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Diese Reise wird ihr Leben für immer verändern ...
Nie im Leben hätte Kendall Sparks gedacht, dass sie einmal mit einem wildfremden Mann um den Globus reisen würde. Doch als sie am Flughafen auf den charmanten Piloten Carter Clynes trifft, kann sie sich seiner Anziehungskraft nicht entziehen. Sie nimmt sein Angebot an, ihn nach Rio zu begleiten, und erlebt Tage voller Romantik und Überraschungen. Und auch Carter, der sich nie auf etwas Festes in seinem Leben eingelassen hat, ist fasziniert von der Verbindung zwischen ihnen. Aber das Ende ihrer gemeinsamen Zeit naht, und Kendall muss die schwerste Entscheidung ihres Lebens treffen ...
"Brillant, brillant, brillant! Dieses Buch hat alles, was das Herz begehrt: Freude, Wehmut, Hoffnung, Humor, tolle Figuren und eine packende Handlung." The Romance Vault
Band 3 der erfolgreichen NEW-YORK-TIMES-Bestsellerreihe von SPIEGEL-Bestseller-Autorin Vi Keeland und Penelope Ward
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Seitenzahl: 375
Titel
Zu diesem Buch
Widmung
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Epilog
Liebe Leserinnen und Leser
Danksagung
Die Autorinnen
Die Romane von Vi Keeland und Penelope Ward bei LYX
Impressum
VI KEELANDPENELOPE WARD
One More Kiss
Roman
Ins Deutsche übertragen von Antje Görnig
Australien? England? Italien? Die junge Erbin Kendall Sparks sucht ein Reiseziel, wo sie in Ruhe über ihre Zukunft nachdenken kann. Sie hat sich zehn Tage Zeit eingeräumt, um die wichtigste Entscheidung ihres Lebens zu fällen. Als sie in der Flughafen-Lounge mit einem charmanten Fremden ins Gespräch kommt, ahnt sie nicht, dass diese Begegnung ihr Schicksal für immer verändern wird. Carter rät ihr zu einem Trip nach Brasilien, und zu ihrer eigenen Überraschung findet sich Kendall einige Stunden später in einem Flugzeug auf dem Weg nach Rio wieder – und staunt nicht schlecht, als sie erkennt, dass die Stimme des Piloten die des faszinierenden Unbekannten ist. Kendall und Carter verbringen aufregende und romantische Tage in Rio, und schon bald kann sich Kendall der Anziehungskraft ihres heißen Piloten nicht mehr entziehen. Auch Carter, der sich seinen Ruf als Playboy und Herzensbrecher redlich verdient hat, merkt, dass Kendall ihm den Kopf verdreht hat. Doch ihr kleines Abenteuer kann nicht ewig dauern, und schneller als erwartet, holt die beiden die Realität ein …
Mit Geld kann man die unglaublichsten Dinge kaufen, aber …
Money Can’t Buy Me Love
The Beatles
KENDALL
Chris Hemsworth.
Ich sah mir im Reisekatalog das Kapitel über Australien an. Die Seiten waren mit bunten Bildern gefüllt – Kängurus, türkisfarbenes Wasser, und dann das große weiße Gebäude, dessen Dach wie aufgeblähte Segel im Wind aussieht. Schon nett. Aber nicht das, was mich wirklich interessierte.
Liam Hemsworth. Der Bruder von Chris. O mein Gott. Australischer Akzent im Doppelpack.
Auf der nächsten Seite war eine Weltkarte abgebildet. Ich folgte der gepunkteten Linie mit dem Finger von Miami nach Sydney. Mist, ganz schön lang, der Flug.
Seufzend blätterte ich weiter: London.
Robert Pattinson.
Theo James.
Auch ein sexy Akzent – und ein wesentlich kürzerer Flug. Ich knickte die Ecke der Seite um und nahm mir das nächste Land vor.
Italien. George Clooney. Was machte es schon, dass er praktisch so alt war, wie mein Vater jetzt wäre? Der Mann war doch wie eine gute Flasche Cabernet – je älter, desto besser und zum Genießen bestimmt. Noch ein Eselsohr.
Der Barkeeper unterbrach mich bei meiner Suche nach einem geeigneten Reiseziel und zeigte auf mein halb leeres Martiniglas. »Möchten Sie noch einen Appletini?«
»Im Augenblick nicht. Danke.«
Er nickte und ging ans andere Ende der voll besetzten Theke. Ich hatte schon meinen zweiten Drink und wusste nicht, wie viele Stunden ich noch in dieser Flughafenlounge sitzen würde. Wahrscheinlich war es das Beste, den Ort, an dem ich die kommenden zehn Tage verbringen wollte, auszusuchen, bevor sich der Alkohol zu sehr bemerkbar machte.
Santorin. Hmmm. Die Bilder sahen toll aus. Strahlend weiße Häuser mit königsblauen Türen und Fensterläden. Aber eigentlich hatte ich keine Ahnung, wohin ich wollte. Nichts sprang mir auf Anhieb ins Auge, nicht mal eine tropische Insel konnte mich locken.
Als ich merkte, dass ich fast am Ende des dicken Urlaubskatalogs angekommen war, griff ich seufzend zu meinem Glas. »Wo in aller Welt soll ich nur hin?«, murmelte ich ratlos.
»Zu mir ist es nicht weit«, sagte eine tiefe Baritonstimme neben mir. Ich zuckte zusammen, weil ich nicht bemerkt hatte, dass sich jemand auf den Barhocker zu meiner Rechten gesetzt hatte, und schüttete den Rest meines Drinks auf mein nagelneues Oberteil.
»So ein Mist!« Ich sprang auf, schnappte mir eine Serviette und tupfte hektisch auf meinem edlen Top herum. »Das ist von Roland Mouret!«
»Tut mir leid. Ich wollte Sie nicht erschrecken.«
»Na, dann schleichen Sie sich nicht so an!«
»Entspannen Sie sich. Ich zahl die Reinigung, okay?«
»Der Fleck geht garantiert nicht mehr raus.«
»Dann kaufe ich Ihnen ein neues. Ist doch bloß ein Shirt.«
Ruckartig sah ich auf. »Haben Sie mir nicht zugehört? Es ist von Roland Mouret! Und hat achthundert Dollar gekostet.«
»Achthundert Dollar für ein T-Shirt?«
»Das ist Designerware.«
»Es ist trotzdem nur ein verdammtes T-Shirt. Verstehen Sie mich nicht falsch. Sie füllen es ziemlich hübsch aus. Aber da sind Sie wirklich abgezockt worden. Schon mal was von GAP gehört?«
»Soll das ein Scherz sein?«, fragte ich, ließ die Herumtupferei sein und musterte den frechen Kerl.
Mannomann.
Er war nicht nur frech, sondern auch noch groß, dunkel und extrem gut aussehend. Ein richtiges Prachtexemplar.
Ich ging kurz weg, um einen klaren Kopf zu bekommen und noch mehr Servietten zu besorgen. Weit und breit waren keine zu sehen. Als ich an meinen Platz zurückkehrte, rief Mr Beautiful dem Barkeeper gerade zu: »Hey Louie, kann ich ein Glas Mineralwasser und ein paar Papiertücher haben?«
»Na klar, Trip.«
Trip?
»Sie heißen Trip?«
»Manchmal.«
»Ich sitze mit einem Typen in einer Flughafenbar, der Trip heißt?« Unwillkürlich musste ich kichern.
»Und Sie sind?«
Spielt eigentlich keine Rolle, dachte ich. Ich würde diesen Mann sowieso nie wiedersehen. Mein Blick fiel auf das Titelblatt des Reisekatalogs, in dem ich geblättert hatte. »Ich bin …« Ich zögerte, dann log ich: »Sydney.«
»Sydney …«, wiederholte er skeptisch.
»Genau.«
Ich schluckte und musste kurz zur Seite schauen. Doch auch ohne ihn anzusehen, spürte ich den durchdringenden Blick seiner großen braunen Augen. Der intensive moschusartige Duft seines Rasierwassers war berauschend. Seine überwältigende Präsenz machte es mir fast unmöglich, meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken.
Der Barkeeper brachte ihm ein Glas Wasser und eine Handvoll Servietten.
Trip sah mich fragend an. »Sie wollen den Flecken also raushaben?«
Ich nickte, und als er sich zu mir vorbeugte, kribbelte meine Haut. Im nächsten Augenblick wurde mir jedoch eiskalt, denn er kippte mir das Mineralwasser direkt auf die Brust.
»Hey!«, schrie ich und sah mir entsetzt mein patschnasses Designershirt an. »Was zum … was zum Teufel soll das?«
»Sie wollen den Fleck doch weghaben, oder? Das erledigt die Kohlensäure. Muss nur ein bisschen einweichen.«
»So groß ist der Fleck aber nicht! Sie haben das komplette Vorderteil nass gemacht!«
»Ließ sich leider nicht vermeiden.«
»Sie hätten es auch einfach … lassen können!«
»Das hätte aber nicht so viel Spaß gemacht.«
Ich sah an mir herab. Meine Brustwarzen waren durch den nassen Stoff zu sehen. »Jetzt ist mein Shirt völlig durchsichtig!«
»Dessen bin ich mir äußerst bewusst.« Die Augen auf meine Brust geheftet schnappte er nach Luft. »Ach du Schreck, tragen Sie etwa keinen BH?«
»Nein.«
Nun sah er mir endlich ins Gesicht. »Darf ich fragen, warum Sie ohne BH am Flughafen herumlaufen?«
Ich räusperte mich. »Ich wollte es im Flieger bequem haben. Außerdem bin ich … straff. Ich brauche eigentlich keinen. Na ja, zumindest brauchte ich keinen, bevor Sie mich mit Mineralwasser begossen haben! Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ein Fremder mit Wasser auf mich losgeht.«
Sein Blick fiel wieder auf meinen Busen. »Straff, hm?«
»Würden Sie mich bitte nicht so anstarren!« Ich verschränkte die Arme vor der Brust.
»Entschuldigung. Ich hatte nicht erwartet …«
»Mich praktisch nackt zu sehen? Ach was!«
Schuldbewusst lachte er. »Was soll ich sagen? Hören Sie, ich bin hergekommen, um einen Happen zu essen, und habe etwas bekommen, worauf ich nicht gefasst war. Sie haben fantastische Titten. Und Sie haben vollkommen recht. Sie sind genauso straff wie der Rest ihrer temperamentvollen Besitzerin.«
Plötzlich zog er seine Lederjacke aus und legte sie mir um die Schultern. »Bedecken Sie sich damit.« Sie war schwer, roch nach Sandelholz und fühlte sich wie eine wärmende Umarmung an. Und wenn sich die Jacke schon so gut anfühlte, konnte ich mir lebhaft vorstellen, wie sich eine echte Umarmung von ihm anfühlen musste. Ich schüttelte den Kopf über meine Gedanken.
Als ich den Reißverschluss zumachte, fiel mir die Anstecknadel mit zwei Flügeln am Revers auf. »Was hat der Anstecker zu bedeuten? Waren Sie schön brav im Flugzeug oder so?«
Er grinste. »So ungefähr.«
Als ich lächelte, reichte er mir seine große Hand. »Fangen wir noch mal neu an. Hallo, ich bin Carter.«
Carter.
Hm.
Das passte irgendwie zu ihm.
Ich ergriff seine Hand und erschauderte, als er fest zudrückte. »Carter?«, sagte ich und kniff die Augen zusammen. »Ich dachte, Sie heißen Trip.«
»Nein. Sie haben nur angenommen, dass ich Trip heiße, weil Louie mich so genannt hat. Trip ist ein Spitzname.«
»Woher kommt er?«
»Lange Geschichte.«
»Warum kennt man Sie hier eigentlich? Sind Sie geschäftlich viel auf Reisen?«
»Kann man so sagen.«
»Sie weichen ständig aus, wissen Sie das?«
»Und Sie sind verdammt hinreißend. Wie heißen Sie?«
»Hab ich doch schon gesagt.«
»Oh, richtig. Sydney … und mit Nachnamen Oper. Sydney Oper.« Er zeigte lachend auf die Oper von Sydney vorn auf dem Katalog. »Warum haben Sie mich angelogen?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich nenne Leuten, die ich nicht kenne, nicht gern meinen Namen.«
»Das ist bestimmt nicht der Grund. So scheu sind Sie doch gar nicht. Sie tragen nicht mal einen BH in der Öffentlichkeit! Und es hat fast eine Minute gedauert, bis Sie Ihre Brüste bedeckt haben, nachdem Ihnen klar wurde, dass ich sie sehen kann. Also sind Sie nicht besonders zurückhaltend und vorsichtig schon gar nicht.«
»Und weshalb habe ich Ihrer Meinung nach gelogen?«
»Meiner Meinung nach hat es Ihnen einen Kick verschafft, so zu tun, als wären Sie jemand anders. Sie haben gedacht, Sie sehen mich nie wieder, warum also nicht? Habe ich recht?«
»Sie meinen, Sie können mich einfach als leichtsinnige Abenteurerin abstempeln? Sie kennen mich doch erst seit … wie lange? Zehn Minuten?«
»Gleich und Gleich gesellt sich gern.«
»Tatsächlich?«
»Ja. So lebe ich mein Leben: immer auf der Suche nach dem nächsten Kick, immer unterwegs.« Nach kurzem Schweigen sah er mich prüfend an. »Sie wissen nicht, wohin mit sich.«
»Was führt Sie zu dieser Annahme?«
»Als ich mich neben Sie gesetzt habe, haben Sie Selbstgespräche geführt. Sie haben sich gefragt, wo in aller Welt Sie hinsollen.«
»Ach, richtig. Ja, ich möchte einen kleinen Trip machen, Trip.«
»Was schwebt Ihnen denn vor?«
»Nichts Konkretes.«
Ich erschrak, als er die Hand auf meine Schulter legte. »Wovor laufen Sie weg, Kendall?«
Mein Herz schlug schneller. Ich machte einen Schritt rückwärts, weg von ihm.
»Woher kennen Sie meinen Namen?«
Er zog einen Reisepass aus seiner Gesäßtasche. »Sie müssen wirklich vorsichtiger sein. Wenn Sie sich nur einen Augenblick entfernen, könnte Ihnen jemand etwas in Ihren Drink tun oder Ihre Sachen klauen.«
»Das ist meiner? Woher haben Sie ihn?«
»Als Sie nach Servietten gesucht haben, ist er aus Ihrer Handtasche gefallen. Ich habe ihn aufgehoben und einen Blick auf Ihren Namen geworfen. Kendall Sparks. Gefällt mir. Sie haben Glück, dass Sie mir vertrauen können, Sparky.«
»Da bin ich mir nicht so sicher«, erwiderte ich patzig und riss ihm den Pass aus der Hand.
Wir standen eine Weile da und starrten uns an. Als sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete, fiel mir zum ersten Mal das Grübchen an seinem Kinn auf.
»Ich hab sie da stehen sehen«, sagte er.
»Wie bitte?«
»Das ist von den Beatles. I Saw Her Standing There.«
»Was ist damit?«, fragte ich irritiert.
»Ich habe eine Theorie. Meiner Ansicht nach gibt es für fast jede Situation im Leben das passende Lied von den Beatles.«
»Und das ist das Lied der Stunde?«
»Ganz genau. Ich habe Sie da stehen sehen. Ich bin zu Ihnen gekommen und habe Sie allem Anschein nach bei Ihrer Entscheidungsfindung gestört. Also lassen Sie sich noch einen Drink von mir ausgeben. Wir überlegen gemeinsam, wohin Sie reisen könnten. Wir können eine Lösung finden.«
Er lachte mich an, und in Gedanken wiederholte ich seinen letzten Satz. Das war doch wieder eine Anspielung …
Gott, der Mann war schon ein bisschen verrückt.
Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »We Can Work It Out. Noch mal Beatles.«
»Sehr gut! Aber Sie sind zu jung, um die Beatles so gut zu kennen.«
»Meine Mutter hat sie ständig gehört. Und welche Ausrede haben Sie?«
»Ich weiß gute Musik einfach zu schätzen, auch wenn sie nicht aus meiner Zeit ist.« Er sah auf seine Uhr. »Apropos Zeit – viel hab ich nicht mehr. Wie sieht es mit dem Drink aus? Ja oder nein?«
Wieder lächelte er mich an, und ich merkte, dass ich weich wurde. Noch ein kleiner Drink konnte doch nicht schaden, zumal ich sowieso noch nicht entschieden hatte, wohin ich wollte.
»Okay, warum nicht?«
Carter führte mich zu einem freien Tisch und ging zum Bestellen noch einmal an die Theke.
»Ich hoffe, es ist Ihnen recht«, sagte er, als er zurückkehrte. »Ich habe Häppchen für uns bestellt.«
»Danke, das ist nett.«
»Also, was ist der Grund für diese Reise, Kendall?«
»Es gibt einige wichtige Dinge, über die ich nachdenken sollte. Und um das tun zu können, muss ich eine Zeit lang aus dem Alltag raus.«
»Dann hoffe ich mal, dass es auch um … die richtigen Dinge geht. Sie wirken ziemlich angespannt. Deshalb hatte ich angenommen, Sie laufen vor irgendetwas davon.«
»Ich muss nur eine wichtige Entscheidung fällen.«
»Kann ich Ihnen vielleicht helfen?«
Tja, wenn Sie mich schwängern wollen, dachte ich. Wenn er wüsste …
»Nein. Es ist ein Problem, das ich allein lösen muss.«
»Mal im Ernst, wie schlimm kann es sein? Sie sind gesund und sprühen vor Leben und Schönheit. Und Geld scheinen Sie auch zu haben. Ich bin sicher, alles wird sich finden.«
»So einfach ist das, hm?«
»Sie sind jung. Was immer es sein mag – Sie haben jede Menge Zeit, die Angelegenheit zu klären.«
Schön wär’s!
»Für wie jung halten Sie mich?«
Er kratzte sich am Kinn. »Zweiundzwanzig?«
»Ich werde bald fünfundzwanzig.«
Und das war das Problem. Verdammte fünfundzwanzig.
»Okay. Sie sehen ein bisschen jünger aus.«
»Und wie alt sind Sie? In Anbetracht Ihres Musikgeschmacks würde ich auf etwa dreiunddreißig tippen, Ihrem Aussehen nach schätze ich Sie aber auf achtundzwanzig.«
»Dicht dran. Ich bin neunundzwanzig.«
Ein Kellner brachte uns die Snacks an den Tisch. Carter hatte einen Mix aus Mozzarella-Sticks, Chicken Wings und Frühlingsrollen bestellt.
Mir knurrte der Magen. »Zum Glück bin ich gerade nicht auf Diät.«
»Ja. Alles, was frittiert ist, schmeckt. Ansonsten haben die hier nicht viel Gutes.«
Mir fiel auf, dass er kein Getränk für sich bestellt hatte. »Sie trinken nichts?«
»Ich kann nicht.«
»Warum?«
»Wenn Sie mir sagen, worin Ihr Dilemma besteht, sage ich Ihnen, warum ich nichts trinken kann.«
Ich nahm mir einen Käsestick und wechselte das Thema. »Um das zu erörtern, fehlt die Zeit. Jetzt muss ich mich erst mal entscheiden, wohin ich reisen werde. Was ist mit Ihnen? Wo wollen Sie hin?«
»Moment mal.« Er ignorierte meine Frage, zückte sein Telefon und scrollte los.
»Was machen Sie da?«
»Hier haben Sie eine komplette Liste der internationalen Flüge in den nächsten drei Stunden.« Er hielt mir das Telefon hin.
Ich nahm es in die Hand. »Okay … Madrid. Iberia Airlines, 20.55 Uhr.«
»Sie wollen bestimmt nicht nach Spanien.«
»Warum nicht?«
»Im Juli ist es da viel zu heiß. Sie schwitzen sich einen Wolf. Und Ihr Shirt können Sie nicht ausziehen, weil Sie keinen BH anhaben.«
Ich spürte, wie ich rot wurde, und sah wieder in die Liste. »Okay … äh … wie wäre es mit Mexiko? American Airlines, 22.20 Uhr.«
»Nein.«
»Nein?«
»Da grassiert der neue Norovirus.«
»Der was?«
»Herrje! Gucken Sie keine Nachrichten?«
»Nein. Zu deprimierend.«
»Vertrauen Sie mir. Auf das Essen da unten sollte man zurzeit besser verzichten.«
»Na gut. Und was ist mit Amsterdam? KLM, 21.45 Uhr.«
»Ich glaube kaum, dass Amsterdam ein gutes Reiseziel für Sie ist. Prostitution ist da legal. Wenn Sie ohne BH in der Stadt rumlaufen, könnten Sie für etwas gehalten werden, das Sie nicht sind.«
Ich sah ihn mit großen Augen an. »Sie meinen, man könnte mich für eine Hure halten?«
»Die Huren da sind wirklich erstklassig.«
»Und woher wissen Sie das?«
»Hoppla … Ich bezahle nicht für Sex, wenn Sie darauf hinauswollen«, sagte er lachend. »Ich habe eher das umgekehrte Problem.«
»Was? Sie werden von Frauen für Sex bezahlt?« Ich schlug die Hände vor den Mund. »O mein Gott, Sie sind eine männliche Prostituierte! Oder ein Callboy? Hängen Sie deshalb in Flughafenlounges herum?«
Er lachte schallend. »Nein.«
»Dann werfen sich die Frauen Ihnen also an den Hals? Das haben Sie gemeint, oder?«
»Ich habe gemeint, dass es auch mal Spaß macht, der Jäger zu sein. Aber jagen musste ich schon lange nicht mehr. Mir ist auch keine Frau begegnet, die es wert gewesen wäre. Für Sex bezahlen ist also das Letzte, was ich tun würde.«
Das überraschte mich nicht. Mir fiel nicht mal eine bissige Bemerkung ein. Dieser Mann war hinreißend und charismatisch. Und dazu ziemlich großspurig. Frauen lieben das.
Als er mir das Telefon wegnahm, berührten sich unsere Hände, was sich richtig gut anfühlte. Zu gut.
»Waren Sie schon mal in Brasilien, Kendall?«
»Nein.«
»Zu dieser Jahreszeit ist es dort wirklich schön. Es ist zwar Winter, aber immer noch angenehm warm.« Er knallte das Telefon vor mir auf den Tisch. »Rio. International Airlines, 22.05 Uhr.«
»Und was kann man da unternehmen?«
»Die Strände sind herrlich. Und es gibt Unmengen von Clubs in Copacabana und Ipanema. Ein irres Vergnügen!«
»Ist man da als allein reisende Frau sicher?«
»Man muss natürlich wie an jedem anderen Ort Vernunft walten lassen. Vielleicht kaufen Sie sich einen BH.«
Carter drehte unvermittelt das Telefon zu sich und warf einen Blick auf die Zeitangabe. »Mist. Ich muss los. Sonst komme ich zu spät zur Arbeit«, sagte er, stand auf und warf ein Bündel Scheine auf den Tisch.
Er hatte mir keine Gelegenheit gegeben, ihn zu fragen, was er beruflich machte oder wohin er wollte. Ich wusste nichts über diesen Mann, aber die Enttäuschung, die sich in meinem Inneren ausbreitete, war ein Beweis dafür, dass ich unbedingt mehr über ihn wissen wollte.
»Äh … okay. Danke für die Häppchen.«
Nach einer langen Pause sagte er: »Lassen wir das Schicksal entscheiden. Aber ich bin für Rio, damit das klar ist. Passen Sie auf sich auf, Kendall!«
Als er ging, wurde mir bewusst, dass ich seine Lederjacke noch anhatte. »Warten Sie! Ihre Jacke!«, rief ich ihm nach.
»Behalten Sie sie! Sie hält Ihre Titten warm.«
Trotz der merkwürdigen Formulierung – fand ich – war das eine liebenswürdige Geste. »Na gut.« Lächelnd hob ich die Hand. »Goodbye, Fremder.«
»Hello, Goodbye.«
»Was?«
»Beatles.« Er zwinkerte mir zu.
»Oh!« Ich verdrehte die Augen. »Hätte ich wissen müssen.«
Er lächelte, und mir wurde klar, dass ich das Grübchen an seinem Kinn wahrscheinlich zum letzten Mal in meinem Leben zu sehen bekam. Als er wegging, bewunderte ich seinen Hintern, den ich mir bis zu diesem Moment noch nicht genauer hatte angucken können. Plötzlich blieb er stehen und drehte sich um. »Kendall …«
»Ja?«
»Wenn Sie sich nicht für Brasilien entscheiden, wünsche ich Ihnen noch ein schönes Leben.«
Bevor ich antworten konnte, drehte er sich wieder um und verließ eilig die Lounge.
Ein unangenehmes Gefühl der Einsamkeit überkam mich. Ich sah ihm nach, bis er um die Ecke bog und nicht mehr zu sehen war.
Was für eine sonderbare Bemerkung das gewesen war: Wenn Sie sich nicht für Brasilien entscheiden, wünsche ich Ihnen noch ein schönes Leben. Wie hatte er das gemeint?
War es dumm von mir, auf den Rat eines Fremden zu hören? Allmählich wurde die Zeit knapp. Für irgendetwas musste ich mich entscheiden. Also … Rio de Janeiro? Und wenn ich hopsging, war Rio daran schuld.
Das war doch ein Film, oder?
Schuld daran ist Rio?
Allmählich schwitzte ich in seiner Jacke. Gott, ich war immer noch sehr kribbelig.
Und schuld daran war Carter.
KENDALL
Ich wusste zwar, dass es albern war, aber als die Flugzeugtür geschlossen wurde, empfand ich eine gewisse Enttäuschung. Ich saß in der First Class, und statt meinen Begrüßungssekt und die warmen gerösteten Erdnüsse zu genießen, hatte ich bei jedem Passagier, der hereinkam, hoffnungsvoll aufgesehen.
Ich war sicher gewesen, dass Carter an Bord sein würde, obwohl er nicht explizit gesagt hatte, dass er nach Brasilien wollte. Aus den Lautsprechern kamen die Sicherheitsanweisungen, und eine Flugbegleiterin demonstrierte dazu den Umgang mit Sauerstoffmasken und Anschnallgurten. Als die englische Version zu Ende war, folgte eine Zugabe auf … Brasilianisch? Moment, nein, das war nicht richtig. Portugiesisch? Wohl eher. Mist! Ich flog in ein Land, über das ich nichts wusste und dessen Sprache ich nicht sprach.
Als wir in der Luft waren, kam eine andere Flugbegleiterin, um meine Essens- und Getränkebestellung aufzunehmen. Mir fiel auf, wie sehr sie ihrer Kollegin ähnelte. Sie war ebenfalls groß und schlank und hatte ein hübsches Gesicht, das stark geschminkt war, obwohl sie gar kein Make-up brauchte. Beide hatten ihr dunkles Haar zu einem strengen Knoten im Nacken zusammengebunden. Eine dritte Flugbegleiterin erschien vorn im Flugzeug, und ich stellte fest, dass sie alle vollkommen gleich aussahen. Es war, als hätte jemand die ideale Flugbegleiterin entwickelt und sie dann geklont.
Nach etwa zehn Minuten schien der Flieger seine Flughöhe erreicht zu haben. Da der Platz neben mir frei war, zog ich meine Tory-Burch-Ballerinas aus und hatte die Absicht, eine Weile die Augen zu schließen. Natürlich beschloss der Pilot genau in diesem Augenblick, seine Begrüßungsansprache zu halten.
»Guten Abend, meine Damen und Herren, hier spricht Ihr Kommandant alias Kapitän Clynes. Ich heiße Sie herzlich willkommen an Bord dieser prächtigen Boeing 757, meinem zweiten Zuhause. Die Flugzeit von Miami nach Rio de Janeiro wird heute etwas mehr als achteinhalb Stunden betragen. Wir erwarten einen ruhigen …«
Heiliger Strohsack! Diese Stimme. Das war doch … War er es wirklich?
In diesem Moment kam die Flugbegleiterin mit meinem Appletini. »Entschuldigen Sie, kennen Sie zufällig den Vornamen des Kapitäns?«, fragte ich sie.
»Selbstverständlich.« Sie präsentierte mir stolz den dicken Klunker an ihrem Ringfinger, dann raunte sie mir mit einem Augenzwinkern zu: »Früher habe ich ihn sogar hin und wieder geschrien. Aber mittlerweile nicht mehr, weil ich jetzt mit jemand anderem verlobt bin. Das ist auf jeden Fall Kapitän Carter Clynes. Der Mann verleiht der Redewendung ›Im siebten Himmel schweben‹ eine ganz neue Bedeutung.«
Kapitän Carter Clynes. Plötzlich ergab alles Sinn. Die Flügel an seiner Jacke, dass er sich mit dem Personal der Lounge duzte und wie schnell er den Flugplan auf seinem iPhone gehabt hatte. Wie hatten mir diese Hinweise nur entgehen können? Ich wusste es: Ich war von seinem Aussehen und seiner forschen Art abgelenkt gewesen.
Nach dieser Information fiel es mir nicht leicht, mich zu entspannen. Zu wissen, dass Carter an Bord war und mein Leben in den nächsten acht Stunden in seinen Händen lag, machte mir gelinde gesagt Angst. Es war allerdings nicht die Art von Angst, die ich beispielsweise auf dem Zahnarztstuhl habe. Sie ähnelte eher dem bangen Gefühl, das mich überkommt, wenn ich in der Achterbahn sitze und den Sicherheitsbügel einrasten höre: Entweder wird es die Fahrt meines Lebens oder ich klatsche ziemlich unsanft auf den Boden.
Ein paar Stunden später kam eine weitere Durchsage. Carter sprach mit rauer, leiser Stimme. »Hier ist noch mal Kapitän Clynes. Wir haben gerade das Karibische Meer überflogen, ich schalte jetzt das Licht in der Kabine aus und hoffe, dass Sie ein Nickerchen machen können.« Kurz darauf erlosch das Licht bis auf einige wenige Leseleuchten. Ich nahm mir vor, eine Runde zu schlafen, stellte die Rückenlehne ganz nach hinten, zog mir die Decke bis ans Kinn und schloss die Augen. Leise Musik setzte ein. Zuerst wusste ich nicht, woher sie überhaupt kam. Bis ich das Lied erkannte, das gespielt wurde: Lucy In The Sky With Diamonds. Doch es war nicht John Lennon, der Lucy besang. Der Sänger, der über die Lautsprecheranlage in die Kabine krähte, musste Carter sein.
Er war wirklich verrückt. Aber aus irgendeinem Grund lag ein Lächeln auf meinem Gesicht, bis das Lied zu Ende war.
Ich war leicht verwirrt, als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlug. Zumindest nahm ich an, dass es Morgen war. Es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, dass ich in einem Flugzeug saß. Flog ich wirklich nach Brasilien oder hatte ich das alles nur geträumt? Der Platz neben mir war auch nicht mehr frei. Die Flugbegleiterin, die dort saß, trank Kaffee und las die Zeitung. Ich lächelte sie an und richtete die Rückenlehne wieder auf. Es war nicht die Frau, die mir ihren funkelnden Ring gezeigt und über Carter gelästert hatte.
»Guten Morgen. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich hier sitze. Wir machen abwechselnd Pause, und diese breiten, bequemen Sessel sind viel gemütlicher als unsere Klappsitze.«
»Kann ich mir vorstellen.« Ich zögerte, bevor ich ihr die Frage stellte, die mir durch den Kopf ging, auch wenn ich befürchtete, dass sie mich für plemplem hielt. »Darf ich Sie etwas fragen?«
»Sicher.«
»Wohin fliegen wir?«
Sie zog ihre perfekt geschwungenen Augenbrauen hoch. »Nach Rio de Janeiro. Wollten Sie etwa woanders hin?«
»Nein, nein, ich habe nur gestern Abend in letzter Minute meine Pläne geändert, und ich dachte einen Moment lang, ich hätte nur geträumt, dass ich nach Brasilien fliege.«
»Nein, auf keinen Fall. Wir kommen in ungefähr einer Stunde an. Gut, dass Sie schlafen konnten.«
Ich nickte. Nachdem sie mich schon für ein bisschen daneben hielt, konnte ich auch noch eine Schippe drauflegen. »Hat … der Pilot gestern Lucy In The Sky With Diamonds gesungen?«
Sie kicherte. »Allerdings. Das macht er bei jedem Nachtflug. Aber warum er das tut, kann ich Ihnen leider nicht sagen.«
»Ist schon ein wenig sonderbar.«
»So ist Kapitän Clynes nun mal. Ein bisschen verrückt, aber unglaublich hinreißend und für jeden Spaß zu haben.«
»Die andere Flugbegleiterin hat mir schon gesagt, wie viel Spaß man mit ihm haben kann.«
»Es gibt garantiert eine Menge Flugbegleiterinnen, die Ihnen das bestätigen würden.«
»Sie nicht?«
Sie schüttelte bedächtig den Kopf. »Solche Männer sind nicht mein Ding.«
Ich fühlte mich ernüchtert und musste ihr zustimmen. »Meins auch nicht.«
Etwas in ihrem Gesicht veränderte sich, und sie rückte näher. »Wissen Sie, was mein Ding ist?«
»Was?«
»Zierliche kleine Blondinen mit großen blauen Augen und Schmollmund. Wir haben ganze zwei Tage Aufenthalt in Rio, wenn Sie also Gesellschaft suchen?«
Was sollte denn …? Waren in diesem Flugzeug etwa alle verrückt? Vielleicht war die Luft auf 10 700 Metern Flughöhe einfach zu dünn. »Äh … danke. Aber ich bin nicht … Nein, danke.«
Sie lächelte höflich und faltete die Zeitung zusammen. »Schade. Trotzdem noch eine schöne Reise! Ich muss vor der Landung noch das Frühstück im Zwischendeck servieren.«
Als das Flugzeug endlich gelandet war, blieb ich sitzen, während der Rest der First Class ausstieg, und wartete darauf, dass die Cockpit-Tür aufging. Ich wusste nicht mal, warum ich es tat oder was ich gemacht hätte, wenn sie sich geöffnet hätte, aber ich verspürte das dringende Bedürfnis, Carter zumindest ein letztes Mal zu sehen. War er nicht wenigstens neugierig, ob ich im Flieger war?
Zehn Minuten später lag die Antwort klar auf der Hand. So ziemlich alle waren bereits von Bord gegangen, und ich saß immer noch wie ein Idiot auf meinem Platz und schaute verstohlen zur Cockpit-Tür, die einfach nicht aufgehen wollte. »Was zur Hölle stimmt nicht mit mir?«, brummelte ich vor mich hin. Ich war in der Flughafenlounge zufällig auf einen Mann gestoßen, der mich als Erstes zu sich nach Hause eingeladen hatte und dann mein Shirt durchsichtig gemacht und sich über meine Brüste ausgelassen hatte. Und ich hatte natürlich das einzig Logische getan, das jede Frau an meiner Stelle getan hätte: Ich hatte für dreitausend Dollar ein First-Class-Ticket gekauft, um ihm nach Brasilien zu folgen. Mein Verhalten entsprach so ziemlich dem verheerenden Zustand meines Lebens. Ich hatte die Reise angetreten, um eine Lösung für mein Problem zu finden (und nebenbei vielleicht auch ein neues Paar Schuhe), und nicht, um eine Kerbe im Bettpfosten von Käpt’n Freelove zu werden, auch wenn er noch so gut aussah.
Ich stand auf, nahm meine Louis-Vuitton-Venus-Tasche, strich mein zerknittertes Oberteil glatt und atmete tief durch.
Bis dann, Kapitän Clynes!
Ich verbrachte mehr als eine Stunde damit, mein Gepäck zu finden und in der Schlange am Taxistand zu warten. Obwohl in Brasilien Winter sein sollte, herrschte eine drückende Hitze, und ich spürte, wie mir die Schweißperlen den Rücken hinunterliefen. Ich brauchte eine kalte Dusche, einen großen Becher Eiskaffee (Vanille oder Nuss wäre nett) und am besten noch eine Neunzig-Minuten-Massage in einem Hotel-Spa. Als ich endlich an der Reihe war, sprang ich rasch in das klimatisierte Taxi, während der Fahrer meine Taschen im Kofferraum verstaute.
»Olá. Onde gostaris de ir?«, fragte er beim Einsteigen.
Mist. »No hablaportuguês.« Moment mal … war »no habla« überhaupt richtig? Oder war das Spanisch?
Der Fahrer drehte sich zu mir um. »Sie sprechen Englisch, ja?«
»Ja.«
»Okay. Sie mir sagen, wohin Sie wollen, verstanden?«
»Oh. Sorry, einen Moment bitte.« Ich gab rasch »Luxushotels mit Spa in Rio« bei Google ein. Die Internetverbindung war zwar langsam, aber nach einer Weile konnte ich eine Liste von Hotels durchscrollen und suchte nach einer Kette, deren Name mir wenigstens bekannt war. Meine Suche wurde unterbrochen, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde.
Der Fahrer rief etwas auf Portugiesisch. Seiner Gestik nach zu urteilen machte er der Person klar, dass das Taxi besetzt war, doch sie ließ sich nicht beirren. Im nächsten Moment saß jemand neben mir auf der Rückbank.
Jemand in Uniform.
Kapitän Carter Clynes höchstpersönlich.
Mit einem frechen Grinsen im Gesicht wandte er sich mir zu. »Mein Zwischenaufenthalt ist gerade wesentlich interessanter geworden.«
Verdammt. Offenbar war ihm buchstäblich über Nacht dieser sexy Dreitagebart gewachsen.
»Wie war Ihr Flug, straffe junge Frau? Haben Sie es genossen, mit mir zu fliegen?«
»Mein Shirt ist trocken. Sie können sich Ihre Anspielungen sparen.«
Sein Blick fiel auf meine Brüste. Natürlich standen meine Nippel stramm, nachdem ich mich schwitzend in das kühle Taxi gesetzt hatte.
Carter fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht. »Verdammt, die beiden sind wahrhaftig ganz schön kess. Ich habe achtzehn Stunden nicht geschlafen, aber ihr Anblick macht mich hellwach, um nicht zu sagen verfickt munter.«
»So was sagt man nicht zu einer Frau, die man gerade erst kennengelernt hat.«
»Wir kennen uns jetzt schon länger. Das ist unser drittes Date.«
»Unser drittes Date?«
»Beim ersten habe ich Sie in einem eleganten Restaurant zum Dinner eingeladen, und beim zweiten habe ich Sie nach Brasilien geflogen. Das waren verdammt gute Dates. Manche Frauen würden für so viel Großzügigkeit töten. Da ist es doch nur angemessen, dass wir beim dritten Date in ein Hotel fahren«, sagte er augenzwinkernd.
Ich wusste nicht, ob es an der Zeitumstellung lag oder an meiner Abgeschlagenheit nach dem unruhigen Schlaf im Flugzeug, aber anscheinend konnte dieser Mann sagen, was er wollte, ohne dass ich beleidigt war. Warum um alles in der Welt bin ich jetzt nicht beleidigt?, fragte ich mich.
Als ich nicht antwortete, fuhr er fort. »Ich bin froh, dass ich Sie entdeckt habe. Ich dachte nicht, dass ich Sie jemals wiedersehe.«
»Vielleicht, weil Sie nicht nach mir gesucht haben?«
»Ich hätte nie gedacht, dass Sie meinen Rat annehmen und nach Brasilien fliegen werden.«
»Ich auch nicht«, brummelte ich.
Der Fahrer unterbrach uns. »Sie teilen Taxi, ja?«, fragte er und sah zwischen uns hin und her.
Zu meinem Erstaunen antwortete ihm Carter ausführlich. Auf Portugiesisch. Und die Sprache, die noch vor wenigen Minuten abgehackt und frustrierend geklungen hatte, wirkte auf einmal sexy und romantisch.
Er wandte sich mir zu. »In welchem Hotel wohnen Sie?«
»Das wollte ich gerade mithilfe von Google herausfinden. Können Sie mir eins empfehlen?«
»Sie vertrauen auf meine Wahl Ihres Schlafplatzes?«
Ich dachte kurz über seine Frage nach. Es war vollkommen unvernünftig, das war mir klar, aber in diesem Punkt vertraute ich ihm tatsächlich – weiß der Himmel warum. »Ich denke schon.«
Er quittierte meine Antwort mit einem verführerischen Grinsen, das mehr Erregung in mir schürte, als ich im gesamten letzten Jahr empfunden hatte.
Eine halbe Stunde später verließen wir schließlich die Schnellstraße und fuhren in ein Wohngebiet. »Barra de Tijuca«, las ich von einem Straßenschild ab.
»Sehr gut. Ich sollte Sie wohl warnen. Wahrscheinlich ist das nicht die Art von Unterkunft, die Sie normalerweise gewohnt sind.«
»Was soll das denn heißen?«
»Nun, Sie scheinen eher der Typ für Luxushotels mit Spa zu sein.«
Ich hatte zwar genau das bei Google eingegeben, aber so, wie er es sagte, klang es irgendwie ungut. Ich hatte das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen. »Und was ist falsch an einem Luxushotel? Manchmal braucht man eben eine Massage und ein schönes heißes Bad, wenn man auf Reisen ist.«
»Tja, aber da, wo wir jetzt hinfahren, bekommen Sie das nicht.« Carter sah mich an. »Es sei denn, ich übernehme die Massage.«
Ich wurde rot, und Carter gluckste. »Sie sind wirklich bezaubernd. Ich weiß nicht, was mehr sexy ist: dass Sie sich auf dieses kleine Abenteuer mit mir einlassen oder dass Ihnen insgeheim die Vorstellung gefällt, von mir massiert zu werden.«
»Stimmt doch gar nicht!« Meine schnelle Antwort bestätigte ihm nur, dass er recht hatte.
Er beugte sich zu mir herüber. »Stimmt wohl!«
»Sie irren sich.«
»Das ist schade. Ich habe mir sagen lassen, dass ich wirklich gut mit den Händen bin.« Dabei streckte er seine Hände aus und betrachtete sie. Sie waren riesengroß, und allem Anschein nach benutzte er sie für richtige Arbeit, wenn er nicht gerade ein Flugzeug steuerte.
Puh.
Ich musste meinen Körper und das Gespräch unbedingt wieder unter Kontrolle kriegen. »Ich habe schon gehört, dass Sie ›gut mit den Händen‹ sind.«
Carter runzelte die Stirn.
»Ihre Crew. Kann sein, dass jemand so was erwähnt hat.«
»Was denn genau?«
»Nicht so wichtig.«
Carter wollte nachhaken, aber in dem Moment hielt das Taxi an. Ich sah mich um. »Wo sind wir?« Wir waren immer noch mitten in einem Wohngebiet.
»Das ist Maria Rosas Pension.«
»Da gibt’s also Zimmer mit Frühstück?«
»Eher Zimmer mit Abendessen. Maria Rosa steht in der Regel nicht vor zwölf Uhr auf. Aber sie macht die beste Feijoada südlich des Äquators.«
Er stieg aus, kam auf meine Seite und reichte mir überraschend galant die Hand, um mir aus dem Taxi zu helfen. »Fei… was?«, fragte ich.
»Glauben Sie mir, die ist schweinelecker. Mir geht schon einer ab, wenn ich nur dran denke.«
»Sie sind ein richtiges Ferkel, oder?«
»Sie haben ja keine Ahnung, Sparky! Ich hab mich die ganze Zeit am Riemen gerissen und versucht, ein Gentleman zu sein, weil Sie mir etwas kultivierter zu sein scheinen, als ich es gewohnt bin.«
Carter drückte dem Fahrer ein Bündel Scheine in die Hand, packte meine Reisetasche auf seinen Rollenkoffer und ging mit mir die Einfahrt hoch. Als er geklingelt hatte und wir an der Haustür warteten, fuhr das Taxi weg. Und just in diesem Moment ließ mir Carter eine kleine Information zukommen.
»Lassen Sie sich nicht von Maria Rosa scheu machen. Sie ist nicht halb so verrückt, wie sie rüberkommt.«
Carter war ein Lügner.
»Meu filho Americano!« Maria, die ein buntes Kittelkleid trug, nahm Carters Gesicht in beide Hände und pflasterte seine Wangen mit Küssen. Der Duft von Safran und anderen Kräutern lag in der Luft.
Carter stellte mich vor. »Maria, està é a minha amiga, Kendall.«
Gott, er klang so sexy. Auch wenn das Einzige, das ich verstand, mein Name war. Er hatte »Kendall« sogar portugiesisch ausgesprochen, mit Betonung auf der zweiten Silbe.
Maria musterte mich von oben bis unten, und als sie lächelte, zog sich ihr dünner schwarzer Oberlippenbart in die Breite. »Aha! Você nunca trouxe um amigo antes …«
Ich sah Carter an. »Was hat sie gesagt?«
»Dass ich noch nie eine Freundin hierher mitgebracht habe.«
»Wie oft übernachten Sie denn hier?«
»Ungefähr jedes zweite Mal, wenn ich nach Rio komme. Für mich ist das so was wie meine zweite Heimat.«
Plötzlich waren die schnatternden Laute irgendeines Tieres zu hören. Bevor ich wusste, wie mir geschah, sprang mir etwas in den Nacken, und ich wäre fast auf die Nase gefallen. Dann spürte ich, wie eine warme Flüssigkeit meinen Rücken hinunterlief.
Ich war fassungslos und wedelte wie wild mit den Händen. »Was ist das? Nehmen Sie es weg!«, schrie ich. »Nehmen Sie es weg!«
Das Tier kreischte schrill und wollte sich an mir festkrallen. Carter nahm es lachend von meiner Schulter.
Als ich mich zu ihm umdrehte, stellte ich fest, dass es sich bei besagtem Tier um ein kleines Äffchen handelte. Maria Rosa schüttelte missbilligend den Kopf und sagte etwas auf Portugiesisch.
Carter konnte seine Belustigung nicht verbergen. »Maria bittet um Entschuldigung. Kapuzineraffen pinkeln manchmal Leute an, um ihr Territorium zu markieren.« Das Äffchen stieß einen lauten Schrei aus, als wollte es Carter beipflichten.
»Großartig, jetzt habe ich Affenpisse auf meinem Roland Mouret!«
»Das Shirt muss sowieso in die Wäsche. Keine Sorge, ich mache Sie später schön sauber.«
Seine Worte ließen mich erschaudern. Die Situation machte mich zwar wahnsinnig, aber Carter übte eine Anziehungskraft auf mich aus, als er so vor mir stand, immer noch in seiner Pilotenuniform, gegen die ich machtlos war. Das Äffchen hatte sich inzwischen auf seiner Schulter niedergelassen.
Als Carter mir zulächelte, fiel mir sein Kinngrübchen wieder ins Auge, und mein Ärger verrauchte. »Warum pinkelt er Sie nicht an, Käpt’n?«
»Weil wir alte Freunde sind. Nicht wahr, Pedro?« Der Affe bleckte die Zähne. Ich hätte schwören können, dass er gelacht hat, bevor er davonhüpfte.
Maria schien etwas aufgebracht zu sein und redete auf Carter ein.
»Was hat sie gesagt?«
»Sie wusste nicht, dass ich jemanden mitbringe, und hat mir klargemacht, dass das andere Gästezimmer vermietet ist. Sie hat gesagt, wir müssen uns ein Zimmer teilen.«
»Damit bin ich nicht einverstanden.«
»Wir regeln das schon irgendwie«, raunte er mir zu.
»Da gibt es nichts zu regeln, Carter.«
»Gehen wir erst mal aufs Zimmer und entspannen ein bisschen. Ich muss aus dieser Uniform raus und mich eine Runde aufs Ohr legen. Und dann, vor dem Abendessen, zeige ich Ihnen den Strand.«
»Das wird nicht funktionieren. Ich will mir kein Zimmer teilen. Ich muss mir ein Hotel suchen.«
»Sparky … Sie sind mir nicht den ganzen Weg nach Brasilien gefolgt, um mich jetzt zu verlassen. Sie sagen zwar, Sie brauchen ein Hotel, aber eigentlich wollen Sie gar nicht allein sein. Wenn Sie es nämlich wollten, wären Sie nicht hier. Also regen Sie sich ab und begleiten Sie mich in unser Zimmer. Sie können sicher sein, dass ich die Situation nicht ausnutzen werde. Selbst wenn ich es wollte, könnte ich es nicht. Ich bin jetzt achtzehn Stunden auf den Beinen. Ich muss mich hinlegen.«
Als ich ihm schweigend den Flur hinunter bis zu dem Eckzimmer folgte, fluchte ich innerlich, weil ich ihm nicht widersprechen konnte. Er hatte das riesige Flugzeug sicher nach Rio geflogen. Mein Leben war die ganze Zeit in seinen Händen gewesen. Er hatte recht – er musste schlafen. Ehrlich gesagt war auch ich ziemlich kaputt von dem Flug, ohne dass ich die Maschine gesteuert hatte.
Das Zimmer war klein, aber reizend zurechtgemacht. Das Bett war mit einer roten Tagesdecke bezogen, die mit lila Blumenformen bestickt war. Vom Fenster aus, durch das eine kühle Brise hereinströmte, hatte man eine schöne Aussicht auf das nicht allzu weit entfernte Wasser.
Zu dem Zimmer gehörte ein Bad mit einer alten weißen Keramikwanne. Mir fielen die frischen Blumen und die Auswahl an Seifen am Waschbeckenrand auf.
»Es ist hübsch hier. Wie haben Sie die Pension eigentlich entdeckt? Sie liegt ja völlig abseits vom Touristenrummel.«
»Irgendwann vor ein paar Jahren bin ich rumgefahren und habe Rio erkundet. Ich stieg aus dem Auto, um spazieren zu gehen, und habe das ausgezeichnete Essen von Maria gerochen. Ich bin praktisch meiner Nase gefolgt. Als ich erfuhr, dass sie Zimmer vermietet, habe ich meine Hotelreservierung storniert und bin hiergeblieben. Ich würde diese Pension jederzeit einem Hotel vorziehen.«
»Aber Sie haben gesagt, Sie übernachten hier nur jedes zweite Mal, wenn Sie in Rio sind. Die anderen Male gehen Sie ins Hotel?«
Er zögerte. »Ich komme hierher, wenn ich allein bin. Ins Hotel gehe ich, wenn ich –«
»Schon gut!« Ich hob die Hand. »Verstehe.«
Ich hatte genug gehört. Er ging zum Vögeln ins Hotel, wahrscheinlich mit der jeweils diensthabenden Flugbegleiterin.
»Warum sind Sie dann mit mir hierhergekommen?«
»Ich wollte Ihnen das echte Rio zeigen. Ich fühle mich dafür verantwortlich, dass Sie hier sind. Das Mindeste, was ich tun kann, ist, ein guter Fremdenführer zu sein.«
»Wie lange bleiben Sie, bevor Sie wieder losfliegen?«
»Zwei Tage.«
Mir wurde flau im Magen. Das war nicht viel Zeit.
»Und wohin geht’s danach?«
»Keine Ahnung. Ich habe noch nicht in meinen Plan gesehen.«
»Zwei Tage …«, wiederholte ich.
»Ja, machen wir also das Beste draus!«
Carter knöpfte sein weißes Kapitänshemd auf und hängte es in den kleinen Schrank. Die Konturen seines Brustkorbs waren so grandios, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Urplötzlich packte mich das Verlangen, ihn von der Brust bis zum Bauchnabel abzuschlecken und mit der Zunge der feinen Haarlinie zu folgen, die in seine schwarze Anzughose führte. Er war größer als die meisten Männer, mit denen ich etwas gehabt hatte. Ich konnte mir nur vorstellen, wie es sich anfühlte, von seinem Körper niedergedrückt zu werden. Ich wollte sein Gewicht auf mir spüren, aber an so etwas durfte ich nun wirklich nicht denken. Schließlich hatte ich die Reise angetreten, um mein Leben wieder in Ordnung zu bringen, und nicht, um es noch komplizierter zu machen, indem ich mich in jemanden verliebte, mit dem ich nicht zusammen sein konnte. Wenn ich meinen Plan umsetzte, würde es mir nicht möglich sein, in nächster Zeit mit irgendeinem Mann zusammen zu sein.
Fragend zog Carter eine Augenbraue hoch, als er merkte, dass ich ihn anstarrte. Ich sah schnell weg, obwohl er mich auf frischer Tat ertappt hatte.
»Holen wir Sie erst mal aus diesen Klamotten«, sagte er.
»Wie bitte?«
»Ich bin gleich wieder da.«
Was?
Er ging ins Bad und schloss die Tür. Ich hörte ihn pinkeln. Dann lief ewig das Badewasser. Den Rücken immer noch nass von Affenpisse saß ich auf dem Bett und fragte mich, was er so lange da drin machte.
Die Tür öffnete sich quietschend. Carter kam barfuß heraus. Er hatte nur noch seine schwarze Hose an. Und er hatte den Knopf offen gelassen.
Ganz schön heiß.
Ich räusperte mich. »Waren Sie in der Wanne?«
»Nein, ich habe sie für Sie vorbereitet. Man sieht Ihnen doch an, dass Ihnen etwas zu schaffen macht. Sie wirken sehr angespannt. Das ist mir schon aufgefallen, als wir uns in der Lounge begegnet sind. Sie brauchen ein heißes Bad dringender als ich.« Er kam langsam näher und legte mir die Hand auf die Schulter. »Vergessen wir unsere Sorgen einfach für ein paar Tage. Machen Sie sich keinen Kopf wegen der Zimmersituation. Sie können sich darauf verlassen, dass ich die Hände bei mir behalte. Ich gebe Ihnen mein Wort. Ich werde nichts versuchen, falls Sie sich darüber Gedanken machen – es sei denn, Sie wollen es. Aber bis dahin wird der Anstand gewahrt. Jedenfalls von meiner Seite aus. Dafür, dass hier ab und zu mal ein Affe die Kontrolle verliert, kann ich nichts.«
Ich musste lachen. Es fühlte sich gut an. Ich wusste gar nicht, wann ich das letzte Mal gelacht hatte.
»Was meinen Sie? Wollen Sie einfach mit mir relaxen, Kendall?«
Gott, ich wollte mich wirklich furchtbar gern entspannen und diese zwei Tage einfach nur genießen.
Ich warf einen Blick ins Bad und sah erst jetzt, was er gemacht hatte. Auf dem Wasser in der Wanne lag dicker Schaum. Carter hatte zwei kleine Kerzen angezündet und sie auf die Fensterbank gestellt. Er mochte ein Aufreißer sein – einer, der reihenweise Flugbegleiterinnen flachlegte –, aber er war auch wahnsinnig aufmerksam … und süß.
Ohne ein weiteres Wort ließ sich Carter bäuchlings auf das Bett fallen. Ich konnte den Blick nicht von seinem Hintern losreißen, als er die Matratze mehr oder weniger umarmte, als wollte er sie vögeln. »Fuck, dieses Bett fühlt sich gut an«, murmelte er. Dann entwich ihm ein fast orgastisches Stöhnen. Regungslos blieb er mit ausgebreiteten Armen liegen, während alle Spannung von ihm abfiel. Nur sein Rücken hob und senkte sich mit seinen Atemzügen.
Ich nahm mir einen Augenblick Zeit, um diesen geshapten Rücken zu bewundern. Dabei wurde mir bewusst, wie gern ich auf ihm gelegen und das sanfte Auf und Ab genossen hätte.
Als er eingenickt war, drehte ich mich zur Wand um, zog mir mein schmutziges Shirt über den Kopf und warf es auf den Boden. Dann ging ich auf Zehenspitzen ins Bad und zog mich ganz aus.
Ich ließ mich ins warme Wasser sinken, schloss die Augen und atmete den Dampf ein. Ich hatte das Gefühl, in eine andere Welt versetzt worden zu sein. Und so war es ja im Grunde auch: ein fremder Ort, ein fremder Mann. Und ein Affe. Obwohl ich es mir nicht erklären konnte, fühlte es sich vollkommen richtig an, genau zu diesem Zeitpunkt in Rio zu sein.
Ich hatte die Tür ein Stück offen gelassen, weil ich davon ausgegangen war, dass Carter tief und fest schlief. Als ich plötzlich seine schläfrige Stimme hörte, jagte mir ein Schauer über den Rücken.
»Ich bin froh, dass du dich für Rio entschieden hast, Sparky.«
CARTER
Ich war ziemlich sicher, dass mein Schwanz mich geweckt hatte, als wollte er sagen: »Kumpel, guck mal, was du verpasst!«
Das Rollo war zu, das Zimmer dunkel, und ich hatte einen Ständer.
Wie spät war es überhaupt?