One more Life - Anna Bera - E-Book

One more Life E-Book

Anna Bera

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Beschreibung

Eine junge Frau erlebt noch einem Motorrad Unfall, das unvorstellbare. Sie findet sich wieder in einem Krankenhaus und ihr Leben verändert sich schlagartig. Im Laufe der Geschichte erfährt sie Dinge mit denen sie nie gerechnet hätte und findet Menschen, die Ihr beistehen. Josephine hat jedoch auch eine dunkle Vergangenheit, welcher sie leider nicht entfliehen kann.

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Anna Bera

One more Life

Band 1

Anna Bera

One more Life

Mein Erwachen

Romantic Suspence

Impressum

Texte: © 2024 Copyright by Anna Bera

Umschlag:© 2024 Copyright by Anna Bera

Verantwortlich

für den Inhalt:Anna Bera

Wien

Druck:epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

Kapitel 1Josephine

Mühsam öffne ich die Augen. Mein ganzer Körper schmerzt so heftig, dass ich mich kaum bewegen kann.

Was ist hier los?

Panisch suche ich mit den Augen meine Umgebung ab. Ist das ein Krankenhauszimmer? Hier ist niemand, außer mir. Ein kleiner brauner Tisch und ein Holzsessel, stehen gegenüber von dem Bett in dem ich liege, ansonsten sind um mich herum nur zahlreiche Maschinen, die ständig piepen.

Panik kriecht in mir hoch. Mit meinen Fingern ertaste ich einen Knopf und drücke darauf. Hoffentlich ist das die Notfallklingel. Es muss mir jemand helfen.

In dem Moment fällt mir auf, dass ich gar nicht weiß, was mit mir geschehen ist.

Was ist der Grund für all das hier?

Ich schließe meine Augen um in meinem Kopf nach Erinnerungen zu suchen.

Nur vereinzelte Fetzen tauchen auf. Ich sehe mich auf meinem geliebten Bike eine Bergstraße entlangfahren und ein Auto, dass mir entgegenkommt. Danach… kann ich mich an nichts mehr erinnern. Außer… da ist noch eine Stimme. Sie ist tief und spricht mir zu, dass alles wieder gut werden würde. Ich müsse einfach nur durchhalten.

Was genau ist danach geschehen?

Unsicher, weil jemand durch die Tür tritt, öffne ich langsam meine Augen wieder und blicke in die Richtung, aus der ich jetzt jemanden sprechen höre.

„Sie sind ja wach“, kommt es von der Krankenschwester, die mich mit einem herzlichen Lächeln ansieht.

Mein Hals tut sehr weh, dadurch nicke ich ihr nur kurz zu.

„Bleiben Sie ganz ruhig. Ich werde den Arzt holen. Es wird nicht lange dauern.“ Sie lächelt mir zu und entfernt sich mit schnellem Schritt.

Jetzt bin ich wieder mit meinen Gedanken alleine. Ich habe Angst. Angst vor dem, was jetzt auf mich zukommt.

Werde ich erfahren, was passiert ist und wie lange ich hier schon liege?

Warum schmerzt alles so sehr?

Kurz darauf kehrt sie, mit dem Arzt, zurück in mein Zimmer, welcher sich mir direkt vorstellt.

„Guten Tag Miss Schwarz. Wie erfreulich, dass sie aufgewacht sind. Ich bin Dr. Michael Blatt, Ihr zuständiger Arzt, seitdem Sie zu uns gekommen sind.“

Was soll denn das bedeuten?

Wie lange bin ich denn schon hier?

Habe ich meinen 24. Geburtstag verpasst?

Als ich versuche zu sprechen, fühlt sich mein Hals ganz rau an, als hätte ich Schmirgelpapier verschluckt. Es kratzt so dermaßen, dass ich kein Wort herausbringe. Angestrengt hol ich tief Luft und räuspere mich lautstark.

„Langsam. Wir werden Ihnen jetzt mal einen Becher Wasser geben. Ihr Hals ist ausgetrocknet, da sie lange Zeit im Koma gelegen sind.“

Was?! Koma?!

Einen Augenblick später, hält er mir einen Pappbecher entgegen. Beim Versuch den Becher in die Hand zu nehmen sind meine Finger nicht kräftig genug. Er rutscht hindurch, doch glücklicherweise, hält ihn der Arzt noch fest.

„Ich werde Ihnen helfen. Machen Sie nur kleine Schlucke. Es wäre möglich, dass sich ihr Schluckreflex wieder daran gewöhnen muss.“

Kaum, dass der Becher an meinen Lippen ist, spüre ich die angenehme Kühle, des Wassers, in meinem Mund.

Vorsichtig versuche ich zu schlucken. Aua. Das tut richtig weh und ist, als hätte ich einen Kloß in meiner Speiseröhre, der sich nicht lösen will.

„Ganz vorsichtig. Das wird schon. Sie müssen sich nur wieder daran gewöhnen, was einige Tage in Anspruch nehmen kann.“

Also versuche ich noch einen Schluck zu nehmen. Wenn es nicht so schrecklich schmerzen würde, dann wäre der Becher in einem Zug leer. Mein Durst ist riesig.

Es fühlt sich wahrhaftig so an, als wäre ich innerlich total vertrocknet.

Nach weiteren Schlucken, halte ich es nicht mehr aus und lasse den Becher los. So gerne würde ich den Arzt so vieles fragen.

„Versuchen sie nicht zu sprechen. Dafür ist es noch zu früh. Ich werde die Schwester bitten, Ihnen einen Block und einen Stift zu bringen. Danach werde ich einen Physiotherapeuten für Sie organisieren, der mit ihnen, Ihre Hände trainieren wird, dass Sie all ihre Fragen aufschreiben können. Außerdem muss er Ihre Muskeln an Armen und Beinen lockern, bevor Sie sich wieder in Bewegung setzten. Ich bitte Sie daher, vorerst so ruhig, wie möglich, liegen zu bleiben.“

Er lächelt mir zu, drückt sanft meine Schulter und teilt der Schwester mit, was ich alles benötige.

Dann wirft er noch einen Blick in mein Krankenblatt und notiert ein paar Wörter in seinem Notizblock, bevor er mir noch ein Lächeln schenkt und sich zum Gehen wendet.

„Ich werde später wieder nach Ihnen sehen.“

Mit diesen Worten, verlässt er mein Zimmer.

Nach nur wenigen Augenblicken kommt die Schwester wieder herein, welche mir mitteilt, dass ihr Name ´Maya´ ist und sie ebenfalls bei mir ist, seitdem ich hier eingeliefert worden bin. Sie legt den Block und einen Bleistift auf den Beistelltisch, direkt neben mein Bett, wo ich sie gut erreichen kann. „Der Physiotherapeut wird mit Ihnen Übungen machen, damit Sie sich bald selbstständig verständigen können, wenn Sie Hilfe brauchen oder Fragen haben.“

In meinem Kopf geht es drunter und drüber. Ich habe tausende Fragen.

Weil ich jedoch nicht sprechen kann, lächle ich sie an und strecke meine Finger nach ihr aus.

Als sie meine Hand in ihrer hält, kommen mir die Tränen. Ich bin dankbar, dass ich nicht alleine durch diese Hölle muss.

Fünf Tage später, fühle ich mich ein wenig besser und kann schon leise sprechen. Auch das mit dem Schreiben, funktioniert schon besser. So habe ich bereits erfahren, dass ich seit knapp sechs Monaten im Koma gelegen habe, nachdem ich einen schweren Motorrad Unfall hatte. Zum Glück, habe ich erst am 1.November Geburtstag. Ich kann also noch, mit Kelly und Amy feiern.

Dennoch frage ich mich, jeden einzelnen Tag, was genau passiert ist. Warum kann ich mich nicht daran erinnern?

Plötzlich geht die Türe auf und ein Mann, der vielleicht ein wenig älter ist als ich, betritt den Raum. Er ist etwa 1,80m groß, hat schwarze, mit Gel aufgestellte, längere Harre und ist etwas trainiert. Als er näher an mich herantritt, sehe ich in seine grünen Augen.

„Guten Tag Frau Schwarz. Ich bin Inspektor Mario Weißenbach. Der Arzt sagte mir, dass sie bereit wären mit mir zu sprechen. Wir müssten einige offene Fragen über Ihren Unfall abklären. Da gibt es einige Dinge, die noch unklar sind“, stellt er sich vor und überrumpelt mich ein wenig mit dem Unfallthema.

Mit krächzender Stimme, versuche ich ihm zu antworten.

„Gerne… ich weiß nur nicht… wie es… zu dem Unfall… gekommen… ist. Daran kann ich… mich nicht mehr… erinnern.“

Diese Worte gehen nur schwer über meine Lippen. Mein Hals tut immer noch weh und ich muss mich ständig räuspern.

„Frau Schwarz… wir müssen das nicht heute durchgehen, falls sie es nicht schaffen. Vielleicht möchten Sie auch ein Familienmitglied bitten, bei ihnen zu sein, wenn ich wieder komme. Es wäre verständlich.“

Schnell schüttle ich den Kopf. Mein einziges, verbleibendes Familienmitglied, meinen Vater, möchte ich keinesfalls dabeihaben und sonst hab´ ich niemanden mehr. Die Einzigen, die ich fragen könnte, wären meine beiden Freundinnen. Amalie und Kelly.

Haben mich die beiden eigentlich besucht? Wissen sie überhaupt, dass ich hier bin?

„Können Sie… mir sagen… wer weiß…, dass ich hier bin?“, frage ich angestrengt. Zwar denke ich nicht, dass er mir darüber etwas sagen kann, aber es ist einen Versuch wert.

„Soweit ich weiß, wurden Sie von einem jungen Mann immer wieder besucht. Sonst sind immer wieder zwei junge Damen gekommen und ihr Vater.“

Mein Magen krampft sich zusammen, als ich höre, dass mein Vater hier gewesen ist. Was hat er hier zu suchen? Da kann er eh nichts mit mir anfangen. Oder will er nur wissen, ob ich überlebt habe, damit er mich weiter fertig machen kann?

In meinem Magen bildet sich ein Knoten und mir wird speiübel. Wenn er weiß, dass ich wieder wach bin, dann wird er sicher auftauchen. Irgendwie muss ich es verhindern könne, dass er davon erfährt. Vielleicht kann der Inspektor es veranlassen, dass er nicht zu mir kommen darf.

„Frau Schwarz? Geht es Ihnen gut?“

„Ähm… ja… geht schon.“

„Ich… woher… weiß mein Vater…, dass ich… hier bin?“

Als er meine zittrige Stimme bemerkt, kneift er kurz die Augenbrauen zusammen und sieht mich wieder fragend an.

Unter großer Anstrengung, erkläre ich ihm, warum ich so ängstlich wirke. Ich erzähle ihm, dass mein Vater nicht so ein angenehmer Zeitgenosse ist und er mich immer wieder psychisch und physisch fertig gemacht hat.

„Ich möchte…, dass… er… nicht… mehr… zu… mir… kommen… darf. Er… wird… meine… Genesung… negativ… beeinflussen“, sage ich abschließend.

„Wenn sie möchten, dann kann ich eine Einstweilige Verfügung ausstellen lassen, die es ihrem Vater verbietet sich ihnen auf fünfhundert Metern zu nähern“, sagt er in einem ruhigen Tonfall, der mich etwas runterbringt.

„Dan… ke“, bringe ich nur mehr sehr angestrengt hervor und versuche deshalb, ihm ein kleines Lächeln zu schenken.

Nachdem das jetzt wegen meines Vaters geklärt ist, freue ich mich riesig, dass die Mädels es wissen und auch schon hier waren. Aber wer ist der unbekannte junge Mann, von dem er spricht?

Nebenbei bekomme ich mit, dass Inspektor Weißenbach sich fertig zum Gehen macht, als ich nach seiner Hand greife, dreht er sich zu mir und sieht mich fragend an.

„Brauchen sie noch etwas, Frau Schwarz?“

Eigentlich nicht. Ich wollte ihn mir nur nochmals ansehen, da ich irgendwie das eigenartige Gefühl habe, dass ich ihn kennen müsste.

„Nein… danke. Ich wollte… nur nochmal… ihr Gesicht… sehen. Damit… ich… sie nicht… vergesse.“

„Ich denke, sie sollten sich jetzt ein wenig ausruhen. Morgen werde ich wieder vorbeischauen, dann können wir gerne versuchen, ihre Erinnerung an den Unfall aufzuarbeiten. Machen Sie sich keine Sorgen. Wir werden schon alles klären können. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Nachmittag.“

Mit diesen Worten erhebt er sich von dem Stuhl neben meinem Bett und verlässt den Raum. Alles, was zurückbleibt, ist eine Visitenkarte, auf der sein Name, seine Nummer und die E-Mail-Adresse der Polizeiwache draufsteht.

Nun bin ich wieder mal mit meinen tausenden Fragen alleine. Ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, wie es zu dem Unfall kommen konnte.

In meiner Erinnerung fahre ich ganz normal die Straße entlang und nichts ist zu sehen, außer das Wald links und rechts vor mir. Kein Auto weit und breit.

Wie konnte es so kommen, dass ich jetzt hier liege?

Bin ich so ein schlechter Mensch, dass ich noch mehr ertragen muss?

Hoffentlich klärt sich das Ganze irgendwie auf. Es geht einfach nicht in meinen Kopf, wie mir sowas passieren konnte, auf einer Strecke, die ich wie meine Westentasche kenne.

Aber vielleicht war ich gar nicht selbst daran schuld. Womöglich ist etwas auf der Straße gelegen, an das ich mich nicht mehr erinnern kann. Oder… mir ist ein Tier hineingelaufen.

Die dritte und letzte Möglichkeit wäre, dass ich mit einem Auto kollidiert bin.

Aber warum kann ich mich daran nicht mehr erinnern? Es muss doch noch in meinem Kopf sein.

Kapitel 2Alexander

„Ich fass es nicht! Warum willst du mich davon abhalten in das Krankenhaus zu fahren? Sie tut mir so leid und ich möchte ihr einfach helfen. Laut Mario weiß sie nicht mehr, was passiert ist“, sage ich aufgebracht zu Stefan.

Mein Cousin ist davon überzeugt, dass ich sie vergessen soll. Seitdem er erfahren hat wer ihr Vater ist, will er mich davon abbringen, sie zu besuchen.

Sicher weiß ich, was ihr Vater für einen Ruf hat. Immerhin ist er in Biker Kreisen bekannt, als der mieseste President, den ein MC nur haben kann. Er ist brutal, er handelt mit Drogen und ist sich nicht zu schade, seine Tochter vor aller Augen körperlich zu züchtigen.

Aber dennoch möchte ich versuchen ihr zu helfen. Was kann sie denn dafür, in so eine Familie hineingeboren worden zu sein? Sowas sucht sich doch niemand aus.

„Wenn du willst, dann kannst du mich ja begleiten.“ Seine Augenbrauen hat er immer noch zusammengezogen und sein finsterer Blick, durchbohrt mich regelrecht.

„Nein danke. Ich habe schon genug eigene Probleme. Glaubst du ich möchte mich mit dem Typen anlegen, nur weil wir seine Tochter besuchen? Nimm doch Mario mit. Er ist Polizist. Ich denke, da wird er sich nichts trauen. Immerhin hält er sich immer fern von dem Gesetz. Egal in welche Richtung“, erwidert er und wendet sich von mir ab.

Na toll…

Jetzt lässt er mich einfach stehen und ich weiß erst recht nicht, was ich machen soll.

Auf der einen Seite, möchte ich sie besuchen und auf der anderen Seite, würde ich ungern ihrem Vater begegnen.

Was soll ich denn jetzt machen?

Im selben Moment piept mein Handy. Eine Nachricht von Mario.

Mario:

Wenn du ins Krankenhaus fahren willst, dann komm ich mit. Muss ihr noch einige Fragen stellen. Hab auch die Bilder vom Unfall dabei.

Bilder? Ach ja… es mussten ja welche gemacht werden, wegen diesem Arsch im SUV.

Alex:

Ich fahre in etwa 30 Minuten los. Kommst du mit´ n Bike mit?

Mario:

Ja klar. Ich komme zu dir, dann können wir los.

Im Krankenhaus angekommen, ist meine Stimmung etwas gedrückt. Klar fällt es meinem besten Freund sofort auf.

„Was hast du denn?“, fragt er mich, als wir durch die Flure wandern.

„Ach nichts. Stefan hat nur gemeint, dass es keine gute Idee ist, wenn ich sie besuche. Wegen ihres Vaters“, antworte ich mit leiser Stimme.

„Um ihn brauchst Du dir keine Sorgen machen, die einstweilige Verfügung hält ihn davon ab, Josephine zu nahe zu kommen. Er darf sich nur der Unfall – und Notfallambulanz nähern. Dort müssen wir ihm Zugang gewähren, aber ansonsten, ist das Spital für ihn gesperrt.“

Ich mache große Augen, da ich nicht glauben kann, was er gerade gesagt hat.

„Wie hast du denn das gemacht? Du kannst es ihm nicht einfach verbieten, seine Tochter zu sehen. Oder?“

„Ich nicht. Aber sie hat darauf bestanden, da sie große Angst vor ihm hat. Das habe ich zu Protokoll genommen und dann war der Rest ein Kinderspiel.“

Er lächelt. Immerhin weiß er genau, warum ich zu ihr möchte.

Nach etwa 10 Minuten, stehen wir vor dem Zimmer. Auf der Tafel, neben der Türe, steht ´Josephine Schwarz´. Jedes Mal muss ich schmunzeln, dass dieses zarte Wesen so einen dunklen Namen hat.

Schon lustig, wie das Leben spielt.

Mario betritt den Raum als erster. Ich muss mich noch einige Minuten gedulden, denn seitdem sie wach ist, war ich noch nicht bei ihr. Er möchte ihr zuerst erzählen, dass ich auch hier bin. Sie soll sich nicht erschrecken. Immerhin kenn sie mich ja nicht. Ich war nur Derjenige, der ihr an der Unfallstelle zur Seite gestanden ist, bis sie von der Rettung hierhergebracht wurde. Ob sie weiß, dass ich sie schon öfter besucht habe?

Die Minuten ziehen sich wie Kaugummi. Ich hoffe nur, dass er mich wirklich hineinholt.

Etwa zwanzig Minuten später, stehe ich, mit einer Hand im Nacken reibend, vor ihr.

„Hi“, sage ich etwas schüchtern.

„Hi“, kommt es von ihr angestrengt zurück.

Mario hat ihr bereits erklärt, wer ich bin, und sie wollte, dass ich hineinkomme. Warum bin ich denn jetzt so wahnsinnig nervös? Sie sieht nicht anders aus, als zuvor. Ihre zierliche Gestalt, mit 1,60m Größe, wirkt in dem Bett recht verloren. Das schwarze lange Haar, ist am Kissen ausgebreitet und teils liegt es über ihre Brust.

„Du… hast mir… das… Leben… gerettet.“ Sie schenkt mir ein Lächeln und ihre grünen Augen funkeln.

Ich lege mir eine Hand an den Hinterkopf.

„Ähm… ich habe nur die Einsatzkräfte alarmiert. Ist doch selbstverständlich gewesen.“

Ihr Lächeln wird breiter.

„Dennoch… hast… du… mich… gerettet. Hätte… nicht… jeder… gemacht.“

Kapitel 3Josephine

Warum ist er denn so nervös? Er hat doch keinen Grund dafür. Immerhin hat er alles dafür getan, dass ich überlebt habe. Er hat die Rettung alarmiert und ist bei mir geblieben. Laut dem Arzt, hat er auch die Erstversorgung übernommen.

„Ich… bin… dir… un…end…lich… dank…bar. Wie… kann… ich… mich… re…van…gie…ren?“, frage ich, obwohl ich schon große Probleme mit dem Sprechen habe.

Er sieht erst mich und danach Inspektor Weißenbachen an. Warum kann er nicht einfach mit mir sprechen, das würde das Ganze viel einfacher machen. Aber nein, er steht nur da, starrt mich an und hält seinen Kopf, als würde dieser jeden Moment von seinem Hals abfallen.

Wenn ich ihn näher betrachte, muss ich schon zugeben, dass er wirklich nicht schlecht aussieht. Er ist recht groß und etwas breiter gebaut, und überragt mich bestimmt um zwei Köpfe. Seine schwarzen Haare sind stufig geschnitten und reichen ihn bis an die Schultern, wobei sich eine feine Strähne in seinen langen Wimpern verfangen hat und über diese strahlend blauen Augen hängt. Mein Blick fällt auf seine angespannten, ein wenig muskulösen Oberarme und tiefer zu seiner Brust. Sein T-Shirt ist ein wenig weiter, jedoch kann man erkennen, dass sich darunter ein Six-Pack abzeichnet. Und ach Gott… die Schwarze Jean, versteckt kaum etwas.

Schon reißt er mich aus meinen Gedanken.

„Wir könnten, sobald du wieder gesund bist, was zusammen unternehmen.“ Sein Lächeln raubt mir den Verstand.

Es war seine Stimme die mir an der Unfallstelle die ganze Zeit zugeflüstert hat. Er… er war es. Die Stimme, die werde ich nie vergessen. Auch meine Hand hat er gehalten. Kann es sein, dass ich mich in meinem Zustand verliebt habe?

Ach nein. Das ist doch absoluter Blödsinn.

Ich möchte ihm antworten, doch meine Stimme versagt nun vollständig.

Auf den Tisch zeigend, bitte ich um den Block und den Stift.

Ja klar können wir was unternehmen. Ich würde mich sehr darüber freuen.

Schreibe ich mit krakeligen Buchstaben auf das Papier.

Als ich ihn ansehe, breitet sich ein Strahlen in seinem Gesicht aus.

„Das freut mich. Ich würde dich auch gerne öfters besuchen, wenn du es auch willst. Vielleicht können wir dann genau nachvollziehen, was an dem Tag geschehen ist. Ich war nur etwa 200m hinter dir. Deswegen habe ich dir auch so schnell helfen können. Und wir hätten die Möglichkeit, uns besser kennenzulernen.“ Seine Muskeln sind sichtlich angespannt, bei den Worten und er lächelt unsicher.

Inspektor Weißenbach, legt seinen Arm auf die Schulter meines Retters und meint, dass es besser wäre, wenn er es langsam angehen würde. Für heute ist es angebracht, wenn sie gehen würden. Er möchte nicht, dass ich mich überanstrenge.

Ich will aber gar nicht, dass sie mich verlassen. Die Einsamkeit ist erstickend. Viel lieber hätte ich noch ein wenig Gesellschaft. Hier ist es so schrecklich langweilig.

Jedoch verabschieden sich die beiden und verlassen mein Zimmer. Alleine bleibe ich in dem stillen Raum zurück. Meine Gedanken, beginnen wieder zu rasen.

Zwei Stunden und gefühlt tausend Mal Fernsehsender gewechselt später, betritt Doktor Blatt den Raum. Hinter ihm ist Maya, meine Krankenschwester, die zwei große, bunte Blumensträuße mit sich trägt.

Kurzerhand stellt sie diese auf den Tisch, gegenüber von meinem Bett ab und bringt mir eine kleine Karte, die darin gesteckt hatte.

„Von… wem… sind… die?“

Für dich. Der Strauß soll ein wenig Farbe in dein Leben bringen. Lg Alexander Weis

Oh mein Gott. Wieso macht er denn sowas? Der muss ja ein kleines Vermögen gekostet haben. Immerhin hat Maya ihn in zwei Vasen aufteilen müssen, da er in eine gar nicht rein passt.

Ich drücke die Karte an meine Brust. Es ist so wahnsinnig süß von ihm, dass mir sogar Tränen in den Augen stehen. Nein, ich weine nicht, weil er mich traurig macht. Sondern weil ich es nicht fassen kann, dass er sowas für mich macht. Er kennt mich doch gar nicht.

Dr. Blatt hat währenddessen mein Krankenblatt studiert und runzelt die Stirn.

„Wie geht es Ihnen heute?“ In seiner Stimme liegt ein Unterton, der mir nicht gefällt.

„Es… geht… soweit. Stimmt… etwas… nicht?“, frage ich unsicher und hoffe, er sagt mir, dass alles in Ordnung ist.

„Frau Schwarz… sind sie schon aufgestanden?“ Sein Blick ist nicht zu deuten, aber ich bemerke, dass ihm etwas Sorgen bereitet.

„Nein. Der Therapeut… meinte… wir… würden… das… morgen… probieren“, antworte ich unsicher.

Er legt meine Akte zur Seite, greift nach meiner Bettdecke und deckt meine Beine ab.

Als er sie betrachtet, schüttelt er, kaum merklich, den Kopf. Dann nimmt er eine Art Stift zur Hand und fährt über meine Fußsohle.

„Spüren Sie das?“, fragt er mit besorgter Stimme.

Ich denke darüber nach was er meint, jedoch muss ich es verneinen.

„Frau Schwarz… sie hatten eine schwerwiegende Verletzung an der Wirbelsäule, welche wir operieren mussten. Dabei haben wir Ihre Wirbel an drei Stellen ersetzen müssen, da diese gebrochen waren. Auch ihre rechte Wade und das Sprunggelenk mussten wir mit Schrauben richten. Das und ihr Koma, kann dazu führen, dass Sie jetzt Gefühlsstörungen haben und eine Zeit lang nicht laufen können“, erklärt er mir ausführlich.

„Wird… das… wieder?“, frage ich mit Tränen in den Augen.

„Wenn sie Ihre Therapien machen, dann stehen die Chancen gut. Jedoch kann ich die Dauer dafür nicht abschätzen. Das hängt davon ab, wie Ihr Körper mit den vergangenen Strapazen umgeht.“ Er greift in seinen Kittel und zieht ein paar Broschüren aus der Tasche.

„Ich habe Ihnen hier ein paar Informationen mitgebracht. Es geht hier um die möglichen Therapien. Das betrifft sowohl die körperlichen als auch die psychischen. Bitte lesen Sie es durch, damit wir wissen, womit sie beginnen möchten.“

Er gibt sie mir in die Hand und versichert mir nochmals, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass ich wieder laufen werde.

Mein Kopf spielt völlig verrückt, mein Mund wird ganz trocken und mein Magen krampft sich schmerzhaft zusammen. Mein Puls rast und kalter Schweiß läuft über meinen Rücken. Panik? Angst? Sie reißt mir beinahe die Füße unter dem Boden weg, zumindest, wenn ich stehen könnte. Was, wenn ich nie wieder laufen und nie wieder mit meinem Bike fahren kann. Mein Herz schlägt noch härter gegen meine Brust, als ich an meinen Vater denke, und dabei wird mir kotzübel. Er wird mich verstoßen und aus der Wohnung werfen. Ich bin dann zu nichts mehr zu gebrauchen, und kann meine Pflichten nicht mehr erfüllen.

„Frau Schwarz?“ Der Arzt sieht mich wieder besorgt an.

„Ja…“

„Soll ich jemanden für Sie anrufen? Ich denke, Sie sollten mit jemanden sprechen, dem Sie vertrauen, um die weiteren Schritte zu planen.“

Ich muss kurz darüber nachdenken. Wem kann ich denn mit so etwas belasten? Wem will ich mit dem belasten?

„Können… Sie… meine… Freundinnen… anrufen?“, bitte ich den Arzt, der sofort ein Lächeln auf den Lippen hat. „Gerne mache ich das. Soll ich sie bitten vorbeizukommen?“, fragt er und greift im gleichen Moment zum Telefon.

„Ja… und… fragen… Sie… bitte… … … ob… sie… meinen… Laptop… … mitbringen… könnten.“

Sobald ich den Laptop habe, kann ich mich wegen meiner Therapien und meiner wo möglichen Zukunft, im Rollstuhl, informieren. Sicher gibt es da einiges, was ich wissen sollte.

Ich habe zwar Angst davor, zu wissen, wie es um meine Zukunft steht, aber dennoch muss ich damit auseinandersetzen.

Während des Telefonats verlässt er den Raum.

Maya ist noch da. Sie richtet meine Kissen und frisiert mir ein wenig meine zerzausten Haare. Danach wäscht sie mich noch ein wenig mit einem Waschlappen und hilft mir in ein frisches Nachthemd.

„Maya… ich… bin… dir… so… dankbar. Du… bist… immer… so… fürsorglich“, sage ich zu ihr.

Sie lächelt mich an und meint, dass es selbstverständlich ist. Immerhin sei es ihr Job und sie liebt es Menschen zu versorgen, die sich nicht selbst helfen können.

Diese Worte sind für mich wie ein Stich ins Herz.

Ich bin behindert…

Wie konnte es nur dazu kommen?

Bis jetzt war ich ein lebensfroher Mensch, der gerne unterwegs war, sich mit Freunden getroffen hat und mit dem Bike unterwegs war.

Ok. Ich musste mich natürlich auch meinem Vater fügen, aber das ist ein anderes Thema. Außerhalb, dieses schrecklichen Lebens, war ich immer gut drauf.

Und was ist jetzt? Jetzt… jetzt… bin ich… ein Krüppel.

„Denk nicht so viel nach. Du wirst wieder laufen können“, sagt Maya und drückt meine Hand.

„Ich bin mir sicher, dass du es schaffen wirst.“

Irgendwie machen mir ihre Worte Mut. Ich muss es schaffen. Immerhin möchte ich wieder auf mein Bike.

Mein Bike… Ich weiß gar nicht, was damit ist. Ist es ein Totalschaden wie ich?

Stille Tränen laufen über meine Wangen.

Kapitel 4Alexander

Als ich die Bilder des Unfallorts betrachte, fällt mir auf, dass es gar keine Bremsspuren des SUV gibt. Wie kann der Vollidiot denn nur so fahren. Nicht nur, dass er auf der Gegenfahrbahn war, nein, er hat nicht einmal versucht zu bremsen oder auszuweichen. Er muss mit voller Geschwindigkeit, frontal auf sie zugefahren sein. Was hat der Typ gemacht? Er hätte sie doch sehen müssen.

Mario, der neben mir sitzt, bemerkt, dass ich mir Gedanken mache.

„Hast du was entdeckt? Ich habe mir die Bilder schon tausendmal in den vergangen sechs Monaten angesehen, habe aber nichts gefunden“, sagt er und erwartet offensichtlich, dass ich ihm was Neues liefere.

„Naja, mir ist auch nur aufgefallen, dass es gar keine Bremsspuren gibt. Ansonsten leider nichts neues.“

Er sieht mich erstaunt an und nimmt das Bild zur Hand.

„Du hast recht. Doch der Fahrer hat ausgesagt, dass er noch versuchte, eine Vollbremsung zu machen um ihr auszuweichen, es aber nicht mehr geschafft hat. In dem Fall, müssten jedoch Bremsspuren zu erkennen sein. Die sind aber nicht da. Wie konnten wir dieses Detail übersehen?“

Mit gesengtem Kopf, greift er zu seinem Handy.

„Ich muss sofort die Spurensicherung und meinen Revierinspektor anrufen. Sie müssen den Fahrer nochmal ins Revier holen. Der muss dazu befragt werden“, sagt er, steht auf und verlässt den Raum.

Nochmals nehme ich die Bilder zur Hand. Wie kann es denn sein, dass es niemand bemerkt hat? Ok, es war schon ziemlich dunkel, aber auf den Fotos erkennt man das doch auch? Wonach haben denn alle gesucht, wenn nicht nach Bremsspuren? Es ist hier auch ersichtlich, dass Josephine zur Seite geschleudert wurde. Scheinbar hat sie versucht auszuweichen.

„Du sitzt ja noch immer über den Bildern“, sagt Mario, als er das Zimmer wieder betritt.