Perry Rhodan 723: Kolonie der Cyborgs - Clark Darlton - E-Book

Perry Rhodan 723: Kolonie der Cyborgs E-Book

Clark Darlton

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Beschreibung

Das Experiment von Wonderfalg - künstliche Geschöpfe als Siedler im Auftrag der Menschheit Rund 120 Jahre nach dem Tage, da Terra und Luna die Flucht ergriffen und durch den Soltransmitter gingen, gibt es längst keine vereinte Menschheit mehr, und das künftige Schicksal der im Kosmos zersplitterten einzelnen Gruppen ist ebenso ungewiss wie das Schicksal Perry Rhodans und seines Raumschiffs SOL beim Untergang von Balayndagar. Das gilt sowohl für die in der Heimatgalaxis zurückgebliebenen Terraner und ihre Nachkommen als auch für die kosmischen Flüchtlinge und deren Nachkommen. Jene Terraner, die zusammen mit dem Heimatplaneten und seinem Trabanten den großen Sprung über eine halbe Unendlichkeit wagten, sind im Mahlstrom der Sterne zwar in Sicherheit vor der Macht des Konzils, aber sie gerieten dafür fast zur Gänze in den Bannkreis der Aphilie, die sie und ihre Kinder in Geschöpfe ohne einen Funken von Nächstenliebe verwandelt hat. Die anderen - abgesehen von den Menschen und Menschenabkömmlingen, die den Laren und ihren Vollzugsorganen, den Überschweren, in die Hände fielen - wurden durch Lordadmiral Atlan und Julian Tifflor gerettet und leben als Angehörige des neugegründeten "Neuen Einsteinschen Imperiums" im Schutz der Dunkelwolke Provcon-Faust. Aber Menschen sind nicht dazu geschaffen, auf die Dauer tatenlos in einem Versteck zu leben. Sie sind gewillt, den Kampf gegen die Laren weiterzuführen, und sie schicken Expeditionen aus und starten Projekte, um fremde Hilfe zu mobilisieren. Bei einem dieser Projekte handelt es sich um die KOLONIE DER CYBORGS.

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Veröffentlichungsjahr: 2011

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Nr. 723

Kolonie der Cyborgs

Das Experiment von Wonderfalg – künstliche Geschöpfe als Siedler im Auftrag der Menschheit

von CLARK DARLTON

Rund 120 Jahre nach dem Tage, da Terra und Luna die Flucht ergriffen und durch den Soltransmitter gingen, gibt es längst keine vereinte Menschheit mehr, und das künftige Schicksal der im Kosmos zersplitterten einzelnen Gruppen ist ebenso ungewiss wie das Schicksal Perry Rhodans und seines Raumschiffs SOL beim Untergang von Balayndagar.

Das gilt sowohl für die in der Heimatgalaxis zurückgebliebenen Terraner und ihre Nachkommen als auch für die kosmischen Flüchtlinge und deren Nachkommen.

Jene Terraner, die zusammen mit dem Heimatplaneten und seinem Trabanten den großen Sprung über eine halbe Unendlichkeit wagten, sind im Mahlstrom der Sterne zwar in Sicherheit vor der Macht des Konzils, aber sie gerieten dafür fast zur Gänze in den Bannkreis der Aphilie, die sie und ihre Kinder in Geschöpfe ohne einen Funken von Nächstenliebe verwandelt hat. Die anderen – abgesehen von den Menschen und Menschenabkömmlingen, die den Laren und ihren Vollzugsorganen, den Überschweren, in die Hände fielen – wurden durch Lordadmiral Atlan und Julian Tifflor gerettet und leben als Angehörige des neugegründeten »Neuen Einsteinschen Imperiums« im Schutz der Dunkelwolke Provcon-Faust.

Aber Menschen sind nicht dazu geschaffen, auf die Dauer tatenlos in einem Versteck zu leben. Sie sind gewillt, den Kampf gegen die Laren weiterzuführen, und sie schicken Expeditionen aus und starten Projekte, um fremde Hilfe zu mobilisieren.

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Chef des NEI.

Julian Tifflor – Der Solarmarschall soll die Resultate eines Cyborg-Experiments feststellen.

Dr. Huan, Dr. Elma Hermite und Dr. Sven Stromberg – Mitglieder von Tifflors Untersuchungsteam.

Major Serganow – Kommandant des Schlachtkreuzers SPINNING WHEEL.

Helium, Meson, Neutron und Xenon – »Eingeborene« von Wonderfalg.

1.

Der Versuch Atlans, per Dakkarkom Kontakt mit Ovaron in der Galaxis Gruelfin aufzunehmen, schien fehlgeschlagen zu sein. Wieder einmal war es nicht gelungen, Verbündete gegen die Laren zu finden, die mit dem Konzil die Milchstraße beherrschten.

Doch der Untergrundkampf gegen die Laren ging weiter. In diesem Stadium der Entwicklung, die nur wenig Raum für Hoffnung ließ, entsann sich Atlan der Multi-Cyborgs, obwohl ihre bisherigen Leistungen aus Gründen, die hauptsächlich psychologischer Natur waren, kaum als positiv bezeichnet werden konnten.

Trotzdem war Atlan nicht gewillt, ihre Existenz als völlig sinnlos zu akzeptieren. Ihr Vorhandensein war eine unbestreitbare Tatsache, und wenn sie auch nur bessere Androiden waren, die dank ihres existierenden Bewusstseins und aufgrund emotioneller Befähigung unter Minderwertigkeitskomplexen litten, so konnte nicht bestritten werden, dass sie in charakterlicher Hinsicht relativ zuverlässig waren.

Letztlich war auch das der Grund dafür gewesen, dass Atlan sich vor knapp zwei Jahrzehnten zu einem Experiment entschlossen hatte, dessen Resultat noch ausstand. Um bislang noch unbekannte und lebensfreundliche Planeten für die Menschheit in Besitz zu nehmen oder zumindest als Fluchtwelten vorzubereiten, war es notwendig, sie zu erforschen und die Lebensbedingungen festzustellen. Das konnte nicht innerhalb von Monaten geschehen, dazu wurden Jahre benötigt.

Die Multi-Cyborgs hatten mehr Zeit als die Menschen, denn sie waren so gut wie unsterblich, wenn man von einer natürlichen Abnutzung einmal absah, der auch sie unterworfen waren.

Damals, vor sechzehn Jahren der immer noch gültigen Terra-Normalzeit, waren mehrere Gruppen von Multi-Cyborgs auf erdähnlichen Planeten abgesetzt worden. Das geschah aus zwei Hauptgründen: Diese Welten sollten für eine spätere Besiedlung durch Menschen vorbereitet werden, und zweitens sollte getestet werden, ob die Cyborgs befähigt waren, die Basis einer späteren Zivilisation zu errichten. Man wollte ihnen eine Aufgabe geben, für die ihre Schöpfer jetzt keine Zeit erübrigen konnten.

Aus den positronischen Unterlagen hatte sich Atlan eines dieser registrierten Experimente herausgesucht ...

*

Julian Tifflor, der Chef des eben gestarteten Unternehmens, erinnerte sich noch zu genau an die letzte Konferenz vor Beginn der Vorbereitungen. Das lag nun schon fast zwei Wochen zurück. Außer ihm und Atlan waren noch einige Wissenschaftler, darunter der Kosmopsychologe Dr. Huan, die Kosmobiologin Dr. Elma Hermite und der Flottenkommandant Major Serganow anwesend. Niemand wusste, worum es ging.

In kurzen Worten rief Atlan ihnen das vor sechzehn Jahren begonnene Experiment ins Gedächtnis zurück und schloss: »Wir haben eine Atempause, denn ich glaube, die Laren sind mit ihren eigenen Problemen vollauf beschäftigt. Sie kümmern sich nicht besonders um uns. Ich halte es daher für opportun, dass wir uns um das Ergebnis des Versuchs kümmern, dessen Ausgang uns nicht gleichgültig sein kann. Die auf dem Planeten Wonderfalg ausgesetzten Mucys haben Gelegenheit gehabt, sich zu bewähren – oder zu versagen. Julian, ich möchte Sie mit der Aufgabe betrauen, das eine oder andere herauszufinden. Ihnen zur Seite stehen erfahrene Wissenschaftler und Major Serganow, der Kommandant der SPINNING WHEEL, einem Fünfhundert-Meter-Schlachtkreuzer mit Explorereigenschaften. Fliegen Sie zum System Sahlenbeer und finden Sie heraus, was auf dem zweiten Planeten geschehen ist. Sie starten in genau acht Tagen. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.«

Das war alles gewesen.

Es war auch genug.

Julian Tifflor hatte sich weniger um die eigentlichen Start- und Ausrüstungsvorbereitungen gekümmert als vielmehr um die Daten, die vor sechzehn Jahren gespeichert worden waren. Er wollte alles über die damaligen Vorgänge wissen, um nicht völlig unvorbereitet in eine ausweglose Situation zu geraten. Die Mucys, wie man die Multi-Cyborgs bezeichnete, hatten sich ohne Hilfe auf einer fremden Welt zurechtfinden müssen, obwohl sie bisher stets auf die Unterstützung und den Rat der Menschen angewiesen waren. Rat übrigens, den sie nie haben wollten und dessen Annahme ihr labiles Selbstbewusstsein empfindlich belastete.

Doch im Fall Wonderfalg waren sie gezwungen worden, auf eigenen Füßen zu stehen, wie sie es immer verlangt hatten. Echte Partner, die sie sein wollten, durften nicht von Komplexen geplagt werden.

Als Julian Tifflor die vorhandenen Unterlagen studiert hatte, begann er zu ahnen, dass seine Aufgabe nicht so leicht war, wie er im ersten Augenblick gedacht hatte. Aus den Mucys konnte alles mögliche geworden sein, nur keine echten Partner des Menschen ...

Daran musste er jetzt denken, als er in seiner Kabine auf dem Bett lag und wusste, dass der Planet Gäa in der Provcon-Faust schon tausend Lichtjahre entfernt war. Das eigentliche Ziel selbst, die rote Sonne Sahlenbeer, stand noch fast sechstausend Lichtjahre vor der SPINNING WHEEL in der mittleren Zentrumszone der Galaxis.

Die Mucys als echte Partner des Menschen – Julian Tifflor kam nicht mehr von dem Gedanken los. Wenn das Experiment positiv verlaufen war, konnten die Cyborgs überall auf Welten, die von den Laren kontrolliert wurden, eingeschleust werden. Sie würden eine unschlagbare Guerillatruppe bilden, die dem Konzil großen Schaden zufügen konnte.

Wenn ... ja, eben dieses Wenn war die große Unbekannte.

Der Interkom summte. Huan, der Kosmopsychologe, erschien auf dem kleinen Bildschirm.

»Störe ich, Tifflor?«

»Absolut nicht, ich schlief nicht. Was gibt's?«

Es kam nur selten vor, dass jemand die Ruhepause des anderen störte, wenn dieser sich in seine Kabine zurückgezogen hatte, und schon gar nicht, wenn dieser andere der Chef des Unternehmens war. Es mussten schon gewichtige Gründe vorliegen.

»Eigentlich nicht viel, aber ich habe endlich Gelegenheit gehabt, die Unterlagen über die Mucys genauer zu studieren. Psychologisch betrachtet, scheinen sie ja interessanter als der Mensch zu sein.«

»Zumindest vielseitiger«, gab Tifflor zu. »Sie haben einen Minderwertigkeitskomplex, und darum musste man ihnen helfen.«

»Das ist genau das, was sie nicht wollten, Tifflor. Aus diesem Grund schickte man sie nach Wonderfalg, wo sie sich allein und auf eigenen Füßen stehend weiterentwickeln sollten. Ob ihnen das gelungen ist – nun, wir werden ja sehen.«

Tifflor gähnte hinter der vorgehaltenen Hand.

»War das alles, was Sie mir sagen wollten?«

Huan machte ein erschrockenes Gesicht.

»Eigentlich ja ... nun habe ich Sie doch gestört. Tut mir leid, Tifflor, aber Sie müssen verstehen, dass mich die Unruhe und Neugier gepackt hat, was aus dem Experiment wurde. Ich musste mir irgendwie Luft machen. Verzeihen Sie mir, bitte.«

»Schon gut, mir geht es ähnlich. Aber bald werden wir mehr wissen. In zwei Tagen oder früher erreichen wir unser Ziel ...«

Er schaltete den Interkom ab. Das Bild erlosch.

Im Linearraum stieß das Schiff in die Unendlichkeit des Kosmos vor, die dem Menschen noch vor anderthalb Jahrtausenden als unerreichbar erschienen waren. Obwohl primitive Raumschiffe schon damals bis zum Mond und den Planeten des Sonnensystems gelangten, gab es immer wieder konservativ denkende Wissenschaftler, für die das Wort »Unmöglich« eine faszinierende Bedeutung besaß, während andere es längst aus ihrem Wortschatz gestrichen hatten. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, dass der Mensch der Zukunft seine Fähigkeiten für andere Dinge als Krieg und Verbrechen einsetzte und so den Ausgangspunkt für eine ungeahnte Zukunft schuf.

Sie hatten immer wieder auf die große Entfernung zwischen den Sternen verwiesen und dabei vergessen, dass nur ein paar hundert Jahre zuvor die Reise von Kontinent zu Kontinent eine halbe Lebensaufgabe gewesen war. Die magische Grenze war die Lichtgeschwindigkeit gewesen, die ihrer Ansicht nach niemand überschreiten konnte. Und wiederum knapp hundert Jahre zuvor prophezeite man den Tod eines Menschen, wenn er sich schneller als hundert Kilometer in der Stunde voranbewegte.

Dann führten diese bedauernswerten Zweifler die Zeit ins Feld des Meinungskampfes. Die Zeit, so sagten sie, ließe sich erst recht nicht überwinden, denn gegen sie sei der Mensch machtlos.

Wie hätten sie ohne Phantasie auch ahnen können, dass es gerade die großen Entfernungen zwischen den Sternen und das Überschreiten der Lichtgeschwindigkeit war, die die Zeit dem Menschen untertan machte? Viele von ihnen nannten ihr Wirken Forschen und Fortschritt, aber in Wirklichkeit hemmten sie in ihrer Phantasielosigkeit nur jene, die Mut zum Weiterdenken hatten.

An all diese Dinge musste Julian Tifflor jetzt denken, als die Entfernungen, in Lichtjahre gemessen, an dem Schiff vorbeiglitten und zurückblieben. Dank seines Zellaktivators hatte er die Anfänge des Solaren Imperiums noch miterleben können, das heute nur noch im Untergrund existierte.

Das Konzil und seine Vertreter, die Laren, hatten die Vormachtstellung der Terraner in der Milchstraße zuerst erschüttert und dann so gut wie beendet. Perry Rhodan hatte die Erde versetzt und galt als verschollen. Seit Jahrzehnten hatte niemand mehr von ihm gehört, wenn auch niemand gewillt war, die Hoffnung aufzugeben. Die Geschichte der Menschheit, das wusste Julian Tifflor, war noch nicht zu Ende ...

*

Auf dem großen Panoramaschirm glühte dunkelrot die riesige Sonne Sahlbeer. Nach und nach kamen die Messwerte herein, wurden registriert und gespeichert. Das Schwerefeld des nur wenig Wärme abgebenden Sterns war ungewöhnlich groß und hielt insgesamt fünf Planeten, von denen nur der zweite günstige Lebensbedingungen aufwies. Die anderen waren entweder glutflüssig oder zu kalt.

Der zweite Planet war Wonderfalg.

Die mittlere Entfernung zur roten Sonne Sahlenbeer betrug 92 Millionen Kilometer, was relativ gering erscheinen mochte, aber die hohe Umlaufgeschwindigkeit glich die Wirkung der Anziehungskraft wieder aus. Immerhin bewirkte die nicht sehr große Entfernung vom Muttergestirn, dass der Planet genügend Wärmeeinstrahlung erhielt.

Schon wegen seiner enorm hohen Bahngeschwindigkeit und der starken Ekliptik konnte Wonderfalg als interessant und außergewöhnlich bezeichnet werden. Hinzu kam die geringe Rotationsdauer von nur 17,774 Stunden, was kurze Tage und Nächte bedeutete. Entsprechend hatte sich die Vegetation und Tierwelt entwickelt.

Die Schwerkraft betrug 0,92 Gravos, der Durchmesser 14.936 Kilometer. Der Wechsel der Jahreszeiten musste extrem sein und in schneller Folge vonstatten gehen.

Die Daten der Oberflächenbedingungen brachten noch weitere und zum Teil recht erstaunliche Resultate. Fauna und Flora konnten erst vor einer Million Jahren entstanden sein und hatten sich ungewöhnlich schnell entwickelt. Das musste zur Folge haben, dass Urarten noch heute existierten und neben den jetzigen Erscheinungsformen lebten. Der Kampf ums Dasein würde demnach mit aller Härte geführt werden.

Das galt auch für die Pflanzen, die das Land wie ein dicker Teppich bedeckten. Es gab keine richtigen Meere, aber dafür Tausende großer Seen. Die Wasserflächen überwogen trotzdem. Kontinente im üblichen Sinne waren keine vorhanden.

Als Tifflor wieder auf den Bildschirm blickte und weit von dem roten Stern entfernt in der Zerrvergrößerung einen winzigen Lichtpunkt entdeckte, der nichts anderes als Wonderfalg sein konnte, begann er zu begreifen, warum Atlan damals ausgerechnet diesen wilden, schönen Planeten für das Experiment mit den Mucys ausgesucht hatte.

Langsam nur drang die SPINNING WHEEL in das System ein. Zwar hatte die Datenauswertung keine Anzeichen einer modernen Zivilisation ergeben, aber das bedeutete nicht viel. Man musste damit rechnen, dass die Cyborgs den Aufbau ihrer eigenen Zivilisation geheim hielten, denn sie kannten ja die Gefahren, die ihnen aus dem Weltall drohten. Die Suchschiffe der Laren, und besonders jene ihrer Verbündeten, der Überschweren, waren überall und forschten die Kolonialwelten der Terraner aus. Um unbewohnte Planeten kümmerten sie sich kaum.

Allmählich rückte die rote Sonne aus dem Bereich des Panoramaschirms, in dessen Mitte Wonderfalg langsam größer und deutlicher wurde. Nun wurde auch das optisch erkennbar, was zuvor nur als Messwert vorhanden gewesen war. Ein gesprenkelter Ball, dessen Oberfläche nur von vereinzelten Wolken verdeckt wurde. Land und Wasserflächen. Üppige, dichte Urweltvegetation.

Und noch immer keine Anzeichen einer systematischen Besiedlung oder gar einer technisch fortgeschrittenen Zivilisation.

Sollten die Mucys ihren ursprünglichen Auftrag vergessen haben?

Major Serganow schüttelte den Kopf.

»Das verstehe ich nicht, Tifflor. Sie haben sechzehn Jahre Zeit gehabt, und ihnen standen alle nur denkbare Mittel zur Verfügung. Nichts hätte sie daran hindern können, zumindest eine Siedlung aufzubauen, wie sie es hätten tun sollen. Immerhin handelt es sich um insgesamt neunhundert Mucys.«

»Zahlenmäßig nicht viel, aber wenn man bedenkt, dass sie physisch praktisch unermüdlich und nicht klein zu kriegen sind, wenn man von Katastrophen und Unglücksfällen absieht, leisten sie mehr als zweitausend Menschen. Ich schlage vor, wir gehen in eine Umlaufbahn und beobachten weiter. Wir nehmen erst dann eine Landung mit einigen Beibooten vor, wenn wir etwas entdecken.«

Drei Stunden später erreichte die SPINNING WHEEL die errechnete Umlaufbahn. Der Antrieb kam zur Ruhe. Unter dem Schiff drehte sich langsam die Oberfläche von Wonderfalg und gab jeden Fleck seiner Oberfläche den empfindlichen Beobachtungsinstrumenten preis. Das vergrößerte Bild dessen, was sie fanden, wurde auf dem Panoramaschirm sichtbar.

Elma Hermite, die Biologin, gesellte sich zu den Männern in der Kontrollzentrale. Sie kannte die Daten und Messwerte. Sie gab sich keine Mühe, ihr Erstaunen und ihr Interesse zu verbergen.

»Eine einmalige Studiengelegenheit«, sagte sie, als im Gespräch eine kurze Pause eintrat. »Die Entwicklung von fünfhundert Millionen Jahren zusammengepresst auf eine Million.«

»Die Entstehung des Lebens im Zeitraffertempo«, nickte Tifflor ihr zu und lächelte. »Ich verstehe, dass Sie das fasziniert. Aber wir sind aus einem anderen Grund hier, wie Sie wissen.«

Elma Hermite war noch relativ jung und sah gut aus. Ihr dunkles Haar war kurzgeschnitten und passte glänzend zu ihrer schlanken Figur, die hautnah von der Bordkombination umschlossen wurde. Sie wirkte ein wenig verlegen, als sie antwortete: »Natürlich weiß ich das, Julian Tifflor, aber vielleicht ergibt sich eine Situation, in der das Studium der auf Wonderfalg stattgefundenen Entwicklung von äußerster Wichtigkeit wird. Sicherlich haben die natürliche Umgebung des Planeten und die vorhandenen Lebensbedingungen einen nicht geringen Einfluss auf das Verhalten der Mucys ausgeübt. Um die Gründe eines Resultats zu erfahren, muss man auch die Ursachen für diese Gründe erkennen.«

»Sie ist ein kluges Mädchen«, stellte Dr. Huan trocken fest.

»Das bezweifle ich nicht«, gab Tifflor zu. »Wäre sie sonst an Bord der SPINNING WHEEL? Möchten Sie bei der ersten Landeexpedition dabei sein, Elma?«

»Ich wollte Sie gerade darum bitten«, gab sie zurück und lächelte zum ersten Mal.

Es machte sie noch hübscher. Tifflor beschloss, sie in Zukunft noch öfter zum Lächeln zu bringen, und er ahnte in diesem Augenblick noch nicht, dass er bald Gelegenheit dazu erhalten sollte. In einer Situation allerdings, in der ein kleines Lächeln und ein wenig Optimismus zur Lebensnotwendigkeit wurde.

Der Kommandant nahm Kontakt zum Hangar auf und ordnete die Startvorbereitungen für zwei Beiboote an. In diesem Fall dienten sie als gut ausgerüstete Landefähren mit Verpflegung für mehrere Wochen.

Dr. Sven Stromberg erschien in der Zentrale und betrachtete den Planeten mit skeptischen Blicken. Als er Tifflors fragenden Blick registrierte, meinte er: »Ich kann noch nichts sagen. Aber wenn mich mein erster Eindruck nicht täuscht, bekomme ich da unten eine Menge Arbeit.«

Stromberg war Kolonialexperte und Entwicklungshelfer.

»Das kann schon sein. Aus diesem Grund möchte ich Sie bitten, sich der ersten Landeexpedition anzuschließen. Ich selbst führe das kleine Kommando, außerdem begleiten uns Dr. Hermite und Dr. Huan. Die weiteren Teilnehmer werden noch bekanntgegeben.«

»Und ich hocke hinter dem Bildschirm!«, maulte Serganow.

»Das ist zu befürchten«, nickte Tifflor ihm zu und grinste.

Nach etwa zehn weiteren Umrundungen stand endgültig fest, dass es auf Wonderfalg keine feste Siedlung gab. Lediglich in der Nähe der Mündung eines Flusses, der aus den Bergen kam, hatte man einige primitive Hütten entdecken können.

Das war alles.

Das Gebiet wurde beim nächsten Überflug kartographiert. Es handelte sich um ein Urwaldgebiet, durch das der Fluss sich wand. Dazwischen gab es Lichtungen und Steppen, die wiederum von hohen Bergen begrenzt wurden. Der Fluss mündete in einen der großen Seen, die wie kleine Meere wirkten.

Die Hütten – es waren nur wenige – standen am Rande einer Lichtung, dicht beim Ufer des Flusses. Die Vergrößerung zeigte eine rohe Bauweise aus unbearbeiteten Baumstämmen und Dächer aus Blättern.

»Eingeborene ...?«, fragte Stromberg voller Zweifel. »Es sieht ganz nach Eingeborenen aus, nicht nach den Cyborgs. Aber warum dann nur an dieser Stelle, sonst nirgendwo?«