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Die Veröffentlichung von Klopstocks Oden entfachte einen Begeisterungssturm unter den Gegnern der bis dahin vorherrschenden "vernünftigen" Poetik Johann Christoph Gottscheds. Es war die Geburtsstunde der reinen Dichtung. Dieser Band enthält seine wichtigsten Schöpfungen. Aus dem Inhalt: Der Lehrling der Griechen Wingolf An Giseke Die künftige Geliebte An Ebert Salem Petrarcha und Laura An Fanny Bardale Der Abschied Die Stunden der Weihe An Gott Heinrich der Vogler Die Braut An Bodmer Der Zürchersee Friedrich der Fünfte Friedrich der Fünfte Die todte Clarissa Friendensburg Der Verwandelte Dem Erlöser Die Königin Luise Hermann und Thusnelda Fragen An Young Die beiden Musen An Cidli Das Rosenband An sie Ihr Schlummer An Gleim Furcht der Geliebten Der Rheinwein Gegenwart der Abwesenden Für den König Die Genesung Dem Allgegenwärtigen Das Anschaun Gottes Die Frühlingsfeyer Der Erbarmer Die Glückseligkeit Aller Die Genesung des Königs Die Welten Das neue Jahrhundert Die Gestirne Dem Unendlichen Der Tod Aganippe und Phiala Der Selige Kaiser Heinrich Die Zukunft ... u.v.m. ...
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Seitenzahl: 321
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Oden
Friedrich Gottlieb Klopstock
Inhalt:
Friedrich Gottlieb Klopstock – Biografie und Bibliografie
Oden
Erster Band
Der Lehrling der Griechen
Wingolf
Erstes Lied
Zweytes Lied
Drittes Lied
Viertes Lied
Fünftes Lied
Sechstes Lied
Siebentes Lied
Achtes Lied
An Giseke
Die künftige Geliebte
An Ebert
Salem
Petrarcha und Laura
An Fanny
Bardale
Der Abschied
Die Stunden der Weihe
An Gott
Heinrich der Vogler
Die Braut
An Bodmer
Der Zürchersee
Friedrich der Fünfte
Friedrich der Fünfte
Die todte Clarissa
Friendensburg
Der Verwandelte
Dem Erlöser
Die Königin Luise
Hermann und Thusnelda
Fragen
An Young
Die beiden Musen
An Cidli
Das Rosenband
An sie
Ihr Schlummer
An Gleim
Furcht der Geliebten
Der Rheinwein
Gegenwart der Abwesenden
Für den König
Die Genesung
Dem Allgegenwärtigen
Das Anschaun Gottes
Die Frühlingsfeyer
Der Erbarmer
Die Glückseligkeit Aller
Die Genesung des Königs
Die Welten
Das neue Jahrhundert
Die Gestirne
Dem Unendlichen
Der Tod
Aganippe und Phiala
Der Selige
Kaiser Heinrich
Die Zukunft
Siona
Der Nachahmer
Sponda
Thuiskon
Der Eislauf
Der Jüngling
Die frühen Gräber
Schlachtgesang
Der Vorhof und der Tempel
Das große Halleluja
Braga
Die Sommernacht
Rothschilds Gräber
Skulda
Selma und Selmar
Der Bach
Wir und sie
Unsre Fürsten
Schlachtlied
Die Chöre
Die Barden
Teone
Stintenburg
Unsre Sprache
Die Kunst Tialfs
Der Hügel, und der Hain
Hermann
Mein Vaterland
Vaterlandslied
Der Kamin
Die Rosstrappe
Edone
Der Unterschied
Klage
Warnung
Anmerkungen des Autors
Der Lehrling der Griechen
Wingolf
Bardale
Der Abschied
Die Stunden der Weihe
An Gott
Dem Erlöser
An Young
Die beyden Musen
An Cidli
An Gleim
Die Genesung
Die Genesung des Königs
Die Welten
Das neue Jahrhundert
Aganippe und Phiala
Der Selige
Kaiser Heinrich
Sponda
Der Eislauf
Braga
Skulda
Der Bach
Die Barden
Stintenburg
Unsre Sprache
Die Kunst Tialfs
Der Hügel und der Hain
Hermann
Die Rosstrappe
Warnung
Zweyter Band
Teutone
Weissagung
Die Lehrstunde
Fürstenlob
Der Denkstein
Beruhigung
Die Krieger
Wink
Mein Wäldchen
Die Ankläger
Verschiedne Zwecke
Die Trennung
Die Verkennung
Ihr Tod
Unterricht
Mehr Unterricht
Überschätzung der Ausländer
Der jetzige Krieg
An Freund und Feind
An den Kaiser
Der rechte Entschlusss
Die Maßbestimmung
Mein Wissen
Der Kranz
Der Traum
Beyde
Die Sprache
Der Nachruhm
Die Rache
Ästhetiker
An Johann Heinrich Voss
Delphi
Die Verwandelten
Der Gränzstein
Morgengesang am Schöpfungsfeste
Die Vortrefflichkeit
An Giacomo Zigno
Die deutsche Sprache
Das Gehör
Der Frohsinn
Die Grazien
Die deutsche Bibel
Der Gottesleugner
Die Etats Generaux
Psalm
Der Ungleiche
Hemis und Telon
Ludewig, der Sechzehnte
Das Gegenwärtige
Kennet euch selbst
Der Fürst und sein Kebsweib
Selmar und Selma
Das Bündniß
Sie, und nicht wir
An Cramer, den Franken
Der Freyheitskrieg
Friedrich, Kronprinz von Dännemark
Die Jakobiner
Die Erscheinung
An la Rochefoucauld's Schatten
Das Wort der Deutschen
Mein Irrthum
Der Erobrungskrieg
Die beyden Gräber
Die Verwandlung
Die Denkzeiten
Der Belohnte
Das Neue
Hermann aus Walhalla
Die Trümmern
Der Schooßhund
Erinrungen
Das Denkmal
Die Mutter, und die Tochter
Die Wiederkehr
Das Versprechen
Das Grab
Nantes
Der Geschmack
Der Sieger
Zwey Nordamerikaner
Der Kapwein, und der Johannesberger
Mein Thal
Die Bestattung
Die Erinnerung
Die Rathgeberin
Die Vergeltung
Die Musik
Die Sonne, und die Erde
Klage eines Gedichts
Die Lerche, und die Nachtigall
Der Genügsame
Der Nachahmer, und der Erfinder
Das verlängerte Leben
Aus der Vorzeit
An die nachkommenden Freunde
Neuer Genuss
Mein Gram
Die Sängerin, und der Zuhörer
Das Fest
Der Wein, und das Wasser
Die zweyte Höhe
Die Jüngste
An meinen Bruder Victor Ludewig
Einladung
Das Wiedersehn
Winterfreuden
Sie
Anmerkungen des Autors
Teutone
Die Weissagung
Der Denkstein
Mein Wäldchen
Die Ankläger
Ihr Tod
Unterricht
An Freund und Feind
An den Kaiser
Der Kranz
Die Sprache
Ästhetiker
Delphi
Der Gränzstein
Die Vortrefflichkeit
An Giacomo Zigno
Die deutsche Sprache
Die Etats Generaux
Ludewig der Sechzehnte
Sie und nicht wir
An Cramer den Franken
Der Freyheitskrieg
Die Erscheinung
Mein Irrthum
Der Eroberungskrieg
Die beyden Gräber
Die Denkzeiten
Das Neue
Hermann aus Walhalla
Die Trümmern
Der Schooßhund
Erinnrungen
Das Denkmal
Die Mutter und die Tochter
Der Geschmack
Die Bestattung
Neuer Genuß
Einladung
Winterfreuden
Oden , F. G. Klopstock
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
86450 Altenmünster, Loschberg 9
Deutschland
ISBN:9783849629632
www.jazzybee-verlag.de
www.facebook.com/jazzybeeverlag
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Bahnbrechender deutscher Dichter, geb. 2. Juli 1724 in Quedlinburg, gest. 14. März 1803 in Hamburg, war das älteste unter 17 Kindern des Advokaten K. Die Ausbildung des Dichters, vom Vater früh vorzugsweise auf körperliche Entwickelung gerichtet, fand in dieser Hinsicht besondere Förderung durch den Umstand, dass die Familie um 1735 auf das in Pacht genommene Amtsgut Friedeburg bei Quedlinburg zog. 1737 wurde K. Schüler des Gymnasiums in letzterer Stadt, 1739 trat er in die Schule zu Pforta. Dort wurde er mit den altklassischen Schriftstellern genau vertraut und fasste frühzeitig den Plan zu einem nationalen Heldenepos über Heinrich den Vogler, der aber unter dem Eindruck von Miltons »Verlorenem Paradies« bald durch den des »Messias« verdrängt wurde. K. wählte mit sicherem Gefühl einen Gegenstand, in dem der bedeutendste Gehalt jener Zeit, die pietistisch vertiefte religiöse Stimmung, verkörpert werden konnte. Schon in seiner Abschiedsrede über die großen Epiker, die er 21. Sept. 1745 in Pforta hielt (abgedruckt in Cramers »Klopstock«, Bd. 1), wies er auf die große Lebensaufgabe, die ihm vorschwebte, hin. In Jena, wohin sich' K. im Herbst 1745 begab, um Theologie zu studieren, entstanden die drei ersten Gesänge des »Messias« und zwar in Prosa. Die anfängliche Absicht, das Gedicht überhaupt in ungebundener Rede abzufassen, die besonders in dem Widerwillen des Dichters gegen den Modevers, den Alexandriner, wurzelte, wurde erst während Klopstocks Studienzeit in Leipzig (seit Ostern 1746) aufgegeben, wo er den Anfang seines Gedichts, zuerst am Erfolg zweifelnd, in Hexameter umgoss, und dieser Übergang zu dem antiken Metrum sollte für die moderne Dichtung höchst bedeutsam werden. In Leipzig trat K. in Verbindung mit dem Kreis junger Poeten, die, von der Gottschedschen Richtung abgefallen, in den sogen. »Bremer Beiträgen« (s. d.) ihr literarisches Organ hatten. Diese »Beiträge« brachten denn auch (1748 im 4. Band) die drei ersten Gesänge von Klopstocks »Messias« in die Öffentlichkeit. K., der auch als Lyriker bereits in Leipzig produktiv gewesen war und dort einige seiner schönsten Oden (»Der Lehrling der Griechen«, »An die Freunde« (Wingolf), »An Giseke«, »Die künftige Geliebte«) gedichtet hatte, war inzwischen als Hauslehrer einer angesehenen Familie nach Langensalza gegangen, hauptsächlich um der Schwester seines Vetters Schmidt, Marie Sophie, nahe zu sein, die bei einem Besuch in Leipzig in K. eine leidenschaftliche, doch unerwiderte Neigung entfacht hatte und in Klopstocks Dichtungen unter dem Namen »Fanny« verewigt ist. Die Fruchtlosigkeit seiner Bemühungen, die Gegenliebe des Mädchens zu erwerben, bewog neben andern Umständen den Dichter, einer Einladung Bodmers nach Zürich zu folgen. Im Juli 1750 traf er hier ein. Unterdessen war das anfängliche Schweigen über das Messiasfragment in Deutschland dem lauten Lärm eines heftigen literarischen Streites gewichen. Der Professor der Philosophie G. F. Meier in Halle, der Gothaer Rektor Stuß u. a. sprachen sich anerkennend aus, während Gottsched energisch, aber völlig fruchtlos, die Begeisterung für den »Messias« bekämpfte. In Zürich enttäuschte Klopstocks jugendliches, genußfrohes Auftreten und Verhalten (vgl. die Ode »Zürchersee«) Bodmer und dessen alte Freunde, die einen »heiligen« Dichter erwartet hatten. Bodmer zürnte in unfreundlichster Weise; K. aber ging in seinem überreizten Selbstgefühl einen Schritt zu weit, so dass ein Bruch erfolgte, der vor Klopstocks Weggang aus Zürich (im Februar 1751) nur notdürftig geheilt werden konnte. Inzwischen hatte K. durch Vermittlung des Ministers Grafen Bernstorff vom König Friedrich V. von Dänemark einen Gnadengehalt von 400 Reichstaler erhalten, damit er in Kopenhagen den »Messias« mit guter Muße und »ohne Distraktion« beendigen könne. Auf der Hinreise lernte K. in Hamburg die für sein Gedicht begeisterte Meta Moller kennen, die im Juni 1754 seine Gattin wurde. Die ersten Jahre seiner sehr glücklichen Ehe sahen den Dichter auch auf dem Höhepunkt seines dichterischen Schaffens. 1755 war der »Messias« bis zum zehnten Gesang beendigt und in doppelter Ausgabe erschienen. Um dieselbe Zeit entstanden Klopstocks früheste prosaische Abhandlungen; 1757 machte der Dichter mit dem »Tod Adams« den ersten dramatischen Versuch, und gleichzeitig war er besonders fruchtbar in der Gattung des geistlichen Liedes. 1758 nahm der Tod seine treue Meta (Cidli nannte sie der Dichter in den schönen an sie gerichteten Oden) während eines Besuches in Hamburg ihm von der Seite, und mit diesem Ereignis schließt Klopstocks glücklichster Lebensabschnitt. In den Jahren 1762–64 verweilte der Dichter in Quedlinburg und Halberstadt im Familienkreis; 1763 wurde er zum dänischen Legationsrat ernannt. In die nächsten Jahre fällt Klopstocks Beschäftigung mit der altnordischen Dichtung und Mythologie; die unklar-idealisierenden Vorstellungen, die er sich von der heidnischen Vorzeit der Germanen bildete, spiegeln sich von nun an vielfach in seinen Schriften wider; in manchen Fällen hat er aus seinen älteren Schriften die mythologischen Namen des klassischen Altertums entfernt und sie durch germanische ersetzt. Neben der Fortführung des »Messias« entstand in der nächstfolgenden Zeit unter anderem das dramatische Bardiet »Die Hermannsschlacht« (1769), von dem angeregt sich das wesenlose, bombastisch-rhetorische Bardenwesen in der deutschen Literatur üppig ausbreitete. Die Hoffnungen, die der Dichter in den letzten 60er Jahren auf den neuen Kaiser, Joseph II., setzte, erfüllten sich in keiner Weise. 1770, nach dem Sturze seines Gönners Bernstorff, siedelte K. nach Hamburg über. Durch die Sammlung seiner Oden, welche die Landgräfin Karoline von Darmstadt, und die inkorrekte, die der Dichter Dan. Schubart kurz vorher veröffentlicht hatten, sah er sich veranlasst, selbst eine Ausgabe (Hamb. 1771) zu besorgen, die er Bernstorff widmete. Nach Bernstorffs Tode (1772) wohnte K. eine Zeitlang im Hause von dessen Gemahlin in Hamburg; dann bezog er das Haus eines Herrn v. Winthem daselbst, dessen Witwe später (1791) seine zweite Frau und die treue Pflegerin seines Alters wurde. 1772 ward das Trauerspiel »David« beendigt, 1773 der »Messias« endlich abgeschlossen. Weit über Deutschlands Grenzen hinaus war der Ruhm des Gedichts erschollen. Übertragungen, unter anderem in die italienische, französische und englische Sprache, machten es dem Auslande zugänglich. 1774 erschien die wunderliche Prosaschrift »Die deutsche Gelehrtenrepublik«, die auf Subskription gedruckt wurde. Wie tief und stark die Verehrung und Begeisterung für K. im allgemeinen, besonders aber bei der damaligen Jugend war, zeigt am deutlichsten das Verhältnis, in dem die Mitglieder des Göttinger Dichterbundes (s. d.) zu dem Dichter des »Messias« standen. Sie sahen in K. ihr Ideal und unbedingtes Vorbild. K. trat auch in persönliche Beziehung zu ihnen, und als er 1774 der Einladung, die Markgraf Karl Friedrich von Baden an den »Dichter der Religion und des Vaterlandes« zum dauernden Besuch an seinem Hofe hatte ergehen lassen, folgte, verweilte er in Göttingen im Kreise der begeisterten Verehrer. Von des Dichters damaliger Einkehr in Goethes Wohnhaus berichtet »Dichtung und Wahrheit«. Schon im Frühjahr 1775 verließ K., des Hoflebens müde, Karlsruhe und traf im Juni wieder in Hamburg ein, wo er die letzten 28 Jahre seines Lebens in zunehmender Stille und Zurückgezogenheit verbrachte. Verdrossen durch die kühle Aufnahme der »Gelehrtenrepublik« und seiner seltsamen linguistischen Versuche (»Fragmente über Sprache und Dichtkunst«, 1779 und 1780), spann sich der Dichter immer mehr in seiner Sonderstellung ein. Der Odendichtung blieb er bis wenige Jahre vor seinem Tode treu; wenn auch einige seiner herrlichsten Oden, unter anderem »An Freund und Feind«, in die letzten Jahrzehnte seines Lebens fallen, so litt doch seine spätere Lyrik noch mehr als die frühere an Unverständlichkeit und Schwerfälligkeit des Ausdrucks. Mehr und mehr der deutsch-patriotischen Richtung sich ergebend (die Dramen: »Hermann und die Fürsten« und »Hermanns Tod« sind Zeugnisse hierfür), nahm K. auch lebhaften Teil an den damaligen großen weltgeschichtlichen Vorgängen im Ausland. Schon der nordamerikanische Unabhängigkeitskrieg hatte ihn hoch begeistert, die Einberufung der französischen Reichsstände feierte er durch die Ode »Etats généraux« (1788). Ein Dekret, das ihn nebst andern freiheitsfreundlichen Ausländern zum Bürger der französischen Republik ernannte (1792), war die Anerkennung für diese und ähnliche Kundgebungen. Seiner Enttäuschung, die nicht lange auf sich warten ließ (den Entwickelungsgang der Revolution missbilligte er in einem Schreiben an den Präsidenten des Konvents sehr nachdrücklich), gab er gleichfalls poetischen Ausdruck (Ode »Mein Irrtum«). Am 2. Juli 1824 ward zu Quedlinburg und Altona Klopstocks Säkularfeier begangen und ihm in ersterer Stadt ein Denkmal errichtet, 2. Juli 1874 in Quedlinburg, Schulpforta und anderwärts das 150jährige Jubiläum des Dichters gefeiert. Sein Bildnis s. Tafel »Deutsche Klassiker des 18. Jahrhunderts« (S. 96 dieses Bandes).
Die historische Bedeutung von Klopstocks Schaffen ist sehr groß. Er befreite die deutsche Dichtung aus den Banden trockner Verstandeskultur, in der sie jahrzehntelang befangen gewesen war, und verlieh ihr durch die Tiefe, Kraft und Wahrheit des religiösen Gefühls, das ihn ganz erfüllte, eine Schönheit und Größe, die zuvor in Deutschland unbekannt gewesen war. Durchaus Lyriker, von seltener Gewalt des Pathos, und zugleich ein sorgfältig feilender Künstler, erweckte K. in den stillen Herzen der dem öffentlichen Leben meist fernstehenden Menschen jener Zeit die idealste Begeisterung für Religion, deutsche Art, Freiheit, Liebe und Freundschaft, die mehrere Generationen beglückt und gehoben hat. Er ist der bedeutendste Vertreter der großen Periode der Empfindsamkeit, so wie Lessing und Kant die bedeutendsten Vertreter der Aufklärung sind: erst in Goethe und Schiller fanden diese beiden Kulturströmungen harmonischen Ausgleich. Zugleich aber übte K. entscheidenden Einfluss auf die Entwickelung des poetischen Stils: seine Sprache bietet in ihrer gedrängten Kürze eine Fülle ausdrucksvoller Schönheit, sie ist individuell und von dem Hergebrachten stark abweichend; doch ist sie oft allzu kühn, dunkel und hier und da fast ungenießbar geschraubt. Seine metrischen Neuerungen waren dagegen größtenteils glücklich: die antiken Vers- und Strophenformen sind zwar nicht einwandfrei von K. gehandhabt worden, aber sie bilden zu dem erhabenen Inhalt seiner Dichtung das passende Gewand; die »freien Rhythmen«, die er einführte (zuerst in der Ode »Die Genesung«, 1754), haben sich bis auf die Gegenwart als sehr wertvolles Ausdrucksmittel erwiesen. Klopstocks Talent war einseitig auf eine bestimmte Form der »sentimentalischen« Lyrik beschränkt; sein »Messias« ist als Epos verfehlt und nur durch die lyrischen Schönheiten erfreulich, seine Dramen sind unbedeutend, seine theoretischen Arbeiten schrullenhaft. Aber er hat das Gefühlsleben seiner Zeit wie kein andrer erschlossen und dadurch auf die junge Dichtergeneration einen kaum zu ermessenden Einfluss gewonnen.
Die Hauptausgaben von Klopstocks gesammelten Schriften sind folgende: Werke, Ausgabe in 7 Bänden (Leipz. 1798–1810), Ausgabe in 12 Bänden (das. 1798–1817); Sämtliche Werke in Einem Bande (das. 1839); Stereotypausgabe in 9 Bänden (der letzte enthält den Nachlass von Meta K., das. 1839) und in 10 Bänden (das. 1844); Ergänzung der Sämtlichen Werke durch 3 Bände, Briefwechsel, Lebensgeschichtliches und andre Beiträge enthaltend (hrsg. von H. Schmidlin, Stuttg. 1839–40); Werke (hrsg. von Back, das. 1876, 6 Bde., und von Boxberger, Berl. 1879, 6 Bde.). Eine Auswahl in 6 Bänden erschien Stuttgart 1869, in 4 Bänden daselbst 1886 und 1893. Unter den Einzelausgaben der Oden seien erwähnt die von Vetterlein (Stuttg. 1827, 3 Bde.), Gruber (Leipz. 1831, 2 Bde.); die kritisch wertvollste ist die von Muncker und Pawel (Stuttg. 1889, 2 Bde.). Vgl. Karl Friedr. Cramer (s. d.), K. in Fragmenten aus Briefen von Tellow an Elisa (Hamb. 1777, fortgesetzt 1778) und K. Er und über ihn (Bd. 1, Hamb. 1780, vermehrt Leipz. 1782; Bd. 2, Dessau 1781, vermehrt Leipz. 1790; Bd. 3–5, Leipz. 1783–92; Bd. 6 fehlt; Bd. 7, Leipz. 1792); Klamer-Schmidt, K. und seine Freunde; Briefwechsel der Familie K. unter sich und mit Gleim, Schmidt, Fanny etc., aus Gleims brieflichem Nachlaß herausgegeben (Halberst. 1810, 2 Bde.); Mörikofer, K. in Zürich (das. 1851; neue Bearbeitung in dem Werk »Die schweizerische Literatur des 18. Jahrhunderts«, das. 1861); D. F. Strauß, Klopstocks Jugendgeschichte und K. und der Markgraf Karl Friedrich von Baden (Sonderausgabe aus den »Kleinen Schriften«, Bonn 1878); Lappenberg, Briefe von und an K. (Braunschw. 1867); Erich Schmidt, Beiträge zur Kenntnis der Klopstockschen Jugendlyrik (Straßb. 1880); Pawel, Klopstocks Oden (Wien 1880); Muncker, K. Geschichte seines Lebens und seiner Schriften (Stuttg. 1888) und Lessings persönliches und literarisches Verhältnis zu K. (Frankf. 1880); Lyon, Goethes Verhältnis zu K. (Leipz. 1882); Düntzer, Erläuterungen zu Klopstocks Oden (2. Aufl., das. 1878).
Wen des Genius Blick, als er gebohren ward,
Mit einweihendem Lächeln sah,
Wen, als Knaben, ihr einst Smintheus Anakreons
Fabelhafte Gespielinnen,
Dichtrische Tauben umflogt, und sein mäonisch Ohr
Vor dem Lerme der Scholien
Sanft zugirrtet, und ihm, dass er das Alterthum
Ihrer faltigen Stirn nicht säh,
Eure Fittige lieht, und ihn umschattetet,
Den ruft, stolz auf den Lorberkranz,
Welcher vom Fluche des Volks welkt, der Eroberer
In das eiserne Feld umsonst,
Wo kein mütterlich Ach bang bey dem Scheidekuss,
Und aus blutender Brust geseufzt,
Ihren sterbenden Sohn dir, unerbittlicher,
Hundertarmiger Tod, entreisst!
Wenn das Schicksal ihn ja Königen zugesellt,
Umgewöhnt zu dem Waffenklang,
Sieht er, von richtendem Ernst schauernd, die Leichname
Stumm und seelenlos ausgestreckt,
Segnet dem fliehenden Geist in die Gefilde nach,
Wo kein tödtender Held mehr siegt.
Ihn lässt gütiges Lob, oder Unsterblichkeit
Dess, der Ehre vergeudet, kalt!
Kalt der wartende Thor, der, des Bewunderns voll,
Ihn grossäugichten Freunden zeigt,
Und der lächelnde Blick einer nur schönen Frau,
Der zu dunkel die Singer ist.
Thränen nach besserem Ruhm werden Unsterblichen,
Jenen alten Unsterblichen,
Deren daurender Werth, wachsenden Strömen gleich,
Jedes lange Jahrhundert füllt,
Ihn gesellen, und ihn jenen Belohnungen,
Die der Stolze nur träumte, weihn!
Ihm ist, wenn ihm das Glück, was es so selten that,
Eine denkende Freundin giebt,
Jede Zähre von ihr, die ihr sein Lied entlockt,
Künftiger Zähren Verkünderin!
Wie Gna im Fluge, jugendlich ungestüm,
Und stolz, als reichten mir aus Iduna's Gold
Die Götter, sing' ich meine Freunde
Feyrend in kühnerem Bardenliede.
Willst du zu Strophen werden, o Haingesang?
Willst du gesetzlos, Ossians Schwunge gleich,
Gleich Ullers Tanz auf Meerkrystalle,
Frey aus der Seele des Dichters schweben?
Die Wasser Hebrus wälzten mit Adlereil
Des Zelten Leyer, welche die Wälder zwang,
Dass sie ihr folgten, die den Felsen
Taumeln, und wandeln aus Wolken lehrte.
So floss der Hebrus. Schattenbesänftiger,
Mit fortgerissen folgte dein fliehend Haupt
Voll Bluts, mit todter Stirn, der Leyer
Hoch im Getöse gestürzter Wogen.
So floss der Waldstrom hin nach dem Ozean!
So fliesst mein Lied auch, stark, und gedankenvoll.
Dess spott' ich, der's mit Klüglingsblicken
Höret, und kalt von der Glosse triefet.
Den segne, Lied, ihn segne bey festlichem
Entgegengehn, mit Freudenbegrüssungen,
Der über Wingolfs hohe Schwelle
Heiter, im Haine gekränzt, hereintritt.
Dein Barde wartet. Liebling der sanften Hlyn,
Wo bliebst du? kömst du von dem begeisternden
Achäerhämus? oder kömst du
Von den unsterblichen sieben Hügeln?
Wo Scipionen, Flakkus und Tullius,
Urenkel denkend, tönender sprach, und sang,
Wo Maro mit dem Kapitole
Um die Unsterblichkeit muthig zankte!
Voll sichres Stolzes, sah er die Ewigkeit
Des hohen Marmors: Trümmer wirst einst du seyn,
Staub dann, und dann des Sturms Gespiele,
Du Kapitol! und du Gott der Donner!
Wie oder zögerst du von des Albion
Eiland herüber? Liebe sie, Ebert, nur!
Sie sind auch deutsches Stamms, Ursöhne
Jener, die kühn mit der Woge kamen!
Sey mir gegrüsset! Immer gewünscht kömst du,
Wo du auch herkömst, Liebling der sanften Hlyn!
Vom Tybris lieb, sehr lieb vom Hämus!
Lieb von Britanniens stolzem Eiland,
Allein geliebter, wenn du voll Vaterlands
Aus jenen Hainen kömst, wo der Barden Chor
Mit Braga singet, wo die Telyn
Tönt zu dem Fluge des deutschen Liedes.
Da kömst du jetzt her, hast aus dem Mimer schon
Die geistervolle silberne Flut geschöpft!
Schon glänzt die Trunkenheit des Quells dir,
Ebert, aus hellem entzücktem Auge.
»Wohin beschworst du, Dichter, den Folgenden?
Was trank? was seh ich? Bautest du wieder auf
Tanfana? oder, wie am Dirce
Mauren Amphion, Walhalla's Tempel?«
Die ganze Lenzflur streute mein Genius,
Der unsern Freunden rufet, damit wir uns
Hier in des Wingolf lichten Hallen
Unter dem Flügel der Freud' umarmen.
Sie kommen, Cramern gehet in Rythmustanz,
Mit hochgehobner Leyer Iduna vor!
Sie geht, und sieht auf ihn zurücke,
Wie auf die Wipfel des Hains der Tag sieht.
Sing noch Beredtsamkelten! die erste weckt
Den Schwan in Glasor schon zur Entzückung auf!
Sein Fittig steigt, und sanft gebogen
Schwebet sein Hals mit des Liedes Tönen!
Die deutsche Nachwelt singet der Barden Lied,
(Wir sind ihr Barden!) einst bey der Lanze Klang!
Sie wird von dir auch Lieder singen,
Wenn sie daher zu der kühnen Schlacht zeucht.
Schon hat den Geist der Donnerer ausgehaucht,
Schon wälzt sein Leib sich blutig im Rheine fort,
Doch bleibt am leichenvollen Ufer
Horchend der eilende Geist noch schweben.
Du schweigest, Freund, und siehest mich weinend an.
Ach warum starb die liebende Radikin?
Schön wie die junge Morgenröthe,
Heiter und sanft, wie die Sommermondnacht.
Nim diese Rosen, Gieseke; Velleda
Hat sie mit Zähren heute noch sanft genässt,
Als sie dein Lied mir von den Schmerzen
Deiner Gespielin der Liebe vorsang.
Du lächelst! Ja, dein Auge voll Zärtlichkeit
Hat dir mein Herz schon dazumal zugewandt,
Als ich zum erstenmal dich sahe,
Als ich dich sah, und du mich nicht kantest.
Wenn einst ich todt bin, Freund, so besinge mich!
Dein Lied voll Thränen wird den entfliehenden
Dir treuen Geist noch um dein Auge,
Das mich beweint, zu verweilen zwingen.
Dann soll mein Schutzgeist, schweigend und unbemerkt,
Dich dreymal segnen! dreymal dein sinkend Haupt
Umfliegen, und nach mir, der scheidet,
Dreymal noch sehn, und dein Schutzgeist werden.
Der Thorheit Hasser, aber auch Menschenfreund,
Allzeit gerechter Rabner, dein heller Blick,
Dein froh und herzenvoll Gesicht ist
Freunden der Tugend, und deinen Freunden
Nur liebenswürdig; aber den Thoren bist
Du furchtbar! Scheuche, wenn du noch schweigst, sie schon
Zurück! Lass selbst ihr kriechend Lächeln
Dich in dem rügenden Zorn nicht irren.
Stolz, und voll Demuth, arten sie niemals aus!
Sey unbekümmert, wenn auch ihr zahllos Heer
Stets wüchs', und wenn in Völkerschaften
Auch Philosophen die Welt umschwärmten!
Wenn du nur Einen jedes Jahrhundert nimst,
Und ihn der Weisheit Lehrlingen zugesellst;
Wohl dir! Wir wollen deine Siege
Singen, die dich in der Fern erwarten.
Dem Enkel winkend stell' ich dein heilig Bild
Zu Tiburs Lacher, und zu der Houyhmess Freund;
Da sollst du einst den Namen (wenig
Führeten ihn) des Gerechten führen!
Lied, werde sanfter, fliesse gelinder fort.
Wie auf die Rosen hell aus des Morgens Hand
Der Thau herabträuft, denn dort kömt er
Fröhlicher heut und entwölkt mein Gellert.
Dich soll der schönsten Mutter geliebteste
Und schönste Tochter lesen, und reizender
Im Lesen werden, dich in Unschuld,
Sieht sie dich etwa wo schlummern, küssen.
Auf meinem Schooss, in meinen Umarmungen
Soll einst die Freundin, welche mich lieben wird,
Dein süss Geschwätz mir sanft erzählen,
Und es zugleich an der Hand als Mutter
Die kleine Zilie lehren. Des Herzens Werth
Zeigt auf dem Schauplatz keiner mit jenem Reiz,
Den du ihm gabst. Da einst die beyden
Edleren Mädchen mit stiller Grossmuth,
Euch unnachahmbar, welchen nur Schönheit blüht,
Sich in die Blumen setzten, da weint' ich, Freund,
Da flossen ungesehne Thränen
Aus dem gerührten entzückten Auge.
Da schwebte lange freudiger Ernst um mich.
O Tugend! rief ich, Tugend, wie schön bist du!
Welch göttlich Meisterstück sind Seelen,
Die sich hinauf bis zu dir erheben!
Der du uns auch liebst, Olde, kom näher her,
Du Kenner, der du edel und feuervoll,
Unbiegsam beyden, beyden furchtbar,
Stümper der Tugend und Schriften hassest!
Du, der bald Zweifler, und Philosoph bald war,
Bald Spötter aller menschlichen Handlungen,
Bald Miltons, und Homerus Priester,
Bald Misanthrope, bald Freund, bald Dichter,
Viel Zeiten, Kühnert, hast du schon durchgelebt,
Von Eisen Zeiten, silberne, goldene!
Kom, Freund, kom wieder zu des Britten
Zeit, und zurück zu des Mäoniden!
Noch zween erblick' ich. Den hat vereintes Blut,
Mehr noch die Freundschaft, zärtlich mir zugesellt,
Und den des Umgangs süsse Reizung,
Und der Geschmack mit der hellen Stirne.
Schmidt, der mir gleich ist, den die Unsterblichen
Des Hains Gesängen neben mir auferziehn!
Und Rothe, der sich freyer Weisheit
Und der vertrauteren Freundschaft weihte.
Ihr Freunde fehlt noch, die ihr mich künftig liebt!
Wo seyd ihr? Eile, säume nicht, schöne Zeit!
Komt, auserkohrne, helle Stunden,
Da ich sie seh', und sie sanft umarme!
Und du, o Freundin, die du mich lieben wirst,
Wo bist du? Dich sucht, Beste, mein einsames,
Mein fühlend Herz, in dunkler Zukunft,
Durch Labyrinthe der Nacht hin suchts dich!
Hält dich, o Freundin, etwa die zärtlichste
Von allen Frauen mütterlich ungestüm;
Wohl dir! auf ihrem Schoosse lernst du
Tugend und Liebe zugleich empfinden!
Doch hat dir Blumenkränze des Frühlings Hand
Gestreut, und ruhst du, wo er im Schatten weht;
So fühl auch dort sie! Dieses Auge,
Ach dein von Zärtlichkeit volles Auge,
Und der in Zähren schwimmende süsse Blick,
(Die ganze Seele bildet in ihm sich mir!
Ihr heller Ernst, ihr Flug zu denken,
Leichter als Tanz in dem West und schöner!)
Die Mine, voll des Guten, des Edlen voll,
Diess vor Empfindung bebende sanfte Herz!
Diess alles, o die einst mich liebet!
Dieses geliebte Phantom ist mein! du,
Du selber fehlst mir! Einsam und wehmuthsvoll
Und still und weinend irr' ich, und suche dich,
Dich, Beste, die mich künftig liebet,
Ach die mich liebt! und noch fern von mir ist!
Sahst du die Thräne, welche mein Herz vergoss,
Mein Ebert? Traurend lehn' ich auf dich mich hin.
Sing mir begeistert, als vom Dreyfuss,
Brittischen Ernst, dass ich froh wie du sey!
Doch jetzt auf Einmahl wird mir das Auge hell!
Gesichten hell, und hell der Begeisterung!
Ich seh' in Wingolfs fernen Hallen
Tief in den schweigenden Dämmerungen,
Dort seh' ich langsam heilige Schatten gehn!
Nicht jene, die sich traurig von Sterbenden
Erheben, nein, die, in der Dichtkunst
Stund' und der Freundschaft, um Dichter schweben!
Sie führet, hoch den Flügel, Begeistrung her!
Verdeckt dem Auge, welches der Genius
Nicht schärft, siehst du sie, seelenvolles,
Ahndendes Auge des Dichters, du nur!
Drey Schatten kommen! neben den Schatten tönts
Wie Mimers Quelle droben vom Eichenhain
Mit Ungestüm herrauscht, und Weisheit
Lehret die horchenden Wiederhalle!
Wie aus der hohen Drüden Versamlungen,
Nach Braga's Telyn, nieder vom Opferfels,
Ins lange tiefe Thal der Waldschlacht,
Satzungenlos sich der Barden Lied stürzt!
Der du dort wandelst, ernstvoll und heiter doch,
Das Auge voll von weiser Zufriedenheit,
Die Lippe voll von Scherz; (Es horchen
Ihm die Bemerkungen deiner Freunde,
Ihm horcht entzückt die feinere Schäferin,)
Wer bist du, Schatten? Ebert! er neiget sich
Zu mir, und lächelt. Ja er ist es!
Siehe der Schatten ist unser Gärtner!
Uns werth, wie Flakkus war sein Quintilius,
Der unverhüllten Wahrheit Vertraulichster,
Ach kehre, Gärtner, deinen Freunden
Ewig zurück! Doch du fliehest fern weg!
Fleuch nicht, mein Gärtner, fleuch nicht! du flohst ja nicht,
Als wir an jenen traurigen Abenden,
Um dich voll Wehmuth still versammelt,
Da dich umarmten, und Abschied nahmen!
Die letzten Stunden, welche du Abschied nahmst,
Der Abend soll mir festlich auf immer seyn!
Da lernt' ich, voll von ihrem Schmerze,
Wie sich die wenigen Edlen liebten!
Viel Mitternächte werden noch einst entfliehn.
Lebt sie nicht einsam, Enkel, und heiligt sie
Der Freundschaft, wie sie eure Väter
Heiligten, und euch Exempel wurden!
In meinem Arme, freudig, und weisheitsvoll,
Sang Ebert: Evan, Evoe Hagedorn!
Da tritt er auf dem Rebenlaube
Muthig einher, wie Lyäus, Zeus Sohn!
Mein Herz entglühet! herschend und ungestüm
Bebt mir die Freude durch mein Gebein dahin!
Evan, mit deinem Weinlaubstabe
Schone mit deiner gefüllten Schale!
Ihn deckt' als Jüngling eine Lyäerin,
Nicht Orpheus Feindin, weislich mit Reben zu!
Und diess war allen Wassertrinkern
Wundersam, und die in Thälern wohnen,
In die des Wassers viel von den Hügeln her
Stürzt, und kein Weinberg längere Schatten streckt.
So schlief er, keinen Schwätzer fürchtend,
Nicht ohne Götter, ein kühner Jüngling.
Mit seinem Lorber hat dir auch Patareus
Und eingeflochtner Myrte das Haupt umkränzt!
Wie Pfeile von dem goldnen Köcher,
Tönet dein Lied, wie des Jünglings Pfeile
Schnellrauschend klangen, da der Unsterbliche
Nach Peneus Tochter durch die Gefilde flog!
Oft wie des Satyrs Hohngelächter,
Als er den Wald noch nicht laut durchlachte.
Zu Wein und Liedern wähnen die Thoren dich
Allein geschaffen. Denn den Unwissenden
Hat, was das Herz der Edlen hebet,
Stets sich in dämmernder Fern' verloren!
Dir schlägt ein männlich Herz auch! Dein Leben tönt
Mehr Harmonieen, als ein unsterblich Lied!
In unsokratischem Jahrhundert
Bist du für wenige Freund' ein Muster!
Er sang's. Jetzt sah ich fern in der Dämmerung
Des Hains am Wingolf Schlegeln aus dichtrischen
Geweihten Eichenschatten schweben,
Und in Begeistrung vertieft und ernstvoll,
Auf Lieder sinnen. Tönet! da töneten
Ihm Lieder, nahmen Geniusbildungen
Schnell an! In sie hatt' er der Dichtkunst
Flamme geströmt, aus der vollen Urne!
Noch Eins nur fehlt dir! falt' auch des Richters Stirn,
Dass, wenn zu uns sie etwa vom Himmel kömt
Die goldne Zeit, der Hain Thuiskons
Leer des undichtrischen Schwarmes schatte.
Kom, goldne Zeit, die selten zu Sterblichen
Heruntersteiget, lass dich erflehn, und kom
Zu uns, wo dir es schon im Haine
Weht, und herab von dem Quell schon tönet!
Gedankenvoller, tief in Entzückungen
Verloren, schwebt bey dir die Natur. Sie hat's
Gethan! hat Seelen, die sich fühlen,
Fliegen den Geniusflug, gebildet.
Natur, dich hört' ich im Unermesslichen
Herwandeln, wie, mit Sphärengesangeston,
Argo, von Dichtern nur vernommen,
Strahlend im Meere der Lüfte wandelt.
Aus allen goldnen Zeiten begleiten dich,
Natur, die Dichter! Dichter des Alterthums!
Der späten Nachwelt Dichter! Segnend
Sehn sie ihr heilig Geschlecht hervorgehn.
Geh! ich reisse mich los, obgleich die männliche Tugend
Nicht die Thräne verbeut,
Geh! ich weine nicht, Freund. Ich müsste mein Leben durchweinen,
Weint' ich dir, Giseke, nach!
Denn so werden sie alle dahin gehn, jeder den andern
Traurend verlassen, und fliehn.
Also trennet der Tod gewählte Gatten! der Mann kam
Seufzend im Ozean um,
Sie am Gestad, wo von Todtengeripp, und Scheiter, und Meersand
Stürme das Grab ihr erhöhn.
So liegt Miltons Gebein von Homers Gebeine gesondert,
Und der Zypresse verweht
Ihre Klag' an dem Grabe des Einen, und komt nicht hinüber
Nach des Anderen Gruft.
So schrieb unser aller Verhängniss auf eherne Tafeln
Der im Himmel, und schwieg.
Was der Hocherhabene schrieb, verehr' ich in Staube,
Weine gen Himmel nicht auf.
Geh, mein Theurer! Es letzen vielleicht sich unsere Freunde
Auch ohne Thränen mit dir;
Wenn nicht Thränen die Seele vergiesst, unweinbar dem Fremdling
Sanftes edles Gefühls.
Eile zu Hagedorn hin, und hast du genung ihn umarmet,
Ist die erste Begier,
Euch zu sehen, gestillt, sind alle Thränen der Freude
Weggelächelt entflohn,
Giseke, sag' ihm alsdann, nach drey genossenen Tagen,
Dass ich ihn liebe, wie du!
Dir nur, liebendes Herz, euch, meine vertraulichsten Thränen,
Sing' ich traurig allein diess wehmüthige Lied.
Nur mein Auge soll's mit schmachtendem Feuer durchirren,
Und, an Klagen verwöhnt, hör' es mein leiseres Ohr!
Ach warum, o Natur, warum, unzärtliche Mutter,
Gabest du zum Gefühl mir ein zu biegsames Herz?
Und in das biegsame Herz die unbezwingliche Liebe,
Daurend Verlangen, und ach keine Geliebte dazu?
Die du künftig mich liebst, (wenn anders zu meinen Thränen
Einst das Schicksal erweicht eine Geliebte mir giebt!)
Die du künftig mich liebst, o du aus allen erkohren,
Sag', wo dein fliehender Fuss ohne mich einsam jetzt irrt?
Nur mit Einem verrathenden Laut, mit Einem der Töne,
Die der Frohen entfliehn, sag' es, einst Glückliche, mir!
Fühlst du, wie ich, der Liebe Gewalt, verlangst du nach mir hin,
Ohne dass du mich kennst; o so verheel' es mir nicht!
Sag' es mit einem durchdringenden Ach, das meinem Ach gleicht,
Das aus innerster Brust Klage seufzet, und stirbt.
Oft um Mitternacht wehklagt die bebende Lippe,
Dass, die ich liebe, du mir immer unsichtbar noch bist!
Oft um Mitternacht streckt sich mein zitternder Arm aus,
Und umfasset ein Bild, ach das deine vielleicht!
Wo, wo such' ich dich auf? so werd' ich endlich dich finden?
Du, die meine Begier stark und unsterblich verlangt!
Jener Ort, der dich hält, wo ist er? wo fliesset der Himmel,
Welcher dein Aug' umwölbt, heiter und lächelnd vorbey?
Werd' ich mein Auge zu dir einst, segnender Himmel, erheben,
Und umarmet die sehn, die aufblühen du sahst?
Aber ich kenne dich nicht! es ging die fernere Sonne
Meinen Thränen daselbst niemals unter und auf.
Soll ich jene Gefilde nicht sehn? Führt nie dort im Frühling
Meine zitternde Hand sie in ein blühendes Thal?
Sinkt sie, von süsser Gewalt der mächtigen Liebe bezwungen,
Nie mit der Dämmerung Stern mir an die bebende Brust?
Ach wie schlägt mir mein Herz! wie zittern mir durch die Gebeine
Freud' und Hofnung, dem Schmerz unüberwindlich dahin!
Unbesingbare Lust, ein füsser begeisternder Schauer,
Eine Thräne, die mir still den Wangen entfiel;
Und, o ich sehe sie! mitweinende, weibliche Zähren;
Ein mir lispelnder Hauch, und ein erschütterndes Ach!
Ein zusegnender Laut, der mir rief, wie ein Schatten dem Schatten
Liebend ruft, weissagt, dich, die mich hörete, mir.
O du, die du sie mir und meiner Liebe gebahrest,
Hältst du sie, Mutter, umarmt; dreymahl gesegnet sey mir!
Dreymal gesegnet sey dein gleich empfindendes Herz mir,
Das der Tochter zuerst weibliche Zärtlichkeit gab!
Aber lass sie itzt frey! Sie eilt zu den Blumen, und will da
Nicht von Zeugen behorcht, will gesehen nicht seyn
Eile nicht so! doch mit welchem Namen soll ich dich nennen,
Du, die unaussprechlich meinem Verlangen gefällt?
Heissest du Laura? Laura besang Petrarcha in Liedern,
Zwar dem Bewunderer schön, aber dem Liebenden nicht!
Wirst du Fanny genannt? Ist Cidli dein feyrlicher Name?
Singer, die Joseph und den, welchen sie liebte, besang?
Singer! Fanny! ach Cidli! ja Cidli nennet mein Lied dich,
Wenn im Liede mein Herz halb gesagt dir gefällt!
Eile nicht so, damit nicht vom Dorn der verpflanzeten Rose
Blute, wenn du so eilst, dein zu flüchtiger Fuss;
Du mit zu starken Zügen den Duft des Lenzes nicht trinkest,
Und um den blühenden Mund sanfter die Lüfte nur wehn.
Aber du gehest denkend und langsam, das Auge voll Zähren,
Und jungfräulicher Ernst deckt das verschönte Gesicht.
Täuschte dich jemand? und weinest du, weil der Gespielinnen eine
Nicht, wie von ihr du geglaubt, redlich und tugendhaft war?
Oder liebst du, wie ich? erwacht mit unsterblicher Sehnsucht,
Wie sie das Herz mir empört, dir die starke Natur?
Was sagt dieser seufzende Mund? Was sagt mir diess Auge,
Das mit verlangendem Blick sich zu dem Himmel erhebt?
Was entdeckt mir diess tiefere Denken, als sähst du ihn vor dir?
Ach, als sänkst du ans Herz dieses Glücklichen hin!
Ach du liebest! So wahr die Natur kein edleres Herz nicht
Ohne den heiligsten Trieb derer, die ewig sind, schuf!
Ja, du liebest, du liebest! Ach wenn du den doch auch kenntest;
Dessen liebendes Herz unbemerket dir schlägt;
Dessen Wehmuth dich ewig verlangt, dich bang vom Geschicke
Fodert, von dem Geschick, das unbeweglich sie hört.
Weheten doch sanftrauschende Winde sein innig Verlangen,
Seiner Seufzer Laut, seine Gesänge dir zu!
Winde, wie die in der goldenen Zeit, die vom Ohre des Schäfers,
Hoch zu der Götter Ohr, flohn mit der Schäferin Ach.
Eilet, Winde, mit meinem Verlangen zu ihr in die Laube,
Schauert hin durch den Wald, rauscht, und verkündet mich ihr:
Ich bin redlich! Mir gab die Natur Empfindung zur Tugend;
Aber mächtiger war, die sie zur Liebe mir gab.
Zu der Liebe, der schönsten der Tugenden, wie sie den Menschen
In der Jugend der Welt stärker und edler sie gab.
Alles empfind' ich von dir; kein halb begegnendes Lächeln;
Kein unvollendetes Wort, welches in Seufzer verflog;
Keine stille mich fliehende Thräne, kein leises Verlangen,
Kein Gedanke, der sich mir in der Ferne nur zeigt;
Kein halb stammelnder Blick voll unaussprechlicher Reden,
Wenn er den ewigen Bund süsser Umarmungen schwört;
Auch der Tugenden keine, die du mir sittsam verbirgest,
Eilet mir unerforscht und unempfunden vorbey!
Ach, wie will ich, Cidli, dich lieben! Das sagt uns kein Dichter,
Und selbst wir im Geschwätz trunkner Beredtsamkeit nicht.
Kaum, dass noch die unsterbliche selbst, die fühlende Seele
Ganz die volle Gewalt dieser Empfindungen fasst!
Ebert, mich scheucht ein träber Gedanke vom blinkenden Weine
Tief in die Melancholey!
Ach du redest umsonst, vordem gewaltiges Kelchglas,
Heitre Gedanken mir zu!
Weggehn muss ich, und weinen! vielleicht, dass die lindernde Thräne
Meinen Gram mir verweint.
Lindernde Thränen, euch gab die Natur dem menschlichen Elend
Weis' als Gesellinnen zu.
Wäret ihr nicht, und könnte der Mensch sein Leiden nicht weinen;
Ach! wie ertrüg' er es da!
Weggehn muss ich, und weinen! Mein schwermuthsvoller Gedanke
Bebt noch gewaltig in mir.
Ebert! sind sie nun alle dahin! deckt unsere Freunde
Alle die heilige Gruft;
Und sind wir, zween Einsame, – dann von allen noch übrig!
Ebert! verstummst du nicht hier?
Sieht dein Auge nicht trüb' um sich her, nicht starr ohne Seele?
So erstarb auch mein Blick!
So erbebt' ich, als mich von allen Gedanken der bängste
Donnernd das erstemal traf!
Wie du einen Wanderer, der, zueilend der Gattin,
Und dem gebildeten Sohn,
Und der blühenden Tochter, nach ihrer Umarmung schon hinweint,
Du den, Donner, ereilst,
Tödtend ihn fassest, und ihm das Gebein zu fallendem Staube
Machst, triumphirend alsdann
Wieder die hohe Wolke durchwandelst; so traf der Gedanke
Meinen erschütterten Geist,
Dass mein Auge sich dunkel verlor, und das bebende Knie mir
Kraftlos zittert', und sank.
Ach, in schweigender Nacht, ging mir die Todtenerscheinung,
Unsre Freunde, vorbey!
Ach in schweigender Nacht erblickt' ich die offenen Gräber,
Und der Unsterblichen Schaar!
Wenn mir nicht mehr das Auge des zärtlichen Giseke lächelt!
Wenn, von der Radikin fern,
Unser redlicher Cramer verwest! wenn Gärtner, wenn Rabner
Nicht sokratisch mehr spricht!
Wenn in des edelmüthigen Gellert harmonischem Leben
Jede Saite verstummt!
Wenn, nun über der Gruft, der freye gesellige Rothe
Freudegenossen sich wählt!
Wenn der erfindende Schlegel aus einer längern Verbannung
Keinem Freunde mehr schreibt!
Wenn in meines geliebtesten Schmidts Umarmung mein Auge
Nicht mehr Zärtlichkeit weint!
Wenn sich unser Vater zur Ruh, sich Hagedorn hinlegt;
Ebert, was sind wir alsdann,
Wir Geweihten des Schmerzes, die hier ein trüberes Schicksal
Länger, als Alle sie liess?
Stirbt dann auch einer von uns, (mich reisst mein banger Gedanke
Immer nächtlicher fort!)
Stirbt dann auch Einer von uns, und bleibt nur Einer noch übrig;
Bin der Eine dann ich;
Hat mich dann auch die schon geliebt, die künftig mich liebet,
Ruht auch sie in der Gruft;
Bin dann ich der Einsame, bin allein auf der Erde:
Wirst du, ewiger Geist,
Seele zur Freundschaft erschaffen, du dann die leeren Tage