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Die erste große Liebe – Gefühle, die alles überflügeln, können schnell außer Kontrolle geraten. Gemischt mit Eifersucht und Wut entsteht leicht ein gefährlicher Cocktail. Auch die 15-Jährige Corinne muss feststellen, wie Liebe zu Obsession werden kann. Geleitet von den falschen Gefühlen sucht sie einen Ausweg aus dem Dilemma, in das ihr Freund Jacob sie erst gebracht hat. Muss Corinne über Leichen gehen, um zu bekommen, was sie sich von Herzen wünscht? Oder gibt es doch noch einen anderen Weg, dessen Preis nicht so hoch sein wird?
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Seitenzahl: 119
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Kerstin Schwarz
OBSESSION
Roman
Originalausgabe
Impressum
Text: Copyright (c) 2023 by Kerstin D. Schwarz (alias Merci)
Umschlagmotiv und -gestaltung: Copyright (c) Kerstin D. Schwarz
Verlag:
Kerstin Schwarz
c/o autorenglück.de
Franz-Mehring-Str. 15
01237 Dresden
[email protected] // www.kerstin-schwarz.com
Druck und Herstellung:epubli, ein Service der Neopubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
Selbstzweifel sind die Momente,die es zu überwinden gilt,um wahre Größe zu erlangen.
I AM MY ONLY MASTER
Es war wieder einer dieser endlos langen Tage. Grau und regnerisch. Laura kaute gelangweilt auf ihrem Kaugummi herum. Ich warf ihr einen finsteren Blick zu. Sie antwortete mit einem Schulterzucken und verdrehte genervt die Augen. Ich brummte leise und wandte mich wieder unserem Deutschlehrer zu. Dieser schwafelte irgendetwas von Rhetorik und neuem Lesestoff. Ich blickte wieder zu Laura.
Seit mir mein Freund Jacob erzählt hatte, dass er letztes Schuljahr in Laura verknallt gewesen war und sogar mal ein Date mit ihr hatte, war sie mir ein Dorn im Auge.
Ich blickte zu ihm und er erwiderte meinen Blick. Er schenkte mir sein vertrautes, unschuldiges Lächeln. Dann schaute er wieder nach vorne zum Lehrer, während mein Blick auf ihm verweilte.
Plötzlich drehte er erneut den Kopf, jedoch blieb er bei Laura hängen und musterte sie für einige Sekunden, bevor er dann zu mir blickte. Wieso hatte er sie so lange angestarrt? Empfand er doch noch etwas für sie?
Ich schaute zu Laura und sie starrte mich mit einem fragwürdigen Blick an. In diesem Moment entschied ich, dass sie sterben musste.
Es war, als hätte man einen Schalter in meinem Kopf umgelegt. Mit einem Mal war ich nur noch auf diesen einen Gedanken fixiert. Statt dem Unterricht weiter zu folgen, konzentrierte ich mich darauf, wie ich Laura am besten töten konnte, ohne dabei erwischt zu werden.
Laura war ein bildhübsches Mädchen und gefühlt jeder Junge in der Klasse stand auf sie. Aber es war auch schwer, nicht auf sie zu stehen. An ihr führte kein Blick vorbei: Sie war groß, schlank und blond. Ihre blauen Augen schienen immer zu strahlen und sie hielt für jeden ein Lächeln bereit. Die Jungs buhlten um ihre Aufmerksamkeit und die meisten Mädchen unserer Klasse versuchten mit ihr befreundet zu sein. Sie genoss es, im Mittelpunkt zu stehen und diese Aufmerksamkeit zu erhalten. Ihre besten Freundinnen Hannah und Samantha waren etwas unscheinbarer mit ihren braunen Haaren.
Laura hatte sich die beiden gut ausgesucht. Mit ihren langen blonden Haaren stach sie aus dieser Clique immer direkt hervor.
Seit Ende Februar die Temperaturen so mild geworden waren, fuhr ich wieder täglich mit dem Fahrrad zur Schule. Ungeachtet, dass es anfänglich morgens noch dunkel war, liebte ich die Abkürzung über die abgelegenen Feldwege. Obwohl meine Mutter immer davor warnte, hatte ich keine Angst, wenn ich auf meinem Fahrrad dort entlang fuhr. Die Stille und Dunkelheit gaben mir immer ein beruhigendes Gefühl.
Als ich damals Jacob davon erzählt hatte, beäugte er mich nur mit einem seltsamen Blick. Diesen Blick warf er mir in letzter Zeit immer häufiger zu. Wir waren mittlerweile vier Monate zusammen, aber dennoch konnte ich bisher noch nicht all seine Blicke richtig deuten.
Waren es wirklich erst vier Monate? Mir kam die Zeit schon viel länger vor. Anfangs war mir die englische Aussprache seines Namens befremdlich vorgekommen. Doch ich hatte mich schnell daran gewöhnt und konnte mir heute sowohl Jacob wie auch seinen Namen nicht mehr aus meinem Leben wegdenken. Ich wusste, er gehörte einfach zu mir!
Jacob blickte schon wieder zu Laura und sie lächelte ihm unauffällig zu. Dachten die beiden, ich würde es nicht bemerken? Innerlich kochte ich vor Wut. Die Klingel, die das Ende des heutigen Schultags ankündigte, riss mich aus meinen Gedanken. Schnell packte ich meine Sachen zusammen und lief eilig hinaus.
Wutentbrannt verließ ich das Schulgebäude und hoffte, dass sich mir heute niemand in den Weg stellen würde. Ich wollte einfach nur mit meinen Gedanken allein sein.
„Hey Corinne, warte mal!“ - Jemand rief meinen Namen und ich blieb stehen. „Alles okay bei dir?“, fragte Jacob.
Als ich zögerte, packte er meinen Arm und drehte mich zu sich herum.
„Was ist los? Du bist so schnell abgehauen, dass ich Mühe hatte, dich noch einzuholen. Bist du irgendwie sauer auf mich?“
Ich blickte direkt in seine braunen Augen und mein Ärger verrauchte etwas. Mit diesem unschuldigen Rehblick konnte ich ihm nie lange böse sein. Er bückte sich zu mir herunter und drückte seinen Mund auf meine Lippen. Jacob war ungefähr einen halben Kopf größer als ich. Er war schlank und gut gebaut. Seine zarten Lippen auf meinen zu spüren, ließ mein Herz immer schneller schlagen.
In diesem Moment schien die Zeit still zu stehen und alles andere auf der Welt verlor jegliche Bedeutung. Es zählten nur noch Jacob und ich. Er zog mich fester an sich und ich spürte die Wärme seines Körpers.
Ich blickte tief in seine Augen und wusste, alles war in Ordnung. Nichts und niemand konnte sich zwischen uns drängen.
„Bis morgen, Jacob!“, flötete Laura mit lieblicher Stimme, als sie an uns vorbeilief und die Wut flammte erneut in mir auf.
Corinne wusste, sie musste schnell handeln. Als sie auf dem Nachhauseweg über die Feldwege fuhr, war sie immer noch in ihre Gedanken vertieft. Doch mit einem Mal sah sie es ganz genau vor sich! Statt wie üblich dem geteerten, breiten Weg zu folgen, bog sie an der großen Rechtskurve nach links ab und folgte einem kleineren Pfad. Als sie sah, dass dieser immer holpriger wurde und die Vegetation zunahm, ließ sie ihr Rad stehen und ging zu Fuß weiter. Je weiter sie kam, desto mehr war der Weg von Dornen und Disteln zugewachsen. Sie versuchte sich nun parallel einen Weg durch das höhere Gras zu bahnen. Sie kämpfte sich tapfer voran und stand kurze Zeit später direkt am Fluss.
Corinne hatte gehofft, hierher zu gelangen und sie hatte sich nicht geirrt! Dieser Ort war sogar noch besser, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie hatte eine traumhafte Lichtung gefunden. Der Regen der letzten Tage hatte der Natur gutgetan und alles hier war grün und idyllisch. Die Blätter der Bäume waren hellgrün und bildeten ein schützendes Blätterdach. Dieser Ort strahlte eine ganz merkwürdige Faszination aus. Es war hier so ruhig und abgeschieden, aber keinesfalls beängstigend. Es war die unberührte Schönheit der Natur in all ihrer Pracht.
Corinne konnte spüren, dass hier schon lange niemand mehr gewesen war. Und sie wusste sofort, das war die ideale Stelle für ihren Plan. Jetzt musste sie nur noch überlegen, wie sie diesen am besten in die Tat umsetzen konnte.
Sie konnte es kaum abwarten, bis die Schulwoche zu Ende war und endlich das Wochenende vor der Tür stand. Sie hatte die halbe Nacht wach gelegen und war wieder und wieder ihren Plan im Kopf durchgegangen. Sie hielt es für zu riskant, diesen aufzuschreiben. Also musste sie sich jedes kleinste Detail im Kopf behalten.
Es war Samstagmorgen und endlich konnte sie mit den Vorbereitungen beginnen. Corinne fuhr mit dem Zug in die nächste Stadt und kaufte dort im Baumarkt die Utensilien, die sie für nötig hielt. Ganz wichtig war der Ganz-Körper-Schutzanzug, den es in der Abteilung für Malerbedarf gab. Hiervon nahm sie gleich zwei.
Um nicht auffällig zu erscheinen, kaufte sie auch noch ein paar Farbspraydosen. Handschuhe und Kabelbinder durfte sie auch nicht vergessen! An der Kasse zahlte sie mit ihrem Taschengeld und vermied es den Verkäufer länger als nötig anzuschauen. Sie verstaute alles in ihrem Rucksack und machte sich auf den Heimweg.
Fast wäre sie in Wilmar, den besten Kumpel ihres Freundes, hineingerannt.
„Hey Wilmar“, begrüßte sie ihn ganz beiläufig.
„Hi Corinne! Alles fit?“, fragte er zurück und lugte an ihr vorbei. „Ist Jacob auch hier?“
„Nein, ich bin heute allein unterwegs. Ich sollte für meinen Vater ein paar Kleinigkeiten besorgen", erklärte sie ihm.
Er zog verwundert die Augenbrauen hoch. Es war selten, dass man Corinne ohne Jacob an ihrer Seite antraf.
„Was macht ihr heute Abend? Kommt ihr auch zur Party von Samantha?“, fragte Wilmar weiter.
Mist! Die Party hatte Corinne ganz vergessen. Die Eltern von Samantha waren übers Wochenende zu ihrer Tante gefahren und sie hatte die Gelegenheit genutzt, die ganze Klasse zum Feiern einzuladen.
Corinne wollte nicht mal im Traum darüber nachdenken, wie ihre Eltern reagieren würden, wenn sie ein sturmfreies Wochenende auf diese Art ausnutzen würde. Damit würde sie sich wahrscheinlich Hausarrest bis zu ihrem Schulabschluss einhandeln.
„Ja“, antwortete Corinne. „Wir kommen auch vorbei.“
„Super! Dann bis heute Abend“, verabschiedete sich Wilmar von ihr.
Corinne wusste, dass Wilmar sie nicht besonders gut leiden konnte. Sie vermutete, dass er ihr die Schuld daran gab, dass Jacob im Moment mehr Zeit mit ihr als mit seinem besten Freund verbrachte. Auch wenn Jacob daran arbeitete, seine Zeit besser aufzuteilen, war ihm dies noch nicht zur Zufriedenheit aller gelungen.
Corinne überlegte, wie sie diese Party und ihr Vorhaben unter einen Hut bringen konnte. Auf jeden Fall musste sie dieses Wochenende anfangen, denn sie wollte nicht noch eine weitere Woche warten müssen.
Sie hatte ihren Eltern erzählt, dass sie bei Jacob übernachten würde. Erst reagierten diese zögerlich. Es war das erste Mal, dass Corinne bei ihrem Freund übernachten wollte und sie kannten Jacobs Eltern noch nicht. Doch Corinne ließ nicht locker und schließlich gaben ihre Eltern sich geschlagen. Immerhin hatten sie Jacob bereits vor zwei Monaten kennengelernt und mochten ihn sehr.
Ganz im Gegensatz zu Jacob, der seine Freundin immer noch vor seiner Mutter verheimlichte. Er hatte Corinne erklärt, dass seine Mutter sehr streng wäre. Doch so ganz glaubte sie ihm das nicht, denn sie hatte schon viel über seinen älteren Bruder André gehört, der bei diesem Thema nichts anbrennen ließ.
Aber mittlerweile hatte Corinne sich damit abgefunden und beschlossen, Jacob nicht weiter zu drängen. Irgendwann würde sie bestimmt auch seine Mutter kennenlernen.
Zum Glück vertrauten ihre Eltern ihr so sehr, dass sie keinen Blick in ihren Rucksack werfen wollten. Darin wären ihnen bestimmt ein paar Sachen merkwürdig vorgekommen und hätten Fragen aufgeworfen. Dann wäre die Angst, dass ihre Tochter die Nacht mit einem Jungen verbringen würde, ihre kleinste Sorge gewesen.
Bevor Corinne sich auf ihr Fahrrad schwang, schlich sie noch in die Garage und packte den Klappspaten in ihren Rucksack.
Sie hatte sich immer über dieses Werkzeug gewundert. Auch wenn sie bis heute nicht verstanden hatte, warum ihr Vater ausgerechnet einen klappbaren Spaten gekauft hatte, konnte sie nun davon profitieren.
Die Party begann um 20 Uhr. Samantha wohnte nur einige Straßen von Jacob entfernt und er hatte vorgeschlagen, sich dort zu treffen.
Jacob stand bereits im Vorgarten und lehnte mit dem Rücken an einem Baum. Als er Corinne sah, schnickte er seine Zigarette weg. Heute Abend trug sie ihre dunkelblonden Haare offen und sie fielen ihr locker über die Schultern. Er kam strahlend auf sie zu und begrüßte sie mit einem sinnlichen Kuss. Danach nahm er ihre Hand und sie gingen gemeinsam hinein.
Die Party war schon in Gange und bis 21 Uhr kamen immer mehr ihrer Klassenkameraden. Laura war natürlich auch hier!
Corinne nutze die Gelegenheit, ein paar Worte mit ihr zu wechseln. Sie waren zwar längst nicht mehr die besten Freundinnen, aber Corinne musste sicherstellen, dass Laura ihr immer noch genug Vertrauen schenkte. Nur dadurch konnte sie ihr Vorhaben in die Tat umsetzen. Also zeigte sie sich Laura gegenüber höflich und zuvorkommend. Sie tanzten zusammen und als Jacob sich zu ihnen gesellte, konnte sie die Wut in ihrem Inneren ziemlich unterdrücken.
Jetzt kam es darauf an, ihr Gesicht zu wahren. Sie rückte enger an ihn heran und wollte damit deutlich machen, dass er zu ihr gehörte. Jacob legte seinen Arm um Corinne und zog sie zu sich, um sie zu küssen. Sie erwiderte den Kuss und fühlte sich in diesem Moment glücklich und geliebt.
Doch sie wusste, es war bald Zeit, die Party vorzeitig zu verlassen. Sie vertraute Jacob genug, um ihn allein hier zurückzulassen. Dennoch hoffte sie, dass er keine Dummheiten machen würde, die er später bereute.
Mit einem Mal verzog Corinne das Gesicht und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Sie lief hinaus in den Garten und schnappte nach frischer Luft.
Jacob war ihr gefolgt. „Alles okay?“, fragte er besorgt.
Corinne blickte ihm tief in die Augen. „Ich hab’ plötzlich Kopfschmerzen bekommen“, flunkerte sie ihn an.
Er erwiderte ihren Blick. „Die Luft da drinnen ist auch wirklich sehr stickig“, erklärte er.
„Lass uns noch eine Weile hier draußen bleiben“, sagte Corinne. Er zuckte mit den Schultern und zündete sich eine Zigarette an.
‚Welch Ironie’, dachte Corinne und verkniff sich jeglichen Kommentar.
„Ich glaub, ich geh’ doch besser nach Hause“, sagte Corinne, als er seine Zigarette ausgedrückt hatte.
„Ist es nicht besser geworden?“, fragte Jacob und klang wirklich besorgt. Corinne verspürte ein leichtes Schuldgefühl, ihren Freund anzulügen, aber sie sah keine andere Möglichkeit und schüttelte den Kopf.
„Soll ich dich begleiten?“, fragte er weiter. Corinne fand dieses Angebot wirklich sehr süß, aber sie lehnte ab. Jacob hatte darum betteln müssen, dass er heute etwas länger ausgehen durfte. Ausnahmsweise hatte seine Mutter zugestimmt, da die Party nicht weit entfernt war.
Corinne wollte ihm die Party nicht versauen. Sie sah keinen Sinn darin, warum er auch früher nach Hause gehen sollte. Viel wichtiger war ihr jetzt, dass sie ihren Plan umsetzen konnte.
„Danke, aber ich bin mit dem Fahrrad da“, sagte sie und versprach sich zu melden, wenn sie zu Hause wäre. Sie drückte ihm zum Abschied einen Kuss auf den Mund und wünschte ihm noch viel Spaß.
Jacob drehte sich um und ging wieder ins Haus zurück, während Corinne still und heimlich durch den Garten schlich und die Party hinter sich ließ.
Corinne hatte ihr Fahrrad oben am Weg abgestellt und war die letzten Meter zu Fuß gegangen. Sie hatte Glück, es war immer noch etwas hell und sie konnte sehen, wohin sie lief. Ihren Rucksack hatte sie bereits auf dem Weg zur Party hier versteckt.
Ihr Herz schlug schneller, als sie nun ihr Equipment auspackte. Es waren nur noch wenige Tage bis Vollmond und er spendete jetzt schon viel Licht. Schnell streifte sie den Schutzanzug über ihr schickes Party-Outfit und band sich die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen. Auch für ihre Schuhe hatte sie Überzieher dabei. Keinesfalls durften Fasern von ihr an diesem Ort zurückbleiben.
Sie hatte alle Taschenlampen, die sie finden konnte, eingepackt und versuchte nun eine gute Ausleuchtung zu erreichen. Immerhin wollte sie sehen, wo sie das Grab schaufelte.