Radar Echo Pulse: Force of Nature - Frieda Kutz - E-Book

Radar Echo Pulse: Force of Nature E-Book

Frieda Kutz

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Beschreibung

Nach dem Beinahe-Aus der Echoes of Mania nehmen sich die Mitglieder erst mal eine Auszeit. Als die Band schließlich für die Arbeit an einem neuen Album wieder zusammenkommt, kommen sich auch Samuel und Tajan wieder näher - leider ohne Joshuas Wissen, der in der Zwischenzeit schon eine Exfreundin des Drummers auf die Bildfläche geholt hat. Ist die Verbindung zwischen Samuel und Tajan diesmal stark genug, oder gerät erneut alles ins Wanken?

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Triggerwarnung
Prolog
Eins
Zwei
Drei
Vier
Fünf
Sechs
Sieben
Acht
Neun
Zehn
Elf
Zwölf
Dreizehn
Vierzehn
Fünfzehn
Sechzehn
Siebzehn
Achtzehn
Neunzehn
Zwanzig
Einundzwanzig
Zweiundzwanzig
Dreiundzwanzig
Vierundzwanzig
Fünfundzwanzig
Danksagung

 

 

 

 

 

 

 

Über die Autorin:

Frieda Kutz wurde 1985 in Bremen geboren. Sie schreibt Geschichten, seitdem sie schreiben kann; vor allem Liebesromane, häufig mit queeren Figuren und ganz viel Drama, aber auch Kurzgeschichten und Erotik. Sie lebt mit ihrem Mann und diversen Plotbunnies in Bremen.

 

 

 

1. Auflage, 2023

© 2023 Alle Rechte vorbehalten.

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

 

Lektorat: Katja Herzmanek (www.traumwelten-lektorat.com)

Coverdesign: © 2023 Sandra Bohling unter der Verwendung von Canva und iStock by Getty Images

Korrektorat: Tanja Lenz & Beate Häsing

 

 

 

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung und Verbreitung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig.

Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung »Impressumservice«, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

 

 

Triggerwarnung

 

 

Achtung! Warnung enthält mögliche Spoiler.

 

 

Die folgende Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

 

 

Mögliche Trigger in diesem Buch sind:

- ungewollte Schwangerschaft

- erwähnter Schwangerschaftsabbruch

- Alkoholkonsum

- Drogenkonsum

- erwähnte Überdosis mit Todesfolge

- Drogen- & Alkoholentzug, bzw. Entgiftung

- erwähnter Suizid

- erwähnte sexuelle Gewalt

 

 

 

 

Prolog

 

 

»Ich bin schwanger.«

Er blinzelte gegen die aufkommende Überraschung an und wäre um ein Haar in Gelächter ausgebrochen, weil er dachte, Jane würde ihn gerade hochnehmen. Doch ihr bitterernster Gesichtsausdruck verriet ihm, dass sie tatsächlich die Wahrheit sagte. Dennoch: ein leiser Zweifel blieb. »Willst du mich verarschen?«

Sie rollte mit den Augen; vermutlich hatte sie mit einer solchen Reaktion von ihm gerechnet. »Glaubst du wirklich, ich würde darüber Witze machen?«, gab sie angefressen zurück und kniff die Lippen fest zusammen.

»Hast du einen Test gemacht?«

Sie lachte knapp auf und verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein, habe ich nicht. Eine Fee ist gestern Nacht zu mir ins Zimmer geflogen und hat es mir zugeflüstert. Danach kam ein Kobold in mein Bett geklettert und hat grinsend meinen Bauch gestreichelt. Natürlich habe ich einen Test gemacht, du Idiot. Sogar zwei.«

»Fuck.«

»Ganz genau: Fuck.« Sie löste ihre Arme wieder und vergrub die Hände in den tiefen Taschen ihres Parkas. »Genau das denke ich auch permanent seit gestern.«

»Hast du es deinen Eltern schon gesagt?«, wollte er vorsichtig wissen.

Janes Augen weiteten sich vor Schreck; sie schüttelte vehement den Kopf. »Dann würde ich jetzt nicht mit dir hier stehen, weil mein Dad dich schon längst einen Kopf kürzer gemacht hätte.«

»Du weißt, wir können es nicht behalten.« Zumindest für ihn war das sonnenklar, auch wenn Jane ihn jetzt skeptisch musterte.

»Warum nicht?«

»Jane«, er seufzte, »… jetzt denk doch mal an dein Studium. Du bist viel zu klug und zu talentiert, um dir das durch so was zu versauen.« Das war sie tatsächlich, auch wenn sein Versuch, sie davon zu überzeugen, zugegebenermaßen alles andere als überzeugend klang.

Erneut verschränkte sie die Arme trotzig vor der Brust, ihre Unterlippe schob sich zu einem Schmollen nach vorn. »Dieses so was ist ein Lebewesen. Ein Mensch. Und so, wie du sprichst, hört es sich an wie ein lebloses Ding. Denkst du, nur weil du derjenige bist, der mir das Baby verpasst hat, darfst du darüber entscheiden, was mit ihm passiert?«

»Dazu gehören meines Wissens immer noch zwei. Wie konnte das überhaupt passieren? Du hast doch gesagt, du nimmst die Pille, verdammt!« Er raufte sich die blondierten Haare.

»Tue ich auch. Es muss nach der Geburtstagsparty deines Bruders passiert sein. Ich muss sie wieder ausgekotzt haben.«

»Oh. Die Nacht!« Wie von selbst zeichnete sich auf seinen Lippen ein zweideutiges Grinsen ab, als er in Erinnerungen schwelgte. Sie hatten während der Party gemeinsam was geraucht, nur war die Wirkung dieses Mal ein wenig heftiger gewesen als sonst und sie waren danach irgendwie in anderen Sphären geschwebt.

»Findest du das witzig?«

Das Grinsen auf seinem Gesicht verschwand, als er wie sie seinen Blick stur geradeaus auf die unruhige See unter ihnen richtete. Es war windig und kalt, der Himmel schimmerte an diesem Tag in den unterschiedlichsten Grau-Tönen. Wahrscheinlich hatte Jane für das Treffen absichtlich die Bank am Pier ausgesucht.

Hier hatten sie sich im Frühjahr kennen gelernt, als sie ein Bild vom Strand malen wollte und er ihr angeboten hatte, die Pinsel zu halten, damit sie nicht immer wieder vom Wind weggeweht wurden. Es war warm und sonnig gewesen und der Himmel hatte in einem so klaren Blau gestrahlt, dass er regelrechte Menschenmassen an den Strand und an den Pier gelockt hatte. Und trotzdem war sie ihm zwischen all diesen Menschen sofort aufgefallen, als sie dort, komplett in ihre Arbeit vertieft, vor ihrer Staffelei gesessen hatte. Sie hatte ausgesehen, als habe sie alles um sich herum vergessen.

Hier hatte er sie zum ersten Mal geküsst. Sie schmeckte nach dem Himbeereis, das er ihr zuvor gekauft hatte und von dem etwas auf das Shirt getropft war, in dem sie einfach unglaublich aussah.

Hier hatte sie ihm vor vier Wochen gestanden, dass sie gerne aus dem Wohnheim auf dem Campus aus- und mit ihm zusammenziehen wollte. Er hatte nichts erwidert und sie stattdessen einfach geküsst. Danach waren sie Hand in Hand vom Pier geschlendert und hatten sich auf den Weg zu der Geburtstagsparty gemacht.

»Dein Vater wird mich umbringen. Ganz langsam, damit er auch lange was davon hat. Und dann wird er mich als Festbraten zu Chanukka servieren.«

»Wir hatten gerade erst Chanukka.«

»Na und? Deine Eltern haben eine große Tiefkühltruhe.«

»Hör auf damit, das ist nicht witzig!«, empörte Jane sich und kniff die Augenbrauen zusammen.

»Das weiß ich, verdammt. Denkst du, ich will auf eurem Esstisch landen?«, er merkte selbst, dass er zu weit gegangen war; dafür hatte er sowieso ein Talent. Wie weit es tatsächlich war, wurde ihm allerdings erst klar, als er die schimmernden Tränen in Janes Augen entdeckte. Seufzend legte er beide Arme um sie und zog sie ein Stück näher zu sich. »Tut mir leid. Ich habe bloß keine Ahnung, was wir jetzt machen sollen.«

»Ich doch auch nicht. Du willst das Kind nicht.«

»Du denn?«

»Keine Ahnung. Aber das Studium könnte ich auch später fortsetzen«, überlegte Jane laut und wischte sich mit dem Ärmel ihrer Jacke die Tränen aus den Augen.

»Aber wenn das mit unserer Musik was wird, dann bin ich so gut wie immer weg.«

Jane wich ein Stück zurück und schaute ihn eindringlich an. »Das ist es also? Mein Studium spielt also nur eine Nebenrolle für dich. Stattdessen ist deine Musik – falls man den Krach, den du und dein Bruder fabrizieren, überhaupt als solche bezeichnen kann – der Grund, warum du das Kind nicht willst!« Sie schüttelte den Kopf. »Ihr seid meilenweit davon entfernt, irgendwas Brauchbares aufzunehmen. Woher willst du wissen, ob überhaupt jemals was daraus wird?« Sie senkte den Blick und wischte sich über die Augen. »Wahrscheinlich hatten meine Eltern recht, als sie meinten, dass du irgendwo in einer Traumwelt fernab der Realität lebst und niemals ein Bein auf den Boden kriegen wirst, wenn du so weitermachst.«

»Wie schön, dass du so sehr an mich glaubst!«, sprudelte es impulsiv aus ihm heraus, bevor er überhaupt über seine Worte nachdenken konnte. »Und jetzt sag mir noch mal, wieso ich ein Kind mit dem Mädchen bekommen sollte, das mich für eine komplette Niete hält?!«, okay, er nahm alles zurück, was er vorhin über das Zu-weit-Gehen gedacht hatte. Jetzt war er definitiv zu weit gegangen.

Offensichtlich sah Jane das genauso, denn das nächste, was er spürte, war, wie sie seine Arme von sich schob und ihm eine schallende Ohrfeige verpasste, bevor sie mit den Worten »Fick dich, Samuel Carl Benton!« davon stapfte.

Eins

 

 

Die morgendliche Sonne tauchte die Stadt in ein gelbliches Strahlen, das ohne den typischen Nebel wahrscheinlich weniger künstlich ausgesehen hätte. Im Grunde störte es Samuel jedoch nicht wirklich, da in dieser Stadt sowieso fast alles künstlich war: das dauergrinsende Servicepersonal, die leeren Gewinnversprechen vermeintlich aufstrebender Tech-Start-ups und die snobistische Weltverbessererattitüde der reichen, hippen Ökos.

Kaum hatte er die Tür zu dem Coffeeshop seines Vertrauens geöffnet, schlug ihm das bekannte Kaffee-Aroma, gepaart mit dem Duft der süßen Köstlichkeiten in der Auslage entgegen. Gerade wollte er seine Lieblingsbarista Candy (nicht ihr echter Name: wahrscheinlich. Nicht ihre echten Brüste: mit Sicherheit.) hinter dem Tresen grüßen, als sein Blick auf den kleinen Tisch in der hintersten Ecke fiel. Oder vielmehr auf die Person, die an diesem Tisch saß.

Nein, das konnte er doch auf keinen Fall sein. Oder doch? Möglich wär's. Schwer zu sagen, denn der Typ trug eine Baseballcap tief ins Gesicht gezogen. Ohne einen weiteren, viel zu auffälligen Blick zu riskieren, steuerte Samuel den Tresen an.

»Großer Latte und einen Schokomuffin to go?«, kam es von Candy, bevor Samuel überhaupt zu seiner Bestellung ansetzen konnte.

Er war eindeutig zu berechenbar. Aber das konnte man ja glücklicherweise ändern. »Nein, heute werde ich mal hier trinken.«

»Woher der plötzliche Sinneswandel?«, flötete Candy und warf ihre blonde Mähne zurück, als sie die Bestellung in die Kasse eintippte.

»Nur so, ich habe heute Zeit.« Samuel reichte ihr seine Kreditkarte und wagte einen flüchtigen Blick zum Tisch in der Ecke. Natürlich guckte der Typ im gleichen Moment zu ihm und Samuel drehte reflexartig den Kopf weg. Fuck. Viel auffälliger ging es wirklich nicht mehr.

Er schüttelte über sich selbst den Kopf, nahm den Kaffee und den Muffin zusammen mit seiner Karte an sich und setzte sich an einen Tisch in der gegenüberliegenden Ecke. Eigentlich eine gute Idee, weil er so unauffällig über den Rand seines iPhones zu dem Kerl hinüber spähen konnte – zumindest bis der Kaffee Samuel eine knappe halbe Stunde später einen Strich durch die Rechnung machte, weil er wieder herausgelassen werden wollte. Um zu den Toiletten zu gelangen, musste er an dem Typen vorbei. Natürlich konnte er bei der Gelegenheit einen besseren Blick auf ihn werfen; allerdings bedeutete das auch, dass der Kerl es im Gegenzug auch mit Samuel machen konnte. Davon abgesehen, falls er es wirklich war, wusste er offenbar ziemlich gut über die Gewohnheiten des Schlagzeugers Bescheid, denn sonst wäre er wahrscheinlich nicht hier.

Ächzend erhob sich Sam und schlurfte gesenkten Blickes in Richtung Toilette, konnte allerdings dem Drang nicht widerstehen, noch einen weiteren Blick zu wagen. Er war es tatsächlich. Fuck.

Er klatschte sich einen Schwall eiskaltes Wasser ins Gesicht, starrte minutenlang in den Spiegel. Wahrscheinlich lag es an dem fahlen Neonlicht der Toilette, aber als er den Tropfen dabei zuschaute, wie sie sich ihren Weg über sein stoppeliges Kinn bahnten, sah er seiner Meinung nach aus wie der lebende Tod.

Er war nicht bereit dafür, auf diese Art mit der Vergangenheit konfrontiert zu werden. Nicht, wenn er sich nicht darauf vorbereiten konnte. Und nicht, wenn er es nicht kontrollieren konnte.

Er trocknete sich ab, schüttelte den Kopf und machte sich auf den Weg zurück an seinen Tisch. Schwerfällig ließ er sich auf den Stuhl plumpsen und versuchte, den erwartungsvollen Blick seines Gegenübers zu ignorieren.

»Ich war so frei, mich hierhin zu setzen.«

»Mhm.«

»Das ist alles? Nur mhm?«

»Würde dir ein ›Was zur Hölle tust du hier, Mouse‹ besser gefallen?« Samuel verschränkte die Arme vor der Brust. Immerhin war nun er derjenige, der sich den erwartungsvollen Blick angeeignet hatte.

Mouse rümpfte die Nase und schüttelte dann den Kopf. »Nicht wirklich. Aber nur, weil es ungewohnt klingt. Bisher war ich für dich immer Mike.«

»Es hat sich eben einiges verändert«, murmelte Samuel kaum hörbar und senkte den Blick.

»Einiges?«, hakte Mike nach und es klang beinahe ein bisschen zynisch, obwohl Sam ihn so eigentlich gar nicht in Erinnerung hatte. »Also für mich hat sich so ziemlich alles verändert, seitdem es die Crew nicht mehr gibt. Dan ist jetzt eine Laborratte beim Nationalen Wetterdienst und Will verbringt die nächsten Jahre im Gefängnis.«

»Und du? Was machst du?«, wollte Samuel ehrlich interessiert wissen.

»Ich? Ich suche meine Konstante. Eine Säule. Irgendwas, worauf ich mir was Neues aufbauen kann.«

»Äh, kein Anschluss unter dieser Nummer«, stammelte Samuel verwirrt und setzte sich ein Stück auf. »Die Frau, die ich geliebt habe, ist tot. Ich habe über Monate Whiskey in mich rein geschüttet, meine Therapie geschmissen, es mir zwischendurch mit meinem Bruder verscherzt, die Verlobte meines besten Kumpels vergrault und bin mit meiner Band immer noch meilenweit davon entfernt, mal wieder so etwas wie einen brauchbaren Song zu produzieren und du kommst zu mir, weil du auf der Suche nach einer Konstante bist?«

»Wenn man es so betrachtet, klingt es in der Tat etwas verrückt«, musste auch Mike zugeben.

»Wie hast du mich überhaupt gefunden?«, hakte Sam schließlich neugierig nach. Er hatte Mike nie seine Adresse gegeben; Mike hatte lediglich Samuels Nummer nach Laurens Tod in deren Telefon gefunden. Das letzte Mal hatten die beiden vor Monaten Kontakt, als Samuel nach dem Weg zu Laurens Grab gefragt hatte.

»Du bist leichter zu finden, als du denkst, Samuel Benton. Man muss nur wissen, mit welchen Leuten du regelmäßig verkehrst – und das ist dank dem Internet ja nicht wirklich schwer – dann weiß man, wo man dich suchen muss.«

Samuel wich ein Stück zurück und schaute Mike fest in die graublauen Augen. »Hast du mich gestalkt?!«

»Nicht mehr, als ich es mit jedem anderen Kerl, den ich leider nicht gleich nach dem ersten Kennenlernen ins Bett bekommen habe, auch täte.« Mike zog grinsend eine Augenbraue in die Höhe.

Sichtlich irritiert schüttelte Samuel den Kopf und befand, es wäre vielleicht doch besser, wieder zu seiner Ausgangsfrage zurückzukehren: »Außer nach Konstanten zu suchen, die du wahrscheinlich nicht finden wirst – was zur Hölle tust du hier?«

Mike senkte den Blick und drehte für eine Weile stumm seinen Kaffeebecher mal in die eine, mal in die andere Richtung. Es schien beinahe so, als ob er seine Antwort bis aufs letzte Wort genau formulieren musste, obwohl er sie sicher im Geiste schon einige Male erprobt hatte. »Ich bin hier, weil…«, er machte eine Pause, als müsse er seine Worte nochmals neu ordnen, »weil du mehr weißt als ich und weil ich wissen will, was wirklich passiert ist.«

Samuel zog die Augenbrauen in die Höhe, seine Augen weiteten sich. »Willst du mich verarschen? Du hast mich doch angerufen und es mir erzählt. Du hast als Letzter mit ihr gesprochen. Wenn jemand Bescheid weiß, dann du.« Er schaute sich um. Mit jedem seiner Worte schien seine Stimme lauter geworden zu sein, aber offenbar störte sich niemand daran – oder war so höflich und ließ es sich nicht anmerken. »Sollten wir lieber woanders hingehen?«, schlug Sam vor und drosselte seine Stimme wieder nach unten.

»Zu mir oder zu dir, Schatz?«, kam es ironisch von Mike zurück. »Ich nenne derzeit ein eher schnödes Motelzimmer mein Zuhause. Ich bin das ja dank der vielen Chases schon gewohnt, allerdings weiß ich nicht, ob ich dich damit beeindrucken könnte.«

»Schon verstanden«, murmelte Samuel undeutlich, da er spürte, dass Mike keine Lust hatte, ihn mit in das Motel zu nehmen. Er stand auf. »Aber wenn ich morgen meinen Namen google und mir meine Adresse ausgespuckt wird oder eine Horde Fans vor dem Grundstück campiert, reiß ich dir deinen entzückenden Knackarsch auf … Schatz.«

 

Wenig später brachte Samuel seine heißgeliebte Ducati vor dem Haus zum Stehen. Mit zittrigen Knien stieg Mike vom Motorrad und schüttelte den Kopf. Samuel war sich nicht sicher, ob er damit seinen Unmut über den Fahrstil des Schlagzeugers ausdrücken oder einfach nur sichergehen wollte, dass sein Kopf überhaupt noch vorhanden war. Samuel grinste. »Du hast kein Problem damit, in unmittelbare Nähe eines monströsen und destruktiven Tornados zu rasen, um dort wissenschaftliche Messungen durchzuführen, aber du bekommst Schiss, wenn ich die Geschwindigkeitsbegrenzung etwas kreativ auslege?«

»Etwas kreativ auslegen? Ha! Man könnte meinen, du müsstest einen neuen Weg finden, um dich selbst zu zerstören, wenn du schon nicht mehr trinkst. Hübsches Haus übrigens.«

»Mich selbst zu zerstören?«, echote Samuel irritiert, obwohl er insgeheim zugeben musste, dass Mike mit seiner Aussage direkt ins Schwarze getroffen hatte. Aber er würde einen Teufel tun und ihn das wissen lassen. »Das ist schon ein bisschen überzogen, findest du nicht?«

»Nicht nachdem, was du mir vorhin alles so erzählt hast«, erwiderte Mike und schaute ihn in Erwartung einer Antwort an.

Sam seufzte bloß schwer und schüttelte den Kopf, immer noch bemüht, seine Fassade aufrechtzuerhalten und Mike keinesfalls dahinter blicken zu lassen. »Außerdem habe ich nicht gesagt, dass ich nicht mehr trinke. Ich schütte nur nicht mehr literweise Whiskey runter«, erklärte Samuel letztlich, schloss die Tür auf und ließ Mike sich erst mal einen Augenblick lang im Flur umsehen, bevor er fortsetzte: »Aber ich rauche nicht mehr.«

»Ich weiß – ich hab' den Tweet gesehen, in dem du das stolz verkündet hast. Wahrscheinlich tust du es demnächst auch noch deinem Bruder gleich und schwörst dem Fleisch ab. Gönnst du dir eigentlich überhaupt noch was? Wo ist der alte Samuel hin?«

Sam ging voran ins Wohnzimmer, bis zur Fensterfront und starrte eine Weile in den dicht bepflanzten Garten mit dem ansehnlichen Pool. Tatsächlich hatte es nach Laurens Tod lange gedauert, bis er überhaupt wieder so etwas wie kleine Freuden in seinem Leben zulassen konnte. Er aß gerade so viel, dass sein rebellierender Magen halbwegs besänftigt war, trank quasi nur schwarzen Kaffee, Wasser und besagten Whiskey und kroch nur selten aus seinem Bett oder gar seinem Schlafzimmer. Er las keine Bücher, er schaute keine Filme, hörte so gut wie keine Musik und spielte schon gleich gar nicht. Seine Art, sich für Laurens Tod zur Rechenschaft zu ziehen, bestand darin, sich jedes kleinste Bisschen Lebenslust zu untersagen und gerade so dahinzuvegetieren – aber auch das würde er Mike ganz sicher nicht auf die Nase binden. Er zog einen Mundwinkel zu einem halben Lächeln hoch, bevor er sich wieder zu Mike umdrehte, der mittlerweile neben ihm stand und ebenfalls hinaussah. »Dem Fleisch werde ich schon nicht abschwören und noch weniger der Fleischeslust. Falls das deine Frage beantwortet, ob ich mir überhaupt noch was gönne.«

Mike horchte auf. »Baggerst du mich gerade an?«

»Nicht mehr, als ich es mit jedem anderen Kerl, den ich leider nicht gleich nach dem ersten Kennenlernen ins Bett bekommen habe, auch täte«, gab Samuel zurück und bemühte sich um ein möglichst zweideutiges Grinsen. Die Wahrheit war, dass er nicht mit Mike über Lauren reden wollte. Nicht bei Starbucks, nicht jetzt und auch nicht später und ihm war beinahe jedes Mittel recht, Mike daran zu hindern, noch einmal die Sprache auf dieses Thema zu bringen. Immerhin war Laurens Ex-Navigator ein ansehnliches Kerlchen, daher war es vielleicht wirklich nicht mal so abwegig, das umzusetzen, was Mike sowieso implizierte und wonach ihm schon beim ersten Aufeinandertreffen mit Samuel der Sinn gestanden hatte.

Lauren hatte ihm einmal erzählt, Mike wechsle seine Bettgeschichten häufiger, als manch anderer seine Unterwäsche, daher ging er mal davon aus, dass Mike gerade in keiner festen Beziehung war. Ebenso wenig wie er selbst. Beinahe lachte Samuel bei diesem Gedanken freudlos auf. Er war momentan so weit von einer festen Bindung entfernt, wie die Erde von der Sonne.

Immerhin spürte er, wie sein Körper auf seine Gedankenspiele reagierte und Mike schien seine Worte durchaus richtig deuten zu können, denn er ließ sich bereitwillig und ohne Abwehr von Samuel gegen die Scheibe der Terrassentür drücken. Wenigstens versuchte er sich mit einem knappen »Was zur…« an einem Anstands-Protest, den Samuel vollkommen überflüssig fand.

Ohne Umschweife presste Sam ihm mit einem »Shhh« seine Hand auf den Mund, um weitere Worte im Keim zu ersticken, die ihn eventuell noch von seinem Vorhaben hätten abbringen können, und leckte gierig über Mikes Hals. Mikes heißer Atem drang zwischen Samuels Fingern hervor, wurde jedoch sogleich wieder scharf eingesogen, als Sams andere Hand ihren Weg unter Mikes Shirt fand und zielstrebig in die linke Brustwarze kniff. Ein zufriedenes Grinsen stahl sich auf sein Gesicht, als Mike seinen Unterleib ein Stück nach vorn schob, gegen Samuels Oberschenkel presste und Sam damit zeigte, wie hart er bereits war. »Schlafzimmer. Jetzt!«, forderte Samuel heiser und löste seine Lippen widerwillig von der zarten Haut an Mikes Hals.

»Du glaubst nicht ernsthaft, ich würde in diesem Zustand Treppen steigen, oder?« Mike schob Samuel ein Stück von sich und schaute ihn eindringlich an. »Meinetwegen können wir es ebenso gut hier treiben. Ob im Stehen, Sitzen oder Liegen – oder der Reihe nach – ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal.«

Sam schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts hier.«

»Fuck. Okay, dann los!«

So gut es eben in ihrem momentanen Zustand ging, stolperten beide übereilt die Treppe nach oben, versuchten dabei, sich so vieler Kleidungsstücke wie möglich zu entledigen und landeten schließlich – Samuel nackt und Mike nur noch mit Boxershorts bekleidet – im Bett. »Okay, aber dafür schuldest du mir jetzt auch –«, Samuel erstickte Mikes Worte in einem heißen, fordernden Kuss, löste sich erst wieder von ihm, als ihm buchstäblich der Atem wegblieb.

»Halt die Klappe und zieh lieber endlich die Shorts aus«, knurrte Sam halb im Scherz, halb ernsthaft und öffnete die Schublade des Nachtkästchens, um Kondome und Gleitgel hervorzuholen. Ohne weitere Widerworte – dem Himmel sei Dank – kam Mike der Aufforderung nach, umfasste schließlich seine Härte und fuhr einige Male auf und ab, während er Samuel dabei zusah, wie er sich das Gummi überstreifte.

Sam beugte sich über Mike, stahl sich einen weiteren Kuss, bevor er wieder dazu überging, Mikes Hals zu lecken und seine Nippel zu zwirbeln, während er ihn vorbereitete und schließlich vorsichtig in ihn eindrang.

Er begann mit langsamen, rücksichtsvollen Stößen. Wollte Mike nicht zu viel zumuten und erst einmal einen gemeinsamen Rhythmus mit ihm finden, obwohl es ihn all seine Überwindung kostete, nicht einfach hart und schnell zuzustoßen und sich einfach nur zu nehmen, wonach ihm der Sinn stand und wonach sein Körper schrie.

Mike stöhnte laut auf, als Samuel den süßen Punkt in ihm traf und dafür sorgte, seine Lust in ungeahnte Höhen zu katapultieren. Automatisch ließ Mike seine Hand zwischen ihre bereits erhitzten Körper hin zu seiner Härte wandern.

Samuel wusste, er hatte Mikes empfindlichsten Punkt gefunden, und bemühte sich, ihn bei jedem Stoß aufs Neue zu treffen. Offensichtlich machte er seine Sache gut, denn schon bald stöhne Mike nur noch unzusammenhängende Laute und wand sich zitternd unter ihm.

Der Sex war hart und fordernd und nur mühsam konnte Samuel die erste Welle des Höhepunktes zurückhalten, wollte dieses Vergnügen noch so lange genießen, wie es ging.

Nur widerwillig kniff er die Augen zusammen, hätte Mike noch gerne weiter dabei zugesehen, welche Lust er ihm bereitete, aber das machte die Sache nicht besser. Und als Mike sich kurz darauf mit einem kehligen Stöhnen zwischen sie entlud, war es schließlich komplett um ihn geschehen. Ihm war verdammt heiß.

Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder gefangen hatten, nachdem sich Samuel schwer atmend und verschwitzt von Mike heruntergerollt hatte. Mike fand als Erster seine Worte wieder. »Du hast deinen Spitznamen mehr als verdient, Animal.«

Samuel wollte seine heißen Wangen nur zu gerne dem Nachglühen zuschreiben, aber er wusste auch, dass das nicht komplett der Wahrheit entsprach. Er hatte eben wenig Rücksicht auf Mike genommen und wieder einmal wurde ihm schmerzhaft vor Augen geführt, warum es gut war, dass aus ihm und Lauren nie etwas geworden war. »Sorry.«

Normalerweise wäre es ein Leichtes gewesen, die Sache an dieser Stelle zu beenden, Mike rauszuwerfen und wahrscheinlich war das auch sicherer. So konnte Mike immerhin nicht noch einmal auf die Idee kommen, mit ihm über Lauren reden zu wollen.

Eines musste Samuel allerdings zugeben: Allein die Tatsache, dass sie gerade Sex gehabt hatten, verband sie auf eine morbide Art und Weise. Mike war die letzte Verbindung, die er zu Lauren hatte und er war noch nicht bereit, diese Verbindung zu kappen.

»Wo ist eigentlich dein Bruder?«, wollte Mike wissen und schlüpfte unter die Bettdecke. Es war kein Geheimnis, dass Samuel und Joshua dieses Haus ursprünglich zusammen bewohnt hatten, aber jeder, der auch nur gelegentlich die Aktivitäten der Bandmitglieder verfolgte, wusste, dass Joshua momentan viel in der Weltgeschichte unterwegs war und sich ein Appartement in New York City angemietet hatte. »Ich frage nur, weil ich uns allen ein unangenehmes Zusammentreffen ersparen möchte.«

»Joshua ist momentan in … New York, glaube ich«, entgegnete Samuel, der manchmal genauso wenig wusste, wo genau sich sein Bruder gerade aufhielt, wie jeder x-beliebige Fan. »Jedenfalls kommt er erst morgen zurück, also keine Panik.«

»Das lässt natürlich die Möglichkeit offen, den Pool noch in Beschlag zu nehmen und herauszufinden, ob du immer so ein Tier bist«, schlug Mike grinsend vor, rollte sich auf die Seite und stützte seinen Kopf auf der Hand ab, um Samuel besser ansehen zu können.

»Bin ich nicht. Du kannst–« Tajan fragen, hätte Samuel beinahe gesagt, konnte es sich aber gerade noch verkneifen und schüttelte den Kopf. Noch ein Thema, über das er nicht reden wollte und schon gar nicht mit Mike. »Du kannst gern solange bleiben, bis du dich davon überzeugen konntest.«

Der Pool wurde tatsächlich noch in Beschlag genommen, allerdings nur zum Schwimmen und Herumalbern – dies allerdings nackt. Mike schien irgendwie vergessen zu haben, eigentlich noch mit Samuel reden zu wollen und dass dies der Grund war, warum sie überhaupt zu ihm nach Hause gefahren waren. Allerdings war Samuel das auch ganz recht so und er würde den Teufel tun und ihn daran erinnern.

Obwohl es mittlerweile früher Abend war, hatte es sich nur wenig abgekühlt. Der Sommer nahte tatsächlich in großen Schritten. Mike stieg aus dem Pool, trocknete sich flüchtig ab und wickelte sich das Handtuch dann um die schmalen Hüften. »Gehe ich recht in der Annahme, dass du Bier im Kühlschrank hast?«

Samuel schwamm zum Rand des Pools, stützte sich darauf ab und schaute zu Mike hoch. »Tust du. Du darfst es allerdings nur holen gehen, wenn das Handtuch hierbleibt und ich einen Blick auf deinen Hintern bekomme.«

»Von mir aus.« Mike grinste achselzuckend und ließ das Tuch wieder auf die Sonnenliege fallen, bevor er ins Haus ging.

 

Gerade, als er den Kühlschrank geöffnet hatte, hörte er hinter sich ein leises Räuspern. Erschrocken fuhr Mike herum – dankbar dafür, noch keine Bierflaschen in der Hand zu halten, die er vor Schreck hätte fallen lassen können. Vor ihm stand Joshua. Fuck.

Er begann sich zu fragen, wie viel Platz in Samuels Kopf wohl für Daten und Termine reserviert war (viel konnte es nicht sein), bevor er sich schließlich zusammenriss und sich Sams Bruder vorstellte. »Ich bin Mike.«

»Und ich bin … beeindruckt«, stellte Joshua grinsend fest und ließ seinen Blick einmal Mikes nackten Körper hinunter- und wieder hinaufwandern.

Mike hatte Samuel nach Joshua gefragt, weil er ein unangenehmes Aufeinandertreffen vermeiden wollte. Aber unangenehm war ganz sicher nicht die passende Beschreibung für die Situation, in der er sich gerade befand. Auf einer Peinlichkeitsskala von 1 bis 10 war das hier in etwa eine 20. »Ich, uhm, ich wollte nur … Bier. Für mich und … Sam.« Toller Satz.

Er spürte, wie er mittlerweile hochrot angelaufen war. Wahrscheinlich musste er auch noch beinahe dankbar dafür sein, dass sich das Blut in seinem Kopf sammelte und nicht irgendwo anders. Trotzdem befand Mike, es wäre besser, endlich Reißaus zu nehmen. Was er dann auch tat. Ohne Bier.

Samuel hatte mittlerweile auf einer der Liegen Platz genommen und schaute ihn fragend an, als er wieder in den Garten kam. »Du brauchst eine halbe Ewigkeit und kommst dann ohne Bier wieder?«

»Entschuldige bitte, dass ich nicht damit gerechnet habe, splitterfasernackt auf deinen Bruder zu treffen«, versuchte sich Mike zu rechtfertigen, bevor er sich sein Handtuch wieder umwickelte. Genug Nacktheit. Mehr als genug.

Es dauerte einen Moment, bis Mikes Worte bei Samuel angekommen waren, doch dann brach Sam in schallendes Gelächter aus. »Sorry, ich habe wohl…«, begann er nach einer Weile und wischte sich die Lachtränen aus den Augen, »irgendwie das Datum durcheinandergebracht.«

»Wie schön, dass wenigstens du darüber lachen kannst«, erwiderte Mike sichtlich angefressen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich hoffe, du erwartest nicht von mir, dieses Haus jemals wieder zu betreten!« Kläglich seufzend vergrub er das Gesicht in seinen Händen und schüttelte den Kopf.

Samuel schlang sich ebenfalls sein Handtuch um die Hüften, nahm dann neben Mike Platz und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Das solltest du aber, wenn man bedenkt, dass deine Klamotten noch da drinnen liegen.«

Mike richtete sich auf. Das schien er bis eben verdrängt zu haben – oder vielmehr die Tatsache wo seine Klamotten lagen. Er schüttelte erneut den Kopf. »Verstreut auf der Treppe. Zwischen deinen Klamotten. Ich gehe da nie wieder rein!«

Zwei

 

 

Bekleidet mit einer bequemen Haremshose und einem etwas zu weiten Muskelshirt kam Samuel wieder in den Garten; in der einen Hand zwei Flaschen Bier, in der anderen Mikes Klamotten, welche dieser sich sogleich schnappte. Samuel konnte gar nicht so schnell gucken, wie sich Mike seine Boxershorts angezogen hatte.

»Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du in diesen Windel-Hosen noch kleiner aussiehst?«, wollte Mike wissen und schlüpfte in seine Jeans.

»Hat dir schon mal jemand gesagt, dass es manchmal besser ist, die vorlaute Klappe zu halten, bevor du was drauf kriegst?«, drohte Sam ironisch und zwinkerte Mike zu.

Mike nickte grinsend, zog sich sein T-Shirt über und fuhr sich durch die feuchten Haare. »Mhm, hat aber offenbar keinen nachhaltigen Effekt gehabt.«

»Dann sage ich es dir gerne noch mal: Halt besser die Klappe.« Samuel grinste, trank einen großen Schluck Bier und streckte sich auf seiner Liege aus. Mike tat es ihm gleich und so schauten sie eine Weile schweigend in die tieforangene Abenddämmerung. Die Sonne war hinter den ersten Hügeln schon untergegangen und Sam war es eigentlich ein bisschen zu kühl draußen, aber Mike hatte darauf beharrt, auf keinen Fall erneut das Haus zu betreten – zumindest nicht, solange Joshua da war. Sam musste allerdings auch ehrlicherweise zugeben, dass es ihm ganz gelegen kam. Auch er hatte wenig Lust darauf, neugierig von seinem Bruder beäugt zu werden. Nachdenklich pulte er am Etikett seiner Bierflasche herum, konnte aber aus den Augenwinkeln sehen, wie Mike ihn musterte. Als es ihm unmöglich wurde, den bohrenden Blick zu ignorieren, schaute er hoch. »Was ist?«

»Jetzt mal ehrlich«, begann Mike kichernd, »die Hose sieht echt scheiße aus an dir. Im Sitzen macht sie deine Beine fast noch kürzer als im Stehen.«

»Und ich Idiot dachte, du würdest tatsächlich die Klappe halten«, seufzte Sam, konnte sich ein Grinsen dabei aber nicht verkneifen.

»Okay, ich hab's verstanden. Themawechsel?«

»Gern.« Samuel atmete aus. »Schlag eins vor.« Und sog die Luft wieder ein. Fuck.

Mike schürzte die Lippen. »Na ja, du weißt, warum ich hier bin und daran hat sich nichts geändert, nur weil du mich gefickt hast. Und wenn du mir deswegen auch eine reinhauen willst, bestätigt mich das nur in dem Glauben, dass du etwas weißt, das ich nicht weiß.«

Samuel schüttelte den Kopf und seufzte kaum hörbar. »Wie könnte dich das in dem Glauben bestätigen?«

Mike schob seine Liege ein Stück näher an Samuels heran. Der Drummer konnte nur mutmaßen, ob Mike es getan hatte, um ihn besser ansehen zu können, oder weil Sams Liege näher am Haus und damit etwas windgeschützter stand. Es war eindeutig noch zu früh dafür, den Abend auf der Terrasse zu verbringen. Obwohl Samuel sich gerade nicht einmal sicher war, ob sein Frösteln der kühlen Abendluft geschuldet, oder ob es Ausdruck des Unbehagens war, das dieses Thema ihm bereitete – und obwohl er sich sicher war, dass auch Mike nicht gerne darüber sprechen wollte, wich Mike nicht mehr davon zurück. Wäre ja auch zu schön gewesen. »Dann ist es eben, weil du immer noch nicht wirklich bestritten hast, dass es etwas gibt, wovon ich nichts weiß. Glaubst du, du bist der Einzige, der seit Monaten ständig ins Grübeln über das ›Warum‹ verfällt?«, gab Mike zurück.

Samuel straffte die Schultern und schaute ihn offen an. Konfrontationstaktik. Es war ihm nur recht. »Was in aller Welt soll das überhaupt sein? Das, was ich weiß, du aber nicht?«

»Irgendwas über Laurens High-School-Freund, zum Beispiel«, gab Mike geradeheraus zurück und schaute Sam herausfordernd an, der dem Blick seines Gegenübers sofort auswich. So viel zu der Konfrontationstaktik. Zumindest seitens Mike. »Und nicht zuletzt natürlich der Grund, weswegen ihr euch so gestritten habt.«

Sam trank einen Schluck Bier und fuhr sich durch die Haare. Mike hatte schon einmal am Telefon eine solche Andeutung gemacht, als er Samuel den Weg zu Laurens Grab erklärt hatte. Damals hatte er davon erzählt, wie die Mitglieder der ehemaligen Crew Laurens Wohnung ausgeräumt hatten und er dabei ein paar ihrer persönlichen Dinge an sich genommen hatte. Darunter auch eine Kiste, die sie in der hintersten Ecke unter ihrem Bett verstaut hatte und die mit ›Echoes und Samuel‹ beschriftet war. Beim Durchstöbern fand er CDs, Backstagepässe und einige Fotos. Die meisten davon musste Lauren gemacht haben, als sie mit der Band in Europa auf Tournee gewesen war, aber es waren auch ein paar Schnappschüsse dabei, die Mike von ihr und Samuel während Sams Besuch in Oklahoma gemacht hatte – und ganz unten in der Kiste hatte er zwei Briefe von Samuel gefunden. Dass Mike von den Briefen wusste, hatte Sam nach dem Telefonat erfolgreich verdrängt – bis jetzt. Jetzt kniff er beschämt die Augen zusammen und wandte sich ab, weil sich der Inhalt der Briefe wieder in sein Bewusstsein schob. Samuel hatte darin immer wieder beteuert, wie sehr ihm alles leidtat und Lauren angefleht, sich doch wieder bei ihm zu melden.

»Kennst du das Musikvideo zu unserem Song Tempest?«, fragte Sam schließlich knapp und ohne aufzublicken.

»Ja.«

»Deswegen haben wir uns gestritten.«

Mike dachte offenbar einen Augenblick über Samuels Aussage nach und schüttelte dann skeptisch den Kopf. »Weil du darin mit 'ner Anderen rummachst, oder was? Das sieht ihr gar nicht ähnlich.«

Samuel stand auf und presste seufzend ein »Das hier führt doch zu nichts« hervor, zog die Hosenbeine ein Stückchen hoch und nahm am Rand des Pools wieder Platz, ließ die Beine ins angenehm warme Wasser gleiten. Eine Weile schwiegen sie beide, doch dann drehte er sich zu Mike um. Joshua war inzwischen so nett gewesen und hatte von innen das Licht auf der Terrasse eingeschaltet, sonst hätte er Mike in der Dunkelheit wohl gerade so erahnen können. Dabei hatte Josh allerdings einige Sekunden hinter der Scheibe verharrt, was Samuel unmöglich ignorieren konnte. Kurzerhand hatte er sich zu seinem Bruder umgedreht und unverhohlen zurückgestarrt, woraufhin Josh direkt das Weite gesucht hatte. »Du hast wirklich keine Ahnung, warum Will diesen Typen so übel zugerichtet hat? Und warum Lauren sich danach– «, er brach ab.

»Nein, hab' ich nicht. Ich hab' noch am Telefon mit Lauren darüber gescherzt, dass Will ebenso gut dich hätte verprügeln können, wenn er seine Eifersucht schon nicht im Zaum hat.«

Samuel drehte sich wieder um und senkte den Kopf. »Das hatte nichts mit Eifersucht zu tun. Der Typ kann sich glücklich schätzen, dass sie dort war, um Will abzuholen, und nicht mich.« Sam erschrak selbst über seine kratzige, tiefe Stimme.

Mike jedoch schien sie nicht abzuschrecken, denn bereits im nächsten Moment setzte er sich neben den Schlagzeuger. »Was ist, hat er sie damals so schlecht behandelt, oder was? Hat er sie geschlagen?«

Samuel schüttelte den Kopf, weil das die einzige Reaktion, die einzige Antwort war, die er Mike auf dessen bohrende Frage bereitwillig geben konnte. »Hör zu, sie hat es mir im Vertrauen erzählt, okay? Ich kann es dir nicht sagen. Echt nicht«, fügte er dann doch noch heiser hinzu.

»Lauren ist tot, Sam«, entfuhr es Mike grob. »Und damit auch jedes Versprechen, das du ihr jemals gemacht hast. Du bist ihr nichts mehr schuldig.«

»Dir aber auch nicht«, gab Samuel zu bedenken und hob den Blick wieder. Mike nickte zwar, machte aber nicht den Eindruck, als gäbe er sich mit Sams Worten zufrieden – vermutlich, weil er selbst kaum damit zufrieden war. Natürlich war er ihr noch immer etwas schuldig und das würde auch immer so bleiben. Er war es ihr schuldig, dass er für sich behielt, was sie ihm anvertraut hatte; war es ihr schuldig, sich an sie zu erinnern und daran, was er alles falsch gemacht hatte. Er war es ihr schuldig, nicht zu vergessen. Sam räusperte sich und blickte Mike schließlich fest in die Augen. »Ich kann dir nur eins sagen: Wäre ich an Wills Stelle dort gewesen, hätte der Wichser das nicht überlebt.« Er gab sich große Mühe, keinen Zweifel mehr daran zu lassen, dass er die Worte genauso meinte, wie er sie gesagt hatte.

»Puuh.« Mike blies die Luft aus und sagte einen Moment lang nichts. Vermutlich fragte er sich gerade, worauf er sich eingelassen hatte, als er den Flieger nach San Francisco bestiegen hatte. Sam war sich nicht sicher, ob es richtig war, Mike gegenüber so viel angedeutet zu haben. Auf der anderen Seite hatte er auch nicht lockergelassen, war wieder zurück auf dieses Thema gekommen und hatte mehr als deutlich gemacht, dass er auf der Suche nach Antworten war. Wenn sie ihm nun nicht gefielen, war das eindeutig nicht Sams Problem. »Sie hat es dir nach der Party bei ihr erzählt, oder nicht?«, hakte Mike schließlich vorsichtig nach, »Als wir dich am nächsten Morgen stockbesoffen in 'ner Bar eingesammelt haben?«

Samuel nickte, stand auf und holte die beiden Bierflaschen, die sie beide bei den Sonnenliegen hatten stehen lassen, zu ihnen an den Pool. »Apropos stockbesoffen«, murmelte er, wünschte sich, genau das jetzt am liebsten zu sein und bemühte sich um so etwas wie ein Lächeln. Samuel trank den Rest seines Bieres in einem Zug aus. So wie er Mike einschätzte, würde das, was Sam ihm bisher erzählt hatte, nicht ausreichen, um ihn zufriedenzustellen. Davon abgesehen musste er sich eingestehen, hier und jetzt vielleicht die einzige Möglichkeit zu haben, sich einmal komplett auszukotzen.

Selbst Tajan gegenüber hatte er nur angedeutet, was mit Lauren passiert war, aber darüber gesprochen hatte er mit ihm nie. Ebenso wenig wie mit Joshua. Nachdem er sich mit Joshua nach dem Abbruch seiner Therapie wieder versöhnt hatte, hatte Samuel die Sprache nie wieder auf dieses Thema gebracht. Zum einen, weil er niemandem zwingen wollte, sich seine Trübsal anzuhören. Zum anderen, weil er der Meinung war, es könnte letztendlich sowieso niemand verstehen, wie er sich fühlte – und helfen konnte ihm dabei erst recht niemand.

Aber Mike ging es ähnlich. Er konnte es nicht nur verstehen, sondern vielleicht sogar in einem gewissen Maße nachempfinden, wie Samuel sich fühlte. Wenn es eine Person gab, bei der er sich wirklich alles von der Seele reden konnte, eine Person, die sich nicht über jedes seiner Worte Notizen machte und »Ich verstehe« murmelte oder noch schlimmer: Meinte, ihm ungewollt Ratschläge geben zu müssen, dann war es Mike. Samuel seufzte und fuhr sich durch die Haare, bevor er zu erzählen begann.

Er erzählte von dem Videodreh, bei dem ihn die ganze Zeit das Gefühl beschlichen hatte, etwas Falsches zu tun, und über den anschließenden Streit mit Lauren. Er redete darüber, wie er in Deutschland ausgerastet war und danach alles den Bach runterging. Noch immer hatten sie sich scheinbar nicht davon erholt: Joshua pendelte zwischen seinem Appartement in New York und Hotelzimmern auf der ganzen Welt. Samuel spielte ab und an Auftritte in kleinen Clubs mit Alex' Band ›Dystopian Brigade‹, und Tajan… Was Tajan machte, das wusste er gar nicht so genau. Obwohl er wie Samuel in San Francisco geblieben war, hatten die beiden viel zu wenig Kontakt.

»Darf ich dich was fragen?«, wollte Mike wissen, nachdem er eine Weile über Samuels Worte nachgedacht hatte. Sam zuckte mit den Achseln, was Mike offenbar als Zustimmung wertete. »War Lauren der Grund, warum aus dir und Tajan nie was geworden ist?«

Samuel blickte erschrocken auf. »Was? Tajan und ich? So ein Quatsch! Wie kommst du darauf?«

Mike musterte ihn knapp und konnte sich dabei ein Grinsen kaum verkneifen. »Ich bitte dich. Man muss nicht mal so ein ausgeprägtes Gay-dar haben wie ich, um das zu bemerken. Hast du nie gesehen, worüber online so spekuliert wird?«

Samuel wog den Kopf kurz hin und her. Mike wusste genau Bescheid und es weiter zu leugnen war wahrscheinlich vollkommen sinnlos. »Aus Tajan und mir ist nie was geworden, weil ich nicht wollte, dass aus Tajan und mir was wird. Oder vielmehr, weil ich ihm nicht das geben konnte, was er wollte oder brauchte oder was auch immer. Also haben wir es beendet und jetzt sind wir wieder einfach nur Freunde.«

»Was auch total gut klappt, wenn man außen vorlässt, dass ihr offenbar kaum noch Kontakt habt.«

»Mike, jetzt mal ehrlich: Das alles geht dich überhaupt nichts an. Klar?« Spätestens jetzt hatte er mit Sicherheit deutlich gemacht, in was für einem Wespennest Mike da herumstocherte. Tatsächlich ging ihn die Affäre zwischen Sam und Tajan überhaupt nichts an. Allerdings hatte Mike es auch geschafft, Samuel mit wenigen Worten ins Grübeln zu bringen. Er hatte recht: Solange sie sich noch nicht mal regelmäßig sahen, weil sie einander ja nicht zu nahe kommen wollten, war ihre Freundschaft eine Farce. Aber er würde auf keinen Fall weiter mit Mike darüber reden. »Vielleicht solltest du jetzt besser gehen.«

Mike nickte und stand auf. »Ich bin noch ein paar Tage hier. Wenn du noch mal Lust auf ein Treffen hast oder reden willst; du hast ja meine Nummer.«

Samuel bemühte sich, ihm nicht hinterherzuschauen, als er durch den Garten nach vorne zur Einfahrt ging. Immerhin hatte Mike sich an seine Worte gehalten und war nicht durch das Haus gegangen.

 

Es dauerte nicht lange und Samuel bekam erneut Gesellschaft, die er momentan definitiv nicht wollte. Joshua ließ sich neben ihm am Rand des Pools nieder und reichte ihm eine weitere Flasche Bier. Er selbst nippte an einer Flasche Kombucha. »Will ich wissen, wer Mike ist?«

»Wahrscheinlich nicht.«

»Es reicht dir nicht, ab und an Alex zu ficken, jetzt musst du schon fremde Typen aufgabeln und auch noch mit nach Hause nehmen? Viel auffälliger geht es wirklich nicht mehr, Sam.«

Samuel schüttelte den Kopf. »Erstens wird Mike schon nicht die Adresse unseres Hauses oder das, was darin passiert ist, bloggen, twittern oder sonst was. Und zweitens ist er kein fremder Typ. Er ist … war … ein Kollege von Lauren.«

Joshuas Augen weiteten sich. Samuel hasste es, wenn das passierte. Dann war es unmöglich, dem Blick dieser hellblauen Mistdinger standzuhalten und Joshua wusste das verdammt gut. Mistkerl. »Das macht die Sache natürlich gleich viel besser!« Was vermutlich eher wie ein Vorwurf klingen sollte, ließ vielmehr Joshuas Sorge durchklingen, Samuel würde in alte Verhaltensmuster zurückfallen, sollte er den Kontakt zu Mike aufrechterhalten. »Ihr habt euch heute ziemlich lange unterhalten, oder?«, fragte Josh, fuhr aber fort, bevor Sam überhaupt die Möglichkeit hatte, darauf zu antworten. »Könnte mir vorstellen, dass er in deinem Kopf den einen oder anderen Stein ins Rollen gebracht hat.« Diesmal schien Joshua eine Antwort zu erwarten, aber Sam blieb sie ihm schuldig. »Ehrlich gesagt habe ich wenig Lust auf die Lawine, die darauf zwangsläufig folgen wird.«

»Josh … lass es. Ich habe für heute schon genug Gefuchtel mit Zeigefingern hinter mir. Deswegen habe ich Mike auch weggeschickt.«

»Ich mache mir nur Sorgen um dich, das ist alles«, murmelte Joshua, doch Samuel zuckte nur teilnahmslos mit den Achseln und schwieg erneut. »Und zwar genau deswegen! Weil ich wusste, du würdest jetzt wieder ins Grübeln verfallen!«

»Ich grüble nicht über Lauren nach, falls du das meinst. Mike und ich hatten auch noch andere Themen.«

Tatsächlich hatte es der aufgeschlossene, junge Mann, der sein Herz auf der Zunge trug, mit nur wenigen Worten geschafft, Samuel dazu zu bringen, wovor er schon seit Monaten zurückschreckte: Zu tief ins Nachdenken über Tajan zu verfallen. Weil er genau wusste, wohin das führen würde und er zugeben musste, dass Joshuas Sorge um ihn in dieser Hinsicht nicht komplett unbegründet war. So ungern er das auch tat. Aber immerhin meinte sein Bruder schon länger nicht mehr, den Aufpasser für ihn spielen zu müssen, und hatte sich so gut wie aus San Francisco verabschiedet.

Mittlerweile vermisste Samuel es jedoch beinahe, regelmäßig jemanden bei sich zu haben. Alex konzentrierte sich wieder mehr auf seine Band, sie traten schon länger nicht mehr gemeinsam in kleinen Clubs auf. Sie trafen sich auch so gut wie gar nicht mehr einfach so – und nicht mal explizit, um Sex zu haben, obwohl es halt immer darauf hinauslief (auch wenn sie über dieses Arrangement nie ein Wort verloren hatten). Tief drinnen jedoch wusste er, dass er Alex (und neuerdings wohl auch Mike) nur dazu benutzt hatte, um sich von Tajan abzulenken.

Er wusste, dass Tajan von Becky einst vor die Wahl zwischen ihr und Samuel gestellt worden war. Tay hatte sich für Sam entschieden, daher vermutete er, dass Tajan ihn noch immer liebte und er nutzte dieses Wissen geschickt als Vorwand, um den Kontakt zu ihm auf Sparflamme zu halten. Sam wollte ihn nicht noch mehr verletzen als ohnehin schon. Das war zumindest die Begründung, mit der Samuel ganz zufrieden war.

Allerdings merkte er jetzt, wie allein er damit war. Joshua war nicht mehr da und auch seine anderen Freunde hatte er schon länger nicht mehr gesehen. Ihm fehlte jemand, mit dem er nicht nur herumalbern, sondern auch wirklich reden konnte. Ihm fehlte jemand, der ihm über die Schulter schaute und ihm deutlich sagte, wenn er irgendwo Scheiße gebaut hatte. Ihm fehlte jemand, der ihn inspirierte und der ihn kreativ forderte. Und ihm fehlte gelegentlich (okay … öfter) jemand für Sex. Ihm fehlte Tajan. Nur machte ihm diese Erkenntnis – auf die ihn erst Mike hatte bringen müssen – beinahe noch mehr Angst, als die Tatsache, Tajan könnte ihn noch immer lieben.

Aber so, wie er das sah, führte kein Weg an einem Gespräch mit Tay vorbei.

---ENDE DER LESEPROBE---