Perry Rhodan 683: Das Mädchen von Lemuria - H.G. Ewers - E-Book

Perry Rhodan 683: Das Mädchen von Lemuria E-Book

H.G. Ewers

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Beschreibung

Sie lebt seit Jahrtausenden - und bewahrt ein uraltes Vermächtnis Im Frühling des Jahres 3460 terranischer Zeitrechnung existiert das Solare Imperium nicht mehr als politische Konstellation - und zwar seit dem Tage, da Terra und Luna, mit dem größten Teil der Solarier "an Bord", die Flucht durch den Sol-Transmitter antraten. Der Planet und sein Trabant rematerialisierten nicht, wie vorgesehen, in einer abgelegenen Region der Galaxis, sondern sie landeten in einem völlig fremden Kosmos, dessen erste Erkundung sich für die Terraner als sehr gefahrvoll und abenteuerträchtig erwies, wie die Erlebnisse mit den Feuerfliegern, Zeus, dem Rieseninsekt, und der fremden Macht klar aufzeigten. Nicht minder gefährlich ist die Lage der getreuen Verbündeten Perry Rhodans, die in der Galaxis zurückgeblieben sind. Da sind Tifflors und Atlans Einheiten, die den Laren und Leticron, den neuen Herren der Milchstraße, durch Überraschungsaktionen schwer zu schaffen machen, indem sie einen gezielten Kleinkrieg führen. Der Lordadmiral selbst hält sich jedoch gegenwärtig nicht am galaktischen Schauplatz auf. Er ist mit seinem Flaggschiff in Andromeda, um einer Spur der verschwundenen Erde nachzugehen. Dabei stößt er - mitten in der Todesfalle von Gercksvira - auf DAS MÄDCHEN VON LEMURIA ...

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Nr. 683

Das Mädchen von Lemuria

Sie lebt seit Jahrtausenden – und bewahrt ein uraltes Geheimnis

von H. G. EWERS

Im Frühling des Jahres 3460 terranischer Zeitrechnung existiert das Solare Imperium nicht mehr als politische Konstellation – und zwar seit dem Tage, da Terra und Luna, mit dem größten Teil der Solarier »an Bord«, die Flucht durch den Sol-Transmitter antraten.

Der Planet und sein Trabant rematerialisierten nicht, wie vorgesehen, in einer abgelegenen Region der Galaxis, sondern sie landeten in einem völlig fremden Kosmos, dessen erste Erkundung sich für die Terraner als sehr gefahrvoll und abenteuerträchtig erwies, wie die Erlebnisse mit den Feuerfliegern, Zeus, dem Rieseninsekt, und der fremden Macht klar aufzeigten.

Nicht minder gefährlich ist die Lage der getreuen Verbündeten Perry Rhodans, die in der Galaxis zurückgeblieben sind.

Da sind Tifflors und Atlans Einheiten, die den Laren und Leticron, den neuen Herren der Milchstraße, durch Überraschungsaktionen schwer zu schaffen machen, indem sie einen gezielten Kleinkrieg führen.

Der Lordadmiral selbst hält sich jedoch gegenwärtig nicht am galaktischen Schauplatz auf. Er ist mit seinem Flaggschiff in Andromeda, um einer Spur der verschwundenen Erde nachzugehen.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Lordadmiral sucht nach einer Spur der verschwundenen Erde.

Ermigoa – Ein Mädchen von Lemuria.

Esto Conschex und Goarn Den Thelnbourg – Zwei Transmitterspezialisten von Terra.

Powlor Ortokur und Neryman Tulocky – Die Oxtorner handeln auf eigene Faust.

Jerome Tecopah

Was gewesen ist, dasselbe wird wieder sein, und was geschehen ist, dasselbe wird wieder geschehen; es gibt nichts Neues unter der Sonne. Kommt einmal etwas vor, von dem man sagen möchte: »Siehe, dies hier ist etwas Neues!«, so ist es doch längst dagewesen in den Zeitläufen, die vor uns waren. Es ist nur kein Andenken an die früheren Zeiten geblieben, und auch für die späteren, die künftig sein werden, wird kein Andenken übrig bleiben bei denen, die noch später kommen werden.

1.

Die beiden Männer hoben sich nur schemenhaft gegen das matte Flackerlicht des Hintergrunds ab, eines Hintergrunds, der aus einer großen, nüchtern wirkenden Metallplastikwand bestand, in der unablässig vielfarbige Lichter aufleuchteten.

Seit vielen Stunden standen die beiden Männer schon hier. Sie hatten kaum ein Wort miteinander gewechselt; dafür standen sie in ständiger und fast lautloser Kommunikation mit der leistungsfähigen Hauptpositronik der IMPERATOR VII.

Die Kommunikationshalle der Biopositronik hätte ebenso gut auf einem Planeten stehen können. Es gab rein äußerlich keine Unterschiede.

Dennoch vergaßen die beiden Männer niemals, dass sie sich in einem Raumschiff befanden, das mitten in der Andromedagalaxis fahrtlos vor einem der gigantischsten Bauwerke stand, das Menschengeist jemals unter Ausnutzung der Kräfte des Universums errichtet hatte.

Beide Männer unterschieden sich äußerlich sehr stark voneinander. Während der eine, Professor Dr. Goarn Den Thelnbourg, groß und dürr war und völlig unsportlich wirkte, sah der andere, Dr. Dr. Esto Conschex, wie ein durchtrainierter untersetzter Muskelmann aus, dessen Gesichtsformen den flüchtigen Betrachter zu dem Fehlschluss verleitet hätten, er wäre ein brutaler Mensch.

Doch wer sich mit der menschlichen Psyche gut genug auskannte, der konnte auf einen Blick erkennen, dass beide Männer mehr Gemeinsamkeit kannten als Unterschiede aufwiesen. Er brauchte nur in ihre Augen zu sehen, in denen ein inneres Feuer brannte. Nicht das Feuer irgendeiner Leidenschaft, sondern eine stetige gebändigte Glut, die bei beiden Männern gleich war. Sie sahen die Welt sozusagen mit gleichen Augen an.

Das wiederum konnte niemanden verwundern, der die beiden Wissenschaftler kannte. Sowohl Professor Dr. Thelnbourg als auch Dr. Dr. Conschex waren aus tiefverwurzeltem Interesse an den phantastischen Möglichkeiten einer phantastischen Technik Hypertransit-Mathematiker geworden. Da sich beide zudem besonders für Sonnentransmitter lemurischer Bauweise interessierten, hatten sie schon früh zusammengefunden.

Ihre Forschungs- und Entwicklungsarbeiten waren abrupt unterbrochen worden, als die Laren und die Flotte des Überschweren Leticron das Solsystem okkupierten und alle Menschen, die nicht mit der Erde geflohen waren, zu Sklaven degradierten.

Thelnbourg und Conschex waren nicht mit der Erde geflohen, weil sie ihre Forschungsarbeiten in einer Station des Saturnmondes Titan nicht aufgeben wollten. Ihr Forschungseifer hatte sie nicht davor bewahrt, von Leticrons Truppen zum Strafplaneten Watsteyn verschleppt zu werden, wo sie unter entwürdigenden Bedingungen sinnlose und schwere Arbeit leisten mussten.

Ein Kommando Lordadmiral Atlans hatte sie befreit und zu Atlans derzeitigem Flaggschiff, der IMPERATOR VII, gebracht. Der USO-Chef versprach sich von den Transmitterspezialisten wertvolle Hilfe bei der Suche nach einer Spur der Erde, die nach einem Transmittersprung nicht im vorgesehenen Zielgebiet rematerialisiert war, sondern nach kurzem, halbverstofflichten Auftauchen wieder verschwand und seitdem als verschollen galt.

Nach einigen gefährlichen Abenteuern hatte das Schiff endlich das Ziel erreicht, von dem sich Atlan und die beiden Transmitterspezialisten einen Erfolg versprachen: einen uralten Sonnenfünfeck-Transmitter der Lemurer, der von den Maahks »Gercksvira« genannt wurde, was übersetzt sinngemäß »tiefste aller Niederungen« bedeutete.

Zwei Planeten gehörten zum künstlich installierten System der fünf natürlichen Sonnen. Der eine, Tockton, war erkundet und als so genannte Archivwelt eingestuft worden, auf der die Lemurer ihr Wissen auf originelle Art in den Gehirnen von Tieren gespeichert und weitergegeben hatten.

Man erfuhr, dass die erworbene Fülle der Daten die Koordinaten von sämtlichen lemurischen Sonnentransmittern barg. Man erfuhr ferner, dass der andere Planet des Gercksvira-Systems die Schaltwelt des Sonnenfünfeck-Transmitters war.

Was den Wissenschaftlern aber noch wichtiger erschien, war die Information, dass durch einen offenbar irreparablen Fehler in der 5-D-Schaltung des Transmitters einst zweiundzwanzigtausend lemurische Raumschiffe, die in ihr Einsatzgebiet befördert werden sollten, nach der Transmission unauffindbar blieben.

Diese Information hatte Thelnbourg und Conschex bewogen, umfangreiche und komplizierte Berechnungen mit Hilfe der Hauptpositronik der IMPERATOR VII durchzuführen.

Als das Endergebnis akustisch, visiooptisch und dokumentarisch erschien, blickten die beiden Transmitterspezialisten sich vielsagend an.

»Wir müssen den Lordadmiral informieren«, meinte Thelnbourg. »Wollen wir das gleich erledigen?«

Conschex versenkte seine Hände in den Taschen seiner Hose, grinste dünn und erwiderte: »Warum nicht! Er wird schon lange auf ein Ergebnis warten.«

*

Als der Lordadmiral über Interkom erfuhr, dass die beiden Transmitterspezialisten ihn zu sprechen wünschten, atmete er auf.

»Ich habe darauf gewartet, dass sie mit einem Vorschlag kommen«, meinte er zu den beiden Männern, die neben ihm in der Ortungszentrale standen und die fernmesstechnische Erfassung des zweiten Planeten von Gercksvira mitverfolgten.

Powlor Ortokur, der eine der beiden Männer, wölbte andeutungsweise die Brauen.

»Erwarten Sie etwas ganz Bestimmtes, Lordadmiral?«, erkundigte er sich nüchtern-sachlich.

Atlan schüttelte den Kopf.

»Nein, Ortokur«, antwortete er.

Der oxtornische Überlebensspezialist wölbte die Brauen ein wenig stärker.

»Dann verstehe ich Ihre Erwartungsstimmung nicht ganz, Lordadmiral«, meinte er. »Erwartungen müssen sich doch auf etwas gründen.«

»Es ist nur so ein Gefühl«, erklärte der Chef der USO.

»Ein Gefühl?«, fragte Powlor Ortokur mit mildem Tadel. »Sir, Gefühle sind irrationale Regungen, die besser durch die Großhirnrinde unterdrückt werden sollten. Wir Menschen sind nur durch unser hochentwickeltes Großhirn das geworden, was wir sind.«

»Und worauf wir nicht immer stolz sein können, Tongh«, warf Neryman Tulocky, der zweite oxtornische Überlebensspezialist, ein. »Tongh« war der oxtornische Ehrenname, den Powlor Ortokur trug; er bedeutete soviel wie Geradeausdenker.

»Stolz ist auch nur eine emotionelle Regung, Tungh«, entgegnete Ortokur in belehrendem Tonfall. »Tungh« war ebenfalls ein oxtornischer Ehrenname und bedeutete soviel wie Toleranzdenker. Die beiden Oxtorner sprachen sich allerdings mit ihren Ehrennamen meist nur dann an, wenn sie unter sich waren.

Lordadmiral Atlan verzog ärgerlich das Gesicht.

»Ich bitte Sie, Emotionen nicht immer abwertend zu beurteilen, Spezialist Ortokur«, sagte er steif. »Was wären wir Menschen ohne Gefühle? Was ging uns ohne ihre Fülle alles verloren?«

Powlor Ortokur blickte etwas ratlos drein, dann schaute er auf seinen Armbandchronographen und meinte: »Vor zwei Minuten haben Thelnbourg und Conschex angerufen. Ich denke, wir sollten sie nicht länger warten lassen.«

»Sie meinen, sie könnten ungeduldig werden?«, erkundigte sich Atlan mit hintergründigem Lächeln.

»Sie sind Wissenschaftler und sollten eigentlich in der Lage sein, ein Gefühl wie Ungeduld erst gar nicht aufkommen zu lassen, Lordadmiral«, erwiderte Ortokur. »Mein Hinweis bezog sich darauf, dass wir keine Zeit unnütz vergeuden sollten, denn alles bewegt sich weiter, ob wir die Zeit rational nützen oder nicht.«

»Diesmal muss ich Ihnen recht geben«, sagte der Arkonide. »Gehen wir also!«

Wenig später hatten alle fünf Personen in der Kommunikationshalle der Hauptpositronik Platz genommen. Nachdem Atlan den beiden Transmitterspezialisten auffordernd zugenickt hatte, ergriff Thelnbourg das Wort.

»Unsere Berechnungen haben uns zu dem Schluss geführt, dass der irreparable Schaltfehler des Sonnentransmitters weniger an den technischen Schaltungen liegt, sondern wahrscheinlich eher an einer hyperenergetischen Instabilität des gesamten Fünfeck-Sonnensystems. Wahrscheinlich überlappen sich bei Aktivierung des Transmitters verschiedene dimensional übergeordnete und differenzierte Kraftfelder, wodurch der hyperenergetische Energiehaushalt der fünf Sonnen einen Bruch erfährt.«

Er lachte, scheinbar unmotiviert, was Atlan und die beiden Oxtorner verwirrte. Sein Mitarbeiter Esto Conschex grinste nur darüber. Er kannte Thelnbourg lange genug, um zu wissen, dass er nur lachte, weil ihm plötzlich etwas eingefallen war, das er sich in seiner Phantasie ausmalte.

»Was ist daran so heiter, Professor Thelnbourg?«, erkundigte sich Powlor Ortokur verwirrt. »Ich kann jedenfalls nichts erkennen, was das ohnehin unsinnige Gefühl der Belustigung weckte.«

Conschex grinste stärker.

»Das gleiche wie Sie würde ein Stein sagen, wenn er sprechen könnte«, spottete er.

»Da Sprache nur eine Ausdrucksform des Denkens ist, müssten wir, um bei Ihrem Beispiel zu bleiben, Dr. Conschex, voraussetzen, dass ein Stein denken kann«, sagte Ortokur. »Woraus sich die Frage ergäbe, womit denn ein Stein denken sollte. Könnten Sie dazu eine Theorie vortragen?«

»Ach, lassen Sie uns in Ruhe mit Ihren Pedanterien, Spezialist Ortokur!«, brauste Conschex auf. »Sie haben genau so wenig Gefühl wie ein toter Stein!«

Ortokur blickte den Wissenschaftler verwundert an, dann hob er die rechte Hand und erklärte: »Es ist ein fundamentaler Irrtum, zu glauben, Steine wären tot. Es gibt keine tote Materie, und ...«

»Bitte!«, warf Lordadmiral Atlan mit schneidender Stimme ein. »Wir sind nicht hier, um Debatten über das Gefühlsleben von Steinen zu führen, sondern um uns die Vorschläge von Professor Thelnbourg und Dr. Conschex anzuhören.«

Er nickte Thelnbourg zu.

»Bitte, machen Sie weiter, Professor!«

Thelnbourg räusperte sich.

»Ich hatte versucht zu erklären, dass die Fehlleitung des Sonnentransmitters in erster Linie auf einer hyperenergetischen Instabilität des gesamten Fünfeck-Sonnensystems beruht«, sagte er. »Das führte dazu, dass die zweiundzwanzigtausend lemurischen Schiffe niemals im Zielgebiet ankamen.

Da aber in diesem Universum nichts verloren gehen kann, müssen die Schiffe entweder als energetische Strukturen im Hyperraum geblieben sein – oder sie rematerialisierten in so großer Entfernung von hier, dass sie weder aus eigener Kraft den Rückflug schaffen noch von Suchschiffen gefunden werden konnten.«

Er nickte seinem Partner zu.

Conschex fuhr mit den Fingerspitzen über eine Reihe von Schaltsensoren. Auf der Videowand der Hauptpositronik leuchteten Formelgruppen auf.

»Das sind die Berechnungen, die uns zu dem Schluss führten, dass der Vorgang, der zum Verschwinden der lemurischen Schiffe führte, jederzeit rekapitulierbar ist«, erklärte er. »Wenn wir also einen Körper mit ausreichend großer Masse – ungefähr in der Größenordnung eines Superschlachtschiffs – vom Gercksvira-Transmitter abstrahlen lassen, besteht die Möglichkeit, dass die Strukturtaster unseres Schiffes den Rematerialisierungs- und Wiedereintauchungsort einpeilen, wodurch sich die Koordinaten bestimmen ließen.«

Er strich sich über seinen Bart, der zweigeteilt und geflochten bis zur Gürtellinie reichte.

»Es ist natürlich nur eine Hypothese, die mein Partner und ich darauf aufgebaut haben«, erklärte er bedächtig. »Immerhin hat die Positronik eine Wahrscheinlichkeit von sechsundzwanzig Prozent dafür ausgeworfen, dass die Erde bei ihrem Transmittersprung durch die dabei entstandenen Strukturerschütterungen den Gercksvira-Transmitter aktivierte, dadurch in den Sog seiner dimensional übergeordneten Kraftfelder geriet und dort wiederverstofflicht wurde, wo auch die lemurische Flotte rematerialisierte.«

»Also könnten wir die Erde wiederfinden, wenn wir einen genügend großen Körper durch den Transmitter schicken und den Ort des Wiedereintauchens mit den Strukturtastern anpeilen!«, rief Lordadmiral Atlan erregt.

»Die Wahrscheinlichkeit dafür wurde von der Positronik mit zweiundachtzig Prozent angegeben«, sagte Thelnbourg.

Atlan sprang auf. Seine Augen leuchteten und wurden feucht, letzteres war bei Arkoniden nun einmal die Sekundärwirkung starker Erregung.

»Dann werden wir das Experiment durchführen!«, erklärte der Lordadmiral entschlossen. »In unserer Lage würde ich mich sogar an einen Strohhalm klammern.«

»Warum?«, erkundigte sich Powlor Ortokur.

»Wieso warum?«, fragte Atlan.

Der Oxtorner drehte die Handflächen nach oben und meinte: »Ein Strohhalm ist, wenn ich richtig informiert bin, ein sehr fragiles Gebilde, das als Halt denkbar schlecht geeignet ist – auch für einen Normalmenschen wie Sie, Lordadmiral.«

Atlan seufzte.

»Nehmen Sie doch nicht alles wörtlich, Ortokur«, sagte er.

»Wie soll ich es dann nehmen?«, fragte der Oxtorner wissbegierig. »Die Sprache ist doch dazu da, die Resultate von Denkvorgängen anderen Lebewesen mitzuteilen. Wer aber nicht sagt, was er denkt, sondern etwas sagt, was er gar nicht meint, ist als Gesprächspartner wertlos.«

Esto Conschex stand ebenfalls auf, vergrub die Hände in den Hosentaschen und sagte grinsend: »Spezialist Ortokur, Sie sind eine Nervensäge! ›An einen Strohhalm klammern‹ ist eine alte terranische Redewendung und bedeutet, dass jemand, der sich in großer Not befindet, auch die geringste Chance wahrnehmen wird, um sich daraus zu befreien, ganz egal, wie wenig Aussichten sich ihm bieten. Eine kleine Chance ist eben immer noch besser als gar keine Chance.«

Lordadmiral Atlan räusperte sich.

»Spezialist Ortokur, Sie sollten sich eines merken, dass nämlich feststehende Redewendungen langatmige Erklärungen ersetzen und daher ihren durchaus berechtigten Platz in der Kommunikation zwischen intelligenten Lebewesen haben. Ich schlage vor, Sie beschäftigen sich demnächst intensiv mit allen feststehenden terranischen Redewendungen, damit wir die Zeit, die uns zur Verfügung steht, optimal nutzen, anstatt sie mit Debatten zu verplempern, die nichts einbringen.«

»Ein durchaus logisch klingender Vorschlag, Sir«, antwortete Powlor Ortokur ernsthaft. »Ich werde ihn annehmen.«

Atlan atmete auf.

»Das freut mich. Und nun wollen wir überlegen, wie wir vorgehen müssen. Im Gebiet von Gercksvira treiben zahlreiche Wracks lemurischer Raumschiffe. Ich werde ein Suchkommando losschicken, das ein geeignetes Schiff in der genannten Größenordnung aufbringen soll.«

»Auf jeden Fall aber sollten wir vor dem Experiment Peschnath genau untersuchen, Lordadmiral«, wandte Conschex ein. »Außerdem brauchen wir die dort installierten Schaltanlagen für den Transmitter – falls sie noch funktionsfähig sind.«

»Einverstanden«, erwiderte Atlan. »Wir werden uns an der Expedition zum zweiten Planeten beteiligen, falls niemand hierbleiben möchte.«

»Warum sollte jemand von uns hierbleiben wollen, Sir?«, fragte Powlor Ortokur.

Atlan wollte schon antworten, besann sich dann jedoch anders.

»Kein Kommentar«, erklärte er. »Wir haben schon zuviel Zeit verredet.«

*

Nachdem Lordadmiral Atlan die Hauptpositronik beauftragt hatte, ein Untersuchungskommando zusammenzustellen, das nach einem geeigneten Wrack suchen sollte, begab er sich in die Kommandozentrale seines Flaggschiffs.

Dort bestellte er Major Brester Tenhaven zu sich, der bereits bei der Expedition zum ersten Planeten als Pilot fungiert hatte.

Tenhaven meldete sich wenige Minuten später in der Zentrale, ein noch junger Mann mit seinen achtunddreißig Jahren, schlank, durchtrainiert, gebildet und ein erstklassiger Pilot, der blitzschnell und intuitiv die richtigen Entscheidungen traf.

Atlan bot dem Major der USO-Raumflotte einen Platz an, bestellte zwei Becher Kaffee und setzte Tenhaven dann auseinander, worum es ging.