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Liebe, Glück und Weihnachtsplätzchen Nach langer Zeit im Ausland kehrt Frank in seinen Heimatort zurück, um die Kanzlei seiner Eltern zu übernehmen und sich um die junge Pudeldame Naila zu kümmern. Am meisten freut er sich allerdings auf Ricarda, seine beste Freundin aus Kindheitstagen, das Mädchen, in das er unsterblich verliebt war. Jahrelang hat er versucht, seine Gefühle für sie zu vergessen, doch als er ihr jetzt gegenübersteht, wird ihm klar, dass sie noch immer so stark sind wie damals. Aber Frank weiß auch, dass es nicht leicht sein wird, Ricarda zu überzeugen, dass Liebe nicht das Ende ihrer Freundschaft bedeuten muss.
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Seitenzahl: 551
Zum Buch
Fast zwanzig Jahre ist es her, dass die zwölfjährige Ricarda zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Patrick adoptiert wurde. Damals war es nicht einfach für sie, Vertrauen zu fassen und sich auf dieses neue Leben einzulassen. Doch dann, an ihrem ersten Tag in der neuen Schule, hat sie Frank kennengelernt, und von diesem Moment an war er an ihrer Seite. Er war die Stütze, die Ricarda brauchte, ihr bester Freund, auf den sie sich verlassen konnte – und in den sie verliebt war, heimlich und bis über beide Ohren. Bis er seine Heimatstadt verließ, um zu studieren. Noch nie ist ihr etwas so schwergefallen, wie Frank gehen zu lassen und ihre Gefühle für sich zu behalten. Jetzt ist Frank zurück und Ricardas Gefühle noch genauso stark wie damals, doch für nichts auf der Welt will sie die Freundschaft zu ihm gefährden!
Zum Autor
Seit Petra Schier 2003 ihr Fernstudium in Geschichte und Literatur abschloss, arbeitet sie als freie Autorin und Lektorin. Neben ihren zauberhaften Liebesromanen mit Hund schreibt sie auch historische Romane. Sie lebt heute mit ihrem Mann und einem deutschen Schäferhund in einem kleinen Ort in der Eifel.
Lieferbare Titel
Körbchen mit Meerblick Vier Pfoten am Strand Strandkörbchen und Wellenfunkeln
© 2021 by HarperCollins in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
Covergestaltung: Zero Werbeagentur, München Coverabbildung: mauritius images / nature picture library / Mark Taylor, MaraZe, Jacob Lund, LilKar, Didecs / Shutterstock E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN E-Book 9783749950782
www.harpercollins.de
Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir – für immer.
(Konfuzius)
Playlist mit Musik zum Buch:
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»Schon wieder ein Update!« Seufzend ließ Santa Claus, auch als Weihnachtsmann bekannt, die Computermaus los und lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. »Wie soll man denn da vernünftig arbeiten, wenn das Betriebssystem sich ständig auf den neuesten Stand bringen will?«
Elfe-Sieben, seine Assistentin, die ebenfalls an ihrem Schreibtisch saß und die heute eingegangenen Wunschzettel sortierte, kicherte vor sich hin. »Du weißt doch, dass Elf-Dreizehn geradezu paranoid ist, was die Computertechnik angeht. Wehe, wenn nicht stets das neueste Update im System ist oder im Hintergrund alle Daten dreifach in mindestens vier verschiedenen Clouds als Back-ups gesichert werden. Er hat ja auch nicht ganz unrecht. Erinnerst du dich an den Computercrash vor, warte mal … zwölf Jahren, als du mit einem Tastendruck den Strom der gesamten nördlichen Welthalbkugel gekappt hattest? Damals hatten wir ewig damit zu tun, alle Daten wiederzufinden und zu sortieren. Ganz zu schweigen von dem Chaos, das du so für zwei Menschen verursacht hast.«
»Das habe ich doch ganz schnell wieder in Ordnung gebracht.«
Nun lachte Elfe-Sieben laut auf. »Schnell?«
Santa Claus räusperte sich, schmunzelte dabei jedoch. »Nun ja, ein bisschen kompliziert war es schon, aber sieh dir die beiden heute an. Julia und Daniel sind glücklich verheiratet, haben zwei nette Kinder … Sogar Nick, der süße Schäferhundmischling, ist immer noch da, auch wenn er schon recht grau um die Nase geworden ist.«
»Okay, du hast recht.« Elfe-Sieben legte die sortierten Wunschzettel in die dafür vorgesehene Ablage. »Dieses Jahr haben wir schon früh ein erhöhtes Aufkommen an Wunschzetteln. Es ist gerade mal Anfang November, und ich muss schon einen zweiten Ordner für die per Post übermittelten Wünsche anlegen. Von den E-Mails ganz zu schweigen. Du und das Christkind habt mit eurer Kampagne, wieder mehr Menschen den Glauben an euch zurückzugeben, offenbar großen Erfolg.«
»Mhm.« Die Miene des Weihnachtsmannes hellte sich auf. »Ha, endlich ist das Update installiert. Dann kann ich ja weiterarbeiten. Du hast recht, unsere ›Kampagne‹, wie du sie nennst, ist gut angelaufen, aber ich hänge gerade an einem ziemlichen Problem fest.«
»Was denn für ein Problem?« Neugierig stand die kleine Elfe von ihrem Platz auf und trat neben Santa Claus, um einen Blick auf seinen Computerbildschirm zu werfen.
Santa Claus seufzte erneut. »Ich habe hier eine junge Frau auf meiner Liste, die eigentlich Weihnachten sehr gerne hat, aber trotzdem so gar nicht an die Erfüllung ihrer Wünsche glaubt. Ich fürchte, daran bin ich nicht ganz unschuldig.«
Elfe-Sieben hüstelte. »Was hast du denn wieder angestellt?«
»Gar nichts!« Abwehrend hob der Weihnachtsmann beide Hände, ließ sie dann aber wieder sinken und fuhr sich verlegen durch den Bart. »Ich saß bloß in der Zwickmühle, weißt du, und musste eine Entscheidung treffen. Das ist jetzt schon mehr als zehn Jahre her, aber ich fürchte, damit habe ich dazu beigetragen, dass sie jetzt nicht mehr an mich glaubt.«
»Um wen handelt es sich denn?« Aufmerksam studierte die Elfe die Daten auf dem Bildschirm und scrollte ein wenig nach oben, um den Steckbrief der betreffenden Person samt Foto zu sehen. »Ach du liebe Zeit, das ist ja Ricarda Sternbach! In ihrer Familie haben wir doch in den vergangenen Jahren so viel Gutes bewirken und den Glauben an die Liebe und die wahre Botschaft von Weihnachten stärken können. Ich dachte immer, Ricarda sei ein Weihnachtsfan. Sie hat doch immer mit so viel Freude beim Schmücken geholfen und mit ihrer Familie gefeiert und all das.«
Nervös trommelte der Weihnachtsmann mit den Fingern der linken Hand auf der Schreibtischplatte. »Ich sagte ja, sie mag Weihnachten, aber das bedeutet noch lange nicht, dass sie an mich oder das Christkind glaubt – oder an die wahre Weihnachtsbotschaft.«
»Und du glaubst, daran hast du einen Anteil?«
Santa Claus nickte betrübt. »Ricarda hat mir, als sie gerade ihr Abitur in der Tasche hatte, gedanklich einen Wunsch übermittelt. Ich war damals sehr überrascht, denn Ricarda ist ja eher zurückhaltend und hätte wohl auch nie offen zugegeben, dass sie sich ausgerechnet beim Weihnachtsmann etwas gewünscht hat. Schon gar nicht in ihrem Alter.«
»Sie ist ein bisschen distanziert und zurückhaltend.« Elfe-Sieben scrollte weiter durch die Daten. »Ihr Bruder nennt sie sogar scherzhaft die Queen der eisigen Schulter, weil sie so einen hohen Schutzwall um sich errichtet hat und auch Männer eiskalt abblitzen lässt. Sie ist sehr wählerisch, aber das ist ja kein schlechter Charakterzug.« Die Elfe kicherte wieder. »Ich erinnere mich noch aus den vergangenen Jahren, dass sie vor Romantik regelrecht die Flucht ergreift. Sie ist immer total genervt, wenn ihre Schwester und ihre Freundinnen sie zu Schnulzenabenden zwingen. Aber dann verdrückt sie doch heimlich ein paar Tränchen, wenn es besonders rührend oder romantisch wird.«
»Sie ist eine tolle, sehr starke Frau«, befand der Weihnachtsmann. »Aber leider konnte ich ihr den Wunsch damals nicht erfüllen, und jetzt habe ich in ihr eine große Zweiflerin, von der ich nicht weiß, wie ich sie dazu bringen soll, wieder an mich zu glauben.«
»Was für einen Wunsch hat sie denn gedacht?«
Santa Claus hörte mit dem Getrommel auf und fuhr sich stattdessen wieder durch den weißen Rauschebart. »Sie hat sich gewünscht, dass ihr bester Freund sie nicht verlassen soll, weil sie Angst hatte, ihn für immer zu verlieren.«
»Oh.« Betroffen ließ die Elfe den Kopf für einen Moment hängen. »Und er ist tatsächlich weggegangen?«
»Ich hatte gleichzeitig von Frank, so heißt er nämlich, einen eindringlichen Wunsch, er möge an der Universität in Berlin angenommen werden, weil er so gerne dort Jura studieren wollte. Und danach wollte er unbedingt ein Auslandsjahr in England machen und später vielleicht sogar in den USA Erfahrungen sammeln.«
»Das hat er sich bei dir gewünscht?«
Der Weihnachtsmann zuckte mit den Achseln. »Ich glaube, das hat er sich bei allen möglichen Instanzen gewünscht, die irgendwie Wünsche erfüllen können. Ich war eine davon, aber du weißt ja: Ein Wunsch ist ein Wunsch …«
»… ist ein Wunsch und muss deshalb erfüllt werden«, vollendete Elfe-Sieben das Motto des Weihnachtsmannes.
»Genau. Weißt du, die Sache war damals so kompliziert, weil Ricarda sich zugleich auch gewünscht hat, dass Franks Wünsche sich erfüllen. Was für eine Freundin wäre sie auch gewesen, wenn sie ganz eigennützig nur an sich selbst gedacht hätte? Aber sie hatte große Angst davor, ihn zu verlieren, wenn er so weit wegzieht. Deshalb war sie innerlich ganz zerrissen.«
»Das kann ich gut verstehen.« Die kleine Elfe zwinkerte mehrmals, weil sie gegen die Tränen der Rührung ankämpfte. »Du hast dich also entschieden, Franks Wünsche zu erfüllen.«
»Ich habe zumindest hier und da ein bisschen angestoßen. Im Grunde hat er das alles aus eigener Kraft geschafft. Er hat es weit gebracht, sich einen guten Namen als Anwalt gemacht und sich sogar auf zwei Gebiete spezialisiert, genau wie sein Vater. Er ist inzwischen Fachanwalt für Strafrecht und Sozialrecht und hat einen Doktortitel, dabei ist er erst dreiunddreißig.«
»Also hat er sich voll und ganz auf seine Karriere konzentriert.« Elfe-Sieben lächelte wieder. »Sind die beiden denn immer noch befreundet, oder hat sich Ricardas Befürchtung bewahrheitet, dass sie sich auseinanderleben?«
Santa Claus deutete auf den Bildschirm. »Das versuche ich gerade herauszufinden. Es ist nämlich so …« Er räusperte sich umständlich.
Misstrauisch sah die Elfe ihn von der Seite an. »Was denn noch? Sag bloß, du hast etwas angestellt.«
»Nun … nein.« Verlegen spielte der Weihnachtsmann mit der Maus herum. »Weißt du, ich hatte mir Ricardas Wunsch zur Wiedervorlage eingestellt, falls sich mal eine Gelegenheit ergeben sollte, ihn irgendwie doch noch zu erfüllen. So richtig geht das ja eigentlich nicht, weil ich damals entschieden hatte, dass Franks Wunsch Vorrang hat. Jetzt … tja …«
»Was jetzt?« Ungeduldig stieß Elfe-Sieben ihn mit dem Ellenbogen an. »Spuck schon aus, was du getan hast!«
»Gar nichts!« Empört schüttelte Santa Claus den Kopf. »Es ist nur so, dass Frank wieder in seine Heimatstadt zurückkehren wird.«
»Ach.« Überrascht merkte die Elfe auf, dann grinste sie. »Das ist doch fantastisch! Dann haben die zwei einander wieder.« Auf Santas bedröppelten Gesichtsausdruck hin kräuselte sie leicht die Lippen. »Oder mögen sie sich gar nicht mehr? Hat die Trennung ihre Freundschaft wirklich beendet?«
»Das anscheinend nicht gerade.« Der Weihnachtsmann druckste ein wenig herum. »Sie sind wohl lose in Verbindung geblieben. Weihnachts- und Geburtstagskarten, hin und wieder mal ein Anruf oder eine Mail. Zu Patricks Hochzeit war er sogar für drei Tage zu Besuch.«
»Ist das denn nicht gut?«
»Ich weiß es nicht. Die alte enge Freundschaft sah wohl doch ein wenig anders aus.« Santa schluckte hörbar. »Und ich fürchte, ich habe bei der ganzen Sache einen entscheidenden Punkt übersehen. Wenn ich ihn bemerkt hätte, wäre ich damals vielleicht ein bisschen vorsichtiger vorgegangen und hätte Ricardas Wunsch anders behandelt. Ich weiß nicht genau, wie, weil ihre Wünsche ja so widersprüchlich waren. Aber mir wäre schon irgendwas eingefallen. Jetzt fürchte ich, es ist alles zu spät und viel zu kompliziert, um noch etwas zu retten.«
»Santa, du sprichst in Rätseln.« Verwirrt sah Elfe-Sieben den Weihnachtsmann an. »Was genau hast du denn übersehen? Haben sie sich im Streit getrennt? Oder ist in der Zwischenzeit irgendetwas Schlimmes passiert, was die beiden daran hindert, die alte Freundschaft wieder aufzunehmen?«
»Nein, nein, das ist es nicht.« Der Weihnachtsmann wand sich regelrecht. »Ich fürchte, die Sache ist weit verzwickter. Wenn ich doch bloß früher bemerkt hätte … Ach, es ist zum Lämmerhüpfen! Wie hätte ich das aber auch ahnen sollen? Ricarda geht so sparsam mit ihren Gefühlsbekundungen um und ist eine wahre Meisterin darin, vor den Menschen – und sogar vor mir – zu verbergen, wie es wirklich in ihrem Herzen aussieht. Hätte ich das bloß vorher gesehen.«
»Was denn? Wovon sprichst du?« Besorgt umfasste Elfe-Sieben die Hand des Weihnachtsmannes. »Du bist ja ganz erschüttert.«
Mit einem abgrundtiefen Seufzer öffnete Santa Claus mehrere Videofeeds aus den vergangenen Jahren. »Sieh selbst.«
Stirnrunzelnd sah die Elfe sich die verschiedenen Videos an. »Was genau soll ich denn da entdecken? Das ist immer Ricarda in den verschiedensten Situationen, seit sie und ihr Zwillingsbruder Patrick von den Sternbachs adoptiert worden sind. Damals waren sie gerade zwölf.«
»Du musst die Videos in chronologischer Reihenfolge anschauen.« Santa ordnete die Feedansicht so, dass sie in der korrekten Reihenfolge angezeigt wurde. »Fang beim ältesten Video an.«
»Okay …« Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete Elfe-Sieben die Videoausschnitte erneut. »Da kommt sie zu den Sternbachs. Hier lernen sie und Patrick Frank kennen. Da spielen sie in der Schule einen Streich. Herrje, die drei hatten es ja faustdick hinter den Ohren!« Sie gluckste leise. »Hier sitzen sie zusammen um ein Lagerfeuer, im nächsten … Ach du liebe Zeit, was machen sie denn da?«
Der Weihnachtsmann schmunzelte. »Frank hat Ricarda einen Feigling genannt, wenn sie nicht drei Runden lang mit ihm auf dem Karussell auf dem Weihnachtsmarkt mitfährt.«
»Wie hinterhältig von ihm!« Elfe-Sieben lachte lauthals. »Ricarda zieht ja ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter – oder Weihnachten ohne Schnee. Da hat er sie aber ganz schön geärgert. Sie findet solche Sachen doch schrecklich kitschig und bestimmt auch kindisch. Da müssen sie doch schon vierzehn Jahre alt gewesen sein.«
»Sie vierzehn, er ganz knapp fünfzehn, genau. Dennoch ist sie mitgefahren.«
»Ja, weil sie sich bestimmt nicht Feigling nennen lassen wollte.« Kopfschüttelnd klickte die Elfe zum nächsten Video. »So wie ich sie einschätze, hat sie ihm hinterher bestimmt gehörig … Oha, was haben wir denn da?«
Santa Claus hüstelte. »Jetzt kommen wir der Sache näher.«
»Was tut Frank denn da?«
»Er schenkt ihr die Kette mit dem Sternzeichen-Anhänger, die er von seinem Patenonkel zur Kommunion bekommen hat. Er ist Sternzeichen Löwe. Was der Anlass war, weiß ich nicht, so genau habe ich nicht recherchiert.«
»Na gut, das ist ungewöhnlich, aber unter besten Freunden auch nicht so sehr. Vielleicht hat sie ihm ja im Gegenzug auch …« Elfe-Sieben hielt inne und sog hörbar die Luft ein. »Potzblitz! Das gibt es doch nicht.«
»Hast du es jetzt auch endlich bemerkt?« Santa Claus nickte mit Nachdruck. »Sieh dir alle weiteren Videos bis heute an.«
»Bin schon dabei. Das … gibt es doch nicht!«
»Das habe ich auch gesagt, als es mir bei meiner Recherche auffiel.« Sorgenvoll zupfte der Weihnachtsmann wieder einmal an seinem Bart herum. »Ich fürchte, ich habe wirklich etwas übersehen.«
Elfe-Sieben biss sich auf die Unterlippe. »Glaubst du wirklich? Das wäre ja … du liebe Zeit. Jetzt begreife ich, weshalb du so aufgeregt bist. Wenn sie die Kette all die Jahre nie abgelegt hat …«
»Dann habe ich ihr mit meiner Entscheidung damals das Herz gebrochen.« Betrübt senkte der Weihnachtsmann den Blick. »Dabei ist es mein fester Vorsatz, niemals durch die Erfüllung eines Wunsches einem anderen Menschen Schmerz oder Schaden zuzufügen. Wie soll ich denn das je wiedergutmachen?«
Ratlos hob Elfe-Sieben die Schultern. »Das weiß ich leider auch nicht.«
Nein, also … nein! So geht das aber wirklich nicht. Ihr könnt mich nicht dauernd woandershin bringen. Erst war ich bei meinem Frauchen, dann war sie plötzlich weg, als ich mich gerade eben an sie gewöhnt hatte. Das war gar nicht so einfach, weil sie doch ein wenig seltsam und ruppig war. Aber man ist ja als Pudel durchaus anpassungsfähig.
Dann kam so ein alter Mann, der war wirklich nett. Der hat mich einfach mitgenommen und in seine Wohnung gebracht. Da habe ich mich überhaupt nicht ausgekannt, aber na gut, dachte ich, was soll’s, er ist wirklich freundlich und hat mir so gut wie jeden Wunsch von den Augen abgelesen. So was von zuvorkommend! Doch dann war er plötzlich krank und kurz darauf weg. Und was nun?
Die beiden Menschen, die mich danach aufgenommen haben, sind zwar auch ganz freundlich, aber sie schimpfen andauernd, weil ich angeblich ganz verwöhnt und verzogen bin. Also wirklich! Verwöhnt doch nicht. Nur etwas anspruchsvoll. Und verzogen? Das ist eine Beleidigung, jawohl. Ich bin ein äußerst liebenswürdiges Wesen. Das hat Georg, mein altes Herrchen, auch immer gesagt und mich dabei am Hals gekrault, und hinter den Ohren. Aber er ist ja nicht mehr da. Ich weiß nicht, wo er hingegangen ist. Die beiden Menschen, bei denen ich jetzt seit ein paar Wochen bin, haben gesagt, er sei gestorben und ich würde ihn nicht mehr wiedersehen und sie müssten ein neues Zuhause für mich finden. Schon wieder! Ich bin es so satt, dauernd herumgereicht zu werden und mir dann auch noch anhören zu müssen, ich sei schwierig und zickig und bäh!
Bäh übrigens auch zu der Fahrt im Auto. Mit meinem Übergangsfrauchen – so nenne ich sie jetzt mal – und einem jüngeren Mann, den ich noch gar nicht richtig kenne, sind wir hierhergefahren. Die Fahrt war zwar nicht allzu lang, weil meine Übergangsmenschen hier ganz in der Nähe eine nette Wohnung besitzen, aber mir wird trotzdem immer total übel im Auto. Fürch-ter-lich! Wenn die Fahrt länger gedauert hätte, wäre mir mein Frühstück wieder hochgekommen, und das wäre äußerst peinlich und unangenehm gewesen.
Wo sind wir jetzt bloß wieder? In dieser Gegend bin ich, glaube ich, noch nie gewesen. Hier gibt es viel breitere Straßen als in dem kleinen Stadtkern, wo wir hergekommen sind. Und die Häuser sehen anders aus, irgendwie größer, und sie stehen weiter auseinander, und drumherum sind Gärten. Tja, also, das ist ja mal grundsätzlich recht vorzüglich. Ich mag Gärten. Glaube ich zumindest, denn ich war noch nie in einem. Nur in Parks, aber diese Gärten sehen so ähnlich aus, und ringsum sind große weite Flächen und Wiesen und Bäume. Viele, viele Bäume sehe ich in der Ferne. Ein bisschen unheimlich, aber vielleicht könnte man sich damit anfreunden. Allerdings nicht bei diesem Wetter. Es regnet. Hallo? Wuff? Ihr wollt doch wohl nicht, dass ich jetzt aus diesem trockenen, einigermaßen warmen Auto aussteige, um in das fiese, nasse Regenwetter hinauszugehen, oder? Und stürmisch ist es auch noch. Nein, nein, das geht überhaupt nicht. Ich protestiere aufs Allerschärfste und bin mit der Gesamtsituation grundsätzlich unzufrieden. Knurr!
»Hast du das gehört, Frank? Sie hat mich angeknurrt. Das macht sie andauernd.« Kopfschüttelnd deutete Annemarie Hellberger durch die Fensterscheibe auf die junge hellbraune Kleinpudeldame, die ganz aufrecht in ihrer Transportbox auf der Rückbank des neuen grauen Mercedes GLC saß. »Sie ist so was von frech und unerzogen! Bist du dir wirklich sicher, dass du sie übernehmen willst? Du wirst jede Menge Arbeit mit ihr haben. Weiß der Himmel, was dein Großvater sich dabei gedacht hat, in seinem Alter noch einen jungen Hund bei sich aufzunehmen. Naila war ja fast noch ein Welpe. Ich meine, ich verstehe ja, dass er sie dieser unmöglichen Person weggenommen hat. Die hatte ja anscheinend einen Sprung in der Schüssel. Aber er hätte das Tier doch wohl ins Tierheim geben können.« Sie seufzte und schlug gegen den heftigen Wind und den hauchfeinen Nieselregen den Kragen ihres Mantels hoch. »Natürlich hat er das nicht getan. Nicht Papa.« Plötzlich schniefte sie und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Er musste immer allen helfen. Aber mit siebenundachtzig nimmt man keinen Hund mehr zu sich. Das konnte ja nicht gut gehen, nicht mit seinem schwachen Herzen. Oje. Ich vermisse ihn.«
»Schon gut, Mama.« Frank Hellberger zog seine Mutter in seine Arme und wiegte sie für ein Weilchen tröstend hin und her. »Er fehlt uns allen.«
Sein Großvater war erst vor drei Wochen ganz plötzlich verstorben und hatte in seinem Testament darum gebeten, dass Naila ein besonders liebevolles Zuhause erhalten sollte, möglichst innerhalb der Familie. Nach einer kurzen Beratung hatte Frank sich angeboten, die kleine Pudeldame zu sich zu nehmen, auch wenn er von Hunden nicht viel Ahnung hatte. Seine Eltern hatten immer Katzen gehalten, als er noch ein Kind gewesen war, doch seit sie kürzlich in ihre neue Eigentumswohnung nahe dem Stadtkern gezogen waren, hatten sie sich entschieden, keine neuen Haustiere mehr aufzunehmen. Stattdessen wollten sie in einem großen Wohnmobil die Welt unsicher machen, wie sie es vergnügt nannten, während Frank die gut laufende Anwaltskanzlei seiner Eltern zu übernehmen gedachte. Er war lange fort gewesen, hatte in Großstädten und im Ausland gelebt. Erst vor wenigen Tagen war er in seinem Heimatstädtchen angekommen, und es fühlte sich alles noch ganz surreal an. Vor allen Dingen, wenn er sich wie jetzt zu seinem Elternhaus umdrehte, das seine Eltern ihm als Vorschuss auf sein Erbe kürzlich überschrieben hatten. Seine jüngere Schwester Greta hatte ebenfalls bereits einen Anteil erhalten, allerdings in Form von Geld, mit dem sie sich ihren Traum erfüllen wollte: eine eigene Buchhandlung.
»Ach, schon gut, schon gut. Ich kriege mich gleich wieder ein.« Immer noch leise schniefend löste Annemarie sich von Frank und wandte sich wieder der Pudeldame zu, die nach wie vor kerzengerade in der Box saß und sie mit einem äußerst skeptischen Blick musterte. »Nun komm schon, Naila, gehen wir mit Frank ins Haus. Dann kannst du dir gleich mal dein neues Zuhause ansehen.«
Nein, auf gar keinen Fall. Es regnet! Merkt ihr das überhaupt nicht? Regen geht gar nicht. Auch nicht, wenn er in feinem Nebel sprüht wie jetzt gerade. Und es stürmt wie irre. Da bringen mich keine zehn Pferde nach draußen. Das könnt ihr euch abschminken. Naila reckte das Näschen geziert zur Seite und legte sich demonstrativ hin.
»Sieh sie dir nur an.« Annemarie fasst sich an die Stirn. »Total stur und verzogen ist sie.«
»Meinst du wirklich?« Neugierig öffnete Frank die hintere Beifahrertür und trat näher an die Hundebox heran. Er hatte Naila bisher erst einmal kurz nach der Beerdigung gesehen, sich aber gleich in die kleine, freche Fellnase verguckt. »Ich glaube, sie ist nur verunsichert. Und wer will es ihr auch verdenken? Immerhin muss sie jetzt schon zum dritten Mal umziehen und sich an ein neues Herrchen und Zuhause gewöhnen.«
Ganz recht, der Herr. Wenigstens scheinst du Verstand zu besitzen. Können wir also jetzt bitte wieder umkehren und mir ein trockenes und warmes Plätzchen irgendwo an der Heizung suchen? Naila blickte Frank eingehend an und schnaubte dann kurz.
Frank lachte. »Na, komm mal mit, Naila. Ich fürchte zwar, dass es drinnen noch ein bisschen ungemütlich sein wird, aber ich war schon so lange nicht mehr hier und würde gerne sehen, was die Handwerker mit dem Haus angestellt haben.«
Wie bitte? Du willst mich auch in das Unwetter scheuchen? Nö, also wirklich: Nö. Das ist ja wohl die Höhe. Knurr! Und wie!
»Jetzt knurrt sie dich auch noch an.« Annemarie seufzte. »Das kann ja heiter werden.«
Ich knurre nicht nur, ich wehre mich auch ganz entschieden gegen diese Willkür, mit der ich hier einfach in den Regen gezerrt werden soll. Vehement stemmte sich Naila gegen die Leine, an der Frank versuchte, sie aus der Box zu ziehen.
»Na, was ist denn los, Kleine? Hast du etwa Angst vor mir?«
Angst? Ich? Pah, im Gegenteil! Ich habe vor nichts und niemandem Angst! Grrr.
Frank lachte, als die kleine Hündin einen empörten Grummellaut von sich gab, und hob sie beherzt aus der Box auf seinen Arm. »Na, na, nun sei mal nicht so zickig, Kleine. Ich will doch hoffen, dass wir mal gute Freunde werden, du und ich.«
Wie bitte? Du und ich? Hey, was wird das denn? Naila fiepte erschrocken und zappelte ein wenig. Warum hebst du mich denn auf deinen Arm? Meine Güte, wie hoch das hier ist! Da wird einem ja schwindelig. Lass mich bloß nicht fallen. Hilfe, bist du groß und … Du fühlst dich ganz hart an und du riechst irgendwie seltsam, da am Hals. Was ist denn das? Schnüff? Ich glaube, jetzt habe ich doch ein bisschen Angst vor dir.
»Siehst du, Mama, sie hat Angst. Bestimmt reagiert sie deshalb so widerspenstig.« Vorsichtig trug Frank Naila durch den winterlich kahlen Vorgarten auf die Haustür zu, nestelte den Schlüssel aus seiner Jackentasche und öffnete die Tür. Dann ließ er seiner Mutter den Vortritt.
»Also, ich weiß nicht. Vor deinem Vater und mir hatte sie bestimmt keine Angst. Ich glaube eher, sie ist von Natur aus eigensinnig und frech. Sagt man das nicht über Pudel?«
»Kann sein, aber man sagt ihnen auch eine hohe Intelligenz nach.« Grinsend setzte Frank Naila auf dem Boden im Flur ab und schloss die Haustür, bevor er sich umsah. »Liebe Zeit, hier ist ja kaum noch etwas wiederzuerkennen!«
Gut, zumindest sind wir aus dem Regen heraus. Aber was bitte ist das hier? Ein riesiges Haus mit lauter leeren Räumen? Hier gibt es ja nicht mal ein einziges Möbelstück! Keine Couch, kein Sessel, nicht mal ein Hundekissen. Gar nichts. Soll ich hier etwa wohnen? Nee, auf gar keinen Fall. Und ich dachte, es könnte nicht noch schlimmer werden.
»Wir haben alles komplett renovieren lassen.« Annemarie sah sich anerkennend um. »Die Wand zwischen Esszimmer und Küche ist durchbrochen worden, und der Durchgang zum Wohnzimmer wurde ebenfalls verbreitert, wie du gleich sehen wirst. Alles genau, wie du es dir gewünscht hast.«
»Und wie ich es wohl bezahlen werden muss.« Frank lachte und ging zielstrebig zur Küche.
»Das auch.« Seine Mutter lachte ebenfalls.
Naila folgte ihm leise grummelnd. Das hier hast du dir gewünscht? Na, danke. So spartanisch möchte ich aber nicht leben. Und das hier soll die Küche sein? Wo ist denn der Kühlschrank?
»Wow, mir war gar nicht klar, wie groß dieser Raum ist.«
Seine Mutter schmunzelte. »Das liegt daran, dass die neue Kücheneinrichtung noch nicht geliefert wurde. Der breitere Durchgang macht natürlich optisch auch was her. Der Termin für die Küchenlieferung ist kommenden Montag um zehn Uhr. Ich hoffe, die neue Einrichtung wird dir dann auch gefallen. Du hast ja damals nur übers Internet mit der Küchenplanerin kommuniziert. Das hätte ich mich nicht getraut. Ich muss so etwas vor Ort entscheiden und vorher alles hundertmal angeschaut und angefasst haben.«
»Ach was, das wird schon alles super werden. Es ging ja nicht anders, weil ich mit diesem Vergewaltigungsfall so beschäftigt war.« Neugierig drehte Frank sich einmal im Kreis und ging dann weiter ins Ess- und Wohnzimmer, das ebenfalls noch gänzlich leer und ohne eine Spur von Möbeln auskam. Die großen Glasfronten, die auf den Garten hinausgezeigt hatten, waren verschwunden und durch einen angebauten Wintergarten ersetzt worden, von dem aus man ebenfalls einen schönen Blick auf den Garten hatte. Er sah die große Rasenfläche, den von Grund auf sanierten Pool, Zierbüsche und Blumenbeete, die jetzt im November natürlich ebenso kahl wirkten wie die Beete im Vorgarten, und dahinter das ehemalige Gewächshaus seiner Mutter, in dem sie Melonen und alle möglichen tropischen Früchte zu züchten versucht hatte.
Seine Schwester und er waren privilegiert aufgewachsen, das stand außer Frage. Das Wohnviertel bestand überwiegend aus großzügigen Einfamilienhäusern mit weitläufigen Gärten. Ringsum gab es Felder und viel Wald, den er mit seinen Freunden als Kind unsicher gemacht hatte. Sie hatten wild gecampt, Baumhäuser und Höhlen gebaut – und jede Menge Unsinn getrieben.
Beim Gedanken an seine Freunde von damals standen ihm vor allem zwei Gesichter sofort eindringlich vor Augen. Ricarda und Patrick Sternbach. Die beiden hatten in der Nachbarschaft gewohnt. Beide waren im Alter von zwölf Jahren von dem Hotelier-Ehepaar Margit und Hans Sternbach adoptiert worden, nachdem sie zuvor auf der Straße und in Kinderheimen aufgewachsen waren. Damals hatte diese Adoption einiges an Aufsehen erregt, weil vor allem Patrick ein sehr wilder und rebellischer Junge gewesen war. Seine Zwillingsschwester Ricarda war das genaue Gegenteil gewesen, zumindest auf den ersten Blick. Ruhig, besonnen, zurückhaltend – geradezu distanziert war sie meist aufgetreten. Die Queen der eisigen Schulter, dabei aber hochintelligent, ausgesprochen hübsch und, wie Frank sehr wohl wusste, alles andere als kaltschnäuzig. Zumindest, wenn man sie näher kannte und es schaffte, ihren Schutzpanzer zu durchbrechen.
Er hatte sich mit den Zwillingen, obwohl sie so verschieden waren – oder vielleicht auch gerade deswegen –, sofort gut verstanden. Sie waren in dieselbe Klasse am Gymnasium gegangen und hatten viel miteinander erlebt. Die beiden waren seine besten Freunde gewesen, viele Jahre lang. Nach dem Abitur hatten sich ihre Wege dann allerdings getrennt, weil er seinen Traum verwirklichen wollte: Anwalt werden wie seine Eltern und möglichst viele Erfahrungen sammeln, auch im Ausland. Erst vor wenigen Wochen war er nach Deutschland zurückgekehrt – und hatte leider als Erstes seinen Großvater beerdigen müssen. Seine Rückkehr war jedoch schon länger geplant gewesen, deshalb hatte er mit seinen Eltern die Renovierung des Hauses von Ferne in Angriff nehmen können.
Selbstverständlich hatte er auch Patrick und Ricarda per E-Mail darüber informiert, dass er bald nach Hause zurückkehren und die Kanzlei seiner Eltern übernehmen würde. Dass er nun endlich hier war, hatte er ihnen jedoch bisher verschwiegen. Durch die Beerdigung waren seine Pläne ein wenig durcheinandergeraten, und wenn er ehrlich zu sich war, wusste er nicht recht, wie er sich den beiden gegenüber verhalten sollte. Der Kontakt war nie ganz abgerissen. Sie hatten einander Weihnachtskarten und Geburtstagsgrüße geschickt, und hin und wieder E-Mails oder witzige Fotos über die sozialen Netzwerke. Aber es war nicht mehr dasselbe gewesen. Ihre Vertrautheit hatte wahrscheinlich darunter gelitten, dass er so lange fort gewesen war.
Selbst als er vor zwei Jahren für ein langes Wochenende hergekommen war, um Patrick bei seiner Hochzeit als Trauzeuge zur Seite zu stehen, war die Stimmung zwischen ihnen dreien ein wenig seltsam gewesen. Sie hatten sich gefreut, einander wiederzusehen, sich amüsiert und so getan, als wäre alles beim Alten. In mancherlei Hinsicht war es das wohl auch noch, doch die kurze Zeit hatte einfach nicht gereicht, um die vielen Jahre der Trennung wettzumachen. Durch die große Feier mit viel Familie, unzähligen Freunden und Bekannten war ihnen letztlich auch kaum Zeit und Gelegenheit geblieben, mehr als Small Talk zu machen.
Nun würde alles ganz anders werden – so wie früher. Zumindest erging sich Frank in der Hoffnung, die alte Freundschaft zu den beiden wieder aufleben zu lassen. Immerhin hatte er diesmal alle Zeit der Welt, denn er hatte nicht vor, seine Heimatstadt noch einmal zu verlassen, außer vielleicht für einen Urlaub.
»Oben sind alle Zimmer mit neuen Böden und Tapeten ausgestattet worden und die beiden Badezimmer komplett nach deinen Wünschen neu gestaltet«, zählte Annemarie auf, während Frank sich weiter umsah. »Auch das Gästebad hier unten ist erneuert worden. Ich gebe zu, die dunkelblauen und silbernen Fliesen sehen richtig chic aus. Ich wusste gar nicht, dass du so einen guten Geschmack hast.«
Frank drehte sich lachend zu seiner Mutter um. »Überschätz mich mal lieber nicht. Ich hatte in Boston eine Bekannte, die Frau eines Kollegen, die Innenarchitektin ist. Sie hat mir jede Menge Tipps gegeben und mich mit Unmengen an Katalogen versorgt. Es war nur ein bisschen kompliziert, die richtigen Materialien hier in Deutschland zu finden, noch dazu aus so großer Entfernung.«
»Das kannst du laut sagen.« Nun lachte auch Annemarie herzlich. »Alle grauen Haare, die ich seither bekommen habe, gehen auf die Telefonate mit den Handwerkern und Zulieferern zurück.«
»Das tut mir leid, Mama.« Frank trat neben seine Mutter und legte ihr einen Arm um die Schultern. »Ohne dich und Papa hätte ich es nicht geschafft. Alles, meine ich, nicht nur die Hausrenovierung. Ihr habt mich und Greta immer so sehr unterstützt …«
»Also wirklich!« Empört schüttelte Annemarie den Kopf. »Wozu sind Eltern denn da, wenn nicht, um ihren Kindern den bestmöglichen Start ins Leben zu bieten und ihnen unter die Arme zu greifen, wenn es irgendwie geht.«
Frank drückte seine Mutter sanft an sich. »Du weißt genau, dass es anderen nicht so gut ging oder geht wie Greta und mir. Ich weiß gar nicht, wie wir euch das je danken sollen.«
»Gar nicht, Frank.« Seine Mutter stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. »Das war und ist für deinen Vater und mich selbstverständlich. Auch wenn wir gerade mit dir hin und wieder ganz schön Arbeit hatten. Wenn ich nur an all den Unsinn denke, den du zusammen mit Patrick Sternbach ausgeheckt hast. Wenn ich es recht bedenke, stammen viele meiner grauen Haare doch eher schon aus dieser Zeit. Himmel, ihr wart schlimmer als ein Sack Flöhe! Und wenn Ricarda auch noch mitgemischt hat, waren Hopfen und Malz gänzlich verloren. Ich schwöre, dieses Mädchen sieht zwar unschuldig und harmlos aus. Aber wehe, man unterschätzt sie. Weißt du noch, dieser Sitzstreik in der Kirschenplantage damals …«
Frank lachte wieder. »O ja, das war ein Happening. Nicht mal die Polizei hat Ricarda dazu bewegen können, von ihrem Platz aufzustehen und die Bäume zum Fällen zurückzulassen. Patrick und ich hatten die Hosen voll, als die Polizeiautos angebraust kamen, aber Ricarda blieb eiskalt sitzen, bis ihre Eltern sie zwangen aufzustehen. Aber immerhin haben wir etwas bewirkt. Der Besitzer der Plantage hat sie an Hans Sternbach verkauft, und soweit ich mich von meinem letzten Besuch hier erinnere, stehen die Kirschbäume immer noch da.«
»Stimmt, das tun sie.« Annemarie schmunzelte. »Bessere Süßkirschen gibt es weit und breit nicht. Margit bringt uns im Sommer regelmäßig ganze Körbe voll davon. Insofern hast du recht, es hat etwas gebracht. Hauptsächlich die Einsicht, dass man gegen Ricardas Dickschädel nicht ankommt.«
»Ein wahres Wort.«
»Da wir gerade von Dickschädeln reden …« Annemarie trat in den Wintergarten und sah sich beiläufig um. »Hast du den beiden schon erzählt, dass du wieder im Lande bist?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Ja, warum eigentlich nicht?« Achselzuckend schloss Frank zu seiner Mutter auf. »Ich war mir nicht ganz sicher, wie sie reagieren würden. Ich hatte ihnen geschrieben, dass ich voraussichtlich irgendwann ab Oktober oder November wieder im Lande sein und die Kanzlei übernehmen werde. Darauf kamen von beiden zwar Glückwünsche, aber irgendwie auch nicht viel mehr, so als würden sie sich zwar freuen, meine Rückkehr aber nicht als so furchtbar wichtig einstufen. Oder sie glauben mir nicht, dass ich wirklich Ernst mache. Immerhin wollte ich vor drei Jahren schon einmal zurückkommen und habe es nicht getan.«
»Ach, na, das ist ja seltsam. Vielleicht bildest du dir das aber auch bloß ein. Du solltest einfach mal ein Lebenszeichen von dir geben und abwarten, was passiert. Ihr wart immer so gut befreundet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass davon nichts mehr übrig sein soll. Oder glaubst du, sie nehmen es dir übel, dass du deinem Traum gefolgt bist?«
»Nein, das glaube ich nicht. Ich habe ja nie einen Hehl daraus gemacht, wie meine Pläne aussahen, und weder die beiden noch meine anderen Freunde hatten je etwas dagegen einzuwenden. Im Gegenteil. Sie haben mich immer ermutigt.« Nachdenklich blickte Frank auf den Pool, in dem er sich mit seinen Freunden so manche wilde sommerliche Wasserschlacht geliefert hatte. »Ich weiß nur nicht …«
»Was?« Aufmerksam musterte seine Mutter ihn von der Seite.
Er hob die Schultern. »Ursprünglich lautete der Plan, dass ich mit dreißig wieder zurückkehre. So wie Papa es damals gemacht hat. Dass ich noch drei Jahre in Boston drangehängt habe, war mehr dem Zufall geschuldet. Aber hätte ich ablehnen sollen? Die Gelegenheit, bei dieser international agierenden Kanzlei zu arbeiten, war einmalig. Auch wenn ich die meiste Zeit grässliches Heimweh hatte.«
»Ach, mein Schatz.« Liebevoll legte seine Mutter ihm eine Hand an die Wange. »Sieh es einmal so: Diese Erfahrung kann dir niemand mehr nehmen. Wer weiß, wofür sie gut war. Immerhin konntest du einige wichtige Fälle bearbeiten und vielen Menschen helfen.«
»Ja, aber zu welchem Preis?« Frank seufzte unterdrückt. »Ich hätte auch in der deutschen Niederlassung viel bewirken können. Dann wäre ich wenigstens nicht auf der anderen Seite des Ozeans gewesen. Vielleicht sind Patrick und Ricarda deshalb so zurückhaltend, zumindest in letzter Zeit. Diese drei Jahre waren einfach zu viel des Guten. Mir ging es ja auch nicht wirklich gut, wie gesagt. Ich hatte wirklich Heimweh.«
»Jetzt bist du ja wieder zu Hause.« Seine Mutter ließ die Hand wieder sinken und legte sie ihm stattdessen auf den Arm. »Glaub mir, dein Vater und ich könnten nicht glücklicher sein, dass du wieder da bist. Wir haben dich sehr vermisst.«
Frank nickte, dann grinste er. »Gib es zu, Mama, ihr habt nur ungeduldig darauf gewartet, dass ich endlich die Kanzlei übernehme, damit ihr euch euer nagelneues Wohnmobil schnappen und um die Welt gondeln könnt.«
»Tja.« Annemarie erwiderte sein Grinsen. »Das auch.«
Die beiden sahen einander verständnisinnig an. Im nächsten Moment runzelte Frank die Stirn. »Sag mal, wo steckt eigentlich Naila?«
»Naila?« Alarmiert sah seine Mutter sich um. »Oje. Naila! Komm her! Wo steckst du denn?«
Wau. Äh … Sag ich lieber nicht. Ist zu peinlich.
»War das ein Bellen?« Erschrocken hielt Annemarie inne.
»Ich bin mir nicht sicher.« Auch Frank horchte angestrengt. »Nein, nichts. Naila? Naila! Komm zu Herrchen!«
Nee, kann ich nicht. Außerdem habe ich gar kein Herrchen. Oder … Meinst du etwa dich? Tja, also darüber muss ich erst nachdenken. Ich kenne dich überhaupt nicht.
»Kann sie irgendwie aus dem Haus entwischt sein?« Besorgt sah Annemarie in jeden Raum im Erdgeschoss. »Wir haben doch die Haustür geschlossen, und alle übrigen Türen und die Fenster sind ebenfalls zu. Wo kann sie sich denn nur versteckt haben?«
Also versteckt würde ich es nicht nennen. Das war eher ein dummes Missgeschick.
Frank ging auf die Treppe ins Obergeschoss zu, deren helles Holz aufgearbeitet worden war, sodass sie fast neu aussah, ihren abgenutzten Flair jedoch behalten hatte. Anerkennend strich er über den Handlauf. »Sieht toll aus. Ich schaue mal oben nach. Vielleicht hat sie einen Rundgang durchs Haus gemacht.«
Das habe ich in der Tat. Alles ziemlich groß hier, aber ungemütlich wie nur was. Im ganzen Haus scheint es nur zwei Stühle und so einen langen Klapptisch zu geben, auf dem Papierrollen liegen. Und … nun ja … Farbeimer. Und überall liegen so knisternde Plastikfolien auf dem Boden. Spannend und interessant, aber nicht ganz ungefährlich.
»Naila! Sag doch mal was. Wo steckst du denn? Sag Wau!«
Hä?
»Ich schimpfe auch nicht, falls du etwas angestellt haben solltest.«
»Was soll sie denn angestellt haben?«, erklang von unten Annemaries Stimme. »Hier gibt es gar nichts zum Kaputtmachen. Glücklicherweise, muss man vielleicht dazusagen. Wer weiß, ob sie nicht auch irgendwelche lästigen Angewohnheiten entwickelt hat. Bei uns hat sie zwar nichts kaputt gemacht, aber man weiß ja nie.«
Ich habe keinerlei lästige Angewohnheiten, dass das mal klar ist. Nur unbedingt notwendige, aber darauf nehmt ihr ja alle keine Rücksicht.
»Naila!« Frank blickte in jedes Zimmer im Obergeschoss, doch von der kleinen Pudeldame war weit und breit nichts zu sehen. »Komm schon, du kannst dich doch nicht in Luft aufgelöst haben.«
Habe ich auch nicht. Ich bin bloß im Augenblick ein wenig indisponiert. Niemand kann von mir verlangen, dass ich mich auch nur einen Millimeter von hier weg rühre.
»Naila, Süße, gib doch mal Laut!« Frank stieß die einen Spaltbreit offen stehende Tür zum ehemaligen Elternschlafzimmer auf … und blieb wie angewurzelt stehen.
Na gut, wenn es sein muss: Wau. Bist du jetzt zufrieden?
»Naila!« Frank kämpfte mit sich. Der Anblick, den die kleine Hündin bot, war die perfekte Mischung aus Verzweiflung und rechtschaffener Empörung – und einfach zu drollig. »Was ist denn hier passiert?«
Sieht man das nicht? Naila saß kerzengerade mitten im Raum, umringt von mehreren umgekippten Farbeimern, deren Inhalt sich teilweise, wo sich die Deckel gelöst hatten, um sie herum zu einem cremefarbenen, silbergrauen und bläulichen See ergossen hatten. Die Folie, die die Anstreicher auf dem Boden ausgelegt hatten, war an einigen Stellen zusammengeschoben, an anderen zerrissen. Nailas Pfötchen waren mit der Farbe in Berührung gekommen, und anscheinend traute sie sich jetzt nicht, sich von ihrem Platz wegzubewegen.
»Hast du sie gefunden?« Die Stimme seiner Mutter kam näher.
Frank biss sich auf die Unterlippe, sog die Luft ein … Dann lachte er laut auf. »Um Himmels willen, was für ein Anblick. Warte mal.« Obwohl er prustete und sich vor Lachen bog, fischte er sein Smartphone aus der Gesäßtasche seiner Jeans.
»Was ist denn los?« Seine Mutter steuerte eindeutig auf das Zimmer zu.
»Warte mal, Mama. Komm nicht rein. Ich muss erst …« Wieder prustete er und blinzelte sogar gegen Lachtränen an. »Das glaubt mir sonst keiner.« Hastig rief er die Kamera-App an seinem Mobiltelefon auf und knipste mehrere Fotos von Naila, die zutiefst beleidigt zu ihm aufblickte.
Also bitte, was soll das denn jetzt? Ist das dein Ernst? Du fuchtelst mit diesem Kästchen herum, anstatt mich aus dieser misslichen Lage zu befreien? Und lachst mich auch noch aus? Das ist eine Unverschämtheit, jawohl. Schnüff. Würdevoll drehte Naila den Kopf zur Seite und blickte in eine andere Richtung.
Ihre Reaktion führte jedoch nur dazu, dass Frank erneut von einem Lachanfall geschüttelt wurde. Wahllos knipste er weiter Bild um Bild, bis seine Mutter hinter ihm auftauchte.
»Also, sag mal, was geht denn hier vor? Was in aller Welt ist denn so dermaßen witzig … Oh. Oje! Wie hat sie denn das geschafft, ohne dass wir es mitbekommen haben?« Annemarie starrte perplex auf das Durcheinander, das Naila angerichtet hatte. »Ach du liebe Zeit, die viele Farbe und der gute neue Laminatboden!«
»Nein, warte.« Frank hielt sie rasch zurück. »Ich glaube, die ganze Sauerei ist auf der Folie gelandet. Naila scheint zwar damit gespielt zu haben, aber nur außen herum.«
Ich habe nicht damit gespielt! Na gut, vielleicht ein bisschen. Eigentlich wollte ich nur nachsehen, was sich unter diesem Folienzeug befindet. Dabei habe ich mich vor dem Knistern erschreckt und bin zur Seite gesprungen. Dabei bin ich gegen die Wand geprallt, was natürlich nicht gerade angenehm war. Deshalb bin ich wieder in die entgegengesetzte Richtung gerannt und habe dabei leider dieseFarbeimerübersehen. Das war ein bedauerlicher Unfall! Aber ganz ehrlich, diese Farbe riecht komisch und klebt an den Pfoten. Höchst ärgerlich und ekelhaft. Ich gehe hier nicht weg, bis die Farbe getrocknet ist, das steht fest. Naila grummelte ungehalten und hob immer wieder abwechselnd die linke und die rechte Vorderpfote.
»Ich glaube, sie traut sich nicht, durch die Farbe zu laufen.« Grinsend ging Frank auf die Pudeldame zu und hockte sich vor sie. »Was ein Glück ist, denn andernfalls sähe es hier noch viel schlimmer aus.«
Wie es hier aussieht, ist mir schnurz. Schau dir bloß mal meine Pfoten an! An meinem Bauch klebt, glaube ich, auch was von diesem weißen Zeugs. Was gedenkst du dagegen zu tun?
Auf Nailas erneutes Brummeln hin streckte Frank beherzt die Hände aus und hob sie vorsichtig hoch.
Waaaa…? Was denn nun? Ach so, du rettest mich. Na gut, das lasse ich gelten. Jetzt bring mich bitte von hier weg. In diesem Haus gefällt es mir überhaupt nicht.
»Halb so wild«, stellte Frank nach einem Blick auf Nailas Pfötchen fest. »Das waschen wir rasch ab, dann ist alles wieder gut.« Schon trug er sie an seiner Mutter vorbei in das geräumige Badezimmer. »Ist das Wasser angeschlossen?«
»Selbstverständlich. Die Installationen sind alle fertig, nur die Möbel fehlen noch.«
Frank hatte es selbst bereits bemerkt. Erfreut blickte er sich in dem nahezu quadratischen Raum um, in dem eine neue Regendusche und in der linken Ecke eine große ovale Badewanne eingebaut worden waren. Von der Wanne aus konnte man durch zwei bodentiefe Fenster hinaus in den Garten blicken. Auch die Toilette und die beiden großen, rechteckigen Waschbecken waren nagelneu und blendeten beinahe in ihrem strahlenden Weiß. Die Möbel, die mit ihrer nussbaumfarbenen Oberfläche perfekt zu den cremeweißen und silbernen Fliesen passen würden, lagerten bereits beim Möbelhaus und warteten darauf, ausgeliefert zu werden. Frank konnte es kaum erwarten und verspürte ein angenehmes Ziehen in der Magengrube. Endlich war er wieder zu Hause. Endlich konnte er so leben, wie es ihm immer vorgeschwebt hatte. Doch zunächst einmal galt es, sich um Nailas Pfötchen zu kümmern. »Na komm, Kleine, setz dich mal ins Waschbecken.«
Ins … was?WASBITTE? Waschbecken? Bist du verrückt geworden? O nein, nicht mit mir. Auf gar keinen Fall.Niemals!
Als Naila wild zu zappeln begann, wäre sie ihm beinahe aus den Händen gerutscht. »He, he, was ist denn los?«
Ich will nicht gewaschen werden. Auf gar keinen Fall. Gebadet auch nicht. Da werde ich doch nass. Das ist unerhört! Lass mich sofort los! Ich will hier weg. Bring mich einfach aus diesem Haus und mach mir die Farbe von den Pfoten. Egal wie, nur ohne Waaaaaassser! Iiih! Nicht den Hahn aufdrehen, das ist doch kalt und bäh! Nass!
»Du meine Güte, was ist denn jetzt schon wieder passiert?« Erschrocken stürzte Annemarie ins Bad. »Warum jault Naila denn so?«
Frank kämpfte noch immer mit dem wild zappelnden Bündel Hund. »Sie scheint wasserscheu zu sein. Aber ich muss ihr die Farbe von den Pfoten waschen.«
»Kann ich dir irgendwie helfen?« Unsicher trat seine Mutter neben ihn. »Sie ist ein bisschen empfindlich. Regen mag sie auch nicht.«
Aus gutem Grund! Regen ist nass, und nass ist igitt. Genauso wie dieser fiese Wasserstrahl da im Waschbecken.Uuuuaaaah, neeeiiin! Nicht die Pfoten nass machen. Bitte, bitte nicht! Iiih!
Frank konnte sich trotz Nailas erbärmlichem Gejaule kaum halten, so sehr musste er lachen. »Meine Güte, was stellst du dich an, Kleine. Es ist doch überhaupt nicht schlimm. Nur ein bisschen warmes Wasser, damit deine Pfötchen wieder sauber werden.«
Das sagst du so. Ich mag einfach kein Wasser. Also außer dem, das man mir zu trinken gibt. Das ist okay. Aber baden? Hör mir auf!
»Komm, komm, nun beruhige dich mal.« Endlich hatte Frank seinen Lachanfall unter Kontrolle und bemühte sich, ganz leise und ruhig auf Naila einzureden. »Schau mal, das ist doch nur Wasser, nichts Schlimmes. Ja, du wirst jetzt ein bisschen nass, aber ich trockne dich auch wieder ab, versprochen. Sobald deine Pfötchen wieder hellbraun und nicht blau-silber-weiß sind.«
Ui, wie wird mir denn? Du kannst aber merkwürdig reden. So ganz sanft und dunkel, da schaudert es mich ja richtig, aber nicht unangenehm. Naila blickte überrascht zu ihm auf und legte den Kopf schräg. Dabei vergaß sie ganz, sich weiter gegen Franks Ansinnen zur Wehr zu setzen.
»Na siehst du, kein Grund zum Weinen.« Frank behielt den warmen, sanften Tonfall bei und hielt vorsichtig eines von Nailas Pfötchen unter den warmen Wasserstrahl. Sie zuckte zwar ein wenig, hielt dann aber doch still. »Brav bist du. Alles gar nicht so schlimm, nicht wahr?«
Doch, und wie, aber deine Stimme klingt so angenehm, und irgendwie beruhigt mich das. Hoffentlich bist du bald fertig. Nasse Pfoten sind scheußlich!
»Mama, hast du im Auto vielleicht irgendwas, womit ich Naila gleich abtrocknen kann?« Frank hatte den Kopf ein wenig zur Seite gedreht und sprach weiterhin ganz ruhig. »Ich glaube, sie hasst es wirklich, nass zu werden.«
Endlich hast du es kapiert!
»Ich schau mal nach. In meiner Yogatasche vielleicht, die liegt im Kofferraum.«
»Sonst geh an meine Koffer auf der Rückbank meines Autos. Da sind auch Handtücher drin.« Vorsichtig ließ Frank Naila mit einer Hand los, angelte seinen Schlüsselbund aus der Hosentasche und hielt ihn, ohne hinzusehen, seiner Mutter hin.
He, was machst du denn? Nicht loslassen, dann glitsche ich doch unter den Wasserstrahl! Wau!
»Huch, entschuldige bitte.« Rasch griff er wieder mit beiden Händen zu und reinigte auch noch die drei übrigen Pfötchen und danach vorsichtig das Fell an Nailas Bauch und Hinterteil.
Naila winselte leise vor sich hin. Das ist so was von bäh, nass, schauderhaft! Habe ich schon erwähnt, dass ich Baden und Duschen hasse?
»Na, also, was ist denn? Ist doch alles okay, Süße. Schau mal, deine Pfötchen sind wieder ganz sauber, und ich glaube, alles andere auch. Jetzt warten wir noch auf Mama, die uns ein schönes, trockenes Handtuch bringt, und dann ist gleich alles wieder paletti.«
Na gut, kann schon sein. Das war jetzt zwar unangenehm, hätte aber auch schlimmer werden können. In den ekelhaften Regen gehe ich heute allerdings nicht mehr hinaus, dass das mal klar ist. Unter keinen Umständen bringt ihr mich vor die Haustür! Wenn ich mal muss – lass dir was einfallen!
Aus der Ferne wurden Schritte laut, dann Annemaries Stimme. »Ich habe eins von deinen Badehandtüchern mitgebracht. Seid ihr fertig?«
»Ja, alles wieder sauber.« Lachend nahm Frank das Handtuch entgegen und wickelte Naila sorgsam darin ein. Dann rubbelte er sie vorsichtig trocken.
Ooooh! Aaaaah! Guuuut! Troooocken! Schöööön! Eeeendliiiich! Hach! Schnüff.
Als Naila hörbar schnaubte, ließ Frank grinsend von ihr ab und drapierte das Handtuch so um sie herum, dass es aussah, als trüge sie einen Mantel mit Kapuze. »Du bist zuckersüß, weißt du das?« Rasch angelte Frank nach seinem Smartphone und öffnete die Kamera-App.
Wer? Ich? Echt?
Genau im richtigen Moment betätigte Frank mehrmals den Auslöser, dann schob er das Mobiltelefon zurück in seine Gesäßtasche. »Ich sehe schon, ich werde im Handumdrehen mindestens eine Million Fotos von dir haben und damit jedem auf den Geist gehen.«
Auf den Geist? Mit mir? Verstehe ich nicht. Aber weißt du was? Ich bleibe jetzt einfach hier. Naila legte sich hin und den Kopf auf ihre Pfötchen.
»Also, süß gucken kann sie ja.« Annemarie blickte kopfschüttelnd auf die kleine Pudeldame, die es sich in dem großen Handtuch bequem gemacht hatte. »Wenn sie bloß nicht so schwierig wäre.«
Frank richtete sich wieder auf. »In Amerika sagt man dazu: She’s a handful. Aber das kriegen wir schon irgendwie hin. Ich mag sie.«
»Wir sollten diese Fotosession hinter uns bringen, solange das Wetter noch so schön ist.« Laura Sternbach legte die Tasche mit ihrer Fotoausrüstung auf einem der niedrigen Tische in der Lounge des Sternbach Wellnessresorts ab und strich sich ihr welliges rotes Haar hinters Ohr. »Diese Mischung aus Hochnebel und diesiger Sonne, die versucht, sich ihren Weg zu bahnen, wird fantastisches Licht liefern. Herbststimmung pur.«
»Ja, und frostig kalt.« Angelique, Lauras Schwägerin und beste Freundin, schüttelte sich, lachte dabei jedoch. Mit einer Hand zog sie das silberne Haargummi aus ihren langen rabenschwarzen Locken und fasste sie neu zusammen. »Da wünsche ich euch viel Vergnügen beim Bibbern. Ich würde ja mitkommen, aber ich muss gleich wieder zurück an meinen Arbeitsplatz. Patrick hat noch eine knappe Stunde Bürozeit, bevor er wieder rüber zur Baustelle fährt, und bis dahin muss ich unseren Sohnemann wieder übernommen haben.« Sie schielte auf die Uhr. »Mit ein bisschen Glück macht Jakob jetzt sein Vormittagsnickerchen, aber darauf schwören würde ich nicht. Er findet es immer ganz toll, wenn Papa auf ihn aufpasst. Nur dass Patrick dann immer nur die Hälfte schafft, weil er sich natürlich immer wieder ablenken lässt.«
»Kannst du es ihm verdenken?« Laura lächelte und streichelte dabei gedankenverloren über ihren kleinen Babybauch. »Jakob ist so was von schnucklig! Ich weiß gar nicht, wie ihr beide überhaupt noch irgendeine Arbeit fertig bekommt, wenn er ständig bei euch ist. Ich würde ihn ohne Unterbrechung knutschen.«
Angelique lachte. »Er ist schon ein kleiner Charmeur, da hast du recht, aber man gewöhnt sich auch daran. Außerdem darf man ihm nicht alles durchgehen lassen, sonst glaubt er am Ende, die Welt würde sich nur um ihn drehen.« Grinsend drehte sie ihr Zopfende um den Finger. »Okay, ich gebe es zu, mir fällt es auch schwer, mich in seiner Gegenwart zu konzentrieren, aber eine muss es ja tun, sonst läuft der Laden nicht so, wie er soll.«
»Patrick hat wirklich Glück, dass du so ein Organisationstalent bist.«
Angelique grinste breit. »Ja, und dass ich das Zepter fest in der Hand habe. Daran wird sich Jakob auch tunlichst gewöhnen müssen.«
»Stimmt.« Laura kicherte. »Und an dein gefährliches Temperament.«
»Aber hallo! Das hat er schon mit der Muttermilch aufgesaugt. Sag mal, wo bleibt denn Ricarda? Ich dachte, ihr wolltet zusammen rüber zum Campingplatz, um die Fotos für den Hotelblog zu schießen.«
»Keine Ahnung.« Suchend blickte Laura sich um und dann auf ihre Armbanduhr. »Sie wollte längst hier sein. Vielleicht … Ach, da kommt sie ja!« Sie deutete in Richtung der Aufzüge. Aus dem linken trat gerade Ricarda Sternbach, die Zwillingsschwester von Angeliques Mann Patrick, und eilte auf ihre beiden Schwägerinnen zu. Sie trug Bluejeans, einen cremefarbenen Wollpullover mit modischem Stehkragen und feste, mit Plüsch gefütterte Wanderschuhe. Im Arm hielt sie einen dunkelblauen Steppkurzmantel und einen weißblauen Schal. Ihr brünettes, etwas mehr als schulterlanges, glattes Haar hatte sie mit zwei einfachen Kämmchen an den Schläfen zurückgenommen. »Entschuldige bitte, Laura.« Als sie die beiden Frauen erreichte, nahm sie ihre modische, dunkel gerahmte Brille ab und hielt sie prüfend gegen das Licht, dann setzte sie sie wieder auf. »Ich bin aufgehalten worden. Die Frau vom Finanzamt wollte unbedingt noch ein Schwätzchen am Telefon halten, weil wir bei der letzten Prüfung unserer Bücher so gut miteinander ausgekommen sind. Jetzt kenne ich, glaube ich, die Namen all ihrer Kinder, Nichten, Neffen, Nachbarn und was weiß ich noch.« Amüsiert verdrehte sie die Augen. »Und dann musste ich mich natürlich noch schnell umziehen. In Bluse und Stoffhose hätte ich bestimmt fürchterlich gefroren.«
»Das ist gut möglich.« Laura lächelte ihr zu und zupfte an ihrem eigenen dunkelbraunen Wollpulli herum. »Die Gelegenheit ist aber heute einfach zu günstig mit dem Wetter. Gut, dass du Sachen zum Wechseln hier hattest.«
»Ich bin gerne auf alles vorbereitet.« Ricarda legte den Schal neben Lauras Tasche auf den Tisch und schüttelte kurz den Mantel aus. »Man kann schließlich nie wissen, was über den Tag hinweg alles …« Als ihr Blick auf den Eingangsbereich mit der großen gläsernen Automatikschiebetür fiel, brach sie abrupt ab.
Laura folgte ihrem Blick. »Ricarda? Stimmt etwas …?« Erschrocken zuckte sie zusammen, als Ricarda ein wildes Kreischen ausstieß, die Jacke fallen ließ und quer durch das Foyer rannte. »Was ist denn jetzt los?« Verblüfft beobachtete sie, wie Ricarda auf einen hochgewachsenen Mann im grauen Businessanzug und passendem Kaschmirmantel zustürmte. Er sah gut aus mit seinem blonden, leicht unordentlich wirkenden Haar und dem sehr kurz geschorenen Kinn- und Oberlippenbart. Irgendwie kam er Laura bekannt vor.
Ricarda kreischte noch einmal und sprang dem Mann geradewegs in die Arme, schlang ihre Beine um seine Hüften und ließ sich von ihm einmal im Kreis drehen. Der Anblick verblüffte Laura derart, dass sie hustete. »Was ist das denn?«
Angelique kräuselte die Lippen. »Nicht was, sondern wer. Ich glaube, das ist Frank. Du weißt schon …«
»Patricks Trauzeuge!« Laura stieß einen leisen Pfiff aus. »Haben die beiden sich auf eurer Hochzeit auch so begrüßt?«
»Weiß ich nicht, ich war nicht dabei.« Angelique tippte sich gegen die Unterlippe. »Aber wow, so habe ich unsere Queen der eisigen Schulter noch nie gesehen, das steht fest.«
***
»Frank!« Ricarda warf sich, ohne überhaupt nachzudenken, in die Arme ihres besten Freundes seit Jugendtagen und vertraute darauf, dass er ihrem Ansturm standhielt. Sie schlang einfach ihre Beine um seine Hüften und presste sich an ihn. »Wo kommst du denn her?«
»Durch die Tür, was denn sonst?« Lachend drehte Frank sich einmal mit ihr im Kreis, bevor er sie wieder auf dem Boden abstellte.
»Warum hast du denn nicht Bescheid gesagt, dass du schon hier bist? Dann hätte ich … äh …«
»Was hättest du dann getan?« Frank trat einen halben Schritt zurück und musterte sie, ohne sie jedoch loszulassen.
»Ach, nichts. Nur eben gewusst, dass du wieder im Lande bist.« Ihr Herz pochte freudig, als sie seine eingehende Musterung erwiderte. Sie waren einst wie Pech und Schwefel gewesen. Sie hatte ihn vermisst. Wie sehr, das musste sie ihm ja nun nicht unbedingt auf die Nase binden. Das war ganz allein ihre Sache.
»Das hätte mir aber die Überraschung verdorben, und vielleicht wäre dann deine Begrüßung nicht so überschwänglich ausgefallen.«
»Warum denn nicht?« Verblüfft sah Ricarda ihn an. »Wenn ich gewusst hätte, dass du wieder da bist, hätte ich mich doch nicht weniger gefreut.«
»Aber vielleicht erst nachgedacht, bevor du mich anspringst wie eine Seemannsbraut ihren lang vermissten Piratenkapitän. Die Leute starren uns an.«
Ricarda zuckte lediglich mit den Achseln. »Lass sie starren. Mensch, du hättest wirklich mal was sagen können. Ich dachte, ich falle um, als ich dich eben reinkommen sah.«
Frank lachte. »Dafür warst du aber erstaunlich stabil auf den Beinen. Du siehst übrigens gut aus. Der Casual Look steht dir.«
»Der was?« Überrascht blickte sie an sich hinab. »Ach so, ja, ich wollte gerade mit Laura losziehen und Fotos vom rundum erneuerten Campingplatz und den Baufortschritten am Verwaltungsgebäude machen. Normalerweise bin ich fürs Büro ein bisschen formeller gekleidet.« Sie zupfte am Aufschlag seines Mantels. »Wenn auch nicht ganz so formell wie du. Feines Stöffchen. Der Anzug ist maßgeschneidert, oder?«
»Erwischt.« Grinsend wedelte Frank mit einem Ende des dunkelroten Schals herum, den er lässig offen um den Hals trug. »Alles noch Bostoner Bestände.«
Ricarda schnappte sich das Schalende und rieb es zwischen den Fingern. »Damit wirst du hier in der Kleinstadt mächtig Eindruck schinden.«
»Glaubst du, das habe ich nötig?«
»Keine Ahnung. Kommt drauf an, wen du zu beeindrucken gedenkst.«
»Hallo, Frank.« Angelique und Laura waren inzwischen näher gekommen, und Angelique drückte Ricarda wortlos den blauen Mantel und den Schal in die Arme. »Lange nicht gesehen.«
»Viel zu lange!« Erfreut umarmte Frank erst Angelique, dann Laura. »Schön, euch gleich alle auf einmal zu treffen. Ich dachte, ich mache einfach mal die Runde. Als Nächstes wollte ich Patrick besuchen. Oder ist er im Moment zu beschäftigt?«
Angelique schüttelte den Kopf. »Wenn er nur halb so begeistert über dein Auftauchen ist wie Ricarda, wird er sich die Zeit gerne nehmen. Er ist drüben in unserer Firma. Ich muss gleich rüber, um Jakob wieder zu übernehmen. Wir wollten ihn nicht schon so früh in die Kita geben. Mit einem Jahr oder anderthalb reicht auch. Bis dahin wechseln wir uns irgendwie ab.«
»Wow, Jakob muss ich unbedingt kennenlernen. Wie alt ist der kleine Mann jetzt? Ein halbes Jahr, oder?«
»Ziemlich genau sechs Monate, ja.« Angelique lächelte ihr verliebtes Mamalächeln. »Wenn du willst, kannst du mit mir rüberfahren. Oder geh mit Ricarda und Laura rüber zum Campingplatz und triff Patrick nachher dort. Er muss sowieso gleich dorthin.«
»Hm …« Frank rieb sich nachdenklich übers Kinn. »Schwere Entscheidung. Wenn ich mit dir fahre, würde ich Jakob gleich kennenlernen. Aber wenn Patrick dann eh nur auf dem Sprung ist, gedulde ich mich besser und treffe ihn auf dem Campingplatz. Jakob läuft mir ja nicht weg.«
»Noch nicht«, stimmte Angelique lachend zu.
»Ich bin ja schon gespannt, was ihr in den letzten Jahren alles geschafft habt. Die Fotos auf eurer Website sind der Wahnsinn.«
»Die Realität übertrifft die Fotos bei Weitem!« Ricarda, die inzwischen Mantel und Schal angezogen hatte, hakte sich bei ihm unter. »Laura ist zwar inzwischen eine richtig begnadete Fotografin. Aber in natura ist alles noch viel toller.«
Laura nickte zustimmend. »So muss es ja auch sein. Die Fotos locken die Leute her, und wenn sie erst hier sind, begeistern wir sie mit einem so zauberhaften Ambiente, dass sie gar nicht anders können, als immer wieder herzukommen und uns all ihren Freunden und Bekannten zu empfehlen.«
»Da spricht die Marketingfachfrau.« Angelique deutete zur Tür. »Was ist, macht ihr euch auf den Weg? Sonst ist das schöne Hochnebel-Sonnenlichtgemisch doch wieder futsch.«
***
»Wahnsinn, was sich hier alles verändert hat.« Beeindruckt sah Frank sich auf dem Campingplatz um, der in seiner Erinnerung eher gewöhnlich bis leicht heruntergekommen gewesen war. Seit Hans und Margit Sternbach ihn vor einigen Jahren gekauft und auf Vordermann gebracht hatten, um ihn an das Resort und das Feriendorf am See anzuschließen, das sie unweit von hier erbaut hatten, war das Gelände kaum wiederzuerkennen. Die Stellplätze für Wohnwagen und Zelte waren von niedrigen Wildrosen- und Bauernjasminbüschen voneinander getrennt, die Wege mit Natursteinen gepflastert, Zierbeete angelegt worden, die aber wohl erst im Frühjahr bepflanzt werden würden. Schon von Weitem war das ganz aus Holz erbaute Verwaltungsgebäude zu erkennen, in dem sich auch ein Restaurant, eine Kneipe, ein kleiner Supermarkt und im Obergeschoss Dusch- und Baderäume befanden. Ein weiteres Gebäude mit Duschen und Toiletten befand sich am anderen Ende des Areals, wie Ricarda ihm begeistert mitgeteilt hatte.
Auf dem Weg hierher hatte sie ihm genau erklärt, was sie alles für den Campingplatz und das angrenzende Feriendorf geplant hatten. Er hörte ihr gerne zu. Sie hob natürlich, typisch für sie, hauptsächlich die Investitionen hervor, die hier getätigt worden waren, und die finanziellen Vorteile, die diese Erweiterung des Resorts mit sich brachte. Zahlen waren ihre Welt, doch er sah ihr zugleich an, wie stolz sie auf das Werk war, an dem ihre gesamte Familie beteiligt gewesen war. Insbesondere Patrick, denn von ihm stammten sämtliche Holzhäuser sowohl auf dem Campingplatz als auch drüben im Feriendorf. Sogar für seinen älteren Bruder Justus und dessen Frau hatte er ein Haus gebaut – ganz zu schweigen von seinem eigenen, in dem er nun mit Angelique, Jakob und seinen zwölfjährigen Zwillingen Jessica und Joel lebte.
Patrick hatte es weit gebracht, das stand fest. Ebenso wie Frank war er seinen Weg gegangen, wenn auch auf ganz andere Weise. Tatsächlich hatte er sogar noch mehr erreicht, denn immerhin war er inzwischen sogar glücklicher Familienvater von gleich drei Kindern. Obgleich die Sache mit den Zwillingen vor einigen Jahren vollkommen unverhofft über Patrick hereingebrochen war. Er hatte nicht gewusst, dass die beiden überhaupt existierten, bis ihre Mutter, die im Sterben lag, ihn kontaktiert hatte. Nach ihrem Tod hatte er die Kinder zu sich genommen.
Frank bewunderte ihn dafür. Er wusste nicht, wie er in einer solchen Situation gehandelt hätte. Doch Patrick hatte sich von dem wilden, oft aggressiven und rebellischen Jungen, als der er zu den Sternbachs gekommen war, zu einem echten Familienmenschen entwickelt.