Atlan 52: Projekt Planetentöter - H.G. Francis - E-Book

Atlan 52: Projekt Planetentöter E-Book

H. G. Francis

0,0

Beschreibung

Wissenschaftler vor Gericht - gefährliche Experimente bedrohen den Kosmos Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Anfang Januar des Jahres 2481 Standardzeit. Somit sind seit dem Ende der Condos Vasac rund 432 Jahre vergangen. Ronald Tekener, jetzt Oberst, und Sinclair M. Kennon, jetzt im Range eines Oberstleutnants, die beiden Asse der USO, sind noch immer am Leben - und nehmen nach wie vor an gefährlichen Einsätzen teil. Tekener, der sich einen lebenserhaltenden Zellaktivator beschafft hat, und Kennon, dessen organisches Gehirn aufgrund der weit fortgeschrittenen Biochemie eine Lebenserwartung von vielen Jahrhunderten besitzt, operieren jetzt unter einer neuen Tarnung. Seit etwa zwanzig Jahren besitzen sie ein autonomes Planetoidensystem, auf dessen größtem Himmelskörper sie die Zentrale der "Unabhängigen Hilfsinstitution für Bedrängte" etabliert haben. Tekener und Kennon sind Chefs der UHB, und sie greifen überall dort in der Galaxis ein, wo Aktionen von Großmächten aus politischen Gründen nicht möglich oder opportun sind. Kurz nach Beendigung des "Kampfes hinter den Kulissen" der Zentralgalaktischen Union übernehmen die beiden Spezialagenten auf Atlans Bitte einen neuen, äußerst gefährlichen Auftrag. Es geht um die Ausschaltung verbrecherischer Wissenschaftler, die das PROJEKT PLANETENTÖTER betreiben ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 52

Projekt Planetentöter

Wissenschaftler vor Gericht – gefährliche Experimente bedrohen den Kosmos

von H. G. Francis

Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Anfang Januar des Jahres 2481 Standardzeit. Somit sind seit dem Ende der Condos Vasac rund 432 Jahre vergangen.

Ronald Tekener, jetzt Oberst, und Sinclair M. Kennon, jetzt im Range eines Oberstleutnants, die beiden Asse der USO, sind noch immer am Leben – und nehmen nach wie vor an gefährlichen Einsätzen teil.

Tekener, der sich einen lebenserhaltenden Zellaktivator beschafft hat, und Kennon, dessen organisches Gehirn aufgrund der weit fortgeschrittenen Biochemie eine Lebenserwartung von vielen Jahrhunderten besitzt, operieren jetzt unter einer neuen Tarnung.

Seit etwa zwanzig Jahren besitzen sie ein autonomes Planetoidensystem, auf dessen größtem Himmelskörper sie die Zentrale der »Unabhängigen Hilfsinstitution für Bedrängte« etabliert haben.

Tekener und Kennon sind Chefs der UHB, und sie greifen überall dort in der Galaxis ein, wo Aktionen von Großmächten aus politischen Gründen nicht möglich oder opportun sind.

Kurz nach Beendigung des »Kampfes hinter den Kulissen« der Zentralgalaktischen Union übernehmen die beiden Spezialagenten auf Atlans Bitte einen neuen, äußerst gefährlichen Auftrag.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Lordadmiral sucht nach den Verantwortlichen für das »Projekt Planetentöter«.

Carl Heihatter – Zeuge eines planetenzerstörenden Experiments.

Aarlon DeVanten und Fodor Tarinow – Ronald Tekener und Sinclair M. Kennon in der Rolle von Verbrechern.

Noc Tetro und Gracia Monet – Tekeners und Kennons Begleiter.

Joe Deiran – Ein Skandalreporter.

Gucky

1.

Wie ein unförmiges Insekt senkte sich das flugfähige Biolabor auf den Boden herab. Die Kufen glichen nach hinten abgeknickten Chitinbeinen. Captain Gunleiv Gilje schaltete das Antigravtriebwerk nicht aus. Er saß wie gebannt in seinem Sessel und blickte auf ein Sumpfloch, das nur wenige Meter von ihm entfernt war. Zwei Antennen ragten daraus empor. Sie waren mit zerfaserten Schleiern versehen. Gilje schätzte, dass sie etwa vierzig Zentimeter lang waren.

Ihm wurde kalt, obwohl sich die Temperatur in der vollklimatisierten Fahrkabine nicht verändert hatte. Seine rechte Hand legte sich auf den Projektorschalter für den Energieschirm, doch er drehte ihn noch nicht herum.

Er konnte sich nicht erklären, weshalb er sich unsicher fühlte. Ihm konnte überhaupt nichts passieren. Der Schweber trug eine starke Panzerung, und auch die Sichtkuppel bestand aus einem Material, das allen vorstellbaren Gewalten standhielt, die einem Biologen auf seinen Forschungsausflügen auf unerschlossenen Welten begegnen konnten.

Plötzlich begann seine Haut zu prickeln. Er zuckte zusammen. Ihm war, als sei er von einem elektrischen Schlag getroffen worden. Gleichzeitig verschwanden die antennenartigen Fühler aus dem moorigen Gelände. Direkt vor ihm materialisierte eine Schnecke. Sie war etwa einen Meter lang. Suchend drehte sie sich um sich selbst und presste sich dann mit der Unterseite gegen die Kuppel. Aus ihrer violetten Haut stülpten sich blaue Düsen hervor, aus denen eine Säure spritzte.

Captain Gilje lächelte. Damit würde die Teleporterschnecke – wie er das Tier spontan nannte – die Scheibe nicht zerstören können. Viel schlimmer wäre es gewesen, wenn es mitten in die Kabine gesprungen wäre. Er verlor keine Zeit und startete sofort. Das Fluggerät stieg steil in die Höhe. Er erhob sich und öffnete einen Seitenschrank. Hastig nahm er einen Energienadler heraus, schloss die Tür und lehnte sich aufatmend mit dem Rücken dagegen. Die Schnecke hatte sich nicht vertreiben lassen. Sie lag noch immer auf der Scheibe. Gilje wartete darauf, dass sich sein unheimlicher Gegner in die Kabine teleportieren würde. Je länger der Flug dauerte, desto ruhiger wurde er jedoch – bis die Schnecke plötzlich verschwand.

Suchend blickte er sich um. Die Schnecke befand sich nicht in der Zentrale. Das bedeutete jedoch nicht, dass sie nicht an Bord war. Sie konnte überall sein – im Laderaum, in der Maschinenkammer oder in einem der Laboratorien. Er fluchte. Er hatte ein unangenehmes Gefühl der Leere im Magen. Jetzt wäre er froh gewesen, wenn er einen Schutzanzug mitgenommen hätte. Er hatte jedoch darauf verzichtet, weil er fest davon überzeugt gewesen war, dass es auf dieser Welt keine Gefahr gab, vor der man sich schützen musste.

Der Schweber begann zu schwanken. Die Triebwerke liefen unregelmäßig. Er verlor den Boden unter den Füßen, rutschte quer durch die Kabine und prallte hart mit der Schulter gegen die Funksteuerung. Gleichzeitig flammte ein Warnlicht auf. Vergeblich bemühte er sich, auf die Füße zu kommen. Immer wenn er glaubte, es geschafft zu haben, kippte das Fluggerät ab, und er fiel erneut. Schließlich kroch er bäuchlings bis zum Pilotensessel und hielt sich an den festverschraubten Sesselbeinen fest. Er zog sich hoch und setzte sich. Sicherheitsbügel fuhren aus und hielten ihn. Gilje hatte jedoch keinen Grund, sich erleichtert zu fühlen. Der Schweber stürzte fast senkrecht zu Boden.

Der Captain schaltete das Triebwerk mehrfach aus und ein. Danach funktionierte es für einige Sekunden völlig einwandfrei. Er konnte den Schweber hochziehen und den Absturz verhindern. Dann versuchte er zu landen. Das Licht einer Warnlampe fiel ihm erst jetzt auf. Er erschrak, denn er wusste nicht, wie lange sie schon brannte. Er hatte sie vollkommen übersehen. Die Teleporterschnecke hatte ihn allzu sehr abgelenkt. Auch jetzt noch fürchtete er, sie könne plötzlich neben ihm auftauchen und ihn angreifen.

Er zog das Mikrophon zu sich heran und rief das Explorerschiff. Die EX-3719 meldete sich sofort mit der vom Band abgespielten Alarmmeldung. Aus ihr ging jedoch nur hervor, dass Kommandant Heihatter sich zur Flucht von diesem Planeten entschlossen hatte. Die EX-3719 gab Katastrophenmeldung und kündigte den Start für 02.30 Uhr am 4. Januar 2841 Erdzeit an, ohne eine Erklärung zu geben.

Das war in sechs Minuten.

Er zog das fliegende Biolabor sofort wieder hoch und beschleunigte mit Höchstwerten. Sekundenlang schien es, als würde das Triebwerk jetzt einwandfrei funktionieren. Gilje hatte die Teleporterschnecke vergessen. Bis jetzt konnte er das Schiff noch nicht sehen. Es war hinter einem Bergrücken in einem wüstenartigen Gebiet gelandet. Dort hatte die EX-3719 Wasser getankt. Durch einen Schaden in der Aufbereitungsanlage hatte das Forschungsschiff beträchtliche Wassermengen im Raum verloren und war daher gezwungen gewesen, auf diesem Planeten zu landen. Es war der einzige Begleiter einer kleinen, roten Sonne. Der Stern trug die Nummernbezeichnung BI-Sek-36. Der Trabant war namenlos. Seine öden Landschaften wurden an nur wenigen Stellen von geringer Vegetation aufgelockert. In der südlichen Hemisphäre des sauerstoffarmen Planeten hatten die Spezialisten des Schiffes größere Wasservorkommen als in anderen Bereichen ausgemacht.

Captain Gilje hatte die Gelegenheit genutzt, wie andere Biologen und Geologen auch, einen Landstrich zu erforschen. Hier war er auf eine etwas üppigere Fauna gestoßen. Jetzt empfand er seine Entdeckung jedoch keineswegs als besonders reizvoll. Er hatte vielmehr das Gefühl, eine Zeitbombe an Bord genommen zu haben. Der Schweber glitt mit unregelmäßigen Bewegungen über die sanften Bergspitzen hinweg. Sie waren von einschlagenden Partikeln aus dem Raum weitgehend abgeschliffen worden.

Noch vier Minuten bis zum Start. Wieder setzte das Triebwerk für einige Sekundenbruchteile aus. Das Fluggerät wurde langsamer. In Gilje verstärkte sich die Überzeugung, dass die Schnecke das Aggregat in seiner Leistung beeinträchtigte.

»Verdammt, wartet auf mich«, rief der Captain ins Mikrophon. »Es kann doch überhaupt keinen Grund geben, ohne mich zu starten. Auf dieser Welt gibt es doch nichts, was uns zu einer sofortigen Flucht veranlassen könnte.«

Niemand antwortete ihm. Das Raumschiff war nur noch wenige Kilometer von ihm entfernt. Es erschien ihm unerreichbar zu sein. Von mehreren Seiten rasten Prallgleiter und Antigravschweber heran und verschwanden in den Schleusen. Außer ihm hatten alle die Hangars erreicht. Bei ihm ging es buchstäblich um Bruchteile von Sekunden. Die Frist lief ab. Die letzte Minute war angebrochen.

»Wartet auf mich. Ich schaffe es sonst nicht«, sagte er mit heiserer Stimme. Niemand antwortete ihm. Er fragte sich, was an Bord der EX-3719 geschehen sein konnte. War die Besatzung von Teleporterschnecken überfallen worden? Floh Heihatter, weil er sich gegen diesen Gegner nicht wehren konnte? Gilje schüttelte den Kopf. Er konnte es sich nicht vorstellen. Die Besatzung des Explorerschiffes war in der Lage, einen solchen Gegner von Bord zu vertreiben.

Er blickte auf das Chronometer. Die letzten Sekunden verrannen. Unter dem Explorerschiff wirbelte Staub auf. Die Triebwerke liefen an. Sanft hob die Kugel vom Boden an, getragen von unsichtbaren Antigravitationsfeldern. Die Landestützen wurden eingefahren.

Die Frist war abgelaufen, und noch immer trennten den Captain fast tausend Meter vom Forschungsschiff. Seine Hand drückte den Beschleunigungshebel noch weiter nach vorn, aber die Triebwerke gehorchten dem Befehl nicht. Sie setzten immer wieder aus. Dann sackte das Biolabor ab und schüttelte sich, als wolle es ein unsichtbares Gewicht abwerfen.

Gunleiv Gilje schluckte. Sein Mund war so trocken, dass die Zunge am Gaumen klebte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es wirklich einen überzeugenden Grund für einen Alarmstart gab. Die rote Sonne lag in einem Sternensektor im äußeren Zentrumsrand der Galaxis. Der Planet war alles andere als wirtlich. Hier konnte es keine Intelligenzform geben, die bei hoher Intelligenz eine gefährliche Aggressivität entwickelt hatte. Er glaubte nicht daran, dass die Schnecken ernstzunehmende Gegner waren.

Sekundenlang fürchtete der Captain, dass er es nicht mehr schaffen würde. Das Explorerschiff stieg wesentlich langsamer auf als bei einem Alarmstart vorgesehen. Man wartete also doch auf ihn. Vermutlich hatte Heihatter erkannt, dass er Schwierigkeiten mit dem Triebwerk hatte. Immer wieder setzte es aus, und der Schweber sackte ab. So näherte er sich der EX-3719 in einer wellenförmigen Anflugbahn.

Einhundert Meter vor dem Ziel erkannte der Offizier, dass er sich kein ausgewogenes Einflugmanöver leisten konnte. Er musste alles riskieren, oder der Kommandant würde ihn auf dieser Wüstenwelt zurücklassen. Der Oberst hatte keine andere Wahl. Das Wohl des Schiffes mit seiner achthundertköpfigen Besatzung ging vor. Gilje wusste, dass er ihn opfern würde, wenn er es nicht schaffte. Deshalb setzte er alles auf eine Karte. Er hatte nur diese eine Chance.

Die Gurte pressten ihn fest an den Sitz. Er konnte sich kaum bewegen, als er sie noch strammer stellte. Dann zog er den Schweber steil nach oben, nahm den Beschleunigungshebel kurz zurück und stieß ihn dann wieder ganz nach vorn. Er presste die Lippen zusammen. Bis jetzt war das Triebwerk in jeder Minute wenigstens viermal ausgefallen. Jetzt kalkulierte er einen derartigen Aussetzer mit ein. Wie ein Gebirge erhob sich vor ihm die Schiffswand, und tief unter ihm – so schien es ihm – öffnete sich die Schleuse.

Zwanzig Meter vor dem Explorer explodierte etwas unter ihm. Das Triebwerk fiel völlig aus. Der Schweber sackte ab wie ein Stein, ohne dabei an Geschwindigkeit zu verlieren. Der Captain schrie unwillkürlich auf. Er versuchte, die Fahrt zu verringern. Vergeblich.

Als er in die Schleuse hineinraste, materialisierte direkt neben ihm die Teleporterschnecke. Er fühlte die ätzende Säure auf seiner Wange. Dann prallte das Fluggerät in das Antigravfeld, das ihn auffangen sollte. Captain Gilje hatte das Gefühl, frontal mit einer Felswand kollidiert zu sein. Ihm wurde augenblicklich schwarz vor Augen.

*

Als Captain Gilje wieder zu sich kam, waren zwei Helfer bei ihm. Einer von ihnen verabreichte ihm eine Injektion, während der andere ihn aus dem Sitz heraushob. Giljes Blicke fielen auf einen halbverschmorten Schleimhaufen neben seinem Sitz. Er erinnerte sich wieder an die Teleporterschnecke. Die beiden Männer hatten sie mit Energiestrahlern getötet.

Auf zitternden Beinen blieb der Offizier neben dem Sessel stehen. Einer der beiden Männer stützte ihn, aber er löste sich aus seinen Armen.

»Es geht schon wieder«, sagte er.

Der Hangarspezialist deutete auf die Reste der Schnecke.

»Das Biest ist gegen die Kuppel geschleudert worden. Das war wohl Ihr Glück, Captain. Dadurch war sie benommen und konnte weder Sie noch uns angreifen.«

»Sie haben mit einem Angriff gerechnet?«

»Andere Schweber haben ähnliche Gäste an Bord gehabt«, entgegnete sein Helfer. »Nicht überall endete der Ausflug so glimpflich wie bei Ihnen.«

Gunleiv Gilje verließ das Biolabor. Einer der beiden Männer desintegrierte die Reste der Schnecke. Der andere begleitete den Biologen.

»Dann sind es also doch die Schnecken, die uns zum Alarmstart gezwungen haben?«, fragte Gilje. Er blieb neben dem Schweber stehen und betrachtete sich, was von ihm übriggeblieben war. Jetzt wunderte er sich, dass er unverletzt aus dem Fluggerät herausgekommen war. Es war mit einer Geschwindigkeit von mehr als fünfzig Stundenkilometern in das Auffangfeld gerast, hatte es dabei durchschlagen und war gegen eine Sicherheitswand geprallt. Dabei hatte der Schweber Totalschaden erlitten. Die beiden Männer hatten sich ihren Weg in die Flugkabine mit Hilfe ihrer Desintegratoren öffnen müssen.

»Katastrophenstart wegen ein paar Schnecken? Natürlich nicht, Sir. Ich habe etwas von Energieschwankungen gehört, die plötzlich aufgetreten sind. Wir sind geflohen, weil der ganze Planet sich plötzlich verändert. Die Astrophysiker behaupten, er breche auseinander. Aber das kann man sich wohl nicht vorstellen. Ohne Grund zerplatzt keine Welt.«

Der Hangarspezialist hätte vermutlich noch weitergeredet, wenn Captain Gilje nicht weggegangen wäre. Er winkte seinem Retter kurz zu und verließ den Hangar. Im Antigravschacht stieg er bis in die astrophysikalische Abteilung empor. Oberst Carl Heihatter sprach gerade mit Professor Peter Rhiems, dem Chef der Abteilung. Der Wissenschaftler hatte die Fragen des Kommandanten offenbar nicht erschöpfend beantworten können. Heihatter machte einen unzufriedenen, fast verstörten Eindruck.

Als Gilje die Abteilung betrat, wandte der Oberst sich von Professor Rhiems ab und ging zum Ausgang. Als er dem Captain begegnete, reichte er ihm die Hand.

»Ich freue mich, dass Sie es noch geschafft haben«, sagte er und ging sofort weiter. Gilje blickte ihm nach.

Oberste Carl Heihatter ging sehr schnell. Sein sonst blasses Gesicht war leicht gerötet. Auch das Stachelhaar schien in diesen Minuten stacheliger und widerspenstiger als sonst auszusehen. Die Erregung wurde bei jeder Bewegung des Kommandanten sichtbar. Heihatter war ein erstklassiger Geologe. Weltraumkörper waren für ihn nicht nur interessante Studienobjekte, sondern wie lebende Wesen. Wer einen von ihnen sinnlos und mutwillig zerstörte oder auch nur in Gefahr brachte, war in seinen Augen ein Verbrecher. Gilje wusste, dass er nicht eher ruhen würde, bis er wusste, wer diesen Planeten angriff – wenn es in diesem Fall überhaupt jemanden gab, der für die Ereignisse auf dem Planeten verantwortlich war.

»Was ist denn eigentlich los, Peter?«, fragte der Skandinavier. Der Physiker antwortete nicht sofort auf die Frage. Er deutete zu dem großen Bildschirm empor, auf dem der Planet jetzt bereits als Kugel zu erkennen war. Die EX-3719 entfernte sich schnell von dem Wüstenplaneten.

»Das wissen wir auch nicht genau, Gunleiv«, sagte Rhiems schließlich. »Wir haben festgestellt, dass ungeheure Energiefluten auf den Planeten geprallt sind. Aber deshalb kann ich mir den Substanzverlust noch nicht erklären.«

Der Captain zuckte zusammen, als er diese Worte hörte. Seine Blicke richteten sich erneut auf den Bildschirm mit dem Planeten. Plötzlich konnte er deutlich erkennen, was der Professor meinte.

Bis dahin hatte er es übersehen, weil die Ereignisse sich auf der Seite abspielten, die der Sonne abgewandt war und im Dunkeln lag. Jetzt aber schob sich das Unheimliche auf die erhellte Seite hinüber.

Der Planet löste sich auf.

Gilje trat unwillkürlich näher an den Bildschirm heran. Niemand sprach ein Wort. Auch die anderen Astrophysiker starrten wie gebannt auf das ungewöhnliche Bild. Keiner von ihnen konnte sich die Ereignisse erklären. Vor ihren Augen fraß sich das Nichts in den Planeten hinein. Zunächst verschwand die rötlich-gelbe Wüstenlandschaft. Darunter wurden graue Felsenschichten sichtbar. Aber auch die wichen der unsichtbaren Gewalt. Das Innere des Planeten war zu erkennen. Den Terranern bot sich das unglaubliche Bild eines aufgeschnittenen Planeten. Es erinnerte sie an die Querschnittdarstellungen von Weltraumkörpern, wie sie in Lehrbüchern geboten wurden.

»Warum platzt er nicht auseinander?«, fragte Gilje verwirrt.

»Das begreife ich nicht«, sagte Professor Rhiems. »Kein Planet kann sich in dieser Weise auflösen. Das ist physikalisch unmöglich.«

»Jetzt ist fast der halbe Planet weg.«

Die Rückseite der Welt, die sie vor Minuten verlassen hatten, leuchtete weißlich-rot. Der Begleiter der roten Sonne sah aus, als sei er mit einem riesigen Messer in der Mitte durchgeschnitten worden.

Dann plötzlich barst der Planet auseinander. Der ungeheure Druck aus seinem Innern, der bis jetzt scheinbar zurückgehalten worden war, während herausschießende, glutflüssige Materie tatsächlich sofort im Nichts verschwand, vollendete die Zerstörung.

Der Interkom schaltete sich ein. Gilje erkannte den Funkoffizier im Bild.

»Captain Gilje bitte in die Hauptleitzentrale«, sagte der Offizier.

»Was gibt es?«, fragte er zurück.

»Wir haben jenseits des Planeten eine auffallend hohe Energieentfaltung geortet, Sir. Dort könnte ein Raumschiff explodiert sein.«

»Danke. Ich komme.«

Er verließ die astrophysikalische Abteilung. Im Ausgang drehte er sich noch einmal um und blickte zurück. Von dem Planeten waren nur noch Trümmerstücke übriggeblieben. In der Weltraumkälte verlor sich die Glut des Planeteninnern sehr schnell, so dass die Reste nur noch an den Reflexionen des Sonnenlichtes zu erkennen waren.

Gilje lächelte.