Perfekt sein muss nur, wer sonst nichts kann - Steffi Wolff - E-Book
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Perfekt sein muss nur, wer sonst nichts kann E-Book

Steffi Wolff

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Beschreibung

Ein Mutmach-Buch für Frauen ab 50 von Bestsellerautorin Steffi von Wolff. Witzig, unterhaltsam und lebensnah, das perfekte Geschenk für die beste Freundin. Don't worry, be 50: Spätestens mit 50 wird es Zeit, das Leben gelassener zu sehen und aufzuräumen mit allem, was man einfach nicht braucht: schlechte Dates mit Männern, die sich in Partnerbörsen als "kulturell vielseitig" beschreiben und dabei an ihre Pornosammlung denken; Sätze wie "Für mich nur ein stilles Wasser", wenn man eigentlich Lust auf Torte hat, oder "Klar nehme ich mir die Zeit, erzähl mal", wenn die Freundin zum zehnten Mal ihren Liebeskummer bejammern will. Das Leben ist zu kurz für Selbstzweifel, Diäten und den Wunsch, perfekt zu sein! Bestsellerautorin Steffi von Wolff macht Frauen in der Lebensmitte Mut, überzogene Erwartungen an sich selbst und andere getrost über Bord zu werfen und stattdessen das Leben in vollen Zügen zu genießen. Mit viel Witz und Selbstironie beschreibt sie, wie einfach ab 50 doch alles ist, sobald man es sich einfach macht. "Vorbei die Zeiten, in denen ich mit allem gehadert habe, obwohl ich es sowieso nicht ändern konnte. Warum? Ich bin jetzt über fünfzig. Deshalb. Fünfzig ist schon eine Hausnummer. Ich werde mich mal entspannt zurücklehnen und akzeptieren, dass sich manches an mir gar nicht ändern wird – und das ist auch nicht schlimm. Ich habe jetzt genügend Lebenserfahrung und Selbstvertrauen, um mit mir umzugehen."

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Seitenzahl: 230

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Steffi von Wolff

Perfekt sein muss nur, wer sonst nichts kann

Lockerungsübungen für Frauen ab 50

Knaur e-books

Über dieses Buch

Es gibt Dinge im Leben, die überflüssig sind. Mitunter braucht es seine Zeit, bis wir Frauen das erkennen. Jahrzehntelang plagen wir uns mit Diäten, Schönheitsidealen, mit Zwangsfreundschaften, die uns jede Energie rauben, mit den Erwartungen, die andere an uns stellen und vor allem mit unserem eigenen Anspruch, mühelos und elegant perfekt zu sein. Wenn die Lebensmitte etwas Gutes hat, dann doch, dass wir langsam gelernt haben, über diesen Dingen zu stehen und zu erkennen, was wirklich wichtig ist und was wir einfach nicht mehr brauchen. Dazu gehört, Sätze wie »Klar mach ich das«, »Nein, das ist wirklich kein Problem für mich« und »Ich nehme mir gerne die Zeit, erzähl mal« aus unserem Wortschatz zu streichen. Bestsellerautorin Steffi von Wolff lädt Frauen ab 50 ein, mit Witz, Selbstironie und jeder Menge Humor den Alltag zu entrümpeln und mehr Platz zu schaffen für Gelassenheit, Selbstzufriedenheit und Lebensfreude.

Inhaltsübersicht

MottoWenn man in ein bestimmtes Alter kommtWovon man sich mit 50 getrost trennen kannMüssen wir immer für andere da sein? Nein.»Guck dir den mal an.« Von Trenddeppen, die man nicht mehr sehen magDinge, die wir nicht mehr hören wollen!Vergiss sie – ZwangsfreundschaftenDas mach ich so, weil … Nein, nicht mehr mit mirWorüber man mit 50 einfach lachen kannHast du das schon gelesen? Innerhalb kürzester Zeit ist das alles weg (klar)»Schau nur, wie schlecht’s mir geht!«»Iiieh, eine Spinne!«»Haben Sie auch was ohne Weizen?«»Vom Hearing her echt nice«Was wir uns von unseren Männern wünschen!Männer und FrauenUnnötige Unbequemlichkeiten – was haben wir nicht alles mitgemacht!Weil’s so schön ist und weil’s jeder kennt: die unterschiedlichsten Diäten und weshalb sie immer versagenFehler, aus denen man mit 50 endlich gelernt hat»Du musst mal wieder unter Leute«Dinge, die ich nicht mehr sagen werdeIch werde nicht mehr »Ich rege mich auf« sagen, wenn es sinnlos istIch werde nicht mehr »Erzähl doch mal« sagen, wenn mich nicht interessiert, was der andere zu erzählen hatIch werde nicht mehr »Klar mach ich das« sagen, wenn ich vorher weiß, dass es schrecklich wirdIch werde nie mehr sagen »Für mich nur ein stilles Wasser bitte« – es sei denn, ich habe ­Magenprobleme oder es gibt keine AlternativeEinfach mal in Ruhe lassenIch schau mir das (nicht mehr) länger anKeine Werbung, bitte»Fehler? Ich glaub, du tickst nicht richtig!«»Immer für andere da sein« – das muss ich auch nicht immer»Nie wieder werde ich einen Vertrag in einem Fitnesscenter abschließen!«Das gute Ende von PärchenabendenNichts mehr machen, nur weil es der Partner macht»Mit dir rede ich nie wieder!« – die Sache mit der MutterSo machen wir es nicht mehr, denn eigentlich wussten wir schon vorher, dass das nix wird …Momente, in denen man sich mit 50 entspannt zurücklehnen kann»Dass du so gern allein bist, ist nicht normal«Ich durchschaue euch»Ich kann essen, was ich will, das sind halt gute Gene«»Wie, du liebst keine Kinder?«Ich kann es nun mal nicht ändern, also ist das jetzt so»Wir müssen mal entrümpeln«Kleine Geschichte, große Wirkung!Dankbar sein – für die beste FreundinEinfach statt schwierigAuf einmal bin ich dankbarIch kann mehrere Dinge gleichzeitig machen, bin ich nicht toll?Dank
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Auf uns! Das Leben ist noch lange nicht vorbei!

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Wenn man in ein bestimmtes Alter kommt

Nein, ich bin keine über Fünfzigjährige, die sich darüber auslässt, dass sie sich jetzt ab sofort selbst finden muss, die Haaransätze nicht mehr nachfärbt, weil das einfach so irre natürlich ist. Und ich behaupte auch nicht, wer mich nicht so liebt, wie ich bin, der kann überhaupt nicht lieben.

Und bevor Sie auf falsche Gedanken kommen: Das hier ist auch kein Handbuch für die Frau ab 50. Ich werde ebenso wenig über Achtsamkeit predigen (höchstens ­erwähne ich die Leute, die mir das dauernd aufdrücken wollen), und ich werde gewiss nicht darüber dozieren, dass man das Alter »halt akzeptieren« muss und das ­Älterwerden einfach als wahnsinnige Bereicherung ansehen sollte. Nee. Ich bin jetzt, in diesem Moment, in einem Alter,

 

in dem man Dinge nicht unbedingt noch machen muss, vielmehr weiß ich, was ich garantiert nicht machen werde.

in dem ich das Passende sage, wenn es angebracht ist, und die Klappe halte, wenn es nichts zu sagen gibt.

in dem ich mir die Freiheit nehme, über Lächerliches herzhaft zu lachen! Jawoll!

Punkt.

Meine Zeit läuft nicht mehr irgendwann ab. Wenn man es genau nimmt und wenn es weiter halbwegs gut geht, dann ist diese abgelaufene Zeit nicht in ­unmittelbarer, aber schon in denkbarer Nähe. Wird sie sich auch hoffentlich nicht in den nächsten ­Wochen, Monaten oder Jahren bei mir melden, so ist es trotzdem eine Tatsache: Ich bin keine 20 mehr, und alles ist endlich, auch das Leben. Ich gehe heute mit ganz anderen Gefühlen und Gedanken über den Friedhof als mit 30. Letztens war meine Großmutter neun Jahre tot, nächstes Jahr werden es 20 sein.

Man wird demütiger. Lernt Dinge mehr zu schätzen. Lernt auch, dass es besser ist, sich von manchem zu trennen.

Und das ist gut so.

Und weil das hier auch kein Handbuch ist, werde ich selbstverständlich keine Statistiken, keine Links und ­keine sonstigen offiziellen Meinungen oder Auffassungen zum Besten geben. Nur meine persönliche Meinung. Und die meiner Freunde. Jetzt höre ich die eine oder andere denken: Was maßt die sich denn an, ist die denn so wichtig?

Ganz bestimmt nicht. Aber ich bin um die 50, hab einiges erlebt, und vielleicht kann ich das eine oder andere weitergeben. Bestimmt liege ich manchmal falsch, hoffe aber, dass man sich mit mir und dem Buch nicht allein fühlt.

Eins jedenfalls weiß ich mit großer Bestimmtheit: Es ist befreiend, so viel Erfahrung und Kenntnis zu haben, dass man nicht mehr alles mitmachen muss. Oder endlich kapiert, dass das, was man da liest, Quatsch ist. Oder das, was man hört, gelogen. Und das, was man nicht mehr sagen will, das sollte man auch nicht mehr sagen.

Hört sich eigentlich einfach an, aber der Weg dahin hat einige Jahre gedauert.

Und warum dieses Buch? Darum:

Wir alle haben ja mal so Momente, in denen wir a) überlegen, ob das alles so richtig ist, was man tut; b) glauben, dass das nicht richtig ist, was man tut, oder c) hoffen, dass das nicht richtig ist, was man tut. Kürzlich kam ich zum ersten Mal an Punkt d): Wissen, dass das nicht richtig ist, was man tut, und glücklicherweise erreichte ich dann Punkt e): Wissen, dass das nicht richtig ist, was man tun, und es sein lassen. Seitdem gelange ich immer wieder an diesen Punkt, es war, als hätte der eine, der erste Moment den Anstoß gegeben. Und ich habe … Aber der Reihe nach.

Vor einiger Zeit war ich auf Facebook unterwegs. Ich bin in diversen, meist überflüssigen Gruppen ein Mitglied und lese mir die oft sinnfreien Beiträge gern morgens im Bett beim ersten Kaffee durch. So stieß ich in ­einer Körpergruppe (alle Gruppen, die sich mit Gewicht, Aussehen und Ernährung beschäftigen, nenne ich Körpergruppen) auf den sehr interessanten Beitrag einer Userin, die in höchsten Tönen von einer »Neuheit auf dem Markt« schwärmte und behauptete, ihr Leben sei bislang sinnlos gewesen, aber jetzt, da sie endlich die Lösung habe, sei alles gut.

Die Lösung hatte auch einen Namen, sie kam in ­Gestalt von Papain-Kapseln daher. Schluckte man diese Kapseln, die das Enzym Papain enthalten (vorzu­finden in der Papaya) einige Wochen, dann, so die Botschaft: VERSCHWINDET DIE ORANGENHAUT FÜR IMMER!!!

Ich setzte mich im Bett auf, war fassungslos und verwundert, weil ich noch nie etwas über diese Kapseln gehört oder gelesen hatte. Und ich war dankbar, dass ich es nun endlich wusste, weil ich zu den hundert Prozent der Frauen gehöre, die ihre Cellulitis nicht wohlwollend akzep­tieren. Wer sagt schon voller Freude: »Es ist doch mein Körper, und diese Bindegewebsschwäche gehört einfach zu mir«?

Ohne groß weiter nachzudenken, klickte ich auf den Link, der unter dem Beitrag angegeben war, und bestellte auf diese Weise Papain-Kapseln für horrendes Geld. Und nicht erst mal eine Probierpackung, sondern gleich dreihundert Stück, das war dann auch günstiger (also natürlich insgesamt teurer). Ich stellte mir vor, wie meine Cellulitis verschwinden würde, einfach so, nach kurzer Zeit. Nur durch die Kapseln. Ein Gedanke, den ich nur grandios fand.

Die Kapseln wurden geliefert, ich nahm sie ein – und es passierte nichts. In der Körpergruppe sagte man, als ich dieses Nicht-Ergebnis präsentierte, die Wirkung sei von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Dann entdeckte mein Mann die riesige Dose mit den Kapseln und fragte, was das denn sei.

»Papain«, erklärte ich. »Ein Wundermittel. Es hilft gegen Orangenhaut. Garantiert. Die geht dadurch ganz schnell weg. Haben die in einer Facebook-Gruppe gesagt. Papain wirkt hundertprozentig. Die Kapseln gibt es schon lange, wie gut, dass ich sie jetzt auch entdeckt habe.« Klang ich noch überzeugend genug?

Er schaute mich an. »Du bist doch ein intelligenter Mensch«, begann er. Seine Einschätzung freute mich. »Glaubst du nicht auch«, fuhr er fort, »wenn diese Pipapo-­Kapseln der Durchbruch wären, die Neuheit überhaupt, das Hammermittel schlechthin, dass das nicht schon längst in jeder, in wirklich jeder Zeitschrift und überall online stehen würde? Würden dann nicht ständig irgendwelche Leute mit superglatten Beinen in Talkshows hocken, sodass die Bild-Zeitung täglich eine neue Schlagzeile hätte? Besteht vielleicht die Möglichkeit, dass du mal wieder auf Schwachsinn reingefallen bist? Von wem ist denn diese Info?« Mit dieser Frage war seine lange Ausführung beendet.

Es stellte sich heraus, sehr zu meinem Verdruss, dass die Verfasserin der Nachricht auch die Inhaberin des überteuerten Shops war. Und selbstredend konnte ich die Kapseln nicht zurückgeben. Aus Trotz habe ich sie genommen, bis keine einzige mehr in der Dose übrig war. Wie zu erwarten: Es geschah weiterhin nichts. Alles blieb beim Alten.

Das war der Moment, an dem ich anfing, darüber nachzudenken, dass man manches einfach lassen sollte. Ich dachte: Was mache ich da eigentlich? Es waren ja nicht nur die dämlichen Kapseln. Ständig ließ ich mir irgendwas erzählen oder sollte irgendwas machen oder sagen oder gut finden, was nicht gut war oder ich nicht gut fand. Nur weil man das so machte oder schon immer so gemacht hatte. Oder von mir erwartet hatte. Weil ich, Trottel, schon immer so war.

Und dann dachte ich: Ich kann es ja ändern. Ich kann ja mal aufräumen. Also nicht so Feng-Shui-mäßig, sondern richtig. Dann geht es mir bestimmt besser. Und weil ich so dachte, wollte ich auch gleich damit anfangen.

Kurze Zeit später war ich im Bad und suchte etwas, und da kippte ein Karton um und der Inhalt auf den Boden. Während ich alles aufsammelte, schämte ich mich vor mir selbst. Auf was war ich schon alles reingefallen! Tausend Wundermittel und Wundercremes mit »garantierten« Wirkungen: Falten weg in nur zehn Tagen, graue Haare sind Vergangenheit, nie wieder Spliss, Wohlbefinden der Fingernägel, ein ausgeglichener Eisenhaushalt oder eine fröhliche Darmflora. Alles hatte ich ausprobiert, nichts hatte wirklich funktioniert. Ich hockte vor den kümmerlichen Resten eines Glauben-Wollens. Und hatte fast meine Glaubwürdigkeit verloren. Was sollte ich nun mit diesem Zeug machen? Ich wusste genau, ich würde nie wieder etwas davon benutzen, aber mit dem Wegwerfen und Entsorgen war es bis dahin bei mir so eine Sache gewesen: Ich konnte das nicht gut. Ich kann es immer noch nicht sehr gut. Das gilt auch und besonders bei Lebensmitteln: Ich werfe sie erst weg, wenn ich sie garantiert nicht mehr essen kann, denn dann muss ich kein schlechtes Gewissen mehr haben, sie sind ja ungenießbar geworden. Voll dämlich. Ich hätte sie ja essen können, als sie noch essbar waren. Oder vorher verschenken können.

Also, was tun?, fragte ich mich. Die Lösung war letztlich einfach: weg damit!

Ich entsorgte das Zeug. War das gut. Der ganze ­Krempel war fort, und ich wurde nicht mehr jedes Mal, wenn ich in den Schrank schaute, damit konfrontiert, was ich mir schon alles hatte aufschwätzen lassen. Herrlich! Das war fast so gut wie Schokolade. Und ich hatte auf einmal viel mehr Platz im Schrank. Ich könnte … Nein, ich würde nichts mehr kaufen. Ich würde den Platz einfach mal Platz sein lassen. Ich fühlte mich verwegen, denn ich konnte nun ungehindert eine Shampooflasche aus dem Schrank nehmen, ohne andere Dinge umzuwerfen oder beiseitezuschieben. Das machte mich sehr froh. Ich stellte fest, dass mich der Karton mit den ganzen Sachen drin eigentlich schon Monate genervt hatte, und jetzt, da er weg war, fiel es noch mehr auf.

Ich fand es richtig gut, Ordnung zu machen, und brachte so das komplette Bad auf Vordermann. Ich entsorgte ausgefranste Handtücher, die ich schon ewig entsorgen wollte, es aber nie getan hatte (nur ich bekam sie zu Gesicht, wen störten sie also?), ich entsorgte eingetrockneten Nagellack (ach, nur mal feste schütteln, dann kann man ihn doch noch verwenden), alte Wimperntusche (bestimmt krieg ich da noch was raus …) und uraltes Lipgloss (wird nie schlecht). Endlich stellte ich die beiden Parfums, die ich fast nie benutzt hatte und um die ich auch weiterhin einen großen Bogen machen würde, weil das eine an mir roch wie alter Fisch und das andere wie Hühnerstall, auf eBay ein. Wunderbar. Allein die Tatsache, dass mir keine Handtuchstapel mehr entgegenfielen, wenn ich die Schranktür öffnete, war die Sache wert gewesen.

Es war so schön! Und dann habe ich also nix gekauft und fand es toll, Platz im Schrank zu haben. Und habe meine weiteren Pläne erst mal wieder vergessen.

 

Dann kam der Tag meines 50. Geburtstags. Da ich immer wieder den gleichen Fehler mache, nämlich an Gewinnspielen teilzunehmen, die einzig und allein das Ziel haben, dass die Veranstalter an meine Adresse gelangen, um die dann weiterzuverkaufen, habe ich zu meinem 50. Geburtstag viele schöne Geschenke bekommen, die ich mir gar nicht gewünscht hatte:

 

Haftcreme-Pröbchen für die Dritten (auch Totalprothese genannt, ein sehr schönes Wort übrigens)

Flyer für Essen auf Rädern

Flyer für Rollatoren und Treppenlifte

einen Gutschein über eine Stunde E-Bike-Fahren (Wobei ich das gut fand, es geht ja öfter mal steil nach oben beim Radfahren, und wer will schon verschwitzt im Landgasthof sein Jägerschnitzel essen?)

Prospekte für betreutes Wohnen (Sie waren wirklich gut aufgemacht; Leistungen konnten wahlweise hinzugebucht werden.)

ein Probeabo von Brigitte WIR, dem Magazin für die dritte Lebenshälfte

Alles war schön und gut und nett gemeint, aber an meinem 50. Geburtstag wollte ich nicht auf mein Ende hingewiesen werden. Und ich konnte mir nicht vorstellen, dass es den Jubilarinnen, die sich mit einem ähn­lichen Datum konfrontiert sahen, anders erging.

Die Krönung kam ein paar Tage später: Eine Dro­gerie feierte ein Jubiläum, die Kunden erhielten Geschenke. Ich freute mit auf Lipgloss oder Haaröl oder Badelatschen. Was drückt die Promoterin mir in die Hand? Eine Probierpackung Inkontinenzwindeln.

Nun.

Den Abend des Geburtstags jedenfalls verbrachte ich mit langjährigen Freundinnen in einer Bar, und wie das immer so ist, ging es irgendwann mit Erinnerungen los: »Weißt du noch, als du Klaus-Peter bei ›Wahrheit oder Pflicht‹ einen Zungenkuss geben musstest und deine Zunge sich in seiner Zahnspange verklemmt hat?« Und: »Wie hieß noch mal der Typ, in den du damals so verknallt warst, so ein Popper im Lacoste-Polo, der hatte so abstehende Ohren, wie hieß er nur?« – »Marcel, der hieß Marcel, der hat doch beim Weißen Hai vor Angst in die Hosen gepinkelt.« Wir lachten über die Vergangenheit und darüber, wie schlimm Jusch ihren 20. Geburtstag fand (»Bald bin ich tot! Mein Leben ist jetzt zu Ende, ich bin 20. Es wird nicht mehr lange dauern«) und wie ich an dem Tag, an dem ich 30 wurde, plötzlich ganz ernst wurde und nicht mehr lachte (»Ich muss jetzt mal erwachsen werden«). An diesem Abend lachten wir jedoch noch über Billis Frust fast zehn Jahre später, als sie ihren 40. feierte (Billi ist eine begnadete Bäckerin und hatte uns alle nachmittags zu einem Riesen-Kaffeetrinken mit neun Torten oder so eingeladen) und sagte: »Für mich keinen Kuchen. Ich mache jetzt diese neue Diät, diesmal klappt es garantiert, ich weiß es.« Dabei hatte sie auf die große Portion Sauerkraut auf ihrem Teller gestarrt, während wir ihre selbst gemachte Sachertorte, den Frankfurter Kranz und einen New York Cheesecake mit herrlicher Himbeergarnitur verdrückten. Natürlich hatte Billi diese Sauerkrautdiät so wie auch alle anderen Diäten davor abgebrochen. Und heute, mit 52 … richtig, isst sie einfach Kuchen.

So saßen wir also da, und irgendwann sagte eine von uns, ich weiß nicht mehr wer: »Ach Mensch, ist das herrlich, dass wir jetzt über so vieles lachen können. Fünfzig zu sein hat sicher Nachteile, aber auch viele Vorteile.«

Und das stimmt definitiv. Anstatt sich zum Beispiel über alles Mögliche zu ärgern, sollte man das alles Mögliche akzeptieren, und wenn man das nicht kann, wenigsten mal zenmäßig ein- und ausatmen. Dann klappt das schon. Finde ich.

Jetzt fange ich einfach mal damit an, über dieses alles Mögliche zu sinnieren: Vorbei sind die Zeiten, in denen ich mit allem gehadert habe, obwohl ich es sowieso nicht hatte ändern können. Und ich finde es absolut legitim, auch mal herzhaft über all das zu lachen, was ich komisch oder dämlich finde. Ich sage, was ich denke, und es ist mir völlig egal, dass andere das »unmöglich« finden oder sagen, dass sich »das nicht gehört«. So ein Quatsch. Ich tue nichts mehr, was ich nicht tun will, ich muss nichts schönreden, und ich muss nichts sagen, nur weil ich nett sein will. Diese antrainierte Höflichkeit mache ich nicht mehr mit. Und klar, ich halte mir auch mal die Ohren zu, weil ich gar nicht mehr alles hören will. Ich schließe auch mal die Augen, weil ich jemanden oder etwas nicht sehen oder mich nicht damit auseinandersetzen will.

Und warum? Ich bin jetzt über 50. Deshalb. 50 ist schon eine Hausnummer. Ich werde mich jetzt entspannt zurücklehnen und mit mir ins Reine kommen – und hin und wieder den Kopf schütteln oder die Augen ver­drehen. Über dieses und jenes. Und ich will versuchen zu akzeptieren, dass sich manches an mir gar nicht ändern wird – und das ist auch gar nicht schlimm. Ich habe jetzt genügend Lebenserfahrung und Selbstvertrauen, um mit mir umzugehen, da müssen andere erst noch hinkommen.

Wann, wenn nicht jetzt?

Eben. Machen wir uns doch locker.

Dann dachte ich an das Papain und meinen schön sortierten Badezimmerschrank. Und die Idee kam wieder hoch.

Ich habe einfach angefangen.

Habe Grenzen gezogen, habe Stopp gesagt, ich habe mich von Dingen, Produkten und Menschen getrennt, ich habe die Energievampire verstoßen, erfülle nicht mehr die alteingesessenen Erwartungshaltungen, ich muss auch niemanden mehr einladen, wenn ich nicht will, und brauche auch keine Belehrungen darüber, dass man »das aber schon immer so gemacht hat«.

Deswegen gibt es diesen kleinen Leitfaden. Machen wir doch gemeinsam einen kleinen Spaziergang durchs Leben und stellen fest, dass wir über all das mittlerweile herzhaft lachen können. Wir machen uns keinen Druck mehr, wir sind gelassen geworden, müssen keinen Idealen mehr hinterherlaufen und legen uns nicht mehr krumm. Wir schauen uns Trends an, auf die wir verzichten können, und Situationen und Dinge, über die wir uns nicht mehr den Kopf zerbrechen müssen.

Das tun wir alles gemeinsam – das ist doch schöner als allein! Lachen wir doch zusammen drüber, lehnen wir uns zurück und genießen es, dass wir drüberstehen. Und dann sagen wir: »Genauso ist es! Älterwerden hat doch was ­Gutes!«

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Wovon man sich mit 50 getrost trennen kann

Müssen wir immer für andere da sein? Nein.

Kaum hatte ich beschlossen, in meinem Leben grundlegende Dinge zu ändern, rief mich eine Bekannte an. Ich kenne sie schon recht lange, wir sehen uns aber nicht so häufig, dass ich sagen würde, sie sei eine gute Freundin. Diese Bekannte jedenfalls jammerte mir seit einem Vierteljahr die Ohren voll und rief öfter an als früher, weil ihr Freund sie verlassen hatte. Seitdem, so sagte sie, gehe in ihrem Leben alles schief, und sie finde auch keinen neuen Mann. Ich dachte in dem Moment: Was bei den unzähligen Online-Börsen mit Hunderttausenden Suchenden, in denen sie angemeldet ist, eigentlich unmöglich ist. Es war aber so, und ich war übrigens dankbar, dass sie sich bislang für keinen entschieden hatte. Alle Inserenten bis auf einen (er sah sympathisch aus und hatte normale Fotos geschickt, zog dann aber mit seiner Frau nach Detmold) waren eine Katastrophe. Ich weiß nicht mehr, wie viele Abende ich damit verbracht habe, mir die Anzeigen und Gesprächsverläufe durchzulesen, zu kommentieren, zu analysieren.

Da liest man dann »Mann von Welt«, »belesen« und »kulturell vielschichtig«, sehr oft ist es aber leider so, dass Mann von Welt nichts anderes heißt, als dass er weiß, wo ungefähr Mallorca liegt (»Da muss man von Frankfurt aus fliegen«), belesen bedeutet, er weiß, dass es Bücher gibt (er weiß aber nicht, was Rechtschreibung ist), und kulturell vielschichtig kann auch schon mal so interpretiert werden, dass er Pornohefte und -filme besitzt und die Buddenbrooks für einen solchen Film hält (»Ach Brooks. Ich hatte Boobs verstanden.«). Die schreiben fast nur Dünnpfiff, und die denken auch noch, man glaubt das.

Das also musste ich mir antun. Anfangs und mit Rotwein war es ja noch ganz lustig, vor allem, wenn die Typen Fotos ihres Gemächts geschickt hatten. Aber selbst das wurde mit der Zeit langweilig, und zwar deshalb, weil zu 99 Prozent nichts Brauchbares darunter war. Bei manchem Penis hätte ich mir ­gewünscht, der jeweilige Besitzer hätte ein gefaktes Foto gewählt. Aber nein, viele Männer preisen ihr Geschlechtsteil an, als wären es die Kronjuwelen der Queen, und dann sitzt man da am Monitor, glotzt auf einen stark geäderten, gekrümmten, unrasierten ­Kaktus und liest: »Das ist es, mein bestes Stück, der Kamerad wird dir viel Freude bereiten.« Auf einem Foto war eine Sprechblase gemalt: »Hallo! Hast du Lust zu spielen?« Das also musste ich mir antun, weil ich ja so nett bin.

Dann gibt es natürlich weiterhin Männer, die sich auf Partnerbörsen wie Gott beschreiben und mit denen man sich aus welchen Gründen auch immer real trifft. (Verzweiflung, Langeweile oder schlicht: »Nein, das kann nicht sein, dass der so ist, wie ich denke. Vielleicht ist er ein smarter Typ. So wie Liam Neeson oder Cary Grant. Ich muss es herausfinden.«) Das wird dann meistens noch ein bisschen schlimmer als ein sehr gruseliger Albtraum. Ich war schon ein paarmal undercover am Nebentisch dabei, wenn sich meine Bekannte/Freundin mit einem Mann aus dem Internet getroffen hat. Es. Ist. Der. Horror. Hier meine Top Five der Sätze, die sie von sich gaben: 5. »Ach, du hast wirklich geglaubt, das bin ich auf dem Foto?« 4. »Clochard, bitte zahlen.« 3. »Äh, was willst du trinken … äh, Apfel­saft … Shaolin?« 2. »An deiner Stelle würde ich nur den Salat nehmen.« 1. »Also, die Rechnung teilen finde ich unwürdig. Zahl du doch bitte. Aber ich brauch den Bewirtungsbeleg.« Das hat wirklich einer gesagt.

Irgendwann bekam ich Kopfschmerzen, wenn sie mich wieder fragte, ob ich mit ihr Analysen erstellen könnte, und das sollte einem auch zu denken geben. Jedenfalls rief sie an, und natürlich musste ich mir wieder den ganzen Kram anhören.

Nein, anders gesagt: Sie wollte, dass ich das tue.

Ich wollte es aber nicht, was nicht nur mit dem Ziehen im Hinterkopf zu tun hatte. Ich hatte keine Lust mehr, meine Zeit damit zu verschwenden, und ich wollte mir auch keine Fotos von verschrumpelten Penissen anschauen und auch nicht die ungelenk auf den Bildern dazu gekritzelten »Ausgefahren 22 cm!!!«.

Und genau das habe ich ihr gesagt.

Sie war noch nicht mal sauer. Eher verwundert.

»Wie meinst du das?«

»Was gibt es denn daran nicht zu verstehen?«

»Aber du hast doch immer …«

»Ja. Nur jetzt nicht mehr. Wir können gern über was anderes reden. Oder ins Kino gehen. Oder ein Eis essen.«

»…« Dann, nach einer Weile Schweigen: »Du bist aber komisch.«

Von mir aus war ich komisch.

Aber Grenzen setzen hat was.

Sie hat dann gar nicht mehr angerufen. Eine andere Bekannte muss sich jetzt Fotos und Anzeigen und Profile ansehen.

Sie erzählte mir, sie habe jetzt häufiger Kopfweh als früher.

Meine sind weg.

»Guck dir den mal an.« Von Trenddeppen, die man nicht mehr sehen mag

Ich bin eine Frau. Ich bin erwachsen. Ich hatte schon mehrere Beziehungen. Ich mag Männer. Am liebsten »kerlige« Männer, echte Typen. Breites Kreuz, gern graue Haare, keine dürren Ärmchen und Beine, schöne Unterarme. Unterarme sind wichtig. Also mir. Ich mag Unterarme, denen man ansieht, dass sie was stemmen können. Denn: Ein Mann, der keinen Reifen wechseln und keinen Nagel in die Wand schlagen kann, ist mir unheimlich. Ein Mann sollte einfach ein Mann sein und sich nicht zum Deppen machen. Das ist meine persönliche Meinung, aber ich bin mir hundertprozentig sicher, dass es sehr, sehr viele Frauen gibt, die solche Männer ebenfalls gut finden. Das liegt irgendwie in der Natur der Sache, auch wenn so viele so verzweifelt versuchen, die Emanzipation zu verteidigen wie eine Löwin ihr Neugeborenes, wobei ich die Emanzipation gar nicht schlechtreden will. Es ist gut, dass es sie gibt, aber alles mit Maß und Ziel – zumindest was Männer betrifft. Das müssen bitte Kerle sein.

Welche Frau in meinem Alter kennt nicht die Szene in Vom Winde verweht, in der Rhett Butler sich ganz einfach die zickige, wunderschöne Scarlett O’Hara schnappt und sie die breite Treppe hochträgt – direkt ins Schlafzimmer.

Bestimmt gibt’s auch hier giftige Emanzipationsvertreterinnen, die das »unmöglich« finden, es einen Angriff auf die Stellung der Frau oder »fast schon gewalttätig« nennen, das ist mir aber egal. Ich liebe diese Szene, und ich finde, jede Frau sollte sie lieben, weil sie zeigt, dass dieser Mann da gerade diese Frau begehrt.

So will ich einen Mann sehen!

Und man muss als Mann auch nicht alles mit­machen. Doch wieso machen immer mehr Männer dämliche Trends mit? Es ist schon schlimm genug, dass viele Frauen das machen und mit ihren weißen Sonnenbrillen aussehen wie Puck die Stubenfliege oder sich die Haare grau färben. Von den Modenschauen der großen Designer mal ganz abgesehen, da falle ich regelmäßig vom Glauben ab. Wollen die ­einen mit diesen Klamotten eigentlich lächerlich machen? Wer trägt denn bitte schön karierte Pluderhosen und zerschnittene Oberteile mit Puffärmeln? Sind die alle irgendwie fremdgesteuert?

Also: Wieso hecheln auch Männer Trends hinterher, und das leider nicht erst seit gestern? Ich dachte, als dieser Trend mit den Trends aufkam: Das wird schon vergehen, aber es ging nicht weg. Und unter uns: Ich mag diese verkleideten Männer nicht mehr sehen.

Nehmen wir einfach mal die selbst ernannten Lumbersexuellen, auch Metrosexuelle genannt. Da sehnt man sich als Frau nach bodenständigen, echten Kerlen, und dann, wenn man sich bestimmte Männer anschaut, kommt man schwer ins Grübeln: Was denken die sich eigentlich dabei, sich ein kariertes Hemd und teure Bergsteigerstiefel mit Stahlkappen anzuziehen, sich einen Vollbart wachsen zu lassen und so ein bisschen wie Suizidgefährdete in französischen Schwarz-Weiß-Filmen auszuschauen? Soll eine Frau dann rufen: »O mein Gott, ein ganzer Kerl! Er kann Bäume fällen und mich vor einem aggressiven Bären beschützen! Dieser Mann ist meiner!« Ich