Perry Rhodan 674: Im Land der Dreemer - H.G. Francis - E-Book

Perry Rhodan 674: Im Land der Dreemer E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Sie halten die Erde für tot - und denken nur an sich selbst Auf den Menschheitswelten schreibt man Mitte März des Jahres 3460. Das Solare Imperium existiert nur noch dem Namen nach, denn seit einiger Zeit haben die Laren, die Vertreter des Konzils des Sieben Galaxien, die Macht in der Milchstraße übernommen. Aller Widerstand, den Perry Rhodan und seine Terraner geheim oder offen den Invasoren leisteten, fruchtete letztendlich nichts. Der Widerstand verzögerte nur den Moment der Machtübernahme um eine geraume Zeit. Dann, als die Laren die "Zeittaucher" ins Spiel brachten, bot auch das ATG-Feld dem Solsystem keinen genügenden Schutz mehr, und Perry Rhodan nutzte die einzige Chance, die den Solariern noch blieb: die Flucht durch den Sol-Transmitter! Und so - während die Laren und ihre Verbündeten zum Großangriff auf das Solsystem antraten - begannen Erde und Mond, mit dem Großteil der Solarier "an Bord", ihre große Reise. Aber der Planet und sein Trabant rematerialisierten nicht, wie vorgesehen, im Archi-Tritrans-Transmitter. Kein Wunder daher, dass viele der Männer und Frauen, die dort unter Lordadmiral Atlans Kommando auf das Erscheinen der Erde warten, den Planeten für vernichtet halten. Einige von ihnen werden jetzt abtrünnig. Sie planen den Verrat - und es kommt zur Konfrontation IM LAND DER DREEMER ...

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Nr. 674

Im Land der Dreemer

Sie halten die Erde für tot – und denken nur an sich selbst

von H. G. FRANCIS

Auf den Menschheitswelten schreibt man Mitte März des Jahres 3460.

Das Solare Imperium existiert nur noch dem Namen nach, denn seit einiger Zeit haben die Laren, die Vertreter des Konzils des Sieben Galaxien, die Macht in der Milchstraße übernommen.

Aller Widerstand, den Perry Rhodan und seine Terraner geheim oder offen den Invasoren leisteten, fruchtete letztendlich nichts. Der Widerstand verzögerte nur den Moment der Machtübernahme um eine geraume Zeit.

Dann, als die Laren die »Zeittaucher« ins Spiel brachten, bot auch das ATG-Feld dem Solsystem keinen genügenden Schutz mehr, und Perry Rhodan nutzte die einzige Chance, die den Solariern noch blieb: die Flucht durch den Sol-Transmitter!

Und so – während die Laren und ihre Verbündeten zum Großangriff auf das Solsystem antraten – begannen Erde und Mond, mit dem Großteil der Solarier »an Bord«, ihre große Reise.

Aber der Planet und sein Trabant rematerialisierten nicht, wie vorgesehen, im Archi-Tritrans-Transmitter. Kein Wunder daher, dass viele der Männer und Frauen, die dort unter Lordadmiral Atlans Kommando auf das Erscheinen der Erde warten, den Planeten für vernichtet halten.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Lordadmiral bewahrt die Hoffnung.

Wadder Krermein, Peltszik Truminchco und Carmone Pentinura – Drei Verräter an der Menschheit.

Muszo Hetschic – Admiral der USO.

Kaiser Karl – Ein blinder Passagier wird entdeckt.

Kannit – Ein Dreemer.

Eslet Wolf

1.

Wadder Krermein verließ seinen Wohntrakt so stürmisch, dass er unmittelbar vor dem Ausgangsschott mit der Assistentin Jauny Bikx zusammenprallte. Das zierliche Mädchen stolperte, versuchte, die Gläser zu retten, die sie auf einem Tablett vor sich hertrug, und stürzte zu Boden. Die Scherben flogen quer über den Gang.

Ohne sich bei ihr zu entschuldigen oder sie überhaupt nur zu beachten, eilte der Spezialist für Entstofflichungstechniken weiter. Sie blickte ihm empört nach.

Der Hyperphysiker war blass bis in die Lippen. So hatte sie ihn noch niemals gesehen. Unkontrolliert zuckten die Muskeln in seinem Gesicht. Jauny fiel auch auf, dass Krermein das schulterlange Haar offen trug, während er es sonst stets mit einem kostbaren Zierband im Nacken zusammenhielt. Er gestikulierte, als befände er sich mit einem unsichtbaren Gesprächspartner in einer hitzigen Diskussion.

In hilflosem Zorn sprang Jauny auf und lief einige Schritte hinter ihm her, bis er ein Zwischenschott passierte und es hinter sich zufahren ließ.

Erst jetzt blieb Krermein stehen und drehte sich um. Unschlüssig blickte er auf das geschlossene Schott. Ihm wurde bewusst, was geschehen war, doch dann wandte er sich achselzuckend ab und ging weiter.

Ein dürrer Mann mit brandrotem Gesicht kam ihm entgegen. Er ging in gebeugter Haltung und schleifte die Füße nachlässig über den Boden. Hilfesuchend sah er zu Krermein auf.

»Wo stecken Sie denn so lange?«, fragte der Hyperphysiker unwirsch.

»Mich trifft keine Schuld«, sagte Peltszik Truminchco, ein Lenksystempositroniker, der als Spezialist für hypergesteuerte, howalgoniumabhängige Robotrelaisstationen hohes Ansehen genoss, wegen seines ängstlichen Charakters jedoch mit niemandem freundschaftlichen Kontakt hatte. Truminchco hatte in den letzten Tagen und Wochen mit Krermein zusammengearbeitet.

»Sie trifft keine Schuld?«, fragte der Hyperphysiker, der nicht sogleich verstand, was der Positroniker damit sagen wollte. »Wovon reden Sie überhaupt?«

»Ich habe korrekt gearbeitet. Kein einziger Fehler ist mir unterlaufen. Mir kann man es nicht anlasten, wenn ... wenn die Erde verschwunden ist.«

»Deshalb muss ich mit Ihnen reden«, entgegnete Krermein. Er packte Truminchco an der Schulter, legte die andere Hand an den Öffnungskontakt eines Türschotts und stieß den Wissenschaftler brutal vor sich her, als es zur Seite glitt.

»Rufen Sie Carmone Pentinura«, befahl er.

Sie befanden sich in der Wohnkabine, die Truminchco zugeteilt worden war, und die er zu einem Arbeitsraum umfunktioniert hatte. Hier herrschte ein geradezu chaotisches Durcheinander. Bücher, Magnet- und Filmbänder, Akten, Notizzettel, Trinkgefäße, Synthonahrung, Speisereste, Aschenbecher, die fast überquollen, weil niemand sie geleert hatte, Zigarettenpackungen, Aufzeichnungsgeräte, positronische Kleincomputer, Schreib- und Zeichnungsgeräte lagen überall auf den Tischen und anderen Ablagemöglichkeiten herum. Seit Wochen schien hier kein Servoroboter mehr hereingekommen zu sein.

Krermein verzog das Gesicht.

»Das ist ja ein Schweinestall«, sagte er angewidert und wischte mit der Hand einen Computer und einen Stapel Notizbögen von einem Sessel herunter. Er setzte sich. »Nun los, doch. Wo bleibt Pentinura?«

Peltszik Truminchco zuckte zusammen. Er wagte es nicht, gegen die raue Behandlung zu protestieren, sondern deutete unterwürfig eine Verbeugung an und erwiderte stammelnd: »Ich beeile mich ja schon.«

»Davon merke ich nichts«, stellte Krermein sarkastisch fest.

Truminchco hastete zu einem Interkom und tippte eine Zahlenkombination in die Tastatur. Sekunden später zeichnete sich ein mürrisches, pausbäckiges Gesicht in dem Trivideofeld ab. Wasserblaue Augen musterten den Wissenschaftler, als hätten sie ihn vorher nie gesehen.

»Hat man denn niemals Ruhe in diesem verdammten Laden?«, fragte Pentinura schnaufend. »Verdammt, was wollen Sie von mir?«

»Entschuldigen Sie, Mr. Pentinura, ich bin beauftragt ... ich meine, ich soll ...«

»Mann Gottes«, brüllte Wadder Krermein wütend. Er schob den Lenkspezialisten mit einer energischen Handbewegung zur Seite. »Kommen Sie sofort hierher, Pentinura. Aber schnell.«

»Was ist los?«, erkundigte sich der Astronom. Pentinura war auch ein hochqualifizierter Mathematiker, dessen Spezialgebiet die Anmessung von Himmelskörpern und Sonnensystemen innerhalb ortungsstörender Dunkelwolken, Energiefelder und Ausgleichsverbundenergien zwischen einzelnen Himmelskörpern war. Ihm sagte man nach, dass er das Gemüt eines Nilpferds habe und so leicht durch nichts aus der Ruhe zu bringen sei. Doch auch er war jetzt verstört und stand deutlich erkennbar unter dem Schock, den alle Besatzungsmitglieder der Lenkstation PP-III von Archi-Tritrans erfasst hatte.

»Fragen Sie nicht, sondern kommen Sie«, herrschte Krermein ihn an. »Sie werden erfahren, um was es geht – wenn Sie sich nur beeilen.«

»Ich komme, Sir.«

Carmone Pentinura unterwarf sich der Persönlichkeit Krermeins ebenso widerspruchslos wie Peltszik Truminchco. Er fuhr sich nervös mit der Hand über die schwarzen Haare, die er zum modischen Stachelkranz rings um den Kopf frisiert hatte. Dabei neigte er den Kopf ein wenig, so dass Krermein und Truminchco das Sonnensystem sehen konnten, das er sich auf die Mittelglatze hatte tätowieren lassen. Mit der anderen Hand schaltete er das Gerät aus.

Nach nur knapp einer Minute erschien seine wuchtige Gestalt im Schott von Truminchcos Kabine. Pentinura war fast zwei Meter groß und wog annähernd 160 kg. Dass er sich dennoch äußerst geschmeidig bewegen konnte, wusste Krermein sehr wohl. Pentinura war der jüngste der drei Männer. Er verfügte über gewaltige Körperkräfte und war einige Male durch überragende Kraftleistungen bei sportlichen Veranstaltungen der Flotte aufgefallen. Er galt als ein Mann, der nie zufrieden war, und der immer irgend etwas zu benörgeln hatte.

»Sie führen sich auf, als ob Sie Lordadmiral Atlan persönlich seien«, sagte er mit tiefer Stimme zu Krermein. »Verdammt, mir ist wirklich nicht nach Palavern zumute. Ich bin vollkommen fertig. Aber es musste ja so kommen ...«

»Halten Sie den Mund«, fuhr der Hyperphysiker ihn erregt an. »Und hören Sie endlich einmal zu.«

Carmone Pentinura ließ sich in einen Sessel sinken, ohne darauf zu achten, dass Arbeitspapiere und ein Aufzeichnungsgerät darauf standen. Der kostspielige Apparat fiel auf den Boden.

»Jetzt haben Sie ihn kaputt gemacht«, sagte Truminchco anklagend.

»Das ist typisch«, sagte Wadder Krermein heftig. »Die Erde verschwindet im Nichts. Eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes ist über die Menschheit hereingebrochen, und Sie beschweren sich über Winzigkeiten.«

Seine Stimme steigerte sich bis zum Gebrüll.

»Wollen Sie mir endlich zuhören?«

Die beiden Männer zuckten zusammen. Truminchco zog den Kopf ein. Wie ein Häuflein Unglück hockte er in seinem Sessel. Pentinura erbleichte. Mit zitternden Fingern strich er sich durchs Haar. Er wich den Blicken des Stellvertretenden Chefs der Lenkstation von Archi-Tritrans, des Archimedes-Sonnendreieck-Transmitters, aus.

»Es kommt jetzt darauf an, genau das Richtige zu tun, meine Herren«, fuhr Krermein fort. »Ich komme soeben von der Hauptpositronik, wo ich eine Wahrscheinlichkeitsrechnung durchgeführt habe. Das Ergebnis ist erschütternd.«

Er musterte Truminchco und Pentinura.

»Die Erde existiert nicht mehr.«

»Nein«, rief Truminchco entsetzt. »Nein, das glaube ich nicht.«

»Sie müssen die Tatsachen ins Auge sehen«, erklärte Krermein kalt. »Nach den Berechnungen der Positronik hat Rhodan die Erde mit seinem wahnwitzigen Experiment vernichtet. Wahrscheinlichkeit: 92,789 Prozent. Der Planet konnte im Sonnentransmitter nicht rematerialisiert werden, wie wir alle wissen, und wurde in Form einer Impulskette in den Hyperraum abgestrahlt. Damit ergibt sich keine Möglichkeit mehr, ihn jemals wieder zurückzuholen. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass eine hyperenergetische Impulskette mit keinen technischen Mitteln unserer Zeit stabilisiert und aufgefangen werden kann.«

»Ich glaube es nicht«, wiederholte Truminchco verzweifelt. »Ich glaube es nicht.«

»Finden Sie sich damit ab. Es gibt keine Erde mehr. Deshalb ist es auch sinnlos, sich noch länger mit dem Schicksal der Erde zu befassen. Interessieren kann nur, was aus uns selbst wird. Eine Zukunft für die terranische Menschheit gibt es ebenfalls nicht mehr.«

»Das ist nicht wahr. Ich meine, es kann doch nicht ...«, sagte Carmone Pentinura stockend.

»Mir fiel es in den ersten Sekunden nach dem Verschwinden der Erde auch nicht leicht, diesen Gedanken überhaupt nur zu Ende zu denken«, entgegnete Krermein. Seine Stimme wurde weicher, so als habe er Mitgefühl mit seinen beiden Mitarbeitern. »Je eher wir jedoch begreifen, dass es wirklich aus und vorbei ist, desto besser.«

»Besser – für wen?«, fragte Pentinura.

»Für uns«, antwortete der Hyperphysiker offen.

»Und was bedeutet das?«, erkundigte sich Truminchco zögernd. Er blickte den Hyperphysiker an. Dieser winkte Pentinura auffordernd zu.

»Sagen Sie's, Pentinura.«

»Ich muss zugeben, dass ich im Moment überhaupt nicht klar denken kann. Es ist mir unmöglich, so einfach darüber hinwegzugehen, dass die Erde nicht mehr existiert. Ich bin auf Terra geboren. Sie ist mehr für mich als nur ein Planet, auf dem ich leben kann. Sie ist so etwas wie ... wie eine Mutter für mich.«

»Halten Sie doch keine Vorträge, Pentinura. Das passt nicht zu Ihnen«, warf Krermein zynisch ein. Doch der Astronom hob abwehrend die Hände.

»Vielleicht haben Sie noch gar nicht begriffen, Sir, was es für einen Terraner bedeutet, dass sein Heimatplanet nicht mehr vorhanden ist. Bei Ihnen kommt das vielleicht später.«

»Reden Sie keinen Unsinn.«

»Verstehen Sie das denn nicht? Für mich war die Erde immer ein Angelpunkt, der mir Sicherheit gab, wenn ich irgendwo in der Galaxis war. Sie war für mich der Ausgangspunkt und der Endpunkt aller Reisen. Sie war die Insel, auf die ich mich jederzeit zurückziehen konnte, wenn ich wieder festen Boden unter den Füßen spüren wollte.«

»Jetzt spinnen Sie.«

»Ich verbitte mir ...«

»Sie sind kein Mann von heute, Pentinura. Sie sind ein Geschöpf einer längst vergangenen Zeit.« Krermein runzelte die Stirn und überlegte kurz. »Alle intelligenten Lebewesen der Galaxis machen eine ganz bestimmte Entwicklung durch, bei der sie sich mehr und mehr von ihrer heimatlichen Scholle lösen. Im psychologischen Sinn sind Sie noch immer ein Bauer, der sich an seine Scholle klammert.«

»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«

»Ihre Scholle ist die Erde. Wenn Sie es nicht schaffen, Ihre Abhängigkeit von dieser ›Scholle‹ abzuwerfen, werden Sie mit der Erde untergehen.«

»Das sind alles nur Worte, Sir. Bei allem Respekt.«

»Das glauben Sie. Ich kann Ihnen das Gegenteil beweisen. Sie sind ein Mann, der die Erde niemals verlassen hat, wie weit auch immer Sie von ihr entfernt waren. Sie sind ein Bauer. Die Auswanderer, die die vielen Planeten besiedelt haben, die zum Solaren Imperium und den abgespalteten Reichen gehören, stehen höher in der Entwicklung als Sie. Sie haben sich bereits von ihrer Scholle gelöst, aber nur, um sich auf einer anderen Welt sofort wieder an eine neue zu klammern.

Ich behaupte von mir, ein wirklich freier Mensch zu sein. Ich fühle mich weder der Erde, noch irgendeinem anderen Planeten verbunden. Meine Heimat sind die Sterne, ist die Galaxis, vielleicht sogar das Universum. Was spielt es da für eine Rolle, dass ein Planet namens Erde als Energiewolke in den Hyperraum übergegangen ist? Terra ist eine Welt wie viele andere in der Galaxis auch.«

»Das ist nicht wahr.«

Krermein überhörte den schwachen Protest von Truminchco.

»Ebensowenig wäre es richtig, sich einem einzigen Volk zu verschreiben. Die wirklich freien Intelligenzen des Universums bilden die einzig zählende Einheit. Der Geist ist das, was uns alle miteinander verbindet, und nicht die äußerliche Form des Körpers, nicht unsere Herkunft von einem bestimmten Planeten. Spielt es denn wirklich eine Rolle, ob eine Intelligenz schwarz, grün, blau oder weiß ist, ob sie humanoid aussieht, einer Schildkröte, einem Insekt oder einer Qualle gleicht? Entscheidend ist doch immer nur das denkende Gehirn. Das ist es, was alle hochstehenden Entitäten miteinander gemein haben.«

Die beiden Männer hörten gebannt zu.

»Daher wäre es grundfalsch, sich kleinlich an ein einziges Volk zu klammern und gemeinsam mit ihm zu kämpfen, wenn es den Krieg schon längst verloren hat.«

»Sie wollen sagen, dass es in Ihren Augen kein Solares Imperium mehr gibt?«, fragte Carmone Pentinura stockend.

Wadder Krermein nickte. Dann hob er den Arm und zeigte in die Richtung, in der sich die Hauptleitzentrale der Lenkstation befand.

»Das haben die da draußen nur noch nicht begriffen. Lordadmiral Atlan träumt immer noch von einem Fortbestehen seiner ach so geliebten terranischen Menschheit. Deshalb wird er weiterkämpfen, bis die Energiekanonen der Laren dem ganzen Spuk ein Ende bereiten. Das dauert vielleicht noch eine oder zwei Wochen. Mehr nicht. Wer sich in die Elite der galaktischen Intelligenzen einreihen will, der muss es jetzt tun, denn schon in wenigen Tagen oder vielleicht Stunden ist es zu spät.«

»Stunden?«, fragte Pentinura zweifelnd. »Sie übertreiben, Sir. Die Laren wissen nichts von der Existenz von Archi-Tritrans. Sie ahnen nichts von dem Versteck in der Provcon-Faust. Und Quinto-Center haben sie auch noch nicht entdeckt.«

»Sie sind reichlich naiv, Pentinura.«

»Warum?«

»Ich frage Sie: Was bedeutet es denn, dass die Erde im Transmitter aufgetaucht ist? Das heißt doch, dass das Antitemporale Gezeitenfeld nicht mehr existiert. Die Laren und die Überschweren unter der Führung von Leticron konnten also die anderen Planeten des Solaren Systems angreifen. Sie können sich darauf verlassen, dass ihnen Hunderttausende von Terranern in die Hände fallen werden oder schon gefallen sind. Meinen Sie nicht, dass unter ihnen nicht einige Männer oder Frauen sind, die ihnen die gewünschten Informationen geben, wenn sie ausreichend lange verhört worden sind?«

Pentinura senkte den Kopf. Er kam nicht auf den Gedanken, dass es nur eine verschwindend geringe Zahl von Terranern gab, die überhaupt über Informationen verfügten, die den Laren helfen konnten, den Archimedes-Sonnendreieck-Transmitter, den Planeten Gäa in der Provcon-Faust oder Quinto-Center aufzuspüren. Er hatte sich von der raffinierten Argumentation Krermeins mitziehen lassen. Ebenso Truminchco.

»Ich verstehe, was Sie sagen wollen«, erklärte der Lenksystempositroniker leise.

»Dann 'raus damit«, befahl der Hyperphysiker. »Pentinura hat es noch nicht begriffen.«

»Doch, Sir. Ihr Gedanke ist folgender: Die Laren werden ohnehin alles erfahren, was sie wissen wollen. Wenn wir konsequent und schnell genug handeln, dann können wir ihnen unser Wissen gegen eine hohe Belohnung verkaufen.«

»Sie sind ein kluger Junge«, lobte Krermein. »Genau das ist der springende Punkt. Wir müssen uns eine Space-Jet schnappen und damit verschwinden. Das dürfte in der augenblicklichen Situation nicht allzu schwer sein. Wenn die Flucht gelungen ist, werden wir uns sofort an die Laren wenden und mit ihnen verhandeln.«

»Was wollen Sie verlangen?«

»Ich kenne einen Planeten, der uns traumhafte Möglichkeiten bietet. Er wird von halbintelligenten Wesen bewohnt, die sich uns unterordnen werden.«

»Diese Welt wollen wir haben, ausgestattet mit wissenschaftlichem Forschungsmaterial, beträchtlichem Komfort und einigen Begleiterinnen, die uns die Zeit vertreiben können.«

Die Augen seiner beiden Mitarbeiter leuchteten auf.

»Ich bin dabei«, sagte Peltszik Truminchco. »Ich habe zwar ein schlechtes Gewissen, aber ich sehe ein, dass es geradezu verrückt wäre, anders zu handeln.«

Carmone Pentinura streckte Krermein die Hand entgegen. Der Hyperphysiker schlug ein.

»Sie haben mich überzeugt«, sagte der Astronom. »Ich bin lange genug Bauer gewesen. Es ist an der Zeit, die Erde zu vergessen.«

»Wir wollen keine Zeit verlieren, meine Herren«, sagte Krermein. »Handeln wir schnell und entschlossen!«

*

Leutnant Perrat Oblanc umrundete den großen Konferenztisch und ging zu Lordadmiral Atlan.

»Sir«, meldete er mit gedämpfter Stimme. »Soeben ist eine Flotte von etwa 9000 Schiffen aller Klassen aus dem Solsystem eingetroffen. Sie wird von Solarmarschall Tifflor geführt. Er wird in wenigen Minuten hier sein.«

Der Arkonide erhob sich.

»Entschuldigen Sie mich, bitte«, sagte er zu den Wissenschaftlern und Militärs am Konferenztisch. »Wir müssen kurz unterbrechen.«

Er eilte zusammen mit dem Leutnant aus dem Raum und wechselte in den Transmitterraum der Archi-Tritrans-Transmitterstation PP-III über. Er hatte ihn kaum betreten, als die große, schlanke Gestalt des Solarmarschalls im Transportfeld zwischen den beiden Säulen sichtbar wurde. Julian Tifflor richtete seine braunen Augen fragend auf den Lordadmiral. Er sah auf den ersten Blick fast schüchtern aus, so wie Atlan ihn oft als jungen Mann erlebt hatte, als er seine ersten, verwegenen Einsätze gegen die Galaktischen Springer zu bestehen hatte.