Perry Rhodan 11: Der Fall Kolumbus (Silberband) - Clark Darlton - E-Book

Perry Rhodan 11: Der Fall Kolumbus (Silberband) E-Book

Clark Darlton

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Beschreibung

Im Jahr 2044 ist das Solare Imperium der Menschheit ein kleines, aufstrebendes Sternenreich, das nur im Verborgenen arbeitet - doch dann werden die Terraner in einen ungeheuerlichen Konflikt hineingezogen: Die Raumschiffe der Druuf stoßen aus ihrem Universum in die Milchstraße vor. Nur die Flotten der Arkoniden sind stark genug, sie zu stellen. An der sogenannten Überlappungsfront droht eine fürchterliche Vernichtungsschlacht. Bei all diesen Auseinandersetzungen besteht die Gefahr, dass die Position der Erde verraten wird. Perry Rhodan entschließt sich zu einem kühnen Vorstoß: Mit einer Handvoll Gefährten dringt er ins Herz des Arkon-Imperiums vor. Zusammen mit Atlan will er den Robotregenten abschalten und somit die Erde vor dessen Angriff bewahren. Trotz aller Bemühungen tritt aber der lange befürchtete "Fall Kolumbus" ein: die Entdeckung der Erde. Doch nicht die Arkoniden oder Springer greifen an, sondern eine gewaltige Flotte der Druuf nähert sich dem Heimatplaneten der Menschheit. Wenn Perry Rhodan und Atlan nicht alle Reserven aufbringen, droht das Ende des Solaren Imperiums.

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Nr. 11

Der Fall Kolumbus

Im Jahr 2044 ist das Solare Imperium der Menschheit ein kleines, aufstrebendes Sternenreich, das nur im Verborgenen arbeitet – doch dann werden die Terraner in einen ungeheuerlichen Konflikt hineingezogen: Die Raumschiffe der Druuf stoßen aus ihrem Universum in die Milchstraße vor. Nur die Flotten der Arkoniden sind stark genug, sie zu stellen. An der so genannten Überlappungsfront droht eine fürchterliche Vernichtungsschlacht.

Bei all diesen Auseinandersetzungen besteht die Gefahr, dass die Position der Erde verraten wird. Perry Rhodan entschließt sich zu einem kühnen Vorstoß: Mit einer Handvoll Gefährten dringt er ins Herz des Arkon-Imperiums vor. Zusammen mit Atlan will er den Robotregenten abschalten und somit die Erde vor dessen Angriff bewahren.

Einleitung

In den Einleitungen zu den von ihm herausgegebenen SF-Anthologien »Die besten Stories von 19..«, die in Übersetzungen in den PLAYBOY-Taschenbüchern des Moewig-Verlags erscheinen, bringt Isaac Asimov Rückblendungen auf historische Ereignisse jener Jahre, in denen die von ihm ausgewählten Stories erschienen sind. Dabei nennt er unseren Planeten eine »Welt außerhalb der Realität«, während er immer dann, wenn er SF-Stories oder Geschehnisse aus der SF-Szene kommentiert, von der »realen Welt« spricht. Asimov, nie um einen Gag verlegen, tut dies sicher nur halb aus Spaß, ist er doch auch Wissenschaftler und weiß, wie fragwürdig die Wirklichkeit ist. Bei der Bearbeitung dieses PERRY-RHODAN-Buches, in dem es in erster Linie um galakto-politische Auseinandersetzungen geht, fühlte ich mich durchaus ebenfalls in eine »reale« Welt versetzt, denn es ist nicht auszuschließen, dass raumfahrende Zivilisationen so miteinander umgehen würden, wie es in diesen Geschichten dargestellt wird. Besonders lernfähig hat sich die Menschheit, was die Bewältigung ihrer Konflikte angeht, bisher leider nicht gezeigt, und die Befürchtung, dass bei einer Weiterentwicklung der Raumfahrt in erster Linie waffentechnische Überlegungen eine Rolle spielen könnten, ist so abwegig nicht. Allerdings ist die Hoffnung, dass mit einer Erforschung des Weltraums die Entwicklung neuer Denkmuster einher gehen könnte, schon durch die Aussagen vom Mond zurückkehrender Astronauten gestärkt worden. In den für dieses Buch verwendeten Originalromanen aus den frühen sechziger Jahren (es sind, unberücksichtigt der darin vorgenommenen Kürzungen und Bearbeitungen: Schach dem Universum von Kurt Mahr, Rekruten für Arkon von Clark Darlton, Kampfschule Naator von Clark Darlton, Schlüssel zur Macht von K. H. Scheer, Der Fall Kolumbus von K. H. Scheer, Guckys große Stunde von Kurt Brand, Atlan in Not von Kurt Brand und Ernst Ellerts Rückkehr von Clark Darlton) setzen sich die Autoren mit Konflikten im Weltraum auseinander. Wie immer habe ich versucht, die gesamte Geschichte in einen geschlossenen Rahmen zu bringen, Wiederholungen und Widersprüche auszumerzen und dabei den Episoden nichts von ihrer Spannung zu nehmen. Unterstützt haben mich dabei Christa Schurm, Franz Dolenc und G. M. Schelwokat, bei denen ich mich bedanke.

Vorwort

Die Geschichte des Solaren Imperiums in Stichworten:

1971 – Die STARDUST erreicht den Mond, und Perry Rhodan entdeckt den gestrandeten Forschungskreuzer der Arkoniden.

1972 – Aufbau der Dritten Macht und Einigung der Menschheit.

1976 – Perry Rhodan löst das galaktische Rätsel und entdeckt den Planeten Wanderer, wo seine Freunde und er von dem Geisteswesen ES die relative Unsterblichkeit erhalten.

1984 – Rhodans erster Kontakt mit dem Robotregenten von Arkon im Kugelsternhaufen M 13. Der Robotregent versucht, die galaktische Position der Erde herauszufinden und die Menschheit zu unterwerfen.

2040 – Das Solare Imperium ist entstanden. Nach 10.000 Jahren taucht der Arkonide Atlan aus seiner Unterwasserkuppel im Atlantik auf und wird Perry Rhodans Freund.

Die Druuf dringen durch Überlappungsfronten aus ihrer Zeitebene in unser Universum vor. Menschen gelangen in das Druufuniversum, um dort der unheimlichen Gefahr zu begegnen.

2042 – Arkoniden und Druuf bekriegen sich an den Grenzen der Überlappungsfront. Das Bewusstsein des irdischen Mutanten Ellert wird im Körper des Druufwissenschaftlers Onot gefangen.

2043

1.

Mit der üblichen Ungezwungenheit betrat Reginald Bull den weiten Raum, in dem Perry Rhodan arbeitete.

Perry Rhodan saß an einem Tisch, über den hinweg er zum Fenster hinaus einen großen Teil Terranias überblicken konnte. Der Raum lag im obersten Stockwerk des hohen Verwaltungsgebäudes. Perry Rhodan hatte Wert darauf gelegt, hier seinen Arbeitsplatz zu haben. Die Weite des Ausblicks war eine Allegorie zu der Tragweite, die den Entschlüssen zukam, die in diesem Raum gefasst wurden.

Reginald Bull setzte sich in einen der bequemen Sessel, die Perry Rhodan für seine Besucher hatte aufstellen lassen.

»Ich habe deine Nachricht bekommen, weiß aber immer noch nicht«, sagte er nachdenklich, »was wir uns von dieser Sache versprechen, Perry.«

Rhodan schien die Frage nicht gehört zu haben. Er sah an Bull vorbei zum Fenster hinaus. Die klare weiße Wintersonne stand zwei Handbreit über dem Horizont. Es war neun Uhr morgens. Bis vor einer halben Stunde hatte draußen Reif auf den Dächern gelegen. Das Jahr 2043 ging zu Ende.

»Viel«, antwortete Perry Rhodan schließlich. »Eine empfindliche Schwächung des militärischen Potenzials unserer beiden Gegner: der Druuf und der Arkoniden.«

Reginald Bull räusperte sich. »Ich erinnere mich, dass wir noch vor zwei Monaten die Absicht hatten, Arkon unter Druck zu setzen. Es war schon alles vorbereitet. Nur ein kleiner Zwischenfall hielt uns davon ab, den Plan zu Ende zu führen. Warum nehmen wir ihn jetzt nicht wieder auf?«

Rhodan sah seinen Freund an.

»Was du einen kleinen Zwischenfall nennst«, antwortete er amüsiert, »hat uns beide und noch zwei andere um ein Haar das Leben gekostet. Erinnerst du dich noch, wie es aussah, als der ganze Planet Gray Beast unter unseren Füßen explodierte?«

Bull nickte. »Schön. Für uns war es ernst. Aber im großen Rahmen der galaktischen Politik war es wirklich nur ein Zwischenfall. Wir haben das Abenteuer überstanden und können den Plan wiederaufnehmen, nicht wahr?«

Rhodan antwortete rasch: »Nein, das können wir nicht.« Er nickte in Richtung auf einen Stapel papierdünner Plastikfolien, die vor ihm auf dem Tisch lagen. »Du hast die Rechenergebnisse der Venuspositronik noch nicht gesehen.«

Schweigend griff Reginald Bull nach den Folien. Sie waren etwa so groß wie Briefbögen, durch dünne Linien in zwanzig schmale, senkrecht verlaufende Felder eingeteilt und mit Serien von Punkten, Kreuzen und kleinen Kreisen bedeckt. Die Zeichen gehörten zum Maschinenkode der arkonidischen Rechenmaschinen. Es gehörte Übung dazu, die Zeichen ohne positronischen Übertrager lesen zu können, aber Reginald Bull besaß diese Übung.

Er las einige Blätter und legte sie wieder zurück. Beim Lesen war sein Gesicht ernst geworden. Er sah zum Fenster hinaus, als denke er angestrengt über etwas nach.

»Das arkonidische Imperium ist in Aufruhr«, rezitierte er schließlich, was er gelesen hatte. »Der Robotregent mobilisiert die letzten Reserven, um der Druufgefahr Herr zu werden. Er weiß nicht – und kann auch nicht verstehen –, dass die Druuf nur noch kurze Zeit eine Gefahr sein werden. Die Überlappungsfront, in der unser und ihr Universum einander begegnen, schmilzt und wandert in Richtung des Milchstraßenzentrums ab. Ist die Überlappungsfront erst einmal verschwunden, gibt es keine natürliche Möglichkeit mehr, vom Einsteinraum in den Druufraum zu gelangen – oder umgekehrt. Das bedeutet: Die Druuf werden von da an für uns keine Gefahr mehr darstellen.«

Er sah zur Seite und musterte Perry Rhodan.

»Weiter habe ich nicht gelesen«, gab er zu. »Aber die Schlussfolgerungen liegen auf der Hand, nicht wahr?«

»Das kann ich dir sagen, wenn ich gehört habe, was du meinst.«

»Der Robotregent auf Arkon«, fuhr Bull fort, »hat sein ganzes Reich mobilisiert. Das bedeutet: Er hat mindestens achtzigtausend Raumschiffe unter Waffen. Er ist nicht in der Lage, das eigentliche Phänomen der verschiedenen Eigenzeiten zu verstehen. Er hält sich an das Handgreifliche – das sind die Druufschiffe, die ab und zu in unser Universum vorstoßen, und die Überlappungszone, durch die seine eigenen Schiffe in den Druufraum hineingelangen. Wenn die Druuf nichts mehr von sich hören lassen, weil die Überlappungszone verschwunden ist, dann wird er das für einen Trick halten und weiterhin wachsam sein, weil er glaubt, dass die Druuf jeden Augenblick wieder auftauchen können.«

Er machte eine Pause und fuhr sich mit der rechten Hand durch das Haar. Er sah sehr unglücklich aus.

»Wer auch immer Arkon angreift«, fuhr er fort, »jetzt und in naher Zukunft, wird es also mit einer Flotte von achtzigtausend Einheiten zu tun haben. Dabei sind die Neubauten nicht berücksichtigt, die in ununterbrochener Reihe vom Stapel laufen. Wenn man bedenkt, dass die terranische Flotte nur aus ein paar tausend Schiffen besteht, dann – ja, dann kommt man allerdings zu dem Schluss, dass wir uns in diese Sache vorerst nicht einlassen können.«

Perry Rhodan schwieg.

Reginald Bull, der auf eine Antwort wartete, fragte nach einer Weile: »Das hast du gemeint, Perry, nicht wahr?«

»Ja, das habe ich gemeint. Wir sind zu schwach, und wir haben es gerade noch im letzten Augenblick eingesehen. Wenn man allein die Zahl der Schiffe rechnet, dann ist der Robotregent im Verhältnis zwanzig zu eins in der Überzahl. Wir wären noch schlechter daran als Friedrich der Große im Siebenjährigen Krieg. Und – wir können natürlich nicht mit dem Wunder rechnen, das den alten Friedrich damals vor dem Untergang rettete.«

Reginald Bull stand auf und ging zum Fenster. »Glaubst du, dass es Julian Tifflor gelingen wird, Abhilfe zu schaffen?«

»Tiff ist nur ein kleines Steinchen in einem großen Mosaik. Von nun an beschränkt sich die Erde darauf, kleine Streiche auszuteilen. Wir können nur Schritt für Schritt zum Ziel kommen. Wir müssen am arkonidischen Imperium knabbern wie die Mäuse am Käse. Eines Tages haben dann die kleinen Mäuse den großen Käse aufgefressen.«

Bull drehte sich um und rümpfte die Nase.

»Nicht dass mir das Bild besonders gefiele«, sagte er, »aber ich glaube, du hast recht.«

Er kehrte zu Rhodans Tisch zurück und nahm auch die übrigen Blätter auf, die er noch nicht gelesen hatte.

Julian Tifflor hockte sich auf die Kante des Bettes, auf dem er während der mehrstündigen, anstrengenden psychophysischen Behandlung gelegen hatte. Allein der Anblick des Bettes rief unangenehme Erinnerungen in ihm wach, aber es gab keine andere Sitzgelegenheit im ganzen Raum.

Leutnant Lubkov, Sergeant Fryberg und noch zwölf andere Männer – das war die Mannschaft, mit der er in anderthalb Stunden zu einem waghalsigen Abenteuer aufbrechen sollte. Tifflor wusste, dass sich Rhodan, kurz nach dem Start dieser Mannschaft mit der veralteten INFANT, mit dem Robotregenten in Verbindung setzen würde, um ihm zu erklären, dass sich vierzehn Männer unter Führung eines Flottenoffiziers von der Menschheit losgesagt hatten und zu Deserteuren geworden waren. Tifflor musste damit rechnen, dass der Regent Jagd auf sie machen würde, in der Hoffnung, ihrer habhaft zu werden und endlich etwas über die Position der Erde zu erfahren. Tifflor wusste, dass Rhodan damit einen bestimmten Plan verfolgte.

Man hatte Tiff und seinen vierzehn Gefährten auf mechanosuggestivem Weg den ganzen Plan eingegeben, der diesem Unternehmen zugrunde lag. Das hatte mehrere Stunden gedauert. Jede Einzelheit des Plans war jetzt in Tifflors Gehirn so fest verankert, als hätte er seit seiner Kindheit an nichts anderes gedacht. Der Plan war nach Tifflors Ansicht so vollkommen, dass so gut wie nichts an ihm misslingen konnte. Die Zahl der Experten, die diesen Plan ausgearbeitet hatten, schätzte Tifflor vorsichtig auf hundert, und ihre Arbeitszeit auf drei Wochen. Außerdem hatten sie sich positronischer Kombinatoriken bedient.

Er legte sich flach auf das Bett und rief sich Rhodans letzte Worte ins Gedächtnis.

»Terra steckt tief im Dreck, Tiff, um es deutlich zu sagen. Wenn der Fall Kolumbus eintritt und der Robot erfährt, wo wir uns verstecken, wird es der Erde so ergehen wie vor anderthalb Monaten Gray Beast. Den Druuf wird der Weg in unser Universum bald versperrt sein. Die Überlappungsfront schwindet und wandert aus. Dann wird der Robot anfangen, sich um die Erde zu kümmern. Wir müssen jede Chance wahrnehmen, die uns einen weiteren Zeitgewinn verschaffen und Arkon Nachteile bringen kann. Eine solche Chance bietet sich uns jetzt, solange die Druuf noch nicht von unserem Universum abgeschnitten sind. Über den Plan an sich brauche ich Ihnen nichts zu erzählen, Tiff. Sie kennen ihn in jeder Einzelheit. Auf die Männer, die Sie bei sich haben, können Sie sich verlassen, auch wenn Sie die meisten bisher noch nie gesehen haben. Sie sind konditioniert. Selbst wenn der Plan misslingt und sie einem Fremden in die Hände fallen, werden sie der Erde nicht schaden können – ebensowenig wie Sie selbst, Tiff. Wir haben uns also gesichert. Wir müssen uns sichern, denn wir sind gegen eine riesige Übermacht auf uns allein gestellt. Das Kollektivwesen auf Wanderer, das uns als einziges hätte helfen können, meldet sich nicht. Wir haben keine Möglichkeit, es zur Hilfeleistung zu bewegen. Betrachten Sie Ihr Unternehmen also nicht als eine Verlegenheitspatrouille, Tiff. Von Ihrem Erfolg hängt eine ganze Menge ab. Deswegen werden wir auch ein Auge auf Sie haben. Zwei Schlachtschiffe werden ständig in Ihrer Nähe sein. Sie tragen immer noch den telepathischen Zeichengeber, der es unseren Mutanten ermöglicht, Ihren Standort aus einer Entfernung bis zu zwei Lichtjahren ausfindig zu machen. Sie gehen uns also nicht verloren, Tiff.«

Die Erinnerung verblasste. Tifflor erhob sich. Der Fall Kolumbus, von dem Rhodan gesprochen hatte, war ein Kodewort. Damit wurde ein eventueller Angriff feindlich gesinnter Mächte auf die Erde bezeichnet. Akut war eine solche Gefahr im Augenblick nicht, denn weder der Robotregent noch die Druuf kannten die Position der Erde.

Tifflor verließ das Zimmer, um sich zu der Mannschaft zu begeben.

Außer Leutnant Lubkov und Sergeant Fryberg, die Tifflor schon kannte, befanden sich unter den vierzehn noch vier weitere Bekannte: John Marshall, der Telepath; Ras Tschubai, der Teleporter; André Noir, der Suggestor, und Tama Yokida, der Telekinet. Perry Rhodan hatte das Mutantenkorps für die Zeit des Geheimeinsatzes seiner fähigsten Mitglieder beraubt. Marshall, Tschubai, Noir und Yokida stellten zusammen eine Macht dar, die es mit einem ganzen Regiment wohlausgerüsteter Truppen aufnehmen konnte.

Tifflor fühlte sich darüber sehr erleichtert. Mutanten waren wertvolle Helfer – besonders in dieser Situation, denn paramechanischen und parapsychologischen Begabungen standen Arkoniden wie Druuf in gleicher Weise hilflos gegenüber.

Der Bildschirm leuchtete weiß. Die mechanische Stimme war tief, kräftig und mit allen Raffinessen moduliert. Niemand, der nicht wusste, dass die Stimme dem Robotregenten von Arkon gehörte, wäre auf die Idee gekommen, dass er es hier mit einem nichtorganischen Gesprächspartner zu tun hatte.

Es gehörte zu den seltsamen Zügen der galaktischen Politik, dass der Robotregent stets bereit war, eine Botschaft von Perry Rhodan zu empfangen, auch wenn Arkon und Terra in Feindschaft miteinander lebten. Selbst diese Feindschaft jedoch war etwas Eigenartiges. Sie schloss nicht aus, dass irgendwo in der Galaxis arkonidische und terranische Schiffe geschlossen gegen einen gemeinsamen Feind vorgingen, während ein paar tausend Lichtjahre entfernt eine arkonidische Robotflotte sich anschickte, einen terranischen Stützpunkt zu bombardieren.

Was den Austausch von Botschaften anbelangte, so glaubte Perry Rhodan allerdings zu wissen, welches der eigentliche Grund für die Bereitwilligkeit des Regenten war: Botschaften wurden über Telekom ausgestrahlt. Telekomgespräche aber boten die Möglichkeit, den Sender anzupeilen, und an nichts lag dem Robotregenten im Augenblick mehr als daran, die galaktische Position der Erde zu erfahren.

Natürlich hatte Perry Rhodan dafür gesorgt, dass dem Regenten das auf diesem Wege nicht gelang. Das Gespräch, das er mit dem Regenten führte, lief über zwölf Relaisstationen, bevor es endgültig nach Arkon abgestrahlt wurde. Von der Erde lief es über Richtstrahl zu einer Station, die zweitausend Lichtjahre weit entfernt war. Das Telekomwellenbündel besaß einen Durchmesser von knapp vierzig Metern. Die Bündelöffnung betrug rund drei Zehnmillionstel Bogensekunden. Das heißt: In einer Entfernung von zweitausend Lichtjahren hatte sich das Bündel von vierzig Metern auf dreißigtausend Kilometer aufgefächert und besaß damit einen Durchmesser, der nur um wenige Prozent größer war als der des Planeten, auf dem sich die Relaisstation befand. Das bedeutete, dass die Station genau »angezielt« werden musste. In der Tat waren Bündelung des Strahls und Ausrichtung der Antenne Meisterleistungen der Richtstrahltechnik, wie man sie vor noch nicht allzu langer Zeit für völlig unmöglich gehalten hätte.

Das Wichtige war, dass ein feindlicher Beobachter die so übermittelte Sendung nur dann abhören und – unter diesen Umständen allerdings mit besonderer Leichtigkeit – den Sender anpeilen konnte, wenn er sich zufällig mitten im Richtstrahl befand. Die Wahrscheinlichkeit für diesen Zufall war so gering, dass niemand sie zu berücksichtigen brauchte.

Terra war also gesichert. Die Vermittlung des Gesprächs von Relaisstation zu Relaisstation folgte demselben Prinzip. Überdies wechselte die Kette der Stationen von Sendung zu Sendung. Der Robotregent hatte keine Chance, auf diese Weise etwas über den galaktischen Standort der Erde zu erfahren.

Er selbst gab seine Antworten über einen gewöhnlichen Allwinkelsender. Er hätte nicht gewusst, wohin er mit seinem Richtstrahl hätte zielen müssen.

Das Gespräch, das Perry Rhodan an diesem Abend des 11. Dezember 2043 mit dem Robotregenten führte, war kurz, aber inhaltsschwer. Rhodan erklärte: »Ich befinde mich in einer unangenehmen Situation. Ein hoher Offizier meiner Flotte hat sich als Verräter entpuppt und mit ein paar Gesinnungsgenossen in einem gestohlenen Raumschiff die Erde verlassen. Ich weiß nicht, wohin die Leute sich wenden werden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich benachrichtigen wollten, sobald sie einem Ihrer Schiffe in die Hände fallen. Nicht dass die Männer besonders wichtig wären. Sie besitzen nicht einmal genug Informationen, um mir schaden zu können. Es geht mir nur um das Prinzip: Ein Deserteur muss bestraft werden.«

Der Regent erkannte das an. Er versprach Hilfe. Da seiner Stimme trotz aller Modulation keine Gefühlsregungen anzumerken waren, weil er keine hatte, war auch nicht zu spüren, dass er Perry Rhodans Beweggründe nicht für echt hielt.

Man nannte einen Mann nicht einen »hohen Offizier« und behauptete gleich im nächsten Satz, er sei kein wichtiger Mann. Der Robotregent war sicher, dass der Deserteur ihm, wenn er ihn in die Hände bekam, wertvolle Dienste leisten würde.

Er ließ sich also die Personalbeschreibungen der fünfzehn Flüchtigen geben. Nachdem das geschehen war, fügte Perry Rhodan noch hinzu: »Vielleicht kann ich einen Hinweis geben, der Ihnen die Sache leichter macht. Ich hatte vor wenigen Wochen ein Gespräch mit dem desertierten Offizier. Er vertrat damals die Ansicht, dass es für die Erde am günstigsten sei, mit den Druuf ein Bündnis gegen Sie zu schließen. Er schien auf das Bündnis versessen zu sein. Ich vermute daher, dass er versuchen wird, in das Druufuniversum einzutauchen.«

Das Gespräch wurde auf Arkonidisch geführt. Der Robotregent bedankte sich für den Hinweis und verabschiedete sich.

Gleich darauf aktivierte er seinen Logiksektor und ließ die Nachricht, die er soeben bekommen hatte, gründlich untersuchen. Wie er erwartet hatte, stellte sich heraus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei Perry Rhodans Botschaft um eine Finte handelte, nicht gerade gering war. Immerhin überwog die Wahrscheinlichkeit, dass die Bitte echt war und ein hoher Offizier mit vierzehn Mann die Erde in verräterischer Absicht verlassen hatte.

Welche der Aussagen des Logiksektors auch immer zutraf – der Regent war davon überzeugt, dass er keinen Fehler machen würde, wenn er das Schiff der Deserteure jagen ließ. Die arkonidische Blockadeflotte in der Nähe der Überlappungsfront, die der Terraner passieren musste, wenn er zu den Druuf wollte, war dreißigtausend Einheiten stark. Man konnte sie um weitere zehntausend verstärken und die Hälfte davon, also zwanzigtausend Schiffe, nach den Deserteuren Jagd machen lassen.

2.

Für arkonidische Begriffe war Door-Trabzon ein merkwürdiger Mann, obwohl er genau wie ein Arkonide aussah – oder vielleicht gerade deswegen. Man hätte von ihm erwartet, dass er zwar das Kommando über die aus zwanzigtausend Einheiten bestehende Suchflotte übernahm, im übrigen aber die Roboter die Arbeit tun ließ, sich auf ein bequemes Bett legte und das anregende Programm der Fiktivprojektoren betrachtete.

Door-Trabzon übernahm das Kommando, aber sonst tat er nichts von dem, was man von ihm erwartete. Er war Ekhonide. Die Ekhoniden waren Abkömmlinge arkonidischer Auswanderer und besaßen noch immer die Statur und die Sprache ihrer Vorfahren. Und doch unterschieden sie sich von ihren Vettern, den echten Arkoniden. Denn diese waren durch Jahrtausende der Ruhe, des Wohlstands und der galaktischen Machtfülle zu gelangweilten Spintisierern geworden. Die Ekhoniden dagegen waren tatkräftig geblieben, und besonders Door-Trabzon, einem hohen Offizier der aus dreihundert Schiffen bestehenden ekhonidischen Flotte, konnte man kein schöneres Angebot machen, als das Kommando über zwanzigtausend Robotschiffe.

Door-Trabzons Flaggschiff war ein Kugelraumer der mächtigsten Klasse. Es hatte den unpersönlichen Namen KK XVII getragen, als Door-Trabzon es übernahm. Jetzt hieß es WA-KELAN, nach dem berühmtesten Heerführer der ekhonidischen Geschichte. Door-Trabzon war stolz auf den Namen und das Schiff und hielt seine Leute, zu denen auch ein halbes Bataillon Roboter zählte, in ständiger Bewegung.

Door-Trabzon war hinter einem Terraner her. Er wusste nicht ganz genau, warum man zwanzigtausend Einheiten aufbot, um ein einzelnes Feindschiff zu jagen, aber da er selbst den Vorteil davon hatte, war es ihm recht. Der Regent hatte ihm versichert, nicht gerade das Wohl und Wehe von Arkon, aber doch sehr viel hänge davon ab, dass man des Terraners habhaft wurde.

Door-Trabzon war davon überzeugt, dass ihm der Feind nicht entkommen würde. Die Suchflotte stand nicht still. Sie bewegte sich fortwährend und bestrich jeden Kubikkilometer des abzusuchenden Raumes.

Sollte er nur kommen, der Terraner.

Nach drei Transitionen erreichte das terranische Schiff, das einen Durchmesser von 90 Metern besaß, ohne Zwischenfälle sein vorläufiges Ziel. Die dunkelrote Wand des Überlappungsfelds stand unübersehbar auf den Bildschirmen der INFANT. In wenigen tausend Kilometern Entfernung öffnete sich der Schlund eines Entladungstrichters und zeigte den Weg, der hinüber in das Universum der Druuf führte.

Julian Tifflor ging diesen Weg zum ersten Mal. Er hatte sich daran gewöhnt, das Ganze als ein naturwissenschaftlich-mathematisches Problem zu betrachten, aber jetzt, als er den gähnenden Trichter sah, war ihm nicht besonders wohl zumute. Der rotglühende, langsam pulsierende Schlund sah aus wie der Eingang zur Hölle.

Vorerst jedoch hatte die INFANT noch eine andere Aufgabe: Sie hatte festzustellen, ob ihr Durchbruch von den Arkoniden bemerkt worden war. Zu diesem Zweck bewegte sie sich mit einem Minimum an Fahrt auf den Trichter zu, und Sergeant Fryberg war mit seinen Geräten beschäftigt, um das All nach verdächtigen Telekomsprüchen abzuhören.

Das war in erster Linie ein statistisches Unternehmen. Der terranischen Flotte war die »Gesprächsdichte« in diesem Sektor des Raumes bekannt. Die Zahl der Telekomgespräche, die innerhalb der arkonidischen Flotte pro Sekunde geführt wurden, war nahezu eine Konstante. An Bord der INFANT war schon kurz nach der letzten Transition festgestellt worden, dass diese Konstante sich seit der letzten Messung durch terranische Patrouillenschiffe um den Faktor 1,333 erhöht hatte. Das konnte nichts mit dem Erscheinen der INFANT zu tun haben, denn der Wert war nicht angestiegen, nachdem die INFANT aufgetaucht war, sondern er war schon gleich zu Anfang so hoch gewesen.

Er hatte sich auch jetzt nicht verändert. Das konnte nur bedeuten, dass die Zahl der arkonidischen Schiffe ebenfalls um den Faktor 1,333 zugenommen hatte. Das wiederum war ein sehr erfreuliches Zeichen, denn es bewies, dass der Robotregent auf Arkon auf den terranischen Bluff hereingefallen war und zusätzliche Anstrengungen machte, um des »Deserteurschiffs« habhaft zu werden.

Fryberg machte außerdem ein paar Stichproben. Er dechiffrierte einige der aufgefangenen Gespräche und fand, dass sie sich um belanglose Dinge drehten, um Anweisungen, die von einem Schiff an ein anderes gegeben wurden, um Standortmeldungen und sogar um private Probleme.

Alles wies darauf hin, dass die INFANT nicht entdeckt worden war.

Julian Tifflor schickte sich an, die INFANT wieder in Fahrt zu setzen, als Sergeant Fryberg sich plötzlich meldete.

»Da ist etwas in unserer Nähe«, sagte er missmutig und mit unsicherer Stimme. »Aber ich kann es nicht genau ausmachen.«

Tifflor horchte auf.

»Blenden Sie über!«, befahl er.

Auf Tifflors Interkombildschirm erschien das Bild, das das Ortergerät zeigte und das Fryberg stutzig gemacht hatte. Im ersten Augenblick konnte Tifflor nichts erkennen außer dem matten Dunkelgrün des leeren Bildschirms.

»Rechts oben«, erläuterte Fryberg. »Ein ganz schwacher, verwaschener Fleck.«

Tifflor blendete die Lampe ab, die auf sein Pult schien, und machte einen zweiten Versuch. Rechts oben in der Ecke des Bildschirms entdeckte er, was Fryberg meinte. Es war kein richtiger Fleck – es war ein kaum wahrnehmbarer Hauch, als sei das Glas des Bildschirms beschlagen.

»Was sagen die anderen Geräte?«, fragte er.

»Nichts«, antwortete Fryberg. »Der Materietaster weiß von nichts, aber das kann daran liegen, dass das Ding zu weit entfernt ist. Lichtblitze oder sonst etwas gibt es offenbar nicht ab. Die Umgebung ist frei von Treibstoffrückständen. Nur die Mikrowellen nehmen es wahr.«

Ja, dachte Tifflor, es reflektiert Mikrowellen ungefähr so wie eine Handvoll Ruß das Licht.

Er stellte fest, dass das Ding sich bewegte. Wenn man dem Orter trauen konnte, war es nicht weiter als zehntausend Kilometer entfernt. Hier, dicht vor der Überlappungsfront, wo das Licht der Sterne nur aus dem halben Raumwinkel kam, war nicht damit zu rechnen, dass das Ding auf dem Optikschirm auftauchen würde, bevor es bis auf ein paar hundert Kilometer herangekommen war.

Tifflor zerbrach sich den Kopf darüber, was es sein konnte. Er dachte an eine kleine kosmische Staubwolke. Aber bei ihrer geringen Größe hätte sie von unwahrscheinlicher Dichte sein müssen, um aus zehntausend Kilometern die Mikrowellen so intensiv zu reflektieren, dass noch ein erkennbarer Reflex auf dem Schirm entstand.

Julian Tifflor weigerte sich zu glauben, dass es ein Raumschiff war. Es gab keinen Ortungsschutz, der so vollkommen war, dass man ein Schiff aus so geringer Entfernung nicht mehr eindeutig ausmachen konnte. Es durfte keinen solchen Schutz geben, denn eine Flotte von Raumschiffen, die eine derartige Ausrüstung besaßen, war dem Gegner gefährlich hoch überlegen. Tifflor gab zu, dass dies kein logischer Gedanke war. Er versuchte, die Ruhe zu bewahren, aber der Aspekt, der sich darbot, war so erschreckend, dass es ihm nicht gelang.

Er musste erfahren, was vor sich ging.

Er alarmierte die Männer an den Geschützständen. Er sagte ihnen, Fryberg hätte ein geheimnisvolles Objekt entdeckt, und die INFANT würde es jetzt untersuchen. Vorläufig gab es noch keine Gefahr, aber sie sollten die Augen offenhalten.

Er wusste, dass er den streng vorgeschriebenen Weg seiner Anweisungen und Vorschriften verließ. Er hatte sich, wenn er einmal durch die arkonidische Front gebrochen war, um nichts anderes zu kümmern als darum, dass die INFANT ungesehen in das Druufuniversum gelangte. Was er jetzt tat, konnte ihm unter Umständen die Entdeckung durch arkonidische Schiffe eintragen und das Unternehmen zum Scheitern bringen.

Trotzdem musste er die Sache untersuchen. Es blieb ihm keine andere Wahl, und die Menschen, die seine Vorschriften ausgearbeitet hatten, hatten nicht mit einem Zwischenfall wie diesem gerechnet.

Mit schwach arbeitendem Triebwerk begann die INFANT eine Kurve zu beschreiben. Wenn man den Entladungstrichter als Bezugspunkt nahm, dann befand sich das unbekannte Objekt hinter dem irdischen Schiff. Die INFANT drehte um einhundertundsechzig Grad, und als sie sich danach langsam, um die Tätigkeit des Triebwerks nicht allzu weithin sichtbar werden zu lassen, in Marsch setzte, tat sie das in Richtung auf die arkonidische Blockadeflotte zu – anstatt von ihr weg, wie es ihre Aufgabe gewesen wäre.

Ein paar Sekunden lang grübelte Julian Tifflor über dem Gedanken, ob es sich bei dem schwachen Orterreflex um einen arkonidischen Trick handelte. Er versuchte sich vorzustellen, was ein arkonidischer Stratege sich dabei gedacht und was für eine Wirkung er erwartet haben könnte, als er in der Nähe eines Entladungstrichters ein Ding anbrachte, das die Ortungsanlage des erwarteten terranischen Raumschiffs schwach zum Ansprechen bringen würde.

Es gab keinen Sinn. Wenn eine Art von Psychologie dahintersteckte, dann war sie für Julian Tifflors Begriffe zu hoch.

Mit geringer Beschleunigung trieb die INFANT auf den Fleck zu. Der Fleck bewegte sich weiter in der gleichen Richtung, die er bisher eingeschlagen hatte. Der Kurs der INFANT war so berechnet, dass sie zusammen mit dem unheimlichen Ding in etwa einer halben Stunde die gleiche Stelle im Raum erreichen würde.

Die Männer im Kommandostand der INFANT quälte der Gedanke, was geschehen würde, wenn es soweit war. Die Gespräche erstarben. Niemand sagte mehr ein Wort. Das leise, längst gewohnte Summen der Aggregate war das einzige Geräusch in dem runden Raum.

Auf Sergeant Frybergs Orterschirm näherte sich der verwaschene Fleck langsam dem Mittelpunkt. Fryberg starrte ihn an und fühlte, wie sein Mund trocken wurde. Wenn das Ding ein Schiff war, dann würde es vielleicht geduldig warten, bis die INFANT sich auf ein paar hundert Kilometer genähert hatte, um dann ihre schwachen Prallschirme mit einer einzigen, wohlgezielten Salve in Stücke zu reißen.

Wir würden nicht einmal mit den Augen zucken können, dachte Fryberg, bevor es uns trifft.

Er hob den Kopf und warf einen nervösen Blick auf den Panoramaschirm. Das Bild hatte sich nicht geändert. Auf der einen Seite lag die dunkelrote Front der Überlappungszone, auf der anderen das leuchtende Gewirr der Sterne. Nirgendwo war dazwischen ein Punkt, der sich durch fremden Glanz von seiner Umgebung abhob. Nirgendwo zeigte sich der matte Schimmer einer Schiffswandung.

Vielleicht ist es kein Schiff, dachte Fryberg. Der Teufel soll's holen, hoffentlich ist es kein Schiff. Ich möchte nichts mit einem Schiff zu tun haben, das sich so unsichtbar machen kann wie ein Stück Kohle in einem schwarzen Sack.

Er merkte, dass seine Nerven mit ihm durchgehen wollten. Er lehnte sich tief in seinen Sessel zurück und atmete heftig aus.

Reiß dich zusammen, mein Junge, ermahnte sich Fryberg. Es ist kein Schiff. Es bewegt sich auf einem Inertialkurs. Kein Zeichen deutet darauf hin, dass es gesteuert wird. Es ist ein Meteorit aus Glaswolle oder sonst etwas.

Dann schrie er plötzlich auf. Sein Schrei gellte durch den runden Raum und ließ die anderen hochfahren.

»Es kommt direkt auf uns zu!«, brüllte Fryberg voller Entsetzen.

Es war ein miserables Gefühl, das Ding auf sich zukommen zu sehen und nicht zu wissen, was es war.

Zunächst blieb es ein verwaschener Fleck auf dem Orterschirm, und die Optik zeigte an der Stelle, an der es sich befinden musste, nichts als das übliche Bild.

Die Entfernung verringerte sich rasch. Was auch immer sich hinter dem Fleck verbarg, verfügte über ein leistungsfähiges Triebwerk.

Julian Tifflor unterdrückte den Wunsch, die INFANT herumzureißen und so schnell wie möglich zu fliehen. Als er Kurs auf das Ding nahm, hatte er damit rechnen müssen, dass es sich als ein fremdes Fahrzeug entpuppte. Jetzt, da er es wusste, wäre es inkonsequent gewesen, einen Rückzieher zu machen, und Inkonsequenz war eines von den Dingen, die Tifflor hasste.

Er gab auch keinen Feuerbefehl an die Geschützstände, obwohl die Blicke der Männer ihn darum baten. Sie saßen auf ihren Plätzen, versuchten zu verbergen, dass sie vor Aufregung zitterten, und sahen ihn mit großen, ernsten Augen an.

Tifflor verstand, was sie wollten. Er schüttelte stumm den Kopf, und sie verstanden ihn ebenfalls.

Der Fleck kam näher, und schließlich kam auch der Augenblick, in dem der Astrogator schrie: »Mit unserem Kurs stimmt etwas nicht! Wir treiben ab!«

Julian Tifflor reagierte blitzschnell und instinktiv. Er schaltete das Triebwerk auf Leerleistung und sah, wie die Zeiger auf den Messskalen zum Stillstand kamen. Die Geschwindigkeit der INFANT blieb auf dem Wert, den sie hatte.

Das besagte nichts – wenigstens nichts über die tatsächliche Geschwindigkeit des Schiffes. Der Astrogator besaß bessere Werte. Solche, die sich aus Rot- und Parallaxenverschiebung ergaben.

»Sagen Sie etwas Genaues«, brummte Tifflor, »sobald Sie's wissen.«

Der Astrogator beugte sich über seine Geräte und arbeitete fieberhaft. Tifflor starrte auf den Orterschirm und stellte erstaunt fest, dass der verwaschene Fleck zum Stillstand gekommen war. Fryberg hatte seinen Blick bemerkt. Er kannte die Frage, die jetzt kommen musste, und antwortete im voraus: »Abstand dreizehnhundertundzwanzig Kilometer.«

Tifflor sah auf. Der Panoramaschirm wusste immer noch nichts von dem Ding. Dabei hätte man es aus so geringer Entfernung deutlich sehen müssen, wenn es die übliche Größe eines Raumschiffs besaß.

Ratlosigkeit stieg in Julian Tifflor auf. Er fühlte, dass seine Gedanken leerliefen. Es gab keine neue Idee mehr. Das Phänomen war fremd.

»Soviel steht fest«, sagte der Astrogator plötzlich: »Wir bewegen uns mitsamt dem Ding auf den Entladungstrichter zu.«

Tifflor horchte auf. Das hier war etwas, was er verstehen konnte. Das Ding stand deswegen scheinbar still, weil die INFANT sich mit der gleichen Geschwindigkeit in der gleichen Richtung bewegte. Die INFANT hatte ohne Dazutun ihres eigenen Triebwerks ihren Kurs geändert. Anstatt vom Trichter weg, bewegte sie sich jetzt auf ihn zu.

Es gab nur eine Erklärung: Das Ding hatte sie im Schlepp. Es strahlte ein Traktorfeld aus, das die INFANT hinter ihm herzog.

Julian Tifflor hatte gegen diese Art der Behandlung nichts einzuwenden, solange die Fahrt in der Richtung ging, die einzuschlagen er vorgehabt hatte. Er wollte wissen, welche Anstrengungen der Fremde unternehmen würde, um seinen Willen durchzusetzen.

Er gab Alarm. Nachdem er das getan hatte, ließ er die Triebwerke der INFANT wieder anlaufen. Die INFANT stemmte sich mit plötzlich erwachender Kraft gegen den Sog des Traktorfelds und versuchte, sich aus ihm zu befreien. Im Lauf weniger Sekunden steigerte Tifflor die Leistung der Aggregate bis zum Höchstwert. Er sah am Schwanken der Zeiger, wie Triebwerk und Traktorfeld miteinander kämpften. Er sah auch, wie die Zeiger plötzlich einen Sprung in die Höhe machten, als die INFANT sich aus dem Feld löste.

Der Astrogator stieß einen triumphierenden Schrei aus. Mit heiserer Stimme rief er in rascher Folge eine Reihe von Zahlen, die Julian Tifflor bewiesen, dass das Überraschungsmanöver Erfolg hatte. Das Ding hatte auf die plötzlichen Anstrengungen der INFANT nicht rechtzeitig reagiert. Die INFANT war entkommen.

Mehr hatte Julian Tifflor nicht wissen wollen. Er drehte den Triebwerksimpuls um einhundertundachtzig Grad und trieb die INFANT wieder hinter dem fremden Objekt her. Er lavierte sie bis an die Stelle, an der sie sich befunden hätte, wenn sie dem Traktorfeld nicht entkommen wäre, und überließ sie dann wieder dem Feld.

Dabei versuchte er sich vorzustellen, was der Unbekannte jetzt für ein Gesicht machte. Er hatte zusehen müssen, wie das eingefangene Schiff ihm entkam und wie es zurückkehrte, um sich freiwillig wieder in Gefangenschaft zu begeben.

Julian Tifflor zweifelte daran, dass der Fremde sich einen Reim darauf machen konnte.

Zweierlei machte ihn nachdenklich, während die INFANT im Sog des Traktorfelds langsam durch den Entladungstrichter trieb und sich seiner engsten Stelle näherte.

Das Ding hatte sehr langsam auf seinen Fluchtversuch reagiert. Es war also nicht robotgesteuert, denn sonst hätte es nur Bruchteile einer Tausendstelsekunde gebraucht, um sich auf die neue Lage einzustellen und das Traktorfeld zu verstärken. Es war also kein Robotschiff.

Aber selbst wenn man annahm, dass ein organisches Wesen am Steuer saß, musste dessen Reaktion noch langsam genannt werden – so, als sei es unachtsam oder verschlafen gewesen. Jetzt, eine Viertelstunde nach diesem Manöver, wunderte sich Tifflor darüber, dass ihm das nicht schon im ersten Augenblick aufgefallen war. Denn es war ein ziemlich eindeutiger Hinweis auf gewisse Eigenschaften dessen, der am Steuer des fremden Objekts saß. Jemand in seiner Situation war nicht schläfrig oder unachtsam, er hatte alle Sinne gespannt. Wenn er langsam reagierte, dann deswegen, weil er schneller nicht konnte.

Aus dem einfachen Grund, weil seine Eigenzeit eine andere war als die der Terraner. Wozu ein Terraner eine Sekunde brauchte, brauchte er zwei. Denn er kam aus einem anderen Universum, aus einer anderen Zeitebene, und der Faktor, um den sich seine Eigenzeit von der des Einsteinraums unterschied, war genau zwei.

Das aber war eine Darstellung, die auf alle Druuf passte.

Julian Tifflor zweifelte nicht mehr daran, dass es sich bei dem unbekannten Objekt um ein Druufschiff handelte. Er wusste noch nicht, wie das Schiff es fertiggebracht hatte, vor allen Suchgeräten, außer dem Mikrowellenorter, unsichtbar zu bleiben, aber er nahm sich vor, das herauszufinden.

Vorerst, entschied er, war es das Wichtigste, dass die INFANT sich auf dem richtigen Weg befand.

Unter dem braunen Himmel von Druufon herrschte Aufregung. Eine riesige rote und eine kleinere, aber lichtstarke grüne Sonne schienen auf ein Volk, das mit Besorgnis in die Zukunft blickte.

Die Bedrohung durch das immer größer werdende Flottenaufgebot am Rand der Entladungszone nahm ständig zu. Die Druuf hatten jedoch aus den Fehlern vergangener Tage gelernt, als sie große Verluste an robotgesteuerten Schiffen erlitten hatten. Sie versuchten daher nicht mehr, mit großen Flotten in das fremde Universum vorzustoßen, da sie nicht mehr in der Lage waren, die entstehenden Materialverluste auszugleichen. Sie schickten einzelne, diesmal bemannte Schiffe, denen es gelang, die feindliche Blockade zu durchbrechen und Patrouillenflüge durch den anderen Raum zu machen. Nach den furchtbaren Verlusten der ersten gewaltsamen Durchbruchversuche waren sie froh gewesen, dass ihnen wenigstens das noch glückte und dass der Gegner bisher noch keinen Generalangriff auf ihr Universum gestartet hatte.

Das schien sich nun geändert zu haben. Das letzte Schiff, das von »draußen« zurückgekehrt war, hatte von großen Flottenbewegungen berichtet, die sich vor der Überlappungsfront abspielten. Die feindliche Blockadeflotte war verstärkt worden. Alles deutete auf einen Angriff hin. Nur wenige Optimisten unter den Druuf, ermutigt durch die erfolgreiche Abwehr der ersten Arkon-Vorstöße, glaubten, dass dieses Unternehmen mit einem feindlichen Misserfolg enden könnte. Rein nach den Zahlen betrachtet, war das Verhältnis der Druuf zu ihren Feinden denkbar ungünstig, und dazu kam noch der Nachteil der langsameren Eigenzeit.

Es sah so aus, als müssten die Druuf um den Bestand ihres Reiches bangen.

Da, anscheinend in letzter Sekunde, erreichte eine neue Nachricht die Hauptstadt des Planeten Druufon. Die Experten studierten sie mit Sorgfalt und kamen zu dem Schluss, dass das, was dem letzten zurückkehrenden Patrouillenschiff gelungen war, ein Lichtblick, wenn nicht gar eine Wende bedeuten könnte.

Denn letzten Endes drehte es sich doch nur darum, ein paar Wesen zu finden, die in der Lage waren, bei einem feindlichen Angriff ebenso schnell zu reagieren wie der Feind selbst.

3.

Es war ein anderes Universum. Man sah es an der Farbe des Hintergrunds, vor dem das Meer der Sterne im üblichen Glanz prangte. Für Julian Tifflor, der den Sprung aus dem Einsteinraum in den Druufraum zum ersten Mal unternahm, hatte der Anblick etwas Unheimliches, beinahe Furchteinflößendes.

Der Raum hatte schwarz zu sein, denn er war nichts anderes als Form gewordene Leere. Aber dieser Raum war dunkelrot. Er glühte, als heize ihn von außen jemand auf.

Julian Tifflor überwand die Beklemmung, die der Anblick des fremden Universums in ihm ausgelöst hatte, und hielt nach dem fremden Schiff Ausschau. Es war nicht mehr länger ein verwaschener Fleck auf dem Mikrowellenschirm. Es war zum glühenden Punkt geworden, und auch die Optik zeigte nun ein mattleuchtendes, rotes Sternchen, das sich in der Art seines Leuchtens deutlich genug von den wirklichen Sternen unterschied.

Der Druuf hatte die Tarnkappe abgelegt.

Die INFANT unternahm nichts. Der Druuf musste wissen, dass er geortet worden war. Er hatte den terranischen Kreuzer in Schlepp genommen. Es war er, der sich zuerst zu melden hatte.

Das Traktorfeld bestand auch jetzt noch. Das Druufschiff befand sich jedoch im Bremsmanöver und kam eine Stunde nach dem Durchfliegen des Trichterhalses völlig zum Stillstand, wobei die Orter an Bord der INFANT alle Geschwindigkeitsangaben auf das zunächst stehende Doppelsystem der beiden Druufon-Sonnen bezogen.

Eine weitere halbe Stunde verging ereignislos. Julian Tifflor hatte den Plan gefasst, das Druufschiff anzurufen, wenn es nicht binnen zehn Minuten etwas von sich hören ließ. Aber so lange brauchte er nicht mehr zu warten. Von den zehn Minuten war erst eine Minute vergangen, als aus der dunkelroten Finsternis ein ganzes Geschwader von langen, zylindrischen Einheiten auftauchte und die INFANT in engem Kreis umringte. Tifflor hatte die Geschützstände angewiesen, auf keinen Fall zu feuern.

Wenige Minuten nach dem Auftauchen der Druuf begann der Telekom anzusprechen. Tifflor schaltete auf Empfang und erklärte auf englisch, er sei bereit zu hören, wer auch immer da mit ihm sprechen wolle. Der Bildschirm blieb dunkel. Die Druuf legten entweder keinen Wert darauf, ein Bildgespräch zu führen, oder ihr Sender war nicht mit einer Bildübertragung gekoppelt.

Träge strichen die Sekunden dahin, nachdem Tifflor sich zum Empfang bereit erklärt hatte. Im Geist sah er drüben, an Bord eines der neu angekommenen Schiffe, einen Druuf in ein kleines Gerät sprechen, das er auf der Brust hängen hatte, und darauf warten, dass das Gerät seine Worte in englischer Sprache an das Mikrophon weiterleitete, das vor ihm auf dem Tisch stand.

Er überlegte sich, dass die Druuf bislang nicht hatten wissen können, ob das Schiff, das sie aufgebracht hatten, ein arkonidisches war oder nicht. Die Form des Fahrzeugs gab keinerlei Auskunft darüber. Bis auf Ausnahmefälle war im Einsteinuniversum die Kugelform der Raumschiffe dominierend. Es wäre nichts weiter als vernünftig gewesen, wenn die Druuf den abgeschleppten Eindringling für einen Arkoniden gehalten hätten. Sie schienen ihrer Sache jedoch nicht sicher zu sein, sonst hätten sie sich, nachdem der Trichter passiert war, wohl nicht mehr soviel Mühe gemacht.

Mitten im Nachdenken wurde Tifflor unterbrochen. Der Empfänger hörte auf zu rauschen, und eine unschöne, seelenlose Stimme sagte: »Sie sind ein terranisches Schiff. Was wollen Sie hier?«

Tifflor hatte seine Antworten parat.

»Sie warnen«, erklärte er, nachdem er ein paar Sekunden hatte verstreichen lassen, um die Druuf und ihr langsames Zeitempfinden nicht zu verwirren.

»Wovor wollen Sie uns warnen?«, kam die Gegenfrage.

Nebenbei, jedoch mit Erstaunen, registrierte Tifflor, dass das Übersetzergerät, dessen die Druuf sich bedienten, offenbar vollkommen war, wenigstens was seine Kenntnis der englischen Sprache anbelangte. Die Sätze waren flüssig und korrekt. Nur die Stimme machte den Zuhörer schaudern.

»Vor einem arkonidischen Großangriff«, antwortete Tifflor. »Er steht kurz bevor, und ich dachte mir, Sie wären dankbar, wenn Sie jemand darauf aufmerksam machte.«

Diesmal dauerte es ein paar Sekunden länger, bis der Druuf sich wieder meldete. Die Stimme klang unbewegt, sie konnte nicht anders klingen. Aber aus dem Satz war das Misstrauen deutlich genug herauszulesen. »Erwarten Sie eine bestimmte Form der Dankbarkeit?«

Julian Tifflor hatte auch mit dieser Frage gerechnet.

»Falls Sie glauben, ich wollte durch Verrat Geld verdienen«, antwortete er unbewegt: »Nein! Im übrigen: Was soll das Misstrauen? Wollen Sie das ganze Gespräch über Telekom führen?«

Wieder dauerte es eine Weile, bis die Antwort kam. Sie hieß: »Kommen Sie mit zwei Mann Begleitung und unbewaffnet an Bord meines Schiffes. Besitzen Sie ein Beiboot, oder soll ich Sie holen lassen?«

Julian Tifflor wurde zornig.

»Erstens«, erklärte er schroff, »komme ich entweder so, wie ich bin, oder überhaupt nicht. Ich habe meine Dienstwaffe am Gürtel hängen, und dort bleibt sie. Dachten Sie, ich hätte vor, mit einer Pistole eine Raumflotte zu erobern? Zweitens: Ich habe ein Boot. Machen Sie sich weiter keine Mühe als die, mir zu zeigen, welches von diesem Dutzend Ihr Schiff ist.«

Der Druuf schien keine Einwände mehr zu haben.

»Ich erwarte Sie«, antwortete er. »Man gibt Ihrem Boot ein Leitzeichen.«

Julian Tifflor unterbrach die Verbindung. Er drehte sich um und sah seine Männer an.

»Es wird ernst«, sagte er. »Tschubai, Marshall, machen Sie sich fertig.«

Man meldete Door-Trabzon, dass in einem Raumsektor unweit der langsam die Front abfliegenden WA-KELAN zwei fremde Fahrzeuge ausgemacht worden waren. Door-Trabzon geriet in Verwirrung, denn am Kurs der Fremden war ersichtlich, dass sie zusammengehörten, und bisher hatte Door-Trabzon nichts anderes gewusst, als dass über kurz oder lang ein terranisches Schiff auftauchen werde.

Seine Verwirrung erreichte den Höhepunkt, als die Orter die ersten genauen Angaben über die Größe der beiden Schiffe machten. Sie standen Door-Trabzons gewaltigen Einheiten in nichts nach.

Etwas überstürzt gab Door-Trabzon Befehl, dass die unbekannten Einheiten eingekreist und angegriffen werden sollten. Um sicherzugehen, bot er dazu ein Geschwader von zweihundert Kreuzern und Schlachtschiffen auf, aber sie hatten sich kaum in Marsch gesetzt, als einer der beiden Fremden mit der WA-KELAN in Verbindung trat und versicherte, sie seien beide in friedlicher Absicht gekommen und befänden sich, was ihre Pläne betreffe, in voller Übereinstimmung mit dem Regenten von Arkon.

Das nahm Door-Trabzon den Wind aus den Segeln. Er widerrief seine Befehle und wies das Kreuzer- und Schlachtschiffgeschwader an, in zurückgezogener Position den weiteren Verlauf der Dinge abzuwarten. Dann machte er sich mit der WA-KELAN selbst auf den Weg, um nach dem Rechten zu sehen.

Noch bevor er dazu kam, erhielt er eine Kurznachricht aus Arkon, die besagte, dass der terranische Befehlshaber, Perry Rhodan, vorgeschlagen habe, selbst an der Suche nach dem mit Deserteuren bemannten Schiff teilzunehmen, und dass dieser Vorschlag seiner Erhabenheit, dem Regenten, plausibel und wünschenswert erschien.

Das brachte Door-Trabzon völlig aus dem Gleichgewicht. Denn erstens war Perry Rhodan ein Name, der seinen Weg durch die Galaxis schon vor Jahrzehnten gemacht hatte, und zweitens wusste Door-Trabzon über das Verhältnis zwischen Terra und Arkon – oder, genauer gesagt: zwischen Perry Rhodan und dem Regenten – zu gut Bescheid, um zu verstehen, warum man Rhodan ausgerechnet in dieser Situation unbehindert zwischen den Einheiten der arkonidischen Such- und Blockadeflotte herumfliegen lassen sollte.

Die Nachricht aus Arkon war jedoch, das wusste Door-Trabzon, als Befehl zu betrachten. Er hatte keine andere Wahl, als sich danach zu richten. Er war der Ansicht, dass Perry Rhodan keinesfalls suchen würde, wenn er nicht außerdem einen anderen Vorteil dabei hatte. Aber diese Ansicht war nichts wert, solange er nicht den Regenten von ihrer Richtigkeit überzeugen konnte.

Er versuchte das, aber augenscheinlich hatte er einen ungünstigen Zeitpunkt dazu gewählt. Der Regent meldete sich nicht einmal.

Door-Trabzon wusste nicht, dass der Regent um diese Zeit damit beschäftigt war, den zentralen Positroniken seiner Blockadeschiffe eine Reihe von Anweisungen zu geben, die ziemlich genau auf das hinausliefen, was auch Door-Trabzon befohlen haben würde – wenn er eine Möglichkeit dazu gehabt hätte.

Der Regent erinnerte sich an den Verdacht, den seine Kombinatorik geäußert hatte, als sie zum ersten Mal von Perry Rhodans Information über das geflüchtete Schiff erfuhr. Ein gewisser Betrag von Wahrscheinlichkeit, der nicht einfach übersehen werden konnte, sprach dafür, dass die Sache mit den Deserteuren ganz einfach ein Bluff war. Bis jetzt konnte die Kombinatorik jedoch keine Aussage über das Ziel dieses Bluffs machen, die so gewichtig war, dass man einen Plan hätte darauf aufbauen können. In diese Richtung zielten die Anweisungen, die der Regent den Positroniken gab. Sie hatten von nun an darauf zu achten, welchen Kurs die beiden terranischen Schiffe verfolgten. Sie hatten darüber und über jedes Manöver der beiden Terraner sofort Meldung an den Regenten zu geben. Der Regent seinerseits wartete ungeduldig darauf, dass sein kombinatorischer Zweig aufgrund der nun eingehenden Informationen eine Wahrscheinlichkeitsvorhersage machen konnte, nach der es möglich war, einen erfolgversprechenden Plan auszuarbeiten.

Der Regent hatte nicht vergessen, dass er vor wenigen Wochen Perry Rhodan als Gefangenen schon beinahe in der Hand gehabt hatte. Hier bot sich eine neue Gelegenheit. Wenn es sich ermöglichen ließ, dann sollte dieses Unternehmen Rhodans letztes sein.

Der Regent war ein Robot und kannte keine Skrupel.

Auf der anderen Seite hätte Perry Rhodan ein Narr sein müssen, um das nicht zu wissen. Die beiden Schlachtschiffe, DRUSUS und KUBLAI KHAN, blieben in ständiger Bewegung. Zu jedem Zeitpunkt des Unternehmens reichte ihre Geschwindigkeit für eine sofortige Transition aus. Beide Einheiten befanden sich in höchster Alarmbereitschaft. Eine Unzahl von Orterposten achtete auf die Bewegungen der arkonidischen Schiffe und gab Alarm, sobald sich genug von ihnen in genügend geringem Abstand zusammengefunden hatten, um der DRUSUS oder der KUBLAI KHAN gefährlich zu werden.

Dieser Fall trat jedoch vorerst nicht ein. Perry Rhodan hatte richtig kalkuliert: Der Robotregent würde nichts unternehmen, solange er nicht wusste, worauf die Terraner aus waren.

Dann jedoch würde er zuschlagen, blitzschnell und wohlüberlegt. Das hieß: Mit einer genügend großen Zahl von Schiffen gleichzeitig, so dass die terranischen Schutzschirme durch die Wucht des konzentrierten Feuers zerbrochen und die beiden Schiffe vernichtet wurden.

Perry Rhodan wusste, dass sein Leben keinen Heller wert gewesen wäre, wenn er sich auf die Beteuerungen des Robotregenten verlassen hätte. Sie sprachen vom Willen zur Zusammenarbeit, aber Perry Rhodan wusste besser als irgend jemand anders, dass die große Positronik log.

Die Anwesenheit der beiden terranischen Schiffe erfüllte einen doppelten Zweck. Erstens sollte Julian Tifflor und der INFANT Hilfe gebracht werden, sobald sie sie brauchten, und zweitens war es nötig, Verbindung mit dem im Druufuniversum gelegenen Stützpunkt Hades aufrechtzuerhalten. Niemand konnte die Entwicklung voraussehen, die mit dem Eindringen der INFANT in den Druufraum eingeleitet wurde. Es konnte sich von einer Sekunde zur anderen erweisen, dass jetzt der Augenblick gekommen war, in dem der Stützpunkt Hades in die Auseinandersetzungen eingreifen musste. Und da Hades selbst nur wenige Möglichkeiten besaß, sich über den Gang der Dinge zu informieren, standen die DRUSUS und die KUBLAI KHAN Wache.

Perry Rhodan war sich darüber im klaren, welches Risiko er bei diesem Unternehmen einging. Er glaubte, gegen alle Eventualitäten Vorsorge getroffen zu haben.

Er wusste nicht, dass der Augenblick auf ihn zukam, in dem sich alle Vorsorge als nutzlos erweisen würde.

Man hatte ihn darauf vorbereitet, dass ein Druuf wie eine Gestalt aus einem Albtraum aussah, aber als er zum ersten Mal selbst einen zu Gesicht bekam, hatte er Mühe, den Schock zu überwinden.

Der, vor dem er stand, ragte drei Meter vor ihm auf. Der Mensch hat eigenartige Vorstellungen von Größenverhältnissen. An die Ausmaße seiner gewaltigen Bauwerke erinnert, empfindet er ein Ding, einen Gegenstand von drei Metern Höhe nicht als bemerkenswert groß, was immer es auch ist. Vor einem anderen Menschen, der größer als zwei Meter ist, erschrickt er jedoch im ersten Augenblick, und eine lebende Intelligenz von mehr als drei Metern Höhe jagt ihm vollends Entsetzen ein.

So erging es Julian Tifflor, als er den Kommandostand des Druufschiffs betrat und der Kommandant auf ihn zukam. Der Druuf stand auf mächtigen Säulenbeinen, die allein fast so lang waren wie Julian Tifflor. Die Beine trugen einen kubischen Körper, aus dem ohne den harmonischen Übergang des Halses ein kugelförmiger Kopf von der Größe eines Medizinballs wuchs. Der Kopf besaß vier Augenöffnungen und einen dreieckigen Mund. Ansonsten war er glatt und haarlos. Von dem Körperwürfel hingen zu beiden Seiten mächtige, lange Arme herab, die in feingliedrigen Fingern endeten. Eine eigentliche Hand gab es nicht.

Wie Tifflor erwartete, hatte der Druuf den kleinen Übersetzer auf der Brust hängen. Er schien schon zuvor etwas hineingesprochen zu haben, denn als die drei Terraner den Raum betraten, plärrte das Gerät: »Ich bin allein hier, aber machen Sie sich deswegen keine Hoffnungen. Meine Freunde sind auf dem Posten.«

Julian Tifflor war nicht darauf eingegangen. Er hatte sich Zeit genommen, den Druuf zu betrachten und mit seinem Schock fertig zu werden.

Danach winkte er mit der Hand und antwortete wegwerfend: »Haben Sie keine Angst. Wir sind nicht hierhergekommen, um Ihnen weh zu tun.«

Er sah sich um. Die Einrichtung des Raumes wirkte fremdartig, beinahe grotesk für terranische Augen. Im Zentrum der Halle stand ein Ding, so groß wie ein kleines Wochenendhaus, und wies sich durch Bewehrung mit Hebeln und Schaltern als Kommandopult aus. Die Hebel waren so lang wie Reckstangen, und an den Schaltern hätten zwei Terraner mit beiden Händen drücken müssen, um sie zu bewegen. Rings um die Wand lief ein großflächiger Panoramabildschirm und zeigte die dunkelrote Tiefe des fremden Raumes mit seinen unzähligen Sternen. Von den Geräten, die unterhalb des Bildschirms aufgestellt waren, konnte Julian Tifflor kein einziges erkennen. Die Technologie der Druuf war zu verschieden von der terranischen.

Alles in allem war es ein Raum, von dem Tifflor glaubte, dass er sich niemals in ihm wohl fühlen würde. Er wusste noch nicht, dass er gezwungen sein würde, sich mit ihm anzufreunden.

Es gab keine Sitzgelegenheit im Kommandostand. Für die Druuf mit einem mittleren Körpergewicht von acht Zentnern war das Aufstehen eine mühselige Angelegenheit. Nur tiefe Erschöpfung konnte sie dazu bewegen, sich auf einen Stuhl zu setzen. Die Gravitation von Druufon, ihrer Heimatwelt, betrug 1,95 Gravos, also fast das Doppelte der irdischen. Wahrscheinlich herrschte die gleiche Schwerkraft auch an Bord des Druufschiffs, jedoch merkten die Terraner nichts davon. Sie trugen moderne Schutzanzüge mit automatisch reagierenden Antigravabsorbern, die die gewohnte irdische Schwere aufrechterhielten.

»Sie besitzen also Informationen darüber«, begann der Druuf von neuem, »dass die Arkoniden uns angreifen wollen.«

Julian Tifflor sah ihn an. Es war schwer zu erkennen, in welche Richtung der Druuf blickte. Die Druuf waren Insektenabkömmlinge. Die große Sehfläche ihrer Augen war in Hunderte von kleinen Facetten unterteilt. Tifflor fühlte sich ziemlich unbehaglich.

»Ja«, antwortete er knapp.

»Woher haben Sie diese Informationen?«, fragte der Druuf.

Die Worte, die er in den Übersetzer sprach, waren für terranische Ohren unhörbar. Die Sprechorgane der Druuf brachten Ultraschallgeräusche hervor. Die Druufsprache war ein unentwirrbares und nicht erlernbares Durcheinander von hochfrequenten Ultraschallauten.

»Ich war bei einigen Verhandlungen zugegen, die über Telekom zwischen Arkon und meiner Heimatwelt geführt wurden«, erklärte Tifflor bereitwillig.

»Worüber wurde in diesen Verhandlungen gesprochen?«

Tifflor wusste nicht, wieviel die Druuf von menschlicher Mimik verstanden. Auf jeden Fall gab er sich Mühe, ungeduldig und ärgerlich auszusehen.

»Hören Sie einmal zu«, sagte er zu dem Druuf. »Gefahr ist im Verzug. Wenn der arkonidische Angriff kommt, dann kommt er rasch. Und Sie stehen hier herum, fragen mich aus und tun so, als hätten Sie noch ein halbes Jahr Zeit. Sind Sie überhaupt berechtigt, diese Informationen entgegenzunehmen? Ich möchte, dass Sie mich zu Ihrer Heimatwelt bringen, damit ich dort Ihrer Regierung eröffnen kann, was ich weiß.«

Man konnte dem Druuf nicht ansehen, ob er beeindruckt war. Trotzdem atmete Julian Tifflor auf. Er hatte den entscheidenden Teil seiner Rolle soeben gesprochen – und er hatte es gut gemacht, meinte er. Kein irdischer Psychologe hätte ihm anmerken können, dass er aus kühler Berechnung in Aufregung geraten war und dass es ihm lediglich darum ging, den Vorschlag zu einem Flug nach Druufon so unverdächtig wie möglich an den Mann zu bringen.

Nach einer Weile antwortete der Druuf: »Woher soll ich wissen, ob Sie nicht in Wirklichkeit ein Verräter sind?«

Tifflor frohlockte. Der Widerstand schien zu weichen. Er musste nach Druufon kommen. Er musste mit Ernst Ellert, der im Körper eines Druuf-Wissenschaftlers steckte, in Verbindung treten und die Dinge über Ellert von Druufon aus zu leiten versuchen. Nur auf Druufon konnte dieses Unternehmen Erfolg haben, wenn es gelang, die höchsten Regierungsspitzen von der drohenden arkonidischen Gefahr und der Notwendigkeit eines sofortigen Gegenschlags zu überzeugen.

»Das können Sie überhaupt nicht wissen«, antwortete Tifflor abweisend. »Aber Sie können so auf mich aufpassen, dass ich keinen Schaden anrichten kann, wenn ich ein Verräter bin. Im übrigen, muss ich sagen, habe ich von Ihrer Seite etwas mehr Zuvorkommenheit erwartet. Ich habe ein gerüttelt Maß an Gefahren auf mich genommen, um Sie vor den Arkoniden zu warnen.«

Das schien den Druuf zu interessieren.

»Gefahren?«, fragte er. »Sie haben keinen Geleitschutz gehabt?«

»Du meine Güte«, seufzte Tifflor, »hatte der Druuf, der uns im Traktorstrahl hierhergebracht hat, keine Augen im Kopf? Natürlich hatten wir keinen Geleitschutz. Wir sind von der Erde geflohen, wenn Sie das endlich begreifen wollen.«

»Sie sind geflohen? Warum?«

»Weil wir Sie sonst nicht hätten warnen können. Terra verhandelt noch mit den Arkoniden. Es wird kein Beistandspakt dabei herauskommen, wie ich die Dinge sehe, aber wenigstens ein Stillhalteabkommen. Es läuft der Linie der terranischen Politik zuwider, Sie vor dem arkonidischen Angriff zu warnen, verstehen Sie das?«

»Nicht ganz. Auf Ihrer Heimatwelt, sagt man, herrscht Meinungsfreiheit. Warum sollten Sie nicht ungestraft anderer Meinung sein können als Ihre Regierung?«

Zum ersten Mal hatte Tifflor den ungewissen Eindruck, dass der Druuf mit ihm Versteck spielte.

Julian Tifflor sah sich nach John Marshall um. Marshall war Telepath. Er hätte die Gedanken des Druuf erkennen sollen. Aber Marshall zuckte mit den Schultern und machte ein unglückliches Gesicht.

»Ich bin Offizier der terranischen Flotte«, antwortete Tifflor vorsichtig. »Nur die Flotte verfügt über Schiffe, mit denen man Ihr Universum erreichen kann. Aber jedes Mitglied der Flotte ist an die Befehle des Kommandanten gebunden. Die Befehle besagen, dass über die Verhandlungen zwischen Terra und Arkon und über den bevorstehenden Angriff strengstes Stillschweigen gewahrt werden muss. Jemand, der sich an die Befehle hält, kann Sie also nicht warnen. Jemand, der ihnen zuwiderhandelt, wird vor Gericht gestellt und verurteilt. Wir mussten ein Raumschiff stehlen und uns bei Nacht und Nebel davonmachen. Das ist die Lage. Und nun kommen Sie und behandeln uns wie Straßenräuber. Ich will nach Druufon gebracht werden und dort mit den maßgeblichen Leuten sprechen, nicht hier mitten im Raum mit einem kleinen Kapitän.«

Die letzte Bemerkung war darauf gezielt, den Druuf aus der Ruhe zu bringen und zur Preisgabe seiner wahren Gedanken zu veranlassen. Das konnte nur gelingen, wenn die Druuf ebenso eitel waren, wie Menschen es zu sein pflegen.

Das waren sie offenbar nicht. Der Druuf blieb völlig ruhig und antwortete gelassen: »Ich bin ein maßgeblicher Mann. Ich glaube, ich kann Sie davon überzeugen.«

Julian Tifflor hörte eine Serie schnurrender, rumpelnder Geräusche. Er sah sich um und entdeckte, dass die Türen des Kommandostands sich geöffnet hatten. Druuf kamen herein, riesige, schwarzhäutige Gestalten, insgesamt fünfzehn. Sie bildeten einen Kreis um die drei Terraner und ihren Kommandanten. Julian Tifflor hatte das Empfinden, es sei etwas schiefgegangen, aber er wusste nicht was.

Die Druuf verhielten sich nicht feindselig. Sie standen nur da, und niemand konnte erkennen, in welche Richtung sie schauten.

»Beantworten Sie mir bitte noch eine Frage«, begann der Kommandant von neuem, und Tifflor registrierte mit Erstaunen, dass er zum ersten Mal das Wort »bitte« gebraucht hatte. »Und zwar: Warum haben Sie sich soviel Mühe gemacht, um uns zu warnen? Aus Freundschaft?«

Julian Tifflor kniff die Augen zusammen. Diese Frage hatte kommen müssen, und er ließ sich nicht überrumpeln.

»Nein!«, zischte er. »Weil ich die Arkoniden hasse!«

Plötzlich war Bewegung unter den Druuf. Köpfe hoben sich, Facettenaugen funkelten. Tifflor war überzeugt, dass sie sich nun miteinander unterhielten. Aber die Laute waren für menschliche Ohren unhörbar.

Erst nach geraumer Zeit wandte sich der Kommandant Tifflor wieder zu. Aus dem Übersetzer sagte die mechanische Stimme: »Wir sind der Ansicht, dass Sie die Wahrheit sprechen. Wir sind sogar nahezu gewiss, denn wir wussten, bevor Sie kamen, von der drohenden Gefahr. Alle Vorbereitungen sind getroffen, um den arkonidischen Angriff abzuwehren. Sie brauchen unsere Regierung nicht mehr zu überzeugen – sie ist es schon. Infolgedessen haben Sie es nicht nötig, den weiten Weg nach unserer Heimatwelt zu machen. Wir sind Ihnen dankbar und sind sicher, dass Sie uns helfen wollen. Daher richten wir eine Bitte an Sie: Bleiben Sie hier bei uns und übernehmen Sie das Kommando eines Flottenteils. Sie wissen von unserer Unterlegenheit den Arkoniden gegenüber, was das Reaktionsvermögen und natürlich auch die Fluggeschwindigkeit unserer Schiffe angeht. Bleiben Sie hier und helfen Sie uns, dass wenigstens ein Flottenteil auf die Manöver des Feindes rasch genug reagieren und Erfolge erzielen kann. Das ist unsere Bitte.«

Da wusste Julian Tifflor, dass sein Plan fehlgeschlagen war.

Es gab keinen Ausweg mehr. Er hätte sich verdächtig gemacht, wenn er die Bitte abgeschlagen hätte. Die Bitte war vernünftig, und er hätte zuvor daran denken sollen, dass die Druuf sie stellen würden.

Er konnte nicht mehr zurück. Er musste ja sagen. Hätte er abgelehnt, er hätte sein Ziel trotzdem nicht erreicht. Die Druuf hätten Verdacht geschöpft und erst recht nicht mehr daran gedacht, ihn nach Druufon zu bringen.

Das Unternehmen war missglückt. Ohne die Teilnahme von Ernst Ellert konnte kein ausreichender Erfolg erzielt werden.

Julian Tifflor hatte Mühe, seine Niedergeschlagenheit zu verbergen.

»Selbstverständlich«, antwortete er, so fest er konnte, »werden wir Ihnen helfen, die Arkoniden zu schlagen.«

Der Plan war gewesen, die Druuf-Regierung in Aufregung zu versetzen. Es bestand kein Zweifel daran, dass Ernst Ellert in der Gestalt des Druuf-Wissenschaftlers Onot dies im Verein mit den angeblichen Deserteuren hätte tun können.

Der Plan war gewesen, die Druuf zu einem Ausfall ins Einsteinuniversum zu veranlassen – zu einem Schritt also, mit dem kein Arkonide mehr rechnete – und sie auf verschiedene Möglichkeiten aufmerksam zu machen, wie sie den Arkoniden Schaden zufügen konnten, zum Beispiel durch Angriff auf abgelegene, unbemannte Depots, durch die Zerstörung von Robotstationen und anderen Einzelunternehmen. Natürlich hätten die Arkoniden zurückgeschlagen, aber auch das gehörte zu den Zielen des Plans.

Denn der Plan wollte einzig und allein darauf hinaus, dass Arkoniden und Druuf einander so viele Verluste zufügten, dass Terra außer Gefahr war.

Dieser Plan ließ sich um so leichter verfolgen, da man wusste, dass sowohl die Druuf als auch Arkon fast ausschließlich Robotflotten einsetzen würden, es also lediglich zu großen Materialverlusten auf beiden Seiten kommen würde. Hätte Lebewesen dabei der Tod gedroht, wäre dieser Plan nie realisiert worden.

Das Vorhaben würde sich nun nicht mehr durchführen lassen. Denn in Wirklichkeit dachten die Arkoniden gar nicht daran, die Druuf in ihrem eigenen Universum anzugreifen. Die Flottenbewegungen, auf die die Druuf aufmerksam geworden waren, rührten daher, dass der Robotregent ein einzelnes Schiff, mit terranischen Deserteuren bemannt, unbedingt fassen wollte. Auch das gehörte zum ursprünglichen Plan. Die Druuf sollten dadurch in ihrer Bereitschaft zu einem Vorstoß ins Einsteinuniversum bestärkt werden.