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Dieses Buch richtet sich an alle angehenden Körpertherapeut:innen, an alle, die bereits beruflich selbstständig tätig sind und an deren Klient:innen. Ich berichte hier aus meiner mehr als 25-jährigen Praxiserfahrung, von meiner Ausbildungszeit und diversen Lehrtätigkeiten. Es kann dir helfen, wenn du überlegst, ob und welche Ausbildung du in diesem Bereich machen möchtest. Es kann dich unterstützen auf dem Weg in die selbstständige Arbeit als Therapeut:in. Mit meinem Buch erhebe ich keinen wissenschaftlichen Anspruch. Es soll vielmehr zu einer Bereicherung unserer Arbeit mit Menschen beitragen. Körpertherapien sind nicht auf das Körperliche beschränkt. Sie durchdringen alle Bereiche eines Menschen. Jede Berührung beeinflusst auch unsere Psyche und unser Energiefeld. Daher ist ein achtsames und wertschätzendes Miteinander die Basis für einen langfristigen Heilungserfolg. Körpertherapien können einen wichtigen Teil zu Bildung einer offeneren und berührungsfreundlicheren Gesellschaft leisten. Menschen, deren Aufmerksamkeit sich auf ihr innerstes Wesen richtet, verspüren mehr Lebensfreude und Energie. Tiefe Berührung lässt uns das „Hier-und-Jetzt“-Gefühl erfahren, welches die Reise zur Heilung und Ganzwerdung erst ermöglicht.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Inhaltsverzeichnis
Qualität der Berührung
01 Die ersten Schritte
02 Therapeut:in sein
03 Was ich gelernt habe
04 Was es noch zu sagen gibt
Impressum
Ein „autobiografisches Sachbuch“ mit vielen Erfahrungen aus dem Bereich der Körpertherapie.
Geschrieben für erfahrene und angehende Körpertherapeut:innen und deren Klient:innen.
Zur Selbstreflexion, für mehr Eigenverantwortung und gegenseitiges Verständnis.
Eine Einladung für qualitative Berührung im physischen, psychischen und energetischen Bereich.
Ein Wegbegleiter für eine offenere und berührungsfreundlichere Gesellschaft.
Text und Fotos: Peter Tobisch
Lektorat und Layout: Claudia Riedler-Bittermann
Peter Tobisch, Hauptstraße 39, 4040 Linz www.shiatsupraxis-linz.at
Peter Tobisch
Geboren 1960 in Linz
Ausbildung zum Bürokaufmann 1975–1978
Techniker Architekturbüro 1981–1999
Ausbildung zum Dipl. Shiatsupraktiker 1995–1999
Seit 2000 hauptberuflich tätig in eigener Praxis
Obmann Shiatsugruppe Linz 2000–2005
Betreuer in Wohnheim für Haftentlassene 2000 –2005
Watsu®-Ausbildung 2004–2006
Viele mehrmonatige Reisen durch Lateinamerika, Asien, Australien, Neuseeland und Norwegen.
Weitwanderung über die Alpen von Linz nach Nizza 2016
Diese Buch richtet sich an alle angehenden Körpertherapeut:innen, an alle, die bereits beruflich selbstständig tätig sind und an deren Klient:innen.
Ich berichte hier aus meiner mehr als 25-jährigen Praxiserfahrung, von meiner Ausbildungszeit und diversen Lehrtätigkeiten.
Es kann dir helfen, wenn du überlegst, ob und welche Ausbildung du in diesem Bereich machen möchtest.
Es kann dich unterstützen auf dem Weg in die selbstständige Arbeit als Therapeut:in. Mit meinem Buch erhebe ich keinen wissenschaftlichen Anspruch. Es soll vielmehr zu einer Bereicherung unserer Arbeit mit Menschen beitragen.
Körpertherapien sind nicht auf das Körperliche beschränkt. Sie durchdringen alle Bereiche eines Menschen. Jede Berührung beeinflusst auch unsere Psyche und unser Energiefeld. Daher ist ein achtsames und wertschätzendes Miteinander die Basis für einen langfristigen Heilungserfolg.
Körpertherapien können einen wichtigen Beitrag zur Bildung einer offeneren und berührungsfreundlicheren Gesellschaft leisten. Menschen, deren Aufmerksamkeit sich auf ihr innerstes Wesen richtet, verspüren mehr Lebensfreude und Energie. Tiefe Berührung lässt uns das „Hier-und-Jetzt“-Gefühl erfahren, welches die Reise zur Heilung und Ganzwerdung erst ermöglicht.
Du bist jung oder junggeblieben und möchtest etwas in deinem Leben verändern? Vielleicht, weil es langweilig geworden ist oder unbefriedigend? Du bist auf der Suche, weißt aber nicht, wohin es gehen soll, sondern nur, dass es so nicht weitergehen kann.
Weil du dich nicht wohl in deiner Haut fühlst oder weil du ganz einfach spürst, dass da noch etwas ganz anderes in dir steckt. Diese neue Tätigkeit soll auf jeden Fall etwas mit Menschen zu tun haben.
Du möchtest dich entfalten können, anderen helfen oder einfach nur unabhängiger werden. Selbständig arbeiten. Alte, sichere Pfade verlassen und neue Wege gehen, dich auf Unbekanntes einlassen.
Du suchst nach etwas, bei dem du Menschen auf ihren Wegen ein Stück weit begleiten kannst?
Egal, für welche Richtung du dich am Ende entscheidest, der erste Schritt beginnt bei dir selbst. Natürlich gibt es in guten Ausbildungen Raum und Zeit für Persönlichkeitsentwicklung. Aber wäre es nicht besser, wenn wir uns das Geld, die Zeit und vor allem einige Enttäuschungen ersparen könnten?
Sehr oft werden Menschen in Ausbildungen gelockt und nicht selten ist den Lehrenden bald klar, dass der eine oder andere nicht geeignet ist. Trotzdem schleppt man sie bis zum Abschluss mit. Weil es auch ein Business ist. Vor allem bei den umfangreicheren und somit teureren Lehrgängen kann es sehr enttäuschend sein, wenn wir erst spät erkennen, dass wir nicht wirklich geeignet dafür sind; besonders, wenn es sich um eine berufliche Ausbildung handelt.
In der Shiatsu-Ausbildung wird offiziell großer Wert auf die Qualität der Praktizierenden gelegt und manche erhalten erst nach mehreren Wiederholungen und Zeitverzögerungen das erstrebte Diplom. In der harten Berufsrealität, in der es aber bei aller Liebe zum Beruf auch ums Geldverdienen geht, zeigt sich dann, wo die eigenen Grenzen sind.
Was ich damit sagen möchte: Lass dir Zeit bei der Auswahl deiner Ausbildung und vor allem bei der Entscheidung für ein Ausbildungsinstitut. Wenn du mit Menschen arbeiten möchtest, gibt es viele Möglichkeiten: Sie reichen vom simplen Kartenauflegen über okkulte Rituale bis hin zur langjährigen Ausbildung in Psychotherapie. In den Bereichen Mystik, Tradition, Kunst, Musik, Tanz, Kräuter, Sprache, Gesang, Körperübungen, Massagen bis hin zur Physiotherapie und Psychotherapie gibt es viele alte und neue Methoden, die, so scheint es, alle zum Wohle der Menschen dienen.
Oft braucht es Vorkenntnisse und bestimmte formale Qualifikationen, beispielsweise Maturaniveau, meist sind aber kaum bis gar keine Voraussetzungen notwendig. Manche der Methoden sind als Therapieformen in der Gesellschaft und im Gesundheitswesen anerkannt, andere wiederum befinden sich in einer Grauzone des Erlaubten.
Viele von uns bringen auch bereits eine bestimmte Affinität mit, oder besondere Veranlagungen in den Bereichen Kommunikation, Körperbewusstsein, Empathie, Kreativität oder eine musikalische Begabung.
Aber eines nach dem anderen. Am Anfang steht die Frage: Warum möchte ich mich verändern und wohin soll der Weg gehen? Wie steht es mit meinem Selbstbewusstsein und meiner Selbstwahrnehmung?
Der Weg zu einer therapeutischen Tätigkeit sollte keine Flucht aus deinem bisherigen Leben sein. Es ist daher von Vorteil, wenn einer der ersten Schritte ein Seminar mit Selbsterfahrungsinhalten ist. Denn es ist wichtig, ehrlich zu sich selbst zu sein. Diese Ehrlichkeit wird dir im späteren Therapeutenleben behilflich sein. In sich hineinzuhören, alles zu hinterfragen und sich mit anderen auszutauschen hilft in vielen Lebenslagen und erspart oft bittere Enttäuschungen.
Sich zu erkennen und zu akzeptieren ist leichter gesagt als getan. In Wirklichkeit ist es eine „hohe Kunst“, die gelernt werden muss. Der Weg dorthin führt nicht selten über Umwege, Schmerzen und Enttäuschungen, bis wir endlich Schritt für Schritt zu unserem eigentlichen, wahren Kern vordringen. Therapie impliziert für mich Erkennen, das führt zu Heilung und Heilung bedeutet „Ganz-werden“.
Im Grunde wäre dieser Weg für jeden und jede von uns wichtig und hilfreich, egal in welchem Beruf oder in welcher Lebenssituation wir uns befinden. Es ist die Essenz im Leben. Meist gehen wir diesen Weg aber erst, wenn uns nach unzähligen Krisen keine andere Wahl bleibt. Oder wir gehen ihn nicht, doch dann kann es echt unangenehm werden.
Wir Menschen sind oft wahre Meister im Verdrängen und im Wegsehen. Wenn uns aber sprichwörtlich „das Wasser bis zum Hals steht“ und es keine schnellen Lösungen gibt, ist die Chance am größten, dass wir etwas verändern. Damit geht immer eine Art „Bewusstseinsveränderung“ oder „Bewusstseinsvertiefung“ einher. Die Fähigkeit, immer wieder im „Hier und Jetzt“ anzudocken und mit allen Sinnen präsent zu sein, ist die Grundlage für eine tiefgreifende Persönlichkeitsentwicklung beziehungsweise der Weg zur Heilung.
Was hilft uns diese Erkenntnis, wenn wir uns mitten in der Krise befinden? Wenn wir am Boden zerstört, verzweifelt, ängstlich und hoffnungslos sind?
Nur wer sich ausgesprochen gut in andere Menschen einzufühlen vermag oder wer sich schon selbst in krisenhaften Situationen befunden hat, kann auch die helfende Hand reichen.
Je klarer, offener und ehrlicher ich mit meinen eigenen Problemen umgehe, umso eher werde ich eine kompetente und hilfreiche Unterstützung für Menschen in der Krise sein.
In diesem Kapitel geht es ums Erkennen. Was genau könnte damit gemeint sein?
Es beginnt bei deinen Glaubenssätzen, den sogenannten Prinzipien, und geht bis zu den Vorurteilen, die wir teilweise schon im Kindesalter indoktriniert bekommen, und die später durch die Gesellschaft und die politischen und medialen Botschaften auf uns einwirken und uns prägen. Nicht zu vergessen sind die oft sehr subtilen Botschaften der Werbung. Auch religiöse Prägungen, Lebenserfahrungen und Enttäuschungen auf der Beziehungsebene spielen bei der Ausbildung unserer Persönlichkeit eine wichtige Rolle.
Ich möchte klarstellen: Hier steht nicht zur Diskussion, wie man leben oder was man glauben soll. Es geht in erster Linie darum, zu erkennen, was mich zu dem oder der gemacht hat, der oder die ich heute bin. Dass wir auf diesem Weg beginnen, vieles zu hinterfragen, ist selbstredend; nur so können wir die Fähigkeit entwickeln, „hilfreich mit Menschen“ umzugehen.
Auf keinen Fall sollten wir die eigenen Probleme oder Lebenssituationen in die der Klient:innen oder Patient:innen hineininterpretieren. Lerne zuzuhören, achtsam zu beobachten und wertschätzend zu kommunizieren. Das gilt übrigens nicht nur für das therapeutische Setting. Die wahre Bereicherung deines „neuen Weges“ liegt in der Präsenz im Hier und Jetzt. Es geht darum, klar und offen zu beobachten, sich wertschätzend mit anderen auszutauschen. In der Beziehung, mit den Kindern, im Berufs- oder Privatleben.
Sich zu akzeptieren bedeutet, sich zu achten und wertzuschätzen. Natürlich werden wir genügend Eigenschaften an uns selbst finden, von denen wir uns gerne lösen möchten. Dabei hilft mir die Erkenntnis, wie es dazu kommen konnte, wie ich so werden konnte, wie ich eben jetzt gerade bin.
Erkennen und Akzeptieren ist kein „Wohlfühlprogramm“. Jedoch wird das Leben mit jedem Schritt auf diesem Weg interessanter und lebenswerter. Es ist ein immerwährender Prozess, den wir auf diese Art in Bewegung setzen. Es gibt keinen Punkt, von dem aus wir sagen können: „Ich weiß es jetzt“ oder „Ich habe es erreicht“. Erkennen und Akzeptieren wird mit der Zeit zu einer Lebenshaltung, die mein Tun und Handeln beeinflusst.
Ich habe schon oft gelesen: „Du musst zuerst dich selbst lieben, um andere lieben zu können.“ Das kann leicht zu einer Fehlinterpretation führen und den Weg für eine Art „Narzissmus“ ebnen. Selbstverwirklichung, wie ich sie sehe, ist kein Ego-Trip, sondern das Erkennen der eigenen Fähigkeiten und der Mut sowie die Ausdauer, diese reifen zu lassen. Dabei stehen wir in einer guten Balance mit unserem sozialen und politischen Umfeld. Das Verbindende stellen wir über das Trennende.
Denn Heilung geht für mich weit über den rein persönlichen Aspekt einer einzelnen Person hinaus. Eine Gesellschaft, die auf gegenseitiger Wertschätzung fußt und entsprechend Rücksicht nimmt auf Umwelt, Klima, soziale Gerechtigkeit und vieles mehr, wird weniger Krankheiten produzieren und die psychische Stabilität jeder einzelnen Person stärken.
Darum ist es von enormer Bedeutung, dass wir uns stetig weiterbilden und offen in Dialoge gehen, auch wenn die Standpunkte sehr unterschiedlich sind. Es gibt immer etwas Verbindendes.
Ich sehe besorgt die Tendenz, die sich seit einigen Jahren in der westlichen Welt bemerkbar macht: Das Trennende und Abgrenzende wird über das Gemeinsame und Verbindende gestellt. Diese negative Grundhaltung birgt Schmerz, Gewalt und Zerstörung in sich und wird die Menschheit keinen Millimeter näher zu einer friedvollen und freien Welt-Gesellschaft bringen.
Die Grundregel lautet für mich: Ausbildungen, die sich zu einem „Heilungsprozess“ bekennen, benötigen dieselben Eigenschaften, wie wir sie von den einzelnen Therapeut:innen erwarten. Sie sollen wertschätzend, offen und über den einzelnen Menschen hinaus einen positiven Beitrag für lebensbejahende und lebensfreundlichere Gesellschaften leisten.
Es ist also nicht egal, wo du eine Ausbildung beginnst. Nach dem Erkennen und Akzeptieren deiner eigenen Persönlichkeit ist das Überprüfen und Hinterfragen der Ausbildungspersonen und -gruppen von großer Bedeutung für deine weitere Entwicklung.
Wir müssen nicht alles und jeden lieben und uns mit allem arrangieren. Es geht vielmehr darum, den Mut zu entwickeln, Unklarheiten rechtzeitig auszusprechen und sich in keine Abhängigkeiten zu begeben. Auch ich war zwei Jahre lang in einer Ausbildung mit einer sehr umstrittenen Führungsperson. Meine Mitschüler:innen meinten oft, dass wir da „durch müssen“, oder dass es Bestimmung wäre, sich mit solch egozentrischen Personen auseinanderzusetzen, um zu reifen.
Ich sage dazu Nein und nochmals Nein. Es ist nicht die Aufgabe der Schüler:innen und Student:innen, sich mit den Missständen in Ausbildungen zu arrangieren.
Erst der Wechsel zu einer anderen Shiatsu-Schule zeigte mir einen völlig neuen und „lernfreundlicheren“ Weg der Ausbildung. Der Unterschied war bereits in der Grundhaltung der jeweiligen Schulbesitzer:innen erkennbar.
Sein Innerstes zu erkennen und zu lernen, sich selbst zu akzeptieren, ist für mich der erste Schritt auf dem Weg zu einer ausgeglichenen, reifen Persönlichkeit. Ich lade dich herzlich dazu ein, dich auf diesen Weg zu begeben. Was können wir schon Großartiges in der Welt verändern, wenn wir nicht zuerst bei uns selbst beginnen?
„Ich wäre hoffnungslos, wenn ich nicht wüsste, dass ich es bin, der sich verloren hat, nicht aber das Ewige, das weiter wirkt.“
Bernhard von der Marwitz (1824 – 1880, preußischer Politiker, Landrat des Landkreises Lebus)
Abbildung 1 Wüstenblume in Chile
Wie heißt doch ein weises asiatisches Sprichwort: „Wenn du glaubst, etwas zu sein, hast du aufgehört, etwas zu werden.“ Das kann ich eins zu eins unterschreiben. Man kann es sogar im täglichen Arbeitsprozess erkennen. Wenn ich meinen Klient:innen gegenüberstehe und glaube, bereits zu wissen, wo das Problem liegt, oder wenn ich mich auf meine langjährige Erfahrung stütze und das Hier und Jetzt ausklammere, dann wird in der Behandlung etwas ganz Entscheidendes fehlen. Die Beziehung kann nicht in die Tiefe gehen und das Momentum der Intuition wird verborgen bleiben. Damit fehlt auch auf der unbewussten Ebene das Gefühl, sich aufgehoben, verstanden und akzeptiert zu fühlen. Als Therapeut bin ich in diesem Fall ein kleines Stück „abgehoben“, also nicht auf Augenhöhe mit der Person vor mir. Deshalb ist die ständige Persönlichkeitsentwicklung so wichtig, sie sollte
uns ein Leben lang begleiten.
Für mich ist die Persönlichkeit und Präsenz von Therapeut:innen gleichwertig mit deren Ausbildungen, Techniken und Methoden. Nur wenn das Selbstbewusstsein mir mein Selbst „bewusst“ macht, wird es mir in meiner menschlichen und somit in meiner therapeutischen Entwicklung helfen. Es besteht ein großer Unterschied in der Berührung, ob ich ruhig, klar und sehr bewusst in den körperlichen Kontakt zu den Klient:innen gehe oder etwas übereilt und zu sehr auf die Technik fixiert, während ich mit den Gedanken woanders verweile.
Für viele von uns sind diese Informationen nichts Neues, das bedeutet aber nicht, dass sie banal sind. Was zählt, ist nicht das Wissen, sondern das Umsetzen und Integrieren ins tägliche Leben. Es gilt, eine Lebenshaltung zu entwickeln, mit der täglichen Aufforderung, offen und herzlich unseren Mitmenschen und uns selbst gegenüber zu sein. Im Hier und Jetzt und nach Möglichkeit vorurteilsfrei (als Ideal) auf Menschen und ihre Probleme zugehen lernen.
Ich kann mich heute noch genau erinnern, als ich vor vielen Jahren in einer langen und tiefen Krise war und die ersten Schritte in die offene, lebendige, weite Welt setzte. Mir wurde damals bewusst, ich selbst habe die Wahl! Ich entscheide, ob ich losgehe und Schritt für Schritt aus meiner Lebenssituation heraustreten möchte, oder ob ich in meinen alten Mustern und Glaubenssätzen bleibe, mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Ein Spruch von Buddha begleitete mich damals besonders intensiv und hat bis heute absolute Gültigkeit für mich:
„Ihr selbst seid euer Schutz und Zuflucht!“
Was wollte uns Buddha mit diesem Ausspruch mitteilen? Es ist eine klare, einfache Aufforderung, unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Wir benötigen weder ihn noch sonst irgendjemanden. Was nicht heißen soll, dass wir nicht die nötige Unterstützung suchen dürfen. Jedoch die Verantwortung tragen wir immer selbst. Sich zu öffnen impliziert ein Miteinander, einen gegenseitigen Austausch mit der größtmöglichen Wertschätzung.
Wenn aber in Stunden der Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit niemand da ist, können wir immer bei uns selbst, in unserem Innersten Zuflucht nehmen. Auch wenn es um uns herum stürmisch und ungemütlich wird, so können wir uns immer nach innen wenden, Kontakt mit unserem Selbst aufnehmen, die Dinge relativieren und uns Mut und Hoffnung zusprechen. Das „Göttliche“ tragen wir immer in uns. Egal ob das Gott, Buddha, Jesus, Mohammed, Vishnu, Manitu, Ra, die Schöpfung oder die Evolution ist.
Wir Menschen (aber auch die Tiere und Pflanzen) sind fühlende Wesen auf einem kleinen Staubkorn im Universum. Ist das eine gute und beruhigende Vorstellung? Egal, das ist hier nicht die entscheidende Frage. Es zeigt uns nur, dass wir uns nicht so wichtig nehmen sollten. Auch der Mikrokosmos ist schier unendlich und für unseren Verstand nicht wirklich fassbar. In unserem täglichen Leben sehen wir nur einen sehr kleinen Ausschnitt von der Welt, in der wir leben. Wir wissen eigentlich nicht sehr viel darüber. Die Bedeutung unseres menschlichen Daseins ist nur für uns selbst wichtig. Dem scheinbar unendlichen Universum wird unser unruhiges, stressiges Treiben hier auf Erden ziemlich egal sein. Es liegt also in unserer eigenen Verantwortung, wie wir mit uns, unseren Mitmenschen und unserer Mutter Erde umgehen.
Wie es in der Gesellschaft und mit jedem Einzelnen von uns weitergeht, hängt davon ab, wie wir uns selbst wahrnehmen. Einzeln, in der Gruppe, im Staat und als Weltgemeinschaft! Die Grundbausteine für ein harmonisches Miteinander werden immer die gleichen bleiben: Offenheit, Herzlichkeit, Wertschätzung und ein Selbstbewusstsein, das uns immer wieder im Hier und Jetzt ankommen lässt. Wenn mir der Zustand der Welt egal ist, wie kann ich dann glaubhaft in meiner Praxis mit
„Heilung“ arbeiten? Heilung bedeutet „Ganzwerdung“. Balance und Gesundheit sind nur Teile davon. Wenn wir mit unserem Verstand und unserem Herzen diese raumgreifende Sichtweise in unserer täglichen Arbeit erkennen, unterstützt uns das gleich in mehreren Belangen. Selbst nach vielen Jahren hilft es dabei, den Beruf mit Freude und Begeisterung auszuüben. Dadurch sind wir weniger anfällig für Krankheiten, es schützt uns aber auch vor Selbstüberschätzung unserer psychischen, physischen und energetischen Ressourcen.
Egal, wie viel Erfahrung du bereits mitbringst und welche Ausbildungen du schon gemacht hast, die Grundeinstellung wird die Qualität deiner Arbeit bestimmen. Das betrifft sowohl die Behandlung als auch das Gespräch mit den Klient:innen und das Erlernen neuer Behandlungsformen. Das Vertrauen, welches wir in dieser therapeutischen Beziehung aufbauen, hilft dabei, die Selbstheilungskräfte der Klient:innen zu aktivieren. Damit ist schon ein großer Schritt auf dem Weg zur Heilung getan. Natürlich braucht es noch einige andere Komponenten, um diesen Gesundungsweg erfolgreich zu beschreiten. Darauf werden wir in den weiteren Kapiteln eingehen. Hier und jetzt geht es um die Persönlichkeit der Therapeut:innen.
Da wir im Laufe des Berufslebens mit sehr vielen unterschiedlichen Menschen und Schicksalen zu tun haben werden, ist es von Vorteil zu lernen, wie man mit all diesen Situationen umgehen kann. Ich füge hier gerne noch eine sehr wichtige Grundhaltung hinzu: authentisch bleiben und den Menschen mit Respekt und Empathie begegnen. Ein belehrendes und besserwisserisches Verhalten stößt ab und hilft niemandem. Wenn ich gerade keine passenden Worte finde, weil ich den Kontakt zu meinem Mitgefühl verloren habe, dann halte ich kurz inne, höre in mich hinein und die richtigen beziehungsweise unterstützenden Worte werden wie von selbst „ausgesprochen“.
Nur, was authentisch ist, kann vom Gegenüber angenommen werden und ihm Hoffnung und Kraft geben, die Lebenssituation zu bewältigen. Dazu braucht es eine klare und in sich ruhende Persönlichkeit.
Es gibt mittlerweile sehr viele Seminare und Ausbildungen, die unsere Persönlichkeitsentwicklung unterstützen und fördern. Wir alle haben in unserem Leben einiges aufzuarbeiten und zu erkennen. Die zentrale Frage lautet: Was hat mich zu dem/der gemacht, der/die ich heute bin? Enttäuschungen, Krankheiten und traumatisierende Erlebnisse aller Art (Unfall, Gewalt oder der plötzliche Tod einer nahestehenden Person) beeinflussen unsere Persönlichkeitsentwicklung. Daraus resultierende Grundhaltungen, Glaubenssätze und Verhaltensmuster prägen unser tägliches Leben.
Es ist seit jeher ein wichtiger Bestandteil der Psychotherapie, seinen Prägungen, Verhaltensmustern und eventuellen psychischen Auffälligkeiten auf den Grund zu gehen. Jede:r, die/der diese Ausbildung macht, ist verpflichtet, selbst eine Psychotherapie zu absolvieren. Ich kann mir auch noch einige andere hilfreiche Möglichkeiten vorstellen: Meditation, Selbsterfahrung in Verbindung mit der Natur, allein und in der Gruppe, intensive Selbstreflexion in der Gruppe, Coaching und Achtsamkeitsübungen in den Bereichen Atmung, Körperbeherrschung (Tanz, Yoga). Ich meine damit alles, was mein Bewusstsein auf das Hier und Jetzt konzentriert, um mich so zu spüren und wahrzunehmen, wie ich bin. Dazu zählt auch alles, was meine Fähigkeiten zutage bringt, seien sie musikalischer, kreativer, sportlicher oder geistiger Natur. Es wird meine Ressourcen stärken und mich in schwierigen Situationen in meiner Mitte halten. Es wird meine Persönlichkeit formen und mich offen und achtsam halten.
Dieses Buch soll aber kein Leitfaden für Persönlichkeitsentwicklung sein, dafür gibt es genug Spezialist:innen und Institute. Es muss auch nicht heißen, je teurer, desto besser! Ich möchte einfach nur die Bedeutung und Wichtigkeit dieses Themas deutlich hervorheben. Das tägliche Leben mit all seinen Höhen und Tiefen prägt uns und diesen Teil müssen wir annehmen, wie er ist und war, aber ab dem Jetzt und in der Zukunft können wir in vielen Bereichen bewusst und aktiv mitgestalten.
Wenn sich Erfolgserlebnisse einstellen, lassen wir oft bald wieder locker und reden uns gern ein, alles zu wissen. Vor allem Männer konzentrieren sich dann auf ihre körperliche Fitness und vergessen auf Psychohygiene und auf das Seelenheil. Wenn in der Arbeit die Kasse klingelt und man wegen seiner Erfolge gelobt und gewürdigt wird, kein Ende in Sicht scheint, dann wird die Wichtigkeit, weiter an sich zu arbeiten, oft unterschätzt.
Viele verwechseln im Erfolg das Befriedigen des Egos mit dem Steigern des Selbstbewusstseins. Ein übersteigertes Ego schmälert jedoch das Selbstbewusstsein. Das Ego ist ein immer präsenter Teil von uns, und wenn wir nicht lernen, gut mit ihm umzugehen, wird es uns auf unserem Weg oft irreleiten und behindern. Ein „gesundes Ego“ lehrt uns, auf uns selbst zu achten und uns zu schützen. Es gibt uns die Kraft und den Mut, etwas Neues umzusetzen. Ein übersteigertes Ego hingegen erzeugt eine gewisse Trennung von unserem Selbst und von der Umwelt. Wir nehmen sie nicht mehr so wahr, wie sie ist, sondern wie wir sie sehen möchten. Es ist aber wie schon gesagt sehr wichtig, den anderen auf Augenhöhe zu begegnen. Geben wir dem Ego zu viel Raum und Einfluss, schwindet unsere Empathie und Wertschätzung anderen gegenüber. Ein übersteigertes Ego sieht zuerst den eigenen Vorteil und sucht stets nach neuer Bestätigung für die Leistungen.
Meinen Erfolgen in der Behandlung begegne ich stattdessen mit Dankbarkeit und Demut. Lob nehme ich ebenso dankbar an und reiche es wieder zurück an die Klient:innen. So bleibt das Qi (Energie) in Bewegung und verteilt sich auf uns beide. Wir sind schließlich ein Team und nur gemeinsam können wir etwas Positives bewirken.
Zu einer stabilen Persönlichkeit gehört auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit; der Umgang mit dem Tod in der Gesellschaft, in der Familie, im Freundeskreis, bei den Klient:innen bis hin zum eigenen Ableben.
Wir kommen auf diese Welt, wachsen, lernen, machen die unterschiedlichsten Erfahrungen, wir werden älter, verändern uns körperlich und psychisch, um schließlich wieder Abschied zu nehmen. Für manche ist aufgrund ihrer Religion das Leben eine Art Prüfung, um reif zu werden für ein schöneres und ewiges Leben danach. Es ist aber egal, ob ich einem religiösen Kontext entspringe oder einfach nur die verschiedenen Zyklen dieser Erde wahrnehme. Es gibt ein Entstehen, Wachsen, Blühen und ein Zurückziehen, Verlangsamen, Nach-Innen-Gehen und Abschiednehmen. Milliarden von Menschen haben vor uns gelebt und sind gestorben. Jeder hat sich auf seine Weise wichtig genommen, jeder hatte ein Bild von der Welt, in der er lebte, und jeder musste auf die unterschiedlichste Weise wieder Abschied von dieser Welt nehmen. Diese Zyklen, die das Leben hier auf dieser Erde bestimmen, wurden sehr klar und deutlich in der Lehre von Yin und Yang und den fünf Elementen beschrieben. Sie entstanden durch Wahrnehmung und Beobachtung. Gute Beobachter:innen drängen sich nicht in den Vordergrund oder machen laut auf sich aufmerksam. Je intensiver die Ruhe, die Stille in uns, desto besser ist es möglich, zu beobachten, aber auch rechtzeitig und angemessen zu reagieren beziehungsweise zu interagieren. Es geht also darum, in Resonanz mit meinem Umfeld und meinen Klient:innen zu gehen.
Auf dieser Erde und im Universum gibt es viele Zyklen, Abläufe und Regelmäßigkeiten, die das Dasein bestimmen. Tag und Nacht, die Jahreszeiten, der weibliche Zyklus und viele Abläufe im Körper eines Lebewesens lehren uns, zu verstehen und vorauszusehen. Die Sonne geht auf und es wird warm, die Tier- und Pflanzenwelt reagiert mit Aktivität. Wärme führt zu Ausdehnung und die darauffolgende Kälte zu einem Zusammenziehen. Es entsteht eine Art Pulsieren. Die Lunge dehnt sich aus und zieht sich zusammen, Sauerstoff wird über die Kapillaren in das Blut aufgenommen und im Gegenzug wird Kohlendioxid durch die Ausatmung abgegeben. Das Herz pumpt unermüdlich das mit Sauerstoff angereicherte Blut durch unsere Blutgefäße, bis in die kleinsten und dünnsten Verästelungen. Jeder Bereich des Körpers muss unentwegt und ohne Unterlass versorgt werden.
Der ausgewachsene menschliche Körper setzt sich aus rund 75 Billionen Zellen zusammen. Eine durchschnittliche menschliche Zelle hat einen Durchmesser von etwa 25 Mikrometern und ist damit für das bloße menschliche Auge nicht sichtbar. Eine Ausnahme bildet die größte der menschlichen Zellen, die Eizelle. Nur um die unglaubliche Komplexität nicht zu vergessen: Ein Zyklus ist nicht für sich allein möglich, sondern steht immer im Kontext mit etwas Größerem, Umfassenderem. Wie die Zahnräder einer Uhr erst im Ganzen einen Sinn ergeben, so könnte man die vielen Kreisläufe und deren Auswirkungen auf das Umfeld betrachten. Das versteht man unter einer ganzheitlichen Sichtweise. Ganzheitliches Heilen ist ein immerwährender Prozess, den nur erfahrene Persönlichkeiten erfassen können. Um auf dieser Erde zu leben, zu wachsen und zu reifen, erfordert es Qi (Energie) und diese Energie muss in einer bestimmten Harmonie in Bewegung bleiben.
Das Grundprinzip lautet: Ausdehnen und Zusammenziehen, Schwingung und Pulsieren. Gleiche Vorgänge kann man sowohl im Mikro- wie im Makrokosmos beobachten. Alles unterliegt dem Gesetz von Ursache und Wirkung. Solange die Welt in Bewegung bleibt, wird sich daran auch nichts ändern. Alles unterliegt einer ständigen Veränderung. Diese Erkenntnis kann manchmal für uns sehr bedrohlich wirken. Je mehr wir versuchen, die Zeit und Lebenssituationen festzuhalten, umso schmerzhafter kann es werden.
Das Weltbild formt sich aus jenen Erfahrungen, die wir im Leben gemacht haben. Ein offener und neugieriger junger Mensch wird wohl viel mehr unterschiedliche Erfahrungen sammeln können als ein Mensch mit zahlreichen Vorurteilen und Glaubenssätzen. Entscheidend für eine gute Entwicklung ist die Frage, ob wir mehr beim Beurteilen und Werten bleiben oder beim Beobachten und Wahrnehmen. Dies ist die große Herausforderung, die uns tagtäglich begegnet und die unserer Persönlichkeit die entscheidende „Note“ verleiht.
In bestimmten Lebensabschnitten haben wir das Gefühl, es tut sich unglaublich viel und alles bewegt sich und dreht sich. Dann wieder schleichen sich Trägheit, Sättigung und Arroganz ein. Natürlich machen wir immer unsere Erfahrungen, die Frage ist nur, wie weit wir selbst am Steuer des Lebens bleiben oder ob wir uns treiben lassen und getrieben werden. Die großen Chancen sind nicht selten die Krisen in unserem Leben. Wenn scheinbar nichts mehr geht, kein Ausweg in Sicht ist und alles einzustürzen droht, eröffnet sich fast immer ein neuer Weg. Neue Einsichten und Erkenntnisse können sich entwickeln.
Zu einem Zyklus gehören Gott sei Dank aber auch die ruhigen, sonnigen Phasen, in denen man Gelerntes umsetzen und quasi seine „Ernte“ einbringen kann. Wir streben nach Glück, Zufriedenheit und Selbstentfaltung. Auch die scheinbar härtesten und brutalsten Menschen haben den Wunsch nach Geborgenheit, nach Wertschätzung und danach, geliebt zu werden.
Auf dem Weg zur Reife führt kein Weg an der Liebe zum Leben, zu sich selbst und zu allen anderen Wesen dieser Welt vorbei, und so stelle ich dieses Reifen auf die höchste Stufe unseres Strebens nach Heilung. Nur wenn sich uns die Sicht auf das möglichst Ganze dieser Welt eröffnet, werden wir in der Arbeit mit Menschen einen wunderbaren Beitrag zur Heilung leisten können.
Abbildung 2 Shiatsu-Behandlung
„Ich bin wie eine Fahne von Fernen umgeben.
Ich ahne die Winde, die kommen, und muß sie leben,
während die Dinge unten sich noch nicht rühren:
die Türen schließen noch sanft, und in den Kaminen ist Stille; die Fenster zittern noch nicht, und der Staub ist noch schwer. Da weiß ich die Stürme schon und bin erregt wie das Meer.
Und breite mich aus und falle in mich hinein und werfe mich ab und bin ganz alleinin dem großen Sturm.“
Rainer Maria Rilke (1875–1926)
In diesem Kapitel werden wir die grundlegenden Varianten der Ausbildungen im Bereich der Körpertherapie beleuchten. Es geht weniger um die exakten Inhalte, die angeboten werden, sondern in erster Linie um die Art und Weise des Unterrichts (Didaktik) und das Umfeld eines Instituts. In zweiter Linie geht es um den Lehrplan. In den Ausbildungsbeschreibungen finden sich oft wunderbar formulierte Techniken und deren Wirkungsweisen, die dazu verleiten, immer mehr Seminare zu besuchen. Der Lerninput für den Einzelnen ist jedoch das Maß, auf das es ankommt. Wenn zu viele Wiederholungen, ungenaue Formulierungen und viele offene Fragen am Ende der Ausbildung bleiben, zeigt dies die Priorität des Instituts. Ist der Fokus eher auf das Geldverdienen gerichtet oder spielen Enthusiasmus und
Empathie eine entscheidende Rolle im Gesamtkonzept?
Ich rate dazu, auf diffuse rechtliche Rahmenbedingungen, Institutsregeln und Ausbildungsmodi zu achten. Dabei kann es von Vorteil sein, mit ehemaligen Student:innen aus den jeweiligen Instituten in Kontakt zu treten und deren Erfahrungen zu erfragen. Weitere wichtige Komponenten einer Ausbildung sind die Gesamtkosten, die Kompetenzen der Lehrkräfte, die Funktionalität der Ausbildungsräume und die Verbindlichkeit des Instituts. Dies alles trägt dazu bei, was am Ende der Ausbildung an Theorie- und Praxiswissen überbleibt.
Ich möchte auf die Art und Weise hinweisen, wie unterrichtet wird und worauf Körpertherapie-Student:innen besonders achten sollten. Ich hoffe, dass sich in diesem Bereich in all den Jahren etwas zum Besseren verändert hat. Jede Schule und alle Lehrkräfte unterliegen einem gewissen Wettbewerb. Je mehr Institute es auf dem Markt gibt, desto größer der Konkurrenzkampf. Dieser muss sich nicht unbedingt negativ auf deren Qualifizierung auswirken. Wenn man sich etwas Zeit bei der Auswahl des Instituts nimmt, wird man mit Sicherheit gewisse Tendenzen und Merkmale erkennen, welche die Entscheidung erleichtern. Eine gute Ausbildung ist kein Schnäppchen. Greife nicht aus Kostengründen und übertriebener Sparsamkeit zum zweit- oder drittbesten Institut. Eine hohe Qualität der Ausbildung wird sich auch im Berufsleben finanziell bemerkbar machen.
Ein Beispiel (aus dem Jahr 1995/96), wie es nicht laufen sollte: Bei einer bekannten Wiener Shiatsu-Schule wurde die Ausbildung auf drei Jahre aufgeteilt. Man verpflichtete sich jedes Jahr vertraglich für das bevorstehende nächste Ausbildungsjahr. Vor dem Vertragsabschluss war ein Vier-Augen-Gespräch mit dem Schulbesitzer Voraussetzung. Man sollte meinen, dass es in diesem Gespräch darum gehen sollte, auszuloten, ob und wie ein Weiterstudieren sinnvoll wäre. Zumindest sollte ansatzweise ein Ausleseverfahren enthalten sein.
Kern der Befragung durch den Schulbesitzer war jedoch, ob ich mir die nächsten zwei Jahre auch wirklich leisten kann. Er gab mir kein Feedback zu meinen bisherigen Leistungen, abgesehen von einer abfälligen Bemerkung über meine Hände: Sie wären zu zart und ich sollte mehr manuelle Arbeit verrichten. Mit einem bitteren Beigeschmack unterschrieb ich für das zweite Jahr. Gott sei Dank konnte ich anschließend in eine andere Shiatsu-Schule wechseln. Dieser Wechsel bestimmte dann wesentlich meine Laufbahn als Körpertherapeut. Wir können überall und in jeder Situation etwas lernen, auch wenn es nur die Gewissheit ist, es anders machen zu wollen.
Wenn wir aber vorwiegend aus der Erkenntnis lernen, wie wir es ganz sicher nicht machen wollen, fehlt das konstruktive Wissen, wie es sein soll. Der erste Teil meiner Ausbildung war leider größtenteils von diesen Negativerfahrungen geprägt. Doch in den folgenden Jahren meiner Ausbildungs- und Weiterbildungszeit war der positive Zugang zum Lernen tonangebend.
1994/95 war ich intensiv auf der Suche nach einer positiven Veränderung in meinem Berufsleben. Zu Beginn war die Unzufriedenheit in meinem bisherigen Beruf die treibende Kraft für meine Veränderungswünsche. In Wirklichkeit hatte ich aber eine mehrjährige psychische Krise, und diese trieb mich zu einer umfassenden Veränderung in meinem Leben. Ich besuchte Yogakurse, Qi-Gong-Seminare, suchte mir einen Gitarrenlehrer, begann nach vielen Jahren wieder zu meditieren und hielt Ausschau nach einer für mich interessanten Ausbildung.
Für mich war in dieser Zeit eigentlich nur eines klar – dass ich in meinem Job nicht mehr tätig sein möchte. Anfangs gab es noch so etwas wie Ideale, speziell im zweiten Architekturbüro: Design, gute Beziehungen zur Kundschaft, aber auch zu den verschiedenen Professionisten. Es war auch damals schon der Klima- und Umweltgedanke mit an Bord. Mit Zunahme der Aufträge und des Einkommens wurde mein damaliger Chef und Freund von einem Grünen immer mehr zu einem politisch rechtsdenkenden Menschen. Profit, Ansehen und wirtschaftliche Kontakte wurden immer wichtiger, und die architektonischen und sozialen Komponenten verschwanden zunehmend. Bis zu jenem Punkt, an dem ich mit dem einen Projekt fertig war, das nächste schon fertig sein sollte und überhaupt kein künstlerischer Spielraum mehr möglich war. Ich hatte die Nase absolut voll.
Wie wir heute ganz deutlich erkennen können, treibt uns diese Grundhaltung von immer mehr und immer schneller in den Abgrund. Ein Teil meiner Krise war dieses Dilemma, in dem ich mich befand. Ob und wieweit wir Teil dieses Räderwerks sein wollen oder ob wir alternative Wege suchen, bleibt dennoch unsere Entscheidung.
Mein beruflicher Werdegang begann 1975 mit einer Lehre als Bürokaufmann. Nach dem Bundesheer im winterlichen Allentsteig absolvierte ich 1979 im WIFI eine Ausbildung zum technischen Zeichner. Ab 1980 war ich dann bis 1999 in drei verschiedenen Architekturbüros tätig. Zu wissen, was man nicht möchte, ist leider nur ein Teil einer Lösung, und so musste ich noch ein, zwei Jahre warten, bis ich zu ahnen begann, wohin mein Weg gehen könnte. Bedingt durch meine stressige Arbeit hatte ich ständig Verspannungen im Nacken und in der Wirbelsäule. Nach ein paar Shiatsu-Behandlungen waren sie wie weggeblasen. Von da an hatte diese Körperbehandlung meine ganze Aufmerksamkeit. Sie war zu dieser Zeit noch relativ unbekannt in Österreich. Die Leute fragten mich oft, ob Shiatsu ein Kampfsport sei.
Ich wählte Ende 1995 nach längerem Hin und Her die beschriebene Wiener Shiatsu-Schule. Sie war dabei, in Oberösterreich einen zweiten Standort aufzubauen, somit hatte ich keine Kosten für Reisen und Übernachtungen zu tragen. Ich entschied mich also für die geringen Kosten und die Bequemlichkeit. Dass es ein Fehler war, möchte ich so nicht sagen, es war auf jeden Fall nicht die beste Entscheidung (aber dazu später noch mehr). Zwei Jahre später wechselte ich, wie bereits erwähnt, die Schule. In der ISSÖ Graz wiederholte ich zuerst das zweite Ausbildungsjahr und machte dann zügig mein Abschlussdiplom in Graz.
Es folgten viele Zusatzseminare und Spezialisierungen. Ich gründete einen eigenen Shiatsu-Verein für Weiterbildung und für Öffentlichkeitsarbeit in Oberösterreich. Das beanspruchte in dieser „Gründerzeit“ ebenso meine Arbeitszeit wie die Ausbildung zum Watsu®-Praktiker (Wasser-Shiatsu). Die Ausbildung dauerte von 2004 bis 2007, größtenteils in der Therme Bad Loipersdorf. Da die Ausbildungen grundsätzlich nicht billig waren und damit ich das alles auch gut finanzieren konnte, arbeitete ich zusätzlich in einem Wohnheim für Haftentlassene.
Viele „sammeln“ Ausbildung um Ausbildung, träumen von der Selbstständigkeit und einer eigenen Praxis, müssen aber irgendwann erkennen, dass sie nicht wirklich für eine selbstständige therapeutische Tätigkeit geeignet sind. Oft hörte ich Sätze wie „Ich wollte noch nicht hauptberuflich damit arbeiten“, „Es passt zurzeit noch nicht für mich“ oder „Dies und das ist gerade dazwischengekommen“.
Der Fokus macht den Unterschied, ob man sich in seiner selbstständigen Tätigkeit etabliert oder nicht. Da ich mit meiner langjährigen Kollegin Anita Eckerstorfer bald nach Beginn meiner Selbstständigkeit eine Gemeinschaftspraxis mit drei Behandlungsräumen aufbaute, konnten wir einiges an Raum und Zeit vermieten. Immer wieder kam es vor, dass sich Therapeut:innen für ein bis zwei Jahre bei uns einmieteten und kaum Klient:innen hatten. Es waren die unterschiedlichsten Personen mit ebenso unterschiedlichen Ausbildungen. Aber alle hatten eines gemeinsam: keinen Erfolg! Oft war es die Behandlungsmethode, manchmal der Charakter oder der Fokus. Bis es aber zu dieser Erkenntnis kommt, ist der Traum aus und es ist viel Zeit und Geld geflossen.
Kein Weg ist umsonst, das ist klar. Aber er wäre sicher zu vermeiden gewesen oder vielleicht hätte die Einsicht etwas früher kommen können.
Stellt sich die Frage: Wie kannst du feststellen, für welche Art der Therapie du geeignet bist? Dazu müssen wir nochmals genauer einige unterschiedliche Möglichkeiten auflisten.
Da sind die Körpertherapien wie zum Beispiel Physiotherapie, diverse unterschiedliche Massagetechniken, Tuina, Shiatsu, Nuad Thai, Reiki, Strömen, Osteopathie, Craniosacrale Therapie und viele mehr. Es gibt Psychotherapie, körperorientierte Psychotherapie, Verhaltenstherapie, Kognitive Therapie, Interpersonelle Therapie, Psychoanalyse und mehr.