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Vorsicht! Die neue Mystery-Serie "Porterville" ist keine normale Serie, wie du sie kennst. Denn sie funktioniert wie eine Art Puzzle: So ist jede neue Folge von "Porterville" wie ein neues Puzzle-Teil. Das bedeutet, die Geschichten beginnen nicht unbedingt da, wo du bei der letzten Folge aufgehört hast. Doch mit jeder neuen Folge erhältst du tiefere Einblicke in die Stadt und ihre Bewohner, bis sich das rätselhafte Gesamtbild immer mehr zusammen setzt und am Ende die Frage geklärt wird: "Was ist das dunkle Geheimnis der Stadt Porterville?" Folge 4 "Träume der Termiten": Cambridge, Oktober 1985. Es beginnt mit einem unglaublichen Jobangebot. Kurz vor Abschluss seiner Doktorarbeit bekommt Paul Higgins, Absolvent des MIT, die Chance seines Lebens. Der Zeitpunkt könnte nicht besser sein, denn Pauls Freundin Kathy ist hochschwanger. Die beiden hoffen auf eine gesicherte Zukunft für ihre kleine Familie – ohne zu wissen, wie hoch der Preis ist, den sie dafür zahlen müssen.
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Seitenzahl: 59
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PORTERVILLE
- Folge 4 -
„Träume der Termiten“
John Beckmann
- Originalausgabe -
2. Auflage 2013
ISBN 978-3-942261-45-6
Lektorat: Hendrik Buchna
Cover-Gestaltung: Ivar Leon Menger
Fotografie: iStockphoto
Psychothriller GmbH
www.psychothriller.de
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Ein Buch zu schreiben, dauert Monate. Es zu kopieren, nur Sekunden. Bleiben Sie deshalb fair und verteilen Sie Ihre persönliche Ausgabe bitte nicht im Internet. Vielen Dank und natürlich viel Spaß beim Lesen! Ivar Leon Menger
Prolog
„Vor dem Fenster ist der Tag angebrochen. Doch ich darf den Schlafraum nicht verlassen. Die Anordnung der Schulleiterin ist über die Lautsprecher im Flur verbreitet worden. Seit Stunden bin ich wie die anderen Mädchen von der Außenwelt und allen Informationen abgeschnitten. Aber meine Mitschülerinnen sind wenigstens zu zweit.
Nur Mrs. Gratschow ist kurz aufgetaucht, hat wortlos und mit bleichem Gesicht einen Blick ins Zimmer geworfen und die Tür von außen abgeschlossen. Keine Frage, die Lage ist ernst. Mr. Landino wusste es. Aber warum wurde dann nicht die Bevölkerung gewarnt? Warum mussten wir trotz der drohenden Gefahr in der Nacht einen sinnlosen Graben schaufeln?“
Tori B.
Tag 187, Jahr 0048
- 1 -
Wenn sich Prinz und Prinzessin im Schein des Mondlichts gefunden haben, ziehen sie sich schnell aus dem wilden Getümmel zurück und suchen nach einem Unterschlupf. Eine Erdspalte dient als Hochzeitskammer. Die Zeit bis zum Tagesanbruch ist kurz, und in der Dämmerung lauern viele Feinde, weshalb die beiden sogleich damit beginnen, Erde mit ihrem Speichel zu mischen und den Ausgang zu verschließen. Sie mauern sich ein in ihrem Gemach. Dann erst folgt der Paarungsakt, der sie zu König und Königin macht. Sie werden die Hochzeitskammer Zeit ihres Lebens nicht mehr verlassen.
Wie in einer Höhle. Kühl und dunkel.
Schwere Vorhänge verbannen die Oktobersonne nach draußen. Die wuchtigen Bücherregale reichen bis unter die Decke. Der Teppich ist handgeknüpft und tief wie Treibsand. Alles in Professor Crowns Büro ist groß und dunkel. Auch der Schreibtisch, an dessen Ecke die einzige Lichtquelle des Raums in Form einer Schreibtischlampe mit grünem Glasschirm steht. Eine schlichte Unterlage mit einem Notizblock, ein Schreibgeräthalter aus Messing und ein Telefon mit Tastenfeld teilen sich die knapp vier Quadratmeter polierte Mahagonifläche.
Der Professor selbst sitzt hinter dem Schreibtisch. Starr und unbeweglich. Als wäre er aus Stein gemeißelt. Würde Professor Crown nicht ab und an auf einer Podiumsdiskussion in Erscheinung treten, könnte man meinen, er wäre längst durch seine eigene Statue ersetzt worden.
Der Campus liebt Gerüchte. Besonders die abwegigen.
„Paul“, begrüßt Professor Crown mich. „Schön, dass Sie es so kurzfristig einrichten konnten.“
Die schwere Eichentür hinter mir schließt sich ohne mein Zutun und mauert uns ein in unsere kleine Höhle.
„Bitte, setzen Sie sich.“ Professor Crown weist auf einen der Besuchersessel.
Ich versinke in dunklem Leder.
„Wie geht es Ihnen?“
„Gut, danke.“
„Und Kathy?“
„Ebenfalls. Vielen Dank.“
„Gut.“
Ich betrachte Professor Crowns steinerne Miene und frage mich, warum er mich so eilig zu sich gerufen hat.
„Geht es um … um meine Arbeit?“, frage ich.
Er winkt. „Nein, nein, seien Sie unbesorgt.“
„Diesmal schaffe ich den Abgabetermin. Es fehlt eigentlich nur noch die Zusammenfassung.“
Das stimmt nicht ganz. Doch ich musste bereits zweimal um eine Verlängerung bitten, weshalb einige beruhigende Worte bestimmt nicht verkehrt sind.
„Machen Sie sich keine Sorgen, Paul. Es geht nicht um Ihre Doktorarbeit. Zumindest nicht in einem Zusammenhang, den Sie gerade befürchten.“ Er wendet sich dem zweiten Besuchersessel zu, welcher etwas abseits am Rand des Lichtscheins steht. „Ich darf Ihnen Mr. Lundergaard vorstellen?“
Erst jetzt bemerke ich, dass in dem anderen Sessel ebenfalls jemand sitzt.
„Ein langjähriger Kollege und … guter Freund von mir.“
„Und ein großer Bewunderer Ihrer Arbeit“, ergänzt Mr. Lundergaard mit einem schmalen Lächeln. Alles an ihm ist schmal: das Gesicht, die Schultern, die dünne Nase.
„Es freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mr. Higgins“, wendet er sich an mich mit einer Stimme, die genauso dünn ist wie der Rest von ihm. Sein Akzent ist nicht zuordbar, was ihn zusammen mit seiner Kleidung wie einen Farmer bei einem seiner seltenen Besuche in der Großstadt erscheinen lässt. Die Ellbogen seines Jacketts sind geflickt. Der Stoff seiner Hose ist an den Knien so dünn, dass helle Haut hindurchscheint. Die Umschläge sehen sogar im Zwielicht staubig aus.
„Gefällt es Ihnen am MIT?“, fragt Mr. Lundergaard mit seiner seltsamen Betonung.
Ich nicke. „Es ist eine der besten Universitäten des Landes.“
„Obwohl es nicht umsonst Massachusetts Institute of Technology heißt“, ergänzt Professor Crown. „Neben den Ingenieurswissenschaften fristen die meisten anderen Fakultäten ein Schattendasein, aber wir wollen uns nichts beschweren.“
„Cambridge ist ein reizendes kleines Städtchen“, entgegnet Mr. Lundergaard etwas zusammenhangslos.
„Wenn Sie großes Glück haben“, übernimmt wieder Professor Crown, „wird Mr. Lundergaard Ihnen ein Angebot machen. Und wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Hören Sie es sich ganz genau an.“
Mr. Lundergaard nickt. „Sehr freundlich, sehr freundlich.“ Er schaut zu mir auf. „Ich hatte die Ehre, eine Vorabfassung Ihrer Forschungsergebnisse lesen zu dürfen.“ Er lächelt sein blasses schmales Lächeln. „Ich hoffe, dies ist in Ordnung für Sie.“
„Selbstverständlich“, sage ich, obwohl es alles andere als in Ordnung ist.
„Sie verfolgen … Sie verfolgen da einen sehr interessanten Ansatz, Mr. Higgins.“ Er begutachtet seine Fingernägel und kratzt daran herum. Wahrscheinlich kleben noch Erdkrümel von der Feldarbeit darunter. „Wirklich sehr interessant.“
Ich frage mich, wie viel er verstehen konnte von dem, was er gelesen hat.
„Konnten Sie Ihre Forschungen inzwischen abschließen?“, fragt Mr. Lundergaard.
„Ja“, sage ich, und eine neue Frage wird größer und verdrängt die vorherige: Warum gibt Professor Crown meine Arbeit ohne mein Einverständnis an eine mir wildfremde Person weiter? Einer Person, die augenscheinlich nicht im Geringsten etwas mit meiner Forschung zu tun hat.
„Haben sich die Ergebnisse verändert?“, unterbricht Mr. Lundergaard meine Gedanken.
„Nein. Nicht im Geringsten.“
„Fein“, befindet Mr. Lundergaard und widmet sich wieder der Nagelpflege.
Professor Crown erweckt den Anschein, als würde ihn dies alles nichts angehen. Abwesend schaut er aus dem kleinen Spalt Fenster, den die Vorhänge unbedeckt gelassen haben.
„Fein“, sagt Mr. Lundergaard noch einmal und faltet die Hände in seinem Schoß. „Mr. Higgins, lassen Sie mich Ihnen eine Frage stellen: Wie würde es Ihnen gefallen, an einer Expedition teilzunehmen? Einer Expedition, welche den Lauf der Wissenschaft verändern und in die Geschichtsbücher eingehen wird.“
„Das kommt ganz darauf an.“
„Worauf?“, fragt er interessiert.
„Auf das Ziel und Forschungsthema der Expedition.“
„Natürlich, natürlich. Ich kann Sie beruhigen.“ Die farblosen Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. Wie zwei Regenwürmer, die sich aneinander schmiegen. „Es wird Ihnen gefallen.“ Er beugt sich zu einer abgewetzten Aktentasche hinunter, und holt einen vergilbten Schnellhefter und einen Bleistiftstummel hervor. „Ich würde Ihnen gerne einige Fragen stellen, um Ihre Tauglichkeit zu testen.“
„Meine Tauglichkeit …“
„Ob Sie für unsere Expedition geeignet sind“, erklärt Mr. Lundergaard.
„Ja, klar, warum nicht?“, entgegne ich, obwohl mir auf Anhieb ein halbes Dutzend Gründe dagegen einfällt.