Perfektionismus ist ein Arschloch - Attila Albert - E-Book
SONDERANGEBOT

Perfektionismus ist ein Arschloch E-Book

Attila Albert

0,0
13,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 13,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Raus aus der Perfektionismus-Falle - für weniger Stress und mehr Gelassenheit Wer so richtig scheitern will, nimmt sich am besten vor, alles perfekt zu machen. Dann wird im Job nichts je fertig, kein Partner ist gut genug, und selbst im schönsten Karibikurlaub stört noch das Salz auf der Haut und der Sand im Bett. Seien wir ehrlich: Perfektionismus ist ein Arschloch. Er ruiniert uns selbst den größten Erfolg, wenn nicht noch das letzte i-Tüpfelchen ein funkelnder Diamant ist. Perfektionismus verunsichert, blockiert und zieht uns runter. Doch damit ist jetzt Schluss! Attila Albert beschreibt höchst humorvoll den Ausweg aus der Perfektionismus-Falle – mit Fallbeispielen aus acht Lebensbereichen und vielen Praxistipps. Denn gut genug ist im wahren Leben meist am besten. Das bietet dieses Buch: - Fallbeispiele aus der Coaching-Praxis - Praktische Übungen, wie Sie der Perfektionismus-Falle langfristig entkommen - Alle Lebensbereiche im Blick: Beruf und Karriere, Beziehungen und Familie, Freizeit, persönliche Entwicklung, Geldsachen, Gesundheit und Älterwerden, Freundschaften, Sinnfragen - Check: Welcher Perfektionismus-Typ sind Sie? - Begnadet pointiert: Mit scharfem Witz erzählte Lebenshilfe

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 246

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Hinweis zur Optimierung

Unsere eBooks werden auf kindle paperwhite, iBooks (iPad) und tolino vision 3 HD optimiert. Auf anderen Lesegeräten bzw. in anderen Lese-Softwares und -Apps kann es zu Verschiebungen in der Darstellung von Textelementen und Tabellen kommen, die leider nicht zu vermeiden sind. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Impressum

© eBook: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

Gräfe und Unzer ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Projektleitung: Stella Schossow

Lektorat: Dr. Antje Korsmeier

Covergestaltung: independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Yuliia Antoniuk

ISBN 978-3-8338-7866-4

1. Auflage 2021

Bildnachweis

Coverabbildung: Shutterstock

Fotos: Autorenfoto: Tyler Ramsey

Syndication: www.seasons.agency

GuU 8-7866 04_2021_01

Unser E-Book enthält Links zu externen Webseiten Dritter, auf deren Inhalte wir keinen Einfluss haben. Deshalb können wir für diese fremden Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seiten verantwortlich. Im Laufe der Zeit können die Adressen vereinzelt ungültig werden und/oder deren Inhalte sich ändern.

Die GU-Homepage finden Sie im Internet unter www.gu.de

PERFEKT UNPERFEKT!

Wie wunderbar wäre das Leben für alle Perfektionisten, wenn es eigentlich nichts zu tun gäbe. Stundenlang könnte man sich jeder E-Mail widmen, bis sich garantiert kein Tippfehler mehr darin findet. Die Kinder müssten sich eben gedulden, bis deine Bärlauch-Ravioli mit Cashew-Trüffel-Füllung – alles vom Biomarkt – fertig sind. Und wenn du deine Präsentation für die Firma noch nicht ganz gelungen findest, wird das Meeting halt einfach um eine Woche verschoben.

Doch so läuft das nicht. Perfektionismus hält dich pausenlos auf, da kannst du dich noch so anstrengen. Eines Tages siehst du es endlich ein: Das klappt nie! Zeit, dich von diesem Arschloch namens Perfektionismus zu trennen. Attila Albert, Coach und Seminarleiter, zeigt dir, wie du ihn durch Pragmatismus ersetzt: entspannt erfolgreich werden mit praktischen Tipps und vielen kleinen Tricks. Denn gut genug ist im wahren Leben meist am besten!

Der perfekte Start

Manchmal brauchst du dein halbes Leben, ehe es dir endlich klar wird: Es kann doch nicht nur an dir liegen, dass nie etwas perfekt läuft! Da rackerst du dich im Job ab, aber dann rutscht dir doch wieder ein Fehler durch oder ein Projekt geht sogar komplett schief. Da bemühst du dich in deiner Beziehung und Familie, alles richtig zu machen. Aber es findet sich garantiert jemand, der trotzdem etwas zu meckern hat. Selbst der Sommerurlaub hat seine Schattenseiten, wenn du erst einmal die Hotelrechnung gesehen hast und zu Hause auch noch feststellen musst, dass du fünf Kilo zugenommen hast. Geplant war doch das genaue Gegenteil. Was du auch anfängst, führt immer wieder zum selben deprimierenden Ergebnis: Nie läuft es, wie es sollte!

Da warst du vielleicht so stolz auf die PowerPoint, die du in nächtelanger Arbeit zusammengebastelt hast, und musst beim Präsentieren feststellen, dass peinlicherweise wieder Tippfehler drin sind. Der Chef verkündet, dass eure Abteilung jetzt ein »Excellence Center« werden soll, kann aber leider nur IT aus der frühen Steinzeit bereitstellen. Privat hast du dir vorgenommen, gesünder zu essen und mehr Sport zu machen, weißt aber jetzt schon, dass tausend Dinge deine Pläne durchkreuzen werden. Bei deinem angeblich »besten iPhone aller Zeiten« ist, wie immer, das Display zersprungen. Wenn du gerade Single auf Suche bist, muss ich dir sowieso nichts erzählen. Am besten, man redet sich ein, dass Dating irgendwie auch eine karitative Aktivität ist.

Einmal aber kommt der Moment, an dem du die Schuld nicht mehr länger bei dir oder anderen suchst. Sondern beginnst, an der Grundidee zu zweifeln: »Perfektion, hat es das überhaupt je gegeben?« Eltern, Lehrer, Ausbilder und Dozenten haben dich zwar immer zur Vollkommenheit ermahnt oder wenigstens dazu angehalten, sie anzustreben: »Ganz oder gar nicht«, »keine halben Sachen«, »volles Engagement«. Denkst du nun zurück, fällt dir unweigerlich auf, dass keiner von ihnen selbst perfekt war. Kann es sein, dass sie alle nur von einer Wunschvorstellung gesprochen haben, niemals von einer tatsächlich erreichbaren Realität, obwohl du das ganz selbstverständlich angenommen hattest?

Sicher gibt es Perfektion, allerdings nur in kurzen, exotischen Momenten. Dann zeigt sie sich, so wie die »Königin der Nacht« jährlich für einige Stunden ihre Blüte öffnet. Kurz darauf ist sie schon wieder verwelkt und müffelt nach Vergänglichkeit.

Einige wollen sich mit dieser ernüchternden Einsicht noch nicht abfinden und weiter Idealvorstellungen hinterherrennen: »Wenn ich mich nur mehr anstrenge, muss es doch klappen. Andere kriegen es auch hin, wieso nicht ich?« Aufwachen! Selbst eine Victoria Beckham hat Cellulite und einen Mann, der fremdgeht. Natürlich kann man sich das alles noch ein paar Jahre schönreden, weiter eigenen und fremden Ansprüchen hinterherjagen wie das Häschen einer baumelnden Möhre. Scheinbar so nah, dabei ewig unerreichbar. Doch du weißt inzwischen selbst, dass Perfektionismus nur anstrengender Selbstbetrug ist, der dir selbst am meisten schadet. Musst du nicht mehr haben!

Perfektionismus verdirbt dir einfach alles

Wer im Leben so richtig scheitern will, nimmt sich am besten vor, alles perfekt zu machen. Dann wird im Job nichts je fertig, kein Partner ist gut genug, und sogar im schönsten Karibikurlaub stören noch das Salz auf der Haut und der Sand im Bett. Seien wir ehrlich: Perfektionismus ist ein Arschloch. Er ruiniert dir selbst den größten Erfolg, wenn nicht noch das letzte i-Tüpfelchen ein funkelnder Diamant ist, und macht dich unnötig klein. Kurz: ein absolut unsympatischer Spielverderber!

Perfektionismus verunsichert, blockiert und zieht dich runter. Mit überzogen hohen Ansprüchen wirst du nicht besser, sondern ängstlicher, umständlicher und langsamer. Unzufrieden dazu: Mit den misstrauischen Augen des Perfektionisten sieht die Welt wie eine fortwährende Enttäuschung aus, dich selbst und die meisten Mitmenschen eingeschlossen. »Kann nicht einmal alles glattgehen!«, wird dein ständiger frustrierter Ausruf. Dabei ist das Ergebnis oft gar nicht so schlecht und fast immer vollkommen ausreichend – aber eben Welten von jener Perfektion entfernt, die mit dieser Einstellung der Normalfall sein sollte. Gezielt, aber doch wieder daneben geschossen!

Abgekämpft stehst du also da und fragst dich irgendwann: »Wieso schaffe ich es nicht besser?« Dabei darfst du stolz auf dich sein! Du musst nicht ständig 150 Prozent leisten, um 100 Prozent in Ordnung zu sein. Falls dein Chef das sagt: Das ist ein Trick, damit du für die Firma ständig über deine Grenzen gehst.

»Mir ist klar, dass ich nach meinen Standards nie abarbeiten kann, was mir mein Teamleiter jeden Tag auf den Schreibtisch legt«, sagte mir eine Klientin. »Ich versuche es trotzdem, obwohl es mich fertigmacht. Wie schraube ich meine eigenen Maßstäbe herunter, ohne den Respekt vor mir selbst zu verlieren?«

Tiefere Ursachen

Wahrscheinlich hast du dich schon ähnlich gefragt, warum du immer wieder gegen eine Wand aus eigenen Erwartungen anrennst, sei es im beruflichen oder privaten Leben, obwohl du es längst besser weißt. Typische Antworten klingen so:

»Ich habe eben hohe Ansprüche an mich selbst.«»Ich tue nur, was ich von anderen auch erwarte.«»Es ist eine Sache des Respekts vor sich und anderen.«

Doch Perfektionismus hat tiefere Ursachen: übergroße Angst vor Kritik, der Wunsch, um jeden Preis bewundert zu werden, die Ablenkung von derzeit nicht lösbaren Problemen oder das gut gemeinte Bestreben, sie zumindest vor anderen zu verbergen.

Wir werden diese Gründe gemeinsam besprechen und wie du dich davon befreien kannst – aber auch, was der Unterschied zu einem positiven Streben nach Qualität und Leistung ist. Denn keiner wünscht sich ja, dass alles einfach nur abschlafft, so angenehm es manchmal wäre, eine nachlässige kleine Schlampe zu sein, die alles entspannt gegen die Wand fahren lässt, sich dann in den Feierabend beziehungsweise auf die Fernsehcouch verabschiedet und mit nichts mehr weiter zu tun hat.

Gesunder Pragmatismus bringt dich weiter

Dieses Buch will dich zu einem entspannten Pragmatismus ermutigen und dir die Wege dahin zeigen: erreichen, was dir wirklich wichtig ist, aber dich nicht länger aufreiben für etwas, das langfristig gar keine Rolle spielt und oft noch nicht einmal wahrgenommen werden wird. Perfektionismus ist wunderbar in einigen wichtigen Momenten, als Dauerzustand aber unmöglich und unnötig. Du fährst dein Auto schließlich auch nicht durchweg im höchsten Gang, weil sonst einiges zu Bruch ginge.

»Soll ich mich denn jetzt hängen lassen und es gar nicht mehr versuchen?«, fragst du dich vielleicht beunruhigt. »Nur noch hinnehmen, was sich von selbst ergibt?« Keine Sorge! Hier findest du kein Plädoyer für Mittelmäßigkeit und Fatalismus, sondern Unterstützung dabei, deine Aufgaben sinnvoll zu gewichten: Wo lohnt es sich, um das bestmögliche Ergebnis zu kämpfen, und wo darfst du es bei einer soliden Durchschnittsleistung belassen, ohne deswegen ein schlechtes Gewissen haben zu müssen?

Von überzogenen Erwartungen abgrenzen

In meinem ersten Buch, Ich mach da nicht mehr mit, ging es darum, wie du maßlosen Forderungen anderer – von Eltern, Kollegen, Partnern, Kindern – Grenzen setzen kannst. Hier geht es darum, wie du dich vor überzogenen Erwartungen an dich selbst schützt. Erfahrungen aus zehn Jahren Coaching-Praxis sind eingeflossen, viele Begegnungen aus meiner langjährigen Tätigkeit als Journalist, aber auch persönliche Einsichten.

Ich darf an dieser Stelle verraten, dass ich früher auch einmal ein Perfektionist war, aber mittlerweile geheilt bin. Als junger Mann brach ich mein berufsbegleitendes BWL-Studium nach vier (von sechs) Semestern ab, weil ich meine Noten zu mittelmäßig fand. Erst Jahre später holte ich den Abschluss nach. Als ich mit dem Joggen anfangen wollte, meldete ich mich direkt für einen Marathon an. Ich kam nach den 42,195 Kilometern ins Ziel, zog mir dabei aber eine langwierige Fußverletzung zu. Viele berufliche Chancen verpasste ich, weil ich lange nur für perfekte Leistungen anerkannt werden wollte. Alles andere – Kontakte, Beziehungen – kam mir wie faule Kompromisse vor.

Gemeinsam erkunden wir, wie auch du dich aus der Perfektionismus-Falle befreien kannst und entspannt erfolgreich wirst. Ganz praktisch und mit viel Humor. Der verbissene Perfektionismus hat uns lange genug den Spaß verdorben. Jetzt ist der perfekte Start für ein bisschen mehr Pragmatismus. Denn gut genug ist im wahren Leben doch meist am besten!

Attila Albert

Warum Perfektionismus ein Arschloch ist

Du bekommst nichts erledigt, ärgerst dich noch über den kleinsten Fehler und stresst dich völlig unnötig. Perfektion ist eine verführerische Lüge, die dich ständig enttäuscht und dir selbst am meisten schadet.

Wie wunderbar wäre das Leben doch für alle Perfektionisten, wenn es – neben der gerade aktuellen Aufgabe – nichts anderes zu tun gäbe. Stundenlang könnte man sich jeder E-Mail widmen, jeden Satz behutsam komponieren und vor dem Absenden immer noch einmal überarbeiten, bis sich garantiert kein missverständliches Wort oder Tippfehler mehr darin findet.

Wer in seinem Leben nicht besonders viel zu tun hat, kann leicht perfekt sein.

Die hungrigen Kinder müssten sich eben gedulden, bis deine legendären Bärlauch-Ravioli mit Cashew-Trüffel-Füllung auf Zitronenschaum – alle Zutaten vom Biomarkt – fertig sind. Und wenn du deine Präsentation für die Firma noch nicht ganz gelungen findest, weil du wegen der Schriftart unsicher bist, wird das Meeting halt noch einmal um eine Woche verschoben.

Theoretisch ist Perfektionismus absolut empfehlenswert. Wer würde sich ernsthaft dagegen aussprechen, grundsätzlich das Beste anzustreben? Jeden Plan zu 150 Prozent zu erfüllen, die Wertung von 10,0 zu erreichen, die Goldmedaille mit nach Hause zu nehmen und dann lässig abzuwinken: »Ist doch selbstverständlich! Das ist einfach mein Anspruch an mich selbst.« Doch wie du längst weißt, funktioniert das wahre Leben überhaupt nicht so. Die E-Mail muss sofort raus, die Kinder sind auch glücklich über einen Teller Spaghetti mit Tomatensoße aus der Dose, und das Meeting findet sogar statt, wenn du im Nachthemd ankommen würdest. Wie du feststellen musst, interessiert dein Perfektionsdrang die meisten überhaupt nicht!

Du strampelst dich zu oft für etwas ab, das wirklich keiner erreichen kann.

Doch Perfektionismus gibt sich nie zufrieden. »Hättest du das denn nicht besser hingekriegt«, flüstert dir dieser falsche Freund heuchlerisch ein, und du wirst sofort unsicher. »Die anderen schaffen es doch auch! Bei dir ist wieder einmal alles nur mittelmäßig und zu spät dazu!« Bald nickst du in Gedanken: »Stimmt leider, aber das nächste Mal klappt’s bestimmt. Ich muss mich nur mehr anstrengen, besser planen und darf nicht aufgeben.« Schon hat er dich wieder, dieses Arschloch! Du wirst dich weiterhin abstrampeln für etwas, das keiner braucht und kaum jemand registrieren wird – falls du es jemals erreichst.

Etwas anderes als Ehrgeiz

Ehrgeiz und Perfektionismus ähneln einander, sind aber nicht dasselbe. Wer ehrgeizig ist, nimmt sich in entscheidenden Situationen vor, sein Bestes zu geben. Es gelingt nicht immer, macht aber besser und motiviert. Wer perfektionistisch ist, hält das Beste für etwas, das selbstverständlich immer erreicht werden muss. Das ist unmöglich, unnötig, frustriert und demotiviert dich.

Perfektion ist eine Fata Morgana aus falschen Hoffnungen: ein verlockendes Traumbild direkt vor deinen Augen, das aber mit jedem Schritt zurückweicht. Irgendwann merkst du, dass es ewig unerreichbar bleiben wird, alles auf Sand gebaut war und du dich völlig verirrt hast. Du entkommst dieser verführerischen Lüge, wenn du erkennst, dass sie dich ständig enttäuscht und dir selbst am meisten schadet. Merke sie dir gut, die Arschloch-Faktoren des Perfektionismus, damit du dich frohen Herzens von ihm verabschieden kannst. Genug gequält, verpiss dich!

Du bekommst nichts erledigt

»Mir ist klar, dass ich mich mit meinem Perfektionismus vor allem selbst blockiere«, sagte mir eine Klientin, die wegen verspäteter Abgaben regelmäßig Probleme mit ihrem Chef hatte. Sie stand seit 15 Jahren im Berufsleben, war aber noch immer in ständiger Sorge, dass ein unentdeckter Fehler weitreichende Folgen haben könnte. »Also prüfe und ändere ich immer wieder, obwohl der Termin längst überschritten ist.«

Wer perfekt arbeiten möchte, macht am Ende mehr Fehler als andere.

Michelangelo hat eine halbfertige Apollo-Statue hinterlassen. Schubert bekam seine Sinfonie in h-Moll, D 759 (»Die Unvollendete«) nicht fertig. Bei Kafka blieben alle Romane unvollendet, und er hat sowieso nur drei geschrieben. Trotzdem gelten diese Werke als Höchstleistungen der Menschheit, auf ewig bewundert und verehrt. Und du machst dich fertig, weil deine PowerPoint-Präsentation eventuell nicht ganz perfekt ist?

Perfektionismus sorgt dafür, dass du nichts mehr erledigt bekommst. Aus lauter Sorge, etwas nicht gründlich oder gut genug abzuliefern, wirst du immer umständlicher und langsamer. Am Ende machst du mehr Fehler und fällst gleich auf seine nächste Täuschung rein: »Ich muss mich mehr anstrengen und gründlicher werden!« Ganz im Gegenteil: Entspannt und selbstsicherer wirst du produktiver.

Regelmäßig wirst du enttäuscht

Lass dich nicht auf einen Wettbewerb ein, der niemals

zu gewinnen ist.

Hochzeiten – eigene und fremde – sind die Lebensereignisse, bei denen man den Amoklauf des Perfektionismus am besten beobachten kann. Überteuerte Ringe von Tiffany, obwohl das gleiche Modell überall sonst die Hälfte kostet, ein Kleid für einen Tag, aber zum Preis einer Jahresgarderobe, jeden Schritt durchgeplant und teuer bezahlt. Aber dann ist es bewölkt, wenn der Fotograf kommt, der Blumenlieferant fordert plötzlich Barzahlung, und ein betrunkener Onkel übergibt sich am Buffet.

Perfektionismus verspricht das ideale Ergebnis und enttäuscht deshalb immer. Selbst, wenn es erst gut geht, holt bald jemand seine Fotos raus: »Ach, ihr habt nicht den örtlichen Dom gemietet und eure Gäste anschließend nach Ibiza eingeladen?«

Wer perfektionistisch veranlagt ist, lässt sich auf einen Wettbewerb ein, der nie zu gewinnen ist. Der kleinste Fehler oder Mangel verdirbt dir alles. Jeder, der scheinbar besser ist, und sei es nur in einem unwesentlichen Detail, zieht dich wieder runter. Anstatt dich über das zu freuen, was du hast und was gelungen ist, bist du enttäuscht über das, was wieder nicht perfekt war. Warum ist die Welt so unvollkommen trotz deiner Mühe!

Du verlierst das Ziel aus den Augen

Es gibt Leute, die müssen unbedingt einen promovierten Hirnforscher zu den Fragen hören, wann sie ihr Kind am besten ins Bett schicken sollten und ob acht Stunden am Handy wirklich zu viel sind. Für ihre abendliche 15-Minuten-Joggingrunde brauchen sie Tipps vom Trainer der olympischen Mannschaft. Für das beste Zitronenkuchenrezept sollten sich am besten interdisziplinär ein Sternekoch, ein Philosoph und ein Molekularbiologe zusammentun, damit nichts schiefgeht.

Im Alltag schlagen pragmatische Ergebnisse fast immer die perfekte Möglichkeit.

Perfektionismus verleitet dich dazu, dich mit immer abseitigeren Nebenaspekten und Detailfragen zu beschäftigen. Dabei verlierst du das eigentliche Ziel bald ganz aus den Augen: Ein Problem möglichst einfach, in angemessener Zeit und zu vertretbaren Kosten zu lösen. Im beruflichen und privaten Alltag braucht es selten perfekte Antworten, sondern fast immer pragmatische Lösungen. Dazu dann noch ein bisschen Flexibilität, um bei Bedarf unkompliziert reagieren zu können. So einfach könnte das Leben sein.

Willst du alles vorab durchdenken und lösen, verhedderst du dich in immer neuen Problemen. Sind die Zutaten für deinen Zitronenkuchen überhaupt organisch produziert und fair gehandelt, und was machst du, falls sich bei einem Gast eine Gluten-Unverträglichkeit herausstellt, von der du nichts weißt? Am besten eine WhatsApp-Gruppe aufsetzen, jeden einzeln befragen und separat bewirten. Oder doch gleich in ein Café gehen – aber welches nur, damit keiner enttäuscht ist …?!

Dein Stress ist völlig unnötig

Solltest du beruflich Flugzeuge lenken, Kernkraftwerke bauen oder Herzen operieren, ist Perfektionismus selbstverständlich ein Anliegen, das wir alle an dich haben. Hier sind die Risiken hoch und die Fehlertoleranzen minimal. Da ist tatsächlich jede Schluderei gefährlich. Falls es aber nur darum geht, das Alltagsgeschäft im Büro zu erledigen, den Urlaub oder dein nächstes Date zu planen – entspann dich! Perfektionismus will dir zwar einreden, dass auch hier »jedes Detail zählt«. Aber damit belügt er dich. Du darfst dir ein klein wenig Lässigkeit erlauben.

Eine solide, vernünftige Leistung ist fast immer am besten und auch ausreichend. Nur so stehen Einsatz und Ergebnis in einem angemessenen Verhältnis, verausgabst du dich nicht für etwas, das morgen schon vergessen ist. Die meisten Alltagsaufgaben sind, wenn wir ehrlich sind, weder weltbewegend noch unvergleichlich wichtig. Nicht das perfekte Ergebnis zählt, sondern die rechtzeitige Lieferung in akzeptabler Qualität.

Am Ende zählt, wie relevant die Qualität für die geplante Verwendung ist.

Es ist der gleiche Grund, aus dem Behördenbriefe nicht auf Büttenpapier gedruckt werden, in deiner Firmenkantine kein Sternekoch den Kaffee zubereitet und im Radio nicht die Berliner Philharmoniker die Erkennungsmelodie live spielen. Theoretisch wäre all das möglich, ganz sicher schön und »von perfekter Qualität«. Nur würde das für den geplanten Einsatz praktisch keine Rolle spielen, alles nur umständlicher und teurer machen. Kann man sich also sparen.

Du verschwendest deine Ressourcen

»Ich weiß nicht, wie oft ich meinem Mann schon abgesagt habe, weil ich abends in der Firma festsaß«, gestand mir eine Freundin, die im Management arbeitet. »Er saß oft schon in der Bar, in der wir etwas zusammen trinken wollten, und ich habe ihn immer wieder per SMS vertröstet. Aber wenn im Job etwas zu erledigen ist, schaffe ich es nicht, es beiseite zu legen!«

Perfektionismus ist ein Anspruch, der dich viel kostet. Du verschwendest deine Ressourcen – Zeit, Kraft und Geld –, und sie fehlen dir woanders. Du bist zu müde, um dich um deinen Partner, um Freunde oder dich selbst zu kümmern, genug zu schlafen oder Sport zu machen. Du überarbeitest im Job etwas so lange, damit es endlich perfekt ist, bis anschließend kein Budget oder keine Arbeitskraft mehr für andere Aufgaben da ist.

Meine Großmutter hatte einen Kühlschrank, der 20 Jahre lang mustergültig lief. Nur sein Design war ein wenig aus der Mode gekommen und die Außenseite vergilbt. Sie ersetzte ihn durch einen neueren. Er war modern und strahlend weiß, aber – wie es leider so oft bei neuer Technik vorkommt – direkt nach Ablauf der Garantiezeit defekt. Sie musste notgedrungen den nächsten kaufen. So ähnlich ist es beim Perfektionismus: Du investierst in eine Verbesserung und verschlechterst dich.

Jede Spontanität erstickt dabei

Die größten Entdeckungen begannen als Irrtümer, Fehler und Umwege.

»Theoretisch ist es möglich, alles perfekt nach Plan abzuliefern«, sagte mir eine Klientin, die in der Unternehmensberatung tätig war. »Zumindest so, dass es auf andere so wirkt. Ich selbst weiß, dass es einfach Routine ist. Ich kann mein Programm professionell abspulen, aber besonders kreativ wird es so nicht.« Wer krampfhaft auf Perfektion schielt, bringt sich und andere um die Chance, ein unerwartet positives Ergebnis zu erreichen. Es wird nur zuverlässig öde.

Christoph Kolumbus wollte eigentlich nach Indien. Nach Navigationsfehlern, wie sie einem Profi nicht hätten passieren dürfen, landete er am anderen Ende der Welt – und entdeckte Amerika. Wilhelm Conrad Röntgen griff beim Experimentieren unsachgemäß in seine neu entdeckten Strahlen und stellte dabei fest, dass sie seine Hand durchleuchteten. Sein Fehlgriff war der Beginn einer Revolution in der medizinischen Diagnostik.

Wenn etwas nicht perfekt läuft, ist das nicht das Ende der Welt und führt manchmal sogar zur Entdeckung einer neuen. Perfektionismus lässt viele Ideen direkt wieder sterben, und was bis zur Planung durchkommt, wird dann erledigt. Denn alle haben sie ihre Mängel und Nachteile. Im Perfektionismus steckt die Angst vor den Risiken der Entscheidung, die sich dann in unnötigen und überzogenen Absicherungen verliert.

Niemals bist du ganz zufrieden

Einmal mit einem Problem angefangen, findet der Perfektionist nie mehr ein Ende.

Wie jede Sucht – Alkohol, Glücksspiel, »Shopping Queen« schauen – ist Perfektionismus nie zufriedenzustellen. Du denkst, du hast sie überwunden, da lockt sie schon wieder: »Einmal noch, dann hast du deine Ruhe.« Doch als Perfektionist kennst du das Spiel inzwischen: Wo andere ein Problem lösen und sich danach entspannt vor den Fernseher setzen können, als ginge sie alles weiter nichts mehr an, entdeckst du sofort fünf neue: »Wahnsinn! Da muss ich ran. So kann ich das keinesfalls länger laufen lassen! Wieso hat sich keiner jemals richtig darum gekümmert?«

Du wolltest nur deinen Kleiderschrank auswischen, denkst aber nach einem Blick: »Ich muss endlich auch mal meine Klamotten ausmisten!« Kaum ist alles schön übersichtlich auf dem Bett ausgebreitet, fällt dir auf, wo überall ein Knopf locker sitzt oder ein Fleck unentdeckt geblieben ist. Sind die Tüten für Schneider und Reinigung endlich gepackt, zerlegst du den Stapel fürs Rote Kreuz gleich wieder. Manches würde doch bestimmt deiner Nachbarin oder Cousine Silke passen! »Und, Moment mal, wieso wackelt das Scharnier und seit wann ist da ein Kratzer in der Wand? Ich glaube, hier muss jetzt mal richtig Grund und Ordnung rein!«

Perfektionismus macht dich permanent unzufrieden, weil selbst der schönste Erfolg bestenfalls eine Zwischenstation ist. Ja, es gibt Momente des Stolzes, der Dankbarkeit und Zufriedenheit. Direkt danach muss die Mühe aber weitergehen. Du kannst dich doch nicht auf deinen Lorbeeren ausruhen, wenn du von einer Welt des Chaos umgeben bist. Da muss endlich einmal jemand aufräumen, und das bist du! Anstatt dich vor allem darüber zu freuen, was du alles geschafft hast, ärgerst du dich über das, was du hättest besser oder schneller erledigen können. Noch frustrierender ist der Gedanke, dass du genau weißt, was zu tun wäre, aber gleichzeitig auch, dass es bei dir nie ein Ende finden wird.

Perfektionismus verspricht, was das Leben nie einlöst

Man kann sich jahrelang täuschen lassen, aber einmal siehst du plötzlich klar.

Wie du gesehen hast, ist Perfektionismus ein gutaussehender, vielversprechender Partner, der aber leider chronisch lügt, nicht praxistauglich und sehr anstrengend ist. Ein verführerischer Hochstapler, der verspricht, was das Leben dann nie einlöst. Einige Jahre kann man gutgläubig damit verbringen, trotzdem auf ein gutes Ende zu hoffen, der Sache immer »noch einmal eine Chance zu geben«. Sich die verkorkste Beziehung schönreden, weil es ja doch auch schöne Tage gab, an denen zwischen euch eine ganz wunderbare Harmonie geherrscht hat. Als würdet ihr für immer zusammengehören, als wärt ihr wirklich eins. Aber das ist seine Masche: dich glauben zu lassen, dass du ohne ihn gar nicht mehr könntest. Keine Sorge, du wird bestens klarkommen!

»Ich habe einen ganz einfachen Geschmack«, kannst du kokett Oscar Wilde zitieren. »Ich bin immer mit dem Besten zufrieden.« Nur wie lange, wenn das Beste nie eintritt oder sich nach kurzer Zeit schon wieder als arglistige Täuschung herausstellt? Die Rechnung dafür zahlst du – wie bei allen Betrügern, wenn du sie nicht schnellstens erkennst und aussortierst, um die Verluste zu begrenzen.

Irgendwann aber hast du jede Lüge, jedes Versprechen des Perfektionismus gehört, und es ist Zeit, Schluss zu machen. Genug geärgert, gelitten und gehofft. Dieser Typ wird sich niemals ändern und dir mit der Wahrheit kommen. Das hat er nun oft genug bewiesen! Dafür ist dein Leben jedoch zu schade, du hast Besseres verdient und schon genug Lebenszeit an ihn verschwendet. Entliebt, goodbye, wir gehen jetzt getrennte Wege!

Dein neuer Begleiter heißt Pragmatismus. Er ist solide, verspricht weniger, hält dafür mehr und sieht, wenn du den Entzug vom stressigen Perfektionismus erst einmal hinter dir hast, auch gar nicht so schlecht aus. Alltagstauglich und vorzeigbar ist er auf jeden Fall, sorgt für weniger Stress und unnötige Aufregung.

In den nächsten Kapiteln findest du ausführliche Beispiele für Perfektionismus in ganz alltäglichen Bereichen sowie praktische Empfehlungen dafür, wie du ihn durch Pragmatismus ersetzen kannst. Naheliegend werden für dich die beruflichen Themen sein. Aber auch im Privaten – etwa in Liebesbeziehungen, beim Umgang mit Freunden, bei der Freizeitgestaltung oder im Sport – nistet sich Perfektionismus gern ein und macht dir das Leben schwer. Du erfährst, wie du ihn identifizierst, vor allem, wie du ihn loswirst und endlich entspannt erfolgreich unterwegs bist.

Kümmere dich um Grundsatzfragen, aber geplant neben den regulären Aufgaben

Sich vom Perfektionismus zu trennen, heißt nicht, dass du dich nicht mehr um Grundsatzfragen kümmern solltest. Es rächt sich langfristig, sich immer nur durchzuwursteln, zu improvisieren, »auf Sicht zu fahren«. Du solltest daher regelmäßig auch grundsätzliche Probleme angehen, aber nicht ständig und nicht alle gleichzeitig. Ein realistisches Maß: Reserviere dir pro Woche ein bis zwei Stunden für solche Aufgaben, etwa für deine Zukunftsplanung oder die Neuorganisation deiner Arbeitswoche.

Ich krieg nichts fertig, das aber perfekt

Henrieke ist ständig im Verzug mit ihrer Arbeit, weil sie alles besonders gründlich angehen und professionell erledigt sehen will. Deine Lektion: Du kannst nicht sämtliche Versäumnisse der Vergangenheit aufholen.

Manche Arbeitgeber haben aufgegeben, verraten es nur noch niemandem.

Wenn Henrieke morgens ihr Büro betrat, kam es ihr jedes Mal so vor, als würde sie auf eine Zeitreise gehen. Die hellgrauen Möbel, die bei ihrem neuen Arbeitgeber standen, hatte sie zuletzt in den 90ern gesehen. Im Radio musste »What is love« von Haddaway in den Charts gelaufen sein, als dieser Teppichboden seine ersten Kaffeeflecken abbekam und eine gute Seele diese unverwüstlichen Topfpflanzen – Philodendron, Dieffenbachie und Monstera – auf die Regale rückte. »Hey Chef, was machen Sie eigentlich beruflich«, witzelte es auf einem verblichenen Ausdruck an der Wand. Er hing neben Urlaubskarten von Mitarbeitern, die schon lange nicht mehr im Unternehmen waren, und Hinweisen auf längst vergangene Termine.

»Unverkennbar, hier ist die Zeit stehen geblieben«, dachte Henrieke jeden Morgen, wenn sie ihren Laptop anschaltete und wieder einmal zähe fünf Minuten warten musste, ehe er endlich einsatzbereit war. Sie hatte einige Monate zuvor als Personalreferentin in diesem Industriebetrieb angefangen und das Gerät von ihrer Vorgängerin übernommen. Die Software war fast zehn Jahre alt und trieb Henrieke, wie vieles andere hier, in den Wahnsinn. Inzwischen hatte sie fast den Eindruck, dass die Firma absichtlich alles unternahm, damit sie möglichst langsam und ineffektiv arbeitete. Nur, um ihr anschließend genau das vorzuwerfen. Präziser: ihren angeblichen »Perfektionismus«.

Für Überlastung kann es viele Gründe geben

Manchmal hilft es wirklich nur noch, sich schnellstens einen neuen Job zu suchen.

Henrieke hatte sich aus Sorge um ihren Arbeitsplatz für ein Coaching angemeldet. Sie hatte in der kurzen Zeit bereits mehrere unangenehme Gespräche mit ihrer Chefin gehabt, die ihr vorhielt, dass sie nichts erledigt bekäme und sich ständig verzetteln würde. »Wir haben da ganz unterschiedliche Wahrnehmungen«, sagte Henrieke in unserem ersten Gespräch. Sie wirkte blass, müde und spielte beim Sprechen nervös mit ihren Haaren. »Ich bin sicher, dass ich schnell und gut organisiert arbeite«, meinte sie. »Aber es ist nicht zu schaffen, und ich werde überhaupt nicht unterstützt. Ich habe schon ständig Magenschmerzen wegen dem Stress und wache oft mitten in der Nacht auf, weil mich die Arbeit bis in den Schlaf verfolgt.«

Überlastung ist ein häufiger Anlass, um mit einem Coaching zu beginnen: Der berufliche oder private Alltag ist, trotz größter Anstrengungen, nicht mehr zu schaffen. Ich versuche in diesen Fällen zuerst, die Ursache genauer einzugrenzen. Ist der Klient überfordert, weil ihm Fachwissen, Erfahrung oder eine effektive Selbstorganisation fehlen? Kann er nicht mit Erfolgs- und Termindruck umgehen? Manchmal zeigt sich bereits an diesem Punkt auch: Es liegt überhaupt nicht an ihm, sondern das Team ist beispielsweise objektiv zu klein oder falsch organisiert, und die Firmenleitung weigert sich, das überhaupt anzuerkennen. Dann geht es schnell nur noch darum, neue Arbeitsbedingungen auszuhandeln oder gleich ganz den Arbeitgeber zu wechseln.

Beim Vorstellungsgespräch getäuscht

Beim Vorstellungsgespräch wird das Wichtigste oft verschwiegen.

»Als ich mich damals bewarb, wirkte das Unternehmen auf mich ausgesprochen professionell und solide«, erinnerte sich Henrieke und lächelte ein wenig bitter. »Meine Vorgängerin saß sogar noch mit in meinem ersten Vorstellungsgespräch und beschrieb mir die Aufgaben. Sie hatte von sich aus gekündigt und sagte dazu nur, dass es für sie Zeit für etwas Neues wäre.«

Nachdem Henrieke die Stelle bekommen hatte, stellte sie fest, dass die Situation ein wenig anders war, als es anfangs schien. Ihre Vorgängerin hatte, so erfuhr sie von ihren neuen Kollegen, aus Frust gekündigt, »weil sie nichts bewegen konnte«. Henrieke bemerkte nach einigen Tagen viele leere Schreibtische, anscheinend waren noch mehr gegangen. Die Büros waren seit bald 15 Jahren nicht mehr renoviert worden, die Technik veraltet. Nur das Geschoss mit den Meetingräumen, in das auch Henrieke damals eingeladen worden war, hatte eine Modernisierung erhalten.

Erste Zweifel beschlichen sie. War es ein Fehler gewesen, hier zuzusagen – sollte sie noch in der Probezeit wieder auf Stellensuche gehen? Die Einarbeitungsphase versöhnte sie zunächst wieder. Sie war gut geplant mit vielen Gesprächen in den Abteilungen und verlief überraschend entspannt. Es schien nicht allzu hektisch zuzugehen. Viele Kollegen waren seit Jahrzehnten dabei und erzählten mit Stolz von früheren Zeiten und Erfolgen. Henrieke über ihren damaligen Eindruck: »Das fand ich charmant und dachte, das ist eben ein Traditionsbetrieb. Es muss ja nicht überall wie in einem Startup zugehen.« Außerdem sollte sie – so hatte es ihre neue Chefin bei der Einstellung ausdrücklich erklärt – daran mitarbeiten, dass das Unternehmen moderner würde.