Perry Rhodan 2411: Schwinge-von-Raffat - Leo Lukas - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2411: Schwinge-von-Raffat E-Book und Hörbuch

Leo Lukas

0,0

Der Titel, der als Synchrobook® erhältlich ist, ermöglicht es Ihnen, jederzeit zwischen den Formaten E-Book und Hörbuch zu wechseln.
Beschreibung

Am Rande des Chaos - Weltraumpiraten und ein unverhofftes Wiedersehen Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte: Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht. Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Ihr Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden. Perry Rhodan ist mit dem Spezialraumschiff JULES VERNE über 20 Millionen Jahre zurück in die Vergangenheit der Milchstraße gereist, die damals Phariske-Erigon hieß, um die Menschheit in der Gegenwart zu retten. Atlan begibt sich indessen auf eine gefährliche Fahrt nach Hangay, an den Brennpunkt des Geschehens. Mit Mühe durchbricht er den Grenzwall der sich wandelnden Galaxis, stößt vor in eine der Proto-Chaotischen Zellen - und begegnet der SCHWINGE-VON-RAFFAT...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 124

Das Hörbuch können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS

Zeit:3 Std. 12 min

Sprecher:Tom Jacobs
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 2411

Schwinge-von-Raffat

Am Rande des Chaos – Weltraumpiraten und ein unverhofftes Wiedersehen

Leo Lukas

Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte: Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht.

Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Ihr Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.

Perry Rhodan ist mit dem Spezialraumschiff JULES VERNE über 20 Millionen Jahre zurück in die Vergangenheit der Milchstraße gereist, die damals Phariske-Erigon hieß, um die Menschheit in der Gegenwart zu retten.

Atlan begibt sich indessen auf eine gefährliche Fahrt nach Hangay, an den Brennpunkt des Geschehens. Mit Mühe durchbricht er den Grenzwall der sich wandelnden Galaxis, stößt vor in eine der Proto-Chaotischen Zellen – und begegnet der SCHWINGE-VON-RAFFAT …

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Unsterbliche hat schwerwiegende Entscheidungen zu treffen.

Dr. Indica – Die Nexialistin muss sich an vorderster Front bewähren.

Hajmo Siderip – Der Xeno-Psychologe gerät in altbekannte, gefährliche Fahrwasser.

Kerseluuf der Jüngere –

Annalen der Helden von Hangay:

Prolog

Was verbindet eine Blume, die erblüht, und einen Stern, der als Supernova vergeht?

Sie existieren nicht, nicht wirklich, solange niemand sie beobachtet.

Eine gewagte These, findet Ihr? Mag sein – und doch vermögt Ihr sie nicht zu entkräften.

Unvorstellbar, schier unendlich viele Blumen wie auch Sonnen gibt es im Kosmos. Simpelste Logik sagt uns, dass es weitaus mehr sein müssen, als wir kennen.

Ja. Sicher. Aber real – für uns – sind nur diejenigen, die wir vor unseren Schwingen haben. Egal ob gegenwärtig oder vergangen, ob unmittelbar oder als Aufzeichnung: Erst durch Beobachtung entstehen sie in unserem Bewusstsein.

Der Betrachter allein entreißt sie dem Nichts. Und nur, indem er das Geschaute bezeugt, so gut wie möglich dokumentiert, rettet er es davor, wieder ins Dunkel der Nicht-Existenz zurückzusinken.

Eine Blume erblüht und verwelkt.

Ein Stern bläht sich auf und erlischt.

Wen interessiert’s, wenn niemand zugegen war, das Geschehnis zu beschreiben? Und, ebenso entscheidend, jene Schilderung auch für die Nachwelt zu bewahren?

Schönheit ist nutzlos ohne Spiegel (oder Kameras und Bilderspeicher … Ihr wisst, was ich meine). Seht Ihr, ganz genau gleich verhält es sich mit dem Heldentum.

Wodurch wird man zum Helden? Durch Taten? Ach, wie schrecklich weit verbreitet ist dieser Irrglaube!

Taten sind relativ wichtig, klar. Wo rein gar nichts passiert, tut sich der beste Erzähler schwer.

Doch einmal ehrlich: Die meisten Handlungen und Ereignisse verlaufen unspektakulär oder so schnell und wirr, dass währenddessen kaum je ein überlieferbarer Eindruck entsteht.

Holprige Wortwechsel, ungelenke Hiebe, übereilte Schüsse, ferne Explosionen … Wenn’s hoch her geht, ein wenig Feuer, Rauch und Schutt. Falls man sich nicht sowieso mit ein paar bunten Glyphen auf dem Holo-Schirm zufriedengeben muss.

Hat also erstens oftmals wenig Rühmenswertes stattgefunden, tendieren zweitens die Berichte mehrerer Personen, die sich zur selben Zeit am selben Ort befanden, gleichwohl dazu, einander stark zu widersprechen.

Die Wahrnehmung der meisten Wesen ist arg beschränkt; und, leider, drittens noch dazu beeinflusst von Voreingenommenheit und Aversionen. Kurz gesagt: Wer jenen, die dabei gewesen sind, vertraut, der wird vielleicht im Witzbuch der Geschichte landen, eventuell im Schurkenschrein, jedoch nicht in der Ruhmeshalle.

Ob komische Figur, ob Bösewicht, ob Held – den Unterschied macht der Chronist. Wer seiner Dienste sich versichert, ihn ehrt und gut behandelt, erwirbt sich Achtung, Glorie, ja Unsterblichkeit. Wer nicht, der nicht.

Genug der Vorrede; nun die Geschichte.

Es ist die Wahrheit, pur und unverfälscht.

1.

Ärgernisse

»Nein! Sag, dass das nicht wahr ist.«

Hajmo tat, als setze er zu einer Antwort an. Stattdessen schlug er seinem Gegenüber mitten ins Gesicht.

Aber der ließ rechtzeitig seinen Oberkörper nach hinten pendeln, sodass die Gerade nicht traf, und tänzelte zur Seite. Dann kam der Konter, ein rechter Schwinger, der in Hajmos gerade noch hochgerissener Deckung landete.

Sie gingen auf Distanz, umkreisten einander lauernd. »Ich kann nichts dagegen tun«, keuchte Hajmo, ohne seinen Gegner dabei aus den Augen zu lassen. »Es hat mich voll erwischt, fürchte ich.«

»Dich wird gleich noch was anderes erwischen.« Marc A. Herren fintierte, dann drang er mit einer kurz geschlagenen Links-Rechts-Kombination auf Hajmo ein. Der rettete sich in den Clinch.

»Wacklig auf den Beinen, was?«, spöttelte Marc, nachdem sie sich wieder getrennt hatten. »Tja, die Liebe macht weiche …«

Anstelle des letzten Wortes versetzte er Hajmo einen mörderischen Uppercut, der dessen Deckung durchschlug.

Die Miniatur-Prallfelder im Sparring-Helm dämpften die Wucht des Treffers und verteilten sie von der Kinnspitze auf die ganze untere Hälfte der Schutzmaske. Dennoch hob es Hajmo nahezu aus den Schuhen.

Er taumelte rückwärts zu den Seilen.

»Ganzer Punkt für Blau«, verkündete der positronische Schiedsrichter. »Gelegenheit zur Aufgabe. Eins. Zwei. Drei …«

Bei »sieben« stieß sich Siderip von den Seilen ab, klopfte die Boxhandschuhe zusammen und ging zurück in die Ringmitte. Die Medo-Uberwachung der Sporthalle signalisierte durch einen hellen Glockenton, dass er fit genug war, um weiterzukämpfen, ohne seine Gesundheit zu gefährden.

»Noch so ein Lucky Punch gelingt dir nicht«, knurrte Hajmo.

Dann stellte er das Schwatzen ein. Wütend, weil er den harten Treffer zugelassen hatte, schob er alles andere beiseite und konzentrierte sich voll aufs Boxen.

Was ja auch der Sinn der Sache war: sich wenigstens für ein paar Minuten abzulenken und nicht immerfort daran denken zu müssen, dass er sich wieder einmal in die falsche Frau verguckt hatte.

*

Marc gewann nach Punkten, mit großem Vorsprung, wie fast immer in den letzten Wochen.

»Mein lieber Alphonsinus«, sagte Hajmo, nachdem sie sich geduscht und frische Bord-Kombis angezogen hatten, »wenn ich nicht genau wüsste, dass du das entschieden ablehnst, würde ich argwöhnen, du seist gedopt.«

»Nicht du auch noch! Nenn mich bitte Marc, ja?« Der Anästhesist und Pharmakologe verdrehte die Augen. Seit irgendjemand herausgefunden hatte, dass das »A.« in seinem Namen für Alphonsinus stand, wurde er ständig damit aufgezogen.

Hajmo Siderip nahm einen Schluck von seinem Elektrolyt-Getränk. »Soll nicht wieder vorkommen, versprochen. Obwohl Alphonsinus wirklich kein übler Name ist. Mich haben sie in der Schule jahrelang ›Seitenreißer‹ gerufen. Dabei bedeutet ›sidjerip‹ in einem balkanischen Dialekt der altterranischen Zigeuner …«

»… ›schnell wie der Wind‹«, setzte Marc fort. »Das hast du mir schon hundertmal erzählt. Aber deine boxerischen Fähigkeiten können damit nicht gemeint sein. Eher deine Begabung, Hals über Kopf ins amouröse Schleudern zu geraten.«

Theatralisch vergrub Hajmo das Gesicht in den Händen. »Ich weiß eh, dass ich ein Idiot bin!«, rief er in nur teilweise gespielter Verzweiflung. »Immer gefallen mir Frauen, die nicht gut für mich sind.«

Schon Nuoriel hatte sich als Fehlgriff erwiesen, wiewohl er ihr im selben Moment für diese Bezeichnung Abbitte leistete. Sie konnte schließlich nichts dafür, dass ihre Interessen so weit auseinanderlagen.

Er war es gewesen, der die Beschaulichkeit ihrer Farm in Shonaar, an der idyllischen Bergflanke des Qilian Shan, nicht ausgehalten hatte. Und er hatte sein Versprechen gebrochen, nie wieder in den Flottendienst einzutreten, schon gar nicht für ein Himmelfahrtskommando wie die Expedition nach Hangay.

Das der Trennung von Nuoriel vorausgegangene, kurze Intermezzo mit der Reporterin Darasalaanaghinta »Sparks« Mitchu schlug sowieso als ein einziges Desaster zu Buche.

Mittlerweile hatte Hajmo von ESCHERS Avatar Pal Astuin erfahren, dass sie damals verdammt knapp dran gewesen waren, das Mysterium der Parapositronik aufzudecken. Um dies zu unterbinden, hatten Astuin und sein Partner Merlin Myhr skrupellos Hajmos Gedächtnis manipuliert.

Deswegen wusste er nicht einmal mehr, ob er je mit Sparks geschlafen hatte. Er war den beiden Düsteren heute noch gram, obwohl sie inzwischen im gleichen Schiff flogen und auf derselben Seite standen.

Soweit man sich dessen bei ESCHER hundertprozentig sicher sein konnte …

*

»Wenn du schon im Vorhinein weißt, dass die Sache schlecht ausgehen wird«, sagte Marc, den Mundwinkel verziehend, »wieso lässt du es dann nicht gleich bleiben?«

»Warst du denn noch nie verliebt?«

»Mehrfach.«

»Du hattest eine Handvoll Affären. Aber so richtig total verknallt, Hals über Kopf? Dass du überall, in jeder Holo-Grafik nur ihr Gesicht siehst, ständig glaubst, ihre Stimme zu hören, überall Wörter entdeckst, die ihrem Namen ähneln?«

»Hä?«

»›Indigen‹ steht in jedem dritten Satz meiner Unterlagen über die Völker Hangays. In den Bordinfo-Nachrichten werden permanent Indikatoren für die Tücken der hiesigen Raum-Zeit-Struktur erwähnt. Pausenlos taucht neuerdings die Farbe Indigo auf; es gibt sogar eine populäre Trivid-Zeichentrickfigur, die so heißt, wusstest du das?«

»Alter.« Marc beugte sich vor und sah Hajmo über die Trinkgefäße hinweg mitleidig an. »Du selbst sagst, dass Doktor Indica nicht das geringste Zeichen gegeben hat, das zur Hoffnung berechtigt, sie könnte deine Zuneigung erwidern. Sie hat kurz deine Mitarbeit während der Durchdringung des Grenzwalls lobend erwähnt, und das war’s.«

»Mir völlig klar. Nur hilft das kein bisschen. Sie ist einfach … die absolute Traumfrau. Damit meine ich gar nicht so sehr die tolle Figur, die schwarzweißen Haare, die verschiedenfarbigen Augen. Obwohl mich das alles natürlich ebenfalls kirre macht.«

»Kirre ist ein Hilfsausdruck. Ich würde eher sagen, rettungslos plemplem.«

»Ihr Selbstbewusstsein!«, schwärmte Hajmo ungebrochen weiter. »Wie sie die Initiative ergreift, wie forsch sie gegenüber weit Ranghöheren auftritt, ohne dabei auch nur einen Hauch eingebildet zu wirken!«

»Apropos Ranghöhere. Indicas Qualitäten scheinen, so hört man, außer dir auch noch andere zu beeindrucken. Ganz andere Kaliber.«

Siderip seufzte. Der Tratsch an Bord der RICHARD BURTON wollte aus verlässlicher Quelle erfahren haben, dass Atlan da Gonozal ein Auge auf die Nexialistin geworfen hätte.

Abwegig war das nicht. Immerhin zog der Arkonide sie als Beraterin bei so gut wie allen wichtigen Anlässen den Chefwissenschaftlern und sonstigen Experten vor.

»Fantastische Idee, der gleichen Frau den Hof zu machen wie der Expeditionsleiter!«, höhnte Marc. »Genauso gut könntest du es dir in den Kopf setzen, mit Domo Sokrat über zwölf Runden gehen zu wollen.«

»Du wirst lachen, ich fühle mich gerade, als hätte mir der Haluter eine verpasst.«

»Mir ist eher zum Weinen, wenn ich an deine Chancen bei Indica denke. Mit einem Unsterblichen konkurrieren zu wollen, noch dazu mit Atlan! Der kriegt jede, die er will. Weißt du, wie ihn manche alte Kampfgefährten nennen? Einsamer der Zeit!«

»Das ist mir alles vollkommen bewusst!«, rief Hajmo so laut, dass sich etliche der Kantinengäste an den benachbarten Tischen nach ihm umdrehten. Er spürte, wie sich seine Wangen röteten.

Mit gesenkter Stimme fügte er hinzu: »Mein Hirn sagt: ›Nein, bloß nicht!‹, aber mein Herz sagt: ›Ja, unbedingt.‹«

»Mhm. Oder ein etwas tiefer gelegenes Organ …«

»Haha, sehr witzig. Was soll ich bloß machen?«

»Schlag sie dir aus dem Kopf.«

Hajmo feixte. »Grad vorhin habe ich versucht, das von dir erledigen zu lassen. Leider hat es nur kurz funktioniert und nicht lang angehalten. Wiewohl ich zugeben muss, dass du immer besser wirst, seit wir uns in Hangay aufhalten.«

»Vielleicht«, sagte sein Sparringspartner, sichtlich froh, das Thema wechseln zu können, »wirkt sich diese verflixte Galaxis wenigstens auf einen von uns positiv aus.«

*

Marc A. Herrens Optimismus hätten die Männer und Frauen der Zentrale-Crew, die einige Hauptdecks tiefer am Werk waren, gewiss nicht geteilt.

Insbesondere die hochgradigen Perfektionisten an den Pilotenterminals empfanden die Reise von Quamoto zum Segarenis-Sternhaufen als immer bedrückender werdenden Albtraum. Selbst die Zweite Offizierin der BURTON, Major Harijna Haconny, begründete die sich häufenden Navigationsfehler nicht mehr damit, dass keiner ihrer drei Emotionauten von Ertrus stammte.

Es lag nicht an ihnen, sondern an Hangay; an dem, was mit Hangay vorging.

Die Umwandlung zur Negasphäre … Allmählich bekam man eine Vorstellung davon, was das konkret bedeutete. Die abgeschottete Galaxis war mit dem Standarduniversum nicht länger korrekt verbunden. Das GESETZ hatte an diesem Ort offensichtlich keine volle Gültigkeit mehr.

Die neuen Bedingungen der überlichtschnellen Raumfahrt in Hangay waren von der Noquaa-Kansahariyya ausgiebig getestet worden, mit verschiedenen Triebwerken. Sogar im Unterlichtflug traten Probleme auf. Auch bei vorhergegangenen Hochpräzisionsmessungen hatten sie Abweichungen vom angelegten Kurs hinnehmen müssen.

Keineswegs regelmäßig und überall, auch nicht unbedingt sämtliche beteiligten Schiffe betreffend: Es konnte jederzeit sein, dass von einem Verband nur ein einziger Raumer das gemeinsam angepeilte Ziel nicht exakt erreichte. Oder die Hälfte. Oder alle.

Fest stand nur: je länger die Etappe, desto wahrscheinlicher und größer die Abweichungen von der programmierten Route. Und desto mehr Einheiten eines Pulks waren im Durchschnitt betroffen.

In Hangay vermochte man, lapidar ausgedrückt, nicht mehr sicher »geradeaus zu fliegen«. Selbst das galt nicht allerorts im gleichen Maße, sondern konnte von Sektor zu Sektor, von Stunde zu Stunde unterschiedlich ausfallen.

Die Mannschaften der RICHARD BURTON und der LFT-BOXEN ARAMIS, ATHOS und PORTHOS bemühten sich redlich. Dennoch »zerstreuten« sie sich immer wieder unbeabsichtigt auf einige Lichtsekunden Distanz.

ESCHER führte die Unmöglichkeit, einen exakten Kurs zu halten, auf »Inkonsistenzeffekte einer inhomogen veränderten Raum-Zeit-Struktur« zurück. Selbst die Parapositronik sah sich vorerst außerstande, die Abweichungen vorherzusagen oder der Fehleranfälligkeit entgegenzuwirken.

Kurz hatte die Expeditionsleitung erwogen, alle vier Schiffe »starr« zu synchronisieren und von einem einzigen Emotionauten steuern zu lassen, so, wie sie es während der letzten Linearetappe im Grenzwall gemacht hatten. Aber der Plan war als zu riskant verworfen worden. Wenn die gigantischen Trägerraumer nur wenige Kilometer Distanz zueinander hielten, konnte schon eine winzige Abdrift zur Kollision führen.

Also kämpften und ärgerten sie sich weiter. Und die Schwierigkeiten ließen keineswegs nach. Im Gegenteil, je näher sie dem Segarenis-Haufen kamen, desto beträchtlicher fielen die Abweichungen aus.

*

»Als flögen wir geradewegs auf ein Zentrum der Inkonsistenz zu«, sagte Hajmo Siderip. »Eine Art kosmisches Äquivalent zu deiner Kabine: der höchstmögliche Grad an Unordnung.«

Bevor Marc etwas entgegnen konnte, winkte Jawna Togoya ab. »An Marcs Saustall kommt der Segarenis-Haufen nicht heran. Dabei handelt es sich laut unseren Informationen ja bloß um eine Proto-Chaotische Zelle.«

Sie hatten alle drei Freischicht und es sich in einem Wintergarten der Therme gemütlich gemacht. Jawna benötigte als Posbi zwar keine Erholungsphasen, aber der Dienstplan galt für sie genauso wie für jedes andere Besatzungsmitglied.

»Proto-Chaotisch?«, fragte Hajmo, sich im Liegestuhl räkelnd.

»Unseren neuen Freunden von der Noqua Kansahadingsbums ist es gelungen, Klartext-Funkgespräche von Kolonnen-Einheiten mitzuschneiden. Da kam dieser Begriff vor. Hältst du dich denn nicht auf dem Laufenden?« Marc deutete zum Bord-Trivid-Monitor über den üppig wuchernden Grünpflanzen.

»Ich war in den letzten Tagen mit meinen Gedanken woanders.«

Beinahe gleichzeitig hoben Marc und Jawna abwehrend die Arme. »Um aller Himmel willen, fang nicht schon wieder davon an!«, flehte Marc.

»Ich hingegen wäre an einer eingehenderen, psychologisch fundierten Beschreibung deines extraordinären Gemütszustands sehr interessiert«, widersprach die Koko-Interpreterin. »Mein Volk kennt grenzenlose Hingabe nur einerseits gegenüber dem Zentralplasma, andererseits in Form der Zuneigung, die uns die Matten-Willys entgegenbringen.«

»Ich schwör’s dir, das willst du nicht wissen«, sagte Marc.

Um die drohende Erörterung von Hajmos unglücklicher Verliebtheit abzuwürgen, erteilte er dem Holo-Projektor einen akustischen Befehl, die vorliegenden Daten über ihr Zielgebiet einzublenden. »Bring dich lieber auf den neuesten Stand, Freund Seitenreißer!«

»Wenn du meinst, Alphonsinus …«, konterte Hajmo. Er fing das Handtuch, das Marc nach ihm warf, aus der Luft, dann gab er sich geschlagen und widmete sich den von der Expeditionsleitung veröffentlichten Fakten.