Perry Rhodan 79: Die Atomhölle von Gray Beast - Kurt Mahr - E-Book

Perry Rhodan 79: Die Atomhölle von Gray Beast E-Book

Kurt Mahr

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Beschreibung

500000 Mann warten vergeblich auf den Angriffsbefehl! - Ist der Chef tot...? Wenige Tage nach dem tragischen Tod seiner geliebten Frau legt Perry Rhodan, der Solare Administrator, den Plan vor, mit einem Blitzangriff der gesamten terranischen Raumflotte das arkonidische Positronengehirn auszuschalten, das sich trotz immer noch bestehender Druuf-Gefahr als Terras Hauptgegner erweist. Der Angriffsplan wird mit Hilfe der robotischen Rechenanlagen bis ins letzte Detail ausgearbeitet, und die terranischen Flotteneinheiten mit einer Gesamtbesatzung von 500 000 zu allem entschlossenen Kämpfern sammeln sich unauffällig in einem Raumsektor, der etwa 500 Lichtjahre vom Geheimstützpunkt Gray Beast (den Lesern bekannt durch Kurt Mahrs Siedlerabenteuer!) entfernt liegt. Doch der Angriffsbefehl läßt auf sich warten, denn der Stützpunkt selbst, auf dem die wichtigsten Männer des Solaren Imperiums weilen, wird zur ATOMHÖLLE...

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Nr. 79

Die Atomhölle von Gray Beast

500.000 Mann warten vergeblich auf den Angriffsbefehl! – Ist der Chef tot ...?

von KURT MAHR

Wenige Tage nach dem tragischen Tod seiner geliebten Frau legt Perry Rhodan, der Solare Administrator, den Plan vor, mit einem Blitzangriff der gesamten terranischen Raumflotte das arkonidische Positronengehirn auszuschalten, das sich trotz immer noch bestehender Druuf-Gefahr als Terras Hauptgegner erweist.

Der Angriffsplan wird mit Hilfe der robotischen Rechenanlagen bis ins letzte Detail ausgearbeitet, und die terranischen Flotteneinheiten mit einer Gesamtbesatzung von 500.000 zu allem entschlossenen Kämpfern sammeln sich unauffällig in einem Raumsektor, der etwa 500 Lichtjahre vom Geheimstützpunkt Gray Beast (den Lesern bekannt durch Kurt Mahrs Siedlerabenteuer!) entfernt liegt.

Doch der Angriffsbefehl lässt auf sich warten, denn der Stützpunkt selbst, auf dem die wichtigsten Männer des Solaren Imperiums weilen, wird zur ATOMHÖLLE ...

Die Hauptpersonen des Romans

Major Paul Brackett – Ein kleiner technischer Fehler in der Dämpferanlage seines Schiffes beschwört die Katastrophe herauf.

General Conrad Deringhouse – 500.000 Mann warten auf seinen Befehl zum Angriff.

Perry Rhodan, Reginald Bull, Atlan und Fellmer Lloyd – Die Verschollenen von Gray Beast.

Mike Judson – Kommandant des Stützpunktes Gray Beast.

Lathon – Ein Arkonide, der zuviel weiß.

1.

In dem Augenblick, da die Transition endete, sah Paul Brackett die Reihe rasch wandernder, grüner Zacken über den Oszillographenschirm laufen. Paul Brackett war noch halb im Verzerrungsschmerz des Hypersprungs befangen; aber er wusste sofort, was die Zacken zu bedeuten hatten. Panik ergriff ihn.

Die RIGEL, Schlachtkreuzer der terranischen Flotte, befand sich auf dem Rückweg zum Flottenstützpunkt Gray Beast. In der Nähe der Überlappungszone, in der die beiden fremden Zeitebenen der Druuf und des Einsteinraumes einander trafen, hatte die RIGEL Material für den geheimen Stützpunkt auf Hades im Druuf-System entladen und mit Hilfe der Transmitter ans Ziel gebracht. Das hatte ein paar Stunden gedauert, Stunden, in denen die Hälfte der achthundertköpfigen Besatzung damit beschäftigt gewesen war, nach den Schiffen der arkonidischen Blockadeflotte Ausschau zu halten, die die Überlappungszone unter ständiger Beobachtung hielten und die Druuf jedes Mal zurückschlugen, wenn sie in den Einstein-Raum herüberzuwechseln versuchten. Den Arkoniden war der terranische Flottenstützpunkt Gray Beast unbekannt, und es war vorläufig das Hauptanliegen der Terraner, dass er es auch weiterhin blieb. Das bedeutete, dass irdische Schiffe beim Verkehr zwischen Gray Beast und der nur wenige Lichtjahre entfernten Überlappungszone, die gleichzeitig das Operationsgebiet der arkonidischen Blockadeflotte war, alle erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen anzuwenden hatten, um die Arkoniden nicht auf die Spur des Stützpunktes zu bringen.

Das war in den vergangenen Wochen gelungen – ein Meisterwerk der Verdunkelungstaktik, wie jedermann zugeben musste. Im Augenblick allerdings, davon war Paul Brackett überzeugt, begann die Katastrophe.

Die Zacken waren nach rechts über den Bildschirm des Oszillographen gelaufen und verschwunden. Das ganze Zwischenspiel hatte nicht länger als zwei oder zweieinhalb Sekunden gedauert. Aber der Robotregent auf Arkon hatte seine Funkspione überall sitzen, und bei der hektischen Aufmerksamkeit, die sie auf jedes noch so kleine unerwartete Signal verwandten, wäre ihnen selbst ein noch kürzeres nicht entgangen.

Paul Bracketts Oszillograph war mit dem Eigenfrequenzdämpfer der RIGEL gekoppelt. Der Dämpfer verhinderte, dass die bei Beginn und Ende einer jeden Transition vom Hypertriebwerk des Schiffes abgestrahlten Energien sich nicht durch den Raum ausbreiteten, sondern noch im Schiff selbst absorbiert wurden.

Wenn der Dämpfer einwandfrei funktioniert hätte, hätte Paul Brackett keine grünen Zacken sehen können. Er hatte sie aber gesehen, also arbeitete der Dämpfer nicht mehr korrekt. Die Restenergie der Transition hatte sich in den Raum hinaus entladen, und irgendwo im Umkreis von höchstens fünf Lichtjahren bemühte sich in diesem Augenblick mindestens ein arkonidischer Orterspezialist darum, die eigenartigen Signale zu deuten. Denn, ihrer fünfdimensionalen Struktur entsprechend, breitete sich das Wellenfeld der Energieentladung mit unmessbarer Geschwindigkeit aus.

Es gab keinen Zweifel daran, dass die Arkoniden in spätestens ein paar Minuten wissen würden, was sie von den Signalen zu halten hatten. Noch zwei Minuten später würden sie ausfindig gemacht haben, von welchem Ort im Raum die Signale ausgegangen waren.

Dieser Ort lag von Myrtha, dem Zentralgestirn des Gray-Beast-Systems, nur zwanzig Astronomische Einheiten entfernt. Die Arkoniden würden wissen, wo sie weitersuchen mussten, wenn sie den Ort erst herausgefunden hatten.

Paul Brackett gab Alarm. Das Heulen der Sirenen erfüllte das gewaltige Schiff bis in den hintersten Winkel. Gespräche verstummten, Männer kamen in Bewegung und glitten hastig an ihre Plätze.

Paul Brackett nahm das Interkommikrophon zur Hand und erklärte den Leuten, was geschehen war. Währenddessen gab der Funkoffizier einen knappen Bericht nach Gray Beast.

»Es kann alles bedeuten«, schloss Paul Brackett. »Einschließlich eine arkonidische Kampfflotte von zehntausend Schiffen, die vor Gray Beast auftauchen, um den Stützpunkt zu vernichten.«

*

Der Massenstart war in vollem Gang. Ein Schiff nach dem andern hob sich vom Boden und schoss mit singendem Triebwerk in den blauen Himmel, die mächtigen Kolosse der Superschlachtschiffe ebenso leicht und elegant wie die schimmernden Kugeln der Leichten Kreuzer.

Die terranische Flotte machte sich auf den Weg – von Gray Beast nach Arkon, um dem Robotregenten handgreiflicher als bisher zu erläutern, was die Terraner von einem Verbündeten hielten, der nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht war.

Das war Perry Rhodans großer Tag: Der 23. Oktober 2043. Terras geballte Macht holte zum Schlag gegen Arkon aus. Die Erde schickte sich an, den galaktischen Mächten zu zeigen, welche Rolle sie von nun an zu spielen gedachte.

Unter dem Kommando von General Deringhouse versammelten sich die Einheiten der Flotte an einem weit von allen Schifffahrtswegen abgelegenen Punkt, etwa fünfhundert Lichtjahre von Gray Beast entfernt. Auf Gray Beast selbst blieben nur dreiundzwanzig Schiffe zurück, außerdem die Mindestzahl von Mannschaften, die zur Aufrechterhaltung des Stützpunktbetriebes notwendig war. Denn es befanden sich immer noch ein paar Fahrzeuge auf dem Wege zur oder auf dem Rückweg von der Überlappungszone, von wo aus der in der Druuf-Ebene gelegene Stützpunkt Hades mit Nachschub versorgt wurde.

Die RIGEL zum Beispiel war noch draußen.

Außer den Bedienungsmannschaften blieben vier wichtige Männer auf Gray Beast zurück, weil sie dort noch ein paar notwendige Dinge zu erledigen hatten und erst später, kurz vor dem Zeitpunkt des Angriffs auf Arkon, sich der wartenden Flotte anschließen wollten:

Perry Rhodan; Atlan, der Arkonide; Reginald Bull und der Mutant Fellmer Lloyd.

In einem Tiefbunker außerhalb des eigentlichen Stützpunktgebiets waren sie damit beschäftigt, aus dem Kombinatorik-Sektor eines großen positronischen Rechengehirns die letzten Maßregeln für das Vorgehen gegen den arkonidischen Robotregenten zu entnehmen.

Sie begannen mit der Arbeit kurz nach elf Uhr Terrania-Zeit.

Um elf Uhr vierunddreißig der gleichen Zeit hatte ein Schlachtkreuzer namens RIGEL unter dem Kommando von Major Paul Brackett seine Arbeit in der Überlappungszone beendet und machte sich unter Beachtung aller Vorsichtsmaßnahmen auf den Rückweg nach Gray Beast.

*

Sie hatten die Aufgaben untereinander verteilt und arbeiteten mit äußerster Konzentration von Männern, die ihre Arbeit so schnell und so gründlich wie möglich erledigen wollen.

Der erste Zwischenbericht kam von Reginald Bull. Bull hatte ein mit Buchstaben und Zahlen von oben bis unten bedecktes Blatt Maschinenfolie vor sich liegen, las es aufmerksam durch und räusperte sich schließlich, um folgendes zu sagen: »Wir müssen die X-Zeit um mindestens vier Stunden hinausschieben«, erklärte er.

Er sah sich nicht um, sondern starrte weiter auf das Blatt. Er war jedoch sicher, dass alle ihre Arbeit unterbrachen und zu ihm herüberschauten.

»Zu viele Zweige, wie?«, fragte Rhodan.

»Genau«, antwortete Bull. »Die Maschine ermittelt zweitausendvierhundertunddreiunddreißig Zweigmöglichkeiten. Dabei entfallen auf jeden Zweig im Mittel wieder fünf Unterzweigmöglichkeiten, die teilweise gegen Ende rekombinieren.«

Jetzt sah er auf.

»All diese Informationen«, fuhr er fort, »müssen noch in die Automaten der Schiffe programmiert werden. Wir können die Programme zwar in einer halben Stunde herstellen; aber sie zu verteilen, dazu brauchen wir länger.«

Perry Rhodan hatte sich auf dem Sessel herumgedreht, so dass er mit dem Rücken zum Programmpult saß. Rechts von ihm saß Atlan, der Arkonide. Er hatte den linken Ellbogen auf das Pult gestützt und hielt den Kopf in der linken Hand. Nachdenklich sah er Reginald Bull an.

»Alle Zweigmöglichkeiten und Unterzweige mit weniger als null Komma vier Wahrscheinlichkeit streichen, schlage ich vor«, sagte er.

Perry Rhodan lächelte matt.

»Der Admiral gibt die ewige Vorsicht auf und erklärt sich zu vereinfachenden Schritten bereit«, spottete er; aber es war ein freudloser Spott.

Atlan drehte den Kopf.

»Du weißt«, antwortete er, »dass wir die X-Zeit nicht beliebig weit hinausschieben können. Der Regent hat seine Schiffe überall. In dem Augenblick, in dem die Ansammlung von terranischen Einheiten entdeckt wird, kennt er das Spiel, und von da an ist es für uns zu spät.«

Rhodan nickte.

»Ich weiß das. Aber wenn ich alle Zweigmöglichkeiten mit weniger als null Komma vier Wahrscheinlichkeit ausschließe, dann gehe ich ein großes Risiko ein. Null Komma vier ist nicht wenig, wenn man bedenkt, dass die Eins aus der Wahrscheinlichkeit eine Gewissheit macht.«

Atlan zuckte mit den Schultern.

»Reden wir einmal anschaulich«, schlug Reginald Bull vor. »Die Kombinatorik findet insgesamt etwa fünftausend Stammmöglichkeiten – also fünftausend verschiedene Arten, wie der Regent auf unseren Angriff reagieren könnte. Alle diese fünftausend zusammen haben eine Wahrscheinlichkeit von null Komma neun-acht. Die restlichen null Komma null-zwei, die noch an der eins fehlen, verteilen sich auf abermals zehntausend Stammmöglichkeiten, die die Maschine jedoch im einzelnen nicht anführt, weil sie zu wenig wahrscheinlich sind. Wir haben alle Stammmöglichkeiten mit einer Wahrscheinlichkeit von weniger als null Komma null-sechs verworfen. Das reduziert die Zahl der Stämme auf siebzehn.

Sagen wir: Eine der Stammmöglichkeiten ist die, dass der Regent auf unseren Angriff mit dem Abzug der Blockadeflotte reagiert. Dann hätten wir binnen weniger Minuten mehr als zehntausend Schiffe im Rücken. Diese Stammmöglichkeit hat eine Wahrscheinlichkeit von null Komma eins-drei, sie gehört also mit zu denen, die wir in Erwägung ziehen müssen.

Jetzt kommen wir zu den Zweigmöglichkeiten. Eine davon ist die, dass der Regent die abgerufene Blockadeflotte, anstatt uns damit anzugreifen, zum Schutz von Arkon III beordert und sie einen Verteidigungsring bilden lässt. Auch darauf sind wir vorbereitet. Diese Zweigmöglichkeit hat die Wahrscheinlichkeit null Komma vier-vier, sie liegt also oberhalb der Grenze, die Atlan vorgeschlagen hat. Ebenso wahrscheinlich ist es, dass der Regent die Flotte uns angreifen lässt. Bleibt eine Wahrscheinlichkeit von null Komma eins-zwei für irgendeine andere oder auch mehrere Zweigmöglichkeiten. Zum Beispiel die, dass die Blockadeflotte auf Arkon III landet, wichtiges Material, unter Umständen auch Einzelteile des Regenten selbst, an Bord nimmt, damit verschwindet und uns eine lange Nase dreht. Nach Atlans Vorschlag würden wir diese Zweigmöglichkeit unter den Tisch fallen lassen.« Er seufzte und fuhr sich mit der Hand über die Haarstoppeln. »Ich glaube, das können wir uns nicht leisten.«

»Dieser Ansicht bin ich auch«, stimmte Rhodan ernst zu. »Die Idee ist gut, aber der Vorschlag selbst ist zu krass. Wir streichen alle Zweigmöglichkeiten mit einer Wahrscheinlichkeit von weniger als null Komma eins. Auf welche Zahl würde das die Zweige reduzieren?«

Reginald Bull rechnete nach.

»Fünfunddreißig«, antwortete er.

»Das reicht aus. Mit den Unterzweigen halten wir es genauso. Was bleibt dann übrig?«

»Einundvierzig Unterzweigmöglichkeiten.«

»Und die Gesamtwahrscheinlichkeit dafür, dass wir mit unserer Auswahl die tatsächliche Reaktion des Regenten erfasst haben?«

Diesmal dauerte die Rechnung ein wenig länger.

»Null Komma neun-drei-sieben.«

Perry Rhodan schlug mit der Hand klatschend auf das Pult.

»Das genügt uns«, entschied er. »Selbst wenn man in Erwägung zieht, dass der Regent bemüht sein wird, sich eine möglichst wenig wahrscheinliche Reaktion auszudenken.«

»In Ordnung«, stimmte Bull zu. »Dann brauchen wir nichts weiter zu tun, als die Programmschablonen anzufertigen. Eine für jede Einheit?«

»Zwei«, bestimmte Rhodan.

Atlan, der Arkonide, hatte seine Haltung nicht geändert. Er stützte den Kopf in die Hand und starrte nachdenklich vor sich hin.

»Nicht einverstanden, Admiral?«, fragte Perry Rhodan, während er mit dem Sessel herumwirbelte.

Atlan schüttelte den Kopf. Es konnte ebenso gut »nein« bedeuten wie, dass die Frage nicht richtig gestellt war.

»Die Sache ist riskant«, murmelte er. »Ich wollte, ich könnte es dir beweisen, Perry. Aber vorläufig weiß ich noch nicht, wo der Haken sitzt.« Er sah auf. »Ich meine, wir brauchten noch ein paar Monate Vorbereitung. Mindestens ein paar Monate. Bist du ganz sicher, dass nicht deine Verbitterung über Thoras Tod die Triebkraft ist, die dir diesen Plan eingab?«

Perry Rhodan hatte eine rasche Antwort auf der Zunge. Dann überlegte er es sich jedoch und antwortete erst eine Weile später.

»Nicht ganz sicher, Arkonide«, gestand er kopfschüttelnd. »Vielleicht ist wirklich Thoras Tod der Anlass. Aber was soll die Frage? Haben wir uns nicht jeden einzelnen Zug, den wir unternehmen wollen, hundert- oder tausendmal durch den Kopf gehen lassen? Haben wir nicht unsere Pläne so sorgfältig wie möglich gemacht? Haben die positronischen Automaten nicht einwandfrei errechnet, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Gelingen des Vorstoßes unter den gegebenen Umständen mehr als neunzig Prozent beträgt? Spielt es da noch eine Rolle, welches der eigentliche Anlass war?«

Atlan zuckte mit den Schultern.

»Ich glaube, dass es eine Rolle spielt. Pläne, auf die man nur im Zustand der Erregung, aber nicht mit nüchternem Verstand kommt, haben meist irgendwo einen Fehler. Und natürlich ist die Existenz des Fehlers unabhängig davon, ob man ihn sieht oder nicht.«

»Die Positronik hätte ihn entdeckt«, antwortete Rhodan.

Dass Atlan mit seinen Plänen nicht völlig einverstanden war, bedrückte ihn auf merkwürdige Weise. Seitdem sie zusammenarbeiteten, hatte es so gut wie keine Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen gegeben. Diese war die erste schwerwiegende. In Sekundenschnelle ließ Perry Rhodan sich noch einmal all die Gründe durch den Kopf gehen, die ihm plausibel gemacht hatten, dass gerade jetzt ein günstiger Augenblick für den Angriff auf Arkon gekommen sei. Er fand auch diesmal keinen Fehler, und da auch die Rechenmaschinen keinen gefunden hatten, kam er zu der Ansicht, dass Atlan ganz einfach ein Pessimist sei. Es mochte damit zu tun haben, dass Arkon, wenn es auch unter der Regentschaft eines mächtigen Roboters stand, seine Heimat war. Im Zusammenhang mit der Heimat spielten Ressentiments stets eine Rolle; aber die terranische Flotte konnte nichts mit Ressentiments anfangen.

Perry Rhodan warf einen Blick auf die Uhr.

Es war jetzt elf Uhr dreiunddreißig.

*

Auf den Rundsichtschirmen der Optik waren die Schiffe nicht zu sehen. Aber auf den dunkelgrün leuchtenden Mattscheiben der Ortergeräte zeigten sie sich als strahlende Knotenpunkte eines feinmaschigen, regelmäßigen Netzes.

General Deringhouse betrachtete das Bild nachdenklich, fast andächtig. Sie waren alle versammelt, mehrere tausend Schiffe, die bereit waren, dem Robotregenten auf Arkon Respekt vor seinen terranischen »Verbündeten« einzuflößen.

Eine riesige Flotte – nach irdischen Maßstäben. Deringhouse glaubte, je länger er das Bild betrachtete, die Kraft körperlich zu spüren, die diesen Schiffen innewohnte. Er wusste, wie groß die Macht war, die sie besaßen. Es war ihm klar, dass die Gesamtenergie der Flotte, von einem Verantwortungslosen angewandt, ausreichen würde, um ganze Sonnensysteme aus den Fugen zu reißen und zu vernichten.

Nun, auch das arkonidische war nur ein Sonnensystem. Von gewaltigen Festungsringen umgeben, gewiss, aber nur ein einzelnes System. Die Schwierigkeit war, dachte er, rasch und tief genug vorzustoßen. Gelang das, dann hatte der Regent den Krieg verloren, bevor der Krieg begonnen hatte.

Der Schlag wird gelingen, dachte Deringhouse. Wir werden vor Arkon stehen, während sich das Robotgehirn noch mit dem Druuf-Problem befasst. Und danach wird es in der Galaxis anders aussehen. Wir werden uns frei bewegen können und keine geistigen Kopfstände mehr machen müssen, um die galaktischen Positionen der Erde und unserer wichtigen Stützpunkte geheim zu halten.

Wir hätten es schon längst tun sollen, dachte er weiter. Wir wissen, dass der Regent in den vergangenen siebzig Jahren keine Fortschritte in technischer Hinsicht mehr gemacht hat. Wir sind ihm an Qualität überlegen, und dafür, dass die Quantität nicht entscheidet, wollen wir nach Kräften sorgen.

Er wusste, dass die verantwortlichen Offiziere nicht anders dachten als er. Der Schlag gegen Arkon lag seit zwei Jahren in der Luft, und in den vergangenen Monaten hatten sie sozusagen die Luft anhalten müssen, um nicht ungeduldig zu werden. Als der Startbefehl kam, hatte die ganze Flotte einen einstimmigen Schrei der Begeisterung ausgestoßen.

Deringhouse sah noch einmal auf den Schirm. Fünfhunderttausend Männer warteten fieberhaft darauf, dass sie beweisen könnten, was in ihnen steckte.

Nimm dich in acht, Arkon!

Um elf Uhr sechsunddreißig Terrania-Zeit fing die Orterstation des Flaggschiffes einen Kurzimpuls auf, der von der Transition eines unbekannten Raumschiffes in fünfhundert Lichtjahren Entfernung herrührte. Man benachrichtigte General Deringhouse davon, aber Deringhouse schenkte dem Impuls keinerlei Beachtung. In fünfhundert Lichtjahren Entfernung wartete die arkonidische Blockadeflotte darauf, dass die Druuf einen neuen Vorstoß versuchten. Irgendeines ihrer Schiffe hatte wahrscheinlich eine Kurztransition ausgeführt und dabei den Kurzimpuls abgegeben.

Es war nichts, worüber man sich den Kopf zerbrechen musste.

*

Paul Brackett war angewiesen worden, das Gray-Beast-System auf dem schnellsten Wege wieder zu verlassen. Der Stützpunktkommandant auf Gray Beast hatte diese Entscheidung gefällt, ohne Perry Rhodan zu benachrichtigen. Es lag klar auf der Hand, dass auch Perry Rhodan in diesem Fall keine andere Entscheidung getroffen hätte. Es musste verhindert werden, dass die Arkoniden Gray Beast entdeckten. Das war nur möglich, wenn die RIGEL sich wieder aus dem System entfernte, anstatt geradewegs auf den Stützpunkt vorzustoßen.

Major Brackett setzte innerhalb weniger Minuten eine erneute Transition an. Er wusste nun, dass sein Eigenfrequenzdämpfer ausgefallen war und dass die Arkoniden auch diese zweite Transition würden anpeilen können. Er hoffte, dass er sie damit in Verwirrung brächte, auch, wenn das im Grunde genommen eine ziemlich selbstmörderische Hoffnung war. Denn die Arkoniden in Verwirrung zu bringen, bedeutete, sie hinter der RIGEL herzuziehen, und der drachenköpfige, schuppenhäutige Gott der alten Topsider mochte wissen, was sie mit einem einzelnen terranischen Schiff anstellen würden, wenn sie es fanden.

Die Transition führte die RIGEL knapp dreißig Lichtjahre von Gray Beast weg – in eine Richtung, in der weder die Erde, noch der Versammlungspunkt der Kriegsflotte unter General Deringhouse lagen.