Prüfungskunde - Georg Klingenberg - E-Book

Prüfungskunde E-Book

Georg Klingenberg

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Beschreibung

In acht Akten führt Prof. Klingenberg durch das Drama der mündlichen Prüfung und zeigt, daß es dabei viel zu lachen gibt: Im Kampf der Heroen treffen Intelligenztester auf Auswendiglerner, Pokerfaces auf Spekulierer. Die humorvollen Schilderungen zeugen von Menschenkenntnis und scharfer Beobachtungsgabe, geschöpft aus dem Erfahrungsschatz jahrzehntelanger Unterrichtspraxis. Ein unterhaltsamer Leitfaden, der zur Selbsterkenntnis und zum Schmunzeln einlädt. Pflichtlektüre für Schüler, Lehrer, Professoren, Studentinnen und Studenten. Ideal geeignet als Geschenk für »Geniale Anwender« nach einer bestandenen Prüfung oder als Trost und Ermunterung für Gestrauchelte.

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Seitenzahl: 73

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Herausgegeben von Paul Klingenberg

© Verlag Klingenberg Graz 2024

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags, der Übertragung in Funk und Fernsehen und der (auch auszugsweisen) Wiedergabe in Print- oder elektronischen Medien.

Satz : Paul Klingenberg

ISBN 978-3-200-04924-6

1 2 3 4 – 23 18 17 17

www.klingenbergverlag.at

Mit freundlicher Unterstützung von

INHALT

Vorwort

1. Die Prüfung

2. Die Prüflinge

3. Die Prüfer

4. Das Auditorium

5. Die Prüfungsveranstaltung

6. Das Vorspiel

7. Der Hauptakt

8. Das Finale

Anhang (»Die schriftliche Prüfung«)

Über den Autor

Personen

Inhaltsübersicht

VORWORT

Die folgenden Beobachtungen stammen aus meiner fünfzigjährigen Lehrtätigkeit an verschiedenen Universitäten. Durch Abnahme mehrerer tausend mündlicher Prüfungen lernt man die Menschen und ihr Verhalten in dieser spezifischen Situation genau kennen. Jedenfalls zeigt sich, daß Prüfungssituationen, egal in welchem Bereich sie stattfinden, gemeinsame Züge aufweisen. Diesen Erfahrungsschatz habe ich in dem vorliegenden Werk strukturiert und verdichtet.

Ich hoffe, damit künftigen Generationen von Geprüften, aber auch Prüfern, einen brauchbaren Arbeitsbehelf zur Verfügung zu stellen. Es spiegelt sich darin die Verschiedenheit der Menschen wider und zeigt, daß auch so ernste Situationen wie Prüfungen durchaus mit Humor und Würze verbunden sind.

Ich sehe dieses Werk, neben meinen anderen wissenschaftlichen Ergebnissen, auch als Dank dafür an, in diesem schönen Berufsfeld gewirkt zu haben. Der Behelf ist nicht auf ein bestimmtes Fach bezogen, sondern generell, auch über den universitären und schulischen Bereich hinaus, bei Prüfungen aller Art anwendbar.

1. DIE PRÜFUNG

Auch eine noch so kurz gehaltene Prüfungskunde wäre unvollständig, würde sie nicht eingangs versuchen, den Gegenstand der folgenden Betrachtungen vorzustellen. Mit den Prüfungen haben sich die verschiedensten Wissensdisziplinen befaßt und hiezu eine Vielfalt an Definitionen und Beschreibungen geliefert:

Die Erziehungswissenschaft, die hier in erster Linie als kompetent anzusehen ist, beschreibt die Prüfung sehr anschaulich als »möglichen Wirkungsparameter pädagogischer Interaktion«, das Prüfungszimmer als »Ort pädagogischen Handelns« und die Notengebung als »Reflexion über die Evaluierung konkurrierender kognitiver Lernverhaltensmuster«. Die Gesellschaftswissenschaft hat in den Prüfungen nicht nur eine »Operationalisierung und Implementation des sekundären Sozialisationsprozesses« erkannt, sondern auch, nach jahrzehntelangen Forschungen und reichhaltigen Felduntersuchungen, das Prüfungswesen letztlich als ein »komplexes Beziehungsgeflecht« beschrieben, in dem die »schicht- und rollenspezifischen Verhaltensweisen der implizierten Personen in der Regel nicht gegenseitig austauschbar sind«. Die Psychologie bezieht in ihre Definition das Ergebnis mit ein: Je nach dem Ausgang wird die Prüfung daher als »situatives Über-Ich-Erlebnis« oder auch als »Frustrationsmultiplikator« bezeichnet. In der Schulmedizin wird das Prüfungswesen einhellig den exogenen Streßfaktoren zugeordnet. Die Jurisprudenz sieht Prüfungen als »zumeist in Sondergesetzen geregelte, gutachtensähnliche, in der Regel nicht mit abgesonderten Rechtsmitteln bekämpfbare Vorgangsweisen in Verwaltungsverfahren zur Erlangung besonderer Befähigungen«. In der Theologie wiederum finden sich Stimmen, die Vergleiche mit den alttestamentarischen Plagen nicht scheuen, welche ja gelegentlich auch als Prüfungen bezeichnet werden.

Dieser Ausschnitt soll als Einführung genügen. Der Verfasser geht von der Annahme aus, daß der Leser sich selbst empirisch mit dem Phänomen der Prüfungen auseinandergesetzt hat oder noch reichlich Gelegenheit dazu haben wird.

2. DIE PRÜFLINGE

2.1 DIE ARTEN DER PRÜFLINGE

Beginnen wir in demokratischer Tradition mit jener Personengruppe, die im Prüfungsgeschehen die häufig schweigende Mehrheit stellt, nämlich mit den Kandidaten. Herkömmlicherweise werden sie in »sehr gute«, »gute«, »befriedigende« usw. eingeteilt. Da ich diese Einteilung in breiten Leserkreisen für hinlänglich bekannt halte, lasse ich sie beiseite und gehe lieber auf jene Gliederungsgesichtspunkte ein, die üblicherweise nicht in den Zeugnissen Berücksichtigung finden. Demnach sind zu unterscheiden und im Folgenden zu betrachten:

a) nach der Beteiligung am Gespräch

– der Beleidigte

– der Sprudler bzw. die Verkaufskanone

– der unkontrollierte Assoziierer

b) nach der Art der Vorbereitung

– der Spekulant

– der Feindaufklärer

c) nach dem Verhältnis zum Stoff

– der Auswendiglerner

– der geniale Wissensanwender

– Unbefleckte und Schlampige

2.2 DER BELEIDIGTE

Der Beleidigte verfügt oftmals über erstaunlich viel Wissen, empfindet aber dessen Preisgabe als Schmach. Er widersteht daher bei der Prüfung oft erfolgreich den Versuchen des Prüfers, dieses Wissen aus der Tiefe zu holen. Für ihn bedeutet die Prüfung in jedem Fall schlicht eine Zumutung: Wird er etwas gefragt, was er weiß, sieht er nicht ein, warum er lange über Dinge reden soll, die beiden Gesprächspartnern ohnedies bekannt und außerdem zwischen diesen nicht strittig sind; wird er hingegen etwas gefragt, was er nicht weiß, zieht er sich erst recht in seinen Schmollwinkel zurück. Ein herzliches Gesprächsklima kann in diesen Fällen ebenso selten erreicht werden wie etwa bei Befragungen von Steuerpflichtigen durch die Steuerfahndung.

Daß er schon zu Beginn der Prüfung nach seinem Namen gefragt wird, obwohl dieser erstens bekannt und zweitens nicht Prüfungsinhalt ist, kann seine Trotzhaltung nur verstärken. Teilnahmslos läßt er das weitere Geschehen neben sich ablaufen. Fragen an die Mitprüflinge interessieren ihn grundsätzlich nicht, er ist ohnedies nur zufällig in diese Gesellschaft hineingerutscht. Kommt er selbst an die Reihe, äußert er sich herablassend-indigniert: Der Prüfer soll eben nur spüren, wie störend sein penetrantes Gefrage ist; ein kurzes »Ja« oder »Nein« muß da schon genügen. Bemühungen des Prüfers, durch gezielte Zusatzfragen den Beleidigten doch noch zu längeren Ausführungen für das Gespräch zu erwärmen, werden in der Regel durch entsprechend bockige Kurzantworten abgewiesen, und selbst wenn es durch Anwendung von List und Tücke gelingt, den Probanden zum Reden und zur Öffnung seiner Schatzkiste zu bringen, versöhnt ihn nicht einmal eine angemessene Abschlußnote: Bei ihm ist alles Liebeswerben vergeblich.

2.3 DER SPRUDLER UND DIE VERKAUFSKANONE

Der Sprudler ist vollgepfropft mit Wissen und, einmal in Fahrt gekommen, in seinem Redefluß schwer zu bremsen. Ein kurzes Antippen eines Themas genügt, schon strömt und perlt es aus ihm heraus wie aus einer üppigen Quelle. Im Prüfungsalltag tritt der Sprudler allerdings in zwei völlig verschiedenen Spielarten auf: Da gibt es einerseits den thementreuen Sprudler und andererseits die Verkaufskanone.

Über den thementreuen Sprudler brauchen hier nicht viele Worte verloren zu werden: Er ist – ob man es sich eingesteht oder nicht – natürlich das Liebkind jedes Prüfers: Er sagt alles, was zur Frage gehört, häufig mehr, als sich der erfahrene Prüfer erwartet; ein glattes Doppelplus auf dem Spickzettel des Examinators ist die unausweichliche Folge seines Auftrittes.

Ganz anders verhält sich die Verkaufskanone: Ihr Interesse gilt nicht den Wünschen und Bedürfnissen des Prüfers, sondern ihr Bemühen ist es, die gerade lagernde Ware an den Mann zu bringen. Die Stärke eines derartigen Sprudlers liegt daher nicht nur in der Aufrechterhaltung des Redeflusses, sondern er zeichnet sich auch durch kühne Gedankenflüge und spontane Originalität aus: Als Beispiel erwähnt sei etwa der Geographie-Rigorosant Knut K., der es schaffte, eine Frage nach den »Auswirkungen der Eiszeit in Südskandinavien« mit Bemerkungen zur »Altersstruktur der Bevölkerung der Wüste Gobi« abzurunden, um schließlich mit bravourösen Ausführungen über »Probleme der kleingewerblichen Korkverarbeitung in Portugal« zu endigen. Der Erfolg derartiger Eskapaden hängt allerdings wesentlich davon ab, inwieweit sich der Gesprächspartner am Ende des Redeschwalls noch an die ursprünglich gestellte Frage erinnert.

2.4 DER UNKONTROLLIERTE ASSOZIIERER

Er ist ein Wanderer, der falschen Markierungen folgt: Beim Thema A verwendet er Begriffe, die vielleicht am Rande mit A, im wesentlichen aber doch mit Thema B zu tun haben; da er diese Begriffe zudem falsch verwendet, muß er erst mühsam und mit prüferischer Langmut von seinem Irrweg abgebracht werden; doch auch dieses Vorhaben schlägt häufig fehl: Der Versuch, ihm klarzumachen, daß a zu A und b zu B gehört, und ihn damit aus den Schlingen des Themas B wieder herauszuführen, endet sehr häufig damit, daß er bei Begriff c anlangt, der nun weder mit A noch mit B etwas zu tun hat. Der unangenehme Nebeneffekt: Man ist fürs erste einmal weg vom schönen Thema A und mittendrin im ansonsten peinlich gemiedenen Thema C. Die Hoffnung, daß er vielleicht auf diesem Umweg wieder zurückfindet auf den sicheren Boden von A, erfüllt sich natürlich nicht; im Gegenteil, eine weitere – für niemanden nachvollziehbare – Assoziation bringt ihn auf das selbst von sadistischen Prüfern ausgesparte Thema D, an dessen Klippen er dann endgültig scheitert.

Der unkontrollierte Assoziierer muß je nach Situation verschieden eingeschätzt werden. Bei einem Soloauftritt geriert er sich in erster Linie als Selbstmörder; davon ist nur der Prüfer betroffen, dem es obliegt, seine ganze Energie für den meist ohnedies vergeblichen Rettungsversuch einzusetzen. Das mag noch angehen, schließlich hat der Prüfer seinen Beruf ja freiwillig ergriffen.

Bei einem Auftritt innerhalb eines Ensembles kommt dem wilden Assoziierer jedoch das zweifelhafte Prädikat der Gemeingefährlichkeit zu: Ohne zu wissen, was er tut, kann er seine Schicksalsgenossen mit ins Verderben ziehen. Neben einem solchen Menschen als Mitprüfling zu sitzen und ständig damit zu rechnen, die vom unglückseligen Vormann herbeigeredeten Themen fortsetzen zu müssen, zählt wohl zu den unangenehmsten Situationen im Prüfungsbetrieb. Zudem verfügt diese Sorte von Prüflingen regelmäßig noch über die seltene Gabe, genau in jene Bereiche des Faches hineinzuplumpsen, über die sich jeder vernünftig taktierende Kandidat elegant hinwegzuturnen angewöhnt hat.

2.5 DER SPEKULIERER