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Subjektive Impressionen von einem, der mit wachem Sinn Oslo und seinen Zauber entdeckte. Manches ist dort anders und geprägt von der speziellen Liebenswürdigkeit der Norweger. So stehen in den Beobachtungen vor allem Land und Leute im Mittelpunkt und weniger die touristischen Attraktionen. Man mag diese Eindrücke seinen eigenen gegenüber stellen und Ähnlichkeiten entdecken oder auch Unterschiede. Oder man bereitet sich damit auf seinen eigenen Oslo-Besuch vor. Denn auch wenn es kein Reiseführer ist, ein Buch, das Lust auf Oslo macht ist es sehr wohl.
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Seitenzahl: 61
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Für Alexandra, Jan, Nele und besonders für Tom, der vermutlich recht hatte,
in großer Dankbarkeit.
Vor der Reise
Hinflug und ein gelber Engel
Angekommen
Holmenkollen
Der Oslofjord
Im Vorortzug unterwegs
Montag – Sonne – Fjord
Die verstoßene Glocke
Land der langen Schatten
Bygdøy
Drei Museen und ein Park
Meer ohne Salzluft
Bygdøy-Elfchen
Busfahren
Die Dame mit dem Koffer
„Stille Sone“
Rasanter Herbst
Bunte Häuschen
Stadt und Land
Freundliche Norweger
Landsleute
Essen gehen und Sandwich
Geld
Einkaufen in Norwegen
Geologisches
Dünner Flaum über Fels
Oslo als Haiku
Oslo in grau
Moderne Architektur
Wo sind die Motzköpfe?
Immobilien
Oslo international
Sprachliches
Modernes Brauchtum
Kulinarisches
Oslos Feste Akershus
Das Widerstandsmuseum
Norwegens Nationalstolz
Kritikpunkte
Ein letztes Mal Fjord
Abschied auf dem Balkon
Vorhaben
Rückflug
Nachschlag
Kofferpacken
Endlich ausgestempelt, die letzte Überstunde wird registriert. Feierabend! Müde, erschöpft an Körper und Seele krieche ich heim. Falle ins Bett. Die letzte Woche, Arbeit und Infekt, sie haben geschlaucht. Nun ist es überstanden. Es geht mir besser. Keine Cola mehr und keine Salzstangen. Ich wage es. Auf nach Oslo! Morgen noch Kofferpacken und dann geht es los! Für Vorfreude fast zu müde. Fast …
Als ich den Flug nach Oslo antrat, war ich nicht gerade fit. Die letzten Arbeitstage waren stressig und ein Darminfekt kam noch dazu. Ich hatte schlecht geschlafen und fühlte mich noch reichlich schlapp. Am Reisetag war ich wieder früh aufgestanden, musste meinen Koffer mehrfach umpacken, bis ich nichts mehr dabei hatte, was die Luftfahrt auch nur annähernd gefährden kann, und ich alle Regularien für das Gepäckgewicht einhielt.
Dann brachte mich mein Sohn an den Flughafen. Viel zu früh, aber er musste ja zur Arbeit. So vertrieb ich mir meine Zeit, sechs Stunden immerhin, im Münchner Terminal 2, wo ich an verschiedenen Orten herumsaß und die Leute beobachtete.
Zu sehen gab es allerhand. Doch die Sitzgelegenheiten waren bestenfalls akzeptabel. Sie „bequem” zu nennen, bringe ich nicht über mich. Am frühen Abend saß ich eineinhalb Stunden auf einem niederen Podest gegenüber dem Duty-free-Shop, wo Audi für Werbezwecke sein neuestes SUV aufgestellt hatte. Diese 20 Zentimeter hohe Plattform fand mein Hintern bequemer als die wenigen Sitzbänke. Dann endlich im Flieger - zwei weitere Stunden sitzen. Aber der Sessel war weich und angenehm und ich saß sogar allein in der Reihe. Dennoch war ich inzwischen so verspannt, dass ein relaxtes Sitzen mir nur für kurze Phasen gelingen wollte.
Für Stunden unbequem auf dem Hintern zu hocken, ist auf eine ganz eigene Art anstrengend und ermüdend. So war ich nicht gut drauf, als der Flieger in Oslo landete. Auch mein linker Arm schmerzte. Den hatte ich mir ein paar Wochen zuvor gebrochen und er meldet sich seither zuverlässig mit dumpfem Schmerz bei jeder Form der Überlastung. Nun tat er dauerhaft weh. Nicht ernsthaft peinigend, aber beständig mahnend und nachdrücklich Ruhe einfordernd. Ich wartete, bis die Mehrheit der Passagiere die Röhre des Flugzeugs verlassen hatte, dann nahm ich meinen Koffer unter Protesten meines Arms aus dem Gepäckfach und strebte dem Ausgang zu. Der war hinten im Flugzeug. Ich trat an die Tür und seufzte.
„Auch das noch!“
Hier hinten hatte man eine Gangway an den Rumpf gefahren, eine Treppe. Es nieselte. Ich war verspannt, steif und müde. Also nun auch noch Treppensteigen. Da auf eine meiner Hände kein Verlass war, hielt ich mich mit der „guten Hand“ fest, stieg vorsichtig zwei Stufen hinab, ließ dann los und hob schließlich den Koffer zu mir herunter. Nun konnte ich die nächsten zwei Stufen in Angriff nehmen.
Wie ich mich da im Schneckentempo die nasse Konstruktion herab quälte, bemerkte eine junge Frau vom Bodenpersonal in quietschgelber Montur meine Not. Sie sprang behände die Gangway hoch und nahm mir den Koffer ab. Ruckzuck war mein Gepäck unten und im Treppenturm gegenüber hinaufgetragen.
Das war mein erster Kontakt mit Norwegern. Ich dankte ihr überschwänglich. Sie war mein gelber Engel in Oslo.
Norwegen hat mich aufs Herzlichste empfangen.
Mit Liebe begrüßt und in jeglicher Hinsicht herzlich aufgenommen, an Leib und Seele gestärkt, falle ich selig ins Bett.
Ich werde ganz unkompliziert ins Familienleben eingebaut, bin kein „Besuch“. Kein Aufhebens - herrlich!
Wie zu Haus fühle ich mich hier, benehme mich aber besser, bin dankbar für diese Gastfreundschaft.
Der Sonntagvormittag, mein erster Morgen in Norwegen, ist herbstlich trüb. Oslo wirkt träge und ruhig, nicht unfreundlich, nur grau und ein wenig zerknittert, so wie der Mensch, den ich nach dem Schlafen im Badezimmerspiegel sehe.
Wir fahren stetig bergauf und die Stadt wirkt immer noch nicht ausgeschlafener, doch liegt es vielleicht auch nur an meinem Blick. Man erkennt nun, dass die Grundstücke größer werden, die Häuser verspielter. Immer wieder schmückt sich eines mit einem neckischen Türmchen. Keine Arme-Leute-Gegend - ganz im Gegenteil. Plötzlich laufen neben uns Gleise - die Vorortbahn. Und dann wird es mit einem Mal lebhafter. Viele Leute streben demselben Ziel zu: Der Sportanlage auf dem Holmenkollen, wo die erste Sprungschanze der Welt gebaut wurde. Eine Kurve noch, dann sehe ich den imposanten Nachfolger: Die Schwerkraft verspottend ragt der Sprungturm steil und ohne Stützen schräg nach oben ins Nichts, eine Himmelsleiter aus Stahl. Am Fuß des Turmes der Bakken und darunter der Abgrund des Sprunghügels, den man als einen Tobel tief in die Landschaft gegraben hat, um den Tribünen und dem Gegenhang Platz zu bieten. Vor der Anlage sind weitere Sportanlagen, die im Winter für Langlauf und Biathlon genutzt werden. An diesem Sonntagmorgen flitzen hier vor allem Rollskifahrer über den Asphalt.
Es geht um den Tobel herum und wir kommen zum Eingang des Sprungturms. Gegen Entgelt kann man nach oben fahren. Zuvor aber führt einen der Weg durch ein Skimuseum, dessen Rückwand der blanke Granit des Berges ist. Ich beginne zu ahnen, wieso der Turm so steil und schräg aufragen kann: In diesem Fels kann er sicher verankert werden. Die Kabine des Schrägaufzugs ist verglast und zeigt uns die filigrane Stahlkonstruktion der kühnen Rampe.
Dann sind wir oben und an der Brüstung. Eine Menschentraube blickt leise schaudernd in den Abgrund, froh, sich hier nicht herunterstürzen zu müssen. Rechts neben uns machen genau das einige Adrenalin-Junkies, die sich an ein paar Seilrollen schnallen lassen, um damit auf einem Stahlseil in die Tiefe zu sausen. Schreiend und quietschend werfen sie sich ins Nichts, um sich nach knapp 30 Sekunden am oberen Rand des Gegenhangs mit vermutlich butterweichen Knien wieder losschnallen zu lassen.
Wir wenden uns ab, steigen noch ein paar Stufen hoch und nun bin ich endgültig überwältigt: Hier auf dem Dach der Schanze sieht man nicht mehr die Sportanlage. Hier ist der Blick in jeder Richtung frei und es offenbart sich die eigentliche Sensation: das Panorama. Auf drei Seiten eine