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Mehr Achtsamkeit für eine erfülltes Leben: Der Meditationsratgeber „Reisen nach Innen“ von Dr. Ruediger Dahlke jetzt als eBook bei dotbooks. Haben auch Sie oft das Gefühl, in negativen Gedanken zu versinken? Fehlen Ihnen manchmal Klarheit und Gelassenheit? Stress und Hektik bestimmen zunehmend unser Leben: Die innere Mitte zu finden wird immer schwieriger. Daher lädt Sie der bekannte Arzt und Psychotherapeut Ruediger Dahlke zu einer Auszeit ein. Entdecken Sie die uralte Technik der geführten Meditation und lernen Sie den Schlüssel zur inneren Ruhe kennen. Dieser Meditationsführer nimmt Sie mit auf die Reise Ihres Lebens. Schritt für Schritt lernen Sie Methoden, mit denen Sie Ihren Alltag bewusster gestalten können. Ob zur reinen Entspannung oder zur gezielten Heilung von Krankheiten – dieses Buch ermöglicht Ihnen, Ihren Alltag positiv zu verändern und Raum zu schaffen: für Gelassenheit, Lebensgenuss und Glück. Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Ratgeber „Reisen nach Innen“ von Bestsellerautors Dr. med. Ruediger Dahlke. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 613
Über dieses Buch:
Haben auch Sie oft das Gefühl, in negativen Gedanken zu versinken? Fehlen Ihnen manchmal Klarheit und Gelassenheit?
Stress und Hektik bestimmen zunehmend unser Leben: Die innere Mitte zu finden wird immer schwieriger.
Daher lädt Sie der bekannte Arzt und Psychotherapeut Ruediger Dahlke zu einer Auszeit ein. Entdecken Sie die uralte Technik der geführten Meditation und lernen Sie den Schlüssel zur inneren Ruhe kennen.
Dieser Meditationsführer nimmt Sie mit auf die Reise Ihres Lebens. Schritt für Schritt lernen Sie Methoden, mit denen Sie Ihren Alltag bewusster gestalten können. Ob zur reinen Entspannung oder zur gezielten Heilung von Krankheiten – dieses Buch ermöglicht Ihnen, Ihren Alltag positiv zu verändern und Raum zu schaffen: für Gelassenheit, Lebensgenuss und Glück.
Dr. med. Ruediger Dahlke, Jahrgang 1951, studierte Medizin in München und bildete sich früh auf den Gebieten der Naturheilweisen, der Psychotherapie und Homöopathie weiter. Er entwickelte die ganzheitliche Psychosomatik von „Krankheit als Symbol“ und bildet im Bereich der integralen Medizin aus. Seine Bücher wurden in 28 Sprachen übersetzt. Ruediger Dahlke ist heute als Seminarleiter und Referent international tätig. Im Gesundheitsresort „TamanGa“ in Südösterreich hält er Kurse zu verschiedenen Schwerpunkten wie Fasten, Meditation und Ernährung.
Weitere Titel des Autors erscheinen in Kürze bei dotbooks.
Mehr Informationen finden Sie unter:
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Überarbeitete eBook-Neuausgabe Juni 2017
Copyright © der Originalausgabe 1995 by Heinrich Hugendubel Verlag, Kreuzlingen/München
Copyright © der Neuausgabe 2004 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin.
Copyright © der überarbeiteten Neuausgabe 2017 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung eines Bildmotives von shutterstock/Subbotina Anna
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ER)
ISBN 978-3-96148-032-6
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Ruediger Dahlke
Reisen nach Innen
Geführte Meditation auf dem Weg zu sich selbst
dotbooks.
Für Anregungen und Unterstützung danke ich Margit Dahlke, Robert Stargalla und Josef Hien.
Das Thema Meditation hat in den letzten Jahrzehnten auch im Westen jene Popularität erlangt, die es im Osten schon immer hatte. Während die Grundmaximen der westlichen Leistungsgesellschaft ihren Siegeszug im Osten antraten, kam im Gegenzug eine wahre Flut von östlichen Meditationspraktiken zu uns. Wo wir Entwicklungshelfer für technisches Know-How in die
»unterentwickelte Welt« sandten, kamen von dort Gurus, um uns Meditation und vor allem Lebensphilosophie zu vermitteln. Dass der Westen, so wie er Technik exportiert, anfangs auch nur Meditationstechnik importieren wollte, darf nicht verwundern. Nach unserem, von archetypisch männlichem Denken geprägten Weltverständnis läßt sich mit der richtigen Technik alles in den Griff bekommen. Einige der Gurus passten sich dieser dem Osten an sich fremden Haltung an und boten tatsächlich Meditationen als reine Techniken an, wohl in dem Wissen, dass die Praxis der Meditation ganz von selbst die Lebenseinstellung beeinflusst und auf die Dauer nach einer Philosophie verlangt.
Unsere Erfolge im Westen beruhen auf dem funktionalen Denken der linken Gehirnhälfte, die mit ihrer Macherpolitik Enormes geleistet hat und dem biblischen Auftrag, sich die Erde untertan zu machen, erschreckend nahe gekommen ist. Für die Verfechter der Fortschrittsideologie verblüffend, hat aber der beeindruckende Fortschritt die Menschen nicht glücklicher und zufriedener gemacht. Im Gegenteil, das Anspruchsniveau stieg mit den Errungenschaften und schafft Leid bei denen, die mit dem rasanten Tempo nicht Schritt halten und sich nicht alles leisten können. Mit der Zeit wuchs selbst bei den Vorreitern des Fortschritts ein Gefühl, dass etwas fehlte in dem äußerlich so perfekten System. Der männliche Pol erwies sich zunehmend als eine Seite der Medaille, deren Fehler in der fehlenden weiblichen Seite immer offenkundiger wurden. Sogar Spitzenvertreter der Industriegesellschaft erkennen inzwischen, wie mit noch so vernünftigen und hochintelligenten, aber staubtrockenen Analytikern die kommenden Aufgaben nicht zu bewältigen sind. Die Industrie schickt ihre Manager zunehmend auf Selbsterfahrungs- und Meditationsseminare. Dort lernen sie dann wieder – ihrer inneren Haltung entsprechend mühsam und ihrer Wichtigkeit entsprechend für teures Geld –, was jedes Kind noch kann: phantasieren und träumen, kreativ spielen und meditieren.
Bei genauerer Betrachtung fällt auf, wie viele der wirklichen Errungenschaften der Machergesellschaft von Menschen beigesteuert wurden, denen der weibliche Pol mit seinem ganzheitlichen Denken in Mustern und Bildern sehr nahe lag. So ließ Albert Einstein keinen Zweifel daran, dass seine bahnbrechenden Erkenntnisse, die dem neuen wissenschaftlichen Weltbild Vorschub leisteten, ganz wesentlich seiner Intuition und damit gerade nicht seinen analytischen Fähigkeiten zu verdanken seien. Watson und Crick, die Entdecker der DNS-Struktur, jener Doppelspirale, die unser Erbgut birgt, enthüllen in einem Buch, welch große Rolle der weibliche Pol bei ihrem Durchbruch gespielt hat. Zwischen Urlaub, Alltagsproblemen und zwanglosem Herumspielen mit Modellen fiel ihnen gleichsam nebenbei der Schlüssel zum genetischen Code des Lebens zu. Hier liegt wohl auch das Geheimnis, warum gerade diese beiden – damals jungen Forscher – das Rennen für sich entschieden, obwohl viele altgediente Wissenschaftler mit mehr Fleiß und Kopfzerbrechen schon viel länger über dem Problem gebrütet hatten. Geradezu sprichwörtlich wurde auch Kekule´s Suche nach der Benzolformel, dem zur damaligen Zeit größten Geheimnis der organischen Chemie. Im Traum soll er eine Schlange gesehen haben, die sich in den eigenen Schwanz biss.{i} Beim Aufwachen wusste er dann, dass es sich um eine Ringstruktur handeln musste.
Den Seinen gibt's der Herr im Schlaf weiß das Sprichwort, und ganz offensichtlich bedient Er sich dabei nicht des Umweges über den Intellekt. Die alte Medizin kannte den Tempelschlaf, bei dem Asklepios, der Gott der Heilung, den Heilsuchenden im Traum erschien und auf diesem Weg mitteilte, was ihnen fehlte. Die Medizin der Antike verfügte über wenig mehr als eben diesen Zugang zu inneren Bilderwelten. Allein damit aber konnte sie den damaligen Menschen so weitgehend helfen, dass diese jedenfalls zufriedener mit ihrer Medizin waren als die heutigen Patienten mit unserer hochmodernen High-Tech-Medizin, die so vieles machen kann und dabei noch mehr offen lässt.
Auch aus der Geschichte wissen wir, wie viele herausragende Menschen sich auch auf andere als intellektuelle Erkenntnisse verließen. Von Richelieu ist bekannt, er habe sich vor allen wichtigen Entscheidungen erst einmal eine Stunde aufs Ohr gelegt. So verschloss er es und damit sich für die äußere Welt und ihre Ratschläge und Argumente und horchte nach innen. Der Volksmund weiß von der Nützlichkeit, große Entscheidungen noch einmal zu überschlafen. Vom englischen Seehelden Sir Francis Drake wird berichtet, er habe sich angesichts der Bedrohung durch die spanische Armada erst einmal schlafen gelegt. Als die feindliche Flotte in Sichtweite kam, habe er zwar das Bett verlassen, aber noch auf einer Partie Boule mit seinen vor Nervosität vergehenden Admiralen bestanden. Dann erst ging er an Bord und schlug mit der viel kleineren englischen Flotte den übermächtigen Gegner vernichtend – bis heute rational unerklärlich, aber die europäische Geschichte entscheidend.
Selbst moderne wissenschaftliche Forschung kann inzwischen belegen, wie sehr der Mensch auf innere Bilder und Stimmen und damit auf den weiblichen Pol angewiesen ist. In Schlaflabors wurde experimentell nachgewiesen, wie wir ohne nächtliche Traumbilder schwer erkranken. Bei entsprechenden Versuchen legen sich gesunde Menschen im Labor mit zwei Klebeelektroden in den äußeren Augenwinkeln schlafen. Sobald sie eine Traumphase erreichen, was typische schnelle Augenbewegungen{ii} auslöst, werden sie geweckt. Die Versuchspersonen erreichen so ihre normale Schlafzeit, ohne zu träumen und fühlen sich nach einer solchen Nacht trotzdem wie gerädert. Nach einigen Nächten fangen sie an, tagsüber mit offenen Augen Traumbilder zu sehen, die außer ihnen natürlich niemand wahrnehmen kann. Das aber erfüllt aus der Sicht der Psychiatrie bereits den Tatbestand einer optischen Halluzination. Beginnen sie Stimmen zu hören, spricht man von akustischen Halluzinationen. Damit aber befinden wir uns bereits auf psychiatrischem Terrain, denn Halluzinationen gehören zu den sichersten Anzeichen von Psychosen.
Die nächtlichen inneren Bilder sind also notwendig, um unser Leben zu bewältigen, ob wir sie nun bewusst wahrnehmen oder nicht. Dass so viele moderne Menschen ihre Träume nicht mehr erinnern, ist ein weiteres Zeichen für unsere Entfremdung von der weiblichen Seite der Wirklichkeit. Einer überwiegend vom männlichen Pol bestimmten Welt erscheint das »Fehlen« von Träumen kaum der Rede wert. Indianer aber wären ohne Erinnerung der Träume in einer grauenhaften Situation. Wie sollten sie Visionen erlangen, die ihrem Leben Sinn geben? Wir dagegen haben uns so daran gewöhnt, ohne Vision auszukommen. Wir wählen sogar Politiker zu unseren Häuptlingen, die gar nicht wissen, was Visionen sind, geschweige denn, wie man sie erlangt.
In Afrika gab es bis ins letzte Jahrhundert einen Stamm, der die Träume in den Mittelpunkt des Lebens stellte. So wie wir die Nacht benutzen, um uns für den nächsten Tag zu regenerieren, nutzten die Senoi den Tag, um sich auf die Nacht vorzubereiten. Sie war ihnen als Möglichkeit, auf den Schwingen der Träume Kontakt zu Göttern und Ahnen herzustellen, weit wichtiger als der in äußerlicher Geschäftigkeit vergehende Tag. Mit ihrer Ausrichtung auf den weiblichen Pol der Wirklichkeit sollen die Senoi über die Maßen friedliche und zufriedene Menschen gewesen sein.
Wir modernen Menschen dagegen erwarten zwar einiges von der weiblichen Seite, ohne aber bereit zu sein, ihr entsprechende Beachtung zu schenken. Was die Nacht, die weibliche Seite des 24-Stunden-Tages, angeht, wird das sehr deutlich. Am liebsten fallen wir heutzutage abends müde ins Bett, schlafen sofort ein und wachen am Morgen erfrischt und ohne unangenehme Erinnerungen an die Nacht wieder auf. Kommt der weibliche Pol wieder zum Leben, zum Beispiel während einer Fastenzeit, beschweren sich viele bereits über unruhige, von Traumfetzen gestörte Nächte.
Erfahrungen archaischer Kulturen und moderne Experimente veranschaulichen Macht und Notwendigkeit innerer Bilder und damit der archetypisch weiblichen Seite. Wir können die eine Hälfte der Wirklichkeit nicht aus der Welt schaffen, sondern höchstens ignorieren und beseitigen, was bedeutet, sie auf die Seite zu schieben. Aber auch dort bleibt sie wirksam. So erleben wir den weiblichen Pol in modernen Gesellschaften vielfach von seiner unerlöstesten Seite. Das in den letzten Jahrzehnten aufkeimende Interesse an Meditation und spiritueller Philosophie bietet die Chance, hier auf eine bewusstere und damit weniger leidvolle Ebene vorzustoßen. In der letzten Zeit feiert unter dem Begriff mindfulness die alte Achtsamkeit des Buddhismus aus den USA kommend auch bei uns Triumphe. Es scheint überhaupt ein Phänomen unserer Zeit zu sein, dass alles erst durch die enge Düse USA durch muss, bevor es sich in dieser Welt verbreiten kann.
Die Auseinandersetzung mit dem weiblichen Pol führt fast zwangsläufig ins Reich der Bilder, das eng mit dem weiblichen Weltverständnis verbunden ist. Meditation zielt in letzter Konsequenz sogar noch über diesen Bereich hinaus, nämlich auf die Mitte. Schon das Wort Meditation birgt diesen Anspruch in sich. Wie auch im Wort Medizin steckt das Lateinische »mederi{iii} – messen, das rechte Maß finden« darin, das wiederum eng mit dem Begriff Mitte verbunden ist. Die Mitte im Mandala{iv} verdeutlicht dieses Ziel aller Entwicklung am klarsten. Der Mittelpunkt hat zwar keine Ausdehnung, enthält aber doch alles: Alles kommt aus ihm und alles kehrt in ihn zurück. So ist er auch Ausdruck der Einheit in unserer polaren Welt. Wer sich auf den Entwicklungsweg macht, steuert dieses Ziel an und ist damit fast zwangsläufig auf einem meditativen und der alten Medizin entsprechend auch heilenden, weil in die Mitte zurückbringenden Weg. Insofern erfüllt Meditation noch bis heute das mit der Medizin gemeinsame ursprüngliche Ziel. Heilmittel hieß früher lateinisch re-medium, wie heute noch im Englischen re-medy sichtbar. Die Mittel der Schulmedizin bringen aber nicht mehr in die Mitte und haben nicht mal diesen Anspruch. Allein Meditation hat ihn bewahrt.
An diesem Punkt mag auch deutlich werden, dass Meditation im Gegensatz zu einem im Westen verbreiteten Vorurteil nicht zwingend schön und angenehm sein muß. Wer sich auf diesen Pfad begibt und sich auch nur zu einer einzigen Meditation niedersetzt, kann grundsätzlich mit zweierlei rechnen: entweder er wird eins mit der Mitte und damit erleuchtet oder er erlebt, was seiner Erleuchtung im Wege steht, ihn von der Einheit trennt. In der Praxis wird letzteres häufiger der Fall sein und naturgemäß viel mit eigenen Schattenseiten zu tun haben. Insofern ist Meditation auch gleich ein Weg, sich praktisch mit den »Schicksalsgesetzen, den Spielregeln des Lebens« vertraut zu machen und dem »Schattenprinzip« zu begegnen.
Dabei ist es ganz egal, nach welcher Methode meditiert wird. Die Mitte, das Ein-und-Alles, kennt keine Ausnahmen und Fehler als Ausdruck von Fehlendem mehr. Hier ist alles bewusst und existenzberechtigt. Hier hat die Welt der Polarität, in der alles seinen Gegensatz braucht, aufgehört.
Es gibt viele Methoden, die zu diesem Ziel der Befreiung führen können und noch mehr, die dies versprechen. Erleuchtungserlebnisse werden aus allen Kulturen und Traditionen berichtet und mit entsprechend vielfältigen Namen belegt. Sie können sich auch bei alltäglichen Beschäftigungen, beim Musizieren oder Sporttreiben ereignen und sind nicht auf Meditationen beschränkt. Das Fernziel ist in allen Traditionen, diesen Zustand auch im Alltag und sogar in der Nacht aufrechtzuerhalten. Will man aus der Vielzahl der zur Befreiung verwendeten Techniken die besten Elemente heraussuchen und zu einer noch wirksameren Methode zusammenfügen, wie es dem westlichen Denken durchaus entsprechen würde, findet man bei der Analyse wenig Verbindendes. Die Methoden sind zum größten Teil grundverschieden, lediglich die Erleuchtungserlebnisse zeigen wieder verblüffende Übereinstimmung. Ob die Erleuchtung durch eiserne Disziplin gefördert wird oder gerade durch das Gegenteil, entspanntes Loslassen, ob durch zum äußersten getriebene Bewusstheit oder durch spielerische Selbstvergessenheit, ob enorme Anstrengung sie möglich macht oder totale Entspannung – immer beschreiben die Glücklichen ihren Zustand als frei von jedem Widerstand. Sie sind im Einklang mit dem Augenblick und haben an nichts mehr etwas auszusetzen. So wird die Abwesenheit von Widerstand zur treffendsten Definition der Einheits- oder Erleuchtungserfahrung.
So wie aber Erleuchtung frei von Widerstand ist, ist Widerstand auch frei von Erleuchtung. Das bedeutet nichts anderes als: Wer nicht erleuchtet ist, lebt im Widerstand. Das klingt nur auf den ersten Blick so erstaunlich. Tatsächlich verbringen wir unser Leben weitgehend in Gedanken an die verflossenen Möglichkeiten der Vergangenheit oder hängen mit Hoffnungen und Befürchtungen irgendwo in der Zukunft. Es ist gerade dieser Widerstand gegen die augenblickliche Situation, der uns so anstrengt und ermüdet.
Fast alle Eltern kennen die Situation, wenn sie, geschafft vom Tage, weil sie ihn im Widerstand erlebt haben, am Abend versuchen, ihre Kleinen ins Bett zu bringen. Oft ist das schon deshalb schwierig, weil die gar nicht müde sind, wenn sie ihren Tag – im Augenblick versunken – spielend verbracht haben.
Wenn das letzte Ziel der Meditation Freiheit von Widerstand ist, wird es auch bei den Vorbereitungen und auf dem Weg sinnvoll sein, den Widerstand so gering wie möglich zu halten. Mach es einfach! – in des Ausdrucks Doppelsinn, könnte das einfache Motto lauten. Aber das ist leichter gesagt als getan, setzt es doch die endgültige Lösung und das völlige Loslassen schon voraus. Gelingt es, den Widerstand von Beginn an annähernd auszuschalten, ist die Lösung auch schon nahe. Was so einfach klingt, fällt in der Praxis vielen schwer. Allerdings wird beim Zurückschauen, wenn das Ziel einmal erreicht ist, klar, wie eigentlich doch ganz einfach es gewesen wäre. Ein simples Beispiel mag das veranschaulichen: Für die meisten Menschen bedeutet Glück, alles zu bekommen, was sie wollen. Dabei bräuchten sie nur alles zu wollen, was sie bekommen, schon wären sie glücklich. Was als banales Wortspiel erscheint, enthält letztlich die Lösung, auch wenn sie offenbar erst hinterher zu verstehen ist. Von verschiedenen Zen-Meistern ist ihr nicht enden wollendes Lachen im Moment der Befreiung überliefert, wenn sie erkennen, wie einfach alles war und die ganze Zeit über gewesen ist und wie sie sich angestellt haben.
Jedenfalls ist es sinnvoll, beim Meditieren Ablenkungsmöglichkeiten wie zum Beispiel das Telefon auszuschalten, um nicht gleich durch äußere Widerstände blockiert zu werden. Je idealer die äußeren Bedingungen, desto weniger kann man Probleme auf sie projizieren und desto sicherer wird man sie bei sich selbst finden, wo sie letztlich immer liegen. Liest man in östlichen Schriften, man könne inmitten eines belebten Marktplatzes genauso meditieren, stimmt das letztlich, und doch ist es zu Beginn nicht der ideale Platz.
Es ist lohnend, sich den Weg von Anfang an möglichst zu erleichtern, denn an sich ist er schwer genug. Je leichter man es sich macht, desto sicherer findet man die eigentlichen Hindernisse an der richtigen Stelle, nämlich bei sich selbst. Der Erleuchtung ist es bekanntlich egal, wie man sie erlangt. Insofern ist es sinnvoll, eine Meditationsform zu wählen, die einem nicht zu wesensfremd ist. Natürlich stellen Zazen- oder Vipassana-Meditation{v} geniale und über Jahrhunderte im Osten bewährte Systeme dar, aber eben im Osten. Für westliche Menschen sind die Anforderungen hier hoch und in vielen Fällen zu Beginn unnötig hoch. Was natürlich nicht heißt, man könne später nicht auf solche Systeme wechseln.
Legt man die Kriterien des Yoga-Systems zugrunde, ist es zunächst einmal überhaupt nicht möglich zu meditieren, weil man die Voraussetzungen bei weitem nicht erfüllt. Unter Meditation wird dort per Definition ein sehr weit fortgeschrittener Zustand verstanden. Anders im Buddhismus, der jedes bewusste Bemühen auf dem Weg als Meditation einstuft. Deshalb wollen wir uns hier eher die buddhistische Auffassung zu eigen machen.
Hinzu kommt die mit den meisten östlichen Richtungen verbundene Forderung nach Gedankenfreiheit, die nicht nur Westler in erheblichem Ausmaß überfordert. Es ist praktisch unmöglich, auch nur eine einzige Minute ohne Gedanken zu sein. Ein kleiner erster Meditationsversuch mag das zeigen.
ÜBUNG 1:
Legen Sie eine Uhr mit Sekundenzeiger vor sich und versuchen Sie mit offenen oder geschlossenen Augen eine Minute ohne Gedanken zu bleiben.
Diese eine Minute zeigt Ihnen, wie lange eine bewusst wahrgenommene Minute ist und wie unmöglich es ist, keinen Gedanken zu haben. Zumindest ist da der Gedanke, keinen Gedanken haben zu sollen, was ja auch schon ein Gedanke ist. Und wer ehrlich ist, hatte da wohl noch eine Menge anderer Gedanken.
ÜBUNG 2:
Etwas mehr Aussicht besteht, wenn Sie die Übung wiederholen, sich aber auf einen einzigen Gedanken festlegen, zum Beispiel auf den Atem.
Aber selbst jetzt wird aller Wahrscheinlichkeit nach eine Fülle anderer und damit störender Gedanken dazwischenfunken.
Was wir aber – wie etwa Gedanken – als störend einstufen, bringt uns natürlich sofort in Widerstand. Insofern wäre es naheliegend, die Gedanken nicht als Störenfriede aus der Meditation zu verbannen, sondern sie im Gegenteil als Teil der Meditation zuzulassen und einzuschließen.
Das bringt uns zur geführten Meditation, die die Gedankenbilder für ihren Fortschritt nutzt. Damit kommen wir zur zweiten Richtung unter den Meditationen, jenen nämlich, die die Gedanken wichtig nehmen, anstatt sie zu verbannen.
Die geführte Meditation ist durchaus kein Kunstprodukt einer relativ neuen Esoterikszene, sondern hat eine ähnlich lange Tradition wie ihre auf Gedankenfreiheit zielenden östlichen Verwandten. Bereits in den Mysterienkulten der Antike führten Hierophanten die Einzuweihenden in geführten Reisen in deren eigene Innenwelt und bereiteten die notwendigen Entwicklungsschritte in inneren Seelenlandschaften vor.
Wahrscheinlich waren Reisen nach innen in jenen Zeiten so selbstverständlich wie die heutigen nach außen. Wohl zu keiner Zeit wurde andererseits so viel nach außen und so wenig nach innen gereist wie in unserer modernen. Selbst die wenigen äußeren Reisen waren früher häufig Pilgerreisen, wo das innere Erleben über dem äußeren stand. Dieser vertraute Umgang mit Reisen in die inneren Räume der Bilder und Symbole war sicherlich einer der Gründe, warum die Menschen der Antike ohne Psychotherapeuten auskamen. Sie hatten noch lebendigen Zugang zu ihren Mythen und erlebten im Theater die klassischen Tragödien in einer Weise, wie es sich heutige Menschen, selbst wenn sie ins Theater gehen, kaum vorstellen können.
Wo wir heute durch Film und Fernsehen geradezu von Bildern überschwemmt werden, hatten die Menschen der Antike nur wenige, aber dafür gut vertraute Bilder, die sie leicht in direkte Verbindung zu ihrem Leben bringen konnten. Betrachtet man die Einfachheit ihres Theaters und die Bedeutung, die es trotzdem oder gerade deshalb hatte, stehen wir Menschen der Moderne vor einem Rätsel. Fast ohne Illusionen und frei von Effekthascherei, die Schauspieler hinter Masken verborgen, erfüllte die antike Vorstellung nicht im Mindesten unsere modernen Erwartungen an abwechslungsreiches Unterhaltungs-Theater. Es ging damals ganz offensichtlich nicht um Ablenkung von den Alltagssorgen und Entführung der Zuschauer in eine bessere Welt mit vordergründigem Happy-End. Im Gegensatz zu heute rangierten Tragödien noch vor Lustspielen und machten den Hauptteil der Aufführungen aus. Heute ist es gerade umgekehrt, Komödien beherrschen die Bühnen, man will sich amüsieren.
Für die Menschen der Antike war Theater mit seinen archetypischen Bildern und Urmustern Seelennahrung. Solche Nahrung halten wir heute für unbekömmlich und verbringen die Zeit, statt im Theater sitzend, lieber beim Therapeuten liegend. Inwieweit das wirklich bequemer ist, hängt ganz entscheidend von der jeweiligen Therapie ab. Sicherlich ist es kein Zufall, wenn die analytischen Psychotherapien der Freudschen und mehr noch der Jungschen Richtung so viel Anleihen beim Mythos genommen haben. Ebenso sicher ist es nicht Zufall, sondern kluge Voraussicht, wenn immer mehr Richtungen der humanistischen Psychotherapie sich den inneren Bildern zuwenden. Das Verfahren des sogenannten katathymen Bilderlebens stützt sich ausschließlich auf innere Bilder und hat sich mit wissenschaftlich klingendem Namen schon fast etabliert. Dabei handelt es sich um nichts anderes als um geführte Meditationen.
Die öffentliche Geringschätzung der inneren Bilderwelten war ein neues und durch die spirituelle Renaissance auch schon wieder zu Ende gehendes Missverständnis unserer Zeit. Unseren Großeltern waren Märchen noch wichtig, spielten sie doch in ihrer Kindheit eine zentrale Rolle. Dass folgende Generationen solch wichtige Kinderseelennahrung fast vom »Speisezettel« gestrichen hatte, muß als eigenartiger Ausrutscher gelten. Wer Kinder beobachtet, mit welcher inneren Anteilnahme sie erzählte Märchen miterleben, kann keinen Zweifel haben, dass sie sie in innere Bilder von großer Lebendigkeit umwandeln. Selbst mit raffiniertestem Special-effect-Aufwand nach bester Hollywood-Manier verfilmte moderne Märchen wirken oft enttäuschend auf die kleinen Zuschauer, weil sie nach der Erzählung ganz andere, eigene Vorstellungen hatten.
So betrachtet sind geführte Meditationen unserem westlichen Verständnis sehr nahe und leicht zugänglich. Wahrscheinlich haben die meisten Menschen in ihrer Kindheit schon eine Reihe solcher Reisen mit gutem Erfolg und einigem Spaß hinter sich gebracht.
Für einen ganz auf rationale Betrachtung gepolten Menschen, der noch im alten mechanistischen Weltbild gefangen ist, grenzt die Wirksamkeit von inneren Bildern ans Wunderbare, oder ist überhaupt schon ein Wunder, das es eigentlich gar nicht geben dürfte. Für einen mit den Gesetzen der Psyche vertrauten Menschen sind diese Wunder dagegen leicht durchschaubar. Wir streben bei der geführten Meditation hypnoide Trancezustände an. Die Phänomene der Hypnose können erhellen, was hierbei passiert und darüber hinaus, wie unsere Seele »funktioniert«. Tatsächlich gibt es im seelischen Bereich ein relativ mechanistisches und damit vorhersagbares Funktionieren, was gerade die Anhänger der mechanistischen Weltsicht häufig irritiert.
Wenn man einem Menschen in tiefer Hypnose suggeriert, er bekäme eine glühende Kohle auf die Hand gelegt und gibt ihm dann tatsächlich eine kalte Kartoffel, wird er Brandblasen bekommen, obwohl die Kartoffel nicht einmal warm war. Ganz offensichtlich funktionieren Menschen auf Grund von bestimmten Programmen, und Hypnose kann auf diese Programmebene vordringen und hier mit entsprechend verblüffenden Effekten manipulieren. Dass Hypnose diese Programmierbarkeit des Menschen bewusst macht, hat sicherlich erheblich zu ihrem schlechten Ruf beigetragen. In den ehemaligen kommunistischen Ländern, wo die Programmierung und vor allem Umprogrammierung von Menschen in hohen Ehren stand, hatte auch die Hypnose entsprechendes Ansehen. Soviel sich westliche Menschen aus den Industriegesellschaften aber auch auf ihren freien Willen und ihre Unabhängigkeit einbilden, die Programmierbarkeit des Menschen bleibt doch eine Tatsache, die jede Showhypnose oft zwar recht primitiv, aber gerade dadurch auch eindrucksvoll demonstriert. Vor Jahrzehnten musste die Hypnoseshow »Hypnoland« unter Proteststürmen aller möglichen Gruppierungen abgesetzt werden, weil sie durch ihre witzigen Umprogrammierungen aufzeigte, wie stark die grundsätzliche Programmierung des Menschen ist, und wie sehr wir alle zu Rationalisierungen neigen.
Solche Beobachtungen decken schonungslos auf, wie sehr Programme unser Leben bestimmen, die erst hinterher als sogenannter freier Wille rationalisiert werden. Sie zeigen darüber hinaus, wie enorm schwer es ist, sich einprogrammierten Befehlen zu widersetzen. Selbst Menschen, deren Intelligenz gut entwickelt ist, haben größte Mühe, sich unsinnigsten posthypnotischen Befehlen zu widersetzen, und neigen dann dazu, mit ihrer hohen Intelligenz besonders lächerliche Rationalisierungen zu erfinden. Bei all dem ist zu bedenken, dass es dem Menschen mit Hilfe spiritueller Disziplinen möglich ist, über diese Stufe des programmierten Automaten hinauszuwachsen. Gurdjieff benutzte folgendes Bild, um den Zusammenhang darzustellen: Er sagte, die Menschheit sei mit einem Saal schlafender und dabei lebhaft träumender Menschen vergleichbar. Sie träumten natürlich alle in ihren ganz verschiedenen Träumen, dass sie wach seien. Nur in der einen Ecke sei jemand erwacht, und allein der könne sehen, dass alle anderen schlafen, und wie ganz hinten in der gegenüberliegenden Ecke ein weiterer gerade erwache. In diesem Sinne können uns Hypnosezustände helfen, unsere Situation zu durchschauen; Meditationen können uns letztlich über den Automatenzustand hinaus in wirkliche Freiheit führen.
All das Gesagte bezieht sich bisher lediglich auf Phänomene im Bereich des Unterbewussten. Erfahrungen unserer Vergangenheit, die wir einmal gemacht haben, die aber längst vergessen sind, wie zum Beispiel die Speisenfolge beim Fest zu unserem fünften Geburtstag, sind im Unterbewusstsein gespeichert. Auch die Mehrzahl unserer Körperprozesse wie Atmung, Verdauung oder Drüsentätigkeit ist uns nicht bewusst und gehört doch nicht zum Unbewussten. All diese Steuerungsphänomene sind vielmehr dem Reich des Unterbewußten zuzuordnen.
Geführte Meditationen können, entsprechende Entspannungstiefen vorausgesetzt, bis auf diese Stufe des Unterbewussten und damit die Programmierebene vordringen und hier im therapeutischen Sinne für neue Weichenstellungen sorgen. Diese verlockende Aussicht hat jedoch ihre Grenzen und gibt machtorientierten Menschen im Endeffekt nicht die Möglichkeit, die sie sich erträumen und die andere befürchten. Grundsätzlich hat Hypnose einen erheblichen Machtschatten, der bei den meisten Hypnotiseuren leicht erkennbar ist. Auch geführte Meditationen bergen prinzipiell die Gefahr in sich, dass die Leiter Macht über die Meditierenden anstreben. Meditation in eigener Regie ist wesentlich gefahrloser. Im Übrigen reicht die Macht geführter Meditationen und auch der raffiniertesten Hypnose aber nicht aus, um Schicksal zu manipulieren. Das Niveau von Schicksal ist so viel höher und zugleich tiefer, dass es immer genug Wege findet, anstehende Lernaufgaben durchzusetzen.
Die dennoch vorhandene enorme Durchsetzungskraft hypnotischer Befehle und, in abgemilderter Form, auch hypnoider Suggestionen liegt in der Einengung des Bewusstseins auf einen sehr schmalen Bereich. Man blendet das allermeiste aus und fokussiert die Bewusstheit auf eine einzige Stelle. Eine Analogie liefert die Lupe, die an sich harmloses Licht so konzentriert, dass es erstaunliche Kraft bekommt. Ein anderes Anschauungsbeispiel bietet der Laserstrahl, der seine Kraft ebenfalls aus der Fokussierung und aus der Gleichrichtung aller Wellen bezieht. Durch analoge Phänomene können auch hypnoide Zustände verstärkt werden. Man bemüht sich, die Meditierenden in jeder Hinsicht auf das eine Ziel der Bewusstseinszentrierung und auf wenige entscheidende Bilder hinzuführen. Die suggestive Stimme, das Licht, duftende Essenzen und Musik dienen vor allem diesem einen Ziel. Auch die Verwirrtechniken, die sich auf den Intellekt richten, wollen ihn im wesentlichen zur Ruhe bringen, um ihn dann gleichzuschalten und auf die Bilder festzulegen, auf die es ankommt. Die Außenreizverarmung der gewohnten Hauptsinne Sehen und Hören ist dabei das stärkste Mittel der Fokussierung. Bei entsprechend starker Konzentration der Kräfte bekommen diese die Macht, die Oberfläche zu durchdringen und in neue Dimensionen vorzustoßen. Wie das gebündelte Licht die Oberfläche wegbrennt, kann auch die gebündelte Gedankenkraft die Oberfläche des Bewusstseins durchstoßen und ins Unterbewusste vordringen. Tiefe Meditation kann sogar noch weiter bis ins Unbewusste eindringen und so Zugang zu den Tiefen der eigenen Seele schaffen. Grundsätzlich ist es sogar möglich, bis in Bereiche des kollektiven Unbewussten nach C.G. Jung zu gelangen, jene Ebenen, die die Inder Akasha-Chronik nennen. Auch wenn solche Tiefen für die geführten Meditationen anfangs gar nicht sinnvoll sind, liegt doch in der Möglichkeit, die gewohnte »Benutzeroberfläche« unseres Gehirncomputers zu transzendieren, eine wesentliche Chance.
In unserer Gesellschaft ist das Wissen um die Möglichkeiten solcher Meditations- und Trancezustände naturgemäß gering; wir kümmern uns vor allem um die Oberfläche der Phänomene und lassen die Tiefen der Seele ziemlich unberücksichtigt. In jenen Kulturen, die wir so gern und so falsch »primitiv« nennen, ist das anders. Dort gehören Tranceheilungen oder ekstatische Tanzerfahrungen zum rituellen Leben. Dabei werden Menschen in Trance so unempfindlich, dass sie sich Speere durch die Haut schieben können, ohne Schmerzen zu spüren, und auf Glutteppichen tanzen, die in ihrem Ausmaß mit denen der Eso-Szene wenig gemein haben. Allein die Tatsache, dass auch bei uns inzwischen viele Menschen solche Erfahrungen gemacht haben, zeigt aber, wie stark das Bedürfnis nach Trance-Erlebnissen ist, die tatsächlich bis zur Trance-Formation gehen können.
Dass Trancephänomene keine Wunder sind, sondern häufig und leicht geschehen, zeigen uns gewohnte Alltagserfahrungen. Ein interessantes Gespräch oder ein spannender Film kann bereits zu einer Außenreizverarmung führen, die uns Straßenlärm völlig überhören lässt. Wenn wir uns auf eine Arbeit konzentrieren, blenden wir alle möglichen Störungen einfach aus. Bei Vorgängen, die wir völlig beherrschen, wie etwa Autofahren, rutschen wir so schnell in Trance, dass wir manchmal ohne die geringste Erinnerung an die letzten fünfzig Autobahnkilometer an unserem Ziel ankommen. Jeden Abend fallen wir durch Außenreizverarmung in eine Art Trancezustand, der uns mehr oder weniger schnell die Ebene wechseln und vom Tages- ins Schlafbewusstsein sinken lässt. Selbst bis in Heiltrancetiefe können wir ganz nebenbei kommen, wenn wir uns etwa völlig verschnupft einen Film ansehen, der uns immer mehr gefangen nimmt, das heißt unser Bewusstsein sehr stark auf sich fokussiert. Sogleich ist die Nase wieder frei, wir haben die Ebene, wo wir die Nase voll haben, verlassen und sind tiefer gesunken und vielleicht sogar begeistert. Im Sinne von »Krankheit als Symbol« geht dann natürlich die verschnupfte Nase wieder auf.
Spirituelle Übungen benutzen fast immer Techniken der Außenreizverarmung einerseits und der Bewusstseins-Bündelung andererseits. Ob wir an Gebete wie den Rosenkranz denken, Mantrentechniken, Atembeobachtung, Konzentrationsübungen und dergleichen mehr. Was bei der Hypnose oder bei Techniken, die auf hypnoide Zustände zielen, leicht einen negativen Beigeschmack erhält, ist letztlich nichts anderes als eine sehr wirksame Technik, die in jeder Richtung einsetzbar ist. Was die Kraft hat, zu nutzen, kann, entsprechend missbraucht, in seinem Schatten auch schaden. Diese Polarität teilt unser Verfahren mit Lupe und Laser. Alle drei können sehr nützlich sein und gleichwohl auch Schaden anrichten.
Die Gefahr bei Techniken, die mit hypnoiden Zuständen arbeiten, wird spätestens dann akut, wenn der entsprechende Leiter anfängt, Eigeninteressen in die Übungen einzubauen. So haben viele Bühnenhypnosen neben dem entlarvenden Effekt bezüglich der Bewusstseinsfunktionen auch die Tendenz, den Showmaster auf Kosten seiner sich meist lächerlich machenden Versuchskaninchen zu profilieren. Die hohe Wirksamkeit einer Methode macht sie aber nicht prinzipiell verdächtig, sondern erfordert lediglich ein waches Bewusstsein für ihre Möglichkeiten. Der Versuch, die geführten Meditationen harmloser zu machen, indem man weniger tiefe Entspannungszustände anstrebt, würde ihnen auch viel von ihrer Wirksamkeit nehmen. Dieses Dilemma kennen alle Traditionen. Die auf dem Weg sozusagen als Nebenprodukt anfallenden Siddhis oder übersinnlichen Möglichkeiten{vi} können in geringem Maß für den Weg genutzt und im übrigen in Demut ignoriert oder zu Angabe und Machtzwecken missbraucht werden. Das Beruhigende ist allerdings, dass sich diese Systeme bis zu einem gewissen Grad selbst schützen und nicht beliebig zu missbrauchen sind. Bei der Hypnose wäre es für machtbesessene Anwender besonders interessant, mächtige und einflussreiche Menschen unter ihren Einfluss zu bringen. Gerade solche Menschen sind aber kaum in entsprechend tiefe Hypnose zu bekommen. Machtmenschen ziehen nach dem Resonanzprinzip ihres gleichen an. Tiefe Trance setzt aber Vertrauen voraus, und gerade das fehlt hier. Hypnotiseure zum Beispiel sind selbst kaum zu hypnotisieren.
So wie Albert Einstein, ausgehend von den kleinen Unstimmigkeiten des physikalischen Weltbildes, zu seinem kühnen Entwurf eines neuen Weltbildes kam, eröffnet der englische Biologe Rupert Sheldrake der Biologie neue Dimensionen. Er ging wissenschaftlich an die Biologie heran und begann die Unstimmigkeiten zu untersuchen, anstatt sie zu übergehen. In diesem Sinne werden Biologie und vor allem Medizin bisher über weite Strecken ihrem eigenen Wissenschaftsanspruch gar nicht gerecht, weil sie nicht die unerklärlichen Phänomene und Wunder untersuchen, sondern im Gegenteil verschweigen. Wissenschaft aber muss den Mut haben, an jedem neuen Problem alles Bisherige in Frage zu stellen. Die Hypothese, alle Schwäne seien weiß, kann viele tausendmal bestätigt sein, die Entdeckung des ersten schwarzen Schwanes muss sie zu Fall bringen. In der Wissenschaft erledigt die Ausnahme die Regel; in Medizin und Biologie muss sie sie – wie im Sprichwort – häufig bestätigen, etwa nach dem kindlichen Motto: einmal ist keinmal. Die Physiker bewiesen wissenschaftlichen Mut, als sie ihr altes, gut funktionierendes Weltbild an einer winzigen Unstimmigkeit scheitern ließen und sich dadurch ein neues, viel anspruchsvolleres, ohne Kausalität und verlässliche Zeit, einhandelten.
Ähnlich ist der englische Biologe Rupert Sheldrake in seiner Disziplin, der Biologie, Unstimmigkeiten nachgegangen, die bis dahin unbeachtet geblieben waren. Ein solch rätselhaftes Experiment sei hier exemplarisch zitiert. Bei der Untersuchung der Frage, ob erlerntes Wissen vererbbar sei, hatten Biologen ein Labyrinth gebaut und die Zeit gemessen, die Ratten brauchten, um sich daraus zu befreien. Anschließend trainierten sie die Ratten, bis sie dies in deutlich kürzerer Zeit schafften. Anschließend kreuzten sie sie untereinander. Als ihre Jungen die Aufgabe in derselben Zeit wie ihre trainierten Eltern bewältigten, glaubten die Wissenschaftler, die Vererbung von erworbenem Wissen bewiesen zu haben. Als aber weiterhin skeptische Biologen in einem anderen Teil der Welt mit einem entsprechenden Labyrinth, aber ganz anderen Ratten von neuem experimentierten, stellten sie mit Verblüffung fest, dass diese Ratten gleich mit der Zeit ihrer trainierten Artgenossen begannen. Nach verschiedenen Wiederholungen gab man schließlich mit dem eigenartigen Gefühl auf, dass die Ratten dieser Welt immer auf dem letzten Stand zu sein schienen.
Nach der Sichtung verschiedener ähnlich mysteriös gelagerter Ergebnisse formulierte Sheldrake seine Theorie der morphogenetischen Felder. Formgebende Entwicklungsfelder sind danach in der Lage, ohne Vermittlung von Materie und Energie Entwicklungen zu steuern und Information synchron verfügbar zu machen. In Sheldrakes Arbeit wird die Nähe zu Platos Vorstellung deutlich, die reale Welt, die wir sehen, sei ein Spiegelbild einer transzendenten Welt vorgegebener archetypischer Ideen und Formen. Einfach ausgedrückt formuliert Sheldrake, was die Religion längst weiß: Am Anfang ist ein Bild, Muster oder Feld des bereits fertigen Dinges, Wesens oder Ablaufs. Dieses Muster gibt den Rahmen, in den hinein sich Materie und Energie ergießen, um das vorgegebene Ziel zu verwirklichen. Sheldrakes nichtenergetische formbildende Verursachung entspräche etwa der im Bauplan eines Hauses festgelegten Vorstellung. Die Idee des Hauses ist die immaterielle Basis, ohne die nichts in Gang kommt und die doch nicht greifbar ist; das Papier des Planes ist lediglich Träger dieser immateriellen Information. Sheldrake postuliert, jede Form brauche ein übergeordnetes, morphogenetisches Feld.
Mit diesem Ansatz lassen sich viele bisher unverständliche Phänomene erklären, wie etwa die Regenerationsfähigkeit des Eidechsenschwanzes, aber auch die noch viel bessere der Leber und die des Gehirns. Nach großen Zerstörungen scheint das Gehirn alles zu unternehmen, um seinem zugrundeliegenden morphogenetischen Feld wieder gerecht zu werden. Selbst Impfungen lassen sich so erklären, reicht dem Organismus doch ein Bild des Erregers. Er muss weder wirksam noch überhaupt lebendig sein. Noch nach Jahrzehnten ist der Organismus nach dieser einmal eingespeicherten Vorlage fähig, sofort Antikörper zu produzieren.
Auf diese Weise würde auch verständlich, warum Zellen in Kulturen wuchern, in Organen aber nur in der vorgegebenen Form wachsen. Im ersten Fall fehlt ihnen mit dem morphogenetischen Feld die Vorlage. Die Homöopathie, die durch Verschütteln Information auf Wasser überträgt, fände hier eine ebenso befriedigende Erklärung wie chemische Phänomene, wie etwa das Beimpfen gesättigter Lösungen zur Erleichterung der Kristallisation. Bekommt die Lösung eine Bildvorlage der zu produzierenden Kristalle, kann sie sofort mit deren Produktion beginnen. Selbst Teile von Darwins Evolutionstheorie ließen sich bei Zugrundelegung von formgebenden Feldern retten.
Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile, wissen die alten Weisheitslehren. Den Teilen fehlt noch das Bild, das Feld – ein Haufen Steine wird von sich aus nicht zu einem Haus.
Sheldrake geht von Hierarchien aus, an deren Spitze das jeweilige Feld steht: Das Feld für die Mitochondrien (die Zellkraftwerke) liegt demnach im Zellkern, dasjenige der Zelle im Gewebe, dessen Feld im Organ. Die Felder für die Organe könnten in übergeordneten feinstofflichen »Organen« wie den Chakren liegen, die Felder für die Chakren im ganzen Menschen. Das Bild des Menschen wäre bei Gott, wie es uns die Bibel ja auch berichtet.{vii}
Bei Krankheitsbildern liegt folglich die primäre Störung nicht im jeweiligen Organ, sondern im übergeordneten Feld, in einer Störung des hier verankerten Bildes. Anliegen der Imaginationstherapie aber ist es, intakte Bilder in Übereinstimmung mit dem Gesamtfeld von Körper, Seele und Geist wiederherzustellen und auf der richtigen Ebene zu etablieren.
Soviel Sheldrake mit seiner Theorie erklären kann, die Frage nach der Entstehung der ersten Bilder löst er nicht. Dazu sind wir weiter auf die Schöpfungsgeschichte der Heiligen Schrift oder die noch unfertige der Wissenschaft angewiesen. Wie Max Planck und Albert Einstein landet auch Sheldrake zum Schluß wieder bei Gott. Wer immer ganz zu Ende denkt, kommt zwingend von der Polarität zur Einheit und damit zu Gott.
Wie alle anderen Meditationsarten leben auch die geführten Reisen von der Erfahrung und nicht vom Wissen über sie. Ein Lehrstuhl für theoretische Meditationskunde wäre ein typisch westliches Missverständnis. Insofern ist es mein Hauptanliegen, einen weiten Bereich von Erfahrungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Andererseits erscheint es aber auch wichtig in einer Zeit, in der geführte Meditationen unter den verschiedensten Namen in verschiedenste Bereiche Eingang finden, das Notwendigste über ihre Chancen, aber auch Gefahren aufzuzeigen.
Die praktischen Möglichkeiten im Umgang mit diesem Buch sind vielfältig, wobei vor allem an diejenigen Leser gedacht ist, die sehr schnell zu Benutzern und Reisenden werden wollen. In einer Zeit, wo fast alle Menschen versuchen Zeit zu sparen und gerade deswegen keiner mehr Zeit hat, kommen Märchen und Geschichten im Alltagsleben zu kurz. Wir haben weder Zeit noch Lust, uns am Abend, nach getaner Arbeit, in irgendeiner Weise geistig-seelisch zu betätigen. Abgekämpft sinken viele Menschen vor dem Fernseher zusammen und lassen sich mit konservierter Fertigkost berieseln. Zugleich werden die Filme einerseits immer realistischer, andererseits immer phantastischer. Die Möglichkeiten der Computeranimation erlauben uns heute, die Reiche der Phantasie in spektakulärer Weise auf die Bildschirme zu zaubern. »Fantasy« nennt sich das Genre und ersetzt die eigene Phantasie über weite Strecken. Sicher sind äußere Bilder auch Bilder, und sicher sind sie manchmal besser als gar keine Phantasien, aber die eigene Bilderwelt können sie nicht ersetzen; zum Teil behindern sie sie sogar richtiggehend und deutlich.
Kinder, die lesen, sind auf ihre Phantasie angewiesen, um die gelesenen Geschichten mit inneren Bildern zu illustrieren. Kindern, die statt dessen Videos schauen, wird alles vorgefertigt und damit fertig vorgesetzt, die eigene Phantasie wird nicht gefordert, und die Kinder folglich kaum gefördert. Die Gutenachtgeschichte regt die Phantasie an, die archetypischen Strukturen von Märchen lassen genug Raum, die eigenen Bilder in die Struktur einfließen zu lassen. Das Erzählen von Geschichte und Geschichten, wie es in alten Zeiten üblich war, lässt Raum für die eigene innere Aus- und Mitgestaltung der Themen. Solche Geschichten leben aus sich und erfüllen eine Gemeinschaft mit Leben. Sie regen eigene Träume an, ohne die inneren Reiche mit fertigen Schablonen auszufüllen.
Menschen, die sich dagegen Abend für Abend stundenlang mit Fernsehprogrammen abfüllen lassen, werden davon weder angeregt noch lebendig – im Gegenteil, sie sind nach solchen Abenden eher ausgelaugt und schleppen sich mühsam ins Bett, wenn sie nicht bereits vor der »Glotze« einge(k)nickt sind. Allein der Ausdruck »glotzen« verrät, worum es hier geht. Auch das Wort »fernsehen« ist insofern ehrlich, als es die Menschen von sich selbst entfernt. Sowohl beim Geschichten- und Märchenerzählen als auch beim Zuhören beschäftigt man sich mit der eigenen Seele. Beim Fernsehen schweift man von sich fort. Was nicht heißen soll, dass ausgesuchte Themen, die einen wirklich berühren, nicht auch in Filmform inneres Erleben anregen können.
Vielleicht ist die Meditationswelle, deren Zeugen wir heute werden, auch eine Reaktion auf die Veräußerlichung und die Entfernung von den eigenen Seelenkräften. Die geführten Meditationsreisen könnten eine Verbindung herstellen zwischen der alten Tradition des Geschichtenerzählens und dem wiederaufgetauchten, modernen Bedürfnis nach Meditation und seelischer Nahrung. Erzählte Seelenreisen können Märcheninhalte genauso transportieren und auf diese Weise Kontakt zu eigenen inneren Märchenstrukturen herstellen, wie sie das eigene Geschichtsbewusstsein durch gesprochene Geschichten anregen oder religiöses Empfinden durch eigene Erfahrungen vertiefen.
Das Lesen und Hören von Legenden hatte früher eine solche Funktion. Die Menschen erlebten die Geschichten von Heiligen mit, als wäre es die eigene. Sie belebten ihre Seelen an Beispielen besonderer Menschen, die archetypische Muster in aller Öffentlichkeit vorgelebt hatten. Was schließlich als Legende übrigblieb, hatte oft nur noch wenig mit der historischen Geschichte zu tun; aber das ist gleichgültig.
Es geht nur um das Muster, das es innerlich nachzuvollziehen gilt. Aus diesem Grund können auch die Gleichnisse und Geschichten der Heiligen Schrift eine wesentliche Quelle für geführte Meditationen werden. In diesem Sinne hatte Ignatius von Loyola seine Ordensbrüder angeregt, im Rahmen ihrer Exerzitien die Evangelien wie geführte Meditationen selbst zu durchleben. So mag es auch kein Zufall sein, dass Jesuiten bis heute diesen Kontakt zu den inneren Ebenen mit ihren Erfahrungsmöglichkeiten wichtig nehmen, und dass es auch Jesuiten waren, die die Zen-Meditation im Westen brachten.
Der Übergang vom Geschichtenerzählen zur geführten Meditation ist vielfach fließend. Bei der Gutenachtgeschichte für Kinder, deren Ziel aus Erwachsenensicht häufig im liegt, empfiehlt sich etwa nach ein paar Minuten, die Aufforderung in die Geschichte einfließen zu lassen, nun die Augen zu schließen und sich alles weitere vorzustellen. Wenn das nicht nur ein Trick ist, um sich der Aufgabe schneller zu entledigen, werden Kinder solche Anregungen aufnehmen und oft einen fließenden Übergang aus der geführten Reise in die Welt ihrer Träume finden. Diesbezüglich hängt natürlich alles von der Geschicklichkeit der erzählenden Erwachsenen ab, die Fäden der Geschichte entsprechend stimmig und einfühlsam zu knüpfen.
Die Gelegenheiten, wieder Zugang zur Welt der inneren Bilder zu finden, sind naturgemäß enorm vielfältig, und so seien hier nur einige beispielhaft angeführt. So könnte Weihnachten, sofern es überhaupt noch im überlieferten, christlichen Stil begangen wird, eine Möglichkeit sein, die Weihnachtsgeschichte mit geschlossenen Augen und im eigenen Erleben mit zu vollziehen. Eine Umgebung mit Kerzenlicht und Düften wäre in idealer Weise geeignet, die entsprechende Trance herzustellen.
In diesem Sinne könnten alle besonderen Zeiten und Feste zu solchen vertieften Erfahrungen genutzt werden. Jedes Jubiläum bietet die Möglichkeit, einen Rückblick in inneren Bildern zu erleben und sich noch einmal mit den besonderen Vorkommnissen der vergangenen Periode auseinanderzusetzen. Oft lassen sich im Rückblick wesentliche Dinge besser und einfacher durchschauen. So kann auf einfache Art aus der Vergangenheit gelernt und Aussöhnung erreicht werden. Ob es sich dabei um den Hochzeitstag oder ein Firmenjubiläum handelt, ist im Prinzip gleichgültig.
Eine Meditation bietet sich auch zu Silvester an, um das alte Jahr in seinen wesentlichen Bildern Revue passieren zu lassen. Am Neujahrstag gibt es dann Gelegenheit, etwaige Vorsätze für das neue Jahr über die Bilderebene auf ihren Sinngehalt zu prüfen und die verschiedenen Möglichkeiten in Bildern zu durchleben. Dann müssen wir nicht durch Versuch und Irrtum, also aus gemachten Fehlern lernen, sondern können auf sehr viel angenehmere Weise in Gedankenmustern probehandeln, um die Konsequenzen zu erkennen.
Die vielleicht einfachste und lohnendste Übung ist es, jeden Abend im Bett vor dem Einschlafen sich selbst den vergangenen Tag in Form einer Bildmeditation zu erzählen. Das ist die Gutenachtgeschichte für einen selbst, und sie könnte wie zu Kinderzeiten zu einem angenehmeren Eintauchen in die Bilderwelt der Träume verhelfen und zusätzlich mit der Zeit für enormen Zuwachs an Bewusstheit und Wachheit im Tagesgeschehen sorgen.
Die Meditationstexte in diesem Buch stellen die Brücke zu solcher Rückkehr zu erzählten und erlebten inneren Bilderreisen dar. So kann man sich gemeinsam mit einem Seelenverwandten auf den Weg machen und sich gegenseitig geführte Meditationen schenken. Zu der geeigneten Hintergrundmusik liest man den ausgewählten Meditationstext beziehungsweise spricht ihn. Es empfiehlt sich hier eine sehr einfache Methode: Gelesene Texte sind leicht als solche zu erkennen und wirken schnell langweilig. Deshalb ist es gut, sich jeden Satz und jede Wendung erst einmal still durchzulesen und dann »frei« zu sprechen. Auch bei allen Aufnahme-Methoden ist so zu verfahren, da alles Gelesene leicht zu monoton klingt. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, sich notgedrungen auch die Zeit zu lassen, die Meditierende grundsätzlich notwendig brauchen. Es gibt natürlich auch Menschen, die in einer Art und Weise lesen können, die diese Methode überflüssig macht. Das Vorsprechen ist dabei aber mehr als ein Notbehelf, denn gesprochene Meditationen sind lebendig und den besten Konserven auch dann vorzuziehen, wenn diese (ton)technisch besser und perfekter sind. Der Unterschied entspricht dem zwischen einem erzählten Märchen und einem auf CD.
Trotzdem drängen sich in unserer Zeit technische Hilfsmittel geradezu auf. Und es ist auch kein Zufall, heute diese Möglichkeiten zu haben. Deshalb kann man sich mittels der hier angebotenen Information über das Thema ausführlich unterrichten, um dann mit Hilfe von Aufnahmen die ersten – in diesem Fall wenigstens sicheren – Schritte zu unternehmen. Auch Märchen-CDs und -videos sind viel besser als gar keine oder zu wenige. Das gleiche gilt für Meditationen. Wenn die Alternative ist, einmal im Monat eine vorgesprochen zu bekommen, sollte man diese Möglichkeit dankbar wahrnehmen und sich ansonsten mit eigenen oder fertigen Aufnahmen ausrüsten.
Mit Hilfe der Meditationen im praktischen Teil ist es sogar möglich, sich in vollkommen eigener Regie auf den Weg zu machen. Dazu ist es nötig, sich die Texte auf Tonträger zu sprechen. Spielt man parallel dazu entsprechend geeignete Musik ab, hat man eine Aufnahme die im Hinblick auf Musikwahl und Sprachgeschwindigkeit, ganz den eigenen Bedürfnissen entspricht. Dieser Prozess lässt sich mit jedem einfachen Mischpult beliebig verfeinern. So lassen sich beispielsweise passende Naturgeräusche darunter mischen. Nach etwas Übung mit vorgegebenen Meditationstexten sind auch den eigenen Bedürfnissen angemessene Textveränderungen und -erweiterungen denkbar.
Die vier Meditationen zum Buch weisen in diesem Zusammenhang die Richtung. Sie erfüllen die Anforderungen von den ersten bis zu deutlich fortgeschrittenen Schritten. Mit ihrer Hilfe kann man sich eine innere Führung verschaffen, einen geeigneten inneren Meditationsort aufbauen und erste Problemlösungen angehen. Die Reisen drei und vier führen in die uns seelenverwandte Welt der Pflanzen- und Tierwesen, mit dem Ziel, sich mit den eigenen inneren Kräften auszusöhnen und seinen Tierverbündeten zu finden.
Wer CDs oder Downloads besitzt, für den empfiehlt es sich, sie auch immer wieder anzuhören. Dass sie den Intellekt bald langweilen, ist nicht über zu bewerten, denn es geht hier nicht in erster Linie um den Intellekt. Im Grunde sind alle Meditationen und auch Exerzitien für den Intellekt ziemlich langweilig. Was ist langweiliger, als während vieler Stunden den eigenen Atem zu beobachten, wie bei der Vipassana- und Zen-Meditation oder immer an denselben Klang zu denken, wie bei Mantra-Meditationen?
Das häufige Wiederholen derselben Aufnahme gilt vor allem bei Meditationen, die um ein bestimmtes Problem, wie zum Beispiel ein Krankheitsbild, kreisen. Hier ist es auf jeden Fall sinnvoll, sich, falls vorhanden, geführte Meditationen zum Thema zu besorgen. Wenn keine existiert, ist es am nächstbesten, sich eine nach dem Muster einer fertigen zu erstellen. Die CD »Selbstheilung« (www.heilkundeinstitut.at) ist etwa für alle Symptome geeignet und eine Reise mit ihr kann als Muster dienen.
Entsprechende Möglichkeiten, sich aus der Literatur die Themen zu erarbeiten, finden sich im Anhang bei den Büchern zur Krankheitsbilder-Bedeutung. Statt die geführten Meditationen einmal anzuhören und dann auf ein Wunder zu warten, ist es ratsam, die Meditationen einen Monat lang jeden Tag zu erleben. Steter Tropfen höhlt auch hier den Stein. Ein Krankheitsbild ist in keinem Fall über Nacht und aus heiterem Himmel entstanden; das kann man sich höchstens mit viel Mühe einbilden. So braucht es auch Zeit, bis es die in ihm verborgenen Botschaften und Geheimnisse preisgibt. Ein Mondzyklus hat sich in der Praxis dafür gut bewährt.
Generell ist es sinnvoll, einem Krankheitsbild, das sich sowieso jeden Tag seine Aufmerksamkeit erzwingt, lieber freiwillig täglich eine halbe Stunde einzuräumen, in der man ihm und seinen Beschwerden ungezwungen und dafür umso bewusster zuhört. In aller Regel wird es einem dann in der übrigen Zeit viel mehr Ruhe gönnen, und so ist diese halbe Stunde in jedem Fall bestens investiert. Bei schweren Krankheitsbildern empfiehlt es sich, auch danach noch weiterzumachen. Allerdings sollte man zwischendurch auch andere Meditationen, wie etwa die »Innerer Arzt«{viii} dazwischen hören. Bei chronischen Krankheitsbildern ist die CD auch deswegen geeigneter, weil ständiges Vorsprechen Helfer auf Dauer überfordert. Hinzu kommt, dass hier die Texte wirklich besonders gut passen sollten, da häufig wenig Zeit zu verlieren ist.
Auch wenn solche Meditationen gleichsam etwas Erzwungenes haben und Not(wendigkeit) die Haupttriebfeder darstellt, lassen sich nicht alle Gesetze der Meditation außer Kraft setzen. Meditation kann grundsätzlich nichts erzwingen, schon gar kein Wunder. Zwang und Gewalt sind dem Wesen der Meditation völlig fremd. Wir können uns aber für Wunder reif machen. Die Problematik dabei mag folgende wahre Zen-Geschichte erläutern.
An einer bekannten US-amerikanischen Universität werden paranormale Kräfte untersucht. In dem Forschungsprojekt unternehmen verschiedene Personen den Versuch, durch Gedankenkraft eine Kompassnadel aus der Nord-Süd-Richtung abzulenken. Der Test ist auf vier Wochen ausgelegt, aber da keine Versuchsperson die Nadel bewegt, beschließt man nach einer Woche anstrengender Konzentrationsarbeit, das Projekt auf die halbe Zeit zu verkürzen. Dem wissenschaftlichen Anspruch verpflichtet, bleiben die Testpersonen bis zur letzten Minute bei der Sache, obwohl sich weiterhin nichts tut. Im Moment des Aufgebens aber bewegen sich die Nadeln bei vielen. Nach längerer Untersuchung dieses eigenartigen Phänomens stellte man fest, dass beides notwendig ist, um messbare Effekte zu erzielen: zuerst die anstrengende Konzentrationsarbeit und dann das Loslassen. Eines von beiden allein hat keine Wirkung.
Eine praktisch identische Geschichte, wenn auch in ganz anderem Gewand, kennt die Zen-Tradition: Ein Mönch ist seit fünfundzwanzig Jahren im selben Kloster, ohne ein Satori (Erleuchtung von begrenzter Dauer) erlebt zu haben, obwohl er sich unter Aufbietung aller Kräfte um Erleuchtung bemüht. Viele der nach ihm Gekommenen haben schon Erleuchtungserfahrungen gemacht. Nach fünfundzwanzig Jahren ohne Klage und voller ununterbrochener eiserner Bemühung geht er zum Abt und fragt um Rat. Der Abt sagt: »Ich glaube, du bist hier wirklich nicht am rechten Ort«, und schickt ihn fort. Nach fünfundzwanzig Jahren verlässt der Mönch zum ersten Mal das Kloster und fühlt sich in den Straßen von Kyoto fremd und verloren. Zum Glück kommt er bald in eine Straße, wo die Menschen ihm über alle Maßen freundlich begegnen. Schließlich folgt er der Einladung einer hübschen jungen Frau, die ihn zu seiner Überraschung ganz unerwartet verwöhnt. Als sie ihn dann auch noch in ihren Körpertempel einlässt, verliert er fast die Besinnung und erlangt im selben Moment Erleuchtung. Diese wundervolle Möglichkeit will er nun allen Suchern zugänglich machen und gründet ein entsprechendes »Kloster«. Zu seiner Verblüffung erlangt keiner seiner Schüler nach dieser angenehmen Methode Erleuchtung. Auch diese Geschichte will sagen, wie notwendig beides ist: konzentriertes Bemühen und Loslassen – der männliche und der weibliche Pol – Yin und Yang.
Ein weiterer Vorteil dieser Art von Meditation liegt in ihren denkbar geringen Anforderungen. Jeder Mensch kann sie erlernen, und wer nicht unter schweren seelischen Störungen{ix} leidet, auch gefahrlos. Solche Meditation nicht zu können, ist praktisch unmöglich, da jeder Mensch sich Gedanken macht und in Bildern denkt – ob bewusst oder unbewusst.
ÜBUNG 3:
Versuchen Sie einmal, folgendem »Befehl« nicht zu folgen: Denken Sie jetzt an eine Wiese. – Es ist völlig unmöglich, dieser Aufforderung nicht zu folgen, einfach, weil jeder in sich Bilder von Wiesen hat.
Allein die Erwähnung des Begriffes »Wiese« bewirkt Gedanken an irgendeine Wiese, und das ist bereits alles, was für eine geführte Meditation nötig ist. Selbst wenn die Aufforderung lauten würde, denken Sie jetzt einmal nicht an eine Wiese, würde man nicht umhin können, im selben Moment an eine Wiese zu denken. Versuchen Sie es bei der nächsten Übung.
ÜBUNG 4:
Denken sie nun einmal nicht an ihre Nase. Sofort kommt einem die eigene Nase ins Bewusstsein, selbst wenn man vorher schon lange nicht mehr an sie gedacht hatte.
Viele kennen diese paradoxe Erfahrung auch vom Zahnarztbesuch. Nie muss man so dringend schlucken wie in jenem Moment, wo der Zahnarzt es verbietet.
Für die Welt der Bilder, wie für die ganze weibliche Seite der Wirklichkeit, gelten ganz andere Gesetze als für die männliche Welt des Intellekts. So haben Verneinungen hier keine Bedeutung, sie werden einfach übergangen. Sehr deutlich ist das auch bei der Kindererziehung zu erleben, da vor allem kleine Kinder noch ganz wesentlich in der weiblichen Welt der Bilder leben und mit Abstraktionen nicht umgehen können. Die Aufforderung »Schütte deinen Kakao heute nicht wieder um!« kommt beim Kind ohne die Verneinung an und heißt dann bezeichnenderweise »Schütte deinen Kakao heute wieder um!«
Je mehr ein Mensch noch verbunden ist mit der Welt der Bilder und Muster, desto weniger reagiert er auf Verneinungen. Bei den Zehn Geboten, die ja nicht zufällig vor allem aus verneinenden Verboten bestehen, ist der Effekt unübersehbar. Was man nicht darf, macht einen gerade scharf, weiß das Sprichwort, und was die Welt der Bilder angeht, stimmt dies uneingeschränkt.
Wir können nicht umhin, gehörte Worte in Bilder umzuformen und erfüllen damit schon die wesentlichste Voraussetzung für geführte Meditationen. Lediglich Abstraktionen im Sinne mathematischer Begriffe wie 107 entziehen sich diesem Zugang, diese spielen aber in der Meditation sowieso keine Rolle. All die anderen Begriffe sind mit konkreten Bildern verbunden und für Reisen nach innen bestens geeignet. Daraus ergibt sich die wichtigste Regel für geführte Meditationen: Die Formulierungen müssen so bildhaft, so anschaulich und so konkret wie möglich sein. Alles zu Abstrakte wird einfach übergangen wie Verneinungen, die ja ebenfalls Abstraktionen sind.
Die Möglichkeiten der inneren Bilderebene gehen aber noch wesentlich weiter. All die Grenzen, die dem intellektuellen Denken durch die äußere Realität gesteckt sind, haben in der inneren Welt keine Bedeutung. Was denkbar ist, kann hier Gestalt annehmen, von Fabelwesen bis zu Erfindungen der fernsten Zukunft. Folgende Übung mag das veranschaulichen:
ÜBUNG 5:
Denken Sie nun einmal nicht an ein hellblaues Hausschwein mit weißen Streifen und grünen Ferkeln.
So sehr Sie sich auch bemühen, es ist nicht möglich, der Aufforderung zu widerstehen, und sofern Sie Schweine kennen und die Farben Blau, Weiß und Grün, können Sie sich die surreale Schweinefamilie vorstellen.
Diese Möglichkeit, Dinge Gestalt annehmen zu lassen, die es in der äußeren Realität nicht oder noch nicht gibt, ist vor allem für therapeutische Bereiche interessant. Hier kann man sich zum Beispiel der besten vorstellbaren Therapiemethoden bedienen, schon lange bevor diese in der äußeren Realität erschaffen werden.
Aus der Welt der Märchen und Mythen sind uns diese größeren Möglichkeiten der Bilderwelten seit Kindheit vertraut. Die Märchen nehmen keine Rücksicht auf den engen Vorstellungsrahmen archetypisch männlicher Logik, sondern bewegen sich frei in der viel ausgedehnteren Welt der archetypisch weiblichen Seelenmuster.
Falls diese eigentlich von Anfang des Lebens an vertraute Welt wider Erwarten doch Schwierigkeiten macht, liegt es mit großer Wahrscheinlichkeit am eigenen Anspruch. So mögen einige die Bilder zu realistisch erwarten, zu plastisch oder einfach anders als die mit Sicherheit vorhandenen Vorstellungen. Tatsächlich reichen auch schon sehr vage »Einbildungen« für den Anfang. Mit der Zeit und mit entsprechender Übung werden die Bilder plastischer und deutlicher. Es mag allerdings einige Zeit dauern, bevor sich unser über die Jahre gewachsener Anspruch an Kompliziertheit mit so einfachen Dingen wie Bildern aus der Vorstellungswelt abfindet und sie ernst und wichtig nimmt. So wie es einige Zeit gedauert hat, den natürlichen Zugang zur Bilderwelt zu verlernen, dauert es auch, sich nun wieder daran zu gewöhnen. Natürlich konnten wir alle von frühester Kindheit an träumen, phantasieren und uns in den inneren Welten zurechtfinden. Erst mit Schulbeginn und dem hereinbrechenden Ernst des Lebens hörten wir dann von unseren Lehrern: Träum nicht! Spinn hier nicht herum! Schlaf nicht! Phantasiere nicht, sag die Wahrheit! und vor allem Konzentriere dich! So lernten wir allmählich, welche Wahrheit hier gemeint war, und wie man alles Unwichtige und Phantastische ausblendet und sich auf das wenige angeblich Wichtige und Wesentliche konzentriert. Das ist für jedes Kind ein herber Schritt, zumal es ja gerade nicht um das Wesentliche, das Wesen der Dinge, geht, sondern fast ausschließlich um Vernünftiges. Je besser die neue Botschaft aufgenommen wird, dass Rationales und Funktionales allein wichtig und wesentlich sind, desto mehr treten die kreativen Bereiche der Vorstellung und Phantasie zurück. Im Erwachsenenalter wieder Zugang zu ihnen zu gewinnen, mag verständlicherweise mit einiger Skepsis von Seiten des Intellekts verbunden sein, der inzwischen die Alleinherrschaft übernommen hat. Das Problem liegt aber nicht in der Kompliziertheit der Meditation, sondern gerade in ihrer Einfachheit und der Leichtigkeit des Zugangs. Nicht selten hört man, wenn der berühmte Groschen schließlich gefallen ist: »Ach, so einfach ist das, das hätten Sie doch gleich sagen können. Nur die Vorstellungen und Gedanken so nehmen, wie sie kommen, na dann …« Insofern ist das beste Motto für den Beginn und später: »Mach´s einfach« im doppelten Sinn, einfach anfangen und es nicht komplizieren, sondern einfach lassen.
Eine andere, ebenso einfache Regel bereitet häufig ebenfalls Probleme, das heißt intellektuelle Menschen neigen dazu, aus ihr ein Problem zu machen. Es geht bei den geführten Meditationen jeweils darum, den ersten auftauchenden Gedanken anzunehmen. Auf die zuerst vor dem inneren Auge erschienene Wiese kommt es an. Diese wahrzunehmen ist an sich leicht, aber für den an Alternativen gewöhnten Intellekt trotzdem manchmal ein Problem. Die verschiedenen Möglichkeiten der Auswahl geben dem hinter dem Intellekt stehenden Ego ein Gefühl von Freiheit und die Macht, Entscheidungen zu fällen. Um diese Möglichkeit zu bekommen, muss es aber erst eine Auswahl schaffen und den ersten auftauchenden Gedanken beiseite schieben, was dem Meditierenden dann ein Gefühl von Beliebigkeit den Bildern gegenüber vermittelt. Tatsächlich ist die Auswahl des Intellekts für diesen zwar befriedigend, weil er so alles unter Kontrolle behält, für den Übenden und seine Seelenwirklichkeit ist sie aber eher unbefriedigend, weil sie ein Gefühl von Beliebigkeit heraufbeschwört. Dieses kann der Intellekt dann wieder nutzen, um die Seelen-Bilder-Welten zu entwerten.
Grundsätzlich kann man dem Ego, in dessen Dienst der Intellekt steht, für diese Politik nicht böse sein, denn es hat tatsächlich viel zu verlieren. Im letzten und tiefsten Sinne zielt Meditation auf die Mitte und damit auf Befreiung aus der Polarität. Das aber ist zugleich die Befreiung vom Ego. Letztlich riskiert das Ego bei diesem Unterfangen alles, und so ist ihm ein gewisser Widerstand nicht zu verdenken. Allerdings kann man das Ego beruhigen – so schnell und so früh muss es auch wieder nicht abdanken.
An diesem Punkt lässt sich der Intellekt im Übrigen mit seinen eigenen Waffen schlagen, denn es ist wesentlich eine Angelegenheit der Konzentration, gleich den ersten Gedanken wahrzunehmen und dabei zu bleiben. Wie wichtig das erste Bild und der erste Eindruck sind, lehrt uns bereits der Volksmund, der weiß, dass im Anfang bereits alles liegt und zum Beispiel die Liebe auf den ersten Blick bevorzugt. Häufig zeigt es auch die eigene Lebenserfahrung.
ÜBUNG 6 a:
Erinnern Sie sich an eine Situation in Ihrem Leben, wo Sie einem Menschen begegnet sind, der Ihnen spontan unsympathisch war, und wo Sie sich vom Intellekt eines »Besseren« haben belehren lassen.
ÜBUNG Bilder 6 b:
Erinnern Sie sich an eine Situation, wo Ihnen jemand vom ersten Augenblick an ausgesprochen sympathisch war und wo sie sich ebenfalls vom Intellekt durch vernünftige Argumente umstimmen ließen.
Schauen Sie, wer rückwirkend betrachtet mit seiner Einschätzung besser lag: Ihr erster Eindruck oder der vernünftige Intellekt.
Wenn Sie anfangen, ihren ersten Eindrücken und Eingebungen zu vertrauen, werden Sie feststellen, wie – vielleicht nicht immer, aber doch meistens – der erste Eindruck treffender ist. Natürlich haben die Argumente des Intellekts ihren Wert und sollen hier nicht herabgesetzt werden. Es reicht, sie richtig einzustufen, und dann auch zuzugeben, dass wir ihnen den größten Teil unserer Wissenschaft und damit unseres technologischen Fortschritts verdanken. Andererseits vertrauen wir dem Intellekt im täglichen Leben viel weniger, als wir uns gemeinhin eingestehen. Untersuchungen ergaben zum Beispiel, dass der Inhalt einer Rede gerade für 10% des Gesamteindrucks verantwortlich ist, den ein Politiker bei seinen Zuhörern hinterlässt. 90% stammen aus anderen Quellen wie Ausstrahlung, Sympathie und nonverbaler sogenannter Meta-Kommunikation.
Bei den geführten Meditationen wird der Intellekt anfangs nicht einmal so zurückstehen müssen wie in den nächtlichen Träumen. Er kann aus dem Hintergrund beobachtend Zeuge bleiben. Sogar der Aufbau der Meditationen entspricht zumindest anfangs noch weitgehend seiner Logik. In Träumen und später bei der freien Imagination, die sich aus den geführten Meditationen zwanglos ergibt, spielen die normale Logik und Chronologie nur noch eine untergeordnete Rolle, was den Intellekt zusätzlich herausfordert. Im Traum passieren die unlogischsten Dinge, und die Zeiten geraten beliebig durcheinander. Insofern kann sich das Ego beruhigen, und das ist auch das Beste, was es zur Meditation beisteuern kann.