Perry Rhodan 2944: Moothusachs Schatz - Leo Lukas - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2944: Moothusachs Schatz E-Book und Hörbuch

Leo Lukas

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Beschreibung

Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodans Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln, lebt nach wie vor. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben. Unterschwellig herrschen immer noch Konflikte zwischen den großen Sternenreichen, aber man arbeitet zusammen. Das gilt nicht nur für die von Menschen bewohnten Planeten und Monde. Tausende von Welten haben sich zur Liga Freier Galaktiker zusammengeschlossen, in der auch Wesen mitwirken, die man in früheren Jahren als "nichtmenschlich" bezeichnet hätte. Besucher aus anderen Galaxien suchen Kontakt zu den Menschen und ihren Verbündeten; dazu zählen auch die Thoogondu aus der Galaxis Sevcooris. Einst waren sie in der Milchstraße beheimatet und haben nun den Wunsch geäußert, erneut Kontakt aufzunehmen. Gegenwärtig hält sich Rhodan in ihrem Goldenen Reich auf, wo er auch auf ein Splittervolk der Menschheit gestoßen ist: das Zweite Solare Imperium der Gäonen. In der Milchstraße versucht das ZSI durch militärische Intervention der Menschheit wieder jenen Platz zu geben, der ihr angeblich zustünde, muss aber gegen die USO eine empfindliche Niederlage hinnehmen. Dabei stellen Galaktiker wie Gäonen fest, dass die Thoogondu ebenfalls weitgehend unbemerkt im Spiel sind und die[…]

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Zeit:3 Std. 45 min

Sprecher:Renier Baaken
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Nr. 2944

Moothusachs Schatz

Der Mentor hat nur ein Ziel – er will sein Lebenswerk retten

Leo Lukas

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog: Vorhang auf!

1. Die frühen Jahre

2. Das Geheimversteck

3. Exil vom Exil

4. Die Berufungen

5. Die Erweckung

6. Komplikationen

7. Die Abnabelung

8. Der Konkurrent

9. Himmel und Hölle

10. Die Attacke

11. Verraten

12. Der Eingriff

13. Eine Art Heimkunft

14. Zerwürfnisse

Epilog: Ewiges Eis

Report

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

Gut dreitausend Jahre in der Zukunft: Perry Rhodans Vision, die Milchstraße in eine Sterneninsel ohne Kriege zu verwandeln, lebt nach wie vor. Der Mann von der Erde, der einst die Menschen zu den Sternen führte, möchte endlich Frieden in der Galaxis haben.

Unterschwellig herrschen immer noch Konflikte zwischen den großen Sternenreichen, aber man arbeitet zusammen. Das gilt nicht nur für die von Menschen bewohnten Planeten und Monde. Tausende von Welten haben sich zur Liga Freier Galaktiker zusammengeschlossen, in der auch Wesen mitwirken, die man in früheren Jahren als »nichtmenschlich« bezeichnet hätte.

Besucher aus anderen Galaxien suchen Kontakt zu den Menschen und ihren Verbündeten; dazu zählen auch die Thoogondu aus der Galaxis Sevcooris. Einst waren sie in der Milchstraße beheimatet und haben nun den Wunsch geäußert, erneut Kontakt aufzunehmen. Gegenwärtig hält sich Rhodan in ihrem Goldenen Reich auf, wo er auch auf ein Splittervolk der Menschheit gestoßen ist: das Zweite Solare Imperium der Gäonen.

In der Milchstraße versucht das ZSI durch militärische Intervention der Menschheit wieder jenen Platz zu geben, der ihr angeblich zustünde, muss aber gegen die USO eine empfindliche Niederlage hinnehmen. Dabei stellen Galaktiker wie Gäonen fest, dass die Thoogondu ebenfalls weitgehend unbemerkt im Spiel sind und die negative Entwicklung vorantreiben – und entdecken MOOTHUSACHS SCHATZ ...

Die Hauptpersonen des Romans

Moothusach – Der Thoogondu hütet einen ganz besonderen Schatz.

Monkey – Der Lordadmiral der USO will die Geheimnisse der Invasoren ergründen.

Corona Fermatricz – Die junge USO-Spezialistin begleitet Monkey ins Ungewisse.

Muraabod

»Eines sollte uns immer bewusst sein: Die biokybernetischen Entitäten, mit denen wir Mentoren so intensiv zusammenarbeiten, sind keine gewöhnlichen Maschinen.

Sie haben einen eigenen Willen. Sie durchlaufen einen eigenen Lebenszyklus.

Schon daraus ergibt sich ein besonders intimes, inniges Verhältnis, das man durchaus mit der Zuneigung eines Vaters zu seinem Kind vergleichen kann. Die Analogie stimmt auch insofern, als jede neue Generation, bedingt durch die Evolution, begabter, klüger und befähigter ist als ihre Vorfahren.

Noch eine dritte Parallele gibt es: Die Liebe des Vaters beziehungsweise Mentors darf nie in blinde Schwärmerei ausarten, welche den Blick auf höhere Werte verschleiert.

Auch wenn wir uns dabei selber Schmerzen zufügen: Manchmal müssen wir sehr streng zu unseren Geschöpfen sein.

Und manchmal müssen wir sie töten.«

Rokaanon der Weise,

vor vielen Jahrtausenden

Prolog

Vorhang auf!

5. Dezember 1551 NGZ

Monkey kommt zu spät.

Sich Zugang zur geheimen Halle im Triebwerksbereich zu verschaffen, hat ihn und Agostina Settember aufgehalten. Nun sieht er, wie ihr Zwillingsbruder Faolain, auf den Knien, in sich verkrümmt, den Arm hochreißt, einen Strahlschuss abgibt ...

Und trifft.

Der Thoogondu, der ebenfalls eine Waffe in der Hand hält, taumelt, torkelt, verliert die Balance. In seiner Brust klafft ein kreisförmiges Loch, von dessen scharfen, wie gestanzten Rändern dünner, bläulicher Rauch entweicht. Er knickt ein, bricht zusammen.

Von ihm geht keine Gefahr mehr aus. Monkey orientiert sich.

Am Boden, wenige Meter neben dem Gefallenen, liegt eine ähnlich fragile, bunt gekleidete Gestalt. Reglos. In einer Lache aus hellrotem Blut, die sich weiter ausbreitet.

Gleichermaßen vernachlässigbar.

Der Raum ist etwa zehn Meter breit, drei tief, vier hoch. Die glatten Oberflächen von Boden, Decke und Seitenwänden glänzen tiefschwarz-metallisch.

Vor dem braunen, undurchsichtigen Energieschirm, der dem Eingangsschott gegenüberliegt, steht ein dritter, relativ kleiner Thoogondu. Vorgeneigt, noch gebückter als seine Artgenossen, die Monkey bisher kennengelernt hat.

Nicht unterwürfig, sondern ... gebrechlich. Er muss sehr alt sein.

Darauf deuten auch die Runzeln in der grauen Gesichtshaut hin: die durchschimmernden, dicken Adern, die matten, teilweise brüchigen, von feinen Sprüngen durchzogenen Schuppen der Schädelpanzerung.

Der Alte ist unbewaffnet und wirkt schockiert. Trotzdem schreit Faolain ihn an: »Warum hast du das getan, Moothusach? Warum hast du ihnen befohlen, mich zu töten?«

Keine Reaktion.

Monkey bemerkt, dass Faolain verwundet ist. Angeschossen. Die Wunde am linken Oberarm blutet stark.

Der kauernde Gäone schwankt, ringt um sein Bewusstsein. Agostina eilt zu ihm, legt ihre Arme um ihn.

»Monkey an Zentrale! Schickt einen Sanitätstrupp an meine Position, flott!« Er läuft zu Faolain, leistet mit den Mitteln seines SERUNS Erstversorgung. »Was ist hier passiert, und wieso?«

Falls ihn der Gäone überhaupt hört und versteht, ist er bereits zu schwach, um antworten zu können. Er verdreht die Augen, würgt, bringt aber keinen Ton mehr heraus.

Das Notfallteam trifft ein. Zwei USO-Spezialisten und ein Medoroboter, der sich sofort um den Verletzten kümmert.

*

Immer noch steht der greise Thoogondu im Hintergrund. Unbeweglich, wie eingefroren, eine Statue seiner selbst.

»Ich wiederhole die Frage«, wendet sich Monkey an ihn, bewusst verhalten, fast beiläufig. »Warum wolltest du Major Settember töten lassen?«

»Ich musste es.« Moothusach spricht mit rauer, brüchiger Stimme, aber akzentfreies Interkosmo.

Wie auch nicht? Die Expedition der IWAN IWANOWITSCH GORATSCHIN in die Milchstraße und der Angriff auf Quinto-Center waren von langer Hand vorbereitet.

Mehrfach hintereinander schließt und öffnet der Alte die Lider und horizontalen Nickhäute seiner großen, dunklen, tief liegenden, sehr weit auseinanderstehenden Augen. »Und du, Muskelprotz, geh. Geh weg! Du darfst nicht nach hinten.«

»Ach ja? Aber ich werde. Wer oder was sollte mich aufhalten können? Du bestimmt nicht.«

Monkey vergewissert sich, dass der Medoroboter den Gäonen stabilisiert und auf der mitgebrachten Antigravliege fixiert hat. Er ordnet an, Faolain und dessen Schwester in die nächstgelegene Krankenstation zu bringen.

Beide USO-Spezialisten wenden sich zum Gehen.

»Einer genügt als Begleitung«, sagt Monkey. »Fermatricz, Sie bleiben bei mir. Für alle Fälle.«

Er hat gegen großen Widerstand den Weg zu diesem verborgenen Ort in der IWANOWITSCH-Zelle des gäonischen Doppelkugelraumers gefunden. Umzudrehen, ohne das Geheimversteck zu erforschen, steht völlig außer Diskussion.

»Bleiben Sie schräg hinter mir!«, befiehlt er Corona Fermatricz, der jungen USO-Spezialistin, die ihm während ihrer Ausbildung mehrmals positiv aufgefallen ist. »Freies Schussfeld und so weiter. Sie kennen das ja.«

»Sehr wohl, Sir!«

Im Gleichschritt gehen sie auf den Energieschirm zu. Monkey ist entschlossen, sich nicht von scheinbaren Barrieren abschrecken zu lassen.

Denn: Woher ist Moothusach, der gondische Greis, auf die Szene getreten – wenn nicht durch den braun flimmernden, intransparenten Vorhang?

Um ein dem terranischen Prall-, Hyperenergie-Überladungs- oder gar Paratronschirm verwandtes Abwehrsystem kann es sich nicht handeln. Nichts davon hätte der Alte von innen heraus einfach so durchqueren können, ohne in den Hyperraum abgestrahlt zu werden oder wenigstens schweren, ja tödlichen Schaden zu nehmen.

»Stopp!«, kreischt Moothusach. »Nicht! Halt inne, oder ...«

»Oder ... was?« Monkey streckt die Arme aus, spreizt die behandschuhten Finger. Er lehnt sich zurück, um Schwung zu holen und im nächsten Moment durchzustoßen.

»Du bist nicht befugt!«

»Mag sein. Aber einen Versuch gestatte ich mir.« Monkey ballt die rechte Hand zur Faust und droht an, damit zuzuschlagen.

»Du würdest dich verletzen. Es gibt kein mechanisches Durchkommen, und der Rückschlag ...« In der bröckeligen Greisenstimme liegt etwas wie echte Besorgnis, echtes Mitgefühl.

Seltsam, denkt Monkey. Fermatricz und ich stehen auf der Seite von Faolain, sind also Gegner der Thoogondu. Trotzdem will Moothusach mich vor Schaden bewahren.

Weshalb? Nicht unsertwegen. Sondern weil er etwas anderes schützen will? Etwas für ihn noch viel Bedeutsameres!

Monkey berührt die braune Barriere; aber sachte, mit der Handfläche.

*

Er spürt Widerstand, ähnlich wie bei einer Gummiwand. Je mehr er schiebt, desto fester wird das undefinierbare, energetische Medium.

Es handelt sich also doch nicht nur um eine rein optische Abschirmung. »Wie hast du sie durchquert?«, fragt er den Alten. »Wurde eine Strukturlücke geschaltet? Trägst du einen entsprechenden Kodegeber bei dir?«

Moothusach schweigt. Monkey gibt ihm ein paar Sekunden Zeit.

Als immer noch keine Antwort kommt, tritt er drei Schritte zurück und zieht seinen Kombistrahler. »Spezialistin Fermatricz, aktivieren Sie den Individualschirm Ihres SERUNS.«

Er tut desgleichen. Dann schaltet er auf Desintegrator-Funktion um, zielt und feuert.

Ergebnislos. Auch das typische, grünliche Leuchten bei einem Treffer bleibt aus. Es handelt sich also tatsächlich um eine energetische, keine materielle Barriere. Oder die braune Barriere absorbiert den molekular zersetzenden Strahl problemlos oder neutralisiert ihn auf andere Art.

»Egal. Ich habe viele andere Möglichkeiten«, sagt Monkey zu dem greisen Thoogondu. »Notfalls lasse ich schwere Geschütze auffahren, um diesen Schirm zum Zusammenbruch zu bringen.«

Moothusach windet sich in den Hüften. Weiterhin presst er die Lippen aufeinander und gibt keinen Ton von sich.

»MVH-Kanonen«, setzt Monkey fort, in bewusst unterkühltem, emotionslos erklärendem Tonfall. »Das sind Multi-Variable-Hyperenergiewaffen. Überaus leistungsfähig. Intervall- oder Thermostrahler, Konstantriss-Nadelpunkt-Modus ... Irgendwas davon knackt diesen Wall garantiert.«

»Du würdest schwere Zerstörungen anrichten«, keucht Moothusach endlich.

Genau die Reaktion, die Monkey provozieren wollte. »Na und? Das ist jetzt mein Schiff. Ich kann kaputt machen, was immer ich will.«

Er schaltet um auf Thermowirkung und schießt erneut. Hitzewellen breiten sich aus.

Die Barriere hält. Moothusach hingegen gibt nach. »Hör auf! Ich ...«

Er dreht sich um und ruft rasselnd, offenbar durch das braune Medium hindurch, zu jemandem dahinter: »Muraabod, schalt den Schirm ab!«

Der Angesprochene gehorcht. Der Energievorhang erlischt.

1.

Die frühen Jahre

Ich hatte nie geplant, meinen zahlreichen – veröffentlichten und unveröffentlichten – Schriften eine Art Autobiografie hinzuzufügen. Dafür bin ich eigentlich nicht eitel genug.

Jedoch muss es nun anscheinend sein, da auch manch anderes nicht nach Plan gelaufen ist. Bloß – wie anfangen?

Wer in der Endphase eines so langen, erfüllten Lebens wie dem meinigen zurückblickt und versucht, nur die wichtigsten Stationen zu schildern, fragt sich unweigerlich: Was war denn wesentlich, was entscheidend?

Welche Verkettung von Ereignissen hat zu einer derart tragischen, unvermuteten Zuspitzung geführt? Hätte ich den unrühmlichen Höhepunkt vorhersehen und bereits im Ansatz unterbinden können?

Und wenn – wann?

Man verzeihe bitte einem alten Mann, dass er auf diese Frage keine schnelle Antwort findet. Erlaubt mir, mich chronologisch heranzutasten, obwohl ich kein studierter Historiker bin, und ein wenig weiter auszuholen.

Meine bescheidene, persönliche Geschichte beginnt kurz vor meiner Zeit. Sie beginnt mit der Geschichte der Besiedelung eines der unzähligen, ehedem unbewohnten Planeten in der Galaxis Sevcooris.

*

Bis die Siedler kamen, hatte die abgelegene, unbedeutende Sauerstoffwelt keinen Namen. Auch die rote Sonne, die der Planet auf einer elliptischen Bahn umlief, war in den Sternkatalogen des Gondunats nur als eine Kombination von Zahlen- und Buchstabensymbolen verzeichnet.

Das System lag in einem Seitenarm von Sevcooris, der seit Jahrzehntausenden keine galaktostrategische Rolle gespielt hatte. Anderswo mochten immer wieder mal furchtbare Kriege getobt haben und Entscheidungsschlachten geschlagen worden sein. Dieser Seitenarm aber war buchstäblich zu weit vom Schuss. Zumal die wenigen, einigermaßen lebensfreundlichen Welten keinerlei wertvolle Rohstoffe, wie etwa Hyperkristalle, anzubieten hatten.

Selbstverständlich waren gondische Erkundungsmissionen schon zu Urzeiten, und auch später gelegentlich, dorthin vorgestoßen. Die Berichte der zurückgekehrten Prospektoren glichen einander stets, fast aufs Wort, und ließen sich in einem kurzen Satz zusammenfassen: »Nicht der Mühe wert.«

Genau dieser Umstand freilich reizte eine Gruppierung von Esoterikern, die sich dem Slogan »Zurück zum Ursprung« verschrieben hatten. Ihre Anführerin, eine ebenso hitzköpfige wie charismatische Fanatikerin namens Joomhindra, erwirkte nach jahrelangem, zähem Bemühen die Erlaubnis des Garanten Narashim, eine Expedition just zu jenem Seitenarm ausrichten zu dürfen.

Wobei ... Expedition ist der falsche Ausdruck. Was der Gondu ihr und ihren Anhängern gestattete, war ein Flug ohne Wiederkehr. Mit anderen Worten: freiwilliges Exil im Nirgendwo.

Ich vermute, dass Narashim damals gar nicht traurig war, die lästigen Fundamentalisten loszuwerden. Mit Sicherheit hatten die Observanten, der Geheimdienst des Goldenen Reiches, sämtliche Beteiligte durchleuchtet.

Da sie keine Kontakte zu notorischen Terroristen wie den Vranoo ba'Drant – was übersetzt so viel heißt wie »Fürsten des Lichts« – oder anderen Widerstandsgruppen nachweisen konnten, erfolgte schließlich die Freigabe.

Fünf mittelgroße Trisphären transportierten die etwa 6000 Anhänger der Sektenführerin über die weite Strecke bis zu jenem Planeten, den sie sich als neue Heimat erkoren hatten. Dort luden sie ihre Passagiere ab.

Die Schiffskommandanten wünschten, wie es der Etikette entsprach, »viel Glück und Gedeihen«, und traten sogleich den Heimflug an. Zurück auf der scheinbar jungfräulichen Welt blieb eine verschworene, ja verbissene Gemeinschaft von Aussteigern, die beherzt darangingen, ihr erträumtes Paradies zu errichten.

Als Joomhindra den Boden des auserwählten Planeten betrat, den sie bei der ersten Sichtung auf Sevthoo getauft hatte, war sie hochschwanger. Wenig später gebar sie ein Kind.

Mich.

*

An meinen Vater Clarhoobs erinnere ich mich gerne, wenngleich mit einem bitteren Beigeschmack.

Er war, glaube ich, ein lieber, freundlicher, von störendem Intellekt unbeleckter Kerl. Nein, nicht dumm, versteht mich bitte nicht falsch – er hatte emotionale Intelligenz, weit mehr als meine Mutter, die er hingebungsvoll liebte und vergötterte.

Extrem geduldig und leidensfähig, nahm er ohne Murren hin, wie Joomhindra ihn herumkommandierte. »Tu dies, tu das« – und er tat dies, tat das, ohne sich jemals zu beschweren, dass er nie Lob abbekam. Sondern immer nur Kritik, ja spitzen Tadel für die nicht völlig perfekte Ausführung ihrer harschen Befehle.

In meiner frühen Kindheit fiel mir oft die Aufgabe zu, meinen Vater zu wecken, damit er seinen Pflichten nachginge. Ich ließ mir allerlei Schikanen einfallen, um ihn aus seinem Schlummer zu reißen.

Mal zündete ich nahe an seinem Bett Sprengkörper. Mal übergoss ich ihn mit sauerscharfem, ätzendem Gelee. Mal simulierte ich einen Trakkod-Angriff.

Mein lieber Vater Clarhoobs ließ all das über sich ergehen. Nie schimpfte er mit mir. Vielmehr lobte er mich sogar gelegentlich für meinen Einfallsreichtum.

Das war so ziemlich das einzige Lob, das ich in jenen Jahren bekam. Alle anderen wurden nicht müde, mir immer wieder meine Schwächen vorzuhalten.

Deren gab es zahlreiche. Ich war ein Spätentwickler, sowohl körperlich als auch geistig zurückgeblieben hinter den Gleichaltrigen.

Joomhindra machte keinen Hehl daraus, dass sie das schmerzte. Ausgerechnet ihr Erstgeborener erwies sich als so wenig geeignet für den naturverbundenen, archaischen Lebensstil, den sie proklamierte!

*

Ich war, daran gibt es nichts zu rütteln, ganz gewiss nicht der Sohn, den sie und Clarhoobs sich erträumt hatten.

Obwohl ich mich redlich bemühte, vermochte ich dem Schulunterricht mehr schlecht als recht zu folgen. Mir erschloss sich einfach nicht, wieso dem viele Jahrzehntausende zurückliegenden Millennium der Aneignung, als unser Volk die ansonsten nicht sehr belebte Kleingalaxis Cooris erobert und besiedelt hatte, so viele Unterrichtseinheiten, Haus- und Prüfungsaufgaben gewidmet wurden.

Für mich war das ewig her, über hundert Millionen Lichtjahre weit weg – und dadurch ebenso irrelevant wie die anderen, ach so markanten, historischen Ereignisse, die wir in aufwendig inszenierten, theatralischen Aufführungen nachspielen mussten.

Die verwegenen Vorstöße nach Poshcooris, der benachbarten Spiralgalaxis. Der feierliche Gründungsakt des Ersten Gondunats. Die Ernennung von Ausca im Prakursystem zur Regentwelt ...

Fast die gesamte Bevölkerung wirkte bei den bombastischen Schau- und Weihespielen mit. Ich auch, aber stets nur am Rande. Niemand, nicht einmal Clarhoobs, hätte mir eine tragende Rolle zugemutet.

»Kannst du dir keinen Text merken, oder willst du nicht?«, tadelte mich Joomhindra, wenn ich bei den Proben versagt hatte.

Eine Antwort wartete sie niemals ab. Ohnedies hätte ich schon damals, trotz all meiner Unbedarftheit, nicht die Wahrheit gesagt, da ich wusste, dass meine Mutter diese nicht hören wollte.

*

In der Freizeit betrieben wir eine Sportart, die Trakkod genannt wurde, nach den legendären, mörderischen Raubtieren der Urheimat.

Zwei Teams aus je zwölf Personen traten gegeneinander an, jeweils die Hälfte davon »Jäger« und »Sammler«. Letztere versuchten, auf dem Spielfeld verteilte, verschiedenfarbige Gewinnmale zu berühren, um entsprechende Siegpunkte zu ergattern. Die Jäger gaben ihr Möglichstes, sie daran zu hindern, indem sie die gegnerischen Sammler mit kopfgroßen Hartgummibällen abschossen.

Wurde man davon getroffen, tat das höllisch weh. Ich wurde oft getroffen. Nicht selten hinkte ich nach Hause, übersät von Blutergüssen und Prellungen.

Das war aber nicht das Schlimmste. Als wirklich demütigend empfand ich die den Matches vorausgehende Wahl der Mitspieler.

Meist lief das so ab: Die beiden Mannschaftsführer setzten auf einer geraden Linie einen Fuß vor den anderen; so lange, bis die verbliebene Lücke zu klein war, um selbst der Quere nach noch einen Stiefel hineinzwängen zu können.

Wer den letzten gültigen Schritt getan hatte, wählte als Erster, wen er in seinem Team haben wollte. Von da an ging es abwechselnd weiter.

In rascher Folge wurden Namen gerufen. Meiner kam immer erst ganz am Ende dran, wenn außer mir nur noch der fette Kalaamph oder die rachitische, halb blinde Thithisuurach übrig waren.

Müßig zu erwähnen, dass ich auch bei diesem Spiel nicht brillierte.

*

Nach wie vor rätsle ich, was meine Mutter und ihre unverdrossen euphorischen Anhänger sich von Sevthoo erhofft hatten.

Viel war die Rede von einer »Wiedergeburt des ursprünglichen, gondischen Kampfgeists«. Von Rückbesinnung und radikaler Erneuerung.

Aber wozu denn?, fragte ich mich insgeheim jedes Mal wieder, wenn wir – in Reih und Glied angetreten – die immer gleichen Parolen brüllen mussten.

Unser auserwähltes Volk der Thoogondu dominierte ohnehin bereits seit einer halben Ewigkeit die gesamte Galaxis Sevcooris, inklusive der Sternhaufen im Halo. Joomhindra und ihre willfährigen Gefolgsleute schotteten uns so gut wie möglich von aktuellen Hyperfunknachrichten ab. Trotzdem drangen manche Fakten durch, die sich schlichtweg nicht verleugnen ließen.

Etwa, dass das Goldene Reich über nicht weniger als 79.776 von Thoogondu besiedelte und unzählige weitere, »freundschaftlich beratene« Sonnensysteme herrschte, mit sanfter, aber gegebenenfalls strenger Hand. Unsere Vor- und Übermacht in dieser Sternenregion war völlig unbestritten, absolut gefestigt.

Die Bondria Pondh, die Sheoshesen, die Weißen und Roten Zeé sowie viele andere, kleinere Völkerschaften erfreuten sich einer offiziell deklarierten Teilautonomie. In Wahrheit aber tanzten sie, falls es darauf ankam, nach der Pfeife des Gondus. Und zwar hurtig, beflissen und unter weitgehender Selbstverleugnung.

Was also wollte Joomhindra darüber hinaus noch erreichen?

»Jegliche Hegemonialmacht«, predigte meine Mutter bei vielen Anlässen, »mag sie auch noch so felsenfest stabilisiert erscheinen, ist gerade deswegen nicht vor der Gefahr der Dekadenz gefeit. Wie die Muskeln und Sehnen eines Kämpfers erlahmen, der sich mit den Triumphen der Vergangenheit zufriedengibt und nur noch der Ausschweifung und Völlerei huldigt, so bedarf auch das Gondunat eines starken Rückgrats. Dieses Rückgrat sind wir. Die eiserne Reserve. Was sind wir?«

»Die ei-ser-ne Re-ser-ve!«, skandierte das Publikum.

Ich hingegen dachte, sehr einsam inmitten des allgemeinen Gegröles: Eisen? Echt jetzt? Schon mal was von Pedgondit gehört?

*

In der Pubertät begehrte ich, wie es sich gehört, gegen meine Eltern auf.

Hauptsächlich gegen Joomhindra. Der Vater zog sich mehr und mehr aus dem öffentlichen Leben zurück.

Er pflegte den Garten und kultivierte endemische Pflanzen, die er als Gewürze in gewagten kulinarischen Kombinationen zum Einsatz brachte. Manche Gerichte, die er uns servierte, lösten ungeahnte Glücksgefühle aus. Andere bewirkten unangenehmere Symptome, bis hin zu Schüttelfrost und Fieberschüben.

Auch ich experimentierte mit verbotenen Nahrungsmitteln. Viele Thoogondu sind – so wie ich – Vegetarier. Nicht, weil wir Tiere so sehr schätzen, sondern weil unsere Verdauungsorgane tierisches Eiweiß nicht verarbeiten können.

Selbstverständlich wollte die Bande von rebellischen, jungen Wilden, der ich mich angeschlossen hatte – primär, um meine Mutter zu ärgern – dieses Faktum nicht hinnehmen. Heimlich jagten, erlegten, brieten und zerteilten wir ein Exemplar der Laufvogelspezies, die vor unserer Landung auf Sevthoo den Gipfel der hiesigen Evolution dargestellt hatte.