Pfad zwischen den Welten - Meg Angel - E-Book

Pfad zwischen den Welten E-Book

Meg Angel

4,0

Beschreibung

Zunächst weiß die 17-jährige Elisa gar nicht so recht wie ihr geschieht, als sie immer wieder zwischen den Dimensionen hin und her wechselt. Ihr Weg führt sie nach Avalon und dem dazugehörigen Reich Ailantos, in dem alles ein wenig höher schwingt und die Zeit etwas langsamer abläuft. Ein Reich, in dem Menschen wie auch Natur- und Fabelwesen ganz natürlich nebeneinander leben, ein Reich von lebendiger Magie. Doch Elisa wechselt nicht zufällig die Dimensionen, sondern es führt sie ihr einstiges Versprechen zurück nach Ailantos, nämlich dann zurückzukehren, wenn die Zeit reif ist um zu vollenden weswegen sie gegangen ist…. Eine Geschichte über ein fantastisches Reich hinter dem Dimensionsschleier. Eine Geschichte über den Sieg der Liebe über die Dunkelheit und den Übergang der Erde in die neue Zeit.

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Meg Angel

Pfad zwischen den Welten

Eine Geschichte über eine Liebe, die Dimensionen überwindet

Copyright © 2018 by LIMARUTTI VERLAG

ALLE RECHTE VORBEHALTEN

ISBN 978-3-902280-65-7

Autorin: Meg Angel

LIMARUTTI VERLAG

Schröttergasse 8, 8010 Graz

www.limarutti-verlag.at

[email protected]

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.

Danksagung

Für manche ist diese Welt das, was sie zu sein scheint, für andere ist sie der Spiegel ihres Inneren. Doch was verbirgt sich hinter dem Spiegel?

Eleysa, die Heldin der Geschichte, macht den Spiegel ein wenig durchlässiger.

Mein Dank gilt vor allem meinen geistigen Helfern, die mich unterstützt haben, diese Geschichte zu schreiben. Danke für die vielen meditativen und gechannelten Erfahrungen, aber auch für die vielen tatsächlich erlebten Wunder, die mir gezeigt haben was möglich ist. Danke, für eure Liebe und eure unermüdlichen Antworten auf die durstigen Fragen meiner Seele.

Danke, dass ihr meine Zweifel ausgeräumt habt, indem ihr mir für vieles nochmals von anderer Seite die Bestätigung zukommen habt lassen, die ich brauchte, um in meinen Glauben zu kommen.

Vor allem dir danke ich, Engel Amiel, für deine weisen Worte und deine zuverlässige Begleitung auf meinem Weg.

Danke Lady Morgaine und all euch anderen weisen Helfern und Freunden aus der geistigen Welt.

Mein Dank gilt meinen Sohn Mathias für den stets anregenden, physikalisch-philosophischen Gedankenaustausch, meiner Lektorin und Freundin Verena Kautz für ihr wertvolles Feedback und die mühevolle Lektorenarbeit, meinem Verleger Martin Limarutti, schon allein dafür, dass er mich nicht abgewiesen, sondern mir Wege für die Veröffentlichung meines Buches gezeigt hat, und allen Menschen in meinem Umfeld, Familie, Kollegen und Freunden gleichermaßen für ihre Wertschätzung, Unterstützung, für die gemeinsamen Erfahrungen und Lernlektionen.

Mein Dank gilt Iris Cerny für die ambitionierte grafische Gestaltung des Covers. Danke dir, meine liebe Freundin Elsbeth, für dein vorbildliches, mutiges Sein und vor allem dafür, dass du mich durch schwere Zeiten begleitet hast, in denen ich mich von anderen verlassen gefühlt habe.

Und zu guter Letzt gilt mein Dank allen meinen tierischen Freunden und Begleitern, die mir so viel Freude bereiten. Danke für eure Liebe und euer Verständnis und eure Geduld.

Danke Mutter Erde.

Danke allen Menschen, die nicht müde werden, diese Erde in die neue Zeit zu führen, und danke an alle, die bereits Lichtnahrung praktizieren, uns Vorbild sind und zeigen, was möglich ist. Und danke liebe Leserin, lieber Leser, dass Sie zu diesem Buch gegriffen haben, und nun diese Zeilen lesen.

Wer sind wir zwischen Körper und Geistwesen, und wo sind unsere Grenzen?

Möge dieses Buch ein klein wenig dazu beitragen, dass so manche Grenzen neu überdacht werden.

Viel Freude beim Lesen

wünscht Ihnen

Meg Angel

„Bleibe bei deinem Sein,

vertraue auf deinen Weg,

denn es ist der Pfad des

göttlichen Kindes,

nichts zu wissen und trotzdem

zu wissen, was zu tun ist.“

Engel Amiel

Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Teil I - Sieg der Liebe über die Dunkelheit

Kapitel 1 - Nicht aus dieser Dimension

Kapitel 2 - Auf der anderen Seite

Kapitel 3 - Der Pfad zwischen den Welten

Kapitel 4 - Avalon

Kapitel 5 - Einberufung des hohen Rates

Kapitel 6 - Niemandes bester Tag

Kapitel 7 - Der Auftrag

Kapitel 8 - Die Botschaft der Göttin

Kapitel 9 - Heilung

Kapitel 10 - Es kommt alles anders, als man denkt

Kapitel 11 - Die Dunkelmächte

Kapitel 12 - Anhalem

Kapitel 13 - Isa

Kapitel 14 - Das Geheimnis der zwei Steine

Kapitel 15 - Kampf der Mächte

Kapitel 16 - Reines Bewusstsein

Kapitel 17 - Herzenswissen

Kapitel 18 - Gandall

Kapitel 19 - Der Sieg der Liebe über die Dunkelheit

Teil II - Mission Migartha

Kapitel 20 - Eine Heimkehr und ein neuer Aufbruch

Kapitel 21 - Das Portal

Kapitel 22 - Höchste Vollkommenheit

Kapitel 23 - Die Kristallstätten der Erde

Kapitel 24 - Die Täuschung

Kapitel 25 - Harlieris versus Morgaine

Kapitel 26 - Migartha

Kapitel 27 - Wieder zu Hause

Epilog - Liebe kennt keine Grenzen

Teil I

Sieg der Liebe über die Dunkelheit

Kapitel 1 - Nicht aus dieser Dimension

Silva hechtete den Abhang hinunter. Keinen Augenblick zu früh, denn nur Sekunden später surrte ein Pfeil an ihr vorbei, der sie nur knapp verfehlte. Sie musste Avalon erreichen und die Priesterinnen warnen, bevor die Römer…

Elisa legte das Buch zur Seite und blickte gedankenverloren aus dem Fenster. Es hatte aufgehört zu regnen. Ein paar vereinzelte Sonnenstrahlen schoben sich gerade verstohlen durch die Wolkendecke. Der eben noch in melancholisch tristes regenwettergrau gehüllte Garten verwandelte sich schlagartig in das geliebte, lauschige Paradiesgärtchen zurück, das stets zum Verweilen einlud. Selbst die mannigfaltigen frühsommerlichen Blüten der üppigen Gartenpracht, bestehend aus zahlreichen liebe- und geschmackvoll angeordneten Stauden und Sträuchern, reckten bereits trotzig ihre noch regenschweren Köpfchen wieder der Sonne entgegen.

Was wäre wohl, wenn es einen mystisch-magischen Ort wie Avalon in Wirklichkeit gäbe? Wäre er bedroht und dem Untergang geweiht, wie es in den Legenden und in dieser Geschichte beschrieben wurde? Was ist dran an den Mythen über Avalon? Und wenn es Avalon wirklich einmal gegeben hat? Gab es dann auch magische Kräfte wirklich? Wäre denn die Menschheit bereit dafür? Oder würde sich die Geschichte wiederholen und wieder alles in Hexenverbrennungen oder anderen Gräueltaten ein schreckliches Ende finden? Elisa schreckte aus ihren Gedanken hoch, als es zaghaft an der Tür klopfte.

Malton war in Elisas Zimmer getreten und lächelte sie schief an, während er verlegen seine Mütze in den Händen drehte. Malton war ihr neuer kleiner Freund, seit sie ihn auf dem Nachhauseweg von der Schule vor einer Prügelei mit Viertklässlern bewahrt hatte. Diese feigen Ratten. Zu dritt gegen einen zwei Jahre jüngeren, schmächtigen Jungen.

Malton war ein kleiner, kluger achtjähriger Junge, während sie selbst vergangene Woche ihren siebzehnten Geburtstag gefeiert hatte. Sie war zufällig vorbeigekommen und hatte den größeren Jungs gedroht, „Fotos ihrer Feigheit“, wie sie es nannte, zu posten, wenn sie noch einmal Hand an Malton legen sollten. Elisa hatte noch schnell ein paar Aufnahmen mit ihrem Handy gemacht, ehe sie zwischen die Streithähne ging. Seitdem hatte Malton immerhin seine Ruhe, aber die feindseligen Blicke der Jungs verfolgten ihn täglich.

„Hallo Malton“, begrüßte Elisa ihren stupsnasigen Freund mit einem breiten Lächeln. Sie mochte den Jungen. Selber hatte sie keine Geschwister, obwohl sie gern welche gehabt hätte. Doch ihre Mutter konnte keine Kinder mehr bekommen, und es sei schon ein Wunder, dass es bei ihr geklappt hatte, hatten sie ihr gesagt.

Malton war Elisas Nachbarjunge, er wohnte gleich im Haus gegenüber in der ruhigen Wohnsiedlung am Stadtrand. In der Früh hatten sie ein gutes Stück gemeinsamen Schulwegs, ehe sich ihre Wege in die verschiedenen Schulen trennten.

Malton strahlte sie an. „Ich habe eine Überraschung für dich“, sagte er stolz.

„So, was denn?“, Elisa hob fragend eine Braue und strich sich eine ihrer goldbraunen Locken aus dem Gesicht.

Malton zog ein kleines Bündel aus der Tasche und wickelte einen Stein aus. „Den habe ich unten beim See gefunden“, erzählte er eifrig. „Er sieht doch genau so aus wie der, den du neulich von einer deiner - du weißt schon - Reisen mitgenommen hast.“

Elisa betrachtete den Stein. „Ja, du hast recht“, rief sie überrascht aus. Der Stein war tatsächlich recht eigentümlich, denn er schien aus zwei komplett verschiedenen Hälften zu bestehen, als ob er in der Mitte zusammengewachsen wäre. Wie Yin und Yang. Sie hatte damals gedacht, dass es so einen Stein wohl nur einmal auf der Welt gäbe – wobei sie „ihren“ Stein nicht von der Erde hatte, oder wohl besser gesagt - nicht aus dieser Dimension.

Elisa kramte in ihrer Schublade und holte ihren Stein daraus hervor. Sie verglich ihn mit Maltons und runzelte die Stirn.

„Malton, bitte zeig mir die Stelle, an der du den Stein gefunden hast.“

Kapitel 2 - Auf der anderen Seite

Elisa war aufgesprungen und nach unten gegangen, dicht gefolgt von Malton. Sie nahm ihre Jacke und schlüpfte hastig in ihre Schuhe, während Sie Malton fragte, ob er zu Hause Bescheid gesagt hatte, dass er zu ihr gegangen war. „Ja“, sagte Malton, „Mama weiß, dass ich bei dir bin.“ „Okay, dann mal los“, Elisa zog die Tür ins Schloss.

Da Elisas Mutter in der Arbeit war, war sie nachmittags immer allein zu Hause. So konnte sie über ihre Zeit frei verfügen, was durchaus Vorteile hatte.

Sie liefen den schmalen Pfad zu dem See hinunter, zwischen den Bäumen des lichten Wäldchens hindurch. Nach ein paar Wegbiegungen tauchte das Seeufer auf. Ruhig und still lag der See da. Die Luft war noch kühl. Malton wanderte am Seeufer entlang und versuchte sich zu erinnern, wo genau die Stelle gewesen war, an der er den Stein gefunden hatte.

Dann erhellte sich seine Miene. „Da!“ rief er aus. „Hier war es, ganz bestimmt, ich kann mich noch genau an den großen Stein da erinnern.“ Elisa war ihm gefolgt und suchte mit ihren grüngrauen Augen die Stelle genau ab, als versuchte sie zu ergründen, was für ein Geheimnis mit diesem Ort verknüpft war.

Plötzlich überkam Elisa ein Schwindelgefühl, und sie setzte sich auf den großen Stein, auf den Malton gerade noch gewiesen hatte. Mit einem Wimpernschlag hatte sich alles verändert. Malton war verschwunden. Elisa blickte sich um. Majestätisch und ruhig lag der See vor ihr wie vorhin auch, nur, dass er auf einmal um ein Wesentliches größer war.

In weiter Ferne konnte Elisa eine Insel erkennen. Dies war ihr in den vergangenen Wochen schon öfters passiert. Wie das zuging? Sie hatte keine Ahnung. Sie befand sich wohl noch am gleichen Ort, doch war er eben verändert. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte sie gerade, Einzelheiten der Insel auszumachen, die weit draußen am See hinter mystischen Nebelschleiern verborgen nur schemenhaft zu sehen und kein Geheimnis preiszugeben bereit war, als eine unerklärliche Sehnsucht sie übermannte. Noch ehe sie einen klaren Gedanken fassen konnte, stand plötzlich Malton wieder neben ihr. „Da bist du ja, du warst auf einmal verschwunden.“

Elisa sah sich ein wenig verdattert um, fasste sich an den Kopf und atmete ein paar Mal tief durch, um genug Kraft zu finden, aufstehen zu können. Sie wollte den verunsicherten Malton nicht auch noch mit ihrer Schwäche beunruhigen. Also stand sie auf und lächelte schwach. Ihr war noch immer etwas schwindelig.

Malton war der Einzige, der Elisas Geheimnis kannte. Er hatte ihr schwören müssen, dass er keinem davon erzählen würde, und Elisa wusste, dass sie sich auf Malton verlassen können würde.

Malton hatte zwar davon gewusst, doch war Elisa noch nie vor seinen Augen verschwunden, und er blickte verwirrt und ängstlich drein. „Geht es dir gut, Elisa?“

Elisa lächelte. „Ja, Malton, mir ist nichts passiert. Ich war ja auch nur kurz weg.“ „Kurz?“ Malton runzelte die Stirn. „Du warst sicher ganze sieben Minuten verschwunden.“ Er blickte auf seine Uhr, die er zum letzten Geburtstag bekommen hatte, und auf die er ganz besonders stolz war. Elisa musterte ihn verwirrt. „Bist du dir da sicher?“ fragte sie ungläubig. „Mir kam es vor wie ein kurzer Moment. Eine Minute vielleicht.“

„Ich hab schon überlegt, was ich tun soll, wenn du nicht mehr auftauchst.“ „Keine Angst Malton, das glaube ich nicht, dass das passieren wird. Komm, lass uns nach Hause gehen, für heute habe ich genug von Dimensions- oder Zeitsprüngen.“

Malton nickte und sie machten sich auf den Heimweg.

Die erste Reise in die andere Dimension war für Elisa wie ein Traum gewesen. Es geschah mitten in der Nacht, während sie schlief. Erst als es ihr am helllichten Tag wieder passiert war, realisierte sie, dass dieser Traum irgendwie intensiver gewesen war als jeder Traum, den sie bisher erlebt hatte. Sie wagte es nicht, irgendjemandem davon zu erzählen, denn sie hatte Angst, beim Psychiater zu landen. Doch nun, wo Malton es mit eigenen Augen gesehen hatte, sie vor ihm verschwunden war, bestand kein Zweifel mehr. Es war wahr. Es war keine Paranoia, in die sie sich hineingesteigert hatte. Sie hatte es tatsächlich erlebt.

Kapitel 3 - Der Pfad zwischen den Welten

Seit dem Erlebnis am See war zirka ein Monat vergangen, ohne irgendwelche weiteren Ereignisse.

Elisa hatte sich wieder mit Schulalltag, Lernen, Prüfungen und Hausaufgaben beschäftigt, und auch Maltons Alltag ließ nicht viel freie Zeit übrig, zumal er mit Klavierunterricht begonnen hatte, worauf seine Eltern sehr viel Wert legten.

Vielleicht auch ganz gut so, hatte sich Elisa gedacht und war froh, die ganze Angelegenheit als gewesen abhaken zu können.

Elisa blätterte gedankenverloren in ihrem Vokabelheft. Wie so oft fiel es ihr schwer, sich zu konzentrieren, geschweige denn sich die Latein-Vokabeln zu merken. Ja, Lernen war nicht ihr Ding, vor allem, weil ihr völlig der Sinn für dieses Tun fehlte.

Elisa hatte viel praktisches Geschick und geniale Ideen, wenn es darum ging, neue Wege zu finden, um ein Problem zu lösen. Doch grauer Schulalltag war ihr zu langweilig. Aber dennoch hatte sie es immer wieder geschafft, gerade noch mal durchzukommen und in die nächst höhere Klasse aufzusteigen.

Elisa vertiefte sich wieder in die Vokabeln, als sie einen eigenartigen Sog verspürte. Genau drei Sekunden später fand sie sich nicht unweit vom Ufer des Sees wieder. Elisa schwankte leicht und fasste sich an die Stirn.

Eine heilige Schwingung begann sie zu erfüllen, und die Farben der Natur rings um sie herum waren auf einmal viel intensiver als sonst. Sofort richtete sich Elisas Aufmerksamkeit abermals auf die Insel, die mystisch hinter den nah über der glatten Wasseroberfläche schwebenden Nebelschleiern auf sie zu warten schien. In ihrem Herzen tobte eine Sehnsucht, ein inneres Wissen, eine Erwartung, sie musste auf diese Insel gelangen.

Elisa spürte bei jedem Schritt die glatte, kühle Erde unter ihren nackten Fußsohlen. Denn auch Elisas Aussehen hatte sich verändert. Sie trug ein langes Kleid mit dazu passendem Umhang. Beide schimmerten in einem sanften Grünton mit goldenen Verzierungen an den Borten. Elisa nahm wahr, dass ihr sonst gerade einmal mittellanges Haar in langen, weichen Wellen an ihren Schultern entlang herabfiel, und die seitlichen Strähnen waren sorgfältig am Hinterkopf zusammengesteckt, bevor sie sich in die restlichen Längen weich einfügten.

Vor ihr lag an einem Steg ein kleines Boot, das mit kunstvollen Schnitzereien verziert war. Elisa überlegte nicht lang und stieg hinein. Es schwankte hin und her, bis Elisa ihr Gleichgewicht wiederfand. Wie von Geisterhand geführt, setzte sich die Barke in Bewegung und hielt Kurs auf die Insel. Während die Barke ruhig durchs Wasser glitt, formte sich in Elisas Herzen eine wunderschöne Melodie, eine alte Weise, und sie begann zu summen.

Das bewaldete, wildromantische Seeufer, das sich im Wasser spiegelte, glitt an ihr vorüber. Die Insel war größer als es aus der Ferne gewirkt hatte. Zum Teil bewaldet, zum Teil aus verschiedenen mit Wiesen bewachsenen Plateaus bestehend, strahlte sie eine ehrwürdige, majestätische Ruhe aus. Gleichzeitig wirkte die Insel über alle Maßen lebendig und schien vor Leben nur so zu sprühen, als wäre dort alles von einer eigenen Melodie durchwoben. Die Barke steuerte ganz von selbst auf eine kleine Bucht zu, die von einer senkrecht aufragenden Felswand begrenzt wurde. Elisa watete ins Wasser, um die Barke in den Sand zu ziehen.

Sie musste ihre ganze Kraft aufwenden, denn sie war ganz schön schwer. Sie stand keuchend am vorderen Kiel ihres Bootes und hielt sich am kunstvoll verzierten, höher gezogenen Bug fest, um Kraft zu sammeln. Da bemerkte sie im Augenwinkel eine Bewegung und drehte sich um.

Er stand am anderen Ende der Bucht. Breitbeinig, selbstsicher, mit wehendem, braunem Haar. Er wirkte wie der verwegene Leinwandheld, der am Ende bekommen würde, wofür er gekämpft hatte. Einen Moment lang raubte er ihr den ohnehin schon kurzen Atem. Er musterte sie mit zusammengekniffenen Augen, das konnte sie selbst auf die Entfernung noch erkennen. Er schien sehr attraktiv zu sein. Doch dann weiteten sich Elisas Augen. Hatte er etwa ein Schwert an der Hüfte hängen? Er setzte sich in Bewegung. Panik breitete sich in Elisa aus. Mit aller Kraft versuchte sie, das Boot wieder ins Wasser zurückzustoßen. Oh Gott, schnell weg.

Starke Arme umfingen sie von hinten, und schlanke Hände umfassten die ihren um den Bugrand. Elisa schnappte nach Luft und zog völlig überrumpelt die Hände zurück. Eine durch und durch maskuline Stimme fragte in verführerischem Tonfall „Darf ich helfen?“, viel zu dicht an ihrem Ohr, obgleich es sich nicht wirklich um eine Frage handelte. Während Elisa das Boot zurück ins Wasser hatte stoßen wollen, zog er in die andere Richtung. „Sie missverstehen das“, Elisa hatte ihren ganzen Mut zusammengenommen und sich mit einem Ruck umgedreht. Ihre Knie drohten nachzugeben.

Dieser viel zu gut aussehende Typ von vorhin war überraschend schnell bei ihr gewesen, wie war das möglich? Seine Hände ruhten noch immer auf dem Bug des Bootes, sodass sie zwischen seinen Armen gefangen war und nur der kostbare Stoff von Elisas eng geschnürtem, tief ausgeschnittenem Kleid, das den Ansatz ihrer Brüste perfekt betonte, und der feine Stoff seines lässig halb aufgeknöpften Hemdes sie voneinander trennten. Ihre Brüste streiften seinen muskulösen Oberkörper, und unwillkürlich bog sie den Rücken nach hinten, um Abstand zu bekommen, doch zu ihrem Unglück stieß sie gegen den Giebel.

Sie erkannte den gutaussehenden Mann ihrer Träume, nun direkt vor ihr stehend. Ja, sie hatte Träume. Echte Träume. Sie hatte von ihm geträumt. Und hier stand er nun. Realität gewordener Traum! War das hier überhaupt alles real? Elisa hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Irritiert und überrascht starrte sie sprachlos in seine graublauen Augen, die gefühlter Weise bis auf den Grund ihrer Seele zu schauen vermochten. Elisa spürte die magnetische Anziehung, die er auf sie ausübte. Er war gefährlich für sie. Viel zu gefährlich. „Ich…“, setzte sie an, brach ab und blickte nervös zur Seite angesichts seines amüsierten und zugleich unverschämt sinnlichen Lächelns und seiner fragend hochgezogenen Augenbraue. Das schien ihn nur anzuspornen. Allmählich sammelte sich Elisa wieder, verärgert darüber, sich derart aus der Fassung gebracht haben zu lassen. Er war sich seiner Wirkung auf Frauen wohl durchaus bewusst.

Elisa atmete einmal tief durch, straffte ihren Rücken und hob ihr Kinn energisch und entschlossen an, um ihm direkt in die Augen zu sehen und seinen Blick kühl zu erwidern. Sie schüttelte mit gerunzelter Stirn den Kopf, und noch immer etwas kurzatmig fragte sie, was ihr am meisten auf der Seele brannte: „Moment mal, wo bin ich hier und wer sind Sie – kennen wir einander von irgendwoher?“

Seine linke Hand löste sich vom Giebel, er stützte sie in seine Seite und keuchte kurz auf, als hätte sie ihn mit ihren Worten tätlich verletzt, und nun war er es, der einmal tief durchatmen musste, dabei fiel ihm eine seiner braunen Locken ins Gesicht: „Weißt du das denn nicht“, antwortete er ihr nur knapp mit auf einmal sonderbar traurigem Ausdruck in den Augen, als schien er enttäuscht. Auch er war um schnelle Fassung bemüht. Nahezu gleichzeitig reichte er ihr daher galant den Arm und führte sie zu der Stelle, an der sie ihn zuerst erblickt hatte.

Erst jetzt entdeckte sie einen schmalen Pfad, der sich schlängelnd den bewaldeten Hügel hinaufwand. Noch ehe sie so recht wusste, wie ihr geschah, befanden sie sich auch schon auf dem sanft ansteigenden Weg.

Noch einmal versuchte sie ihrer Verwirrung Herr zu werden: „Wie, was jetzt, träume ich, oder wo bin ich?“ „Du bist auf Avalon“, hörte sie eine melodiöse, weibliche Stimme sagen, Elisa blickte auf und in das Gesicht der schönsten Frau, die sie jemals gesehen hatte. Sie strahlte eine ehrwürdige Ruhe und zeitlose Schönheit aus.

Elisa hatte sofort ein vertrautes Gefühl, als sie dieses Gesicht erblickte, als ob sie einer bekannten Seele begegnen würde, obwohl sie diese Frau noch nie gesehen hatte. „Avalon?“ wiederholte Elisa und erinnerte sich an den Roman, den sie erst vor kurzem über die sagenumwobene, mystische Insel gelesen hatte.

„Avalon“, wiederholte Elisa noch einmal, und sie fühlte sich wie benommen. „Echt jetzt?“

„Danke Isa“, wandte sich die schöne Frau lächelnd zu Elisas ansehnlichem Begleiter und reichte Elisa den Arm. „Komm meine Liebe, du hast sicher viele Fragen.“ „Allerdings!“ Elisa seufzte erleichtert, da sie sich nun wirklich willkommen fühlte, und die Vertrautheit, die zwischen ihr und dieser Frau bestand, vertiefte sich augenblicklich. Elisas Seele erinnerte sich.

Kapitel 4 - Avalon

„Wer bist du? Warum bin ich hier? Was soll das alles? Warum passiert mir das andauernd?“ quollen die Fragen aus Elisa nur so hervor. „Geduld meine Liebe“, sagte die schöne Frau verständnisvoll, „wir sind gleich da.“ „Wohin gehen wir überhaupt?“ Elisa war nicht in der Stimmung, zu warten. Die paar Mal, bei denen sie nun schon diese merkwürdigen Dimensionswechsel erfahren hatte, war sie bisher weder jemandem begegnet, noch hatten sie so lang gedauert, und sie würde sich nicht die Chance entgehen lassen, endlich zu erfahren, was das alles zu bedeuten hatte.

Unweit von ihnen entfernt konnte sie nun mehrere Gebäude ausmachen, die zum Teil direkt in den Felsen gebaut waren. Allesamt fügten sie sich perfekt in die Umgebung ein, sodass sie so wirkten, als wären sie schon immer dort gestanden, als wären sie mit erschaffen worden. „So ist es auch“, sagte die Frau. Elisa starrte sie an. „Wwie bitte…“, stammelte sie verwirrt. „Diese Gebäude da“, sie wies mit einer breiten Geste auf die Tempelanlage, „sind erschaffen allein durch die Macht des Geistes.“ Elisa starrte mit offenem Mund die geheimnisvolle Lady an, die sie kurz anlächelte. „Du hast schon richtig gehört, Eleysa.“ „Woher kennst du meinen Namen, und kannst du etwa Gedanken lesen? Obwohl, eigentlich heiße ich Elisa.“

„Wir sind da“, erwiderte die Dame, und wie von Geisterhand öffnete sich das Eingangstor zu der Tempelanlage.

Sie durchschritten einen breiten Flur und gelangten in einen sonnigen Innenhof, der von Arkadengängen gesäumt war. Elisa blickte sich um. Ihr kam hier alles seltsam vertraut vor, als wäre sie schon einmal hier gewesen, und nicht nur das, sie fühlte sich hier wie zu Hause. Ein warmes Gefühl des Willkommen-Seins durchströmte sie, ein Gefühl, als würde sie irgendwie hierher gehören.

Die Mitte des Hofes zierte ein Brunnen, aus dem klares, frisches Wasser in ein Sammelbecken plätscherte. Es glitzerte im Sonnenlicht.

„Komm, setzen wir uns an den Brunnen.“

Elisa war froh, endlich sitzen zu können, denn ihre Knie waren ohnehin schon weich wie Butter, so völlig durcheinander wie sie war von den Eindrücken hier auf der Insel. Die Lady bedankte sich bei Isa, der ihnen in einigem Respektabstand gefolgt war, und nickte ihm zu. „Morgaine“, verabschiedete sich Isa mit einer knapp angedeuteten Verbeugung. Er schenkte Elisa noch einmal sein unverschämt umwerfendes Lächeln, bevor er sich zum Gehen wandte, und verließ zügigen Schritts den Hof.

Morgaine, wie Isa die schöne Dame genannt hatte, wandte sich mit einem ehrlichen Lächeln an Elisa. „Es ist schön, dass du hier bist, wir warten schon lang auf deine Rückkehr.“ Elisa runzelte die Stirn. „Wie meinst du das? Wieso Rückkehr?“

„Ich bin Morgaine, und dies hier ist Avalon, und wir befinden uns im Herzzentrum von Mutter Erde. Avalon ist der Göttin geweiht, hier herrschen ihre Kräfte, und die Erde spricht ihre Sprache.

Von Anbeginn warst du eine von uns. Eine Hüterin, eine Dienerin, eine Kriegerin und eine Priesterin der Göttin. Du gabst einst das Versprechen, dass du zurückkommst, wenn die Zeit reif ist. Wenn du bereit bist, dein altes Wissen wiederzuerlangen. Lange Zeit wurde dieser Ort verborgen, in eine Dimension eingebettet, in der er unerreichbar und damit geschützt war vor der Habgier der dunklen Mächte, die alles zerstören wollten, was heilig ist. Doch nun bist du hier, du hast einst versprochen, Avalon und mit Avalon das gesamte Reich Ailantos zurückzuführen, wenn es die Zeitqualität erlaubt und die Menschen bereit sind, sich dem Mysterium der Göttin wieder zu öffnen.“

Elisa war wie betäubt. Das war zu viel für sie. Sie war doch nur ein ganz gewöhnliches Mädchen. Was konnte sie schon ausrichten, was konnte sie schon tun. Und wer würde ihr schon zuhören, eher würde sie wohl in der Klapsmühle landen. „Tut mir leid“, sagte sie blass und zittrig. „Hier muss es sich um eine Verwechslung handeln. Du kannst unmöglich mich meinen.“

Elisa war aufgesprungen und stolperte rücklings zum Ausgang, alles drehte sich und der Boden unter ihren Füßen schien nachzugeben. Sie stolperte abermals und landete - Gott sei Dank – in den Armen von Isa. Da war es wieder, dieses unwiderstehliche Lächeln, und die fragend hochgezogene Braue. In ihrer Benommenheit war es Elisa unmöglich zu reagieren, ihr wurde schwindelig, und ehe sie so recht wusste, was geschehen war, fand sie sich in ihrem Zimmer wieder, vor ihr lag das Vokabelheft.

Elisa blickte eine ganze Weile wie betäubt auf das Heft und war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.

„Abendessen ist fertig“, rief ihre Mutter aus der Küche und verhalf Elisa damit vollends zurück ins Hier und Jetzt.

Was nun… Sollte sie alles ihrer Mutter erzählen? Wie würde sie auf diese unglaubwürdige Geschichte reagieren? Und wenn sie nun doch verrückt war?

Aus der Küche roch es bereits verlockend gut nach frisch gekochtem Gemüsecurry, und Elisas Magen ließ sich deutlich vernehmen. Sie hatte einen irren Hunger. Irr, nun ja, bei ihr schien so einiges irr zu sein…

Elisa beschloss, die Vorkommnisse erst einmal für sich zu behalten, und schlenderte in die Küche. Mama holte gerade das Blech mit dem frisch gebackenen Apfelkuchen aus dem Rohr, und auf dem Tisch stand der dampfende Topf mit dem Gemüsecurry. Elisa sog die sich vermischenden Düfte tief in sich ein, und ein heimeliges Gefühl der Geborgenheit und des Zuhause-Seins durchströmte sie.

„Setz dich, sonst wird das Essen kalt. Wie war dein Tag?“

Elisa setzte sich an den Küchentisch und begann mit Heißhunger zu essen. „Nichts Besonderes“, sagte sie beiläufig und versuchte, so normal wie immer zu wirken. „Und bei dir?“

„Ach, der Chef hat uns vor der Messe wieder einmal Überstunden aufgebrummt, es wird nächste Woche wohl öfters später werden. Ist ja wieder mal typisch, statt dass er sich endlich noch ein, zwei Angestellte mehr leistet, belastet er lieber uns, nur um Geld zu sparen, na, wenn sich das nicht rächt. Naja…“, Elisas Mutter seufzte, „ich hoffe, dass es, wenn du zu arbeiten anfängst, wieder etwas besser ist, und die Wirtschaftskrise endlich einmal ein Ende hat.“ Susan, Elisas Mutter, war alleinerziehend, es hatte nicht geklappt mit ihrer Ehe. Sie waren zu verschieden gewesen, und mit der Zeit hatten sich Elisas Eltern auseinandergelebt. Elisa lebte nun seit fünf Jahren schon mit ihrer Mutter allein. Aber sie hatten es sich schön eingerichtet, und Elisa ging eigentlich nichts ab. Es gefiel ihr sogar besser so, denn früher gab es oft Streit zwischen ihren Eltern, und oft genug herrschte tagelang dicke Luft, und Elisas Mutter hatte oft geweint und sich gekränkt gefühlt.

Seit der Trennung war es wieder besser geworden, und Elisa und ihre Mutter hatten sich gut aufeinander eingespielt.

„Sag mal, habt ihr nicht übernächsten Samstag dieses Musik-Event in der Schule?“ „Ja“, nickte Elisa kauend, „die Proben laufen auf Hochtouren.“ „Aha, und tut es dir nicht leid, dass du nicht mitsingst?“ „Ach weißt du“, sagte Elisa ausweichend, „ich bin eigentlich ganz froh, so hab ich nicht so viel Stress mit Proben und Lernen.“

„Aha“, Susan runzelte die Stirn, sagte aber nichts mehr. Und Elisa war ihr dafür sehr dankbar. Gleich nach dem Essen verdrückte sie sich wieder in ihr Zimmer und rief Jamie an. Jamie war ihr bester Freund in der Schule. Sie hatten eigentlich an einem Duett geprobt, doch die „nette“ Mary hatte ihr den Part weggeschnappt. Schon immer hatte sie versucht, Elisa alles streitig zu machen, immer wollte sie besser sein, und immer machte sie sich wichtig.

Elisa konnte Mary nicht ausstehen, vor ihr gab sie sich aber gleichgültig. Sie würde sich vor Mary nicht die Blöße geben, zuzugeben, wie sehr sie verletzt war. Es war ihr Gesangspart gewesen, sie liebte diesen Song und sie wusste, dass sie ihn eigentlich besser singen konnte als Mary. Aber Mary hatte sich wieder einmal beim Musikprofessor eingeschleimt und eine dramatische Szene hingelegt, als die Verteilung des Parts zu Elisas Gunsten auszufallen drohte. Elisa hätte sich wohl wehren sollen, für ihre Sache kämpfen sollen, doch diese Blöße, wie sie es nannte, wenn sie womöglich den Kürzeren ziehen würde, wollte sie sich nicht geben. Sie würde es nicht ertragen, von Mary und so manchen anderen aus ihrer Klasse auch noch verhöhnt zu werden.

Da stand sie lieber mit Würde über den Dingen und tat so, als wäre ihr daran ohnehin nichts gelegen. Nur schade, Jamie und sie hatten sich schon so sehr darauf gefreut.

Als Jamie abhob, fehlten Elisa auf einmal die Worte. „Hi Jamie“, sagte sie nur. „Hey Elisa. Wie geht’s?“ „ Ach ganz gut“, sagte Elisa gedehnt. „Ich hab heute einfach keinen Kopf fürs Vokabel-Lernen.“ „Bullshit, auf die habe ich völlig vergessen“, stöhnte Jamie. „Na ja, dann sind wir wenigstens schon zwei, die morgen schlecht abschneiden“, witzelte Elisa.

„Was machen denn die Proben?“ fragte Elisa nach einer Pause so beiläufig wie möglich. „Frag mich besser nicht“, erwiderte Jamie frustriert, „Mary setzt sich natürlich ständig in Szene und zickt andauernd herum. Kennst sie ja. Am liebsten würde ich den ganzen Kram wieder hinschmeißen. Macht so gar keinen Spaß mehr.“ „Ach du kriegst das schon hin“, Elisa war froh, dass Jamie sich negativ geäußert hatte, das machte ihr das Herz wieder leichter. Sie versuchte, so fröhlich wie möglich zu klingen, als sie schließlich fragte: „Übrigens ist bald das Celtic Summer Opening mit coolen Bands aus der Singer-Songwriter-Szene. Hast du Lust hinzugehen?“ Elisa liebte diese Art von Musik, und so war sie auf solchen Events nahezu immer anzutreffen. „Ja, warum nicht“, sagte Jamie leichthin. „Ist sonst sowieso nichts los.“ Elisa freute sich.

Jamie war wirklich ein guter Freund und vermochte sie aus ihren tiefen Löchern immer wieder herauszuholen.

Als sich Elisa wenig später wieder dem Vokabelheft widmete, seufzte sie mehrmals und versuchte die vielen Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen, wegzuwischen, um sich zum hundertsten Mal, wie es ihr schien, auf die Vokabeln zu konzentrieren.

Schließlich gab sie es auf. Ihr Kopf war voll von den Ereignissen des eben erst auf Avalon Erlebten, und sie kam nicht zur Ruhe. Der Test morgen wird wohl danebengehen, seufzend ging sie zu Bett. Alles wegschlafen und morgen ist hoffentlich ein besserer Tag.

Doch so richtig einschlafen konnte Elisa auch nicht. In ihrem Kopf spukte noch lange die schöne und geheimnisvolle Frau der Insel herum, und Isa, der so gut aussah und sie mit seinem unverschämten Grinsen herausgefordert hatte. Einen Augenblick lang hatte sie gedacht, ihn zu kennen, doch woher wohl? Nur von ihren Träumen? Oh Gott, was war nur los mit ihr. Obwohl er sie so betört hatte und alles neu und aufregend gewesen war, war er ihr so vertraut vorgekommen, als wären sie auf geheimnisvolle Weise zutiefst verbunden. Und wie er sie angesehen hatte. Immer wieder hatte er sie gemustert, als würde er nach etwas Vertrautem suchen. Und sie hatte sich so extrem stark zu ihm hingezogen gefühlt…

Und dann kreisten ihre Gedanken um Mary und Jamie und die Angst, den Verstand zu verlieren oder womöglich eines Tages in einem Dimensionsloch zu verschwinden und nie mehr zurück zu können. Sie musste sich jemandem anvertrauen, doch mit wem konnte sie darüber reden? Nicht einmal Malton würde sie von ihrer letzten Reise erzählen, er war noch so klein, damit konnte sie ihn unmöglich belasten…

Kapitel 5 - Einberufung des hohen Rates

Während Elisa doch noch einschlief, herrschte auf einer anderen Dimensionsebene Hochbetrieb.

Die Herrin vom See hatte Isa El Narijan, so hieß Isa mit vollem Namen, ausgeschickt, um den hohen Rat einzuberufen. So eilten von überall im Land, von weit und fern sowie von den umliegenden Inseln und Landesteilen die höchsten eingeweihten Priesterinnen und Merline herbei, Königinnen und Könige und Vertreter aller Völker, um der wohl wichtigsten Ratssitzung seit mehr als tausend Jahren beizuwohnen. Denn schon seit geraumer Zeit kündigten die Weissagungen der Propheten in allen Ländern einstimmig die Rückkehr der Einen an. Jener legendären Schülerin und Vertrauten der Herrin von Avalon, die so mutig gewesen war, zu inkarnieren und alle Freuden, aber auch Leiden des Menschseins als „Gewöhnliche“ zu erfahren, das Risiko in Kauf nehmend, im völligen Vergessen, wer sie in Wirklichkeit war, die große und gefürchtete Aufgabe anzunehmen, nämlich die beiden Welten, die Welt der Menschen und das Reich Ailantos, wieder zu vereinen – Ailantos, das Reich hinter dem Dimensionsschleier, in dem die letzten bewussten Menschen und die vielen anderen Wesen, bei uns nur noch aus Fabeln bekannt, wie Feen, Elfen und Meeres-Menschen, das Naturreich und alle seine Bewohner gleichermaßen lebten.

Denn einst waren diese Welten eine Welt gewesen, bis die Menschen habgierig wurden und immer mehr vergaßen, dass sie Hüter waren. Die Hüter dieses wunderbaren und herrlichen Reiches, das von überwältigender Schönheit und Fülle war. Diese Welt, Ailantos, war in Vergessenheit geraten. Sie war von Magie durchwoben, der reinen Kraft des Herzens. Und so geschah, was geschehen musste, und die Welt der Menschen rutschte in eine tiefere Dimensionsebene ab. In der Tiefe der Materie vergaßen die Menschen immer mehr, wer sie eigentlich waren, und Ailantos mit allen seinen Bewohnern geriet somit auch immer mehr in Vergessenheit, bis es lediglich zu einem Mythos wurde.

Avalon war lange Zeit die letzte Schnittstelle gewesen zwischen der Menschenwelt und Ailantos. Doch auch hier im Herzzentrum von Mutter Erde verdichteten sich die Energien, und Avalons Macht und Herrlichkeit schwand in eine höhere Dimensionsebene hinweg, bis es bald in Vergessenheit geraten war, und mit ihm die letzte Erinnerung an das „wahre Sein“.

Isa war eine der höchsten Wächterseelen und einer der größten Merline, die diese Welt je gesehen hatte, und er war seit unzählbar langer Zeit der engste Vertraute der Herrin von Avalon. Er diente ihr mit Respekt und Ehrerbietung für die gemeinsame Sache. Doch sein Herz gehörte schon immer Elisa, oder besser gesagt Eleysa Sasunaj, denn so hieß Elisa, als sie Ailantos verließ.

Es hatte ihn geschmerzt, dass sie ihn bei ihrem Besuch auf der Insel nicht wiedererkannt hatte. Er hatte seit ihrem Fortgehen jeden Tag nach ihr Ausschau gehalten, über die Jahrtausende hinweg, die in der Zwischenzeit auf der Erde der Menschenwelt verstrichen waren.

Was er nicht wusste war, dass Elisa sich Zeit ihrer vielen Leben, die sie auf der Erde durchlaufen hatte, immer nur nach ihm gesehnt hatte. Ihr Herz hatte ihn nicht vergessen, auch wenn sie nicht wusste, woher ihr Sehnen kam. Und so konnte in all den Inkarnationen niemals jemand den leeren Platz, den Isa El Narijan in ihrem Herzen hinterlassen hatte, auffüllen.

„Der Rat ist vollzählig“, verkündete Isa El Narijan, räusperte sich und blickte feierlich in die Runde.

Der Rat war ein bunter Kreis, bestehend aus jeweils einem Vertreter jeder so besonderen Art. So waren das Einhorn, der Wichtel, die Fee, die Meerjungfrau, die Elfen und Elben, die Zwerge, Alben und Falben, die Nymphen und Sylphen da, um nur einige aufzuzählen, jeweils ein oder zwei Vertreter jedes Volkes und auch jeder Tierart, und auch die letzten verbliebenen weisen Baumseelen waren gekommen.

Das Gemurmel der sich angeregt unterhaltenden Ratsmitglieder hatte schlagartig aufgehört, als Isa El Narijan das einleitende Wort ergriffen hatte, und alle hörten ihm aufmerksam zu.

„…Das, worauf wir so viele Jahrhunderte gewartet haben, ist eingetroffen. Eleysa Sasunaj ist zurückgekehrt“, sagte er gerade. „Die Herrin hat’s vorausgesehen und mich ausgeschickt, um nach ihr Ausschau zu halten. Vergangenen Vollmond ist sie zu uns gekommen, hat die Dimensionen durchdrungen, hat den Weg zurück gefunden, so wie sie und wir es einst geplant und gehofft hatten, um zu vollbringen, wozu sie ausgeschickt worden war: Die zwei Welten wieder zusammenzuführen. Bald schon wird sie wieder kommen, und sie wird unsere ganze Unterstützung brauchen. Aber hört, was uns die ehrwürdige Morgaine Le Fey zu sagen hat“, gab er das Wort an die Herrin von Avalon weiter.