Perry Rhodan 1921: Projekt Mirkandol - H.G. Francis - E-Book

Perry Rhodan 1921: Projekt Mirkandol E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Die Pläne des Kristallimperiums - Atlan befürchtet den Arkonidensturm Die Situation in der Milchstraße ist nach wie vor kritisch. Wie seit Jahrzehnten belauern sich im Jahr 1290 Neuer Galaktischer Zeitrechnung die galaktischen Großmächte: das Kristallimperium der Arkoniden, die Liga Freier Terraner der Menschen sowie das Forum Raglund, in dem sich verschiedene Sternenreiche zu einem lockeren Bund zusammengeschlossen haben. Dabei haben die Bewohner der Galaxis vor nicht allzu langer Zeit gemeinsam unter der Bedrohung durch die Tolkander und deren "Mutter" Goedda gelitten. Zwar konnte die Gefahr beseitigt werden, trotzdem bleibt der Verlust von 52 bewohnten Planeten und deren kompletter Bevölkerung. Milliarden von intelligenten Wesen fielen somit der Invasion zum Opfer. Auch die Menschen auf der Erde haben zahlreiche Todesopfer zu verzeichnen. Die barbarischen Dscherro hatten zuletzt die Hauptstadt der Erde überfallen und große Teile Terranias in Schutt und Asche gelegt. Auch diese Gefahr konnte beseitigt werden - es blieben jedoch eine zerstörte Stadt sowie zahlreiche Tote und Verletzte. Hintergrund für die Angriffe der Tolkander und der Dscherro ist eine Macht, die unter dem Begriff Shabazza bekannt ist, von der aber außer einigen Führungspersönlichkeiten so gut wie niemand weiß. Da die Menschheitsgalaxis zum Einflussbereich der mysteriösen Koalition Thoregon gehört, die von Shabazza bekämpft wird, sind alle Planeten der Milchstraße ein potentielles Angriffsziel. Das aber scheint die Arkoniden im Kristallimperium nicht zu interessieren. Unbekümmert von intergalaktischen Problemen, arbeiten sie an dem PROJEKT MIRKANDOL …

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Nr. 1921

Projekt Mirkandol

Die Pläne des Kristallimperiums – Atlan befürchtet den Arkonidensturm

von H. G. Francis

Die Situation in der Milchstraße ist nach wie vor kritisch. Wie seit Jahrzehnten belauern sich im Jahr 1290 Neuer Galaktischer Zeitrechnung die galaktischen Großmächte: das Kristallimperium der Arkoniden, die Liga Freier Terraner der Menschen sowie das Forum Raglund, in dem sich verschiedene Sternenreiche zu einem lockeren Bund zusammengeschlossen haben.

Dabei haben die Bewohner der Galaxis vor nicht allzu langer Zeit gemeinsam unter der Bedrohung durch die Tolkander und deren »Mutter« Goedda gelitten. Zwar konnte die Gefahr beseitigt werden, trotzdem bleibt der Verlust von 52 bewohnten Planeten und deren kompletter Bevölkerung. Milliarden von intelligenten Wesen fielen somit der Invasion zum Opfer.

Auch die Menschen auf der Erde haben zahlreiche Todesopfer zu verzeichnen. Die barbarischen Dscherro hatten zuletzt die Hauptstadt der Erde überfallen und große Teile Terranias in Schutt und Asche gelegt. Auch diese Gefahr konnte beseitigt werden – es blieben jedoch eine zerstörte Stadt sowie zahlreiche Tote und Verletzte.

Hintergrund für die Angriffe der Tolkander und der Dscherro ist eine Macht, die unter dem Begriff Shabazza bekannt ist, von der aber außer einigen Führungspersönlichkeiten so gut wie niemand weiß. Da die Menschheitsgalaxis zum Einflussbereich der mysteriösen Koalition Thoregon gehört, die von Shabazza bekämpft wird, sind alle Planeten der Milchstraße ein potentielles Angriffsziel.

Das aber scheint die Arkoniden im Kristallimperium nicht zu interessieren. Unbekümmert von intergalaktischen Problemen, arbeiten sie an dem PROJEKT MIRKANDOL ...

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Aktivatorträger will hinter das Geheimnis von Mirkandol kommen.

Sargor von Progeron – Der Geheimdienstchef geht mit brachialen Methoden vor.

Lengor – Der Architekt soll zum Schweigen gebracht werden.

Gelarim – Der arkonidische Händler arbeitet als Agent für zwei Seiten.

Solder Brant – Der Kandidat der Liberalen Einheit führt Wahlkampf gegen die LFT-Regierung.

Cistolo Khan

1.

Eine der wichtigsten Aktionen im Rahmen der Strategie ist die Verteidigung von Positionen. Sie beinhaltet das Abwarten der gegnerischen Vorstöße. Gerade in diesem Abwarten liegt die Stärke der Verteidigung. Das Verhalten deines Volkes in den Jahren bis 1290 NGZ ist geprägt von dieser Strategie.

Atlan – aus »Diskussionen mit dem Logiksektor«, viertes Kapitel; Der Kristallprinz – Aufzeichnungen eines Unsterblichen, Staatsbibliothek Alexandria.

Von Anfang an hatte der Architekt gewusst, dass so etwas passieren würde. Doch er hatte sich von seinem Ehrgeiz mitreißen lassen, von dem brennenden Verlangen, einmal im Leben etwas zu schaffen, was seinen Namen unsterblich machen würde.

Lengor stand inmitten seines Arbeitszimmers, das eine Ausdehnung von mehr als vierhundert Quadratmetern hatte. Der Arkonide wusste nicht, wie er sich entscheiden sollte.

Sie kamen, um ihn zu holen und verschwinden zu lassen. Er konnte sehen, wie sie anrückten. Schwere Waffen hafteten an ihren Oberschenkeln. Ihm war bewusst, dass sie nicht nur zur Zierde da waren, sondern sofort eingesetzt wurden, wo Widerstand geleistet wurde.

Lengor spürte das Zittern der Schwäche und der Entschlusslosigkeit in den Beinen. Unwillkürlich blickte er sich um, als könne er in dieser Situation noch auf jemanden hoffen, der ihm eine Entscheidung abnahm oder ihm sonst auf irgendeine Weise den Rücken stärkte.

Doch natürlich war da niemand.

Er war völlig allein in seinem riesigen Arbeitsraum, in dem er in den vergangenen Jahren seine Ideen hatte bildhaft werden lassen.

Er musste etwas tun. Er durfte sich ihnen nicht einfach ergeben. Ebenso gut hätte er den Suizid wählen können. Das Resultat wäre nicht anders gewesen.

Noch einmal schaute er sich um. Er überblickte sein Arbeitszimmer, stellte sich den großen Trichterbau vor, in dem er wohnte und konstruierte und in dem derzeit wieder hart gearbeitet wurde. Lengor wollte den Trichterbau umgestalten, ihn zu seinem persönlichen Trichterbau machen – und er wusste, dass die anderen Bewohner des Hauses darauf stolz sein würden. Aber das war jetzt vorüber, darüber brauchte er sich keine Gedanken mehr zu machen.

Er musste fliehen. Eine andere Möglichkeit gab es für ihn nicht.

Lengor rannte quer durch den Raum bis zur gegenüberliegenden Tür und stürmte hinaus. Ein schmaler Gang öffnete sich, den er speziell für sich hatte anlegen lassen – er gehörte zu seinen Versuchen, den Trichterbau umzugestalten. Lengor folgte dem Gang, der ihn an einer völlig unüberschaubaren Stelle zwischen einem Meer von Pflanzen auf den Innenhof des Trichterhauses führen würde.

Dabei beschimpfte er sich wegen seiner mangelnden Entschlusskraft. Er war ein unsicherer Mensch, voller Zweifel und Skepsis. Schon seit jeher hatte er jene beneidet, die offenbar immer wussten, was sie zu tun oder zu lassen hatten, die sich nicht quälen mussten, bis sie in der Lage waren, eine Entscheidung zu treffen, und die nicht ständig nach Alternativen suchten, um möglicherweise ein besseres Ergebnis zu erzielen.

Er war sich seiner Sache nie sicher gewesen. Deshalb hatte er stets den Rat seiner Mitarbeiter oder auch die Kritik seiner Gegner gesucht. Vielleicht waren diese Selbstzweifel und die Unsicherheit der Nährboden, auf dem seine Kreativität gedieh. Er wusste es nicht, hatte sich aber oft Gedanken darüber gemacht.

Welch ein Hohn!

Er hatte ein Werk geschaffen, das schon bald in aller Munde sein würde, doch seine Auftraggeber wollten nicht, dass irgend etwas darüber vor einem bestimmten Zeitpunkt bekannt wurde. Sie fürchteten, dass er ein Opfer seiner Eitelkeit werden könnte und seinen Mund nicht halten würde. Deshalb wollten sie ihn aus dem Weg räumen.

Gerüchte besagten, dass die kleinste Indiskretion für eine Verbannung zum Strafplaneten Trankun ausreichte. Aus Furcht vor einer solchen Bestrafung hatte Lengor niemals irgend etwas über das Werk verlautbaren lassen, das nun praktisch vollendet war. Doch das schien man ihm nicht zu glauben. Man ging kein Risiko ein. Anstelle des fürstlichen Honorars, das man ihm versprochen hatte, drohte nun das Straflager.

Er war sicher, dass er Trankun nicht überleben würde!

In dieser Hinsicht gab es für ihn keine Zweifel.

Lengor hatte den Gang hinter sich gebracht. Er öffnete die Tür an seinem Ende mit einem Kode, schloss sie aber sofort wieder hinter sich, um seinen Verfolgern keinen Hinweis zu hinterlassen, in welche Richtung er geflohen war. Dann stieg er mit Hilfe eines winzigen Gravo-Paks in seinen Schuhen einige Meter senkrecht auf, durchquerte das Gestrüpp der Pflanzen im Innenhof, bis er ein langes Rohr erreichte.

Das Rohr war für den Bauschutt vorgesehen, der zur Zeit immer wieder in den oberen Geschossen des Gebäudes anfiel. Durch das Rohr wurde der Schutt in die Tiefe befördert. Lengor ließ die Arbeitsroboter in seinem Haus mit »normalen« Werkzeugen tätig werden, nicht mit Desintegratoren. Das mochte zwar teurer sein, unterstrich aber sein Luxusdenken.

Lengor war sicher, dass ihn niemand in diesem Rohr vermuten würde. Er stieg hinein, presste die Arme gegen den Oberkörper und ließ sich langsam in die Tiefe gleiten. Es wurde dunkel um ihn, und er atmete auf. Quälend langsam ging es abwärts, das Rohr war sehr eng und behinderte sein Rutschen.

Er war seinen Häschern entkommen!

Er ließ sich Zeit. In solchen Dingen war er vollkommen unerfahren, und er konnte nur das nachvollziehen, was er in Filmen gesehen hatte, in denen die Akteure ähnlichen Situationen ausgesetzt gewesen waren. Da er sich streng an deren Vorgehensweise hielt, war er überzeugt, alles richtig zu machen.

Um so größer war seine Überraschung, als er etwa fünf Minuten später das untere Ende der Röhre erreichte und vorsichtig hinausglitt.

Vier bewaffnete Männer erwarteten ihn breit grinsend und respektlos feixend.

»Von Individualtastern und solchen Dingen hast du wohl noch nichts gehört, wie?«, fragte einer von ihnen.

Lengor hatte das Gefühl, von einem gewaltigen Hieb in die Magengrube getroffen worden zu sein. Die Beine gaben nach, und er sank auf die Knie.

Das Straflager Trankun war ihm jetzt wohl sicher.

»Es wäre besser gewesen, ihr hättet mich gleich erschossen«, sagte er stöhnend.

»Einen verdienten Mann wie dich?«, höhnte einer der Uniformierten. »Nicht doch! Wie würde sich das denn in den Geschichtsbüchern machen? Da wäre es besser, du hättest dich von da oben herabgestürzt. Dann wäre überliefert worden: Auf dem Höhepunkt seines Schaffens kam Lengor zu der Erkenntnis, dass eine Steigerung seiner kreativen Leistungen nun nicht mehr möglich war, und er stürzte sich aus Verzweiflung in den Tod!«

»Ich wünschte, ich hätte es getan«, klagte der Verhaftete.

Ein etwa zwei Meter großer, fülliger Mann näherte sich ihm. Lengor erstarrte in plötzlichem Schreck.

Diesem Mann begegnete er zum ersten Mal in seinem Leben, doch er kannte ihn von Bildern und von Filmen her. Vor ihm stand Sargor von Progeron, eine Persönlichkeit, die er mehr fürchtete als den Tod.

Sargor von Progeron hatte ein volles, weiches Gesicht, schütteres weißes Haar und rote Augen, in denen für Lengor im Augenblick die Feuer der Hölle zu glühen schienen. Er war der Geheimdienstchef von Arkon I, und er hatte den Ruf, stets absolut emotionslos zu handeln und vor niemandem und nichts zurückzuschrecken, wenn es darum ging, die – tatsächlichen oder die vermeintlichen – Interessen Arkons zu verteidigen.

»Du hast dich einmal verplappert, Lengor«, sagte er. »Und das genügt mir. Du verschwindest wie schon viele vor dir auf Trankun, und du wirst den Strafplaneten nicht mehr lebend verlassen.«

Der Geheimdienstler blickte ihn lächelnd an und machte dabei einen geradezu freundlichen Eindruck. Das alles wirkte schlimmer auf Lengor, als wäre er ihm mit blankem Zynismus begegnet, denn er wusste ja, dass sich hinter dieser Fassade ein eiskalter Charakter verbarg.

»Irgendwann in den nächsten Tagen werden die Medien verbreiten, dass du untergetaucht und spurlos verschwunden bist. Ich werde der Öffentlichkeit bedauernd mitteilen, dass der Geheimdienst die Aktion überwacht. Die Polizei habe schließlich nichts gefunden und jetzt würden wir alles versuchen, um dich zu finden. Leider aber verliert sich deine Spur irgendwo zwischen den Sternen. Und das alles nur, damit unser Geheimnis bewahrt bleibt.«

»Aber ich habe nichts, absolut nichts von Mirkandol verraten«, beteuerte Lengor, den viele Arkoniden für den vielleicht größten Baumeister hielten, den der Kristallplanet je hervorgebracht hatte. »Ich schwöre es bei meiner Seele!«

»Wie dem auch sei«, erwiderte Sargor von Progeron. »Das interessiert jetzt niemanden.« Er lachte hässlich. »Es wäre für den Staat natürlich preiswerter, dich einfach zu liquidieren, aber vielleicht brauchen wir deine Fähigkeiten in späteren Jahren noch einmal.« Ein erneutes Lachen folgte. »Wenn du den Strafplaneten überlebst, natürlich nur ...«

Die Uniformierten legten dem Baumeister Energiefesseln an, schoben ihn in einen Gleiter und brachten ihn weg. Lengor sah noch, wie Sargor von Progeron dastand und ihm nachblickte, beide Fäuste in die Seiten gestemmt und ein breites Grinsen im Gesicht.

*

Während seiner Landung in einem Beiboot der RICO blickte Atlan auf das Gebiet von Terrania City hinab. Es war nun schon vier Monate her, dass die Dscherro die Erde mit allen NOVA-Raumschiffen verlassen und dabei ein zu 85 Prozent zerstörtes Stadtzentrum von Terrania zurückgelassen hatten.

Der Anblick der zerstörten Stadt ließ den Arkoniden nicht kalt, sondern wühlte ihn vielmehr derart auf, dass seine Augen zu tränen begannen. Tränende Augen waren eine auffallende Eigenart seines Volkes; sie sonderten stets dann ein salziges Sekret ab, wenn ein Arkonide besonders berührt war.

Längst waren die Dscherro über Siga vernichtet worden, doch vergessen waren sie nicht, da sie den Menschen bei den Wiederaufbauarbeiten in Terrania immer wieder ins Gedächtnis zurückgerufen wurden. Teilweise geschah dies durch Funde von Dscherro-Waffen, Dscherro-Fluggeräten und -Spezialmaschinen oder durch Leichen, die in den Trümmern entdeckt wurden.

Atlan hatte erfahren, dass annähernd zwanzig Millionen Bewohner aus der Stadt vertrieben worden waren. Erst drei Millionen waren zurückgekommen und hatten eine neue Bleibe in Terrania gefunden. Millionen von Menschen waren traumatisiert und mussten erst noch psychotherapeutisch behandelt werden; sie waren vom brutalen Angriff der Weltraumbarbaren völlig überrascht und ins Mark erschüttert worden.

Die Aufbauarbeiten gestalteten sich offenbar schwieriger als erwartet. Das mochte unter anderem daran liegen, dass die Regierung erst zum Jahreswechsel beschlossen hatte, die Stadt nach altem Vorbild wieder aufzubauen – mit einer ganz gewichtigen Ausnahme.

NATHAN, der die Baupläne am 15. Januar geliefert hatte, siedelte auf Anweisung der Regierung das HQ-Hanse nicht mehr in Terrania City an, sondern auf dem Mond. Mittlerweile waren sämtliche Bediensteten des HQ-Hanse abgewandert, um die Kosmische Hanse vom STALHOF sowie umliegenden Verwaltungstrakten aus zu leiten. Noch aber stand nicht fest, ob dies als endgültig oder nur als vorübergehend zu betrachten war. Zahlreiche Einrichtungen waren nur provisorisch angelegt worden, teilweise herrschten miserable Arbeitsbedingungen. Auch der TLD-Tower wurde auf dem Mond neu errichtet.

Atlan erinnerte sich an die Meldung, die am 4. Januar über alle Medien ausgestrahlt worden war. Er hatte daraus erfahren, dass die Faktordampf-Barriere von Terrania-Süd zunächst durchlässiger geworden war, um schließlich ganz zu erlöschen. Am 8. Januar war auch die Faktordampf-Barriere von Kalkutta-Nord verschwunden.

Die Wissenschaftler diskutierten nach wie vor über die Gründe dafür, dass die Barrieren zu verschiedenen Zeiten verschwunden waren. Durchgesetzt hatte sich die Ansicht, dass es eine »dauerhafte Diffundierung« gegeben hatte, bei der sich die Barrieren ganz langsam an die Umgebung angeglichen hatten. Nach einiger Zeit war die Angleichung so schnell verlaufen, dass die endgültige Auflösung letztlich nur noch eine Frage der Zeit war.

Atlan war auf dem Weg zu Cistolo Khan, der ihn zu einem Gespräch eingeladen hatte. Es sollte irgendwo in einem Gebäude des Außenbezirks Magdarein stattfinden, in dem vorübergehend Teile der LFT-Regierung untergebracht waren.

Terrania wirkte wie eine einzige Baustelle mit einer unübersehbaren Anzahl von Rohbauten. Unzählige Roboter und vollautomatisierte Baumaschinen arbeiteten am Wiederaufbau der Stadt. Für die Logistik sorgte eine gewaltige Bauindustrie, die sich rund um Terrania angesiedelt hatte und die wiederum von ausgedehnten Lager- und Produktionsflächen aus dem Hinterland beschickt wurde.

Parallel zum Geschehen auf den Bauplätzen wurde in Terrania-Süd der ehemalige Landeplatz der Dscherro-Burg GOUSHARAN eingeebnet, so dass eine Gedenkstätte für die zahlreichen Opfer der Invasion entstehen konnte. Der Arkonide wusste, dass die unterirdischen Stollen erforscht, entmint und zugeschüttet wurden. Gerade dabei waren immer wieder makabre Funde gemacht worden.

Doch das alles war nur das äußerlich sichtbare Geschehen. Es überdeckte nicht, dass es unter der Oberfläche brodelte und dass sich immer stärker werdende Kräfte gegen die terranische Regierung herausbildeten. Sie warfen Cistolo Khan und Paola Daschmagan Fehlverhalten und Versagen in der Dscherro-Krise vor.

Atlan wusste, dass während der Dscherro-Invasion Fehler begangen worden waren, die kaum entschuldigt werden konnten. Vielleicht hätte ein entscheidender Gegenangriff gleich zu Beginn die Barbaren zurückschlagen können, und Tausende von Menschen und Außerirdischen könnten noch leben.

Könnten, würden, wären, spottete der Extrasinn. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass die Terraner viele Fehler begangen haben.

Atlan wusste nicht, wie er sich in der Situation verhalten hätte. Immerhin hatten die Dscherro auf dem Höhepunkt der Krise rund eineinhalb Millionen Geiseln in ihrer Gewalt gehalten. Man hätte sie geopfert, wäre man massiv und mit Schiffsgeschützen gegen die Burg der Gehörnten vorgegangen.

Und die Terraner wären erst recht böse auf ihre Regierung, wenn diese kaltblütig eineinhalb Millionen geopfert hätte, erinnerte ihn der Logiksektor. Deinen Barbaren kann man's doch nie recht machen, wie du weißt.

Atlan wusste es. Dennoch blieben Zweifel an den Argumenten des Extrasinns. Tatsache war, dass auf Terra eine politische Krise herrschte – und diese rein auf Terra bezogene Krise strahlte auf die gesamte Liga Freier Terraner aus und konnte im Endstadium sogar kritisch für die ganze Milchstraße werden.

Bei vielen Diskussionen tat sich die Liberale Einheit unter ihrem Parteivorsitzenden Solder Brant besonders hervor. Brant war Gefangener der Dscherro gewesen und hatte deren Grausamkeiten am eigenen Leib gespürt. Das hatte ihn geprägt.

Voller Energie hatte Brant den Wahlkampf gegen die Regierung aufgenommen. Er beschwor die Bevölkerung der Erde sowie natürlich alle von der Dscherro-Invasion Betroffenen, die Ereignisse jener Tage nicht einfach nur hinzunehmen, sondern jene zur Verantwortung zu ziehen, die seiner Meinung nach auf ganzer Linie versagt hatten.

»Hätten die LFT-Regierung und der LFT-Kommissar schnell und richtig gehandelt«, so argumentierte der kleine, energische Mann in jeder Holo-Botschaft, die er über die Medien verbreitete, »dann würden wir Terraner heute nicht die Trümmer unserer Hauptstadt sehen.«

Atlan war diesem Mann noch nicht begegnet. Die zahlreichen Medienberichte hatten aber seine Meinung über Brant geformt. Sie war nicht gerade von Hochachtung geprägt.

Du musst vorsichtig sein bei der Beurteilung dieses Mannes, ermahnte ihn der Logiksektor seines Gehirns. Er hat beachtliche Erfolge bei der Bevölkerung aufzuweisen, und die kommen nicht von ungefähr. Er ist nicht dumm, und er hat in vielen Belangen recht.

Unmittelbar nach der Landung erschien eine junge, dunkelhaarige Frau. Natürlich hätte das auch ein Hologramm erledigen können oder ein Roboter – aber es war höflicher, einen Menschen als Boten einzusetzen, und es zeugte mehr von Hochachtung. Atlan war beeindruckt, er hatte eine gute Meinung über Cistolo Khan.

Unverbindlich lächelnd eröffnete die junge Frau dem Arkoniden, dass sie den Auftrag habe, ihn zu Cistolo Khan zu bringen. Sie zeigte ihm eine Plakette, die dreidimensionale Strukturen aufwies und sie als Angestellte des Kommissars legitimierte. Dann führte sie den Aktivatorträger zu einem Gleiter und brachte ihn in den Außenbezirk Magdarein.

Während des Fluges führten die beiden ein völlig unverbindliches Gespräch. Atlan spürte, dass sich die junge Frau für ihn interessierte – aber im Moment hatte er den Kopf dermaßen mit Problemen voll, dass er alles andere verdrängte.

Der LFT-Kommissar empfing ihn in einem kleinen, geschäftsmäßig eingerichteten Raum, von dem aus der Blick in den grünen Süden fiel.