Perry Rhodan 1265: Die heilende Göttin - H.G. Francis - E-Book

Perry Rhodan 1265: Die heilende Göttin E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Der Teufelskreis von Maghala - eine Welt im Strudel der Vernichtung Auf Terra und den anderen Menschheitswelten schreibt man den Frühsommer des Jahres 429 NGZ. In den Monaten zuvor sind im Solsystem viele Dinge geschehen. Da war zum Beispiel der Angriff der beiden letzten Elemente des Dekalogs. Doch er wurde abgewehrt, und das Chronofossil Terra konnte aktiviert werden. Damit ergab sich eine neue Lage: Die Endlose Armada machte sich auf den langen Weg in Richtung Behaynien. Perry Rhodan ging auf die Suche nach EDEN II. Die Reste des Virenimperiums ballten sich im Raum Terra zusammen. Und viele Menschen begannen, die Auswirkung der Aktivierung Terras zu spüren, indem sie sich als Galaktiker empfanden und von akutem Fernweh ergriffen wurden. Dieses Fernweh wird durch die Virenschiffe gestillt, die mit ihren Passagieren Kurs in die Unendlichkeit des Alls nehmen. Zu den vielen Vironauten, die einzeln oder in kleinen oder größeren Gruppen zu ihrer großen Abenteuerreise aufbrechen, gehören Reginald Bull mit dem EXPLORER-Konglomerat, Roi Danton mit seinen neuen Freihändlern und Ronald Tekener mit den Männern und Frauen der LASHAT. Eine weitere prominente Terranerin, die losfliegt, um die Wunder des Kosmos zu schauen, ist Irmina Kotschistowa mit ihrer ÄSKULAP. Sie durchbricht den Teufelskreis auf der Welt Maghala und wird bekannt als DIE HEILENDE GÖTTIN ...

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Nr. 1265

Die heilende Göttin

Der Teufelskreis von Maghala – eine Welt im Strudel der Vernichtung

von H. G. Francis

Auf Terra und den anderen Menschheitswelten schreibt man den Frühsommer des Jahres 429 NGZ. In den Monaten zuvor sind im Solsystem viele Dinge geschehen. Da war zum Beispiel der Angriff der beiden letzten Elemente des Dekalogs. Doch er wurde abgewehrt, und das Chronofossil Terra konnte aktiviert werden. Damit ergab sich eine neue Lage: Die Endlose Armada machte sich auf den langen Weg in Richtung Behaynien. Perry Rhodan ging auf die Suche nach EDEN II. Die Reste des Virenimperiums ballten sich im Raum Terra zusammen. Und viele Menschen begannen, die Auswirkung der Aktivierung Terras zu spüren, indem sie sich als Galaktiker empfanden und von akutem Fernweh ergriffen wurden.

Dieses Fernweh wird durch die Virenschiffe gestillt, die mit ihren Passagieren Kurs in die Unendlichkeit des Alls nehmen.

Zu den vielen Vironauten, die einzeln oder in kleinen oder größeren Gruppen zu ihrer großen Abenteuerreise aufbrechen, gehören Reginald Bull mit dem EXPLORER-Konglomerat, Roi Danton mit seinen neuen Freihändlern und Ronald Tekener mit den Männern und Frauen der LASHAT. Eine weitere prominente Terranerin, die losfliegt, um die Wunder des Kosmos zu schauen, ist Irmina Kotschistowa mit ihrer ÄSKULAP.

Die Hauptpersonen des Romans

Irmina Kotschistowa – Die Metabio-Gruppiererin als Heilerin.

Kido – Ein Pathogenet.

Ksoundoksä – Priester eines falschen Gottes.

Ghrou-Thar – Ein Industrieller.

Ghrou – Ghrou-Thars Frau.

Reginald Bull

1.

Ksoundoksä, der Kido-whtar-Darhan, verharrte mitten in der Bewegung, als sei er unversehens in eisige Kälte geraten. Seine Hände blieben erhoben, und der Mund mit den mächtigen, kegelförmigen Zähnen blieb offen. Er röchelte leicht, als leide er unter Atemnot, und seine Augen weiteten sich für einige Sekunden.

Vor wenigen Minuten erst hatte er das Haus auf dem Hügel betreten, hatte sich einfangen lassen von dem Luxus, der es bis in den letzten Winkel hinein ausfüllte, hatte geradezu erschrocken auf die Sauberkeit reagiert, die hier herrschte und die so gar nicht zu der Welt da draußen passen wollte und der er selbst in keiner Weise huldigte. Er empfand diese Sauberkeit als übertrieben und ungesund. Wie sollte man Widerstandskräfte herausbilden können, wenn man eine gerade unnatürlich saubere Welt für sich schuf?

»Was ist mit dir, Ksoundoksä?«, fragte Ghrou, die Dame des Hauses. Sie war schlank, beinahe grazil. Ihre Augen blickten ihn ängstlich an, und ihre mit goldenen Ringen geschmückten Hände streckten sich ihm flehend entgegen. Sie trug einen silbern schimmernden Umhang über den weißen Unterkleidern, der über dem ausladenden Hinterteil von goldenen Spangen zusammengehalten wurde. Zierliche Goldketten spannten sich um ihren dicklichen Hals, und blitzende Käppchen aus kunstvoll geschliffenen Edelsteinen bedeckten die sieben hornigen Höcker in ihrem Nacken.

Ksoundoksä, der Kido-whtar-Darhan, war in dieses Haus gerufen worden, weil hier etwas geschehen war, womit offenbar keiner von dessen Bewohnern gerechnet hatte und was doch so alltäglich war, dass der Kido-whtar-Darhan – was sich am ehesten mit »der Beschienene des Schlafenden Wunders« übersetzen ließ – längst verlernt hatte, Mitleid zu empfinden. Für ihn waren diese Ereignisse zur Normalität geworden, die so viele Hoffnungen, Erwartungen und Vorausberechnungen jäh zunichte machten.

»Was ist mit dir?«, wiederholte Ghrou. »Warum antwortest du mir nicht?«

»Verzeih«, antwortete er und atmete einige Male tief durch, wobei er sich bemühte, das Kältegefühl abzuschütteln. »Ich hatte für einen Moment das Gefühl, unser Sicherheitssystem sei gefährdet, ja, eingebrochen, und dass die Temperaturen fallen. Aber ich habe mich geirrt.«

Er sagte nicht die Wahrheit. Tatsächlich hatte ihn etwas ganz anderes alarmiert, aber das musste sie nicht unbedingt wissen.

Er blickte auf die Wiege, in der das vor zwei Wochen geschlüpfte Kind Ghrous lag. Es sah so gesund aus wie eh und je, aber es war nicht gesund. Es war vom Tode gezeichnet.

Er beugte sich über das Kind und zog die Daunendecke behutsam zur Seite. Dann sah er das Geschwür, das den Unterleib des Kindes aufwarf und unförmig erscheinen ließ.

»Noch heute morgen schien alles in Ordnung zu sein«, erklärte die Dame. »Ich habe selbst nach ihm gesehen. Aber dann plötzlich ging es los. Es entwickelte sich rasend schnell, und ich fürchte, wenn nichts geschieht ...«

Ihre Stimme brach, und abermals streckte Ghrou ihm die Hände entgegen. Sie waren makellos grün, und die sanft geschwungenen Spitzen ihrer Schuppen glänzten im Licht der elektrischen Lampen, die es anscheinend überall in diesem Haus gab und die mehr als alles andere Ausdruck des Reichtums seiner Besitzer waren.

Die Tür öffnete sich, und mit schwerfälligen Bewegungen kam Ghrou-Thar herein. Der mächtigste Industrielle von Thaema-Thahar war etwa einen Meter größer als seine Frau. Er hatte einen breiten, ausladenden Kopf mit faustgroßen, kalten Augen und weit vorspringenden Kiefern. Die acht Reißzähne ragten über die Lippen hinaus. Er trug mehrere geschickt miteinander kombinierte Gewänder in Rot, Gelb und Grün übereinander, die seinen Körper noch gewaltiger erscheinen ließen, als er ohnehin schon war. Eine rote Kappe bedeckte seinen Schädel. Sie war mit dem roten Wollzopf der Kido-Kantren versehen, der Anhänger der größten und einflussreichsten Sekte des Planeten, deren höchster Priester Ksoundoksä war.

»Sie wollen Rechte«, schnaubte Ghrou-Thar. »Hat man so was schon gehört? Die Arbeiter wollen Rechte! Dabei sind sie nicht in der Lage, ihr eigenes Leben auch nur annähernd zu regeln. Jedes ihrer Weiber legt Dutzende von Eiern, aber von den ausgeschlüpften Jungen kommt kaum eines durch, weil sie nicht fähig sind, sie aufzuziehen.«

»Sie haben Hunger«, entgegnete Ghrou schüchtern. »Vielleicht könnten sie ihre Kinder aufziehen, wenn sie selbst kräftig genug wären und sie sie besser ernähren könnten.«

»Halt du den Mund«, fuhr der Industrielle sie an. »Es wäre ja noch schöner, wenn sich die Weiber in solche Dinge einmischen dürften. Ihr seid viel zu dämlich dazu, die Zusammenhänge zu begreifen.«

Sie zuckte zusammen und senkte demütig den Kopf.

»Was ist los?«, fragte Ghrou-Thar den Hohepriester der Kido-Kantren-Sekte. »Weshalb weihst du das Haus mit deiner Göttlichkeit?«

»Es geht um dein Kind«, erwiderte Ksoundoksä, der Kido-whtar-Darhan. »Der Todesengel hat seine Hand erhoben.«

Ghrou-Thar blickte ihn entsetzt an. Zum ersten Mal zeigte sich so etwas wie Leben in seinen Augen.

»Du musst dich irren«, stammelte er. »Kido würde mir das nicht antun. Ich habe viel Geld gespendet. Sehr viel Geld.«

»Und ich habe dir gesagt, dass ich dir nichts versprechen kann. Kidos Gedanken sind unergründlich. Er allein bestimmt über Leben und Tod. Niemand kann ihn zwingen, nach seinem Willen zu handeln.«

Ghrou-Thar beugte sich über die Wiege. Erschüttert griff er nach den winzigen Händen des Kindes, die sich ihm entgegenstreckten. Er sah den ungestalten Unterleib des Kindes, und er erkannte, dass es keine Rettung mehr gab. Dennoch wandte er sich an den Hohepriester.

»Kannst du nichts tun?«, fragte er. »Du bist der Kido-whtar-Darhan. Wenn überhaupt noch jemand helfen kann, dann bist du es.«

Kido-whtar-Darhan antwortete nicht. Er blickte den Industriellen stumm an.

»Sprich mit Kido«, bat dieser. »Du kannst es. Du hast es schon oft getan. Auf dich wird er hören.«

»Da draußen sterben jeden Tag Hunderte von Kindern«, erwiderte Ksoundoksä. »Was sollte ich meinem Herrn sagen? Dass dein Kind besser ist als die Kinder anderer?«

Ghrou-Thar fuhr zornig auf. Er zog die Lippen über die Zähne zurück.

»Hüte dich, Ksoundoksä«, brüllte er. »Willst du behaupten, mein Kind sei so gut wie das eines jeden Arbeiters da draußen? Hast du den Verstand verloren? Geh hinaus. Sieh dir an, in welchem Dreck sie hausen. Bist du blind? Hast du verlernt, zwischen ihnen und mir zu unterscheiden?«

Ghrou griff verzweifelt nach dem Arm ihres Mannes.

»Nicht doch«, stammelte sie unter Tränen. »Wenn du den Hohepriester beleidigst, wirst du ihn nicht für dich und unseren Sohn gewinnen.«

Ghrou-Thar wurde sich dessen bewusst, was er gesagt hatte. Er sank auf die Knie.

»Verzeih mir, edler Ksoundoksä«, stieß er keuchend hervor. Er schlug die Hände an den Kopf. »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Der Böse hat meine Zunge gelenkt. Verfüge über mein Leben.«

Der Industrielle beugte sich weit nach vorn und drückte den Kopf auf den Boden. Er griff mit den Händen nach den Füßen des Hohepriesters. Der ließ es sich gefallen. Nachdenklich blickte er auf die Wiege. Dann trat er einen Schritt zurück.

»Ich werde sehen, was sich tun lässt«, erklärte er und verließ das Haus auf dem Hügel, in dem in allen Räumen elektrisches Licht den hellen Tag vortäuschte.

Vor dem Haus stieg er eine breite Treppe hinunter. Mehrere Diener waren dabei, die Stufen von dem unaufhörlich herabrieselnden Schmutz zu säubern, der von den zahllosen Schornsteinen ausgeworfen wurde. Sie folgten ihm und beseitigten die Spuren, die er auf dem weißen Gestein der Treppe hinterließ.

Keiner von ihnen wagte, den Kopf zu heben und ihn anzusehen.

Ksoundoksä stieg in die Kabine des Motorwagens, der am Fuß der Treppe parkte.

»Zurück zu meinem Haus«, befahl er dem Fahrer, der schweigend hinter dem Steuer hockte und nun mit der umständlich erscheinenden Prozedur begann, mit der der Motor gestartet wurde. Nachdem er mehrere Hebel bewegt, Knöpfe gedreht, gezogen oder hineingedrückt hatte, sprang der Motor knatternd an, und der Wagen setzte sich mit einem Ruck in Bewegung, so dass der Kido-whtar-Darhan hart in die Polster geworfen wurde.

»Welch großartige Erfindung«, sagte Ksoundoksä. »Für mich ist immer wieder überraschend, dass ich keine Zugpferde davor sehe.«

Der Wagen rumpelte über eine unebene Straße in eine düstere Welt hinein, die in scharfem Kontrast zu dem Haus Ghrou-Thars stand. Die Häuser waren schwarz von dem Schmutz, der von den industriellen Anlagen ausgeworfen wurde. Die grauschwarzen Gestalten, die sich zwischen den Häusern bewegten, waren zumeist nur mit einem Lendenschurz bekleidet. Öl- und Gaslampen spendeten nur wenig Licht, und durch das gewaltige Dach drang kaum ein Sonnenstrahl bis hier unten hin. Es überspannte das gesamte Tal Thaema-Thahar.

Ksoundoksä machte sich keine Gedanken über den Schmutz. Der war allgegenwärtig. Es gab nur wenige Oasen der Sauberkeit – das Haus von Ghrou-Thar, den Tempel und noch ein gutes Dutzend Häuser von anderen Reichen mehr. Überall sonst war Schmutz, unvorstellbarer Schmutz. Er überzog die Straßen, die gewaltigen Masten, die das Dach trugen, die Häuser und die Bewohner von Thaema-Thahar. Die meisten Bewohner des Tales litten unter Erkrankungen der Atemwege, aber deshalb dachte niemand daran, etwas gegen den Schmutz zu unternehmen. Der Kampf gegen den Schmutz wäre kostspielig und aufwändig gewesen, und wer hätte ihn bezahlen sollen?

Ksoundoksä zog ein Tuch aus der Tasche und wischte die Scheibe neben sich frei, so dass er hinausblicken konnte. Kolonnen von Männern, Frauen und Kindern stampften an dem Wagen vorbei. Sie schleppten mit Maschinenteilen bepackte Karren. Sie sahen schwarz aus. Von ihrer ursprünglichen Schuppenfarbe war nichts mehr zu erkennen.

Ksoundoksä lehnte sich in den Polstern zurück und schloss die Augen. Er empfand kein Mitleid mit den hart arbeitenden Bewohnern von Thaema-Thahar. Für sie gab es keine andere Arbeit. Und konnten sie nicht froh sein, dass sie diese Zeit bewusst erleben durften? War es nicht ein geradezu unerhörter Fortschritt, dass sich ein schützendes Dach über dem Tal wölbte, das die Kälte abhielt? Unwillkürlich rieb der Hohepriester sich die Arme, als ihn fröstelte.

Irgendwie hat Ghrou-Thar recht, dachte er. Sie sollten bescheiden bleiben und nicht ständig neue Rechte fordern.

Er rutschte auf seinem Sitz nach vorn und wäre fast auf den Boden gefallen, als das Fahrzeug plötzlich hielt.

»Was ist los?«, fauchte er den Fahrer an.

»Eine Demonstration, Herr. Die Leute versperren uns den Weg.«

Ksoundoksä knurrte unwillig. Er stieß die Tür auf, stieg aus dem Wagen und trat den Demonstranten entgegen. Es waren wenigstens zweihundert Männer, Frauen und Kinder, Elendsgestalten, dürr und ausgehungert, schmutzig und zerlumpt. Die meisten von ihnen waren mit zum Teil offenen Geschwüren überdeckt. An ihrer Spitze stand ein Mann, der nahezu drei Meter groß war, ausladende Schultern und einen gewaltigen Kopf hatte.

»Bhou-Bou«, sagte Ksoundoksä, der Kido-whtar-Darhan. »Von dir habe ich gehört. Es überrascht mich nicht, dass du dich mir in den Weg stellst und dass du Frauen und Kinder herbeigerufen hast, damit sie dich unterstützen. Du fürchtest dich doch nicht, mir allein gegenüberzutreten?«

Bhou-Bou war ein Minenarbeiter, der zumeist im Schacht lebte, nahezu dreitausend Meter unter Thaema-Thahar. Er kam ebenso wie Tausende von anderen Arbeitern nur ein- oder zweimal im Jahr aus der Tiefe des Bergwerks herauf. Dann stiftete er fast immer Unruhe, so dass es schien, als komme er nur zu diesem Zweck herauf. Ksoundoksä fragte sich, warum er und die vielen anderen Arbeiter nicht unten im Schacht blieben, bis sie starben. Schlüpften da unten nicht Tausende von Jungen, wuchsen dort auf, arbeiteten bis zum Ende ihres Lebens, um dann unter dem Abraum und Abfall begraben zu werden? Wieso glaubte Bhou-Bou, eine Ausnahme machen zu müssen? Wieso trug er Unfrieden in das Tal herauf? Warum blieb er nicht da unten, wo es schon von Natur aus viel wärmer war?

»Ich bin heraufgekommen, um mit dir zu reden, Hohepriester«, erwiderte Bhou-Bou.

»Ich habe gehört, ihr wollt mehr Rechte?«

Der Arbeiter hob abwehrend die Hände. Diese waren voller Schwielen und Risse.

»Nein, es geht um etwas anderes. Es geht um Maghala-Kido.«

Ksoundoksä atmete unmerklich auf, und sein Herzschlag beruhigte sich. Er hatte gefürchtet, in soziale Auseinandersetzungen gezogen zu werden, und das hätte ihm ganz und gar nicht gefallen. Er war der Ansicht, dass man nicht ständig etwas ändern sollte, sobald ein sozialer Fortschritt erreicht war. Wenigstens ein Drittel der Arbeiter hatte zu essen. Genügte das denn nicht? Warum wollten sie immer mehr?

Eines der Kinder kippte vor Schwäche um und blieb auf dem Boden liegen. Seine Mutter kniete sich neben ihm hin und sprach leise mit ihm.

»Um Maghala-Kido«, sagte er gedehnt. Er hob die zu Fäusten geballten Hände. »Göttlicher Maghala-Kido, ich bin dein Diener, ich, der Kido-whtar-Darhan. Er ist der Herr über Maghala, und er hält seine Hand über alle Bewohner dieses Planeten, obwohl einige von ihnen meinen, sich von ihm abwenden zu können. Möge der Bannstrahl seiner Rache sie treffen, so dass die anderen umkehren, die unter ihren verderblichen Einfluss geraten sind.«

»Ja, du hast recht. Mögen sie das Opfer seiner Rache werden«, stimmte ihm Bhou-Bou zu. »Tod und Verderben über sie. Aber nun lass uns zu dem kommen, was für uns wichtig ist.«

Ksoundoksä sah den Arbeiter verweisend an. Er war es nicht gewohnt, in dieser Weise unterbrochen und verwiesen zu werden. Er atmete zweimal tief durch – und entschloss sich dann, nachsichtig zu sein, um auf diese Weise Größe zu beweisen.

Damit mache ich den größten Eindruck auf ihn und die anderen, dachte er, hob die Hände und senkte salbungsvoll den Kopf.

»Ich bin ganz Ohr, Bhou-Bou«, erklärte er. »Lass hören, was du zu sagen hast.«

»Sieh dir diese Männer, Frauen und Kinder an«, forderte der Anführer der Arbeiter. Er schritt an der Reihe der Elendsgestalten entlang und zeigte auf die Geschwüre, die jede von ihnen hatte.

»Ich sehe«, erwiderte Ksoundoksä gelassen. Verwundert fragte er sich, was Bhou-Bou wirklich von ihm wollte.

»Wenn Kido ein Gott ist, dann muss er uns heilen«, rief der Minenarbeiter. »Wenn er ein Gott ist, dann wird er uns von dieser Pest befreien.«

»Du fragst, ob er ein Gott ist? Du zweifelst an ihm? Und du scheust dich nicht, Forderungen zu stellen?«, fragte Ksoundoksä. »Hast du vergessen, was Maghala-Kido uns allen gebracht hat? In nur wenigen Jahrzehnten ist aus Thaema-Thahar eine Wunderwelt der Technik geworden, in der wir alle leben können. Das ganze Jahr über. Draußen herrscht eine grimmige Kälte. Sie würde uns alle lähmen, wenn wir ihr ausgesetzt wären. Unser Volk ist auf über hunderttausend Köpfe angewachsen. Was willst du mehr?«

Bhou-Bou zog ein Buch unter seinem Lendenschurz hervor. Er hielt es in der einen Hand und schlug mit der anderen darauf, dass der Staub aufwirbelte.

»Wir haben dieses Buch gefunden«, erklärte er mit bebender Stimme. »Es ist ein einfaches Buch, in dem das Leben in Thaema-Thahar so geschildert wurde, wie es vor zweihundert Jahren war.«

Ksoundoksä winkte mild lächelnd ab.