Perry Rhodan 1228: Clio, die Spielzeugmacherin - H.G. Francis - E-Book

Perry Rhodan 1228: Clio, die Spielzeugmacherin E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Völkerwanderung im Tiefenland - die Exterminatoren erscheinen Der Kampf um die Führung der Endlosen Armada ist im Sommer 428 NGZ längst zugunsten Perry Rhodans entschieden. Und Kazzenkatt, der Lenker des Dekalogs, hat bei seinen Angriffen auf die Endlose Armada und auf verschiedene Chronofossilien, die er zu pervertieren versuchte, nach anfänglichen Erfolgen schwere Niederlagen einstecken müssen. Ja, es kommt sogar dazu, dass zwei der drei Basen des Dekalogs in die Gewalt der Gegenseite geraten. Derartig in seiner Macht geschwächt, ist es dem Element der Lenkung auch nicht möglich, das wichtige Chronofossil Hundertsonnenwelt länger zu halten. Vielmehr muss Kazzenkatt den Planeten wieder den Posbis überlassen. Auf dem Schauplatz Tiefenland jedoch - wobei wir in den Frühsommer 428 NGZ zurückblenden - ist die Situation für die drei Ritter der Tiefe nicht so rosig. Zwar haben Atlan, Jen Salik und Lethos-Terakdschan verhindern können, dass das Museumsland zum Graugebiet wird, aber eine dauerhafte Rettung ist nur möglich, wenn das Land Mhuthan selbst vom Graueinfluss befreit wird. Dies geschieht, doch die Aktion hat ungeahnte Folgen. Das gesamte Tiefenland gerät in Aufruhr, und eine unter vielen, die davon betroffen werden, ist CLIO, DIE SPIELZEUGMACHERIN ...

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Nr. 1228

Clio, die Spielzeugmacherin

Völkerwanderung im Tiefenland – die Exterminatoren erscheinen

von H. G. Francis

Der Kampf um die Führung der Endlosen Armada ist im Sommer 428 NGZ längst zugunsten Perry Rhodans entschieden. Und Kazzenkatt, der Lenker des Dekalogs, hat bei seinen Angriffen auf die Endlose Armada und auf verschiedene Chronofossilien, die er zu pervertieren versuchte, nach anfänglichen Erfolgen schwere Niederlagen einstecken müssen. Ja, es kommt sogar dazu, dass zwei der drei Basen des Dekalogs in die Gewalt der Gegenseite geraten.

Derartig in seiner Macht geschwächt, ist es dem Element der Lenkung auch nicht möglich, das wichtige Chronofossil Hundertsonnenwelt länger zu halten. Vielmehr muss Kazzenkatt den Planeten wieder den Posbis überlassen.

Auf dem Schauplatz Tiefenland jedoch – wobei wir in den Frühsommer 428 NGZ zurückblenden – ist die Situation für die drei Ritter der Tiefe nicht so rosig. Zwar haben Atlan, Jen Salik und Lethos-Terakdschan verhindern können, dass das Museumsland zum Graugebiet wird, aber eine dauerhafte Rettung ist nur möglich, wenn das Land Mhuthan selbst vom Graueinfluss befreit wird.

Die Hauptpersonen des Romans

Clio vom Purpurnen Wasser – Eine Spielzeugmacherin.

Norb Ertse U Fert – Ein Besucher Clios.

Dao vom Glitzernden Berg – Ein verräterischer Artgenosse Clios.

Atlan, Jen Salik und Lethos-Terakdschan – Die Ritter der Tiefe bekommen es mit den Exterminatoren zu tun.

1.

»Verzeih mir, dass ich deine Ruhe störe«, sagte der Mann. »Ich komme zu dir, weil ich hoffe, dass du mir eine Antwort geben kannst.«

Er verneigte sich vor dem Kokon, der von dem Ast eines Baumes herabhing und sanft im Wind schaukelte.

»Mein Name ist Norb Ertse U Fert«, erklärte der Mann. Er war groß, hatte dunkles, schon etwas lichtes Haar und freundliche, braune Augen. Bittend hob er seine mächtigen Hände. »Ich benötige Hilfe. Wenn es nicht so wäre, hätte ich es nicht gewagt, ins Land Vanhirdekin zu kommen und nach den Spielzeugmachern zu suchen. Das heißt, wenn ich genau sein soll, dann will ich nicht mit irgendeinem Spielzeugmacher reden, sondern mit Clio vom Purpurnen Wasser. Man sagte mir, sie sei die größte und berühmteste aller Spielzeugmacher.«

Die hauchdünnen Fäden des Kokons schoben sich an einer Stelle zur Seite, und ein tiefblaues Auge wurde sichtbar. Es blickte den Fremden forschend an.

»Was willst du von Clio, Norb Ertse U Fert?«, fragte eine helle Stimme. »Sie lässt sich nicht gern in ihrer Ruhe stören. Du solltest nur zu ihr gehen, wenn es unbedingt notwendig ist.«

Der Besucher atmete auf. Er hatte immerhin eine Antwort erhalten.

»Darf ich mich setzen?«, erkundigte er sich höflich, und er ließ sich ins Gras sinken. Er hatte einen langen Weg hinter sich. Unterwegs hatte er viel vom Land Vanhirdekin und seiner Schönheit gehört. Doch seine hochgesteckten Erwartungen waren weit übertroffen worden. Diese großen Wälder mit ihren farbenprächtigen Mammutbäumen und Myriaden von großen und kleinen Seen hatte er nicht erwartet. Überall traf er auf fremde Lebensformen. Zahllose verschiedene Völker und Volksgruppen wohnten harmonisch im Land Vanhirdekin nebeneinander. Einige Male war er in Gefahr gewesen. Er war bedroht worden, hatte jedoch jeder Auseinandersetzung aus dem Weg gehen können. Jetzt endlich glaubte er, sein Ziel erreicht zu haben.

Ein in roten und grünen Farben schillernder Vogel flatterte von einem Ast herab und pickte unmittelbar neben ihm einige Körner auf. Dabei schien er ihn interessiert anzusehen.

Norb Ertse U Fert seufzte. Er blickte den Kokon an.

»Hast du je von den Graugebieten und dem gefährlichen Tiefeneinfluss gehört?«, fragte er.

»Nein. Noch nie. Was ist das?«, entgegnete das Wesen in dem Seidengespinst.

»Der Tiefeneinfluss nimmt allen Lebewesen ihre Energie«, erwiderte Norb Ertse U Fert. »Die macht sie zu stumpfsinnigen Kreaturen. In den Graugebieten gibt es nur noch öde Leere und Langeweile. Alles ist grau in grau, und die Wesen, die dort leben, werden zu Sklaven der Grauen Lords.«

Der Vogel hüpfte zwitschernd in die Höhe, flatterte einige Meter weiter und landete auf einem gewundenen Pfad, der zu einer hochgelegenen Ebene hinaufführte. Ein kleiner Wasserfall stürzte von dort oben herab und nährte einen Bach.

»Führt der Weg zu Clio vom Purpurnen Wasser?«

»Geh hinauf«, antwortete der Kokon. »Clio ist eine schöne Frau. Und sie hört es gern, wenn man es ihr sagt.«

»Ist das alles, was ich beachten muss?«

Ein Windstoß ließ den Kokon taumeln. Das Wesen darin schwieg.

Norb Ertse U Fert erhob sich und ging den Pfad hinauf. Der Vogel hüpfte vor ihm her, bis ein armlanger Skorpion aus einer Erdhöhle hervorschoss und ihn zu fangen versuchte. Kreischend flüchtete er auf einen mit Blüten besetzten Ast, während das riesige Insekt ihm drohend den Giftstachel entgegenhob, bis es die Nutzlosigkeit seines Tuns erkannte und wieder in sein Versteck zurückkehrte.

Der Besucher eilte zum Wasserfall hoch, und dann wusste er, dass er am Ziel war. Ein purpurrot schimmernder See lag vor ihm. Ein schmaler Wall aus Steinen führte zu einer Wasserburg hinüber, die sich ihm gegenüber am Eingang einer Schlucht erhob.

»Die Wasserburg Clios«, sagte Norb Ertse U Fert leise.

In diesem Bereich des Tiefenlands hatte man nur gerüchteweise von den Graugebieten und dem Tiefeneinfluss gehört. Vanhirdekin war davon verschont geblieben. Der Besucher erinnerte sich an die vielen Gespräche, die er mit den unterschiedlichsten Wesen geführt hatte. In allen war deutlich geworden, dass es niemanden in Vanhirdekin gab, der jemals ein Graugebiet gesehen hatte.

»Vielleicht liegt es daran, dass in Vanhirdekin auch das Volk der Spielzeugmacher, das Volk der Chylinen, lebt«, hatte Cors U Tat gesagt, ein Wesen, das aussah wie ein Ast. Norb Ertse U Fert war ihm im Unterholz der Wälder begegnet, wo er nach edlen Pilzen gesucht hatte.

Vielleicht war es wirklich so, dass die Spielzeugmacher vom Volk der Chylinen das Land schützten.

»Die Spielzeugmacher sind wahrscheinlich eines der ältesten Völker des Tiefenlands«, hatte Cors U Tat erklärt, während er einen großen Pilz aus dem Boden gezogen und verzehrt hatte. Dabei hatte sich sein Körper gekrümmt und gebogen, als leide er unter unerträglichen Schmerzen. Tatsächlich aber waren diese Bewegungen nur Ausdruck seines Wohlbefindens gewesen.

Norb Ertse U Fert sah, dass der Boden des Sees aus einem purpurnen Material bestand. An ihm brach sich das Licht, so dass das Wasser aussah wie Blut. Große Fische trieben träge an dem Besucher vorbei. Einige von ihnen fuhren eine Art Rüssel aus, die sie über die Wasseroberfläche hinaushoben.

Er betrat den Steinwall und balancierte vorsichtig auf ihm entlang. An einigen Stellen lagen die Steine so weit auseinander, dass er springen musste, und einmal musste er gar durch das flache Wasser waten, um weiterzukommen.

Der grün und rot schillernde Vogel war plötzlich wieder neben ihm. Er flatterte an seinem Kopf vorbei, streckte dann die Flügel aus und segelte über die glitzernde Wasserfläche hinweg, um in weitem Bogen zu ihm zurückzukehren. Er landete unweit von ihm auf einem Stein.

»Hallo, Freund«, sagte Norb Ertse U Fert. »Lange nicht gesehen.«

Der Vogel antwortete zwitschernd.

Im nächsten Moment teilte sich das Wasser, und ein schlanker Körper schoss daraus hervor. Er glitt über den Steinwall hinweg und verharrte dann in einem Brückenbogen, der Norb Ertse U Fert den Weg versperrte. Erschrocken blieb der Besucher stehen. Erst jetzt erkannte er den vielfach gemusterten Leib einer Schlange, deren Kopf- und Schwanzende untergetaucht blieben, während der mittlere Teil sich über den Steinen wölbte. Von ihm hingen pendelnd mehrere tentakelartige Gebilde herab, die mit Saugnäpfen und scharfen Krallen besetzt waren.

Norb Ertse U Fert trat einige Schritte zurück. Unsicher blickte er auf den Schlangenleib. Er wusste nicht, was er tun sollte. Klar war ihm jedoch, dass er auf keinen Fall gewaltsam durchbrechen durfte. Die Schlange wäre auf jeden Fall schneller gewesen als er.

»Was ist los?«, fragte er.

Der Vogel stieg zwitschernd auf und landete auf dem Schlangenleib.

»Warum versperrst du mir den Weg zu Clio?«

Unmittelbar neben ihm hob sich der Schlangenkopf aus dem Wasser. Er war purpurrot, so dass er sich kaum vom Untergrund abhob. Kalte Augen blickten Norb Ertse U Fert an. Zwischen den leicht geöffneten Kiefern leuchteten vier scharfe Zähne. Eine rote Zunge fuhr ihm zischend entgegen. Er wollte fliehen, doch seine Beine gehorchten ihm nicht. Wie gelähmt stand er auf den Steinen, vollkommen überrascht von der Feindseligkeit des Reptils.

»Wir erwarten ein Geschenk«, tönte es ihm aus dem Rachen der Schlange entgegen.

Norb Ertse U Fert blickte ratlos in die kalten Augen.

»Ein Geschenk? Ich weiß nicht, was ich euch schenken soll. Ich habe nichts.«

Er blickte an sich herunter. Er trug Hosen und Stiefel aus einem lederähnlichen Material, eine blaue Bluse aus einem seidigen Stoff, und eine federleichte Weste, die mit allerlei Taschen versehen war. Doch alle Taschen waren leer. Er hatte buchstäblich nichts – abgesehen von einem Reif aus glitzernden Edelsteinen am Arm. Diesen aber hatte er als Geschenk für Clio vom Purpurnen Wasser vorgesehen. Was sollte er tun? Er konnte doch nicht mit leeren Händen vor die Spielzeugmacherin hintreten.

Er ließ sich in die Hocke sinken, da er meinte, dass seine Beine ihn nicht mehr tragen konnten. An Flucht war ohnehin nicht zu denken. Er konnte das Ufer niemals vor der Schlange erreichen.

»Ich weiß wirklich nicht, was ich dir geben könnte«, sagte er verzweifelt.

»Du könntest uns deine Erinnerungen geben.«

»Meine Erinnerungen?«, erwiderte er verblüfft. »Wie könnte ich das?«

»Das lass nur unsere Sorge sein. Was wir benötigen, ist deine Bereitschaft, dich von deinen Erinnerungen zu trennen.«

»Aber dann bin ich nicht mehr ich selbst.«

»Manch einer würde sich glücklich schätzen, wenn er vergessen dürfte.«

»Aber ich will nicht alles vergessen«, rief Norb Ertse U Fert. »Versteht ihr nicht? Ich bin hier, weil ich Schutz suche vor dem Tiefeneinfluss.«

»Überlege es dir.«

Der Besucher blickte sehnsüchtig zur Wasserburg hinüber. So nah war er Clio vom Purpurnen Wasser gekommen. Sollte er nun auf den letzten Metern scheitern? Er hatte viele Gefahren überwunden. Seine Schusswaffe hatte er bei einem Handel mit geflügelten Echsen gegen das Recht eingetauscht, eine Brücke über einen Strom überqueren zu dürfen.

»Du kommst in ein friedfertiges Land«, hatten die Echsen gesagt, die die Brücke bewachten. »In Vanhirdekin brauchst du keine Waffe. Niemand wird dich dort bedrohen.«

Sie waren mit der Wahrheit recht freizügig umgegangen.

»Was passiert, wenn ich euch meine Erinnerung nicht gebe?«

Die Schlange zeigte ihm die Zähne. Gift tropfte daraus hervor.

»Das war deutlich«, seufzte Norb Ertse U Fert. »Ihr lasst mir also keine Wahl.«

Der Vogel stieg flatternd auf. Rüttelnd verharrte er über dem Besucher. Sein Gesang klang wie Hohn.

»Was wollt ihr mit meiner Erinnerung?«, rief Norb Ertse U Fert. »Was könnt ihr denn schon damit anfangen?«

»Was gibt es Schöneres als die Erinnerung eines anderen?«, erwiderte die Schlange zischelnd. »Wir werden teilhaben an deinem Leben, an den guten und an den schlechten Taten, an deiner Freude und deiner Trauer. Wir werden eintauchen in deine Seele. Wir werden dich besser kennenlernen, als du dich selbst kennst, und vielleicht werden wir richten, wenn du hintrittst vor Clio vom Purpurnen Wasser.«

»Ich habe nichts zu verbergen.«

»Um so besser.«

Die Schlange schien zufrieden mit seiner Antwort zu sein, der Vogel aber schien zu lachen, schrill und höhnisch.

»Du wirst deine Seele reinigen«, zischte das Reptil. »Danach wirst du dich fühlen wie ein Neugeborener.«

»Was bleibt mir dann noch? Werde ich mein Leben neu beginnen?«

»Nicht ganz. Einen Teil deiner Erinnerungen werden wir dir lassen.«

Norb Ertse U Fert senkte den Kopf. Er fühlte sich verloren und so einsam wie noch nie zuvor in seinem Leben. Was die beiden Wesen von ihm forderten, war ungeheuerlich. Er fand, dass niemand das Recht hatte, Derartiges zu verlangen. Doch was sollte er tun? Er saß in der Falle, und im Grunde genommen hätten die beiden ihm die Erinnerung auch stehlen können.

Er blickte auf.

»Warum nehmt ihr euch nicht einfach, was ihr haben wollt?«, erkundigte er sich. »Was seid ihr denn anderes als Wegelagerer?«

»Du kannst uns eine Erinnerung nur schenken«, erklärte die Schlange. »Es ist wie mit der Liebe. Auch sie wird immer ein Geschenk bleiben. Niemand kann sie sich mit Gewalt holen.«

»Dann bin ich also nicht der erste, dem ihr den Weg versperrt habt?«

»Natürlich nicht.«

»Wie haben sich die anderen entschieden?«

»Die einen so, die anderen so. Manche sind lieber gestorben, als sich uns in dieser Art und Weise zu offenbaren, wobei nicht sicher ist, dass sie es nach ihrem Tode nicht einem anderen gegenüber doch getan haben. Manche waren froh darüber, neu beginnen zu können.«

Norb Ertse U Fert kletterte über einige Steine näher an die Burg heran.

»Ich muss zu Clio vom Purpurnen Wasser«, erklärte er energisch. »Wie auch immer es geht, ich muss es schaffen. Und wenn ich mich selbst dabei aufgeben müsste.«

Der Vogel flatterte heran und ließ sich auf seinem Kopf nieder. Zugleich schob sich der Schlangenleib weiter über den Damm, und der Kopf glitt hinter ihm über die Steine hinweg, so dass er ringförmig eingeschlossen wurde.

Es wurde dunkel um ihn, und er hatte das Gefühl, schwerelos in ungeahnte Höhen davongetragen zu werden. Bilder aus seiner Kindheit tauchten vor seinem geistigen Auge auf. Er sah sich wieder, wie er sich wild und oft unbeherrscht seinen Geschwistern gegenüber durchgesetzt, wie er gegen seine Lehrer rebelliert, und wie er als Jugendlicher lebensgefährliche Kämpfe mit dem zweischneidigen Schwert ausgetragen hatte. Er sah die Frauen vor sich, um deren Gunst er geworben, und er sah seine Kontrahenten, mit denen er um Machtanteile gerungen hatte. Doch diese Eindrücke waren flüchtig. Sie verloren sich schnell, kaum dass sie ihm bewusst wurden. Es war, als ob seine Vergangenheit sich von ihm löse und weiter und weiter vor ihm zurückweiche. Zugleich drängte das barbarische Erbe seines Volkes nach oben.

*

Clio vom Purpurnen Wasser kauerte auf den schimmernden Zinnen ihrer Wasserburg und blickte auf den See hinaus. Sie gab sich ganz dem Gefühl hin, über den farbenprächtigen Wäldern von Vanhirdekin zu thronen und sich von dem milden Wind mit seinen vielfältigen Düften umwehen zu lassen.

Sie war erfüllt von der Gewissheit, dass sie die Schönste aller Spielzeugmacher vom Volk der Chylinen war.

Clio ähnelte einer blassblauen Birne von 3,50 Meter Größe. Ihr Oberkörper hatte einen Durchmesser von etwa einem Meter, der ausgewölbte untere Teil ihres Körpers einen von etwas mehr als zwei Metern. In halber Höhe ihres Körpers befand sich ein blutroter Mund, und über ihm schimmerten die drei senkrecht übereinander stehenden, mandelförmigen Augen, von denen jedes etwa fünfmal so groß war wie das eines Menschen. Zur Zeit hatte Clio keine Arme und Beine, doch war sie jederzeit in der Lage, welche zu bilden, wenn sie es wollte.

Ihre Blicke richteten sich auf die humanoide Gestalt auf dem Steinwall unter ihr, und ihr Mund lächelte.

Wieder einmal kam ein Besucher, um etwas von ihr zu erbitten, und auch er wagte es nicht – wie so viele vor ihm –, sich der Schlange und dem Vogel zu widersetzen.

Er lässt sich ausplündern, dachte sie belustigt. Was für ein Narr.

Sie seufzte bei dem Gedanken, dass der Besucher seine Erinnerungen opferte, um zu ihr gelangen zu können.

Einen Teil ihrer Erinnerungen hätte sie ganz gern abgegeben, denn ihr Gehirn war kaum noch in der Lage, all das zu speichern, was ihr im Verlauf ihres Lebens widerfahren war, das nun schon einige tausend Jahre währte.

Während sie beobachtete, wie der Mann auf dem Steinwall weiterging, versuchte sie, mit ihren Gedanken in die tiefste Vergangenheit zurückzukehren. War da nicht irgendwann irgend jemand gewesen und hatte ihr Wissen vermittelt? Wirkliches Wissen um überaus schwierige und komplizierte Dinge, die weit über das hinausgingen, was die Spielzeugmacher im allgemeinen herstellten, und bei denen äußerste Konzentration verlangt wurde?

Sie seufzte laut.

Wie lange war es doch her, dass jemand zu ihr gekommen war und um Hilfe für solche Dinge gebeten hatte, die jenes Maß an Konzentration verlangten, das Spaß machte? Welch ein unvergleichliches Vergnügen, seinen Geist benutzen zu können, über die alltäglichen Dinge hinauszustreben und Erfüllung in höchster Leistung zu finden!