Perry Rhodan 2237: Die Welt der Hyperkristalle - H.G. Francis - E-Book

Perry Rhodan 2237: Die Welt der Hyperkristalle E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Arkoniden und Caiwanen - ein unbedeutender Planet wird rebellisch Die Milchstraße wird derzeit von drei Machtblöcken beherrscht: dem monolithischen Imperium von Arkon, mit dem unsterblichen Imperator Bostich I. an seiner Spitze, der föderalistisch organisierten Liga Freier Terraner ( LFT ), zu der sich nahezu alle anderen Unsterblichen der Galaxis bekennen, und dem eher lockeren Interessenverbund des Forums Raglund, in dem die Blues den Ton angeben. Reisen zwischen den Sternen werden dabei durch fortschrittliche Technologien ermöglicht, die unabhängig von ihrem Qualitätsgrad eines gemeinsam haben: Um sie zu betreiben, bedarf es unter anderem der so genannten Hyperkristalle. Von daher gilt die eherne Regel: Wer die Förderung und Produktion von Hyperkristallen beherrscht, der kontrolliert die Galaxis. Glücklicherweise gibt es mehrere Vorkommen der seltenen Mineralien - doch jede zusätzliche Mine vergrößert die Macht jener, die sie besitzen. Dass die Bewohner der entsprechenden Planeten dabei auch mitzureden haben, zeigt unter anderem Caiwan als DIE WELT DER HYPERKRISTALLE...

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Nr. 2237

Die Welt der Hyperkristalle

Arkoniden und Caiwanen – ein unbedeutendes Volk wird rebellisch

H. G. Francis

Die Milchstraße wird derzeit von drei Machtblöcken beherrscht: dem monolithischen Imperium von Arkon, mit dem unsterblichen Imperator Bostich I. an seiner Spitze, der föderalistisch organisierten Liga Freier Terraner (LFT), zu der sich nahezu alle anderen Unsterblichen der Galaxis bekennen, und dem eher lockeren Interessenverbund des Forums Raglund, in dem die Blues den Ton angeben.

Reisen zwischen den Sternen werden dabei durch fortschrittliche Technologien ermöglicht, die unabhängig von ihrem Qualitätsgrad eines gemeinsam haben: Um sie zu betreiben, bedarf es unter anderem der so genannten Hyperkristalle.

Von daher gilt die eherne Regel: Wer die Förderung und Produktion von Hyperkristallen beherrscht, der kontrolliert die Galaxis. Glücklicherweise gibt es mehrere Vorkommen der seltenen Mineralien – doch jede zusätzliche Mine vergrößert die Macht jener, die sie besitzen.

Dass die Bewohner der entsprechenden Planeten dabei auch mitzureden haben, zeigt unter anderem Caiwan als DIE WELT DER HYPERKRISTALLE ...

Die Hauptpersonen des Romans

Dando Gentury – Der Caiwane wird zum Sprecher seines Volkes.

Owara Asa Tagakatha – Der caiwanische Priester schürt den Hass.

Kokon Kotan – Der caiwanische Ingenieur unterstützt Dando.

Protana Aaqrass – Der arkonidische Tato greift zum Äußersten.

Kantiran da Vivo-Rhodan

1.

Die Schluchtgeier spien ihren feurigen Atem auf ihn herab und verbrannten sein Gesicht. Ihr von Verwesung geprägter Geruch streifte die Sensorhaare an den Seiten seines Halses und beleidigten sie zu Spiralen.

Gelächter drang von den Bergen herüber und brach sich an den steil aufsteigenden Wänden, wo es ein vielfältiges Echo erzeugte. Hart drückten sich ihm die spitzen Steine in den Rücken, öffneten die Schlitze und trockneten sie aus.

Explodierende Sonnen zogen über den Himmel, um irgendwo in der Ferne unter höllischem Donnern und Krachen auf Caiwan zu stürzen. Ihr Aufprall ließ den Boden unter seinem Rücken erbeben. Kein Zweifel: Der Planet stand unmittelbar vor seinem Untergang, so, wie es in den uralten Sagen und Legenden seines Volkes vorhergesagt worden war. Gewaltige Risse würden sich auftun, und das glühende Innere dieser Welt würde hervorquellen und sich über das Land ergießen, um alles Leben auszulöschen.

Es war das Werk der Arkoniden.

Nur sie hatten die Macht, so etwas in die Wege zu leiten. Was aber hatte ihren Zorn derart erregt, dass sie so entschlossen waren, Caiwan zu vernichten?

Das von Wut und Hass gezeichnete Gesicht des Tatos tauchte vor ihm auf.

»Widerstand dulde ich nicht!«, schrie ihm Protana Aaqrass entgegen. »Niemand stellt sich mir in den Weg. Und du schon gar nicht. Du bist ein Wilder. Ein Bastard! Ein Tätowierter!«

Das Gesicht verschwand. An seine Stelle schob sich Owara Asa Tagakatha. Der Priester lachte hämisch.

»Du Tropf hast wirklich geglaubt, gegen mich arbeiten zu können? Wie vermessen von dir! Ich spreche im Namen der Götter. Du bist lediglich ein Narr, den sie zu ihrer eigenen Belustigung ins Spiel gebracht haben.«

Der Schrei eines Geiers war so laut und so nah, dass Dando Gentury das Gefühl hatte, körperlich von ihm getroffen zu werden. Mit einem Mal wurde es still. Die Hitze blieb. Sein Gesicht brannte, als sei es nach wie vor dem glühenden Atem eines jener Riesengeier ausgesetzt, von denen so viele Sagen der Caiwanen erzählten.

*

Mühsam öffnete Dando drei seiner acht Augen. Mit größter Kraftanstrengung schob er die linke Hand über das Gesicht, um sich vor der Hitze zu schützen.

Er wusste nicht, wo er war und wann er war. Er wusste gar nichts. Er erinnerte sich nicht daran, überwältigt worden zu sein. Unter stechenden Schmerzen hob er die rechte Hand, um sie ebenfalls vor das Gesicht zu bringen. Ihm war, als benötige er Stunden, bis er es endlich geschafft hatte. Vorsichtig spähte er zwischen seinen Fingern hindurch. Er sah breite schwarze Linien, die sich über ihn hinwegzogen, und es dauerte lange, bis er begriff, dass es dicke Äste waren, die ein Gitter über ihm bildeten.

Schneller erfasste er, dass er auf Felsboden lag. Er spürte jeden Stein, der sich gegen seinen Rücken drückte. Er ließ die Hände sinken und tastete das Gestein zu seinen Seiten ab. Es bildete eine geschlossene Decke, und das war schlimmer, als ein Gitter über sich zu sehen und sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass er eingesperrt war.

Langsam wälzte er sich zur Seite, bis sein Gesicht nicht mehr direkt von der Sonne beschienen wurde. Nach wie vor vernahm er die Schreie der Schluchtadler, und ihr unangenehmer Geruch wehte zu ihm herüber. Der Wind heulte leise in den Felsspalten. Ansonsten aber war es still. Er erfasste, dass ihn seine eigenen Sinne getäuscht hatten.

Wo bin ich?, fragte er sich immer wieder.

Er fand keine Antwort. Er erinnerte sich daran, dass er eine Rede an der neu gegründeten Universität von Takijon gehalten hatte, um Lehrkörper und Studenten auf die neuen Aufgaben einzuschwören. Nach vielen Jahren mühseliger Aufbauarbeit war es gelungen, eine geistige Elite herauszubilden und zugleich ein weites Netz von Schulen einzurichten, das sich über den ganzen Planeten hinwegzog und jedem Caiwanen die Gelegenheit gab, sich weiterzubilden.

Voraussetzung war die Hypnoschulung gewesen, die er den Arkoniden abgerungen hatte, nachdem er von dieser Lernmöglichkeit erfahren hatte. Sie war exakt hundert Caiwanen – ihm als Erstem – zuteil geworden. Wider alle Prognosen der Weißen war es zu keinem einzigen Fall von Wahnsinn gekommen; angeblich war alles an den Hypnoschulern speziell auf arkonidische Gehirne zugeschnitten, sodass bei jedem Nicht-Arkoniden eine gewisse Gefahr bestand. Um die Gefahr zu minimieren, wie sie sagten, hatten die Fremden von den Sternen Dandos Volk auch nur ein stark eingeschränktes Lehrprogramm zur Verfügung gestellt. Obwohl die Zahl der Wissenden und das Ausmaß des Wissens recht gering waren, reichte diese Maßnahme aus, den weltweiten Lernprozess bei den Caiwanen in Gang zu setzen.

Trotzdem unterliefen auch Dando Fehler: Owara Asa Tagakatha war nicht unter den hundert gewesen, obwohl Dando eigentlich dafür hatte sorgen wollen, und mittlerweile war es zu spät. Die Arkoniden hatten das Programm geschlossen und waren zu keiner weiteren Leistung bereit.

Von solchen kleineren Fehlern abgesehen, verlief alles wunschgemäß: In den meisten Fällen konnten die geistigen Strukturen aufgebrochen werden, die der Unterdrückung Caiwans Vorschub geleistet hatten. Die Caiwanen schworen dem Glauben an ihre vielen Götter nicht ab, überließen jedoch nicht mehr jede kleine Entscheidung den Priestern. Sie nahmen ihr Schicksal selbst in die Hände.

Dando Gentury war stolz auf sein Volk. Und das Volk war stolz auf ihn: Nur seiner Beharrlichkeit verdankten die Caiwanen es, dass die Arkoniden trotz aller Ausflüchte die Auslieferung von Lehrmaterial schließlich nicht mehr verzögern konnten. Mit jedem Tag gelang es mehr Caiwanen, den geistigen Horizont allmählich zu erweitern: Wissen entstand, wurde geteilt und vermehrte sich.

Nicht unerheblich war dabei die Hilfe Kopfs, jenes arkonidischen Roboterrelikts, aus dessen Speichern Dando eine Fülle von Anregungen und Hilfestellungen entnehmen konnte. Schon bald nach dem Abschluss des Vertrages mit den Arkoniden war ihm klar geworden, dass der Abbau von Khalumvatt kein großes Geschäft werden würde. Dieser Hyperkristall zerfiel zu schnell, um für die Raumfahrt und die andere Technik der Arkoniden von großem Wert zu sein.

Aus der Sicht der Weißen war Khalumvatt minderwertig. Entsprechend niedrig waren die Preise, die dafür gezahlt wurden. Die Enttäuschung bei den Caiwanen war groß gewesen, schmerzlicher aber noch der Hohn, mit dem die Arkoniden ihnen zu verstehen gaben, dass der zwischen ihnen geschlossene Vertrag nicht annähernd so wertvoll war, wie sie geglaubt und gehofft hatten.

Doch die Caiwanen waren bescheiden in ihren Ansprüchen. Sie investierten das verdiente Geld fast ausschließlich in die Bildung des Volkes, und es erfüllte Dando Gentury und seine Mitstreiter mit tiefer Befriedigung, dass sich dabei überraschend große Erfolge zeigten. Seit Jahrhunderten hatten sich die Caiwanen in geistigen Fesseln bewegt, die durch ihre Religion und deren Hüter gelegt worden waren. Und nun überwanden sie die Vorstellung, dass die Schätze der Natur allein und ohne jede Einschränkung den Göttern Sym und Corna gehörten und nur mit Hilfe ihrer Vertreter – der Priester – darüber entschieden werden durfte, wem das Recht zustand, sie abzubauen und auszubeuten.

Allmählich gelang es Dando, seine Gedanken zu ordnen. Es gab nur eine mögliche Erklärung für seine derzeitige Situation. Bei der Veranstaltung an der Universität hatte er etwas gegessen und getrunken, dem ein Gift zugesetzt gewesen sein musste, das ihn außer Gefecht gesetzt und mit dem er auch jetzt noch zu kämpfen hatte.

Nach und nach erfasste er, dass er sich in einem aus dicken Ästen und grob gehobelten Balken gefertigten Käfig befand. Als er sich aufrichtete, sah er, dass man ihn in die Berge gebracht hatte. Unter ihm gab es nur vegetationsloses Gestein. Mit Ketten und Metallspangen war der Käfig an den Felsen befestigt, sodass er ihn auf gar keinen Fall umkippen oder von der Stelle bewegen konnte.

Hoch über ihm kreisten die gefürchteten Schluchtgeier. Sie würden vergeblich auf Beute warten. In den Käfig konnten sie nicht eindringen. Um ihn herum erhoben sich steile Felswände mit tiefen Rissen und Schründen. Er war allein. Niemand hielt sich in seiner Nähe auf.

Es war ein Mordanschlag. Ein Giftmord.

Unter den gegebenen Umständen war er unerreichbar für die Schaspaken. Bevor er verhungert oder verdurstet war, würde er an den Giften sterben, die in seinem eigenen Körper produziert wurden, aber nicht ausgeschieden werden konnten.

Die Sonne stand hoch am Zenit und brannte heiß herab. Er konnte den sengenden Strahlen nicht ausweichen. Sie verbrannten seine Haut, und er konnte nichts dagegen tun.

Er spürte, dass seine Kräfte schwanden. Mühsam und mit vielen Pausen machte er sich daran, sein Gefängnis zu untersuchen. Es war stabil und mit einem solchen handwerklichen Geschick gebaut, dass er es nicht aufbrechen konnte. Ohne Hilfe von außen konnte er nicht daraus entkommen.

Unwillkürlich wich er von den Gitterstäben zurück, als ein großer, feuerroter Graswolf zwischen den Felsen auftauchte und mit tief herabgezogenem Kopf auf ihn zukam. Das Tier war so groß, dass es ihn – gemessen an der Risthöhe – um beinahe eine Armlänge überragte. Je näher es kam, desto tiefer drückte es sich an den Boden, die Blicke aus den gelb schimmernden Augen starr auf ihn gerichtet.

Dando war sich nicht sicher, ob die Gitterstäbe einem Angriff dieses Kolosses standhalten würden. Als die Bestie die Lefzen hochzog und Speichel zwischen den Zähnen hervortroff, spürte er, wie der Schlag seiner beiden Herzen sich beschleunigte.

Plötzlich blitzte es in den gelben Augen auf, und die Muskeln an den Beinen bildeten emporquellende Knoten. Dando hielt unwillkürlich den Atem an. Dies war der Moment der Entscheidung. Der Wolf wollte springen. Er würde gegen die Gitterstäbe prallen und sie möglicherweise zerbrechen.

Ein helles Pfeifen ertönte. Der Graswolf sprang, erreichte den Käfig jedoch nicht, denn ein dünner, langer Stab schlug in seine Flanke und fällte ihn. Krachend und laut schnaufend stürzte er auf den Boden. Ein zweiter Pfeil flog heran und durchbohrte seinen Hals. Die gelben Augen brachen, und ein Schwall übel riechenden Speichels schoss zwischen den roten Lefzen hervor.

Dando sackte auf die Knie. Seine beiden Herzen rasten, und dabei verloren sie ihren Rhythmus. Das eine Herz pumpte nicht genügend sauerstoffreiches Blut heran, sodass das andere nicht ausreichend Blut zur Verfügung hatte, um den nötigen Druck aufrechterhalten zu können.

Über die Felsen näherte sich ihm eine kleine Gestalt. Der Sprecher der Caiwanen konnte sie nur schemenhaft erkennen, da sie vom Licht der Sonne umstrahlt wurde. Er versuchte, auf die Beine zu kommen, schaffte es jedoch nicht, weil sein Kreislauf versagte. Ihn schwindelte, und als er seine Arme ausstrecken wollte, verlor er das Bewusstsein.

Er kam wieder zu sich, weil er die Schaspaken fühlte, wie sie sich langsam aus seinem Rücken gleiten ließen. Mit einem Schlag öffnete er alle acht Augen. Er lag im Schatten, und dicht neben ihm saß ein junger Mann auf dem Boden. Er konnte ihn nur schemenhaft erkennen, weil seine Augen sich nicht so schnell von dem grellen Sonnenlicht erholten.

»Du hast lange gebraucht, um dich von dem Gift zu befreien«, sagte der andere. »Wie lange warst du in dem Käfig?«

»Keine Ahnung«, antwortete Dando Gentury. Er richtete sich auf. Dankbar nahm er die Karanüsse entgegen, die der andere ihm anbot. »Ich war bereits in einem kritischen Stadium. Ich habe Dinge wahrgenommen, die gar nicht da waren. Vielen Dank für deine Hilfe. Ohne dich wäre ich ...«

Mit einem dumpfen Donnern zogen zwei große arkonidische Frachtraumer über sie hinweg. Sie zeichneten sich deutlich in den dünnen Wolken ab. Weiße Kondensstreifen blieben zurück. Die Raumschiffe landeten in der Nähe von Takijon auf einem von den Arkoniden angelegten Raumhafen, um Hyperkristalle aufzunehmen und zu fernen Werften zu bringen.

»Das reicht. Es ist mir eine Ehre, dass ich dir helfen konnte. Ich hätte nie für möglich gehalten, Dando Gentury in einer solchen Situation vorzufinden. Gefangen und eingesperrt wie ein Tier und hermetisch abgetrennt von den Schaspaken. Wer wollte dich umbringen?«

»Ich kann mich nur wiederholen«, entgegnete der Sprecher der Caiwanen. »Ich habe keine Ahnung.« Die Konturen wurden schärfer. Allmählich zeichnete sich ein Gesicht mit seinen Einzelheiten ab. Es kam ihm bekannt vor. Ihm fiel auf, dass sein Retter ein kompliziert erscheinendes Gerät in den Armen hielt, offenbar die Waffe, mit der er die Pfeile verschossen hatte.

»Ich bin Kokon Kotan, Ingenieur«, stellte sein Retter sich vor. Er kreuzte die Arme vor der Brust und neigte als Zeichen seiner Ehrerbietung den Oberkörper nach vorn. »Wir haben uns lange nicht gesehen. Ebenso wie du bin ich aus Gentury. Erinnerst du dich nicht an mich? Als wir noch Kinder waren, haben wir beiden uns mal geprügelt. Es war unter der Astronösche, dem größten Baum in unserem Dorf. Ich war einige Jahre jünger als du, aber das hat mich nicht davon abgehalten, mich mit dir zu messen. Beinahe hätte uns eine Liebakatze erwischt.«

Er lachte. Dando streckte ihm die Hand entgegen, und sie blickten sich lange an. Nur zu gut erinnerte er sich an diesen Jungen, der damals so wild und jederzeit zu einer Prügelei bereit gewesen war. Kokon Kotan ergriff die Hand.

»Ich bin sicher, dass bereits jetzt über den ganzen Planeten verbreitet wird, was man dir angetan hat. Es wird nicht lange dauern, bis man den Täter ermittelt hat. Man wird ihm alle Knochen im Leibe brechen für das, was er getan hat.«

»Das wird sich weisen.« Dando interessierte sich weniger für die Aufklärung des Anschlags als für den jungen Mann, der vor ihm saß. Er gehörte zu jenen, die voller Begeisterung und Wissensdurst lernten und forschten. Es war, als habe das caiwanische Volk über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende hinweg geschlafen und sei erst jetzt erwacht. Ungeahnte Tugenden machten sich bemerkbar.

Mehr denn je war man sich der eigenen Werte und der eigenen Kultur bewusst geworden. Die jungen Caiwanen versuchten nicht, die Arkoniden nachzuahmen, obgleich sie sich für jedes Detail ihrer Technik interessierten. Sie bewahrten ihre Eigenarten und entwickelten eine eigene Technik, so, wie es Kokon Kotan mit seinem Bogen getan hatte. Möglicherweise gab es eine effektivere Technik, bemerkenswert aber war, dass der Ingenieur in der Lage gewesen war, einen roten Graswolf zu töten. Dafür hätte keine von den Caiwanen bisher eingesetzte Waffe ausgereicht.

»Wieso bist du hier in der Gegend?«

Kokon Kotan hob lächelnd einen Pfeil, den er aus einem Köcher auf seinem Rücken zog. Zugleich stülpte er seine kapuzenartige Hörmuschel weit über den Kopf nach vorn, um besser hören zu können. Dando Gentury hatte leise gesprochen. Das tat er oft und vor allem dann, wenn die Konzentration derer gefordert war, denen er etwas mitzuteilen hatte. Er hatte gelernt, dass Lautstärke und Intensität der Sprache nicht weniger wichtig waren als der Inhalt des Gesagten.

»Ich habe diesen Jagdbogen gebaut und wollte ihn ausprobieren. Deshalb war ich hier. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Ich glaube, ich bin der erste Caiwane nach Siffray, der einen Graswolf erlegt hat.«

»Siffray hat vor Jahrhunderten gelebt. Niemand weiß genau, wann das war.«

»Umso schöner, dass es mir gelungen ist. Vielleicht werde ich nun ebenfalls zu einer Sagengestalt, von der man noch nach Jahrhunderten spricht.«

Dando lachte, wurde jedoch sehr schnell wieder ernst.

»Ich fürchte, das wird nicht der Fall sein, Kokon Kotan. Der Lernprozess, der bei uns in Gang gekommen ist, hat fraglos zur Folge, dass neue Waffen entwickelt werden. Es wird nicht bei einem Bogen bleiben. Und das werden vor allem die Tiere unseres Planeten zu spüren bekommen. Du hast einen Wolf getötet, um mich zu retten. Dafür danke ich dir. Aber viele werden hinausziehen in die Natur und Tiere töten, obwohl es keinen zwingenden Grund dafür gibt. Einfach, weil sie es jetzt können.«

Beschämt legte der junge Ingenieur die Hände vor die Augen. Er hatte verstanden. Im Verhältnis zu seinem recht kleinen Körper hatte er große Hände. Er war mittelgroß und von angenehmem Äußeren.

»Du siehst, unser Weg in die Zukunft führt nicht nur ins Licht, sondern hat auch seine Schattenseiten.«

Kokon Kotan schien zuvor noch nicht über diese Zusammenhänge und Folgen nachgedacht zu haben. Dando entfernte sich einige Schritte von ihm, um dann überrascht stehen zu bleiben. Er sah, dass der Ingenieur mit einer Antigravplatte gekommen war. Das Fluggerät bot Platz für zwei aufrecht stehende Personen und wurde über einen langen Hebel gelenkt, der an seiner Vorderseite in die Höhe ragte. Nur wenige Caiwanen konnten sich bisher einen derartigen Luxus leisten.

»Ich bin recht erfolgreich«, kommentierte der junge Mann den erstaunten Blick Dandos. »Ich setze um, was du uns in deinen Reden empfohlen hast.«

»Gut so! Ich wollte schon immer mal mit so einem Ding fliegen. Bisher war es mir noch nicht vergönnt.«