Perry Rhodan 771: Rückkehr der Sol - H.G. Francis - E-Book

Perry Rhodan 771: Rückkehr der Sol E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Sie landen auf dem Planeten der Frauen - mit einem Todesbringer an Bord Die Erwartungen, die Perry Rhodan nach vierzigjähriger Weltraumodyssee an die Rückkehr in die Heimatgalaxis der Menschheit knüpfte, wurden bitter enttäuscht. Denn es kam zu Missverständnissen mit Atlan, dem Chef des Neuen Einsteinschen Imperiums, und zu politischen Zerwürfnissen über die Vorgehensweise gegen die Laren, die die Galaxis nach wie vor beherrschen. Obwohl sogar ein offener Konflikt zwischen dem Terraner und dem Arkoniden, den beiden alten Freunden, auszubrechen drohte, siegte letztlich die Vernunft. Und während eine Delegation der Kelosker im Lager des Gegners zurückbleibt, um den 80-Jahresplan, den Befreiungsplan vom Joch der Laren, voranzutreiben, verlässt die SOL Anfang des Jahres 3582 wieder die Galaxis. Atlan ist mit an Bord, als das mächtige Raumschiff zu seiner langen Reise zum Mahlstrom der Sterne aufbricht, wo man Terra zu finden hofft. Der Rückflug geht viel schneller vonstatten, und im April 3582 ist es soweit! Perry Rhodans Generationenschiff erreicht den Mahlstrom der Sterne - doch die Erde ist durch den Schlund gegangen und verschwunden. Nichtsdestotrotz findet man Menschen - und zwar auf dem Planeten der Frauen, der nun für die Solaner zur Zwischenstation wird, zum Ausgangspunkt einer neuen, langwierigen Suche. Und diese Suche beginnt mit der RÜCKKEHR DER SOL ...

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Nr. 771

Rückkehr der SOL

Sie landen auf dem Planeten der Frauen – mit einem Todesbringer an Bord

von H. G. FRANCIS

Die Erwartungen, die Perry Rhodan nach vierzigjähriger Weltraumodyssee an die Rückkehr in die Heimatgalaxis der Menschheit knüpfte, wurden bitter enttäuscht. Denn es kam zu Missverständnissen mit Atlan, dem Chef des Neuen Einsteinschen Imperiums, und zu politischen Zerwürfnissen über die Vorgehensweise gegen die Laren, die die Galaxis nach wie vor beherrschen.

Obwohl sogar ein offener Konflikt zwischen dem Terraner und dem Arkoniden, den beiden alten Freunden, auszubrechen drohte, siegte letztlich die Vernunft. Und während eine Delegation der Kelosker im Lager des Gegners zurückbleibt, um den 80-Jahresplan, den Befreiungsplan vom Joch der Laren, voranzutreiben, verlässt die SOL Anfang des Jahres 3582 wieder die Galaxis.

Atlan ist mit an Bord, als das mächtige Raumschiff zu seiner langen Reise zum Mahlstrom der Sterne aufbricht, wo man Terra zu finden hofft.

Der Rückflug geht viel schneller vonstatten, und im April 3582 ist es soweit! Perry Rhodans Generationenschiff erreicht den Mahlstrom der Sterne – doch die Erde ist durch den Schlund gegangen und verschwunden.

Nichtsdestotrotz findet man Menschen – und zwar auf dem Planeten der Frauen, der nun für die Solaner zur Zwischenstation wird, zum Ausgangspunkt einer neuen, langwierigen Suche.

Die Hauptpersonen des Romans

Mayk Terna – Administratorin von Ovarons Planet.

Kayla Hildenbrandt – Commander der Ovaron-Streife.

Janak Raydoc – Ein Leutnant wird »verführt«.

Reginald Bull und Roi Danton – Die beiden Terraner betätigen sich in psychologischer Kriegführung.

Perry Rhodan

1.

Der Rotbock warf den Kopf misstrauisch in den Nacken und sog die kalte Morgenluft durch die Nüstern ein.

Welker Kora zögerte. Er wusste, dass es verboten war, diese Tiere zu erlegen. Sie waren vom Aussterben bedroht. Eine schier unbegreifliche Tatsache auf einer Welt wie Ovarons Planet, auf der noch über sechzig Prozent der Oberfläche unerforscht war. Kora überwand seine Hemmungen und drückte ab. Lautlos rasten die Paralysestrahlen auf das Tier zu und fällten es so plötzlich, dass es schien, als habe man ihm die Beine unter dem Leib weggerissen.

Die Natur wurde nicht gestört. Der Schuss schreckte keine anderen Tiere auf. Es gab nur ein Opfer.

Der Neutrinoingenieur schob den Strahler in den Gürtel zurück und ging langsam zu dem Bock hinüber, um ihn mit zwei Messerstichen in den Hals zu töten. Als er den Kadaver ausweidete, hörte er, dass Zweige hinter ihm brachen. Erschreckt fuhr er herum. Unter den blauschimmernden Bäumen stand eine massige Gestalt. Sie war über zwei Meter hoch und wog sicherlich mehr als 160 Kilo. Dennoch waren die weiblichen Formen nicht zu übersehen.

Kora wich unwillkürlich zurück. Zwei eisgraue Augen blickten ihn zornig an.

»Wissen Sie nicht, junger Mann, dass Sie ein Verbrechen begangen haben? Wer einen Rotbock schießt, muss mit einer Strafe von wenigstens einem Jahr rechnen. Wissen Sie, was das bedeutet?«

Kora wich noch einen Schritt zurück.

»Ein Jahr. Das heißt hier bei uns, dass Sie ein Jahr lang in Paralyse leben müssen. Man gewährt Ihnen täglich nur anderthalb Stunden Bewegung, damit Ihr Organismus lebensfähig bleibt. Danach werden Sie wieder paralysiert. Bei wachem Geist, aber gelähmten Körper haben Sie dann Gelegenheit, über Ihr Verbrechen nachzudenken.«

Die Frau spuckte aus und strich sich das fettige Haar aus der Stirn. Ihre Haut war grobporig.

Welker Kora hob abwehrend eine Hand. Er war nur knapp 1,50 m groß und außerordentlich schmächtig. »Ich habe von alledem nichts gewusst«, beteuerte er stammelnd. »Glauben Sie mir, ich habe nicht geahnt, dass es auf dieser Welt verboten sein könnte, irgendein Tier zu schießen. Hier gibt es doch soviel Wild, dass keine Tierart vom Aussterben bedroht sein kann.«

»Aha«, sagte Verris Kishtan. Ihre Augen verengten sich. Sie hob den Energiestrahler, den sie in der linken Hand hielt, etwas höher. »Du weißt also genau, worum es geht.«

»Wieso?«

»Du erwähntest, dass eine Tierart vom Aussterben bedroht sein könnte. Nun, genau das ist bei den Rotböcken der Fall. Tut mir leid, Kleiner. Das kostet dich ein Jährchen.«

»Das ist ... das ist unmenschlich«, sagte Kora mit stockender Stimme.

Die Lippen der Frau entspannten sich, als sie näher an ihn herantrat. Von oben herab blickte sie ihn forschend an, und ein seltsames Licht erhellte ihre wässrigen Augen. Sie streckte die rechte Hand aus und fuhr ihm damit tapsig über den Kopf.

»Du bist ein hübscher Junge«, stellte sie mit heiserer Stimme fest.

Er wich vor ihr zurück.

»Was soll das?«

Sie folgte ihm, wobei sie den Energiestrahler auf seine Brust richtete. Sie lächelte und entblößte dabei eine lückenhafte Reihe gelber Zähne.

»Sei vernünftig, Junge«, bat sie. »Man kann über alles reden.«

»Ich verstehe immer noch nicht«, sagte er. Er geriet mit dem Rücken gegen einen Baum und blieb stehen. Vergeblich versuchte er, ihr auszuweichen.

»Sei doch nicht so dumm«, sagte sie. »Ich kann dich anzeigen. Dann wirst du ein Jahr lang immer wieder paralysiert. Wir könnten aber auch ... heiraten. Dann würde ich alles vergessen.«

Er schnappte nach Luft, als sei ihm ein Frosch in den Hals geraten. Mit hervorquellenden Augen blickte er zu ihrem massigen Gesicht auf.

»Hei-heiraten?«

»Natürlich«, bestätigte sie und nickte so kräftig mit dem Kopf, dass ihr das fettige Haar ins Gesicht fiel. »Das ist doch die natürlichste Sache der Welt. Oder nicht?«

»Ja«, antwortete er. »Ja, ja.«

»Na also. Ich sehe, du bist ganz vernünftig.« Sie beugte sich tiefer über ihn und schob den Energiestrahler in den Gürtel zurück. Er sank in die Knie, schnellte sich zur Seite und entging so ihren Lippen. Sie griff nach ihm, konnte ihn jedoch nicht packen.

»Was ist denn, Kleiner?«, fragte sie verstört. »Hast du etwas gegen einen kleinen Flirt?«

»Überhaupt nicht«, erwiderte er. »Aber muss das hier sein?«

»Hier im Wald ist es doch richtig romantisch.« Sie stapfte wie ein Bär auf ihn zu. »Nun komm schon.«

»Der Himmel sei mir gnädig«, sagte er stöhnend und wich vor ihr zurück.

»Wie meinst du das?« Ihr Gesicht rötete sich.

»Verflucht noch mal, bevor ich mich mit dir Fettwanst einlasse, will ich mich lieber für ein Jahr paralysieren lassen«, schrie Welker Kora.

Verris Kishtan erbleichte. Ihre Kinnlade sackte nach unten.

»Ich finde solche Witze gar nicht lustig«, sagte sie enttäuscht.

Der Ingenieur warf sich herum und flüchtete in den Wald hinein.

»Bleib hier«, brüllte die Frau. Sie rannte hinter ihm her. Ihr Atem ging laut und keuchend. »Stehenbleiben. Hörst du nicht?«

Kora brach durch das Unterholz. Panik hatte ihn ergriffen. Immer wieder blickte er über die Schulter zurück. Voller Entsetzen stellte er fest, dass die Frau trotz ihrer ungeheuren Leibesfülle viel schneller war als er.

»Ich kriege dich doch«, rief sie wütend. »Ich werde dich zwingen, mein Mann zu sein.«

»Davor bewahre mich die Hölle.«

Welker Kora wich einigen stacheligen Pflanzen aus und wandte sich nach rechts, wo der Boden leicht abfiel.

»Nicht da entlang«, schrie Verris Kishtan. »Nein. Bleib stehen.«

Der Ingenieur hörte nicht. Er wollte zu seinem Gleiter, mit dem er zur Jagd aufgebrochen war. Er glaubte, gerettet zu sein, wenn er mit ihm starten konnte. Wer sollte ihm später noch etwas beweisen können? Dann stand Aussage gegen Aussage.

»Vorsicht, Junge!« Die Stimme der Frau überschlug sich fast. »Du läufst direkt auf einen Abhang zu. So höre doch!«

Die Frau schnellte sich mit unglaublicher Kraft durch das Unterholz, wobei sie es viel schwerer hatte als er, voranzukommen. Während er sich nur zu bücken brauchte, um unter dickeren Ästen hindurchzukriechen, musste sie diese durchbrechen oder sich auf dem Bauch hindurchschieben.

»Da ist wirklich ein Abhang«, warnte sie. »Vergiss, was ich dir gesagt habe. Ich will dich nicht heiraten. Bleib nur stehen.«

Welker Kora lachte höhnisch. Er glaubte, es geschafft zu haben, als der Wald lichter wurde. Er floh mit weiten Sprüngen vor der Frau her. Dabei blickte er über die Schulter zurück.

»Nein«, kreischte sie.

Welker Kora rutschte aus. Er warf sich herum und sah den gähnenden Abgrund vor sich. Etwa fünfhundert Meter unter ihm schlängelte sich ein Fluss durch eine Schlucht. Der Ingenieur griff nach den Zweigen der Bäume, verfehlte sie jedoch. Sein grauenhafter Schrei hallte von den Felswänden wider.

Verris Kishtan eilte bis an den Rand der Schlucht. Ihre Augen waren vor Entsetzen geweitet, als sie in die Tiefe blickte. Sie sah den Körper des Mannes, der sich immer wieder überschlug, bis er irgendwo weit unter ihr verschwand.

»Das wollte ich nicht«, stammelte sie. Ihre Knie gaben unter ihr nach, und sie sank ins Gras. Schluchzend klammerte sie sich an einige Zweige. Sie blickte erst auf, als sie das jaulende Signal einer Ovaron-Streife vernahm. Sie fuhr herum, stieß sich hastig vom rutschigen Grund ab und versuchte, ins Unterholz zu entkommen. Doch der rote Gleiter raste bereits heran und verharrte dicht vor ihr.

»Bleiben Sie, wo Sie sind«, rief der Pilot über Lautsprecher.

Verris Kishtan zuckte zusammen. Zitternd kauerte sie sich auf den Boden. Sie sah den schäumenden Fluss unter sich und verspürte ein nahezu unwiderstehliches Verlangen, in die Tiefe zu springen.

Der Gleiter schwebte heran und schob sich mit seinem Bug über die abfallende Kante. Verris Kishtan stand auf und wich weiter zurück. Die Maschine schwenkte herum, so dass sie den Abgrund mit ihrer ganzen Breite verdeckte. Eine Polizistin stieg aus. Sie trug den roten Hut und die rote Jacke eines Commanders der Ovaron-Streife. Ihre schlanken Beine steckten in hautengen, schwarzen Hosen. Kishtan fühlte Neid und Hass in sich aufkommen. Diese Frau war betörend schön. Warum war sie nicht ebenso großzügig von der Natur bedacht worden?

»Name?«

»Verris Kishtan. Schlachter. 29 Jahre alt. Wohnhaft in Hildenbrandt.«

»Was haben Sie hier draußen gesucht?«

»Ich war auf der Flatterhahnjagd. Mein Gleiter steht dort hinten.«

»Ich habe den Mann in die Tiefe stürzen sehen«, erklärte der Commander mit schneidend scharfer Stimme. »Bevor ich zu Ihnen gekommen bin, habe ich seine Leiche aufgesucht und fotografiert. Er ist hier durch das Unterholz geflüchtet. Die Spuren sind nicht zu übersehen.«

Sie zeigte auf die zerbrochenen Zweige und das zerquetschte Moos, kehrte in den Gleiter zurück und holte eine Infrarotkamera daraus hervor. Damit ging sie an Verris Kishtan vorbei und verfolgte den Fluchtweg, den Welker Kora genommen hatte. Minuten später konnte sie ihre Aufnahmen auf dem Videoschirm des Gleiters betrachten. Verris Kishtan stand mit hängenden Schultern dabei und schwieg.

»Es ist alles eindeutig«, sagte die Polizistin. »Sie haben den Mann beim Wildern überrascht. Dann haben Sie ihm ein Angebot gemacht. Sie haben einen Annäherungsversuch gemacht, auf den er nicht eingegangen ist. Sie haben nicht begriffen, dass sein Nein endgültig war. Sie haben ihn weiter bedrängt und wahrscheinlich gar erpresst. Sie wollten ihn anzeigen, wenn er nicht Ihr Mann werden wollte. Ist das richtig?«

Verris Kishtan erbleichte. Sie nickte zögernd.

»Er ist vor Ihnen geflüchtet. Er wollte zu seinem Gleiter und damit verschwinden. Sie haben ihn verfolgt und ihn in die Schlucht getrieben.«

»Aber das wollte ich gar nicht. Ich habe versucht, ihn zurückzuhalten.«

»Tatsache ist, dass der Mann in die Schlucht gestürzt und nun tot ist«, stellte die Polizistin unnachsichtig fest. »Sie wissen, was das bedeutet?«

Sie beugte sich ungerührt in den Gleiter und drückte einige Tasten.

»Der Zentralcomputer von Hildenbrandt hat mitgehört. Bitte, warten Sie auf das Urteil, Miss Kishtan.«

Verris Kishtan sank auf die Knie und umklammerte die Beine des Commanders.

»Nein, tun Sie das nicht«, rief sie.

»Ich muss meine Pflicht tun, und ich habe nicht das Recht, Sie anders zu behandeln als andere, die ein Verbrechen begangen haben.«

»Verbrechen?«

»Sie haben einen Mann getötet!«

»Es war ein Unglücksfall.«

»Das spielt keine Rolle.«

»Bitte, begnadigen Sie mich.«

»Sie wissen, dass ich das nicht kann. Die Ovaron-Streife ist dazu nicht befugt. Sie wissen, was Sie zu erwarten haben?«

»Ich weiß es«, antwortete Verris Kishtan. »Es ist grausam und unmenschlich.«

»Bei der Volksabstimmung haben sich über 80 Prozent für diese Regelung ausgesprochen.«

»Es ist dennoch grausam und sinnlos«, erklärte die Angeklagte. »Ich habe immer daran geglaubt, dass eine Regierung, die von Frauen gebildet wird, menschlicher und anständiger ist als eine, die nur von Männern gebildet wird. Aber das ist ein Irrtum. Frauen sind nicht anders als Männer, wenn sie Macht haben.«

»Es hat keinen Sinn, mit mir zu diskutieren«, erwiderte der Commander. »Ich bin nur ausführendes Organ. Und ich wiederhole: 80 Prozent aller Frauen auf Ovarons Planet haben sich dafür ausgesprochen, dass eine Frau sterben muss, die am Tod eines Mannes schuldig ist.«

»Aber ich bin nicht schuldig«, protestierte Kishtan.

»Wirklich nicht? Prüfen Sie sich selbst. Ganz ehrlich und nüchtern, wenn Sie das können. Dann werden Sie Ihre Schuld erkennen.«

Aus dem Gleiter ertönte ein Glockenzeichen.

Verris Kishtan sank in sich zusammen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Wie aus weiter Ferne hörte sie die Worte, die aus dem Lautsprecher kamen und von der zentralen Positronik in der Hauptstadt Hildenbrandt formuliert wurden: »Verris Kishtan ist für schuldig befunden worden. Sie ist für den Tod eines Mannes verantwortlich. Dieser Mann ist inzwischen als Neutrino-Ingenieur Welker Kora von der PHARAO identifiziert worden. Anhand des Filmmaterials konnte festgestellt werden, dass die Angeklagte das Opfer in den Abgrund getrieben hat. Dabei ist unwesentlich, ob die Tat absichtlich oder unabsichtlich geschah. Entscheidend ist allein, dass der Mann Welker Kora tot ist. Das Urteil nach Paragraph 1075 Ovaron-Ordnung: Verris Kishtan soll den gleichen Tod sterben wie Welker Kora. Leben um Leben. So wie es in der Volksabstimmung vom 10. 10. 3560 verlangt wurde. Eine Gerichtsverhandlung findet nicht mehr statt, da die vorhandenen Fakten eine klare Verurteilung durch die Zentralpositronik erlauben. Ovarons Planet, Hildenbrandt am 14. 4. 3582.«

»Nein«, sagte Verris Kishtan ächzend. »Ich will nicht. Ich will nicht. Bitte, lassen Sie mich laufen, Commander.«

Die Polizistin war ebenfalls blass geworden, obwohl sie mit einem solchen Urteil gerechnet hatte.

»Ich muss es tun, Verris Kishtan. Das wissen Sie genau. Ich bin dem Gesetz verpflichtet.«

»Wird dadurch der Mann wieder lebendig?«, fragte die Verurteilte schrill.

»Nein, aber das ändert überhaupt nichts an meinen Pflichten. Ich hasse mich selbst für das, was ich tun muss, aber ich kann nicht anders. Verzeihen Sie mir, Verris.«

»Wie heißen Sie?«

»Kayla Hildenbrandt.«

»Hildenbrandt? Nun, Sie sollen wissen, dass ich Ihnen nicht verzeihe. Ich verfluche Sie in die tiefste Hölle des Universums.«

Der Commander zog den Paralysator aus dem Gürtel.

»Schließen Sie die Augen«, befahl sie.

Verris Kishtan gehorchte. Ihre Lippen zuckten.

»Bitte, tun Sie es nicht«, flehte sie.

Kayla Hildenbrandt löste den Paralysator aus. Kishtan stürzte zu Boden. Der Commander stieg in den Gleiter und zog die Verurteilte mit Hilfe eines Antigravstrahlers über die Kante des Abhangs hinaus. Sie schaltete die Kamera ein, und dann hob sie das Antigravfeld auf, das Verris Kishtan hielt. Die Verurteilte stürzte in die Tiefe.

Kayla Hildenbrandt senkte den Kopf. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie blickte nicht auf den Videoschirm, auf dem der fallende Körper zu sehen war. Sie wartete einfach, bis sie ganz sicher war, dass alles vorbei war. Dann richtete sie sich auf. Ihre Hände zitterten.

»Hätte ich dich doch niemals entdeckt, Verris«, flüsterte sie. »Warum musste ich mich gerade in dieser Gegend herumtreiben?«

Sie zog den Gleiter herum und ließ ihn langsam absinken. Als sie sah, was aus Verris Kishtan geworden war, erschauerte sie. Mit unmenschlicher Kraft zwang sie sich, die Körper des Mannes und der Frau mit Hilfe eines Desintegratorstrahlers aufzulösen. Dabei richtete sie die Kameras vorschriftsmäßig auf die Toten, um später einen einwandfreien Bericht abgeben zu können.

*

»Ich möchte Mayk Terna sprechen«, sagte Kayla Hildenbrandt.

Die Sekretärin schüttelte den Kopf.

»Die Administratorin hat zu tun. Es geht nicht.«

»Ich bestehe darauf«, erwiderte Kayla.

»Warum?«

Kayla Hildenbrandt sagte es ihr. Die Sekretärin blickte sie überrascht an.

»Das ist nicht Ihr Ernst?«

»Und ob. Lassen Sie mich jetzt vor.«

»Wie Sie wollen. Gehen Sie durch die Tür. Ich melde Sie per Video an.«

Die Polizistin öffnete die Tür und geriet auf einen schmalen Gang. Er führte direkt zum Arbeitszimmer der Administratorin.

»Kommen Sie herein«, rief Mayk Terna, noch bevor der Commander die Tür zu ihrem Zimmer erreicht hatte. Kayla Hildenbrandt trat ein. Sie nahm ihren Hut ab.