Perry Rhodan 624: In den Katakomben von Nopaloor - Clark Darlton - E-Book

Perry Rhodan 624: In den Katakomben von Nopaloor E-Book

Clark Darlton

0,0

Beschreibung

Wo ist die Galaxis? - Das Rhodan-Gehirn bei den Astronomen von Yaanzar Auf Terra und den anderen Menschheitswelten schreibt man Ende Juli des Jahres 3457. Im Solaren Imperium und bei den anderen Völkern der Galaxis herrscht Ruhe. Von der PAD-Seuche, die noch vor kurzem alles Leben in der Galaxis zu vernichten drohte, gibt es keine Spur mehr. Dass die Menschen und die übrigen Völker noch leben, verdanken sie, ohne es in ihrer Gesamtheit zu wissen, einem Zeitparadoxon und einer Zeitkorrektur. Und Perry Rhodan ist der Mann, der diese rettende Zeitkorrektur vornahm. Doch kaum war das geschehen, machte Anti-ES, das Geisteswesen, das mit seinem Gegenpart ES eine Art kosmisches Schachspiel um die Zukunft der Menschheit durchführt, einen neuen gefährlichen Zug. Perry Rhodans Gehirn wird durch ein Androiden-Gehirn ersetzt. Das echte Rhodan-Gehirn hingegen wird zum Spielball unheimlicher Kräfte, erreicht eine fremde Galaxis und landet auf dem Markt der Gehirne, wo es bald darauf in einen Körper verpflanzt wird. Ihm, dem Gehirn, das schnell den fremden Körper zu beherrschen lernt, geht es natürlich vor allem darum, die Position der heimatlichen Galaxis und den Weg zurück zu finden. Das Rhodan-Gehirn riskiert deshalb alles - und verbirgt sich IN DEN KATAKOMBEN VON NOPALOOR ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 624

In den Katakomben von Nopaloor

Wo ist die Galaxis? Das Rhodan-Gehirn bei den Astronomen von Yaanzar

von CLARK DARLTON

Auf Terra und den anderen Menschheitswelten schreibt man Ende Juli des Jahres 3457. Im Solaren Imperium und bei den anderen Völkern der Galaxis herrscht Ruhe. Von der PAD-Seuche, die noch vor kurzem alles Leben in der Galaxis zu vernichten drohte, gibt es keine Spur mehr.

Dass die Menschen und die übrigen Völker noch leben, verdanken sie, ohne es in ihrer Gesamtheit zu wissen, einem Zeitparadoxon und einer Zeitkorrektur. Und Perry Rhodan ist der Mann, der diese rettende Zeitkorrektur vornahm.

Doch kaum war das geschehen, machte Anti-ES, das Geisteswesen, das mit seinem Gegenpart ES eine Art kosmisches Schachspiel um die Zukunft der Menschheit durchführt, einen neuen gefährlichen Zug.

Perry Rhodans Gehirn wird durch ein Androiden-Gehirn ersetzt. Das echte Rhodan-Gehirn hingegen wird zum Spielball unheimlicher Kräfte, erreicht eine fremde Galaxis und landet auf dem Markt der Gehirne, wo es bald darauf in einen Körper verpflanzt wird.

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Ein Gehirn in einem fremden Körper.

Der Rote Anatom – König der Schwarzhändler von Nopaloor.

Doynschto der Sanfte – Ein Paratransplantator.

Tecto – Perry Rhodans lautloser Gesprächspartner.

Hantscho

1.

Das Klagen der gestohlenen Gehirne nahm kein Ende.

Sie alle schwammen in der rötlichen Nährflüssigkeit, durch eine unfassbare und weit überlegene Technik am Leben erhalten. Sie hielten sich in durchsichtigen Glockengefäßen auf, die durch Leitungen mit akustischen Anlagen verbunden waren.

So kam es, dass Perry Rhodan das Klagen der Gehirne hören konnte.

Dabei hatte er allen Grund, sich selbst und sein unglaubliches Schicksal zu beklagen, denn auch sein Gehirn war entführt worden und befand sich nun in einem fremden Körper. Sein Körper aber, daheim auf der Erde, wurde von einem Androidengehirn gelenkt, und wahrscheinlich hatte es bis zur Stunde noch niemand bemerkt.

Aber die viel wichtigere Frage lautete: Wo war die Erde?

Wo war die Milchstraße?

Irgendwo im Universum, sicherlich. Aber das Universum war groß, selbst wenn man die Nebenuniversen und Paralleluniversen unbeachtet ließ. Es gab Tausende von Galaxien, und eine von ihnen war die heimatliche Milchstraße, und die andere war Naupaum.

Rhodan hatte den Namen erfahren, aber was bedeutete schon ein Name, den Fremde einer fremden Galaxis gaben? Wüsste er die Position, von der Erde aus gesehen, hätte er sie vielleicht identifizieren können. Aber in dieser Galaxis kannte man nicht einmal die Milchstraße, die Rhodan hier der Einfachheit halber »Moolk« nannte.

Er wusste also nicht, wo er war. Eine oder zehn Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, vielleicht auch zwei oder drei Milliarden Lichtjahre.

Es war die gleiche Entfernung, die sein Gehirn von seinem ursprünglichen Körper trennte. Seine Aufgabe war es nun, den Körper wiederzufinden, wo immer er auch war.

Und so gelangte er in den »Tempel der klagenden Gehirne«.

Es war eine lange Geschichte, und sie soll an dieser Stelle nicht wiederholt werden. Nur soviel sollte gesagt werden: Perry Rhodans Gehirn wurde gestohlen und in einen fremden Körper verpflanzt. Sein eigener blieb auf der Erde zurück, aber sein Gehirn mit dem fremden Körper, in dem noch das ursprüngliche Bewusstsein schlummerte, befand sich in einer unbekannten Galaxis auf dem Planeten Yaanzar, den seine Bewohner und alle, die ihn kannten, einfach den »Markt der Gehirne« nannten.

Und das war er auch.

Hier trafen sie sich die Wissenschaftler, die neue Gehirne für ihre Forschungen benötigten; die alten, reichen Männer, die frische Gehirne für ihre verbrauchten Körper haben wollten – oder umgekehrt. Aber hier trafen sich auch die zwielichtigen Händler und Gauner, die aus allen Teilen der Galaxis Naupaum ihre zusammengestohlenen Gehirne verkauften.

Yaanzar war ein Zauberplanet, aber auch ein Hexenkessel ungezügelter Leidenschaften. Und nicht einmal Rhodan war es völlig klar, wie er hierhergelangt sein konnte.

Nicht er, sondern sein Gehirn im Körper eines Bordins.

Er hieß nun Tecto, und seine auf der nackten Brust befestigte Identifikationsmarke wies ihn als entflohenen Diener aus.

Damit war er vogelfrei.

Nach seiner verwegenen Flucht durch die riesige Hauptstadt des Planeten – Nopaloor mit 150 Millionen Einwohnern – hatte er Zuflucht im Tempel der klagenden Gehirne gefunden, einer gewaltigen unterirdischen Anlage, die noch aus der Frühzeit des Planeten stammen musste. Jetzt diente er dazu, sterbende und kranke Gehirne aufzubewahren, bis sie nach ihrem endgültigen Tod bestattet wurden.

»Gib mir einen neuen, jungen Körper, und ich werde dir die Erfahrungen eines tausendjährigen Lebens dafür schenken«, flehte eine der unsichtbaren Stimmen aus dem Halbdämmer des Raumes, in dem sich Rhodan verborgen hatte. Und sie fuhr fort: »Du bist ein entflohener Diener, ich weiß es, aber du kannst mir helfen, so wie ich dir helfen kann. Wir können unsere Gehirne vertauschen ...«

Rhodan versuchte, nicht hinzuhören.

Aber die Stimmen blieben, die eine noch eindringlicher als die andere: »Der Körper eines Bordins ist stark, er benötigt ein fähiges Gehirn. Nimm mich! Ich werde dir dienen, und ich bin weder alt noch krank. Niemand wird den Tausch bemerken ...«

Mit wenigen Sätzen gelang es Rhodan, den Saal mit den transparenten Glocken zu verlassen, aber nach einigen Gängen voller Finsternis gelangte er in einen neuen, der sich kaum von dem ersten unterschied. Immerhin galt das Klagen noch nicht ihm, denn keins der konservierten Gehirne bemerkte ihn sofort.

Er hockte sich in eine dämmerige Ecke und schöpfte Atem. Er tat es, um Hunger und Durst zu vergessen, die ihn wie nie zuvor im Leben plagten. Kein Wunder, denn ein Bordin aß und trank mehr als ein Mensch.

Und er war jetzt ein Bordin.

Er sah aus wie ein Riesenaffe, wenn seine Bewegungen auch eleganter und geschmeidiger waren. Er hatte einen Kugelkopf mit hoher Stirn, klugen Augen und runden Bärenohren. Statt fünf, besaß er nun sechs Finger und Zehen, aber das war ein unerheblicher Unterschied. Immerhin war er über zwei Meter groß, daher der enorme Appetit.

Die Bordins waren Diener, und in der ganzen Galaxis schätzte man sie als zuverlässig und unbedingt treu, wenn sie erst einmal mit einem »Herren« ihren Vertrag geschlossen hatten.

Ein entflohener Diener jedoch war eine ungeheuerliche Ausnahme, und wenn er gefasst wurde, gab es nur eine Strafe: den Tod.

Bordin-Rhodan kauerte in seiner dunklen Ecke, überhörte das Klagen der gefangenen Gehirne und verzehrte seine letzten Lebensmittel. Zu trinken hatte er nichts mehr, also ignorierte er den Durst. Zum ersten Mal seit Stunden meldete sich wieder das Restbewusstsein Tectos, dessen Körper und Geist er nun beherrschte.

»Der Frevel ist unverzeihlich!«

Es war ein Gedanke, der plötzlich in Rhodans Gehirn war. Er verstand ihn, und er vermochte auch zu antworten, lautlos und doch wie gesprochene Worte: »Frevel!? Für mich ist es kein Frevel, denn ich bin fremd. Ich kenne die Gesetze dieser Welt nicht, so wie sie auch die Gesetze der meinigen nicht kennt oder achtet. Hier ist eine Zuflucht, Tecto, und ohne sie wären wir beide verloren.«

»Das ist richtig. Aber wenn uns nur der einmalige Tod drohte, so müssten wir ihn jetzt hundertfach erdulden.«

»Man kann nur einmal sterben.«

»Du irrst! Man kann tausendmal sterben, aber was verstehst du davon, der du ein Fremder für mich bist? Nichts, überhaupt nichts.«

»Ich will auch nichts verstehen, Tecto, ich will nur fort von hier, zurück zu meiner eigenen Welt, wo immer sie auch sein mag.«

»Ist der Drang nach dem Gewohnten so stark, dass er selbst den Tod nicht scheut?«

»Er ist stärker, viel stärker, mein Freund. Und vor allen Dingen ist das Gehirn immer stärker als sein Körper, der ja nur seinen Befehlen gehorcht – so wie du mir gehorchst.«

»Und wo ist deine Welt? Weißt du es denn?«

»Ich weiß es nicht, aber ich werde sie finden. Es gibt Wissenschaftler auf Yaanzar.«

»Sicher, es gibt vor allen Dingen Doynschto, den Sanften, der mir als Paratransplantator dein Gehirn gab.«

Rhodan nickte.

»Ja, und er ist es, der mir helfen wird.«

Der Gedanke war so überzeugend, dass der Bordin keine Antwort gab. Vielleicht dachte sein Restbewusstsein darüber nach, warum ausgerechnet Doynschto ihnen helfen sollte.

Das Hungergefühl verstärkte sich trotz des frugalen Mahls. Der Durst war fast noch schlimmer. Rhodan nahm alle diese Empfindungen durch das Nervensystem des Bordins auf.

Dann verspürte er Müdigkeit. Die Flucht und alle damit verbundenen Aufregungen machten sich mit aller Macht bemerkbar.

»Ich möchte schlafen«, teilte er dem Bordin mit, der er selbst war. »Sind wir hier sicher?«

»Im Tempel der klagenden Gehirne gibt es kein sicheres Versteck, aber ich bin trotzdem mit deinem Vorschlag einverstanden. Denn schließlich bin ja ich es, der eigentlich müde und erschöpft ist.«

Rhodan verließ die Halle mit den Gehirnen, denn das unaufhörliche Klagen hätte den Schlaf verhindert. Die Korridore waren mit einem gleichmäßig dämmerigen Licht erfüllt, das in regelmäßigen Abständen aus Decken und Wänden drang. Immer wieder gab es rechts und links die Hallen mit den durchsichtigen Glocken, in denen die kranken Gehirne schwammen, die ihre Körper verloren hatten oder deren Körper sie überlebt hatten und nun neue, frische Gehirne besaßen. Gehirne starben oft früher ab als Körper, denn ihre Zellkerne waren empfindlicher, anfälliger.

Es mussten Tausende von Gehirnen sein, die Rhodan bei der Suche nach dem sicheren Schlafplatz sah. Einige standen auf besonders auffälligen Podesten aus kostbarem Material oder buntschimmerndem Stein.

Der Bordin beantwortete seine gedachte Frage: »Es sind die Gehirne der Vornehmen, die hier ihren endgültigen Tod erwarten. Sie alle werden von den Robotern bewacht und gepflegt.«

»Von Robotern?«

»Wir sind noch keinem begegnet, aber es wird geschehen. Wir begeben uns in große Gefahr.«

»Ja, das sagtest du schon mehrmals. Jetzt will ich erst einmal schlafen.«

»Wir sind uns einig. Wenn der Tod im Schlaf zu uns kommt, bemerken wir ihn vielleicht nicht.«

»Hör auf damit! Noch leben wir.«

Sie fanden einen Raum mit Geräten und Glocken zur Aufnahme von Gehirnen. Die Behälter waren jedoch noch leer. Die Lautsprecheranlagen, mit deren Hilfe sich später die Gehirne akustisch bemerkbar machen konnten, waren noch stumm.

In aller Ruhe und mit Sorgfalt suchte Rhodan ein Versteck. Er fand es in einer Nische, in der später vielleicht einmal Ersatzteile oder Reparaturwerkzeuge aufbewahrt werden sollten. Ächzend streckte er sich auf dem kalten, glatten Boden aus und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.

*

Er schlief fast vierundzwanzig Stunden, und als er endlich erwachte, fühlte er sich frisch und munter, abgesehen von dem unerträglichen Hungergefühl und einem unstillbaren Durst.

»Wir müssen weiter!«, sagte er mehr zu sich selbst als zu dem Bordin. »Ich verhungere sonst.«

Er stand auf und ging zurück in den leeren Saal. So beruhigend die Stille auch war, so trostlos war die Situation. Rhodan kam keinen Schritt weiter, wenn nichts passierte.

Und er hatte Angst vor dem, was vielleicht passieren konnte.

Abermals durchwanderte er Korridore, Hallen und kleinere Räume. Alles war von einer sterilen Sauberkeit, die auf das Wirken gut programmierter Roboter hindeutete.

Plötzlich hörte Rhodan ein fernes Geräusch und blieb stehen.

Es verklang, schwoll wieder an, in einem eintönigen, ermüdenden Rhythmus. Es war fast wie Gesang.

Dann war es Rhodan, als höre er schleichende Fußtritte, aber sie klangen wie das monotone Scharren von Metall auf Metall. Und es waren viele Fußtritte, so als bewege sich eine Kolonne von Robotern mit letzter Energie voran.

Rhodan gab sich einen Ruck und ging weiter, dem Geräusch nach. Weit vor sich konnte er erkennen, dass das Licht heller wurde. Er beschleunigte seine Schritte, weil er insgeheim befürchtete, nicht schnell genug zu sein, um die Roboter – oder was immer es auch war – noch einzuholen.

Und dann blieb er wie angewurzelt stehen.

In einer Nische verborgen, konnte er beobachten, was in der Halle vor ihm geschah. Es war ein unwirkliches Bild, das sich seinen beziehungsweise des Bordins Augen darbot.

Etwa zehn fast humanoid aussehende Roboter standen im Halbkreis um eine der Gehirnglocken, in denen eine abgestorbene graue Masse schwamm. Zwei weitere Roboter waren damit beschäftigt, das Lebenserhaltungssystem abzuschalten, während ein dritter die Glocke vom Podest nahm, sie öffnete und den Inhalt in einen undurchsichtigen Behälter entleerte, der an eine Urne erinnerte.

Einer der zehn singenden Roboter trat vor und nahm die Urne in Empfang, alle anderen trugen bereits eine.

Die Glocke wurde auf das Podest zurückgestellt, die drei Roboter gesellten sich zu den übrigen zehn und stimmten in den fast elektronisch anmutenden Gesang ein. Langsam setzte sich der Zug in Bewegung, genau auf Rhodans Versteck zu.

Die feierliche Prozession, die zugleich grotesk anmutete, zog dicht an ihm vorüber, hinein in den breiten Korridor, der zu einem unbekannten Ziel führte. Mit betonter Würde trugen die zehn Roboter die Urnen mit den abgestorbenen Gehirnen. Rhodan brauchte den Bordin gar nicht zu fragen, er wusste auch so, dass er Zeuge einer unheimlichen Bestattung wurde.

Vielleicht wurden die »Toten« verbrannt, oder sie landeten in einer Konverteranlage, damit keine Energie verloren ging. Jedenfalls verschwanden sie für immer aus dem Tempel der klagenden Gehirne, um neuen Platz zu machen.

Rhodan widerstand dem fast hypnotischen Zwang, der Prozession zu folgen. Ihm war einen Augenblick sogar so, als hindere ihn das bislang so schwache Restbewusstsein Tectos daran, der immerhin noch seinen eigenen Körper besaß, wenn er auch jetzt Rhodan gehörte.

»Sie hätten uns töten müssen, wären wir von ihnen entdeckt worden«, teilte der Bordin entsetzt mit. »Es ist schon ein todeswürdiges Verbrechen, in den Tempel der Gehirne einzudringen, aber einer Bestattung zuzusehen – das ist ... das ist ungeheuerlich.«

Auch ohne diesen Hinweis war es Rhodan klar, dass er ein furchtbares Verbrechen begangen hatte. Aber seine Ethik war eine andere als die der Yaanztroner.

»Sie haben uns nicht entdeckt«, gab Rhodan zurück. »Und jetzt müssen wir weitersuchen, oder wir müssen den Weg zurück zur Oberfläche finden.«

»Dort finden wir vielleicht etwas zu essen, und ganz bestimmt finden wir dort den Tod.«

Rhodans Hand strich unwillkürlich über die nackte Brust und über die biologisch verklebte Identifikationsmarke, die ihn als entflohenen Diener kennzeichnete. Sein Partner hatte recht. Es gab keinen Ausweg.

Und so betrachtet waren sie beide so gut wie tot. Schon jetzt.

Er ging weiter, in entgegengesetzter Richtung.

Schon längst hatte er keine Ahnung mehr, wo er sich eigentlich befand. Der Tempel musste ungeahnte Ausmaße besitzen, vielleicht viele Quadratkilometer. Bis sie ihn zur Gänze durchforscht hatten, waren er und der Bordin verhungert – zuerst der Körper, dann das Gehirn.

Zwei Stunden später hielt er total erschöpft inne und setzte sich dort auf den Boden, wo er gerade stand.

»Es hat keinen Zweck, wir finden weder Nahrung, Wasser, noch den Weg zurück. Wir müssen Kontakt mit einem der Wartungsroboter aufnehmen. Sie sind unbewaffnet.«

»Sie bedeuten trotzdem sofortigen Tod, denn sie sind dazu programmiert, unbefugte Eindringlinge unschädlich zu machen. Mein Gehirn wird hier im Tempel bleiben, bis es gänzlich abstirbt, und das deine bekommt vielleicht einen neuen Körper – vielleicht auch nicht.«

»Ich muss es riskieren.«

Rhodan wusste selbst, wie sinnlos sein Kampf geworden war. Er konnte den Bordin nicht als echten Bundesgenossen bezeichnen, denn er war selbst dieser Bordin Tecto. Seine ganze Hoffnung bestand darin, den Wissenschaftler Doynschto zu finden, den man auch »Den Sanften« nannte.

Er blieb eine volle Stunde sitzen, ehe sich der Bordinkörper wieder kräftig genug fühlte, den sinnlos erscheinenden Marsch fortzusetzen. Mühsam setzte er seinen Weg fort.

Sie begegneten Robotern und fanden rechtzeitig ein Versteck. Einmal kam ihnen sogar ein Transportkommando entgegen, das neue Gehirne in den Tempel brachte.

Und dann, als sie abermals in einer der zahllosen Hallen standen und das Klagen und Jammern der körperlosen Bewusstseine über sich ergehen ließen, riss ein lauter Schrei Rhodan aus seinen hoffnungslosen Betrachtungen.

Es war ein echter Schrei, nicht das Klagen eines Gehirns!

»Verbirg dich!«, riet Bordin entsetzt. »Die Roboter haben einen Eindringling erwischt und bestrafen ihn.«

Ein Eindringling!

Der Gedanke elektrisierte Rhodan förmlich. Jemand, der unbefugt in dieses Labyrinth eindrang, konnte nur ein Verbündeter sein. Er konnte ihm vielleicht helfen, wenn man ihm jetzt beistand.

Die Überlegungen erfolgten blitzschnell. Die eventuellen Konsequenzen waren in Rhodans Überlegungen nicht einbezogen.

Abermals ertönte ein Schrei, dies Mal voller Panik und Schrecken. Er brach plötzlich ab, dafür ertönte das dumpfe Dröhnen von Metall auf Metall. Dann wieder die entsetzte Stimme in Nauparo, der Hauptsprache dieser Galaxis, die Rhodan perfekt verstand.

Jemand befand sich in höchster Gefahr, daran konnte kein Zweifel bestehen.

Rhodan verlor keine Sekunde mehr. Er gab dem trägen Körper des Bordins den Befehl, und schon stürmte der Riese wie eine gewaltige Kampfmaschine voran, nicht ohne zuvor ein stangenähnliches Podest an sich zu reißen, um es als Keule benutzen zu können. Das zurückbleibende Gehirn in der Glocke wurde damit von seinem Lebenserhaltungssystem getrennt. Wahrscheinlich wurde ein Alarm ausgelöst, der sofort einen Wartungsroboter herbeirief, um den Schaden zu beheben.

Die Hilferufe wurden lauter, und als Rhodan um eine Gangbiegung raste, blieb er plötzlich stehen.