Planetenroman 97 + 98: Coucoulou, der Clown / Zeitschiene Midas - H.G. Francis - E-Book

Planetenroman 97 + 98: Coucoulou, der Clown / Zeitschiene Midas E-Book

H. G. Francis

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Beschreibung

Die frühen Abenteuer der USO-Agenten Ronald Tekener und Sinclair Marout Kennon sind bei den Lesern zu Recht beliebt. Zwei weitere Geschichten zeigen die beiden Agenten in Aktion. Nach dem Zerfall des Vereinten Imperiums kommt es im ehemaligen Herrschaftsgebiet der Arkoniden zu immer schwereren Auseinandersetzungen. Tekener und Kennon müssen ihre ganzen Fähigkeiten einsetzen, um milliardenfaches Leid abzuwenden und einen drohenden Sternenkrieg zu verhindern ... Kennon und Tekener folgen einer rätselhaften Einladung. Diese führt sie in die Milliardenstadt eines Kolonialplaneten, der seit 200 Jahren von einer mysteriösen Gruppe beherrscht wird, deren Angehörigen sich als Primaner bezeichnen. Die beiden USO-Agenten kommen dem Geheimnis ihrer Macht auf die Spur, und das Grauen macht sich breit ...

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Band 97/98

Coucoulou, der Clown

Zeitschiene Midas

H. G. Francis

Cover

Rückentext

Coucoulou, der Clown

Gefahr aus fremder Dimension

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

Nachwort

Zeitschiene Midas

Voyeure im Zeitstrom

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

Nachwort

Vorschau

Impressum

Das Psychoteam im Einsatz

Die frühen Abenteuer der USO-Agenten Ronald Tekener und Sinclair Marout Kennon sind bei den Lesern zu Recht beliebt. Zwei weitere Geschichten zeigen die beiden Agenten in Aktion.

Nach dem Zerfall des Vereinten Imperiums kommt es im ehemaligen Herrschaftsgebiet der Arkoniden zu immer schwereren Auseinandersetzungen. Tekener und Kennon müssen ihre ganzen Fähigkeiten einsetzen, um milliardenfaches Leid abzuwenden und einen drohenden Sternenkrieg zu verhindern ...

Inhaltsverzeichnis

Erstes Buch

Coucoulou, der Clown

Coucoulou, der Clown

Gefahr aus fremder Dimension

Man kann das 13. Jahrhundert der Neuen Galaktischen Zeitrechnung nur verstehen, wenn man weiß, welche Wunden die Jahrhunderte lange Herrschaft der Herren der Straßen geschlagen hat. Diese wiederum kann man nur verstehen, wenn man weiß, dass die Grundlage all dieser Probleme der Transfer der Galaxis Hangay von einem Universum zum anderen war.

Und da stellt sich die Frage: Warum wurde Hangay ausgerechnet in unser Universum versetzt?

Sicher, es handelte sich um einen jener undurchschaubaren Pläne von Superintelligenzen, die große Teile der Geschichte der Menschheit bestimmt haben. Aber lag es nur daran, dass ESTARTU als die »Schwester« von ES sich das heimatliche Universum des »Bruders« als Ziel ausgesucht hat? Das wäre wohl zu menschlich gedacht.

Neuere Forschungen gehen davon aus, dass es in der Geschichte des »Einsteinuniversums« viele Berührungen mit anderen Universen gab, in denen Bewohner jener Kosmen versuchten, in unser Universum einzudringen. Wir wissen von den wenigsten, weil sie sich zumeist auf abgelegenen Welten oder gar im Weltraum ereigneten, und gab es Gefahr (denn Gutes haben interuniverselle Wanderer offenbar eher selten im Sinn), so wurde sie eher zufällig von gerade anwesenden Vertretern des Sternenreiches der Menschheit abgewehrt wurde. Ist das Einsteinuniversum ein »Attraktor« für Flüchtlinge aus anderen Universen?

Wir reden hier nicht von naturwissenschaftlichen Zufälligkeiten wie der immer noch nicht hinreichend erforschten Überlappung mit dem »Roten Universum« der Druuf in den Jahren 2040 bis 2044 christlicher Zeitrechnung. Es geht hier vielmehr um die Versuche von Lebewesen aus anderen (häufig, aber nicht immer) sterbenden Universen, sich in das unsere zu retten. Und davon gab es bereits zu Zeiten des Solaren Imperiums weitaus mehr, als allgemein bekannt ist.

Denken wir zum Beispiel an die 2044 überraschend gemachte Feststellung, dass das aus dem Galaktischen Rätsel der kosmischen Frühzeit der Menschen bekannte Gom von einer künstlichen Wesenheit aus einem anderen Universum versklavt wurden, die »zufällig« hier gestrandet war.

Ein anderer Vorfall dieser Art ereignete sich 2397 in der Umgebung des ansonsten vollkommen unauffälligen Planeten Dorkaynt. Er wurde nie publik gemacht, sondern verschwand in den Archiven der USO. Da diese nach der Auflösung der United Stars Organisation während der Larenkrise zu großen Teilen verloren sind, darf man davon ausgehen, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt – und dass mehr solcher »Fälle« immer noch in Quinto-Center unter Verschluss liegen ...

1.

»Coucoulou«, sagte der Ara, der vornübergebeugt über dem Verkaufstisch hing wie eine große Spinne und Ronald Tekener durch eingetrübte Kontaktlinsen musterte. »Er ist der Clown. Er hat einen geradezu umwerfenden Erfolg auf Cores-Tra. Das Volk überschlägt sich vor Begeisterung. Über niemanden hat man je so gelacht wie über ihn.«

Coucoulou hüpfte, tänzelte und watschelte so urkomisch über den Bildschirm, dass auch der Galaktische Spieler lachen musste. Belustigt verfolgte er die Späße des Clowns und stimmte gleich darauf in das Gelächter des Aras ein, als der Clown einen Witz erzählte.

»Allein die Maske ist schon so gut, dass man lacht, bevor er den Mund aufgemacht hat«, bemerkte der Ara. Er griff nach einer mit edlem Holz ausgelegten Waffe und drehte sie in den Händen. »Er sieht aus wie ein Laufvogel mit extrem langem Hals, der herzerweichend schielt und dem etwas Rundes im Hals steckengeblieben ist.«

Ronald Tekeners Blick fiel auf die Waffe. Er nahm sie dem Ara aus den Händen und betrachtete sie. Er erkannte sie sofort. Es war eine Banzuira, eine Handfeuerwaffe, die von einem rätselhaften Volk auf dem Planeten Soscorpa entwickelt worden war. Mit ihr konnten parapsychische Energiestoßwellen emittiert werden. Sie lösten schwere seelische Störungen aus, die die Opfer für mehrere Wochen praktisch kampfunfähig machten. Die Waffe gewann ihre Energie aus einem blauen Kristall, der auf Soscorpa gefunden wurde und der es offenbar möglich machte, parapsychische Energie aus den Bestrahlten selbst abzuziehen.

»Es ist ein besonders edles Stück«, beteuerte der Ara. Er hatte ein hageres Gesicht mit tief eingefallenen Wangen. Dunkle Ringe umgaben seine Augen. Die Schläfen hatte er sich grün tätowiert, und einige weiße Barthaare zierten seine Oberlippe. Der Händler war hochgradig nervös. Seine Lider zuckten, und er war ständig in Bewegung, eilte von einem Teil seines Geschäfts in den anderen, als müsse er sich ununterbrochen davon überzeugen, dass nichts entwendet worden war. Zwischendurch streckte er seinen Kopf immer wieder weit vor und musterte Tekener, als sähe er ihn zum ersten Mal.

Tekener ließ die Waffe auf den Tisch sinken.

»Schade«, sagte er. »Eine Imitation.«

Aus dem Hintergrund des Ladens eilte eine kahlköpfige Ara-Frau heran. Sie riss die Waffe an sich und verstaute sie in einer Schublade unter dem Verkaufstisch. Ihre Augen quollen weit aus den Höhlen. Sie war bleich, und scharfe Linien kerbten sich um ihre Mundwinkel.

»Du erbärmlicher Trottel«, schrie sie den Ara an. »Ich habe dir gleich gesagt, dass du zum Händler nicht taugst. Ein Händler muss verkaufen können. Warum bist du nicht Mediziner geworden? Alle Aras werden Mediziner! Warum du nicht?«

Ihre Stimme überschlug sich, und Tekener erwartete, dass sie mit irgendeinem Gegenstand nach dem Ara werfen würde, der bei jedem ihrer Worte zusammenfuhr, als träfen sie ihn wie Peitschenhiebe.

»Ja, mein Engel«, stammelte er. »Du hast ja recht. Aber musst du das ausgerechnet jetzt vorbringen? Ich ...«

»Halte den Mund, du Wicht«, keifte sie. »Wie konnte ich dich jemals heiraten?«

Seltsam, dachte Tekener. Es sind immer die hässlichen Frauen, die ihre Männer terrorisieren. Warum lassen die sich das nur gefallen?

Durch die offene Tür kam die massige Gestalt eines Khaweners herein. Der Mann gehörte offenbar der kriegerischen Kaste der Thomathyn an. Er trug einen metallisch glitzernden Umhang, der die Fülle seines Körpers nur erahnen ließ. Darunter zeichneten sich verschiedene Waffen ab. Grün schimmernde Tätowierungen auf den Unterarmen kennzeichneten den Mann als Scomo-Kämpfer der höchsten Klasse. Einem solchen Mann gegenüber war Vorsicht geboten.

»Ich habe gehört, dass du eine Banzuira anzubieten hast«, sagte der Khawener und trat an den Verkaufstisch heran. Der für sein Volk so bezeichnende Minze ähnliche Geruch breitete sich im Raum aus. Der Khawener hatte eine grün und gelb gesprenkelte Haut, faustgroße, leuchtende gelbe Augen, die von zahllosen roten Äderchen durchzogen wurden, so dass es aussah, als ob die Pupille von Flammen umlodert würde.

»Darüber habe ich gerade mit diesem Kunden verhandelt«, erwiderte der Ara und zeigte auf Ronald Tekener.

Ein Lächeln überzog die Lippen des Galaktischen Spielers. Es war ein eigenartiges Lächeln, so kalt und voller Drohung, dass der Händler vor ihm zurückwich und nervös begann, an der Kragenöffnung seines Hemdes zu spielen.

»Wir haben uns über den Preis unterhalten«, erklärte der Terraner. »Und wir sind uns einig geworden.«

Der Khawener drehte sich langsam herum. Er blickte den Terraner an. Seine Pupillen waren wie schwarze, senkrechte Striche. Tekener hatte es zum ersten Mal mit einem Vertreter dieses Volkes zu tun, das aus dem Stamm der Arkoniden hervorgegangen war. Er fühlte sich unbehaglich. Die Augen des Mannes ließen keinerlei Gefühl erkennen und gewährten ihm keinen Einblick in seine Persönlichkeit. Sie erinnerten ihn an die Augen von Krokodilen.

»Einig?«, keifte die Ara-Frau. Ihre dürren Hände klammerten sich um den Schaft eines Speeres, und der Lächler wäre nicht überrascht gewesen, wenn sie damit nach ihm gestoßen hätte. »Eine Lüge ist das. Glaube ihm nicht, Khawener. Er ist ein Bastard, der uns übers Ohr zu hauen versucht. Und das alles nur, weil mein Mann kein Mediziner ist, wie es sich für einen Ara gehört, sondern ...«

Sie verstummte, denn in diesem Moment griff der Khawener an. Unter seinem metallisch glitzernden Umhang schoss eine winzige Nadel hervor. Sie durchbohrte den Stoff seines Umhangs und schlug im nächsten Moment in den Arm Tekeners.

Der fühlte einen brennenden Schmerz. Er sah wirbelnde Arme auf sich zukommen und versuchte auszuweichen. Gleichzeitig stieß er dem Khawener den linken Fuß entgegen, um ihn mit einem Dagortrick aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Eine Bombe schien unmittelbar vor Tekener zu explodieren. Er sah grünes und rotes Feuer, hörte unerträglich schrille und laute Schreie, fühlte sich von den Beinen gerissen und glaubte, die Hölle tue sich vor ihm auf. Unzählige Krallen schienen seinen Körper zu durchdringen, um ihn zu zerreißen.

Er verlor jedes Zeitgefühl, und während er darauf wartete, irgendwo aufzuprallen, stellte sich das Gefühl ein, er schwebe. Er bemühte sich, diese Eindrücke zu durchbrechen, da er wusste, dass sie nicht die Realität sein konnten, aber es gelang ihm erst nach kräftezehrenden Anstrengungen, zu sich selbst zurückzufinden.

Seine Beine lagen im Wasser. Seine Hände klammerten sich um feuchtes Gras, und sein Kopf ruhte auf einer Baumwurzel. Irgendwo in der Nähe musste ein stark befahrener Verkehrsweg sein, denn er hörte pausenlos Fahrzeuge an sich vorbeirauschen.

Es war dunkel, so dass er zunächst so gut wie nichts von seiner Umgebung erkannte. Allmählich gewöhnten sich seine Augen jedoch an die Dunkelheit, und er begriff, dass er an einem Wall lag, der zum Wasser hinabfiel.

Das Wasser war kalt. Es war Frühling auf der Nordhalbkugel des Planeten Cores-Tra im Cor-Cor-Tor-System. Viele Bäume trugen noch kein Laub, und der Boden konnte die Wärme des Tages noch nicht speichern.

Tekener kroch den Wall hoch. Sein linkes Bein rutschte ihm immer wieder weg. Es war gefühllos und gab ihm nicht genügend Halt. Er tastete es ab und stellte erleichtert fest, dass es nicht verletzt war. Eine Strahlenwaffe musste die Nerven paralysiert haben.

Etwa hundert Meter vom Wall entfernt führte eine Schnellstraße vorbei. Bodengebundene Gleiter jagten mit hoher Geschwindigkeit vorbei. Der Terraner versuchte gar nicht erst, zur Straße zu kommen und eine der Maschinen anzuhalten. Er schaltete seinen Integrator ein, den er am Handgelenk trug, und rief eine Rota. Es dauerte nur wenige Minuten, bis die Taxe erschien. Langsam schwebte sie über die Wiese zu ihm hin, bis ihr Scheinwerferlicht ihn voll erfasste. Er öffnete die Tür und ließ sich in den Polstersitz fallen.

»Du machst einen ziemlich kaputten Eindruck, Freundchen«, sagte die Rota. »Hast du die ganze Nacht gesumpft, oder hast du etwa versucht, in dem Bach zu angeln? Ziemlich leichtsinnig von dir.«

»Leichtsinnig?«

»Die Crocks hätten dich erwischen können.«

»Crocks?«

»Sag mal, bist du nicht von hier?«

»Nein. Ich bin nur auf der Durchreise. Was sind Crocks?«

»Raubechsen. In diesem Naturschutzgebiet gibt es Hunderte davon. Du kannst von Glück reden, dass sie dich nicht entdeckt haben. Erst vorige Woche haben sie eine Wildhüterin gefressen, die unvorsichtig war.«

»In die Stadt.« Tekener lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen.

Also ein klarer Mordversuch, dachte er. Ich bin nicht zufällig in dieser Gegend. Irgendjemand hat mich paralysiert und mich hier abgelegt, weil er hoffte, dass die Crocks über mich herfallen würden.

Als die Maschine die Schnellstraße überflog, sah Tekener, dass sich zwischen ihr und dem Naturschutzgebiet ein Zaun erhob. Er hätte ihn nicht übersteigen können.

Es dämmerte, als die Rota am Rand des Händlerviertels landete, in dem er versucht hatte, eine Waffe zu kaufen. Tekener war ein leidenschaftlicher Waffensammler. Wo auch immer er auf seinen vielen Reisen durch die Galaxis war, überall suchte er die Märkte und Einkaufszentren auf, um sich nach Waffen umzusehen. Im Lauf vieler Jahre hatte er die abenteuerlichsten Waffen erstanden. In seinem Haus auf Terra hatte er die unglaublichsten Geräte zusammengetragen. Er war immer wieder erstaunt und fasziniert von der Fantasie und dem Geschick der Waffenschmiede. Wenn es darum ging, Tötungsgeräte zu erfinden, schien es keine Grenzen der Vorstellungskraft zu geben.

Zu dieser frühen Stunde hielt sich noch niemand im Händlerviertel auf. Ein paar Katzen streunten durch die Straße. Sie bewegten sich mit träger Eleganz und nahmen keinerlei Notiz von ihm. Eine Robotmaschine glitt lautlos durch die Straße und saugte den Schmutz und die Abfälle auf, die sich im Lauf des vergangenen Tages angesammelt hatten. Zwischen zwei Häusern hatte eine Riesenspinne ein mannshohes Netz gespannt. Der Roboter beseitigte es mitsamt der Spinne.

Tekener wich einer Katze aus, die sich vor ihm auf den Gehsteig legte, und bog dann in die Gasse ein, in der sich mehrere Waffengeschäfte befanden. Das Haus, in dem er am Tag zuvor gewesen war, stand nicht mehr dort. An seiner Stelle gähnte ein schwarzes Loch.

Verblüfft blieb der USO-Spezialist vor den verbrannten Resten des Hauses stehen. Jemand hatte zwei Lanzen in den Boden gerammt und dünne, schwarze Fähnchen daran befestigt. Sie zeigten an, dass in den Trümmern des Hauses zwei Menschen gestorben waren.

Zehn Minuten später betrat Tekener sein Hotelzimmer. Er ließ sich auf sein Bett sinken, nachdem er sich die nassen Sachen ausgezogen hatte.

Zwei Tote, ein Haus abgebrannt und ein Mordanschlag auf ihn. Wofür? Für eine Waffe, die er erstehen wollte?

Was war Besonderes an der Banzuira gewesen?

Tekener erhob sich und ging unter die Dusche, um die Müdigkeit zu vertreiben und den Schmutz abzuspülen. Er war entschlossen, die Gründe für das Geschehen um die Banzuira-Waffe zu klären. Die Reaktion des Khaweners erschien ihm weit überzogen. Niemand brachte zwei Menschen um, versuchte einen dritten zu töten und steckte ein Haus in Brand, nur um einen Konkurrenten beim Kauf einer Waffe aus dem Weg zu drängen.

Der Galaktische Spieler verließ das Hotel bald darauf. Er besorgte sich verschiedene Tageszeitungen und sah sich die Regionalprogramme im Fernsehen an, weil er hoffte, darin Hinweise zu finden. Er sah sich jedoch enttäuscht. Auch seine Recherchen im Händlerviertel brachten nichts ein. Offenbar wusste niemand, warum das Haus niedergebrannt war. Auch bei der Feuerwehr, der Polizei und der Versicherungsgesellschaft erhielt Tekener keine Auskunft, die ihm weiterhalf. Die Brandursache war noch nicht geklärt.

Er hätte den Behörden sagen können, wodurch das Feuer ausgebrochen war, doch er schwieg, da er die Hintergründe nicht kannte und so gut wie nichts über die politischen Verhältnisse auf diesem Planeten wusste. Es war nicht seine Aufgabe, sich um jedes Verbrechen zu kümmern, mit dem er in Berührung kam. Allzu leicht konnte er sich dabei im Netz der Interessenverbände fangen und seine Tarnung gefährden, so dass seine wahre Identität als USO-Spezialist bekannt wurde. Er beschloss, so zu handeln, wie er es schon öfter in solchen Fällen getan hatte. Er würde der Kriminalpolizei und der Versicherungsgesellschaft anonym Hinweise geben, die ihnen helfen würden, das Verbrechen aufzuklären.

Am Abend dieses Tages suchte er sein Gepäck zusammen und machte sich für den Abflug fertig. Dabei schaltete er das Fernsehgerät ein, obwohl er sich nicht für eines der Programme interessierte. Doch dann geriet er mitten in eine Sendung der Holorama-Trick-Show Unter den Sternen, die er schon einmal auf einem anderen Planeten gesehen hatte, und die ihm wegen ihrer verblüffenden Effekte aufgefallen war.

Er entnahm der Zimmerbar ein hochprozentiges Getränk und setzte sich in einen der Sessel, um die Show zu verfolgen, erhob sich jedoch schon nach wenigen Minuten wieder. Der Khawener, der ihm beim Waffenkauf in die Quere gekommen war, trat in der Show auf. Er erkannte ihn sofort wieder.

Tekener rief die Daten der Show ab und erfuhr, dass es sich um eine Live-Sendung handelte, die nur wenige Kilometer von seinem Hotel entfernt in einer Studiohalle aufgezeichnet wurde. Tekener steckte sich einen leichten Kombitraf in den Stiefel und ging zu Fuß zum Studiogelände hinüber. Er traf auf einige grimmig-entschlossene Männer, die ihm energisch zu verstehen gaben, dass sie ihn auf keinen Fall in die Halle lassen würden. Sie änderten ihre Haltung aber schlagartig, als er ihnen Geld in die Hände drückte.

Einer der Männer begleitete ihn durch mehrere Schleusen bis ins Studio. Tekener erwartete, dass hier diszipliniert und konzentriert an der Show gearbeitet würde. Er hatte damit gerechnet, dass man ihm Redeverbot erteilen würde. Doch er irrte sich. Im Studio hielten sich – neben den Teilnehmern der Show – etwa fünfzig Männer und Frauen auf. Die meisten von ihnen standen in kleinen Gruppen zusammen und redeten miteinander. Keine drei Meter von einem der Hauptdarsteller entfernt erzählte jemand einen Witz, der mit schallendem Gelächter belohnt wurde. Laut zischend glitt die Tür hinter Tekener zu.

»Sieh zu, dass du nicht ins Bild läufst«, sagte Tekeners Begleiter. »Am besten stellst du dich zu den anderen, und wenn tatsächlich mal ein Scheinwerfer auf dich gerichtet sein sollte, sieh zu, dass du aus dem Licht rauskommst.«

Er entdeckte einen Freund auf der gegenüberliegenden Seite des Studios und brüllte einen Gruß zu ihm hinüber, den der andere ähnlich lautstark beantwortete. Dann zog er sich aus dem Studio zurück.

Verwundert beobachtete der Terraner die Schauspieler, die sich in dem chaotisch erscheinenden Durcheinander zu behaupten hatten. Sie sprachen oder sangen ihre Texte, als sähen sie sich einem großen Publikum gegenüber.

Ernüchtert erfasste Tekener, dass die Show im Playback-Verfahren aufgenommen wurde. Es war egal, wie laut es im Studio war. Die Stimmen und Geräusche für die Show waren längst aufgenommen worden und liefen in einem anderen Studio synchron zu den Bildern ab. Hier kam es nur darauf an, optische Eindrücke einzufangen.

Die Show war uninteressant, und wer nicht sah, was über den Bildschirm ging, konnte nicht erkennen, welche Effekte erzielt wurden. Das, was die Zuschauer an den Fernsehgeräten fesselte und verblüffte, wurde in den robotisch gesteuerten Positroniken produziert.

Tekener ließ sich nur wenige Sekunden von dem Geschehen im Studio ablenken. Dann entdeckte er den Khawener. Im gleichen Moment glaubte er, von dem Licht eines Scheinwerfers erfasst zu werden, das sich auf ihn zu bewegte, und er trat zur Seite. Einer der Scheinwerfer stürzte lautlos vom Dach der Halle herab und prallte krachend neben ihm auf den Boden. Der pure Zufall hatte ihm das Leben gerettet.

Tekener sah, dass der Khawener angestrengt zu ihm herüberblickte, und dann sichtlich enttäuscht die geballte Rechte in die offene linke Hand schlug.

Der Galaktische Spieler wich bis an die Wand des Studios zurück.

»Das hätte ins Auge gehen können«, sagte jemand mit kehliger, sehr dunkler Stimme.

Coucoulou, der Clown.

Er war fast einen Meter größer als der Terraner, doch seine äußere Erscheinung war Maske. Tekener bemerkte, dass der Clown ihn durch zwei Schlitze im Hals seiner straußenähnlichen Garderobe ansah.

»Für mich sah das nach Absicht aus«, fuhr Coucoulou fort. »Du solltest lieber gehen, Fremder, bevor noch etwas passiert.«

Aktennotiz CT-CCT/23/qa/Seite 1 – vertraulich –

Bearbeiter: Tekener, Ronald – ohne Code

Betrifft: Cores-Tra im System Cor-Cor-Tor

Datum: 14.8.2397

Meldung an Zentralpositronik Quinto-Center

Der Versuch, eine Banzuira (Ursprungsplanet Soscorpa) für private Zwecke zu erwerben, endete mit einem Doppelmord an einem Händlerehepaar, Brandstiftung an dem Haus der Händler und einem Mordversuch auf o. g. Spezialisten.

Sofort eingeleitete Recherchen blieben ergebnislos. Dabei wurde ein weiterer Anschlag auf den o. g. Spezialisten verübt. Mit diesem im Zusammenhang steht vermutlich ein Khawener. Es ist derselbe Khawener, der zur gleichen Zeit wie die o. g. Spezialist versucht hat, die Banzuira zu erwerben.

Um nicht in lokale Auseinandersetzungen verwickelt zu werden, hat der berichtende Spezialist den Planeten Cores-Tra sofort verlassen. Sachdienliche Informationen wurden an die örtliche Kriminalpolizei und einige, vermutlich betroffene Versicherungsgesellschaften per anonyme Integratormeldung durchgegeben,

gez. Tekener

Aktennotiz CT-CCT/23/qa/Seite 1 – vertraulich –

Bearbeiter: Tekener, Ronald – ohne Code

Betrifft: Cores-Tra im System Cor-Cor-Tor

Datum: 14.8.2397

Meldung Zentralpositronik Quinto-Center an Tekener, Ronald

Speicher-Code: Banzuira (Ursprungsplanet Soscorpa)

Banzuira – Stoßwellenimpulsator – wurde im Verlauf dieses Jahres in den galaktischen Krisengebieten Tamas-Tan, Throkot, Mamanara und Simplok-Sumplok-Simplok eingesetzt. Allen Gebieten gemeinsam ist die angespannte Lage. In allen Gebieten kämpfen verschiedene Machtgruppen um die Vorherrschaft. Die militärische Lage wurde dabei für alle beteiligten Parteien durch den Einsatz der Banzuira-Waffe verschärft. In einigen Fällen wurden schwerwiegende Kämpfe mit hohen Verlusten ausgelöst.

Aktennotiz CT-CCT/23/qa/Seite 1 – vertraulich –

Bearbeiter: Tekener, Ronald – ohne Code

Betrifft: Cores-Tra im System Cor-Cor-Tor

Datum: 14.8.2397

»Unter den Sternen«

Frage an Zentralpositronik Quinto-Center:

Gibt es eine Querverbindung in der o. g. Angelegenheit zwischen den Vorfällen in den o. g. Krisengebieten und der Artistentruppe »Unter den Sternen«?

Ist die Artistentruppe »Unter den Sternen« in den o. g. Krisengebieten vor Ausbruch der Krise oder während der militärischen Auseinandersetzungen aufgetreten oder wurden Aufzeichnungen dieser Gruppe über die positronischen Medien ausgestrahlt?

Ist die o. g. Artistengruppe in anderen Krisengebieten beobachtet worden? Ist diese Gruppe durch irgendeine Aktion hervorgetreten, die nicht mit ihrer Tätigkeit im Show-Geschäft zu tun hat?

Wo ist ein solcher Auftritt erfolgt?

Welche Folgen hatte dieser Auftritt?

Nähere Informationen über die Gruppe »Unter den Sternen« angefordert,

gez. Tekener

Aktennotiz CT-CCT/23/qa/Seite 1 – vertraulich –

Bearbeiter: Tekener, Ronald – ohne Code

Betrifft: Cores-Tra im System Cor-Cor-Tor

Datum: 14.8.2397

Meldung Zentralpositronik Quinto-Center an Tekener, Ronald

2.

Er war nur 1,52 Meter groß und schwach wie ein Kind. Er besaß eine vorgewölbte Brust und hatte einen Riesenschädel mit verlegen wirkendem Kindergesicht, wasserblauen, vorquellenden Augen, einem spitzen Kinn, dünnem, strohblondem Haar und großen abstehenden Ohren.

Keuchend stemmte er sich gegen seinen Koffer, ohne ihn von der Stelle bewegen zu können. Schließlich gab er auf und sackte neben ihm auf den Boden. Er stierte erschöpft vor sich hin, und sein linkes Lid zuckte nervös.

In der Nähe der Zollsperre stand ein hochgewachsener Kaynter. Neben ihm kauerte ein muskelbepacktes, affenähnliches Wesen. Es bewegte sich unruhig, und er hatte Mühe, es an der Leine zu behalten.

»Was ist los, du Zwerg?«, fragte der Kaynter belustigt. »Ist die Antigravautomatik deines Koffers ausgefallen?«

Das zwergenhafte Wesen streckte hilflos seine Arme in die Höhe und ließ sie wieder fallen. Seine Lippen zuckten, als er versuchte, ihm zu antworten, es kam jedoch nur ein unverständliches Gestammel aus seinem Mund.

»He, du!«, rief der Kaynter. Ein Schatten lief über sein violettes Gesicht, und zwei seiner vier Augen schoben sich einige Zentimeter weit hervor. »Ich habe dir eine höfliche Frage gestellt.«

Wieder schnappte der Verwachsene nach Luft. Der Schweiß lief ihm in Strömen über das Gesicht. Hilfesuchend blickte er zu den anderen Passagieren auf, die ebenfalls mit dem Raumschiff nach Dorkaynt gekommen waren, aber keiner war bereit, seinen Koffer zu tragen.

Der Kaynter ließ die Leine los. Laut brüllend stürzte sich das affenähnliche Wesen auf den zwergenhaften Reisenden. Dieser fiel vor Schreck auf den Rücken und streckte abwehrend Arme und Beine aus, konnte damit jedoch gegen das ungestüm zupackende Tier nichts ausrichten. Er schrie verzweifelt auf, als er plötzlich durch die Luft wirbelte. Kaum einen Zentimeter von seiner Stirn entfernt schnappten die Reißzähne des Tieres zusammen, und eine seiner Klauen legten sich würgend um seinen Hals.

Doch dann löste sich der Griff, und das affenähnliche Wesen wirbelte knurrend herum. Der Kaynter lag auf dem Boden und krümmte sich unter großen Schmerzen zusammen. Sein Gesicht war nun dunkelviolett, und alle vier Augen traten weit aus den Höhlen hervor.

Neben ihm stand ein hochgewachsener Mann, dessen Gesicht von Narben übersät war. Auf den Lippen dieses Mannes lag ein eigenartiges Lächeln. Es war kalt und drohend, und es jagte einigen der anderen Passagiere, die unwillkürlich stehengeblieben waren, einen Schauder der Furcht über den Rücken.

»Kalewk«, keuchte der Kaynter.

Das affenähnliche Wesen brüllte wild auf und griff den Mann an, der auf so eigenartige Weise lächelte. Die Passagiere und einige der Zollbeamten schrien entsetzt auf. Mehrere Soldaten, die die Zugänge des Raumhafens absicherten, griffen zu ihren Waffen, doch sie wären zu spät gekommen, wenn der Narbige sich nicht zu wehren gewusst hätte.

Der Mann wich dem angreifenden Tier geschickt aus, und dann fuhren seine Hände so schnell durch die Luft, dass keiner der Beobachter sie verfolgen konnte. Es knackte vernehmbar, und das Tier brach sterbend zusammen.

Der Kaynter richtete sich stöhnend auf.

»Dafür wirst du bezahlen. Dafür gibt es mindestens zehn Jahre Zwangslager.«

»Du hast ihm einen Kalewk-Befehl erteilt«, erwiderte der Narbige gelassen. »Den Tötungsbefehl. Ich habe in Notwehr gehandelt. Dafür gibt es genügend Zeugen.«

Einer der Reisenden trat hinzu. Er blickte Tekener forschend an.

»Sind das Lashat-Narben?«, fragte er ehrfurchtsvoll.

»Genau das.«

»Ich bin dein Zeuge.« Er reichte ihm eine Karte. »Falls es Schwierigkeiten geben sollte, werde ich aussagen. Die sollen doch nicht glauben, dass sie sich alles erlauben können.«

»Ich habe gesehen, was vorgefallen ist«, sagte einer der Soldaten. Eine kleine Farbleiste auf seiner Brust wies ihn als kommandierenden Offizier aus. »Dich trifft keine Schuld. Dennoch muss ich ein Protokoll aufnehmen. Folgt mir ins Büro. Alle drei.«

Er befahl, das tote Tier wegzubringen. Dann führte er Tekener, den zwergenhaften Reisenden und den Kaynter in ein Büro, um hier umständlich einen Bericht zu verfassen.

»Bleibt das Problem mit dem Koffer«, sagte der Verwachsene, als der Offizier sie verabschiedete. »Die Antigravautomatik ist ausgefallen.«

»Ich trage ihn«, entgegnete Tekener. Er nahm den Koffer und verließ zusammen mit dem Zwerg und dem Kaynter das Büro. Draußen wandte der Kaynter sich wortlos ab, kehrte jedoch wenig später zurück.

Abschätzend blickte er die beiden ungleichen Männer an.

»Die Sache ist noch nicht ausgestanden«, erklärte er. »Wisst ihr, wer ich bin?«

»Jemand, der seinen Wachhund auf wehrlose Menschen hetzt«, antwortete Tekener.

»Ich bin der Sekretär von Toastky Groemhaethod.«

»Und wer ist das?«, fragte der Narbige, obwohl er sehr wohl wusste, wer der Erwähnte war.

»Der Kriegsminister von Dorkaynt.«

»Aha, und du übst bereits den Krieg gegen die kleinen Leute.«

»Ich werde dir das Genick brechen. Du wirst noch bereuen, auf diesen Planeten gekommen zu sein.« Damit wandte der Kaynter sich um und ging davon.

»Vielleicht solltest du wirklich umkehren«, sagte der Verwachsene. »Es tut mir leid, dass du durch mich in eine solche Gefahr gekommen bist.«

»Es tut mir leid, dass du durch mich in eine solche Gefahr gekommen bist«, klang die Stimme des Verwachsenen aus den Lautsprechern des kleinen Büros, das nur wenige Schritte von der Stelle entfernt war, an der der Kaynter seine Drohung ausgesprochen hatte.

»Mach dir nichts draus«, erwiderte der Narbige. »Hätte ich zusehen sollen, wie der Affe dich zerfleischt?«

Der Narbige und der Verwachsene waren auf einem großen Bildschirm zu sehen, der sich vor zwei Kayntern erhob. Sorgfältig beobachteten die beiden Männer jede Bewegung und jede Regung der beiden Terraner. Keine Nuance in ihren Worten entging ihnen.

»Ich trage dir deinen Koffer zum Gleiter«, sagte der Hochgewachsene. »Hast du schon ein Hotel gebucht?«

»Das Alien.«

»Dort wohnte ich auch.«

»Scheint für alle Reisenden da zu sein, die nicht von Dorkaynt stammen.«

Die beiden Terraner entfernten sich, und das Bild auf dem Schirm wechselte. Zwei andere Reisende erregten die Aufmerksamkeit der verborgenen Beobachter.

»Dorkaynt ist der Hort der Menschenrechte«, erklärte die freundlich lächelnde, junge Frau, deren holografisches Bild vor dem Armaturenbrett des Gleiters schwebte. »Es ist eine Welt, auf der die Menschen frei atmen können. Nie zuvor hat es so viele Freiheiten in einem Staat gegeben wie auf diesem Planeten, der unter der Führung von Nostrodomos dem Gütigen steht.«

Das Bild wechselte, und die Holographie eines bärtigen, weißhaarigen Kaynters erschien. Er hatte eine hohe, fliehende Stirn, scharf ausgebildete Augenwülste, die mit blauen Warzen dicht bedeckt waren, und eine breite vorspringende Nase.

»Wir freuen uns über jeden Gast, der zu uns kommt«, fuhr die weibliche Stimme fort. »Und wir hoffen, dass ihr euch bei uns wohl fühlen werdet. Bitte, lasst euch nicht durch die Demagogie der Phrapantken täuschen. Dorkaynt ist eine friedliebende Welt. Wir wollen keinen Krieg. Wir haben unsere Welt nicht unter größten Mühen und Entbehrungen aufgebaut, um dann an einem einzigen Tag alles in einem Weltenbrand zu verlieren. Deshalb hoffen wir, dass die Phrapantken Dorkaynt wieder verlassen und darauf verzichten, hier einen Stützpunkt aufrechtzuerhalten. Wir wehren uns mit aller Kraft dagegen, sie töten zu müssen. Wir wollen keine militärische Auseinandersetzung nur einer kleinen Insel wegen, aber wir können die Vertreter eines diktatorischen, menschenverachtenden Regimes nicht auf unserem Planeten dulden.«

Die Holografie der jungen Frau erschien wieder.

»In unserer Verfassung werden die Menschenrechte garantiert«, erklärte sie. »Freiheit, Freizügigkeit und Toleranz sind die großen Forderungen, und wir erwarten, dass auch unsere Gäste die hehren Grundsätze unserer Verfassung respektieren. Nostrodomos der Gütige kann sehr ungehalten sein, wenn ihm bekannt wird, dass unsere Gäste das Gastrecht missbrauchen.«

Vier Jagdflugzeuge rasten donnernd über den Gleiter hinweg. Sie jagten aufs offene Meer hinaus.

Tekener und Kennon schwiegen. Sie waren sich dessen bewusst, dass sie überwacht wurden, und dass jedes ihrer Worte irgendwo aufgezeichnet und ausgewertet wurde.

Nostrodomos war alles andere als gütig. Er war ein gnadenloser Diktator, der Dorkaynt mit eiserner Hand regierte. Die Freiheiten, die in der Verfassung garantiert wurden, gab es nicht. Die Propaganda des Regimes war an Zynismus nicht mehr zu überbieten. Pausenlos versuchte sie, dem Volk zu suggerieren, dass es alle nur erdenklichen Rechte besaß und mehr Freiheiten genoss als alle anderen Bewohner jener Welten, die ehemals zum Vereinigten Imperium oder zur Galaktischen Allianz gehört hatten.

Es ist das alte Lied, dachte Tekener. Je menschenverachtender ein Regime, desto stärker die Propaganda.

Der robotisch gesteuerte Gleiter landete auf dem Dach eines Hotels, das mitten auf dem Ausstellungsgelände eines Handelszentrums errichtet worden war. Von hier aus waren es nur wenige Schritte bis zu den verschiedenen Ausstellungsständen, auf denen die Produkte der dorkayntischen Industrie angeboten wurden. Eine durchaus praktische Einrichtung für die Sicherheitsorgane. So waren alle Fremden leicht zu überwachen, die nach Dorkaynt kamen. Wer nur am Handel interessiert war, blieb aller Voraussicht nach auf dem Gelände, und wer es verließ, fiel augenblicklich auf. Besucher mit privaten Interessen kamen so gut wie überhaupt nicht nach Dorkaynt.

Daher hatten sich beide USO-Spezialisten als Vertreter der terranischen Industrie ausweisen lassen. Es gab einen Verbindungsmann auf Dorkaynt, der seine Position über Jahren hinweg unauffällig aufgebaut hatte, und der niemals in das Geschehen auf diesem Planeten eingegriffen hatte, um sich selbst und die Pläne der USO nicht zu gefährden.

Tekener und Kennon meldeten sich an und bezogen ihre Zimmer, die beide im vierundzwanzigsten Stockwerk lagen. Das Zimmer des Kosmokriminalisten befand sich jedoch auf der Südseite des Hotels, während der Galaktische Spieler eines auf der Nordseite zugewiesen bekam.

Kennon rief den Verbindungsmann über Telekom an, und Thory Groom meldete sich augenblicklich, so als hätte er auf den Anruf gewartet.

»Hallo, Groom«, sagte der Verwachsene. »Ich bin einige Tage früher als geplant angekommen, weil ein Termin auf Fortmound ausgefallen ist. Ich hoffe, es macht dir nichts aus.«

»Ich habe schon damit gerechnet«, erwiderte der Kontaktmann. »Die Nachrichten von Fortmound sind nicht gerade ermutigend.«

»Genau das ist es. Die Konjunkturprogramme der Regierung greifen nicht. Also heißt es abwarten.«

Groom beherrschte sich mustergültig. Bis zu dieser Stunde hatte er nicht gewusst, dass ein Spezialist von der USO zu ihm kommen würde. Er war ein »schlafender« Agent. Männer und Frauen wie ihn gab es auf Hunderten von Planeten in der Galaxis, und viele von ihnen würden niemals »geweckt« werden, weil ihr Einsatz nicht nötig wurde.

Er war ein unscheinbarer Mann, der eine altmodische Brille trug, wie sie kaum noch jemand benutzte. Sein graumeliertes Haar war sorgfältig gescheitelt, und er sprach überaus genau und deutlich, ohne die geringste Nachlässigkeit. Selbst am Bildschirm war zu erkennen, dass er sich gerade hielt. Nichts schien ihm wichtiger zu sein als höfliche Distanz. Seine Fingernägel waren sorgfältig manikürt.

»Wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich dich noch heute sehen«, erklärte Groom. »Ich hasse es, Zeit zu verschenken.«

»Soll ich zu dir kommen?«, fragte Kennon.

»Es wäre mir lieb. Ich habe die Geschäftsunterlagen hier in meinem Büro, so dass wir schon hier über die wichtigsten Dinge reden können.« Er nannte Kennon den Code, mit dem der Taxi-Gleiter programmiert werden musste, und kündigte an, dass er ein Essen bereit haben werde. Dann schaltete er ab.

Kennon wunderte sich über die Eile, die Groom an den Tag legte. Braute sich irgendetwas über Dorkaynt zusammen, so dass keine Zeit zu verlieren war, wenn noch etwas gerettet werden sollte? Es schien so.

Sinclair Marout Kennon verständigte Tekener, indem er ihm eine verschlüsselte Nachricht übermittelte. In dieser teilte er ihm mit, dass er nicht mit ihm zusammen essen würde. Danach wusste der Galaktische Spieler Bescheid.

Kennon flog mit einem Taxigleiter zu einer Stadt hinüber, die inmitten einer weiten Seenplatte erbaut worden war. Die Stadt bestand aus siebenundzwanzig Hochhäusern, von denen das kleinste zwanzig Stockwerke hatte, während das größte zweiundfünfzig Stockwerke besaß. Alle waren durch elegant geschwungene, geschlossene Brücken miteinander verbunden.

Der Kosmokriminalist landete auf dem Dach eines der Häuser und fuhr mit einem Lift nach unten. Exakt fünfzehn Minuten nach dem Gespräch mit Groom erreichte er dessen Wohnung.

Die Wohnungstür stand offen, und Kennon wusste sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Er hatte die Situation mit all ihren Konsequenzen erfasst, bevor er den Toten sah. Er zögerte nur unmerklich, bevor er eintrat. Jede Faser seines Körpers war angespannt. Er schleppte sich keuchend voran, schob die schweren Füße über den Boden, als habe er nicht die Kraft sie zu heben. Sein linkes Lid zuckte nervös.

»Groom, wo bist du?«, rief er, als sei er völlig ahnungslos. Er entdeckte das winzige Auge der Beobachtungskamera, und er war sich darüber klar, dass jeder seiner Schritte von Spezialisten ausgewertet werden würde. Alles, was er tat, würde analysiert werden, und er war verloren, wenn er auch nur den geringsten Fehler machte.

Er blieb abrupt stehen, als er den Toten sah.

Groom war aus nächster Nähe mit einem Energiestrahler erschossen worden. Er bot einen Anblick, bei dem jedem schlecht werden musste, der nicht schon öfter die Opfer von solchen Anschlägen gesehen hatte.

Kennon tat, was man von einem harmlosen Geschäftsmann erwartete. Er legte die Hände vor das Gesicht, würgte, suchte scheinbar verzweifelt das Badezimmer und erbrach sich dort, als er es endlich gefunden hatte. Dann kehrte er in das Wohnzimmer zurück, in dem der Tote lag, blickte bewusst nicht zu diesem hin und rief die Polizei über Telekom.

Dann aber kniete er neben Groom hin, nachdem er eine zweite Linse an der Wand ausgemacht hatte. Er griff nach der Hand des Toten, als wolle er sich davon überzeugen, dass dieser wirklich nicht mehr lebte. Dabei deckte er die Hand Grooms mit seinem Körper gegen die Linsen ab. Mit einer gedankenschnellen Bewegung drückte er einen winzigen Chip aus dem Armintegrator des Toten. Der Chip war so klein, dass Kennon ihn unter dem Nagel seines Daumens verschwinden lassen konnte.

Als er sich erhob, trafen die ersten Polizisten ein. Sie packten ihn und drängten ihn bis zu einer Wand zurück, um ihn dort nach Waffen zu untersuchen. Sie taten, als wüssten sie nicht, dass er beobachtet worden war, und er tat ebenfalls so, als hätte er nicht die geringste Ahnung von den heimlichen Spähern. Er protestierte heftig gegen die grobe Behandlung. Schließlich drückte ihm einer der Polizisten ein Gerät gegen die Hände.

»Was soll das?«, stammelte Kennon.

»Damit können wir feststellen, ob du in den letzten beiden Stunden eine Waffe in den Händen gehalten und damit geschossen hast«, erläuterte sie ihm.

»Dann kann ich ja beruhigt sein«, antwortete er.

»Kannst du«, sagte einer der Polizisten, ein schwergewichtiger Mann, der ihm keinen einzigen Blick gönnte. »Du hast nicht geschossen.«

»Warum sollte ich?«, fragte Kennon. »Ich bin aus geschäftlichen Gründen hier.«

Sie nahmen seine Personalien auf und befahlen ihm dann, ins Hotel zurückzukehren.

Kennon gehorchte.

Im Gleiter schob er den Mikro-Chip in seinen Armintegrator und rief die gespeicherten Informationen ab. Dabei war er sicher, dass er nicht beobachtet wurde. Man wusste, dass er nicht derjenige war, der Groom getötet hatte, und seine Reaktion musste die Geheimpolizei von Dorkaynt von seiner Harmlosigkeit überzeugt haben. Aber selbst wenn er beobachtet wurde, brauchte er nichts zu befürchten, da nur er die Aktennotizen lesen konnte, die auf dem winzigen Bildschirm an seinem Handgelenk erschienen.

Aktennotiz DORKAYNT/2896/sg/Seite 1755 – geheim –

Bearbeiter: Groom, Thory – Code RAM-TO

Betrifft: politische Situation

Datum: 28.7.2397

Meldung an Zentralpositronik Quinto-Center

Dorkaynt befindet sich am Rande eines Sternenkriegs mit den Phrapantken, einem Brudervolk aus dem benachbarten Sonnensystem Phra. Die Phrapantken unterscheiden sich äußerlich nicht von den Kayntern. Sie sind ebenfalls Arkonidenabkömmlinge. Sie haben seit mehr als zweihundertfünfzig Jahren einen Stützpunkt auf der Insel Anzende, und es hat nie Schwierigkeiten zwischen den beiden Völkern gegeben. Der Handel zwischen den beiden Völkern wurde über Anzende abgewickelt.

Die Situation hat sich in den letzten vier Jahren grundlegend geändert. Dorkaynt besteht jetzt darauf, dass der Stützpunkt geräumt wird. Mehrere Attentate, die auf Nostrodomos, der sich der »Gütige« nennt, verübt wurden, sind den Phrapantken zur Last gelegt worden. Die von dem Berichtenden eingeleiteten Recherchen haben jedoch ergeben, dass diese keineswegs daran beteiligt sein können.

Zwei Möglichkeiten bestehen:

1. Die Anschläge wurden von Nostrodomos selbst inszeniert, um beim Volk einen Entlastungseffekt zu erreichen und gleichzeitig Anschuldigungen gegen die Phrapantken erheben zu können.

2. Die Anschläge wurden von einer dritten Macht verübt, die entweder aus dem Volk oder von außen kommt.

gez. Groom

Aktennotiz DORKAYNT/2897/sg/Seite 1756 – streng geheim –

Bearbeiter: Groom, Thory – Code RAM-TO

Betrifft: politische Persönlichkeiten / Kaynt-Trois

Datum: 1.8.2397

Meldung an Zentralpositronik Quinto-Center

Der Verwaltungsbezirk Kaynt-Trois galt bisher als eine Region besonderer Friedfertigkeit. Das liegt vor allem an den drei hier führenden Politikern From Boyklick, Petar Radow und Angelik Gelik. Alle drei gehören der Gütigen-Partei von Nostrodomos an, gelten aber als gemäßigt und haben sich besonders für eine Verständigung mit den Phrapantken eingesetzt. Ihr Ziel war es offensichtlich, eine militärische Auseinandersetzung zu verhindern.

Alle drei Politiker sind seit zehn Tagen aus der Öffentlichkeit verschwunden. Alle Bemühungen, Informationen über sie zu bekommen, sind im Sande verlaufen.

Vermutung: Die drei Politiker sind aus dem Amt entfernt, möglicherweise sogar liquidiert worden,

gez. Groom

Aktennotiz DORKAYNT/2898/sg2/Seite 1757 – vertraulich –

Bearbeiter: Groom, Thory – RAM-TO

Betrifft: Fußballspieler

Datum: 2.8.2397

Meldung an Zentralpositronik Quinto-Center

3.

Ronald Tekener wartete auf dem Dach des Hotels, als Sinclair Marout Kennon mit dem Gleiter ankam. Wortlos stieg er zu ihm in die Maschine und begann augenblicklich damit, diese zu manipulieren. Blitzschnell entfernte er sämtliche Instrumente, mit deren Hilfe sie überwacht werden konnten.

»Wir haben Glück gehabt«, sagte er lächelnd. »Nicht ein einziges davon war eingeschaltet. Wir werden zur Zeit also nicht überwacht, und bis man merkt, dass wir uns der Überwachung entzogen haben, dürfte einige Zeit vergehen.«

Der Kosmokriminalist lenkte den Gleiter auf das offene Land hinaus, umflog eine kleinere Stadt und ging dann auf Westkurs. Er hatte Tekener mit Hilfe seines Armbandkombigeräts mitgeteilt, dass sie sich absetzen mussten, um frei und unabhängig recherchieren zu können.

»Wohin fliegen wir?«, erkundigte Tekener sich nun, nachdem die Würfel gefallen waren.

»Zu Stiegman Aimergck, einem Fußballspieler«, erwiderte Kennon. »Bei seinem letzten Spiel war er nicht in der Lage, einen vernünftigen Pass zu schlagen.«

»Ja – und?«

Kennon ließ den Gleiter absinken. Die Maschinen raste nun in einer Höhe von kaum fünfzig Metern über das Land. Die positronisch gesteuerten Radaranlagen brachten ihn zuweilen auf eine größere Höhe, wenn Hindernisse wie hoch aufragende Hügel, Felsbarrieren oder Hochhäuser zu überfliegen waren.

»Das weiß ich eben auch noch nicht«, erwiderte Kennon. »Immerhin muss es bemerkenswert sein, wenn ein Mann wie er ungewöhnlich schlecht spielt und Thory Groom sich veranlasst sieht, eine vertrauliche Meldung darüber an Quinto-Center zu verfassen. Das kann nur bedeuteten, dass erheblich mehr dahinter steckt. Deshalb werden wir mit Stiegman Aimergck reden.«

»Hört sich vernünftig an.«

Ronald Tekener schloss seinen Armintegrator an die Positronik des Gleiters und damit an das Überwachungssystem der Maschine an. Der Integrator war eine Kombination von Chronometer, positronischem Rechner, Textverarbeitungssystem, Interkom, Telekom – mit gewisser Einschränkung auch Hyperkom, Dekoder, Kodifizierter und einer Reihe weiterer Instrumente. Er ermöglichte es seinem Träger unter anderem, sich mit Hilfe eines größeren Systems – wie es zum Beispiel in einem Gleiter vorhanden war – in Hyperkomsendungen einzuschleusen und somit eine Nachricht an andere Sternensysteme abzustrahlen.

»Jemand ist auf uns aufmerksam geworden«, sagte Tekener gleich darauf. Er deutete auf den Monitorschirm des Gleiters. Auf diesem zeichnete sich ein pulsierender Lichtreflex ab.

Kennon reagierte augenblicklich. Er verzögerte stark, als sie eine kleine Stadt erreichten, und lenkte den Gleiter um eines der Hochhäuser herum, bis er eine Parknische fand. Dann landete er darin und stellte alle Systeme ab. Sekunden später schoss der Polizeigleiter an ihnen vorbei. Er kehrte nach einigen Minuten zurück, verschwand dann aber in der Nacht.

Schweigend setzten die beiden USO-Spezialisten ihren Flug fort. Sie waren sich darüber klar, dass sie einen gefährlichen Schritt gewagt hatten. Jetzt konnten sie niemandem mehr weismachen, dass sie lediglich aus wirtschaftlichen Gründen nach Dorkaynt gekommen waren. Ihr Ausbruch aus dem Hotel und die Manipulation des Gleiters waren eindeutig. Man würde sie als Agenten einer fremden Macht oder als Kriminelle einstufen. Daher würde es äußerst schwierig werden, den Planeten wieder zu verlassen, ohne der Geheimpolizei in die Hände zu fallen.

Stiegman Aimergck wohnte am Rand einer Großstadt, die unter einem Vulkan an einer weiten Meeresbucht lag. In der Stadt herrschte trotz der späten Stunde noch pulsierendes Leben, so dass es für die beiden USO-Spezialisten relativ leicht war, in der Masse der Kaynter unterzutauchen, nachdem sie Maske gemacht hatten. Dazu war kein großer Aufwand nötig gewesen. Sie hatten die Haut ihrer Gesichter und die ihrer Hände violett eingefärbt und sich mit Hilfe von vorbereiteter Biomolplastmasse zwei zusätzliche Augen auf die Stirn geklebt, so dass sie nun wie echte Kaynter aussahen.

Die Figur Kennons hatten sie nicht ändern können. Daher bestand die Gefahr, dass man sie trotz der Maske relativ schnell identifizieren würden. Doch dadurch ließen sich die beiden Spezialisten nicht aufhalten. Sie drangen ungehindert in das Haus ein, in dem der Sportler wohnte, und niemand hielt sie auf, so dass sie seine Wohnung erreichen konnten.

Abweisend blickte er sie an, als er die Tür seiner Wohnung öffnete. Er fürchtete offenbar, es mit Reportern zu tun zu haben.

Mit Hilfe seines Integrators machte Kennon zwei Fernsehaugen aus. Sie waren nicht eingeschaltet. Er nickte Tekener zu, und dieser schob Stiegman Aimergck energisch in die Wohnung. Der Verwachsene folgte ihnen und schloss die Wohnungstür hinter sich.

»Was soll das?«, stammelte der Sportler.

»Es ging nicht anders«, entschuldigte sich der Galaktische Spieler. Er blickte flüchtig in die vier Zimmer der Wohnung und stellte fest, dass sie allein mit Aimergck waren. »Es geht um das Spiel am 2. August.«

»Ich glaube, ich spinne«, sagte der Sportler. Er setzte sich in einen Sessel und verschränkte die Arme vor der Brust. »Soll das ein Witz sein?«

»Ganz sicher nicht«, erwiderte Tekener. Er setzte sich auf einen Hocker direkt neben Aimergck. »Du bist ein ganz hervorragender Spieler, vielleicht der beste von Dorkaynt. Und dann dieses Spiel. Es muss einen Grund haben.«

Verschlossen blickte der Mann auf seine Füße. Er schwieg. Seine Haltung verriet Abwehr und Furcht. Er schien davon überzeugt zu sein, dass seine beiden Besucher der Geheimpolizei angehörten.

Tekener nahm eines der aufgeklebten Augen ab. Überrascht und verunsichert fuhr Aimergck zusammen.

»Wer seid ihr?«, fragte er.

»Freunde«, entgegnete der Galaktische Spieler. »Jedenfalls stehen wir nicht auf der Seite von Nostrodomos, der sich zynischerweise der Gütige nennt. Wir sind davon überzeugt, dass du ein seelisches Tief bei diesem Spiel gehabt hast, und dass dir deshalb nichts gelingen wollte. Was ist passiert? Hat Nostrodomos deine Familie geholt?«

»Ihr seid Terraner«, flüsterte der Sportler. »Richtig?«

»Richtig«, bestätigte Tekener.

»Seid ihr hier, um Nostrodomos aus dem Weg zu räumen? Wollt ihr das? Wollt ihr die Diktatur beseitigen?«

»Wir hätten nichts dagegen, wenn die Macht des Gütigen gebrochen würde«, wich der Galaktische Spieler aus. »Was ist geschehen? Wir können dir nicht helfen, wenn du nichts sagst.«

Stiegman Aimergck erhob sich und ging einige Schritte im Zimmer auf und ab.

»Man redet sich leicht um Kopf und Kragen«, sagte er. »Vielleicht sollte ich lieber den Mund halten.«

»Weil alle das tun, hält sich Nostrodomos so lange«, stellte Kennon fest. »Was war los an diesem Tag?«

»Auf diesem Planeten ging es viele Jahre lang sehr friedlich zu«, sagte Stiegman Aimergck. »Wir hatten uns gegen Nostrodomos und seine Schergen zu wehren, aber das war zu ertragen. Jetzt hat sich alles verändert. Wir stehen vor einem Krieg gegen die Phrapantken, mit denen wir bisher befreundet waren, und keiner weiß eigentlich, warum das so ist. Am 1. August wurde bekannt, dass drei führende Politiker aus dem Verwaltungsbezirk Kaynt-Trois verschwunden sind. Boyklick, Radow und Angelik Gelik. Man erzählte sich unter der Hand, dass sie seit zehn Tagen schon nicht mehr gesehen worden seien. Am 2. August erhielt ich die endgültige Bestätigung, dass Angelik Gelik nicht mehr auffindbar war. Sie ist meine Tante, und sie stand mir so nah wie eine Mutter. Sie gehörte der Nostrodomos-Partei an und hat gleichzeitig leidenschaftlich für die Abschaffung der Diktatur und die Rückkehr zur Demokratie gekämpft. Ich habe einen Freund mit der Suche nach ihr beauftragt. Am 2. August teilte er mir mit, dass sie wahrscheinlich ermordet worden ist.«

»Und deshalb hast du schlecht gespielt«, bemerkte Kennon. »Ist allgemein bekannt, dass Angelik Gelik deine Tante ist?«