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Vorstoß ins Stardust-System - es ist ein Moment der Wahrheit In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung - das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Eigentlich herrscht seit über hundert Jahren Frieden. Doch seit die Terraner auf die sogenannten Polyport-Höfe gestoßen sind, Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, tobt der Konflikt mit der Frequenz-Monarchie: Sie beansprucht die Macht über jeden Polyport-Hof und greift mit Raumschiffen aus Formenergie oder über die Transportkamine der Polyport-Höfe an. Die Terraner und ihre Verbündeten wehren sich erbittert - der Kampf findet in der Milchstraße und in Andromeda statt. Man entdeckt die Achillesferse der Vatrox, der Herren der Frequenz-Monarchie: Sie verfügen mittels ihrer Hibernationswelten über die Möglichkeit der "Wiedergeburt". Als die Terraner ihnen diese Welten nehmen und die freien Bewusstseine dieses Volkes einfangen, beenden sie die Herrschaft der Frequenz-Monarchie. Allerdings sind damit nicht alle Gefahren beseitigt: Noch immer gibt es Vatrox und mindestens zwei rivalisierende Geisteswesen, die mit dieser fremden Zivilisation zusammenhängen. Das Stardust-System in den geheimnisvollen Fernen Stätten der Superintelligenz ES ist ein wichtiger Schauplatz der Auseinandersetzung: Dort erschien VATROX-VAMU - und konnte von den terranischen Kolonisten dank der Hilfe von ES vorläufig verjagt werden. Damit ist die Gefahr aber nicht gebannt, doch zum Glück gibt es weitere Helfer. Und deren Einsatz verläuft unter dem Kodenamen EINSATZKOMMANDO INFILTRATION...
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Nr. 2568
Einsatzkommando Infiltration
Vorstoß ins Stardust-System – es ist ein Moment der Wahrheit
Rainer Castor
In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Eigentlich herrscht seit über hundert Jahren Frieden.
Doch seit die Terraner auf die sogenannten Polyport-Höfe gestoßen sind, Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, tobt der Konflikt mit der Frequenz-Monarchie: Sie beansprucht die Macht über jeden Polyport-Hof und greift mit Raumschiffen aus Formenergie oder über die Transportkamine der Polyport-Höfe an.
Die Terraner und ihre Verbündeten wehren sich erbittert – der Kampf findet in der Milchstraße und in Andromeda statt. Man entdeckt die Achillesferse der Vatrox, der Herren der Frequenz-Monarchie: Sie verfügen mittels ihrer Hibernationswelten über die Möglichkeit der »Wiedergeburt«. Als die Terraner ihnen diese Welten nehmen und die freien Bewusstseine dieses Volkes einfangen, beenden sie die Herrschaft der Frequenz-Monarchie. Allerdings sind damit nicht alle Gefahren beseitigt: Noch immer gibt es Vatrox und mindestens zwei rivalisierende Geisteswesen, die mit dieser fremden Zivilisation zusammenhängen.
Sean Legrange – Er erweist sich als wahrer Sohn seines Vaters.
Captain Björn Saint-Germain – Ein Offizier erlebt, wie im Stardust-System Geschichte geschrieben wird.
Reginald Bull
Stardust-System, provisorischer »Weltraumbahnhof« SOLAR SYSTEM nahe der Teletrans-Weiche, 6. September 1346 NGZ
»Die Analysen sind eindeutig.«
Homer G. Adams' Gesicht wich zur zweidimensionalen Flächenprojektion zurück, ehe sich das Darstellungsholo stabilisierte und wieder Räumlichkeit gewann.
Kontrollanzeigen signalisierten den schwachen Hyperfunkeingang; das Signal war hochgradig verschlüsselt, akustische Dämpfungsfelder sicherten die Vertraulichkeit.
Reginald Bull seufzte in Gedanken. Nach wie vor war völlig unklar, über welche Distanz sich die Teletrans-Weiche erstreckte. Niemand wusste, wo sich die »Fernen Stätten« befanden, die zur Mächtigkeitsballung der Superintelligenz ES gehörten.
Dem Verteidigungsminister der Liga Freier Terraner missfiel diese Art der Geheimniskrämerei, er konnte sich allerdings nicht erfolgreich dagegen auflehnen. Mehr als Fluchen blieb einem angesichts des »Alten von Wanderer« nicht; bestenfalls die verwendete Lautstärke half – diente jedoch nur der Abreaktion.
Begleitet von einem weiteren Seufzer dachte der Mann an die bedrohliche Situation im Solsystem: 536 Chaos-Geschwader der Terminalen Kolonne TRAITOR belagerten nach wie vor den das System schützenden Kristall- oder TERRANOVA-Schirm. Das entsprach der ungeheuren Zahl von 259.424 Traitanks, von denen jeder einzelne problemlos gegen mehrere galaktische Einheiten standhielt. Hinzu kam, dass es bei Angriffen auf den Schirm immer wieder zu pararealen Phänomenen unterschiedlichster Natur kam.
Am 17. August 1346 NGZ traten Mikro-Strukturerschütterungen auf, die durch etwas hervorgerufen wurden, was in der Sonne materialisierte und für einen starken hyperenergetischen Fluss zu einer Stelle nahe der Saturnbahn sorgte. Die Wissenschaftler interpretierten dies zunächst als einen Durchbruch der Kolonne.
Mit der nur wenige Meter großen Hyperperforation waren leichte Strangeness-Effekte verbunden, Messgeräte bestätigten die Existenz eines Hypertunnels. Nach Ansicht von Dr. Baldwin Carapol entsprach der »Energiefluss« einem Hyperzapfstrahl.
Relativ schnell weitete sich die Hyperperforation auf 180 Kilometer Größe aus. Ehe die für Einsätze unter solchen Bedingungen konstruierten SKARABÄEN sie erkunden konnten, driftete mit geringer Geschwindigkeit eine nur fünf Meter durchmessende Silberkugel aus dem Tunnel.
An Bord befand sich der Bote von ES, Lotho Keraete.
Er bezeichnete den Korridor ins Unbekannte als eine von ES geöffnete Teletrans-Weiche, die den Menschen für 88 Tage den Zugang zum Stardust-System und damit zu den »Fernen Stätten« ermöglichen werde.
ES habe seine Heimatgefilde verlassen, weil die Entstehung einer Negasphäre in der zur Lokalen Gruppe gehörenden Galaxis Hangay auch diese zerstören werde. Daher wolle die Superintelligenz die Menschheit oder zumindest einen Teil davon in Sicherheit bringen.
Bully war skeptisch und traute weder ES noch Lotho Keraete. Daher beschloss er, das Stardust-System zunächst selbst zu erkunden. Das war in den letzten Tagen geschehen.
Homer verzog das Gesicht. »Die Demoskopen in der Solaren Residenz sagen bis zu drei Milliarden Interessierte voraus. Was wiederum bedeutet, dass die Zahl der ernsthaften Auswanderer am Ende hundert Millionen deutlich überschreiten wird.«
In der Zentrale der SK-PRAE-011 hielt sich neben Bull nur der Strangeness-Scout Captain John auf, der allerdings in seinem Sessel döste. Fran Imith, Marc London und Baldwin Carapol schliefen.
»Damit mussten wir rechnen.« Bully nickte. »Die Flotte hat mittlerweile die bemerkenswerte Menge von fünfhundert mit ›Lowtech‹ betriebener SKARABÄEN ins Stardust-System geschickt.«
Der Exodus war nicht mehr aufzuhalten. Nicht seit Lotho Keraetes Pressekonferenz am Abend des 18. August 1346 NGZ, die auf der Erde wie eine Bombe einschlug.
Sehr zu Adams' Verdruss hatte Lotho Keraete vor dem STARDUST-Memorial im Gobi-Park das Stardust-System der Öffentlichkeit vorgestellt, zur Auswanderung in die »Fernen Stätten« aufgerufen und das Bild einer prachtvollen neuen Metropole entworfen, die Stardust City heißen könne.
Damit nicht genug: Am 23. August schockierte Keraete den im Solsystem gebliebenen Adams, indem er in einer weiteren Pressekonferenz öffentlich eine Aufzeichnung von Perry Rhodan vorspielte, der forderte, niemand dürfe verurteilt werden, der dem Angebot der Superintelligenz zum Exodus folge.
Hinzu kamen die privaten Aktivitäten von Timber F. Whistler – der Spross einer Nebenlinie der wohl bekanntesten Hersteller von Robotern investierte seine ganze Kraft in eine private Auswanderungs-Initiative.
Noch am Abend des 19. August gab er über den kleinen Sender Gobi-Trivid bekannt, dass sein erster Siedlertransport spätestens am 7. September starten werde. Bereits am 27. August 1346 NGZ ging die hundertmillionste Anfrage hinsichtlich einer Passage ins Stardust-System ein.
Am 1. September flogen 30 SKARABÄEN in die Teletrans-Weiche und erreichten den vierten Stardust-Planeten, Aveda, wo Whistler die Fahne der LFT in den Boden rammte und den Planeten damit für die Liga in Besitz nahm.
Seit dem 22. August 1346 NGZ bestand rein kommunikationstechnisch eine ständige Verbindung zwischen Stardust- und Solsystem: An beiden »Zugängen« der Teletrans-Weiche gab es starke Hyperfunksender und -empfänger – die Sendungen wurden zwar sehr abgeschwächt, aber sie kamen immerhin durch. Diese deutliche Abschwächung der Signalstärke galt als Hauptgrund, weshalb an eine vergleichbare Verbindung per Käfigtransmitter nicht zu denken war.
Stattdessen musste eine einstündige Passage in Kauf genommen werden, die vor allem Hyperkristallen zusetzte. Die als milde umschriebenen Strangeness-Effekte erforderten bei Lebewesen eine Anpassungszeit von rund drei Stunden. Hyperkristalle dagegen deflagrierten und wurden unbrauchbar, einige explodierten sogar.
Etwa 95 Prozent aller Hyperkristalle waren beim Durchgang betroffen. Überschritt die Menge, die beim Transfer »explodierte«, ein gewisses Maß, konnte es sogar zu einer Kettenreaktion kommen.
Die Hyperkristalle für das Stardust-System mussten deshalb in getrennten kleinen Tranchen in gesondert gesicherten Tresoren transportiert werden. Jene fünf Prozent, die den Durchgang statistisch überstanden, wurden benutzt, um die separat transportierten Geräte und Aggregate zu bestücken.
Nahe der Weiche wurde mitten im Raum der provisorische Weltraumbahnhof SOLAR SYSTEM montiert; für den Fall, dass im Zug der erwarteten Massenauswanderung Probleme auftraten. Die Position befand sich auf der Umlaufbahn von Stardust VIII – Zeus – und eilte dem Gasriesen um rund 317 Millionen Kilometern voraus.
Vier »leere« Standardcontainer des Typs 3 von je 250 mal 50 mal 50 Metern Größe wurden in Y-Form aneinandergekoppelt und wiesen als provisorische Innenausstattung ausschließlich Technik ohne jeden Hyperkristall auf – also: konventionelle Speicherzellen, Lebenserhaltungssysteme und dergleichen.
In einem zweiten Schritt folgte die Bestückung mit nachgerüsteten Aggregaten, unter anderem mit der Hyperfunkanlage.
»Für morgen ist der Transfer der ersten Stardust-ARCHE vorgesehen«, sagte Homer. »ARCHE 001 wird ein aus diversen Containern bestehender Würfel von fünfhundert Metern Kantenlänge sein. Weitere ARCHEN sollen zügig folgen.«
»Und am dreizehnten November ist unwiderruflich Schluss.« Bully lächelte kühl. »Komm zum Punkt, alter Freund.«
Nach Ablauf der von Lotho Keraete genannten 88-Tage-Frist würde die Teletrans-Weiche zusammenbrechen und jeglicher Kontakt abreißen.
»Weder du noch ich wollen Hunderte Millionen Menschen einfach so sich selbst überlassen, sondern auch in Zukunft die positiven Grundsätze und Prinzipien der LFT gewahrt wissen«, sagte Adams eindringlich. »Ich denke, dass wir auf das alte VARIO-500-Konzept zurückgreifen sollten.«
Bully runzelte die Stirn.
Der VARIO-500 war einst im Rahmen des 500-Jahres-Plans entwickelt worden, um auf Olymp einen Vertreter zu haben, sobald das Solsystem beim »Fall Laurin« – dem unmittelbaren Angriff auf das Heimatsystem der Menschheit – durch das Antitemporale Gezeitenfeld dauerhaft um einige Minuten in die Zukunft versetzt und somit für Angreifer unerreichbar wurde.
Die bekannteste pseudovariable Kokonmaske zur Tarnung des Roboterkörpers war jene von Anson Argyris gewesen, des Kaisers von Olymp.
»Genauer«, fuhr Adams fort, »auf jene drei biopositronischen ›Roboter‹, die gemeinsam von USO und TLD im Rahmen des Projekts VARIO entwickelt und in Quinto-Center fertiggestellt wurden. Bislang harren sie noch ihres ersten Einsatzes.«
Der Verteidigungsminister der LFT erinnerte sich an ein Memo des USO-Chefs Monkey. Ursprünglich wollte die United Stars Organisation die neuen VARIOS zur Infiltration der Terminalen Kolonne TRAITOR einsetzen – als Mor'Daer oder Ganschkaren getarnt.
Das Risiko, dass deren wahre Natur aufgedeckt werden könnte, wurde jedoch als zu hoch bewertet. Allerdings würden die bei der Entwicklung der Kokonmasken gemachten Erfahrungen zweifellos an anderer Stelle einfließen.
»Die VARIO-1000 mit ihren pseudovariablen Kokonmasken sind an die Bedingungen der erhöhten Hyperimpedanz angepasst und damit so leistungsfähig wie das Vorbild. Unter den gegebenen Umständen nicht nur drei technische Wunderwerke, sondern eigenständige Wesen, in die die mit den diversen ›Sonderbauten‹ der Posbis gemachten Erfahrungen eingeflossen sind.«
»Du legst dich kräftig ins Zeug, mein Lieber.« Bullys Stirnrunzeln vertiefte sich noch, während er dem eindringlichen Ton seines Gegenübers nachlauschte. »Liegt es nur an Whistler und seinen Aktivitäten?«
»Nein. Ich folge grundsätzlichen Überlegungen. Wir müssen uns absichern, dass die Interessen der LFT auch nach dem Zusammenbruch der Weiche sichergestellt werden. Dazu sind die VARIOS in meinen Augen die beste Variante, weil sie gerade unter langfristigen Aspekten einsetzbar bleiben. Erinnere dich an Anson – er hat uns nie enttäuscht.«
Bully nickte. »Gleiches gilt für die erwähnten ›Sonderbauten‹ … Miroons Entwicklung wird bekanntlich als Ursprung für die der anderen gesehen; auch auf Dooram, Saaroon und Jawna Togoya ist Verlass.«
Der Posbi Miroon war Anfang März 1246 NGZ während eines gewaltigen Hypersturms von einem starken Impuls im ultrahochfrequenten Bereich des hyperenergetischen Spektrums getroffen worden. Dieser führte bei der Plasmakomponente zu einer Veränderung des individuellen Zuckerman-Musters und einem Qualitätssprung hin zur persönlichen ÜBSEF-Konstante.
Miroon war nach wie vor stellvertretender Chefingenieur bei der Tender- und Werftfunktion im Rang eines Majors an Bord von PRAETORIA.
Dooram hatte sich als Leiter der Logistikabteilung im Rang eines Oberstleutnants an Bord der RICHARD BURTON ausgezeichnet und war inzwischen Erster stellvertretender Logistikleiter an Bord der LEIF ERIKSSON.
Major Saaroon fungierte als Erster Pilot an Bord der JULES VERNE, und Major Jawna Togoya befand sich als Dritter Offizier ebenfalls an Bord des Hantelschiffs. Zuvor war die sich als weiblich empfindende Posbi in gleicher Funktion und gleichem Rang als Koko-Interpreterin an Bord der RICHARD BURTON gewesen.
»Höre ich dennoch Skepsis?«
»Ja. Das liegt aber nicht an den VARIOS, ganz im Gegenteil.«
»Sondern an der verdeckten Natur des Einsatzes? Der Heimlichkeit? Das VARIO-Konzept ist nun mal eins von Infiltrationseinheiten.«
»Abermals ja …« Bully seufzte. »Ich bin mir aber bewusst, dass es kaum anders gehen wird. Also stimme ich zu.«
»Ich leite alles Weitere in die Wege …«
An Bord der KATARAKT, 11. Februar 1463 NGZ, 15.31 Uhr Ortszeit Stardust City – Bericht Captain Björn Saint-Germain, 3. Offizier der KATARAKT
Im Hauptglobus der Zentrale leuchtete die dicht gedrängte Sternenvielfalt des Zentrums von Far Away. Tausende bunter Lichter, die meisten grell und nahe.
Als sei ein kugelförmiger Bereich aus dem Holo des Kugelsternhaufens geschnitten, gab es nahe der Globusmitte die Darstellung einer ausgedehnten schwarzen Blase, deren Oberfläche von vielfarbigen Schlieren überzogen war.
Vereinzelt schienen sie sich in Fenster zu verwandeln, klafften auf wie Löcher in der bislang undurchdringlichen Sphäre des Sextadimschleiers um das Stardust-System.
Von innen herausgestanzte Klüfte, durch die soeben eine mächtige energetische Erscheinung ins Innere geschlüpft sein musste: VATROX-VAMU hatte Vizeadmiral Stuart Lexa diese Wesenheit genannt. Viele unserer Informationen beruhten auf den visionären Wahrnehmungen, die ihn heimgesucht hatten.
Er vermutete, dass er auf die ultrahochfrequente Hyperstrahlung reagiert hatte. … war eher, als überforme ein dominierendes mentales Muster mein Bewusstsein. Wie eine … mentale Vergewaltigung. Als müsse ich verwehen, um etwas anderem Platz zu schaffen.
Ich hatte nichts dergleichen wahrgenommen – allerdings im Gegensatz zum Rest der Besatzung auch nicht unter Kopfschmerzen gelitten.
Die Sekunden in bedrückender Stille dehnten sich subjektiv zu wahren Ewigkeiten. Irritiert sah ich auf, als mir bewusst wurde, dass nicht einmal eine halbe Minute verstrichen war. Holos und frei schwebende Bildflächen zeigten die maßgeblichen Informationen.
Der Sextadimschleier war perforiert, schien in weiten Bereichen sogar zusammengebrochen zu sein. Oder … aufgebrochen, durchbrochen, beseitigt. Und das bei einem Gebilde, das gewissermaßen eine verkleinerte Version dessen war, was bis zur Ankunft Perry Rhodans den gesamten Kugelsternhaufen eingehüllt hatte.
Mit keiner bekannten Methode war es zuvor gelungen, den Sextadimschleier optisch, energetisch oder materiell zu durchdringen, sodass niemand genau wusste, was auf der anderen Seite lag.
Das war nun anders. Zuvor kleine Lücken wurden weiterhin größer und größer, verdeutlicht durch die heftiger bewegten Schlieren, die das Schwarz der Blase verdrängten.
Gleichwohl blieben die Emissionen aus dem Systeminneren vage, die passiven Hyperorter empfingen nur Daten aus einem kleinen Bereich jenseits der imaginären Grenze. Nicht viel anders sah es bei den hyperschnellen Tastern aus. Das Gros des Systems existierte nicht für die Sensoren, veranschaulicht durch die schwarze Farbe der Blase.
Für eine normaloptische Betrachtung der aktuellen Ereignisse waren wir zu weit entfernt – was wir sehen konnten, war ein rund sechs Jahre altes Bild. Sonden waren aus Sicherheitsgründen nicht ausgeschickt worden.
Ob uns die Fremdraumer wirklich nicht entdeckt hatten, konnten wir nicht beurteilen. Vielleicht waren sie zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen. Oder wir waren für sie kein adäquater Gegner.
Dass in ganz Far Away – immerhin ein Gebiet von etwa zweihundert Lichtjahren Durchmesser mit rund vier Millionen Sonnen – Hyperstürme extremer Stärke tobten, erleichterte die Angelegenheit keineswegs, im Gegenteil. Permanent mussten Störeffekte herausgerechnet werden.
Knapp innerhalb der vom Sextadimschleier markierten Grenze schwebte nahezu bewegungslos das kurz zuvor erstmals angemessene wespenförmige Objekt, der »Hyperdim-Perforator«, wie ihn Lexa nannte. Drei Ellipsoide von unterschiedlichem Durchmesser, insgesamt 540 Meter lang.
Ich kniff die Augen zusammen und musterte die nur grob ermittelten Daten, während das Simulationsbild mehrmals von bunten Schleiern überlagert wurde.
War das Gebilde die Ursache dafür, dass der Sextadimschleuer durchlässig geworden war? Heftiges Flackern war seit kurz nach 13 Uhr Ortszeit Stardust City angemessen worden.
Hatte dieses … Schiff die riesige Systemblase gezielt perforiert? Im Auftrag von VATROX-VAMU? Aber wie war es ins Innere des Sextadimschleiers gekommen?
Oder sollte die Frage besser wann lauten? Wir wussten nicht, wann genau der Sextadimschleier aktiviert worden war. Durchaus möglich, dass der Hyperdim-Perforator das Stardust-System lange vorher erreicht hatte.
Die energetische Erscheinung von VATROX-VAMU war jedenfalls aus den Ortungsholos verschwunden. Für mich gab es keinen Zweifel, dass sich diese Wesenheit nun jenseits der Schleierreste befinden musste.
Im Inneren des Stardust-Systems. Vielleicht sogar schon bei den bewohnten Planeten. Und …
Zischendes Einatmen ringsum machte mir bewusst, dass nicht nur ich unwillkürlich den Atem angehalten hatte. Vereinzelt erklang Stöhnen. Jemand murmelte etwas von verschwundenen Kopfschmerzen.
Besonders stark waren sie bis zum Verschwinden von VATROX-DAAG gewesen, erst seit dem Flackern des Systemschleiers wirkten auch die Emissionen von VATROX-VAMU in dieser Weise.
Nun waren sie wie weggeblasen. Ich hatte nur einen leichten Druck an den Schläfen wahrgenommen; heftige Schmerzen, wie sie von anderen beklagt wurden, waren mir erspart geblieben. Der Gedanke, was nun der Stardust-Menschheit bevorstand, ließ sich kaum verdrängen.