Pflegenotstand? Doch nicht bei uns! - Anton Frank - E-Book

Pflegenotstand? Doch nicht bei uns! E-Book

Anton Frank

4,8

Beschreibung

Rund 1 Million Menschen arbeiten in der Gesundheits- und Krankenpflege, doch wie sieht der Alltag hinter den Kulissen aus? Der Autor Anton Frank hat über mehrere Jahre die Geschichten seiner Frau Barbara gesammelt, die als Krankenschwester auf einer Inneren Station arbeitet. 99 Geschichten erzählen in 6 Kapiteln von heiteren, amüsanten bis hin zu ernsten und dramatischen Momenten im stationären Alltagsbetrieb. Am Ende wird sichtbar: Es fehlt bis heute an Wertschätzung und Unterstützung durch die Politik und Gesellschaft, aber auch durch Verantwortliche vor Ort. Ein anrührendes und berührendes Buch, authentisch und ehrlich.

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Seitenzahl: 126

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Das Buch

Rund 1 Million Menschen arbeiten in der Gesundheits- und Krankenpflege, doch wie sieht der Alltag hinter den Kulissen aus? Der Autor Anton Frank hat über mehrere Jahre die Geschichten seiner Frau Barbara gesammelt, die als Krankenschwester auf einer Inneren Station arbeitet. 99 Geschichten erzählen in 6 Kapiteln von heiteren, amüsanten bis hin zu ernsten und dramatischen Momenten im stationären Alltagsbetrieb. Am Ende wird sichtbar: Es fehlt bis heute an Wertschätzung und Unterstützung durch die Politik und Gesellschaft, aber auch durch Verantwortliche vor Ort. Ein anrührendes und berührendes Buch, authentisch und ehrlich.

Der Autor

Anton Frank, verheiratet mit einer Krankenschwester, hat großen Respekt vor dem Engagement in den Pflegeberufen. Selbst in einem sozialen Beruf tätig, sucht er mit seiner Frau Barbara immer wieder Ausgleich in ausgedehnten Radtouren.

Inhalt

Vorwort

Kapitel: Krankenschwestern und Ärzte

Kapitel: Patienten und Angehörige

Kapitel: Stationsleitung, Pflegedienstleitung und Personalleitung

Kapitel: Fortbildungen

Kapitel: Das Krankenhaus als Unternehmen

Kapitel: Tod und Sterben

Nachwort

Die hundertste Geschichte: Widmung und Dank

Vorwort

„Ich muss zum Dienst …“ – wie oft habe ich diesen Satz im Laufe meines Lebens schon gehört. „Hoffentlich wird es nicht so schlimm“ folgt dann manchmal, „heute bin ich mit einer Schülerin allein auf der Station“ wird hinzu gefügt, oder auch „bei uns sind gerade alle krank“. Entsprechend selten habe ich erlebt, dass meine Frau Barbara entspannt in den Dienst gestartet ist. Und da hilft auch ein aufmunterndes „Du wirst es schon schaffen“ nicht allzu viel. Auf einer Inneren Station gibt es einfach keine Routine. Schwere Erkrankungen, noch unklare Diagnosen, Patienten, die wiederholt zum Entzug kommen, junge und alte, anstrengende oder ganz liebe Patienten: Es ist ein eigener Kosmos, unser Gesundheitssystem, und sobald die Arbeitskleidung angezogen ist, die Haare zum Pferdeschwanz gebunden sind, hat man zu funktionieren. Und es soll ja auch nichts schief gehen. Sind die Tabletten richtig gestellt? Hat man den zuständigen Arzt rechtzeitig informiert? Wissen die Angehörigen schon Bescheid? Sind die Unterlagen abgeholt? Dazwischen geht die Klingel. Müssen „Kurven“ geschrieben werden, sind „Pflegestandards“ einzuhalten. Ich gestehe, dass ich diese Dauerbelastung selbst kaum aushalten würde. Wie oft bringt meine Frau ihr Pausenbrot wieder mit nach Hause, weil sie keine Zeit gehabt hatte, es in Ruhe zu essen. Aber dann ist es doch irgendwann „geschafft“, und das ist meist ein gutes Gefühl. Nach Hause gehen zu können und zu wissen, die Verantwortung liegt jetzt in anderen Händen. Die Tasche abwerfen zu dürfen und sich an den Tisch zu setzen: Entweder ein spätes Mittagessen gegen 15 Uhr nach dem Frühdienst oder ein nächtliches Abendessen gegen 22 Uhr nach dem Spätdienst. Oder eben das „Frühstück“ gegen 15 Uhr nach dem Ausschlafen bei Nachtdiensten. Das kulinarische Privatleben braucht Flexibilität, und zum Glück arbeite ich einem Beruf, in dem ich mich darauf einstellen kann.

Ja, und dann wird erzählt. Nicht immer, aber oft genug, sodass ich irgendwann angefangen habe, die Geschichten aufzuschreiben. Datenschutz und Schweigepflicht zwingen dazu, die Geschichten zu anonymisieren, aber Namen und Orte des Geschehens sind auch völlig nebensächlich. Die Dinge hätten sich so auch in jedem anderen Krankenhaus zutragen können.

Bei aller Diskussion um unser Gesundheitssystem zeigt sich in diesen Geschichten, dass unser Gesundheitssystem nur „menschlich“ bleibt, wenn es gelingt, füreinander Verständnis aufzubringen, Geduld zu haben, nachsichtig zu sein und nicht zuletzt eine Stange Humor zu vertragen. Denn immer mehr Vorschriften engen den Spielraum ein und verhindern, dass mit „gesundemMenschenverstand“ gearbeitet und mit „Herz“ entschieden wird.

So möchte dieses Buch auch den Blick dafür öffnen, dass unsere Krankenhäuser immer noch Orte des Lebens sind mit der ganzen Palette des menschlichen Daseins: Trauriges und Vergnügliches, Ernstes und Heiteres. Und bei allem: Orte zutiefst menschlicher Erfahrungen. Viel Vergnügen bei der Lektüre!

1. Kapitel: Krankenschwestern und Ärzte

Auch in meiner Fantasie gibt es sie noch: die Krankenschwestern, die im Dienstzimmer mit der Kaffeetasse in der Hand schwatzend und gestikulierend alles Mögliche diskutieren, sich aber nicht darauf einigen können, wer aufspringt, um zu schauen, welcher unverfrorene Patient mal wieder geklingelt haben könnte. Man steht eigentlich nur auf, um die Kaffeemaschine neu zu befüllen. Oder eine rauchen zu gehen. Doch diese Vorstellungen entspringen wirklich der reinen Fantasie. Auch die „Halbgötter in Weiß“ gehören einer anderen Generation an. Ärzte sind heute nicht mehr die unumstrittenen Autoritäten, wie man sie vielleicht noch aus der „Schwarzwaldklinik“ im Fernsehen kennt. Und doch: All diese Bilder spielen unbewusst eine Rolle, sei es im Aufeinandertreffen von Patienten und Pflegepersonal, sei es im komplizierten Gefüge von Pflegekräften und Ärzten. Auch wenn man schnell untereinander auf Station per du ist, es gibt trotzdem Hierarchien, ausgesprochene und unausgesprochene. Da ist jemand eben „nur“ eine „einjährige Schwester“, die im Schnelldurchlauf ihre Ausbildung gemacht hat und entsprechend weniger Verantwortung zu tragen hat. Da ist eine Schülerin „Kurs 1“, „Kurs 2“ oder eben schon „Kurs 3“. Da gibt es Assistenzärzte, Oberärzte und Chefärzte. Letztlich ist es aber dann doch eher Zufall, ob eine gute Konstellation von Leuten aufeinander trifft oder ob die Zusammenarbeit immer wieder auf harte Proben gestellt wird. Wer Morgenmuffel ist, aber trotzdem zum Frühdienst anrücken muss, macht es den Kolleginnen nicht unbedingt leichter, mit dem Dienst zu beginnen. Wer privat viele Probleme zu lösen hat, bringt diese Stimmungen mit auf Station und kann unter Umständen ganz schön nerven mit all den Geschichten der ungelösten Probleme. Es ist sicherlich auch ein Unterschied, ob ein Team aus lauter Frauen besteht oder ob wenigstens ein, zwei Männer dabei sind. Alles in allem: Ein gutes Team gehört zur Arbeitszufriedenheit, mehr noch als ein üppiges Gehalt. Wenn Barbara davon spricht, dass sie ihre Arbeit nicht mehr machen könne, wenn sie nicht ein so gutes Team hätte, glaube ich ihr das sofort. Bei den folgenden Geschichten wird deutlich: Der Stationsalltag kann unglaublich hart und herausfordernd sein. Aber es gibt dazwischen immer wieder Momente des Überraschtseins, Slapstickmomente, die nur das Leben so erfinden kann. Schauen wir mal hinein in diesen Alltag von Höhen und Tiefen einer Krankenschwester.

Schmerzende Füße

Der neue Stationsarzt klagt: „Mir tun jeden Abend die Füße so weh! Darauf habe ich einfach keine Lust mehr!“ Er war zuvor in einer Reha-Einrichtung. Vermutlich waren da die Patienten immer zu ihm gekommen.

Wir, die wir gerne Wandern gehen, sitzen gerade entspannt am Küchentisch, als mir Barbara davon berichtet. Doch sie bestätigt mir ebenfalls: „Wenn man einige Tage frei hatte und dann nach dem ersten Dienst wieder nach Hause kommt, dann meint man, es würden einem die Füße abfallen!“ Erst am zweiten Tag ist es dann wieder besser.

„Was meinst du eigentlich, welche Strecken du in einer Schicht zurück legst?“ frage ich Barbara. „Kürzlich hat eine Kollegin mal einen Schrittzähler mitgebracht“, antwortet Barbara, „die ist auf fast 10 km gekommen!“ Ich bin beeindruckt, schaffe ich es doch in einer „Schicht“ maximal auf 10 Radkilometer.

Ein Arzt wie aus einer Fernsehserie

Ein neuer, attraktiver Stationsarzt arbeitet seit einiger Zeit auf der Station. Es ist Sonntagmorgen. Barbara kommt gegen 6 Uhr zum Dienst. Die Nachtschwester unterhält sich gerade mit den beiden Schwestern, die mit Barbara zum Frühdienst eingeteilt sind. Die drei sprechen darüber, dass das doch ein äußerst netter, attraktiver Arzt sei, der da neu angefangen habe. Wie aus dem Bilderbuch. Die etwa 50-jährige Nachtschwester sagt zur jüngeren der beiden Mitschwestern: „Tja, da bist du wohl zu spät dran. Er hat schon zwei Kinder!“ Die Schwester ist völlig überrascht. Barbara bestätigt: „Ja, das wusste ich auch schon!“ Völlig verblüfft antwortet die Mitschwester: „Barbara, hast du etwa die Lage auch schon gecheckt?“ Ehe Barbara antworten kann, ruft die Nachtschwester in die Runde: „Wir hatten eigentlich schon lange kein Techtelmechtel mehr auf Station!“

„Oh, diesen Arzt würde ich auch gerne mal kennenlernen“, meine ich am Nachmittag, gerade den Sonntagskuchen essend. „Wann gab es denn bei euch das letzte ´Techtelmechtel`?“ – „Das scheint wirklich schon lange zurück zu liegen“, antwortet Barbara, „das muss vor meiner Zeit gewesen sein. Da hat sich eine junge Schwester auf der Station einen Oberarzt geangelt …“ – „Sag mal“, meine ich, „kommt heute noch irgend so eine Arztserie, die wir schauen könnten?“

Frohe Weihnachten!

Arzt 1 verabschiedet sich bei Arzt 2: „Frohe Weihnachten!“ Keine ungewöhnliche Verabschiedung am 23. Dezember. Und Arzt 1 rauscht ab in den verdienten Urlaub über die Weihnachtsfeiertage. Ungewöhnlich nur: Barbara und Schwester Ilse stehen direkt daneben. Kein Ton zu ihnen. Als wären sie Luft. Etwas entgeistert schauen sie sich an. Arzt 1 ist ihr Stationsarzt.

Ich muss wirklich lachen, als mir Barbara etwas aufgebracht davon erzählt. „Aha“, denke ich, „da sind die Schwestern dann doch etwas empfindlich.“ Immerhin, in meiner „Firma“ gab es heute sogar ein weihnachtliches Kaffeetrinken zum Abschied in die Weihnachtsferien …

Egon

„Ich bin der Egon!“ – ein neuer Mitarbeiter steht morgens um 7 Uhr in einem weißen Kittel ohne Namensschild im Stationszimmer. Das wird auf einer großen Station schon seine Richtigkeit haben. Kurze Zeit später fragt er, was die „schwarz geschriebenen Namen auf dem Bildschirm“ zu bedeuten hätten. Barbara erklärt es ihm: „Das sind die Patienten, die angemeldet sind zur Aufnahme.“ Egon fragt zurück: „Wer nimmt sie auf?“ Die Antwort von Barbara: „Der Stationsarzt“, nicht wissend, dass „Egon“ der neue Stationsarzt ist. Der Nachname bleibt zunächst im Dunkeln. Aber er ist wirklich sehr nett, jung und hübsch und – so hofft Barbara – nicht nachtragend.

„Tja“, meine ich, „da werden eure Leute ja ganz schön ins kalte Wasser geworfen“ – und hoffe insgeheim, dass mich meine Frau auch noch „nett, jung und hübsch“ findet …

Die Tetanusspritze

Anruf von Barbara bei der Ambulanz im Haus. Ihr Anliegen: Sie braucht eine Tetanusspritze. Barbara fängt an zu erklären: „Wir haben einen Patienten mit einer Platzwunde am Augenlid …“, doch da wird Barbara schon unterbrochen: „Ja, der muss jetzt warten, wir haben keine Zeit!“, und schon will die Kollegin am anderen Ende den Hörer auflegen. „Halt!“, brüllt Barbara in den Hörer, „wir brauchen nur eine Tetanusspritze!“ – „Ach so“, kommt die Antwort, „ja die kannst du dir abholen.“

Ich muss herzlich lachen, als mir das Barbara bei Kartoffeln und Quark erzählt. Hatte ich doch selbst vor kurzem erst so meine Erfahrungen mit der völlig überlasteten Ambulanz gemacht. Ich hatte an einem Samstagvormittag einen Radunfall und entschloss mich, die Ambulanz des Krankenhauses aufzusuchen. Sozusagen im Selbstversuch. Beim Empfang kann ich mein Anliegen nicht schildern. „Gehen Sie einfach da rein zur Ambulanz“, werde ich gleich unterbrochen. Ich bekomme eine Nummer wie in einer Kfz-Zulassungsstelle zugeteilt. Es ist die Nummer „606“. „Es dauert aber noch eine Weile – da sind noch zwei weitere Patienten“, wird mir mitgeteilt. Nach einer guten halben Stunde wird die „606“ für das Behandlungszimmer 2 aufgerufen. Beim Händedruck zur Begrüßung der diensthabenden Schwester gibt es einen Aufschrei. „Oh“, entschuldige ich mich, „habe ich etwas zu fest zugedrückt?“ – „Nein, nein“, antwortet sie, „ich habe vergessen, dass mein kleiner Finger verletzt ist …“ Nach 20 Minuten des Wartens im Behandlungszimmer – als Lektüre gibt es nur den Krankenbericht auf dem Bildschirm des Computers am Tisch des Arztes, offensichtlich handelt es sich um ein kleines Mädchen, das vom Sofa gefallen ist – schaut die Schwester nochmals hinein. „Ist ER noch nicht da gewesen?“ fragt sie, um dann flüsternd hinzuzufügen: „Wissen Sie, er ist nicht gerade der Schnellste“. Die Vertraulichkeit rührt mich an. „Sie sind wirklich in der Reihenfolge“, versichert mir die Schwester. „Wir haben niemanden dazwischen genommen“. Tröstlich. „Ich mache mal die Türe auf, vielleicht geht es dann schneller“, ruft sie mir noch zu. Als der Arzt dann kommt, muss ich feststellen, dass ich mir wegen meiner Leisten- und Unterleibsbeschwerden, wegen derer ich gekommen war, umsonst Sorgen gemacht hatte. Sie interessieren ihn nicht. Ein kurzer Check der Gelenkigkeit der Beine, das war es dann auch schon. Dafür interessiert er sich aber sehr eingehend für die Schürfwunden, die ich mir zugezogen hatte. Sie könnten eine Schleimbeutelentzündung zur Folge haben, warnt er mich. Ich bin überglücklich für diesen Hinweis. Ob ich denn Schmerzmittel hätte, fragt er mich noch und als ich ihm verrate, dass meine Frau hier im Krankenhaus arbeitet, gibt er mir noch den guten Ratschlag: „Dann aber kein Aspirin!“ und er verabschiedet mich, während die Schwester die Schultern hochzieht und mich fragend ansieht …

Kein Wort

Frühstückspause bei den Schwestern. Das Gesprächsthema kommt auf die Frage, wie man am Morgen um 6 Uhr eigentlich zur Arbeit kommt. Schwester Lea mit ihren 63 Jahren erzählt, sie werde immer von ihrem Ehemann gebracht. Schon immer. Also auch, bevor er in den Ruhestand gegangen sei. Die Mitschwestern werden richtig neidisch. So ein Service! „Ja“, meint Lea, sie wecke ihn, wenn sie fast fertig sei, er ziehe sich ungewaschen an, hole das Auto aus der Garage und sie steige ein und er fahre los. Zehn Minuten später liege er wieder im Bett. Eine Kollegin meint dazu: „Na, da werdet ihr nicht viel miteinander reden“. Lea muss nachdenken. Nach einer Pause sagt sie: „Stimmt! Wir reden kein Wort!“

„Na“, meine ich zu Barbara, „soll ich dich jetzt auch jeden Morgen zum Frühdienst fahren, damit du bei deinen Mitschwestern punkten kannst?“ – „Nein, nein, um Himmels willen!“ antwortet Barbara, „um diese Zeit bist du so ein Morgenmuffel, da ist ´kein Wort reden` noch harmlos dagegen!“ Ich bin tatsächlich froh, dass Barbara bei Wind und Wetter gerne zu Fuß zur Arbeit geht, ohne Hilfe beanspruchen zu müssen.

Oberarzt und Chefarzt

Montags und freitags kommt der Oberarzt zur Visite. Am Mittwoch ist der Chefarzt dran. Zu Wochenbeginn startet also die Visite mit dem Oberarzt. Er setzt dabei verschiedene Medikamente an und ordnet Untersuchungen an. Am Mittwoch begleitet Barbara den Chefarzt bei der Visite. Beim Blick in eine Patientenkurve poltert er: „Wer hat denn das angesetzt?“ Barbara antwortet: „Der Oberarzt am Montag.“ Grummeln. „Ah ja.“ Am Freitag dann das umgekehrte Spiel. Barbara begleitet den Oberarzt bei der Visite. Er ärgert sich über das, was am Mittwoch angesetzt worden war.

„Nenne mal ein Beispiel“, fordere ich Barbara auf, als sie mir das erzählt. „Ja, am Mittwoch waren z. B. bei einem Patienten zwei Tumormarker angesetzt worden. Heute bemerkt dazu der Oberarzt: ´Wer setzt denn so einen Schwachsinn an? Damit kann man bei dieser Krebsart nichts herausfinden! 150 € in den Wind geschossen!“ Während ich nochmals einen Nachschlag vom Küchenherd hole, frage ich Barbara, ob sie als Schwestern denn auch manchmal den Eindruck hätten, dass da „Schwachsinn“ angesetzt werde und wie sie damit umgehen würden. „Ja“, meint Barbara, „heute hat z. B. der Oberarzt entsetzt festgestellt: ´Was? 3000 Kalorien täglich? Das geht doch überhaupt nicht!` Ich habe ihm geantwortet, dass wir niedriger angefangen hätten und der Oberarzt hat geantwortet: ´Ein Glück, macht weiter so!` Wir müssen uns also manchmal auch über chefärztliche Anweisungen hinwegsetzen, weil es anders einfach nicht geht und unverantwortlich wäre“, klärt mich Barbara auf.

Krankenschwestern sind ja nur doof