der Sommer vorbei ist?

Und gerade jetzt auch noch die Party - warum frage ich mich immer wieder, habe ich versprochen diese Party zu organisieren. Wie konnte ich so doof sein, wo ich doch diese Pseudofeste in den Tod nicht leiden kann.

Heute also soll die Party steigen und ich habe nicht die geringste Lust hinzugehen, weil es sicher wieder eine typisch langweilige Party werden wird.

Ich hasse Party machen. Du mußt dich in Form bringen, und zwar in Höchstform; schon, weil du dein Berufsleben positiv beeinflussen willst, oder, vielleicht begegnest du ja sogar einem Traummann.

Meistens aber stehst du nur herum. Wartest, daß sich ein Gespräch ergibt. Aber worüber spricht man schon? Small Talk, klatschen, nur nichts Ernstes sagen. Und schon gar nicht das sagen, was man wirklich denkt. Etwas über sich verraten, was dann gegen dich verwendet werden kann – irgendwann. Oh Gott, bloß das nicht.

Lächeln mußt du, klar. Du willst und mußt gefallen, um wieder eingeladen zu werden – mal beruflich, mal privat - also wirklich, Party mag ich nicht.

Doch Jan habe ich zugesagt alles zu organisieren - aber davon später.

Mit Verena, meiner besten Freundin, haben wir viel gelacht, herumgealbert, aber auch ne Menge Zeit damit verbracht Jans Wohnung zu gestalten, ehrlich gesagt, in Ordnung zu bringen. So gut das eben geht; denn Jan, das Geburtstagskind, ist nicht nur Single ohne irgendeinen Anhang, sondern auch eine Erzschlampe.

Seine riesige Wohnung, viel zu groß für eine Person, viel zu viel Platz, viel zu viele Möglichkeiten Chaos zu schaffen. Aber ideal für eine Party, ideal für viele Menschen.

Beruflich, wie die Sache letztendlich ja nun mal ist, muß später jeder von diesem „Event“ sprechen. Das ist wichtig für Jan.

Also gehört auch dazu, seine Gäste zu begrüßen und einfach das zu sein, was man so schön altmodisch „Dame des Hauses“ nennt, was es ja eigentlich gar nicht mehr gibt. Oder doch? Vielleicht noch bei den ganz Oberen?

Jan wünscht sich ein Gemisch aus Eleganz, aber natürlich nicht allzusehr, schon auch ein wenig flippig! Einfach mal wieder etwas Unmögliches, typisch für Jan.

Sehr passend für ihn, daß wir zu zweit sind. Besonders gut für ihn, daß wir alles abdecken. Jan wird begeistert sein.

Jan liebt Menschen. Er liebt sie mit den Augen. Vielleicht aber liebt er einfach nur nicht allein zu sein.

Verena, mit „Party-Hilfe“, hat für ein sogar verlockendes, aber auf jeden Fall ansprechendes Büfett gesorgt, uns wäre es bestimmt nicht so ansprechend oder sogar verlockend gelungen.

Für so ca. fünfzig Personen. Einfach super, für den Preis, der hinter der ganzen Pracht steckt.

Gut, dieser Party-Service ist durchaus bezahlbar und deshalb für Jan im Augenblick besonders geeignet.

Mach um Gottes Willen keine Party, habe ich gesagt, kostet nur Geld. Aber Jan denkt nie an Geld, ob er nun welches hat oder nicht. Nächsten Monat wird er mal wieder mit seiner Miete Schwierigkeiten haben. Oder sonst mit irgend etwas Wichtigem.

Eine Menge Freunde hat er, darunter einige, die ihm Geld schulden, aber er fordert es nicht zurück, das schafft er nicht.

Geld ist nicht wichtig, tönt er, es ist dazu da, daß man es ausgibt, egal wie.

Mir den ganzen Streß aufzuhalsen, na ja, zwar mit Verenas Hilfe, aber trotzdem, ich hätte niemals ja gesagt, wenn ich nicht seit über zwei Jahren mit

Jan Bormann zusammenarbeiten würde.

Jan ist Lektor im Felsenstein-Verlag. Ich kam zu ihm damals, weil ich schnell einen Job brauchte und er, er brauchte schnell eine Sekretärin, hat er mir später mal gesagt, es war ihm ziemlich egal wer kommt, er hat alles dem Personalbüro überlassen, nur schnell mußte es gehen am besten sofort.

So kamen wir zusammen, über die Personalabteilung, hatten uns vorher nicht kennengelernt, hätte verdammt schiefgehen können.

Ganz schnell von einem Tag zum anderen ging das. Ganz einfach. Eigentlich höchst selten, meine ich, bekommt man so eine Stelle. Was ist heute schnell? nur die Zeit, die läuft sehr schnell und die Technik rast.

Am Anfang war ich Büromietze, das Übliche eben, Briefe, Telefonate, Reisen und Hotels buchen, natürlich auch seinen Terminkalender überwachen.

Aber bald schon beförderte er mich zur Bürotussi mit Sonderaufgaben, natürlich erheblich mehr Stunden aber bei gleichem Gehalt.

Zu den Sonderaufgaben gesellten sich Freundschaftsdienste und ehe ich mich versah, stieg ich auf zur Freundin mit Büroaufgaben, Sonderdiensten und eben einfach allem.

Und ganz selbstverständlich bezahlte ich seine Rechnungen, seine Putzfrau, besorgte Blumen für die Frauen seiner Geschäftsfreunde und erinnerte ihn an den Geburtstag seiner Mutter. Alles was dazu kam war selbstverständlich, als wäre es immer so gewesen.

Jan ist glücklich sich nicht mehr um den Alltagskram kümmern zu müssen.

Und ich – na ja, außer meiner Familie gibt es im Augenblick niemand, für den ich Zeit haben muß.

Und so war und ist es halt so, daß ich Jan auch begleite, wenn er sich einen neu anlaufenden Film ansehen muß. Muß, denn Filme ansehen, die man freiwillig nie anschauen würde, ist ein Muß.

Bei so manchem dieser Werke haben wir das Ende nicht abgewartet, die Hälfte war oft mehr als genug.

Die Filmkritik für ein Münchner Tageblatt schreibt Jan bei einem Kaffee. Ihm bringt es zusätzlich Geld, einen Namen, und mir ab und zu wirklich Spaß.

Nach Kino und meist dem schnellen Kaffee landen wir schon auch mal in einer Kneipe, je nachdem, was wir so in der Nähe des Kinos finden und na, ganz ehrlich, oft machen wir uns dann nur lustig über das Gesehene, das ist nötig, um es zu verkraften, verlorene Zeit, eigentlich.

Jan hört mir immer zu und manchmal ändert er seine erste schnelle Kritik, was mich stolz macht, besonders, wenn er ganze Sätze übernimmt, um sie nur so ein kleines bißchen zu verändern, eben „janmäßig“.

Von Film zu Film bin ich in meiner Wertung sicherer geworden und jetzt sprechen wir eigentlich nur noch über das jeweilige Kunstwerk, wenn es sich lohnt darüber zu reden, auch, wenn es nur ein paar Worte sind.

Jan wartet grundsätzlich bis ich davon anfange. Und meistens kann ich gar nicht anders; denn wie kann ich schweigen, wenn seine Augen zwinkernd auffordern.

Um so überraschter bin ich nach einem besonders schrecklichen Film. Jan hat mir mit: „na, washältst du davon?“ den Stuhl gentlemanlike zurechtgerückt. Schon die Frage hat mich überrascht, daß DU aber verwirrt mich derart, daß ich ihn nur anstarren kann.

Er hebt sein Glas: „Auf alles, was Du jetzt sagst – ich finde, daß DU macht ehrlicher und ist schon längst fällig.“

„Schrecklich - einfach nichts.“

„Das DU oder der Film?“

„Das DU, denn eineinhalb Stunden nichts zu sagen ist schon wieder eine Leistung.“

Jan lacht schallend und kippt sein Glas in einem Zug herunter.

Am nächsten Morgen tippe ich stolz meine erste Kritik: Eineinhalb Stunden nichts zu sagen ist auch eine Leistung.

übernahm ich selbstverständlich Jans augenblickliche Bürostunden.

Das heißt, morgens komme ich pünktlich, wie all die anderen auch. Nur abends, abends bleibe ich meist länger.

Wie vieles im Leben hat auch diese neue Arbeitsweise Vorteile. Niemand achtet darauf wann ich komme oder gehe, selbst, wenn ich den Verlag mal besonders früh verlasse. Irgendwie ist es eine neue Freiheit, die ich wunderbar finde.

Die Post lag ja sowieso von Anfang an auf meinem Schreibtisch. Daran ändert sich nichts. Also weiter sortieren, nach Briefen, Privatpost, Manuskripten, Reklame.

Eingangsstempel drauf und die einzelnen unterschiedlich hohen Türme auf Jans Schreibtisch.

„Lass das“, sagte er neulich „Reklame brauche ich grundsätzlich nicht. Briefe und Manuskripte liest du sowieso zuerst und was ich dann wirklich noch selbst lese, entscheide ich kurzfristig“, er lacht „wenn du mich dazu zwingst“. Er wird ernst: „wenn es sich lohnt, oft kann man sehr schnell entscheiden. Querlesen ist das Geheimnis, du lernst das noch“.

Meine anfängliche Angst, falsch zu beurteilen, verging wirklich, aber sie machte nur Platz für das Bewußtsein der Verantwortung die Angebote derjenigen ernst zu nehmen die geschrieben haben.

Was und wie sie geschrieben haben, und warum. Also lese ich nur kurz quer, oft einen ganzen Absatz genau und manchmal träume ich noch im Bett von Ehescheidungen, Einbrüchen und immer wieder Liebe.

Ich bin sicher, daß die meisten Menschen davon überzeugt sind, daß ihr Leben einen großartigen Film abgeben würde, zumindest aber ein spannendes Buch.

Da Jan längst aufgehört hat die Zuschriften zu beantworten, bleiben sie mir.

Trotz der Massen, immer wieder, immer noch schäme ich mich, wenn ich nur einen Formbrief verwende, stelle mir vor, wie ernüchternd, als unwesentlich, unbedeutend abgestempelt das Stück beschriebene Leben dem Empfänger unseres Formblattes jetzt erscheinen muß. Aber ich kann nicht anders. Es sind einfach zu viele.

„Das sind doch Sentimentalitäten“ würgt Jan meine diesbezüglichen Diskussionsversuche ab „erstens schreiben viel zu viele und zweitens, würdest du auf jeden einzelnen Schreiber eingehen, könntest du aufhören zu leben.

Na ja, was man dir halt so an Leben läßt.“

Die Wochen vergehen schnell. Es gibt so gut wie kein privates Wort zwischen Jan und mir. Es gibt einfach viel zu viel zu tun.

Alles muß möglichst schnell erledigt werden um nicht in den Papierbergen zu ertrinken. Und der ganze zusätzliche Schreibkram bleibt ja sowieso meistens mir und das heißt lange Tage, viel Büro und keine Freizeit.

Trotz allem Bemühen, die Stapel auf unseren Schreibtischen nehmen nicht ab, sondern zu, werden höher und höherund zu allem Unglück hat Jan auch noch die Maler in seiner Wohnung.

Jan verläßt sich inzwischen in vielen Dingen auf mich. Und selbstverständlich erwartet er auch, daß ich ihn begleite, neue Tapeten, zum Beispiel, oder ähnlichem.

Gott sei Dank ist er im Fall der Tapeten dann doch bereit, alle Wände nur leicht beige zu streichen und ich finde, es sieht wunderbar aus, paßt genau zu seinen Möbeln.

Neben dem Bürokram, nervt mich die Malerfirma, hält keine Termine ein, also Firma aufsuchen, reklamieren, neue Termine.

Rechnung nur anzahlen. Irgendwann muß ja alles fertig sein. Und dann beginnt wieder ein normaleres Leben, wirklich?

„Ich bin für diese Dinge schrecklich unbegabt“ sagt Jan mit einem entschuldigenden Lächeln.

Na ja, unbegabt sein für diese Dinge erspart ihm viel Zeit, Mühe und Ärger.

Ist es ein Wunder, wenn ich mal wieder fix und fertig bin?

Endlich ein Wochenende in Sicht. Es ist wie kurz vor Weihnachten, so kaputt bin ich. Leer, ausgebrannt wie schon lange nicht mehr.

Dieses Wochenende werde ich überhaupt nur schlafen. Kein Telefon, kein Besuch, herrlich, ich sehe mich schon in die Kissen gekuschelt.

Noch schnell ein wenig Ordnung auf dem Schreibtisch, bringt nicht viel, mehr Alibi als Sinn. Was ich erreiche ist lächerlich, alles sieht so aus wie vor der Aufräum-Aktion.

Und dabei kommt mir plötzlich Verena in den Sinn, warum eigentlich – ach ja Ordnung!

Wenigstens anrufen müßte ich. Ich habe lange nichts von ihr gehört. Finger auf dem vertrauten Namen, und - sie ist sofort am Apparat und mir ist umgehend klar, dies war keine gute Idee.

„Mensch, Alte“, begrüßt sie mich, zu mehr als zu einem hallo komme ich nicht.

Meine Stimme kennt sie genausogut wie ich die ihre. Das ich im Display erscheine, wäre bei ihr nicht notwendig. Sie bei mir natürlich auch nicht – wer sich so gut kennt: „ich habe dich schon abgeschrieben“ meint sie lachend.

„bist du allein?“, frage ich vorsichtshalber.

„So allein man nur sein kann“

„Hast du Hunger?“

„Immer“

„Also dann Antonio, ich kann in einer halben Stunde dort sein.“

„o. k, bis dann......du, ich habe dir so

viel zu erzählen, daß eine Pizza nicht reichen wird. Heute können wir uns vollaufen lassen, morgen ist Samstag und du schläfst bei mir.“

Aufgelegt. So ist sie, meine Freundin Verena, und so wird sie bleiben für immer und ewig. Ich weiß es doch – aus, die weichen Kissen rücken in unerreichbare Ferne.

Antonio scheint der einzige Italiener in München zu sein; denn dort einen Platz zu bekommen ist wie Bernstein an der Ostsee zu finden.

Warum wir trotzdem immer hingehen, weiß ich nicht so ganz genau. Wohl, weil Verena um die Ecke wohnt und man dort ganz gut ißt.

Aber ich denke doch, daß der wichtigste Grund für Verena ist und bleibt, daß sie zu Fuß hingehen kann – das ist Grund genug, findet sie, du kannst einen Wein mehr trinken, brauchst keinen Parkplatz zu suchen und auf Wein zu verzichten und du schläft bei mir, also auch gut für dich.

Na und ich, normalerweise lass ich halt mein Auto beim Verlag und fahr U-Bahn. Man weiß nie, ob man nach einem Verena-Abend fahrtüchtig ist.

Verena würde nie U-Bahn fahren. U-Bahn ist ein Alptraum meint sie, schließlich gibt es ja Taxis.

Sie lädt ein zum Essen und zum Schlafen und ich habe ihr dann zuzuhören.

Reden muß ich bei Verena ohnehin nicht viel. Sie redet, und das fast ununterbrochen. Worüber? Worüber reden Frauen meist? über Männer.

Natürlich, wenn ich mal was vorhabe, kommt noch ein Anruf. Unwichtig und deshalb schnell abgewickelt, trotzdem - meine Zeit hat er gestohlen.

Doch selbstverständlich - und trotz des Anrufs - bin ich, wie fast immer, zuerst bei Antonio.

Im Nebenraum ist noch ein Tisch frei. Für vier Personen, aber leider nah am Weg zur Toilette, deshalb ist er meist noch frei und sehr geeignet ungestört zu reden.

Verena wird meckern. Aber sie ist ja wieder einmal nicht fertig geworden. Ich kann mir das Durcheinander vor und in ihrem Schrank, an den Türen und auf dem Fußboden ihres Schlafzimmers gut vorstellen.

Fabio, unser Stammkellner, kommt -irgendwie lächelnd- auf mich zu. Er gehört einfach zu den Männern, die ich nicht sehr mag, kann nicht einmal genau sagen warum.

Vielleicht ist es sein Lächeln, seine Berufs-Maske.

Sicher, lächeln ist wichtig, sagt so was, wie ich freue mich dich zu sehen, gehört einfach zum Job, soll sogar antrainiert werden habe ich gelesen, nur, bei ihm wirkt es -hart gesagt- schmierig.

„Schon Wein?“

Ich nicke, er geht, weiß, daß ich nicht bestellen werde bevor Verena da ist. Wahrscheinlich freut er sich auf Verena. Alle freuen sich auf Verena.

Sie wird herein gerauscht kommen, sich nach allen Seiten umsehend und schließlich mit vorwurfsvollem: “hätte ich mir denken können, komm, wir ziehen um“ vor mir stehenbleiben.

Wir werden durch das ganze Lokal wandern, sie voraus. Und schließlich doch wieder vor der „Toilette“ enden.

Es sei denn, Fabio findet inzwischen einen Tisch und wird dafür von Verena mit einem dankbaren Blick, nicht echt, und einem vielversprechenden Lächeln, schon gar nicht ehrlich gemeint, belohnt.

„Du träumst ja schon wieder.“ Verena steht vor mir. Riesig, mächtig in roter Lederjacke. Ist schon Winter?

Ihr frisch gewaschenes, blondes, lockiges Haar fällt fast trocken auf den schwarzen Pulli als sie jetzt die Jacke einfach von den Schultern gleiten läßt – direkt in Fabios schon ausgestreckte Arme.

Eine unendlich selbstverständliche, lässige, wortlos erzwungene Aufforderung.

Ich habe das immer bewundert, weil es klappt, zumindest bei Antonio.

Sie ist wieder etwas fülliger geworden. Sichtbar, trotz dem schlank machenden Schwarz der Kleidung. Der Hosenbund muß schrecklich drücken. Sie stöhnt auch ein wenig, als sie sich setzt. Ich erwarte den Vorwurf, der heute wundersamer Weise ausbleibt. Irgendwelche Dinge beschäftigen sie offensichtlich mehr, als unser Sitzplatz, den sie gar nicht wahrgenommen hat.

Sie beugt sich mir zu und hält mir ihre Wange zum Kuß hin. Meine Lippen berühren ihre weiche Haut. Der Duft ihres Haares ist für ein paar Augenblicke angenehm nah. Und für ein paar Sekunden ihre märchenhaft großen blauen Augen. Ungewöhnlich geformt für blaue Augen - mandelförmig. Immer wieder gelingt es ihr, mich in ihren Bann zu ziehen. Und sicher, sehr viel leichter betört sie Männer. Ob es ihr bewußt ist? – eher selbstverständlich, sie kennt es ja nicht anders.

Heute vergesse ich meinen eigentlichen Wunsch nach Ruhe und Schlaf. Der Abend gehört Verena. Und er wird lang werden. Wen Verena mal in ihren Fängen hält, den läßt sie nicht so schnell wieder los.

„Also jetzt stell dir vor, was dieser Arsch sich rausnimmt“

Fabios devotes Erscheinen unterbricht sie. Noch bevor er fragen kann, bestellt Verena: „zweimal Pizza, wie immer, und einen Wein...“ sie schaut kurz auf mein Glas: „zwei Wein“

Meistens spricht sie die ganze Zeit und verlangt Aufmerksamkeit, aber keine Kommentare, höchstens ein Nicken oder zustimmendes Brummen, ab und zu ein ja oder nein. Wenigstens die meiste Zeit.

„Der meint, weil ich jetzt ein paar Wochen immer am Mittwoch für ihn Zeit hatte, bin ich sein Eigentum. Und nur, weil ich jetzt keine Zeit habe, führt er sich auf wie ein wild gewordener Stier. Brüllt, tobt, meckert plötzlich an allem herum. Mein Aufschlag wäre immer noch eine Katastrophe, stell dir das vor. Würde ich mit dem Idioten schlafen, wäre er ein Traum. Männer sind doch zu blöd, findest du nicht auch?

Ihre Augen halten mich fest. Dieses Mal muß ich mehr als ja oder nein sagen.

„Ich habe dir doch gleich gesagt, es kann danebengehen, wenn man sich mit dem Trainer oder Lehrer einläßt“ beginne ich vorsichtig.

„Wie klingt das denn! Was heißt mit dem Trainer einlassen! So ein Blödsinn. Der Mensch hat mich doch auf Schritt und Tritt verfolgt. Du kannst fragen wen du willst. Es stimmt wirklich!

Und schließlich, wem tut es weh, wenn ich mit ihm schlafe. Im Gegenteil, es tut ihm gut und mir schadet es auch nicht. Was soll also deine Predigt!“

Einen Moment sieht sie mich schweigend an

„Also, du hast mit ihm geschlafen und jetzt keine Lust mehr“ unterbreche ich die Stille.

„Ja, stimmt schon, jetzt halt nicht mehr“. meint sie aufmüpfig.

Verena, warum hast du mich gefragt? Was du willst, ist doch nur ein o.k. für dein Verhalten. Denk mal ein bißchen nach, nur ein bißchen, kommt dir diese Situation nicht sehr bekannt vor?“

„Jetzt übertreibst du! Wann hatte ich denn mal was mit einem Trainer?“ schmollt Verena.

„Es muß ja nicht immer ein Trainer sein. Es gibt ja noch andere Menschen, die einem was beibringen können oder sollen.“

„Wie gemein du sein kannst, richtig fies und überaus nachtragend!“ sie knabbert an ihrer Pizza: „und dabei habe ich dich immer für großzügig und modern gehalten.“

„Mir ist es wurscht, was du machst, mit wem du schläfst und wie lange. Nur jammere nicht und beschwer dich nicht, wenn du immer wieder Pech mit deinen Liebhabern hast.“ versuche ich zu erklären.

„Schon gut, dein Heiligenschein wächst schon. Ich frage mich nur, wenn du immer alles richtig machst, wenn du immer nur das machst, was man von dir erwartet, was man dir beigebracht hat, warum studierst du dann nicht?

Wenn ich mich richtig erinnere, wollten das deine Eltern, oder nicht? Du machst doch auch, was du willst, oder vielleicht nicht? Und Scheiße machst du auch, hab ich recht? Meinst du Männer machen es anders? Glaubst du, daß es auf dieser verdammten Welt noch einen gibt, der treu ist, wenn er Zeit und Gelegenheit hat es nicht zu sein?“ Sie nimmt ein paar Schlucke Wein, das Glas mit beiden Händen haltend, kaut ein Stück Pizza, als wäre es Leder und schiebt den Teller zur Seite.

Und plötzlich, völlig unerwartet strahlt sie mich an: „Sei nicht bös. Jetzt haben wir uns so lange nicht gesehen, und was mach ich? ich fang Streit an, und wer ist schuld? Die Männer. Das heißt, einer, der Arsch.“

„Bitte Verena, nur weil er nicht um dich rumtänzelt, wie du es gerne möchtest, ist er noch lange kein Arsch. Sei lieb und betitle den armen Mann nicht so, irgendwie tut er mir leid, trotz allem.

Es ist noch gar nicht lange her, so ein paar Wochen, glaube ich, oder? War er da nicht der Traum deines Lebens?

So schnell kann sich doch ein Mann nicht vom strahlend geliebten Helden in einen absoluten Arsch verwandeln.“

„Amen. Ist gut, ich entschuldige, entschuldige, entschuldige mich.“ beendet sie meinen Protest.

Ach Mensch, ich wollte mich gerade bei dir entschuldigen. Bei meiner Tirade könnte man ja meinen, ich stamme aus einer anderen Welt, aus dem Kloster“

„Tust du“, unterbricht sie und lacht: „Vergiß es, ich weiß gar nicht, warum ich das alles jetzt gesagt habe. Du bist du und ich bin ich.“

„Sag“, wechselt sie so rasch das Thema, daß mir die Röte ins Gesicht schießt: „hast du jetzt eigentlich jemand?“

Wir hatten eine stille Abmachung, nicht über „meine Männer“ zu reden.

Wenn es jemanden in meinem Leben gibt, erzähle ich es ihr, das bedeutet weniger Zeit für sie. Sie akzeptiert das und inzwischen auch, daß ich nicht über diesen jemand spreche.

Abwarten, sage ich ihr dann immer nur, ich erzähl dir schon alles Wichtige rechtzeitig.

Für eine Zeitlang läßt sie mir mein Leben ohne mich ständig mit Anrufen zu bombardieren.

Das es auch mal jemand gibt, den es nicht wirklich gibt, ist nur zwischendurch meinem Ruhebedürfnis zuzuschreiben.

Viel Arbeit, überhaupt Arbeit zählt nicht. Wenn ich nur arbeitete, habe ich abends für sie Zeit zu haben, wenn sie beschlossen hat, mich zu sehen.

Die Arbeit bei Jan ist eine Ausnahme. Daß es bei ihm oft später wird, ist ihr seltsamer Weise klar. Es ist ja keine stinknormale Bürostelle und deshalb für sie scheinbar gleichbedeutend mit dem Besitz eines Partners. Sie läßt mich in Ruhe, wartet meist, bis ich anrufe.

Zum x-ten Mal, Entschuldigung, Gnädigste“, flötete sie zynisch-liebevoll: „ich vergaß, daß du noch bei Jan bist und keine Zeit für eine neue Liebe hast. Oder? Hat sich vielleicht doch was getan? Na, sag schon, raus damit.“

„Nichts, ich hätte es dir schon erzählt. Du weißt doch immer, wenn ich jemand habe. Ganz was anderes. Ich mach mir wirklich Sorgen um Jan.“

“He, bist du in deinen Chef verliebt? Mensch, das darf nicht wahr sein.“

„Also wirklich, was soll das. Verena“

„Na, ist schon klar, nein, wär auch dumm.“

Sie hat doch wirklich erreicht, daß mein Kopf einer eben gereiften Tomate gleicht, ich kann es fühlen: „Verena, also wirklich, man kann sich doch um jemand Sorgen machen, den man kennt. Den man mag. Mit dem man arbeitet.“

Ich bin ärgerlich auf mich. Mir hätte das nicht rausrutschen dürfen.

„Warum machst du dir Sorgen?“ fragt sie spöttisch.

„Ich kann es nicht sagen. Nicht begründen. Er sagt ja nie was. Ich meine, er spricht nicht über sich selbst. Sein Privatleben ist mir völlig fremd, ich meine, ich weiß nicht mal, ob er jemanden hat, oder nicht.

Wir arbeiten, sind täglich acht bis zehn Stunden zusammen, sprechen über Gott und die Welt – da bekommst du auf jeden Fall mit, wenn jemand nicht gut drauf ist. Zuerst habe ich geglaubt, er ist verliebt. Und das für eine ganze Weile. Aber jetzt.“

„Ist es wieder aus“, beendete Verena meinen Satz „was erwartest du, Schwule haben selten lang einen Partner. Weißt du denn nicht, daß er schwul ist?“

„Mag sein, aber ich glaube es nicht. Und woher willst ausgerechnet du das wissen? Und selbst wenn es wahr wäre, einen Partner zu finden ist für ihn sicher genau so schwierig wie für uns, von so kurzen Sachen abgesehen, wie du ja gerade durchblicken läßt.

Ich glaube, daß er schlecht allein sein kann. Darum muß ich mich einfach um ihn kümmern. Und glaubst du nicht, das wäre ein Grund viel zu arbeiten?“ so lange und ausführlich habe ich noch nie geantwortet

„Man kann nicht allen helfen“ meint Verena: „man darf nicht für alles eine Entschuldigung finden. Und er darf nicht dein Leben beschneiden. Und das tut er.“

„Nicht allen, aber denen, die mit einem leben, mit einem arbeiten. Was meinst du mit mein Leben beschneiden?“

„Er nimmt dir deine Freizeit. Kümmert er sich um deine Probleme?“ Verena ist fast ärgerlich

„Ich spreche mit ihm nicht über meine privaten Dinge. Du weißt doch, daß ich das nicht mag.“ Das Gespräch wird mir langsam peinlich.

„Und wenn du es tätest, meine Liebe“ flötet Verena weiter „glaubst du im Ernst, es würde was ändern? Er würde sich um dich kümmern, für dich da sein? Also, um die Sache abzuschließen, daß er schwul ist, spür ich, ich habe ne Nase dafür“

„Klar, schwul sein ist etwas, was du nicht fassen kannst, eine Sache, die du nicht lenken kannst, die dir entgleitet, unverständlich ist.“ Ich ärgere mich ein bißchen.

“Spinnst du. Ich bin bloß kein Träumer, wie du, kein Weltverbesserer. Ich sehe alles realistisch. Und sag mir bloß nicht, ich hätte angedeutet schwul sein ist negativ. Jetzt ist sie richtig böse.

„Ich liebe geradezu Schwule, sie sind so freundlich, so verständnisvoll, sie sind die ehrlichsten, besten Freunde, die eine Frau nur haben kann.“ Verena fühlt sich angegriffen.

„Na fein, sind wir mal wieder bei Thema Nummer eins, Männer, oder Nummer zwei, Scheißleben ich hab nicht gesagt, daß schwul sein negativ ist. Mit keinem Wort, keiner Silbe, nicht mal angedeutet. Wie kommst du auf den Gedanken?“ Schnell fahre ich fort:

„Ich meine, daß du gerne in Bezug auf Männer das Sagen hast. Das du umworben sein willst, mußt du zugeben. Wer nicht deinem Charme erliegt ist schwul.“

Und jetzt bin ich sauer, sauer auf mich. Hätte ich bloß nichts über Jan gesagt, das Gespräch wäre natürlich auf Männer gekommen, bei Männern geblieben, aber bei Verenas Männern.

Erstaunlich, wer ihren Weg so kreuzt, wie bei ihr alles anfängt, weitergeht, oder beendet wird. Von wem und warum. Es wäre eine unterhaltsame Plauderei geworden, hätte mich abgelenkt von meinen Gedanken.

Mit Verena über meine Männer zu reden, kommt grundsätzlich nicht in Frage. Ob nun privat oder geschäftlich, es ist immer, na sagen wir mal, nicht bereichernd. Ich weiß es doch.

Verena schläft mit Männern genauso so, wie sie ißt oder trinkt. Und darüber zu reden, ist für sie genauso natürlich, die natürlichste Sache der Welt. Ganz abgesehen von Facebook, Instagram usw. also nicht nur mit mir, daß ist mir klar. Und genau das bereitet ihr manchmal höchst unangenehme Stunden, aber sie kapiert es nicht.

Verena ist eben Verena.

Ich bin sicher, nicht einmal eine Kamera und Millionen Zuschauer würden sie bremsen.

Ich denke und empfinde anders, was mir des öfteren: „du bistschrecklich spießig“, einbringt.

In diesem Punkt konnten wir noch nie derselben Meinung sein, sie und ich und ich fürchte, wir werden es niemals werden.

Und trotzdem, sie ist meine beste Freundin. Ich mag sie, Punkt um.

Das ist möglich. Das funktioniert, auch wenn ich es selbst weder verstehen noch erklären kann.

Es gibt noch so einen Kandidaten Oliver und seine Ehe, aber das gehört jetzt nicht hierher.

Wichtig, für Verena ist einzig und allein, daß ich ihr zuhöre. Das braucht sie und wie schon gesagt, ich mag sie.

„Weißt du“ beginnt Verena in mein Schweigen „ich würde ja Schluß machen. Aber ich kann nicht. Wenn ich Schluß mache, macht er mich im Club unmöglich und ich brauche den Club, das weißt du doch. Und das Spielen würde auch keinen Spaß mehr machen“ fährt sie fort: „kannst dir ja vorstellen, wie er dann sein würde, als Trainer, meine ich. Und außerdem mag ich ihn, irgendwie, nur nicht fest, du weißt schon.“

„Klar, wenn er sich einplanen läßt, so, wie es dir gefällt.“ Autsch das hätte ich nicht sagen sollen.

„Was soll denn das? Du bist vielleicht heute aggressiv“ kommt prompt.

Weil ich die Wahrheit sage? Oder bin ich wirklich nur müde heute, frage ich mich, besonders müde und deshalb aggressiv?

In die Pause knallt wie ein Schuß:

„Bist du besser? Planst du nicht auch? Entweder du planst, oder du wirst verplant. So oder so, einer ist immer der Stärkere, der Bestimmer.“