Pinocchio - Carlo Collodi - E-Book

Pinocchio E-Book

Carlo Collodi

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Beschreibung

Die kleine Holzpuppe Pinocchio hat nur einen Wunsch: ein richtiger Junge zu werden! Doch Pinocchio hat nur Unfug im Kopf. Blauäugig stolpert er von einem spannenden Abenteuer ins nächste und fällt dabei mehr als nur einmal auf seine lange Nase. Denn erst wenn er gelernt hat, dass sich Lügen, Faulheit und Ungehorsam nicht auszahlen, kann sein Wunsch in Erfüllung gehen.

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Seitenzahl: 186

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Gunter Pirntke (Herausgeber)

Carlo Collodi

Pinocchio

Impressum

Covergestaltung: Alexandra Paul

Digitalisierung: Gunter Pirntke

2012 andersseitig.de

ISBN: 978-3-95501-064-5

andersseitig Verlag

Dresden

www.andersseitig.de

[email protected]

(mehr unter Impressum-Kontakt)

Inhalt

Impressum

ERSTES ABENTEUER: Wie es zuging, dass ein Stück Holz lachte und weinte wie ein Kind

ZWEITES ABENTEUER: Meister Kirsche schenkt das Stück Holz seinem Freunde Geppetto

DRITTES ABENTEUER: Zu Hause schnitzt Geppetto sogleich eine Puppe

VIERTES ABENTEUER: Wie Pinocchio der Grille Herzetreu begegnet

FÜNFTES ABENTEUER: Pinocchio hat Hunger und findet ein Ei für einen Eierkuchen.

SECHSTES ABENTEUER: Dem Pinocchio brennen die Füße weg

SIEBENTES ABENTEUER: Der Hunger wird gestillt

ACHTES ABENTEUER: Geppetto opfert seine Joppe, um ein Abc-Buch zu kaufen.

NEUNTES ABENTEUER: Pinocchio verkauft das Abc-Buch, damit er ins Puppentheater gehen kann

ZEHNTES ABENTEUER: Die Holzpuppen erkennen ihren Bruder Pinocchio. Aber beinahe nimmt der Jubel ein schlimmes Ende

ELFTES ABENTEUER: Pinocchio wird wunderbar errettet und bewahrt seinen Freund Hanswurst vor einem traurigen Tode

ZWÖLFTES ABENTEUER: Der Puppenspieler Feuerteufel schenkt dem Pinocchio fünf Goldstücke

DREIZEHNTES ABENTEUER: Mit Fuchs und Katze im Wirtshaus »Zum Roten Krebs«

VIERZEHNTES ABENTEUER: Die Strafe folgt auf dem Fuße

FÜNFZEHNTES ABENTEUER: Die Räuber behandeln Pinocchio ziemlich unsanft

SECHZEHNTES ABENTEUER: Drei Ärzte sollen dem schönen Mädchen mit den blauen Haaren sagen, ob Pinocchio lebendig oder tot ist

SIEBZEHNTES ABENTEUER: Pinocchio will keinen Rizinus; darum hätten ihn beinahe die Totengräber geholt

ACHTZEHNTES ABENTEUER: Pinocchio geht doch noch mit Fuchs und Katze aufs Wunderfeld

NEUNZEHNTES ABENTEUER: Pinocchio verliert seine Dukaten und wird dafür—mit Gefängnis bestraft

ZWANZIGSTES ABENTEUER: Pinocchio will sofort ins Haus der Fee zurückkehren. Aber es gibt schreckliche neue Hindernisse

EINUNDZWANZIGSTES ABENTEUER: Pinocchio wird als Wache vor einen Hühnerstall gesetzt

ZWEIUNDZWANZIGSTES ABENTEUER: Pinocchio entdeckt die Diebe. Zum Lohn dafür gewinnt er die Freiheit wieder

DREIUNDZWANZIGSTES ABENTEUER: Pinocchio erfährt den Tod des schönen Mädchens mit den blauen Haaren und begibt sich auf die Suche nach seinem Väterchen Geppetto

VIERUNDZWANZIGSTES ABENTEUER: Pinocchio kommt auf die »Insel der fleißigen Bienen« und trifft dort eine alte Bekannte wieder

FÜNFUNDZWANZIGSTES ABENTEUER: Pinocchio will nun ein braver Junge werden

SECHSUNDZWANZIGSTES ABENTEUER: Pinocchio geht mit seinen Schulkameraden ans Meer, um den fürchterlichen Wal zu sehen

SIEBENUNDZWANZIGSTES ABENTEUER: Eine große Rauferei und ihre Folgen

ACHTUNDZWANZIGSTES ABENTEUER: Der Fischer mit den grünen Haaren will Pinocchio in der Pfanne braten

NEUNUNDZWANZIGSTES ABENTEUER: Pinocchio will nun ganz gewiss brav werden. Aber...

DREISSIGSTES ABENTEUER: Statt ein Junge zu werden, geht Pinocchio heimlich mit seinem Freund Strich auf eine Reise

EINUNDDREISSIGSTES ABENTEUER: Pinocchio reist ins Kinderspielland und lebt dort fünf Monate herrlich und in Freuden

ZWEIUNDDREISSIGSTES ABENTEUER: Das dicke Ende kommt nach

DREIUNDDREISSIGSTES ABENTEUER: Pinocchio erleidet Eselsschicksale

VIERUND DREISSIGSTES ABENTEUER: Begegnung mit den kleinen Fisch und dem großen Wal

FUNFUND DREISSIGSTES ABENTEUER: Pinocchio entdeckt im Bauche des Wals einen alten Bekannten

ERSTES ABENTEUER: Wie es zuging, dass ein Stück Holz lachte und weinte wie ein Kind

Es war einmal - »Ein König!«, ruft ihr gewiss alle, wenn ihr diese Geschichte lest. Falsch geraten! Es war einmal - ein Stück Holz.

Es war kein besonderes Holz, sondern nur ein einfaches langes Holzscheit, wie man es winters m den Kamin wirft, damit es Jen Menschen Wärme gibt.

Ich weiß nicht, wie es kam, aber dieses Stück Holz geriet eines schönen Tages in die Werkstatt eines alten Schreiners. Er hieß eigentlich Meister Anton, doch jeder nannte ihn Meister Kirsche wegen seiner Nasenspitze, die dunkelrot glänzte wie eine reife Kirsche.

Nun hielt unser Meister Kirsche just Ausschau nach Arbeit. Da fiel sein Blick auf dieses Stück Holz. Er wurde ganz heiter, rieb sich zufrieden die Hände und brummte vor sich hin:

»Du kommst mir gerade recht. Ich will ein Tischbein aus dir machen.«

Gesagt, getan. Er holte die Axt und schärfte sie, damit er die Rinde recht sauber abschälen könne; sie kam ihm sehr fest vor. Meister Kirsche hob die Axt und wollte gerade zuhauen, da blieb ihm der Arm vor Schreck in der Luft stehen. Denn er hörte ein fiepsfeines Stimmchen flehentlich bitten: »Hau mich nicht!«

Ihr könnt euch denken, wie dem guten alten Meister Kirsche zumute war. Seine Augen irrten suchend in der Werkstatt umher. Wo um alles in der Welt sollte dieses Stimmchen hergekommen sein? Er sah unter die Bank - niemand; er sah in einen Schrank, der immer zugeschlossen war - niemand; er öffnete die Tür der Werkstatt und warf einen Blick auf die Straße - niemand. Also?

Da kratzte er sich die Perücke und lachte und sagte: »Sieh einmal an. Ich habe mir das Stimmchen eingebildet. Gehen wir wieder an die Arbeit.« Und er nahm die Axt in die Hand und schlug kräftig auf das Stück Holz los.

»Au, du hast mir wehgetan!«, schrie das Stimmchen kläglich.

Diesmal war Meister Kirsche starr vor Schrecken. Die Augen kullerten fast aus dem Kopf, der Mund blieb offen stehen, die Zunge hing ihm schlaff bis aufs Kinn. Er sah aus wie der Wasserspeier an einem Brunnen. Es dauerte eine Weile, bis er wieder Worte fand. Dann stammelte er mit zitternden Lippen:

»Woher ist bloß das Stimmchen gekommen? Hier ist ja keine Menschenseele. Aber es hat doch >Au< gerufen. Sollte etwa dieses Stück Holz weinen und jammern wie ein Kind? Das kann ich nicht glauben. Anton, sieh es dir einmal ruhig an: es ist ein Stück Holz wie alle anderen. Man kann es ins Feuer werfen und eine Bohnensuppe darauf kochen. Oder... sollte jemand darin stecken? Ach was! Und wenn jemand darin steckt, um so schlimmer für ihn: Ich will es jetzt herauskriegen.«

Mit diesen Worten packte er das arme Stück Holz mit beiden Händen und schleuderte es ohne Mitleid gegen die Wand. Danach horchte er, ob sich jetzt ein Stimmchen beklage. Er wartete eine Minute - nichts; fünf Minuten - nichts; zehn Minuten — immer noch nichts.

»Gut«, sagte er, kratzte sich wieder die Perücke und lachte nicht ganz so frei heraus wie das erste Mal, »ich habe mir das Stimmchen, das >Au< geschrien hat, eingebildet. Gehen wir wieder an die Arbeit.« Und weil ihm der Schreck noch in den Gliedern steckte, suchte er vor sich hin zu trällern, um sich ein wenig Mut zu machen.

Doch legte er die Axt beiseite und nahm den Hobel in die Hand. Vielleicht war es besser, wenn er das Stück Holz mit diesem Werkzeug glättete. Aber als er so mit dem Hobel auf- und niederfuhr, hörte er wieder das Stimmchen. Es kicherte und rief:

»Hör auf! Du kitzelst mich!«

Diesmal sank der arme Meister Kirsche wie vom Blitz getroffen nieder. Als er wieder die Augen aufschlug, saß er auf dem Boden. Sein Gesicht hatte sich verwandelt, und sogar die Nasenspitze war nicht mehr dunkelrot, sondern vor großem Schrecken dunkelblau.

ZWEITES ABENTEUER: Meister Kirsche schenkt das Stück Holz seinem FreundeGeppetto

Da klopfte es an die Tür.

»Herein«, sagte der Schreiner, aber er hatte noch nicht die Kraft, sich aufzurichten.

In die Werkstatt trat ein altes, munteres Männchen mit Namen Geppetto. Aber die Kinder in der Nachbarschaft riefen ihn gern, wenn sie ihn ärgern wollten, bei seinem Spitznamen »Maisschopf«, denn seine Perücke war so gelb wie Mais. Dann wurde er jedes Mal fuchsteufelswild, denn er neigte zum Jähzorn und seine Wut kannte keine Grenzen.

»Grüß Gott, Meister Anton«, sagte Geppetto. »Was tut Ihr hier auf der Erde?«

»Ich lehre die Ameisen das Einmaleins.« »Wenn es Euch nur Spaß macht.« »Was hat Euch hergeführt, Gevatter Geppetto?« »Die Beine! - Hört, Meister Anton, ich möchte Euch um eine Gefälligkeit bitten.«

»Und das wäre?«

»Heute früh ist mir ein Gedanke gekommen.«

»Lasst hören.«

»Ich will mir eine schöne Holzpuppe schnitzen, eine ganz wunderbare, die tanzen, fechten und Purzelbäume schlagen kann. Mit dieser Puppe reise ich durch die Welt und verdiene mir auf solche Weise mein Stück Brot und mein Glas Wein. Was sagt Ihr dazu?«

»Ei, fein, kleiner Maisschopf«, piepste da wieder das Stimmchen, von dem man nicht wusste, woher es kam. Als Gevatter Geppetto diesen Namen hörte, wurde er rot wie ein Puter und wütete los:

»Warum beschimpft Ihr mich?«

»Wer beschimpft Euch?«

»Ihr habt mich Maisschopf geschimpft.«

»Ich habe Euch gar nicht geschimpft.«

»Oho! Wollt Ihr sagen, ich hätte mich selber geschimpft? Ihr habt mich beschimpft!«

»Nein!«

»Ja!«

»Nein!«

»|a!«

Sie gerieten immer mehr in Hitze, aus Worten wurden Taten, sie packten sich beim Schopfe und gingen mit Zähnen und Närrin aufeinander los. Als der Kampf zu Ende war, fand sich die gelbe Perücke von Geppetto in den Fingern von Meister Anton, und Geppetto hatte die graue Perücke des Schreiners zwischen den Zähnen.

»Gib mir meine Perücke wieder«, rief Meister Anton.

»Und du mir meine, und dann schließen wir Frieden.«

Jeder nahm seine Perücke in Empfang, und danach drückten sich die beiden alten Kampfhähne die Hand und schworen, sie wollten zeit ihres Lebens gute Freunde bleiben.

»Also, Gevatter Geppetto«, sagte der Schreiner nach dieser Versöhnung ganz friedlich, »was wollt Ihr nun von mir?«

»Ich hätte gern ein Stück Holz, aus dem ich meine Puppe schnitzen kann. Könnt Ihr mir eins geben?«

Meister Anton kam die Bitte gerade recht. Er nahm das Stück Holz, das ihm so unheimlich gewesen war. Aber als er es dem Freunde reichen wollte, versetzte es ihm einen heftigen Stoß, schnellte ihm aus den Händen und schlug dem armen Geppetto an die dünnen Schienbeine.

»Oho, Meister Anton, so freundlich macht Ihr Eure Geschenke? Ihr habt mir beinahe das Schienbein zerschlagen!«

»Aber nein, ich doch nicht!«

»Soll ich es etwa gewesen sein?«

»Das Holz ist schuld.«

»Ja freilich, das Holz! Ihr habt es mir ans Bein geworfen!«

»Ich nicht!«

»Lügner!«

»Geppetto, beschimpft mich nicht! Sonst nenne ich Euch Maisschopf!«

»Esel!«

»Maisschopf!«

Als Geppetto sich wieder Maisschopf schimpfen hörte, geriet er vor Wut ganz außer sich und stürzte auf Meister Anton los. Schon gab es die schönste Balgerei, und wer hätte die vier Arme und vier Beine noch auseinander finden können!

Schließlich war der Kampf zu Ende, Meister Anton hatte zwei Kratzer mehr auf der Nase und Gevatter Geppetto zwei Knöpfe weniger an der Jacke. Nachdem sie so ihre Rechnung ausgeglichen hatten, drückten sie sich die Hand und schworen, sie wollten zeit ihres Lebens gute Freunde bleiben.

Dann nahm Geppetto sein Stück Holz unter den Arm, dankte Meister Anton und hinkte nach Hause.

DRITTES ABENTEUER: Zu Hause schnitztGeppettosogleich eine Puppe

GeppettosHaus war kein Palast; der Alte wohnte in einem Stübchen zu ebener Erde, das nur von einem kleinen Fenster Licht empfing. Der Hausrat konnte nicht einfacher sein: ein schlechter Stuhl, ein nicht sehr gutes Bett und ein wackliger Tisch. Hinten an der Wand brannte Feuer in einem kleinen Kamm; aber das Feuer war gemalt, und auf dem Feuer stand ein Topf und kochte lustig und dampfte eine Rauchfahne in die Luft. Sie sah wahrhaftig aus wie richtiger Rauch.

Kaum war Geppetto hier angelangt, nahm er das Messer zur Hand und machte sich daran, seine Puppe zu schnitzen. Dabei überlegte er, wie der Holzbub heißen solle. »Ich hab's«, rief er plötzlich. »Ich nenne ihn Pinocchio. Dieser Name bringt ihm sicher Glück.«

Als er nun für seinen Holzbub den Namen wusste, schaffte er flink drauflos und machte ihm zuerst die Haare, dann die Stirn, dann die Augen. Und stellt euch vor: Die Augen lebten. Sie blickten ganz fest auf Geppetto. Erst glaubte er, er sähe nicht recht, dann erschrak er beinahe und sagte betroffen: »Ihr Holzaugen, was seht ihr mich an?« — Keine Antwort. Nun machte er ihm die Nase. Aber, o Schrecken, diese Nase wuchs und wuchs und hörte gar nicht auf. Der arme Geppetto schnipselte mit dem Messer daran herum, doch er mochte schneiden, soviel er wollte, die Nase wuchs, soviel sie wollte. Schließlich war sie genug gewachsen. Und sie war ungebührlich lang.

Nach der Nase machte er ihm den Mund. Er schnitzte noch daran herum, da begann dieser Mund, schon zu lachen und zu spotten. »Hör auf!«, rief Geppetto böse. Doch der Mund dachte gar nicht daran.

»Willst du wohl aufhören!« Das klang schon bedrohlicher. Der Mund wurde still, aber jetzt kam die Zunge heraus.

Geppettotat, als sähe er es nicht. Er musste erst einmal sein Werk vollenden. Er schnitzte Kinn, Hals, Schultern, Bauch, Arme und Hände.

Kaum hatte er die Hände fertig, spürte er plötzlich, dass ihm seine gelbe Perücke fehlte. Und was glaubt ihr, wer sie ihm stibitzt hatte? Der Holzbub!

»Pinocchio! Gib mir sofort die Perücke wieder!«

Pinocchio dachte gar nicht daran. Er setzte sie sich selber auf. Natürlich fiel sie ihm so tief über den Kopf, dass er fast erstickt wäre. Diese Frechheit ging Geppetto sehr zu Herzen. Er sagte traurig: »Was bist du für ein Schlingel! Du bist noch nicht einmal fertig und schon verspottest du deinen alten Vater. Ach, Pinocchio! Mein Purzel!« Und seine Augen wurden feucht. Nun fehlten noch Beine und Füße. Als er sie geschnitzt hatte, fasste er den Pinocchio unter die Arme und stellte ihn auf die Erde, denn er sollte laufen lernen. Seine Beine waren steif, er verstand sie noch nicht zu bewegen. Geppetto führte ihn an der Hand und lehrte ihn einen Schritt nach dem andern tun.

Jetzt waren die Beine gelenkig geworden. Pinocchio spazierte schon allein durch die Stube und auf einmal stürmte er durch die Tür einfach auf die Straße und lief davon.

Der arme Geppetto rannte hinter ihm her, doch er konnte ihn nicht einholen, denn Pinocchio, dieser Schelm, schlug Haken wie ein Hase. Seine Holzfüße klapperten wild auf dem Straßenpflaster. - »Fasst ihn! Fasst ihn!«, schrie Geppetto. Aber die Leute blieben stehen und schauten dem Holzbuben nach und lachten, ihr könnt euch denken, wie sehr.

Da, o Glück, erschien ein Polizist. Er hatte den Lärm gehört, dachte, hier sei ein Füllen durchgegangen, und pflanzte sich mutig mit gespreizten Beinen mitten auf die Straße, um das wilde Füllen aufzuhalten.

Als Pinocchio sah, dass der Polizist die ganze Straße sperrte, wollte er ihm flink zwischen den Beinen durchschlüpfen. Aber er hatte Pech. Der Mann packte ihn fein säuberlich an der Nase - eine so große Nase war ja wie geschaffen für Polizistenfäuste — und gab ihn in die Hände von Geppetto zurück. Der nahm ihn am Genick, schleppte ihn ein paar Schritte weit und drohte: »Marsch, nach Hause! Du kannst sicher sein, dort rechnen wir ab!«

Bei dieser bedeutungsvollen Einleitung warf sich Pinocchio auf die Erde und ging einfach nicht weiter. Inzwischen hatten sich Gruppen von Neugierigen und Tagedieben um die beiden gesammelt. Der eine sagte dies, der andere das.

»Armer Holzbub!«, riefen ein paar. »Er hat Recht, dass er nicht nach Hause will. Weiß der Kuckuck, wie ihn dieser grässliche Geppetto verhauen würde!«

Und andere fügten boshaft hinzu: »Dieser Geppetto sieht so freundlich aus, aber er ist ein wahrer Kinderschreck. Wenn wir den armen Holzbuben in seinen Händen lassen, ist er imstande und haut ihn in Stücke!«

Kurz, sie eiferten so lange, bis der Polizist den Pinocchio befreite und den Geppetto ins Gefängnis führte.

Ach, der Arme fand vor Entsetzen keine Worte, mit denen er sich hätte verteidigen können. Er jammerte auf dem Weg in den Kerker leise vor sich hin: »O du ungeratener Sohn. Wie viel Mühe habe ich mir gegeben, einen ordentlichen Holzbuben zu schnitzen, und nun? Doch mir geschieht schon recht. Warum habe ich dich geschnitzt!«

Was weiter geschah, ist so verwunderlich, dass ihr es kaum glauben werdet. Aber lest nur selbst!

VIERTES ABENTEUER: Wie Pinocchio der GrilleHerzetreubegegnet

Der arme Geppetto also war ohne seine Schuld ins Gefängnis gewandert und Pinocchio, dieser Schelm, den Fäusten des Polizisten entwischt. Er lief flink durch die Felder nach Hause. In seinem Eifer kletterte er die steilsten Abhänge herunter und hinauf und setzte über Dornenhecken und Wassergräben nicht weniger behände als ein Zicklein oder ein junger Hase, den die Jäger verfolgen.

Zum Glück war die Tür zu Flause nur angelehnt, er stieß sie .ml und trat in die Stube, schob den Riegel vor, plumpste ganz atemlos auf den Boden und tat vor Zufriedenheit einen langen Seufzer. Da zirpte jemand hinter ihm:

»Kn-kri-kri!«

»Wer ist hier?«, fragte Pinocchio ganz erschrocken.

»Ich«, zirpte es wieder.

Pinocchio drehte sich um und sah eine dicke Grille, die langsam an der Wand hinaufstieg.

»Ei, Grille, wer bist du, und was willst du hier?«

»Ich bin die Grille Herzetreu und habe auf dich gewartet.«

»Ich will aber allein sein«, brummte der Holzbub nicht eben höflich. »Tu mir den Gefallen und mach, dass du hinauskommst, ohne dich noch einmal umzudrehen.«

Die Grille zirpte zurück: »Ich kann noch nicht gehen, ich muss dir zuvor ernsthaft ins Gewissen zirpen.«

»Also zirp, und dann hinaus mit dir!«

»Pinocchio, hör auf die Grille Herzetreu: Du hast dem guten Vater Geppetto nicht gehorcht und dich einfach davongemacht. Wehe dir, dass du ihn so betrübst! Du wirst es nicht gut haben in der Welt. Früher oder später wirst du es bitter bereuen.«

»Zirp nur, du alte Grille, soviel es dir Spaß macht! Morgen früh ziehe ich doch in die weite Welt. Denn ich weiß schon, wenn ich dableibe, geht es mir wie den anderen Kindern: Ich muss zur Schule, ob ich will oder nicht, und über den Büchern sitzen. Ich mag aber nicht über den Büchern sitzen. Verstehst du nicht, Grille? Ich will lieber Schmetterlinge fangen und auf Bäume klettern und die kleinen Vögel aus dem Nest holen.«

»Du Dummkopf! Tust du das, dann wirst du, wenn du groß bist, ein Esel, und alle machen sich über dich lustig.«

»Sei still, alte Unkegrille!«, schrie Pinocchio.

Aber die Grille war geduldig und weise. Sie zürnte nicht, dass Pinocchio ungezogen war, sondern zirpte ruhig weiter:

»Und wenn du nicht zur Schule gehen magst, warum lernst du nicht wenigstens ein Handwerk, damit du dir in Ehren ein Stück Brot verdienen kannst?«

»Warum? Das will ich dir sagen.« Pinocchio verlor allmählich die Geduld. »Von allen Handwerken der Welt gefiele mir nur ein einziges.«

»Und das wäre?«

»Essen, trinken, schlafen, Kurzweil treiben und von morgens bis abends bummeln.«

»Lass dir erzählen«, sagte die Grille mit der gewohnten Ruhe, »dass alle, die dieses Handwerk treiben, im Spital oder im Gefängnis enden.«

»Hüte dich, alte Unkegrille! Wehe, wenn ich in Zorn gerate!«

»Armer Pinocchio, du tust mir wirklich leid!«

»Warum tu ich dir Leid?«

»Ach, Pinocchio, du bist ein Holzbub und, was schlimmer ist, du hast einen Holzkopf.«

Bei diesen letzten Worten sprang Pinocchio zornentbrannt auf, nahm den Holzhammer von der Bank und schleuderte ihn gegen die Grille Herzetreu.

Vielleicht dachte er, er würde sie nicht treffen - aber unglückseligerweise traf er sie gerade an den Kopf, sodass die arme Grille eben noch ein letztes »Kri-kn-kri« zirpen konnte, und dann klebte sie tot an der Wand. So schlug Pinocchio die Grille Herzetreu tot, die ihm ins Gewissen gezirpt hatte.

FÜNFTES ABENTEUER: Pinocchio hat Hunger und findet ein Ei für einen Eierkuchen.

Inzwischen war es Abend geworden. Pinocchio hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen und der Magen knurrte ihm. Er ging an den Kamin, denn da stand doch ein Topf auf dem Feuer und kochte und dampfte. Er wollte den Deckel abheben und nachschauen, was darin brutzelte - aber ach, der Topf war ja an die Wand gemalt!

Seine Nase war wahrlich lange genug, doch jetzt wurde sie um wenigstens vier Finger länger.

Nun kramte er alle Schubladen durch und suchte in allen Regalen — es musste ja ein bisschen Brot da sein, nur eine trockene Rinde oder irgendetwas zu beißen! Aber er fand nichts.

Und der Hunger wuchs und wuchs. Der arme Pinocchio riss den Mund weit auf und musste immerzu gähnen, und dann spuckte er — oh, er verging beinahe, so weh tat ihm der Magen.

Da weinte er bitterlich und sagte: »Ach, die Grille Herzetreu hat Recht gehabt! Ich hätte meinem Vater gehorchen und zu Hause bleiben müssen. Wäre jetzt mein Väterchen hier, dann gäbe es mir bestimmt zu essen. Huh, wie tut Hunger weh!«

Und seine Augen verdrehten sich vor lauter Jammer. Plötzlich blieben sie an einem Haufen Hobelspäne dort in der Ecke hängen. Was glänzte da Rundes, Weißes? Aufspringen und drauflos stürzen war eins. Wahrhaftig, ein Ei! In unbeschreiblicher Freude drehte er das Ei in den Händen hin und her, er streichelte es, er gab ihm einen Kuss, und dann überlegte er:

»Was soll ich mir aus dem Ei machen? Einen Eierkuchen? Nein, lieber will ich es kochen! Oder schmeckt es besser als Rührei? Oder koche ich es so weich, dass ich es trinken kann? Ach was, am flinksten brät es in der Pfanne, ich habe zu großen Hunger!«

Gesagt, getan. Er setzte eine kleine Pfanne auf den Herd, in dem noch die Holzkohle glühte. In die Pfanne tat er statt Öl oder Butter ein wenig Wasser, und als es anfing zu dampfen, schlug er — tack — das Ei auf und wollte es hineingeben — da sprang hurtig statt Eiweiß und Dotter ein artiges Vögelchen heraus, machte einen schönen Knicks und sagte:

»Tausend Dank, Herr Pinocchio! Sie haben mich der Mühe enthoben, selber die Schale aufzupicken. Auf Wiederschaun, lassen Sie es sich gut gehen und grüßen Sie bestens zu Hause!« Sprach's, spreizte die Flügelchen und flatterte durchs offene Fenster davon. Der arme Holzbub stand wie gebannt mit starren Augen und offenem Mund, die leere Schale in der Hand. Doch als er sich vom ersten Schreck erholt hatte, fing er an, zu brüllen und mit den Füßen zu stampfen. »Natürlich hat die Grille Recht gehabt! Wäre ich doch damals zu Hause geblieben! Dann musste ich nicht Hungers sterben. Huh, wie tut Hunger weh!«

Der Magen knurrte ihm mehr denn je, und er wusste nicht, wie er ihn beruhigen sollte. Ob er das Haus verlassen und ins nahe Dorf gehen sollte? Vielleicht fände er eine mitleidige Seele die ihm ein Stück Brot spenden würde.

SECHSTES ABENTEUER: Dem Pinocchio brennen die Füße weg

Draußen war eine böse Herbstnacht. Es blitzte, als hätte der ganze Himmel Feuer gefangen, der Donner grollte, und ein hässlicher kalter Wind pfiff um alle Ecken, wirbelte Wolken von Staub vor sich her und machte die Bäume auf dem offenen Lande krachen und ächzen. Pinocchio hatte große Angst vor Donner und Blitz, aber der Hunger war größer als die Angst. Er riss die Haustür auf und war mit hundert Sprüngen im Dorf.