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Was beim Essen wirklich zählt: Der Ernährungsratgeber „Richtig essen“ von Dr. Ruediger Dahlke jetzt als eBook bei dotbooks. Siegt auch bei Ihnen auf dem Teller häufig der kurzfristige Genuss über die Vernunft? Und im Anschluss meldet sich das schlechte Gewissen? Seit jeher versuchen wir Menschen unser Essverhalten nach strikt festgelegten Ernährungsmustern auszurichten – oft nur mit mäßigem Erfolg und jeder Menge Frust. Der bekannte Arzt und Psychotherapeut Dr. Ruediger Dahlke zeigt, wie man das eigene Essverhalten verbessern und gleichzeitig ohne Reue genießen kann. Entdecken Sie mit den vier Säulen der Ernährung nun die wichtigsten Grundsätze für eine gesunde Lebensweise und finden Sie mit Dahlkes renommierter Testmethode heraus, welcher Ernährungstyp Sie sind. Dabei lernen Sie die individuellen Bedürfnisse Ihres Körpers kennen und auf sie einzugehen – finden Sie durch eine gesunde und genussvolle Ernährung zur inneren Ausgeglichenheit und wecken Sie neue Lebensgeister! Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Ratgeber „Richtig essen“ von Bestsellerautor Dr. med. Ruediger Dahlke. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 425
MEINE PERSÖNLICHE ESSGESCHICHTE
ESSEN IST VIEL MEHR, ALS SICH ERNÄHREN
DIE SÄULEN DER ERNÄHRUNG
ERSTE SÄULE DER ERNÄHRUNG
ZWEITE SÄULE DER ERNÄHRUNG
DRITTE SÄULE DER ERNÄHRUNG
VIERTE SÄULE DER ERNÄHRUNG
WEITERE SÄULEN GESUNDER ERNÄHRUNG
DIE ZUBEREITUNG DES ESSENS
SPEZIELLE ERNÄHRUNGSFORMEN IN DER EINZELKRITIK
ESSEN FÜR EIN GLÜCKLICHES LEBEN
ESSEN FÜR DEN GEIST
ESSEN FÜR DIE LIEBE
LEBENSMITTEL IN DER EINZELKRITIK
ANDERE »ERNÄHRUNGSFORMEN«
ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN
KULINARISCHER AUSKLANG
ADRESSEN
Lesetipps
Über dieses Buch:
Siegt auch bei Ihnen auf dem Teller häufig der kurzfristige Genuss über die Vernunft? Und im Anschluss meldet sich das schlechte Gewissen? Seit jeher versuchen wir Menschen unser Essverhalten nach strikt festgelegten Ernährungsmustern auszurichten – oft nur mit mäßigem Erfolg und jeder Menge Frust. Der bekannte Arzt und Psychotherapeut Dr. Ruediger Dahlke zeigt, wie man das eigene Essverhalten verbessern und gleichzeitig ohne Reue genießen kann. Entdecken Sie mit den vier Säulen der Ernährung nun die wichtigsten Grundsätze für eine gesunde Lebensweise und finden Sie mit Dahlkes renommierter Testmethode heraus, welcher Ernährungstyp Sie sind. Dabei lernen Sie die individuellen Bedürfnisse Ihres Körpers kennen und auf sie einzugehen – finden Sie durch eine gesunde und genussvolle Ernährung zur inneren Ausgeglichenheit und wecken Sie neue Lebensgeister!
Über den Autor:
Dr. med. Ruediger Dahlke, Jahrgang 1951, studierte Medizin in München und bildete sich früh auf den Gebieten der Naturheilweisen, der Psychotherapie und Homöopathie weiter. Er entwickelte die ganzheitliche Psychosomatik von »Krankheit als Symbol« und bildet im Bereich der integralen Medizin aus. Seine Bücher wurden in 28 Sprachen übersetzt. Ruediger Dahlke ist heute als Seminarleiter und Referent international tätig. Im Gesundheitsresort »TamanGa« in Südösterreich hält er Kurse zu verschiedenen Schwerpunkten wie Fasten, Meditation und Ernährung.
Mehr Informationen finden Sie unter:
www.dahlke.at
www.taman-ga.at
www.LebensWandelSchule.com
***
Überarbeitete eBook-Neuausgabe Juni 2018
Copyright © der Originalausgabe 2012 by Ruediger Dahlke
Copyright © der aktualisierten Neuausgabe 2018 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/yasonya und shutterstock/Romariolen
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (sh)
ISBN 978-3-96148-014-2
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Ruediger Dahlke
Richtig essen
Der ganzheitliche Weg zu gesunder Ernährung
Unter Mitarbeit von Dorothea Neumayr
dotbooks.
Für Korrekturen und Anregungen danke ich der Ernährungsberaterin Susanne Misera, dem Spezialisten für Orthomolekularmedizin Josef Hien und der Spezialistin für chinesische Ernährungslehre Sybille Schlüpen. Dank auch allen Patienten, die mich und mein Ernährungswissen mit ihren Hinweisen und Erfahrungen bereichert haben. Mein Dank gilt insbesondere meiner »Peace-Food«-Köchin Dorothea Neumayr, die das Kapitel über Kochkunst und die (Ge-)Würze des Lebens bestimmt hat.
MEINE PERSÖNLICHE ESSGESCHICHTE
ESSEN IST VIEL MEHR, ALS SICH ERNÄHREN
Gesunde Menschen essen oft nicht »gesund«
Die Geschmacksfrage
DIE SÄULEN DER ERNÄHRUNG
Artgerechtes Leben
Blick zurück auf die Nahrungsgeschichte
Blick voraus: Konsequenzen für die Ernährung
Auf die Dosis kommt es an
Ernährung und Bewegung
Insulinresistenz
ERSTE SÄULE DER ERNÄHRUNG
Artgerechte Aufteilung der Nahrung – und die moderne Ernährungswirklichkeit
Diskussion der Tabelle
Eiweiß
Fett
Kohlenhydrate
Körperliche Grenzen der Kompensation von Fehlernährung
ZWEITE SÄULE DER ERNÄHRUNG:
Vollwertigkeit oder Mangel im Überfluss
Die Entstehung eines Problems
Die ersten Opfer des Mangels im Überfluss
Konkrete Ursachen des Dilemmas
Das verdeckte Spiel mit Geschmacks- und Aromastoffen
Raffinierung
Haltbarmachung
Zur Rolle der Verantwortung der Industrie
Die Kohlenhydrat-Misere
Das Elend mit dem Fett
Die essentiellen Fettsäuren
Welche Fettsäuren sind worin?
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren: Omega-6-Fettsäuren
Eiweiß auf Vollwertniveau
Pflanzliches Eiweiß
Tierisches Eiweiß jenseits von Fleisch: Milchprodukte und Eier
Fisch
Fleisch
Auswege aus dem Fleisch-Dilemma
Belastendes Fleisch
Gefährliches Fleisch
Verdorbenes Fleisch und Fleischskandale
Abartiges Fleisch
Das Fazit der fleischlichen Misere
Wer braucht Fleisch?
Verantwortung und Bewusstsein beim Beschaffen und Zubereiten der Nahrung
Der Kosten- und Leidfaktor
DRITTE SÄULE DER ERNÄHRUNG
Die Geschichte der Übersäuerung
Die Grundlage moderner Übersäuerung – auf seelischer und sozialer Ebene
Übersäuerung auf Ernährungsebene
Das saure Leben des Körpers
Die wichtigsten Säure- und Basenbildner
Entsäuerungsmaßnahmen neben basenreicher Ernährung
VIERTE SÄULE DER ERNÄHRUNG
Extreme Typen und Ernährungsextreme
Test zur Typbestimmung nach thermischer Einteilung
Die vier Extreme oder die hohe Schule der Typisierung
Einteilung der Nahrung nach ihrer thermischen Qualität
Erläuterungen zur Energetik der Nahrung aus chinesischer Sicht
Alles Individuelle ist aufwendiger
WEITERE SÄULEN GESUNDER ERNÄHRUNG
DIE ZUBEREITUNG DES ESSENS
Moderne Verfahren oder: Weniger ist mehr
Alchemie und Kochkunst
Die richtige Zusammenstellung
Kleine Küchenkräuter- und Gewürzkunde Verwendung und Wirkung
Praktische Gewürzkunde
Gewürzkunst und -therapie
Blumen auf Tisch und Teller
Obstblüten des Frühlings
Sommerblüten
Herbstblüten
Winterblüten
Besondere Zubereitungsstrategien
Künstliches Garen als Form der Vorverdauung
Weniger empfehlenswerte Zubereitungsstrategien
SPEZIELLE ERNÄHRUNGSFORMEN IN DER EINZELKRITIK
Die hohe Schule des Fanatismus
Die Blutgruppendiät
Fit for Life
Die Trennkost
Eiweißmast-Diäten
Vegetarismus und Veganertum
Rohkost
Sonnenkost
Die Instinkto-Therapie nach Bergère
Heilende Diät?
Makrobiotik
Die Mitte essend finden
Die Yin-Yang-Falle
Montignac, Glyx-Diät und Co.
Gekonnter Umgang mit der Insulinfalle
Rücksicht auf die Evolution nehmen
Sich selbst erhaltender Teufelskreis
Der breite Weg in die Zuckerkrankheit
Das tägliche Elend zwischen Hunger und Insulinfalle
Der morgendliche Start in die Glucoseorgie
Die mittägliche Fortsetzung
Kaffeetrinken bedeutet längst Kuchen essen
Die Zuckerhypothek erreicht den abendlichen Höhepunkt
Die Öl-Eiweiß-Kost nach Johanna Budwig
Die Fit-for-Fun-Diät
Ernährung und orthomolekulare Medizin
Traditionelle asiatische Ernährungsformen
ESSEN FÜR EIN GLÜCKLICHES LEBEN
Weitere Auswirkungen und Vorteile
Nebenwirkungen?
Weitere Unterstützung aus der Schatzkammer der Natur bezüglich Glücksessen
ESSEN FÜR DEN GEIST
ESSEN FÜR DIE LIEBE
Schokolade als Aphrodisiakum
Der Zauber der Muskatnuss
Zucker und Süßigkeiten
Essen für den Frieden – »Peace Food«
Wasser, Salz und Brot
Brot
Milch
LEBENSMITTEL IN DER EINZELKRITIK
Gen-Food
ANDERE »ERNÄHRUNGSFORMEN«
Trinken und Getränke
Wasser des Lebens
Alkohol und das osmotische Problem
Kaffee und andere Genussmittel
Die sogenannten Softdrinks
Grüne und bunte Smoothies
Vollwertigkeit der Getränke
Getränke im Spiegel ihrer Auswirkungen auf die Säure-Basen-Balance
Typgerechte Getränke
ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN
Eine positive Ernährungszukunft?
Wie lassen sich all die gesammelten Erkenntnisse sinnvoll zusammenbringen?
KULINARISCHER AUSKLANG
Frühstücksvarianten
Zartweizen mit frischen Früchten und Beeren
Hirsebrei
Leinöl-Creme mit Früchten
Wärmendes Fenchel-Porridge
Porridge mit Zimt
Sanddornshake
Warmer Mandel-Fruchtdrink
Karotten-Mix
Himbeer-Sonnenblumen-Aufstrich
Nuss-Honig-Joghurt
Hafermüsli
Vital-Müsli
Feigen-Reis-Müsli
Vollkornbrote mit Apfel-Meerrettich-Aufstrich
Avocado-Brotaufstrich
Kleines Feines für den Mittagstisch
Kürbis-Ingwer-Suppe für kühle Herbsttage
Süppchen von der Brunnenkresse
Kürbis-Ingwer-Suppe für kühle Herbsttage
Risotto vegan
Brennnessel-Risotto
Salat mit gebackenen Pfirsichen
Spargelnudeln in Bärlauchsauce
Köstliches für den Feierabend
Erbsensuppe
Schnitzel aus Soja mit Gemüse
Steinpilzcarpaccio mit Rucola
Rollgerste mit Sellerie und Topinambur
Grillgemüse mit Rosmarin
Kleiner süßer Ausklang
Bratapfel auf Portweinsauce
Mangosandwich mit Himbeeren
ADRESSEN
Veröffentlichungen von Ruediger Dahlke
Die Küche meiner Mutter
Über Ernährung ist wirklich schon viel geschrieben worden, vielleicht sogar zu viel. Allerdings kommt das meiste von Anhängern bestimmter Richtungen, die versuchen, die Leser auf ihre Seite zu ziehen und sie von ihrer Spezialdiät zu überzeugen. Ich kenne jedenfalls keinen anderen Bereich, Religion und Politik eingeschlossen, wo so engagiert bis fanatisch über den richtigen Weg gestritten wird wie bei der Ernährung. In Anbetracht dieses Dilemmas will ich gleich zu Anfang erklären, wo ich selbst ernährungsmäßig heute stehe und wie ich da hingekommen bin. Auf dieser Grundlage – hoffe ich –, eine weitgehend unideologische Plattform zu schaffen, frei von Fanatismus und dafür das Wesentliche im Auge behaltend, die vor allem Lust macht auf Essensgenuss, die Gesundheitsprobleme minimiert und zu mehr Lebensenergie (ver-)führt.
Begonnen hat alles in einer kleinen dreiköpfigen Familie, die sich allmählich auf sechs Köpfe erweiterte, mit einer Mutter, die – wie wohl die meisten Mütter – bestrebt war, uns alle, und insbesondere ihre Kinder, richtig und gut zu ernähren. Vollwerternährung oder Diäten waren in Nachkriegsdeutschland noch kein Thema, Gewichtsprobleme spielten – außer in Maßen beim Vater – keine Rolle, jedenfalls keine, die auf die Ernährung zurückgeschlagen hätten. Meine Mutter war ganz unfanatisch Anhängerin von Volksweisheiten wie »mindestens einmal am Tag warm essen« oder »morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein Bürger, abends wie ein Bettelmann«, außerdem hatte sie noch aus der Kriegszeit ein Gefühl für die Wichtigkeit von genügend Eiweiß. Sie war bekannt für ihre gute Küche im bürgerlichen Sinn, wozu natürlich regelmäßig Fleisch gehörte und allmählich auch wieder mehr wurde – in dem Maße, wie es finanziell aufwärts ging.
Verschiedene Ernährungsbedürfnisse in Kollision
Da ich morgens wenig bis keinen Hunger hatte, gab es jeweils Probleme mit mir, wenn meine Mutter auf ausreichendem Frühstück bestand, das mir widerstand. So aß ich oft nur, um das Frühstück hinter mich zu bringen. Der Mittag war problemlos, am Abend setzte ich dann entgegen der Spruchweisheit mein Hungerbedürfnis in entsprechende Mahlzeiten um. Ich hatte eine schöne, relativ runde Kindheit, da ich ja eine ganze (Morgen-)Mahlzeit mehr bekam, als meinem eigenen Bedürfnis entsprach. Meine rundliche Figur ergab sich aus dem Kompromiss zwischen meinen eigenen Ernährungsbedürfnissen und den guten Absichten meiner Mutter.
Von sportlicher Fitness zum faulen Speck
In der Jugend wurde ich – in mancher Hinsicht – rasch »unrunder«. Ernährungsmäßig, weil sportlicher Ehrgeiz den Kalorienverbrauch anhob und die Figur regulierte. Unter dem Einfluss von Trainern fing ich später an, Fleischberge zu essen, um entsprechende Muskelberge aufzubauen. Als die Sportexzesse ein abruptes, unfallbedingtes Ende fanden und ich weiter wie gewohnt aß, bekam ich ein – rückwirkend betrachtet – leichtes Gewichtsproblem, das mich damals aber enorm nervte. Verstärkt wurde es durch eine Hosenmode, die unten weit und oben eng propagierte, während sich meine Beine – aufgrund des langen Trainings – genau konträr entwickelt hatten. Das zusätzliche Essen von Naturjoghurt nach dem Essen war mein erster von meiner Oma inspirierter »Diät«versuch und brachte (natürlich) nichts als ein paar zusätzliche Kalorien und ein ungesundes Milchprodukt, was ich damals aber noch nicht einmal ahnte.
Vom Muskelaufbau zum Vegetarier
Mit 18 suchte ich – wie viele Hippies – Kontakt zum Kreis jenes indischen Gurus, dem auch die Beatles anhingen, und der bald versuchte, aus (s)einem wilden Hippiehaufen eine geordnete Meditationsgemeinschaft zu schmieden. Recht schnell ordnete er strikt vegetarische Ernährung an, jedenfalls für die, die es ernst meinten mit der Erleuchtung, und da rechnete ich mich unbedingt dazu. So landete ich im anderen Extrem zur Fleischmast: in einem streng vegetarischen Regime. Wenn nur der Verdacht auf etwas Knochenmark in einer Suppe aufkam, trat bereits ein erbarmungsloses Tabu in Kraft. Stattdessen verschlangen wir Berge von Kuchen, Eiscreme und Süßspeisen.
Puddingvegetarismus und Enthaltsamkeit
Das nahm noch erheblich zu, als wir obendrein angehalten wurden, unsere sexuelle Kraft in meditativer Weise zu sublimieren, anstatt sie zum Spaß zu verpulvern. Was wir uns von der eigenen christlichen Religion nicht einmal im Ansatz hatten gefallen lassen, wurde plötzlich spirituelles Gebot der Stunde. Recht bald scheiterte ich – trotz bester Vorsätze – an der praktischen Durchhaltung und verließ die immer prüder werdende Bewegung nach acht Jahren. Die Meditation und die vegetarische Ernährung behielt ich aber bei. Letztere leuchtete mir auch aus Rücksicht auf die Tiere ein und verband sich in zwangloser Weise mit meiner Faszination für franziskanisches Christentum und Buddhismus.
Gescheiterte Erleuchtungsversuche über den Darm
Anschließend durchlebte ich an der Seite von Freundinnen noch verschiedene zum Teil recht strenge Ernährungsphasen, wie etwa eine längere vegane, wo alles tierische einschließlich Milchprodukten und Eiern ausgeschlossen, dafür die Fleischeslust im übertragenen Sinn aber wieder erlaubt und sogar sehr erwünscht war. Auch eine makrobiotische Phase erlebte ich, um einer beginnenden Kurzsichtigkeit Paroli zu bieten.
Beide Phasen euphorisierten mich zwar nicht geschmacklich, auch bekam ich die Kurzsichtigkeit damit nicht, wie erhofft, in den Griff, aber sie blieben mir als Erfahrung wertvoll. Die versprochenen und von mir damals dringend erwarteten spirituellen Entwicklungssprünge blieben aber auch hinter meinen Erwartungen zurück. So kristallisierte sich allmählich das Gefühl heraus, Ernährung sei zwar sehr wichtig für Gesundheit, aber über den Darm führe kein Weg zur Erleuchtung.
Rückfälle in fleischliche Bereiche
Während einer Psychotherapie ergab sich, dass mein Einstieg in die vegetarische Kostform zu abrupt und ideologisch geschehen war und wenig mit mir und meinen Bedürfnissen zu tun hatte. So fing ich nochmals an, Fisch und auch etwas Fleisch zu essen – ersteren sogar mit einem gewissen Genuss. Letzteres aber schmeckte mir nicht mehr. Und so verabschiedete ich mich mit einem gut gemeinten, aber nicht mehr genießbaren Steak und diesmal aus freien Stücken aus dem roten Fleischreich, aß aber noch hin und wieder – wenn es gar keine Alternative gab – etwas Geflügel.
Essgewohnheiten und tierische Beziehungen
Mein immer naher emotionaler Kontakt zu Tieren führte bald wieder dazu, dass ich neuerlich aufhörte, jedes Fleisch, also auch Geflügel und Fisch zu essen. Beide verschwanden eher nebenbei wieder von meinem Speisezettel. Dafür waren auch ideologische Gründe verantwortlich, die sich mit spirituellen und mit Gesundheitsargumenten vermischten. Schweinefleisch hatte ich seit der ersten vegetarischen Phase schon nicht mehr gegessen, Fohlen- und Delphinfleisch habe und hätte ich nie gegessen, weil ich beide Tierarten besonders liebe. Allmählich dehnte sich das auch auf Kälber und ihre Mütter und deren Männer aus. Geflügel aß ich selten, aber noch einige Zeit, bis ein Entenpaar in unserem Teich am Waldrand Junge bekam und wir die Familie mit etwas Dinkel unterstützten. Als die Fütterung einmal aussetzte und der Erpel den ganzen Weg vom Wald hochkam und mit seinem Schnabel ans Fenster unseres Wintergartens hämmerte, um den fehlenden Dinkel einzufordern, rettete er damit auch gleich seine Artgenossen vor meinem Essbesteck. Sobald einzelne Tiere einen Namen haben, wird es schwer, ihre Artgenossen weiter zu verspeisen. Von einem buddhistischen Freund übernahm ich schließlich das mir spontan einleuchtende Argument, man solle nur essen, was man von Anfang an besorgen und zubereiten könne, und so fielen auch die Fische weg und ich wurde wieder – diesmal ohne strenge Anweisungen von oben und aus eigenem Vorsatz – Vegetarier.
Vollwerternährung statt Puddingvegetarimus
Inzwischen hatte ich zum Glück – über das eigene Körpergefühl – begriffen, dass nicht jede vegetarische Ernährung gesundheitlich die bessere Lösung war. Der Puddingvegetarismus, den ich im Meditationszirkel erlebt hatte, führte weder zu einem guten Lebensgefühl, noch konnte er gesund sein. Über die verschiedenen Ernährungspäpste und ihre Lehren gelangte ich zur Vollwerternährung, die ich – soweit es jeweils machbar erschien – seitdem bevorzugte, weil sie mir das beste Lebens- und bald auch Genussgefühl vermittelt(e).
Wie ich wieder auf den Fisch kam
Zwei Jahrzehnte später, bei einem meiner Seminare im italienischen Montegrotto für Trainer der österreichischen Skinationalmannschaften hatte ich alle Mühe, beim anstehenden Bewegungsprogramm mitzuhalten. Auf Rat meines Freundes Baldur Preiml fing ich in dieser Zeit wieder an, Fisch zu essen. Da sich das rasch im Hinblick auf meine körperliche Kraft positiv bemerkbar machte, behielt ich es bei, jedenfalls soweit Fisch zum Seminar-Programm gehörte. Auch wenn ich mich von der Grundeinstellung weiterhin als Vegetarier bezeichnete, gestatte ich mir einige Zeit diesen faulen Kompromiss. Zwar würde ich weder Fische fangen noch einkaufen, aber wenn sie bei Seminaren auf der Karte standen, aß ich sie, wobei ich froh war, sie nicht angeln und töten zu müssen.
Fasten und Essen
Die persönliche Geschichte meiner eigenen Ernährung wird naturgemäß in dieses Buch ebenso einfließen wie all die Erfahrungen, die ich als Arzt mit Patienten in der Gesundlebe-Szene seit 35 Jahren mache. Hinzu kommen jene Erlebnisse, die sich im Rahmen der Fasten-Aufbauprogramme ergaben. Seit 40 Jahren faste ich selbst regelmäßig zweimal im Jahr mit meinen Patienten bei unseren Frühjahrs- und Herbstfasten-Kursen, von Beginn meiner Praxis an betreute ich Fastende während ihrer Psychotherapien. Auch wenn Fasten der direkte Gegenpol zu Essen ist, ergeben sich im Zusammenhang damit ständig Themen rund ums Essen, vor allem natürlich bei der Aufbau-Kost. Außerdem wird Essen erst durch den zeitweiligen bewussten Verzicht darauf, also nach dem Fasten, zum besonderen Genuss.
Diäten in meinem Leben
Im Rahmen angeborener Neugierde habe ich auch die meisten »vielversprechenden« Diäten selbst ausprobiert, von der Mayrkur über die Öl-Eiweiß-Kost bis zu Trennkost und Makrobiotik. Regelmäßig jedes Frühjahr gebe ich Kurse, die man unter dem Titel »Weniger ist mehr« zusammenfassen könnte und die von bewusstem Essen über richtiges Fasten bis zu Fastenwanderungen reichen. Bei Letzterem gibt es die sogenannte »Kohlsuppe«, die den Stoffwechsel anregt, aber kaum Kalorien enthält. Wenn man sie mit einem entsprechenden Bewegungsprogramm kombiniert, kann man damit nicht nur gut abnehmen, sondern, auch in erheblichem Umfang Fettgewebe in Muskeln umwandeln. Es ist eine Art essenden Fastens, bei dem der Körper kaum etwas bekommt, die Seele aber weiter das Gefühl des Essens hat. Diese Übertölpelung des Körpers, der viel bekommt und nichts davon hat, dabei aber viel verbraucht, weil der Stoffwechsel gefordert ist und er sogar Muskeln aufbauen muss, halte ich für eine geschickte Antwort auf die heutige Zeit des Überflusses. Außerdem macht es mir persönlich nach wie vor Spaß, auf diese Weise jedes Frühjahr in verschiedener Hinsicht in Form zu kommen.
Mein Bezug zu Gewichtsproblemen
Nachdem meine eigenen Gewichtsprobleme glücklicherweise eine kurze Episode am Ende meiner Sportkarriere blieben und dann noch eine Neuauflage durch meinen Ausflug in die Lichtnahrung bekamen, habe ich mich weiter mit Verdauungs- und Gewichtsproblemen im Hinblick auf Lösungsmöglichkeiten für meine Patienten beschäftigt, was sich in einschlägigen Büchern und CD-Programmen niederschlug, die sich über die Jahre bewährt haben und die ich gerne weiterentwickle. In all diese Themen spielt naturgemäß immer auch die Ernährung mit hinein. Mein Bestreben ist bei allen Fasten- und Ernährungs-Besprechungen, einen Schwerpunkt auf den Essensgenuss zu legen, den es zu erhalten oder wiederzugewinnen gilt, um Gesundheit zu fördern.
Was die gesellschaftlich dramatisch zunehmende Gewichtsproblematik angeht – in den vier Jahrzehnten meines Arztseins hat sich das Übergewicht der Kinder verzehnfacht – finde ich mit Begeisterung Antworten, die sich in unserer Online-Ideal-Gewicht-Challenge niederschlagen. So viele Menschen, die körperlich rund wurden, weil sie ihr Leben nicht rund bekamen, durfte ich an der Hand nehmen und zu ihrem Idealgewicht begleiten. Schon bei der ersten Challenge haben sich Hunderte mit auf den Weg gemacht und drei Wochen lang die Weichen für eine leichtere, beschwingtere Zukunft gestellt: Die 1. Woche Detox – die 2. Fasten – die 3. pflanzlich-vollwertiger Aufbau mit Einführung ins Kurzzeit-Fasten und Weichenstellung für die leichtere Zukunft.
Persönliches Fazit
Begonnen hatte mein persönliches Interesse für Ernährung unter ganz funktionellen Aspekten mit der Frage: Durch welche Ernährung bekomme ich leichter und schneller mehr Muskeln? Später wechselte der Fokus vom sportlichen auf den spirituellen Aspekt, der funktionale Ansatz aber blieb. Nun lautete die Frage: Welches Essen unterstützt am effektivsten die spirituelle Entwicklung? Essen blieb mir so lange Zeit lediglich Mittel zum Zweck. Mit den Jahren entdeckte ich dann in unseren Seminarhotels, dass gutes entwicklungsförderliches Essen durchaus auch sehr gut schmecken kann und wurde zunehmend zum Genießer. Obendrein verlagerte sich mein persönlicher Lebensschwerpunkt immer mehr nach Süden und ich lernte in Italien nach Jahrzehnten konsequenter Alkohol-Verweigerung, hin und wieder ein Glas Wein zu genießen, was sich bis heute, wo ich ein Viertel des Jahres in der klassischen Weingegend der Südsteiermark mit Seminaren verbringe, bewährt. Inzwischen machen wir sogar schon eine Fasten-Kurswoche mit Wein und Ekstase.
Und immer wieder der Gegenpol
Auf meinen vielen Vortragsreisen verfalle ich allerdings noch häufig in den Gegenpol genussreichen Essens und lasse – fastenerprobt – Mahlzeiten einfach aus, bevor ich mir etwas einverleibe, was ich nachträglich bereuen würde. In Verbund mit dem Kurzzeit-Fasten komme ich so häufig auf recht wenig Kalorien am Tag.
Stimmungsvolle Lösung vieler Probleme auf essendem Weg
Über Jahre bin ich allen möglichen Tipps und Geheimrezepten nachgegangen, die wahre Wunder im Hinblick auf Leistungsfähigkeit, Energiegewinn und Stimmungsaufhellung unter so klingenden neudeutschen Namen wie Brain- und Moodfood anpriesen. Neben vielen Enttäuschungen waren auch einige wenige Perlen darunter.
Eine davon war »TAKEme«, die Möglichkeit, über einen täglichen Löffel fein vermahlener Rohkost den Serotonin-Spiegel auf ebenso einfache wie raffinierte Weise zu sichern. Diesen überaus wirksamen Trick möchte ich Ihnen anlässlich dieser überarbeiteten Neuauflage unbedingt ans Herz legen, auch wenn er sich vor allem aufs Hirn auswirkt.
Tiere essen?
Wie schon erwähnt, war ich mit dem Essen von Fleisch und folglich Tieren nie wirklich glücklich oder auch nur ausgesöhnt. Seit meinen ersten Meditationen mit elf Jahren kamen mir diesbezüglich erhebliche Zweifel und erst recht, seit ich bald ernsthaft und konsequent zu meditieren begonnen hatte. Die Ausnahme-Regelung – nur »Fisch-im-Kurs-Restaurant« – fand ein natürliches Ende, als ich ein Stück von meinem Lieblingsfisch unberührt und reuig wieder zurückgeben musste, weil ich ihn nicht mehr herunterbrachte. Ich entschuldigte mich bei dem Fisch und der Bedienung, war von da an wieder reiner Vegetarier, und das schon lange vor Jonathan Foers lesenswertem Buch »Tiere essen«.
Milch(produkte) Eier und vegane Konsequenzen
Als ich die ersten Veröffentlichungen von Dean Ornish, Caldwell Esselstyn und Colin Campbell und vor allem dessen »China Study« las, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Während ich mich die letzten drei Jahrzehnte vor allem um die seelischen Ursachen von Krankheitsbildern gekümmert hatte, fing ich sofort an, die Literatur und besonders die neuen Studien hinsichtlich der Auswirkungen von Tierprodukten auf unsere Gesundheit zu studieren. Das Ergebnis war erschütternd, und noch während des Lesens der Studien strich ich konsequent auch Spuren von Eiern und Milch(produkten) und folgte meiner Partnerin in ihre tierproduktfreie Ernährung, die ich nun seit gut zehn Jahren sehr genieße. Zum Glücklich mochte ich Milch(produkte) und Eier nie.
»Peace Food«
So schrieb ich »Peace Food – wie Verzicht auf Fleisch und Milch Körper und Seele heilt«{1}, in dem ich die Chancen veganer Ernährung für die Gesundheit von Menschen, Tieren und unserer Erde darstelle. »Peace-Food« heißt für mich pflanzlich-vollwertig und wissenschaftlich belegt, denn vegan allein könnte auch bedeuten Cornsirup und -schnaps, Weißmehl und -zucker, was offensichtlich ungesund ist.
Angereichert mit einer Fülle von Ernährungs- und anderen Hinweisen, die uns äußerem und innerem Frieden näherbringen und obendrein mehr Energie liefern, lasse ich diese mir heute geradezu alternativlos erscheinende Ernährungsform mit ihren Vorzügen lebendig werden.
Allerdings ist das vorliegende Buch keines über vegane Kost, sondern über gesundes Essen. Ich habe es lediglich bei dieser Überarbeitung an vielen Punkten meinem aktuellen Stand angepasst – auch mithilfe der Haubenköchin Dorothea Neumayr und ihren bezaubernden Gerichten.
Bekanntschaft mit einer »ausgezeichneten« Köchin
Die Bekanntschaft mit ihr geht Jahre zurück auf die Zeit, als sie Seminarteilnehmerin war und sich als eine im wahrsten Sinne des Wortes »ausgezeichnete« Köchin entpuppte. Sie ist eine der wenigen Privatpersonen in Österreich, die vom Gault Millau mit drei Hauben für ihre Kochkünste bedacht wurden. Sie hatte – schon vor dem Besuch meiner Seminare – eine meiner Lieblingsideen in Bezug auf Essen umgesetzt und im Gegensatz zu den meisten Hauben- und Sterneköchen eine vollwertige, weitgehend vegetarische Küche entwickelt, die den hohen Anspruch der Haubenküche mit den Grundsätzen gesunden Lebens auf ausgesprochen geschmackvolle Weise verband. Es lag nahe, sie zu bitten, den Geschmacks- und Rezeptaspekt dieses Buches zu übernehmen, zumal meine eigenen Kochkünste bei zwar inzwischen großer Vorliebe für gute Küche rudimentär geblieben sind.
Unsere Essenswünsche für Sie
So hoffen wir gemeinsam, Ihnen im Laufe dieses Buches Lust auf wertvolles, im wahrsten Sinne des Wortes kostbares Essen zu machen, das zu Ihrem ganz persönlichen Typ passt und so schmackhaft ist, dass es Ihre Lebensgeister anregt und Ihre geistig-seelische Entwicklung beflügelt.
Vor diesen Genuss ohne Reue ist allerdings einiges an Verständnis gestellt. Diesbezüglich hoffen wir, dass appetitanregende innere Bilder und entsprechendes Verständnis es Ihnen leichter machen, lesend mit uns zu gehen, zu essen und zu genießen.
Die Seele hinter dem Essen
Diese banale Überschrift führt mitten in ein Dilemma. Heute hängt so vieles am Essen, was in Wirklichkeit nur sehr indirekt damit zu tun hat. Hinter Essproblemen tut sich die ganze Welt der Psyche auf. Meist verbergen sich hinter Essstörungen gar keine Ernährungsprobleme, sondern seelische und soziale. Gleiches gilt für Gewichtsprobleme. Für die Gesundheit problematisches Essen ist häufig Ausdruck eines gestörten Verhältnisses zur Welt. Insofern sei gleich zu Beginn um Verständnis dafür geworben, dass ein Buch über Ernährung keine Lösungen für Magersüchtige oder Bulimie-Patienten anbieten kann, für Übergewichtige mag es einen Fingerzeig in die richtige Richtung bieten. Es wäre jeweils nach den seelischen Wurzeln solchen Verhaltens zu fragen. Diese sind auffindbar, und ich bin ihnen an anderer Stelle{2} ausführlich nachgegangen. Essen ist auf der anderen Seite aber auch Ausdruck gesunder Lebenslust. Wird diese allerdings nur essend befriedigt, kann sich auch daraus wieder ein (schwer-)gewichtiges Problem entwickeln.
Über Essen hinaus
Eine so weitgehend dem Materialismus ergebene Zeit wie unsere neigt dazu, alles auf der physischen Ebene erklären und erforschen zu wollen. Insofern wird vieles auf die Essensebene geschoben, was sich dort zwar ausdrückt, seine Energie aber aus ganz anderen Quellen bezieht. Wer sich am Rauch stört, muss nach dem Feuer suchen, auf der Rauchebene lässt sich nichts lösen.
Übergewichtsträchtige Gesellschaft?
In der allgemeinen Leidenschaft für Projektion, der Verschiebung der Verantwortung auf andere, sehen einige Soziologen und auch immer mehr Ernährungsberater bereits die Verantwortung für die Übergewichtslawine in einer krankmachenden und speziell Übergewicht verursachenden Umwelt. Auch wenn das ein interessantes Thema ist und es tatsächlich Hinweise gibt, dass sich die vom Embryo mit dem Fruchtwasser aufgenommenen Geschmackswahrnehmungen später weiterhin durchsetzen, wurden mit der Verschiebung von Verantwortung noch nie Probleme gelöst, aber schon viele verschärft. Es mag stimmig und entlastend wirken, wenn – wie in dem Film »Supersize me« – die Schuld am miserablen Gesundheitszustand der Welt Fastfood-Ketten wie McDonald's zugeschoben wird. Letztendlich bringt das aber nur Ausreden, um weiterhin nichts gegen die eigene Unbewusstheit und das daraus folgende Figur-Problem zu tun.
Das Rätsel mediterraner Gesundheit
Eine inzwischen berühmt gewordene Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation WHO brachte ans Licht, die gesündesten Menschen der Welt leben auf Kreta und essen auf den ersten Blick durchaus nicht besonders gesund. Auch andere mediterrane Völker wie die Spanier, die ausgesprochen spät am Abend noch ausgiebig speisen, rangieren in der Gesundheits-Hitparade weit vor den skandinavischen und deutschsprachigen Ländern, wo man bis dahin glaubte, über gesundes Essen am besten Bescheid zu wissen. Süditaliener und Inselgriechen, Südfranzosen, Portugiesen und Festlandgriechen, sie alle schneiden besser ab als wir. Dabei neigen die mediterranen Völker zu spätem, reichlichem Essen, über das sie obendrein viel Fett in Gestalt von Olivenöl gießen, dazu Rotwein trinken und nicht selten rauchen. Ob nun aber die in Südeuropa deutlich geringere Krebsrate mit dem höheren Olivenöl- und Rotweinkonsum zusammenhängt oder damit, dass dort dreimal mehr Obst und Gemüse als in Nord- und Mitteleuropa gegessen wird, oder ob es an etwas ganz anderem Dritten und Seelischem liegt, sei vorerst dahingestellt.
Zumal solche Aussagen wie die der WHO sehr relativ sind, denn die gesündeste und zugleich logischerweise langlebigste Bevölkerungsgruppe der Welt sind die Adventisten in Südkalifornien um die Stadt Loma Linda, wo die Frauen durchschnittlich bei guter Gesundheit 91 werden und die Männer 89. Sie leben seit Generationen in jeder Phase ihres Lebens mit frischer pflanzlicher Kost.
Rotweinkapseln und Olivenölextrakte für die Unsterblichkeit
Schiebt man die Tatsache der besseren Gesundheit mediterraner Menschen, ihrer geringeren Krebsrate und höheren Lebenserwartung ausschließlich auf die Nahrung, landet man bei abstrusen Vorschlägen. So hat man im Rotwein und Olivenöl von Seiten genussresistenter Forscher bereits nach den gesunden lebensverlängernden Stoffen gefahndet, und wer suchet, findet bekanntlich. Allen Ernstes werden inzwischen Extrakte aus Rotwein und Olivenöl in Kapselform angeboten und in Apotheken Deutschlands und der Schweiz auch erfolgreich verkauft. Die wissenschaftliche Begründung liefert beim Rotwein der Stoff Resveratrol aus den Schalen roter Trauben, der gegen aggressive Sauerstoffmoleküle schützt. Schon in Österreich sind derlei Kapseln kaum abzusetzen, weil der typische Österreicher seinen Rotwein lieber weiterhin aus dem Glas trinkt. Wer versuchen würde, derlei Pillen in mediterranen Ländern zu verkaufen, würde auf völliges Unverständnis stoßen, denn dort geht es beim Essen nicht primär um Gesundheit, sondern um Lebensgenuss. Dass dabei auch mehr Gesundheit herauskommt, sollte uns langsam klar werden und zum Umdenken anregen.
Feierabend und Lebensgenuss
Wo der Abend noch wirklich Feierabend und Anlass zu Freude und Genuss, eben Feiern ist, wird Essen zweitrangig und bleibt genussvoll. Für Deutsche und Schweizer bedeutet er dagegen offenbar vor allem das Ende des Primärelends, der Arbeit, und den Beginn des Sekundärelends, des Fernsehens. Bei dieser Einstellung kann auch gesundes Essen nur wenig bewirken, von Pillen mit Olivenöl- und Rotweinextrakten ganz zu schweigen.
Siesta und Fiesta
Zwischen Venedig und Palermo, Lissabon und Athen herrschen dagegen noch weitgehend andere Prioritäten. »Wenn du es eilig hast, gehe langsam!« ist hier die gängige Parole. Die wichtigste Zutat zu einer Mahlzeit lässt sich nicht kochen, nur erleben, wissen die Südländer. »Mittags Siesta und abends Fiesta« heißt ihre Zauberformel für ein langes genussreiches Leben voller Zeit und Lebensfreude. In unseren Breiten leben dagegen Zeitreisende, die die eigene Gegenwart nicht aushalten. Aus Afrika stammt der Spruch »Ihr habt Uhren, wir haben Zeit.«
Selbst gesündeste Kapseln schmecken schlecht
Nur in Ländern, wo Gesundheit weit vor Genuss rangiert, können sich Stilblüten wie die Rotweinkapseln entwickeln und immer mehr Medizindöschen und -schachteln auf Esstischen landen. Dort wird angesichts der Erkenntnis, wie gesund Algen sind, gar nicht mehr gefragt, wie die schmecken. Wenn sie denn gesund sind, müssen sie einfach sein! So ergeben sich für Gesundheitsapostel immer häufiger absurde Essensarrangements aus Kapseln und Pillen, Pulvern und Tabletten. Das Ganze schmeckt oft scheußlich und führt nicht einmal zu einem langen gesunden Leben, wie wir dank WHO-Studie wissen. Aber selbst wenn derlei Essensregime zu einem langen Leben führen würde, wäre zu fragen, warum man unter solchen Umständen denn überhaupt so lange leben wolle.
Lebenskunst und -stimmung
Die Kreter sind, verglichen mit solch medizinischen Gesundheitsexzessen, Lebenskünstler und schaffen sich mit einfachen und bewährten Gerichten und Getränken allabendlichen Genuss und jene Feierabendstimmung, die offensichtlich dem Leben so guttut – in qualitativer wie quantitativer Hinsicht. Wer sein Leben feiert – auch essend –, hat offensichtlich nicht nur mehr davon, er ist obendrein auch noch gesünder.
Individuelle Ernährung für Kulturen und Individuen
Ob es für Nordeuropäer Sinn macht, pro Jahr 31 Liter Olivenöl zu vertilgen wie der durchschnittliche Kreter, darf bezweifelt werden. Auf dieser in mancher Hinsicht begnadeten Insel hat das Tradition, und so hat sich die dazu notwendige genetische Ausstattung über die Jahrtausende entwickelt. Tatsächlich stellten Wissenschaftler fest, dass sich Blutfettwerte bei Kretern nach fettreichen Mahlzeiten deutlich rascher wieder normalisieren als bei Nordeuropäern.
Wahrscheinlich werden wir in einer bewussteren Zukunft immer weniger von objektiv gesunder Ernährung ausgehen, sondern vermehrt auf für die jeweilige Kultur genetisch verträgliche und- obendrein individuell passende Lebensmittel zurückgreifen. Es ist ja nicht zu übersehen, dass die Inuit Grönlands mit einer extrem fett- und eiweißreichen Fleisch-Ernährung leben, Bewohner des Altiplano in Südamerika dagegen mit ihrer ausgesprochen fett- und eiweißarmen. Beide Bevölkerungsgruppen haben sich über Jahrtausende an diese Art des Essens gewöhnt und kommen auf der Grundlage ihrer Anpassung damit zurecht. Allerdings zeigt der Vergleich dann doch, dass die Inuit mit ihrer Fleisch-Kost nicht sehr alt und Spitzenreiter bei Depressionen und Selbstmord werden.
Die (genetische) Mischung macht es
Nun sind wir seit den frühen Völkerwanderungen bis hin zu der heute immer ausgeprägter werdenden Migration so gut durchmischt, dass wir selbst ausprobieren müssen, was uns und unserer genetischen Basis am besten entspricht. Die Zugehörigkeit zu bestimmten Volksgruppen kann heute kaum mehr als ein Hinweis auf einen sinnvollen Rahmen sein, in dem wir unseren individuellen Weg selbst finden müssen. Jedenfalls gilt das sicher für die gut durchmischten Bevölkerungsgruppen Mitteleuropas wie auch für den Schmelztiegel Amerika.
»Wie?« wichtiger als das »Was?«
Wie bei so vielen Dingen ist auch beim Essen das »Wie?« so entscheidend wie das »Was?«. Im Bewusstsein der großen Mehrheit ist das – jedenfalls in unseren Breiten – umgekehrt. Wir sind so sehr dem Materialismus verfallen, dass wir stoffliche Dinge für wichtiger halten als die begleitenden Stimmungen und Gefühle. Der Mensch ist aber – für jeden jederzeit nachprüfbar – ein Gefühlswesen, das von seinen subjektiven Empfindungen ungleich mehr bestimmt wird als von objektiven Daten. Oft habe ich erlebt, wie sich Patienten mit schlechten Laborwerten sehr gut fühlten, wenn sie nichts davon wussten, weil ihr Lebensgefühl intakt und optimistisch war. Kaum aber hatte man ihnen die Laborwerte enthüllt und versuchte, sie durch entsprechende Medikamente zu korrigieren, sackten sie in ein tiefes Loch, das Lebensgefühl passte sich den Werten an und wurde schlecht. Wer mit Genuss das Falsche zum falschen Zeitpunkt isst, fühlt sich oft besser als jener, der in moralinsaurer Stimmung das Richtige zur richtigen Zeit – völlig genussfrei – zu sich nimmt. Beim Essen ist oft wichtiger, in welcher Stimmung es geschieht, als was gegessen wird. Und trotzdem sind natürlich auch das »Was« und das »Wann« sehr wichtig. Optimal und zu wundervollen Synergien führt das Zusammenspiel von »Was«, »Wann« und »Wie«.
Zeitgeist und Ernährung
Ein Buch über das »Wie« des Essens würde wohl kaum Leser finden, denn unser materialistischer Zeitgeist interessiert sich fast ausschließlich für das »Was«. Trotzdem ist für die Gesundheit das »Wie« wohl entscheidender als das »Was«. In der Wirklichkeit sieht es aber so aus, dass Schulkinder im Bus nebenbei frühstücken, gestresste Manager am Schreibtisch ihr Sandwich verschlingen und abends viele während des Fernsehens essen. Das Schnellfutter im Stehimbiss ermöglicht gar kein Mittagsmahl mehr, denn Mahlen braucht Zeit. Von unseren Vorfahren ließe sich lernen, dass früher die Diätetik neben der Hygiene zweite Grundlage der Medizin war.
Die Renaissance des »Wann« beim Essen – Kurzzeit-Fasten
Tatsächlich haben wir seit Anbeginn auch das »Wann« des Essens unterschätzt, auch wenn es immer Hinweise gab, ein frühes Abendessen sei gesünder als ein spätes. Inzwischen haben sich unter Begriffen wie intermittierendes, Intervall- und Kurzzeit-Fasten dazu viele Strategien entwickelt, die ich im Buch »Kurzzeit-Fasten« (Südwest) darstelle und ihre verblüffenden Chancen erläutere. Wer die gleiche Nahrungsart und -menge in täglich 8 Stunden zu sich nimmt, bleibt dabei unglaublich viel gesünder, schlanker und fitter als jemand, der sie über 16 Stunden verteilt isst und so seinem Verdauungstrakt, aber auch dem Rest der Organe kaum Regenerationspausen gönnt. Für langfristiges Abnehmen Richtung Idealfigur hat sich diese Art des täglichen Kurzzeit-Fastens – etwa in unserer Ideal-Gewicht-Challenge – enorm bewährt. Für viele ist so das Frühstück, englisch break-fast, auch tatsächlich wieder zum Fastenbrechen geworden.
Vorteile des Mangels, Gefahren des Überflusses
In alten Zeiten gab es nur eine bescheidene Essensauswahl. Was gerade zurzeit in der eigenen Region zu haben war, musste gegessen werden – gesundheitlich gesehen war das optimal. Aus Mangel an Alternativen beschäftigte sich Diätetik mehr mit dem »Wie« des Essens und sorgte für tägliche Rituale, die eingehalten wurden. Weil Nahrung knapp war, gab es immer Grund, für sie zu danken. Gegessen wurde selbstverständlich gemeinsam, einfach weil die Zubereitung der Gerichte ungleich mühevoller war als heute. Für einen allein lohnte sich solcher Aufwand gar nicht. Größere Gruppen trafen sich zum gemeinsamen Mahl und drückten zumeist im Tischgebet ihren Dank aus, bevor sie mit dem Essen begannen. Heute, inmitten des modernen Überflusses, könnten uns solch einfache Regeln wieder nützen. Wer sich – in welcher Form auch immer – auf sein Essen besinnt, ob wie früher betend und dankend oder in freier Form, dem wird auch heute seine Mahlzeit besser bekommen als dem schnellen Schlinger, der essend schon beim nächsten Termin ist. Mahlzeit braucht, wie das Wort sagt, zweierlei, nämlich Mahlen und Zeit. Dabei kommt Bewusstheit ins Spiel, und sie ist der beste Schutz vor Fehlern – auch im Hinblick auf Ernährung. Ein kleiner Moment bewussten Innehaltens und entsprechender Besinnung kann hier mehr bewirken als eine auffällige oder gar pathetische Geste.
Ist Geschmack eine Geschmackssache?
Das Thema Geschmack lässt sich einerseits kaum objektivieren, denn es gibt offensichtlich Menschen, denen Fastfood schmeckt, obwohl sie intelligent und gebildet sind. Dass diese beiden letzten Kriterien nicht hindernd wirken, zeigt Ex-US-Präsident Bill Clinton, der gern Hamburger vertilgte und dessen Herz bereits in seinen Fünfzigerjahren mehrere Bypässe brauchte. Inzwischen ist allerdings auch er zum bekennenden Veganer geworden und verzichtet auf alles Tierische in der Nahrung, um seine Enkel noch zu erleben, wie er vor laufenden Kameras bekannte. Dass Geschmack eine Geschmackssache ist, sagt schon das Sprichwort, wobei man Geschmack offenbar lernen kann, wenn man etwa an Kunstverständige und Designliebhaber denkt. Ähnlich kann man Weingeschmack erwerben, ja geradezu trainieren, was natürlich wieder eine Geschmackssache ist.
Supertaster oder Geschmacksstars
Seit Neuestem gibt es eine wissenschaftliche Objektivierung des Themas. Ungefähr ein Viertel aller Menschen kann als sogenannte »Supertaster« bezeichnet werden, weil ihre Zungen eine – genetisch bedingte – deutlich höhere Geschmacksknospenzahl aufweisen. Unter den Supertastern finden sich überdurchschnittlich viele Frauen und Asiaten. Auch viele Berufsgourmets gehören hierher. Zum Glück und Ausgleich finden sich auch unter den Spitzenköchen der Welt besonders viele. Die Supertaster erkennen noch geringste Mengen Bitterstoffe in Süßigkeiten und reagieren überhaupt sensibel auf jeden Geschmacksreiz. Eine Grapefruit ist ihnen leicht zu sauer, Chicoree zu herb und Radicchio zu bitter. Eigentlich sind solche Unterschiede in der Geschmackswahrnehmung leicht nachvollziehbar, denn wir sprechen auch auf anderen Sinnesgebieten von Menschen mit besonders feiner Nase, sicherem Gespür, vom absoluten Gehör oder besonders scharfen Augen.
Der »geschmacklose« Rest
Natürlich gibt es auch den Gegenpol zu den Supertastern, die sogenannten Nichtschmecker oder Blindgänger in Geschmacksangelegenheiten. Zwischen beiden Extremen liegen als große Mehrheit die Durchschnittsschmecker. Betroffene brauchen sich aber nicht zu sehr zu grämen wegen solch vermeintlicher »Geschmacklosigkeit«. Denn erstens kennen sie es nicht anders und leiden folglich nicht, und zweitens bezieht sich die Diagnose nur auf Ernährungsangelegenheiten. Sie könnte drittens in modernen Zeiten sogar zum Vorteil werden, wie wissenschaftliche Studien neuerdings belegen, weil sie zum Beispiel mehr Gemüse verzehren.
Die Letzten werden die Ersten sein
In den alten Zeiten der Evolution war ein guter und sogar besonders feiner Geschmackssinn ein erheblicher Überlebensvorteil, denn so ließen sich verdorbene, ungeeignete und sogar giftige Nahrungsmittel schon im Vorfeld aussondern. Inzwischen aber haben sich die Zeiten gewandelt und Studienergebnisse deuten darauf hin, dass Supertaster Bitterstoffe meiden und damit auch Gemüse und stattdessen Fett bevorzugen. So haben sie heute ein höheres Risiko bezüglich Übergewicht und sogar Krebs.
Geschmacksprägungen im Mutterleib
Mittlerweile wissen wir, dass sich geschmackliche Vorlieben schon sehr früh entwickeln. Sowohl Muttermilch als auch Fruchtwasser vermitteln Geschmack und Geruch der Nahrung, die die Mutter zu sich genommen hat. So zeigte sich, dass Mütter, die während der Schwangerschaft regelmäßig viel Karottensaft tranken, Kinder bekamen, die später gern Möhren aßen. Gestillte Kinder, deren Mütter sich abwechslungsreich ernährten, probieren später selbst deutlich lieber neue Nahrungsmittel als Flaschenkinder, die immer dieselbe Kunstmilch bekamen. Was wir ganz zu Beginn des Lebens kennen- und schmecken lernen, bevorzugen wir bis ins Erwachsenenleben. Dahinter steht und steckt das dritte der Schicksalsgesetze, das besagt: Im Anfang liegt alles. Dabei ist solche Prägung fast beliebig möglich, junge Philippinos mögen Hundefleisch, Koreaner gegrillte Vogelspinnen, Inuit rohes Robbenfleisch, und die Kinder der Aborigines schätzen Maden. Moderne Kinder westlicher Wohlstandsgesellschaften lernen heute auf gleichem Weg die Vorliebe für Fettes, Süßes und Eintöniges. Fastfood lässt eine wirklich geschmacklose Generation heranwachsen.
»Kindergarten« als Lebens- und Ess-Schule
Im immer noch sehr sensiblen Vorschulalter beeinflussen vor allem Rollenmuster die Ernährungsgewohnheiten. So ließ sich zeigen, dass Jungen auf jene vermeintlichen »Starkmacher« wie Fleisch, Eier und Wurst anspringen, Dinge, die der Vater isst, die, wie heute nachweisbar, aber vor allem krank machen.{3} Mädchen bevorzugen dagegen »Gesundmacher« wie Obst, Gemüse und Vollwertprodukte wie ihre Mutter. Aus der Tatsache, dass sich diese Essgewohnheiten im späteren Leben kaum noch ändern, folgt, wie wichtig diese frühe Zeit ist. Hier könnte eine Mitursache liegen, warum Frauen durchschnittlich so viel älter als Männer werden.
Unter diesem Aspekt ist es auch wenig verwunderlich, dass Firmen wie McDonald's schon die Kleinsten mit ebenso raffinierter wie massiver Werbung heimsuchen, die interessantesten Kinderspielplätze bauen und sich sogar für Gesundheitskampagnen in der Schule engagieren. Nach dem Motto »was einmal drin ist, ist drin«, wird auf diese Weise ein fatales Ernährungsprogramm mit dem Etikett Gesundheit verbunden. Wenn Politiker und Journalisten dabei mitspielen, verrät das geringen Durchblick oder auch Bestechlichkeit, meist wohl beides. Tatsächlich subventioniert die Schweizer Regierung genau die Nahrungsmittel, wie tierisches Eiweiß, von deren vermehrtem Verzehr sie selbst abrät. Da bleibt nur die Frage, tun diese Politiker nicht, was sie wissen, oder wissen sie nicht, was sie tun? Oder sind sie einfach bestochen?
Gefahren der Verknappungspolitik
Die Erfahrungen der Vorzeit besagen, knappe Dinge seien besonders kostbar. Schon Kinder haben deshalb besonderes Verlangen nach knappen Nahrungsmitteln. Insofern erhöhen Süßigkeiten-Verbote deren Attraktivität. Auch Eltern, die mit besten Absichten Fastfood verbieten, sollten sich bewusst machen, dass sie das Schnellfutter dadurch für ihre Kleinen besonders faszinierend machen. Ähnliches gilt für Coca Cola- und Schokoladenverbote. Besser wäre auf das eigene Vorbild zu setzen und ohne solche Geschmacksbomben die bessere Ernährung anzubieten und gemeinsam zu genießen.
Werbung und Geschmacksentwicklung
Erschwerend kommt hinzu, dass Werbung tatsächlich wirkt. Zwischen der Menge aufgenommener Werbung und den verspeisten Kalorien besteht ein direkter Zusammenhang. Ein durchschnittliches US-Kind sieht pro Jahr mehr als 10.000 Werbespots für meist kalorienreiche schädliche Nahrungsmittel, und dieser Einsatz lohnt sich – für die Industrie. Untersuchungen zeigten, dass Kinder, die entsprechende Werbung gesehen hatten, eher zu Süßigkeiten griffen als etwa zu Obst. In Norwegen und Schweden sind deshalb Werbespots, die sich an Kinder unter 12 Jahren richten, verboten.
Menschen sollten wie Menschen essen
Bei aller Schwierigkeit im Dschungel von Ernährungsideologien und sich widersprechenden Diäten kann man über den Punkt der artgerechten Ernährung in der Regel noch recht leicht Einstimmigkeit erzielen. Praktisch alle Menschen fühlen sich als Menschen und wollen so behandelt werden, sie sollten sich folglich auch wie Menschen und nicht wie Fische oder Tiger ernähren. Die Frage ist nur, was is(s)t ein Mensch und was ist für ihn artgerecht, wie sieht eine wirklich »menschenwürdige« Ernährung aus?
Zwischen Engel und Raubtier
Darüber gibt es schon wieder heftige Auseinandersetzungen, die mit unterschiedlichen Definitionen des Menschseins zusammenhängen. Einige sehen mehr den Engel in uns, der sich folglich am besten von himmlischem Nektar nähren sollte, andere erkennen in sich doch eher das Raubtier und schielen auf entsprechende Beute. Diese Position lässt sich sogar argumentieren, verhält sich der Mensch seinen Mitgeschöpfen gegenüber doch schlimmer als das gefährlichste Raubtier. Selbst gegenüber Artgenossen ist er im Wirtschaftsleben oft ein gnadenloser Konkurrent. Insofern erscheint es fast konsequent, wenn große Teile der Bevölkerung die alte Mahlzeit in moderne Schlingzeit verwandeln und auf Raubtierniveau große Mengen Fleisch vertilgen. In der spirituellen Szene hält eine Minderheit dagegen, der Mensch sei vor allem himmlisches Wesen und so bekämen ihm natürlich jene Früchte und Beeren am besten, die eine freigiebige Mutter Natur von sich aus bereitwillig schenke. Offensichtlich ist das ein Versuch, schuldfrei zu bleiben – wenigstens auf der Essensebene.
Der Körper macht ehrlich
Wer also ist der Mensch, wo kommt er her, wo gehört er hin? In diesem Dilemma – irgendwo zwischen Wunsch und Wirklichkeit – empfiehlt sich nach meinen Erfahrungen, einfach von der materiellen Grundlage, in diesem Fall also der Anatomie und Physiologie des Körpers, auszugehen und auch auf die Geschichte und damit auf das Erbgut zu achten. Bei der Deutung der Organe und ihrer Krankheitsbilder im Sinne von »Krankheit als Symbol«{4} hat es sich immer bewährt, zurückzugehen auf die Ebene der in Jahrmillionen der Evolution entstandenen Strukturen. Das ist eine sehr bio-logische Sichtweise, und natürlich ist der Mensch nicht nur der Natur verbunden, sondern auch seiner Kultur verpflichtet. Die bio-logische Perspektive zeigt aber sehr verlässlich, was natürlich ist. Das kann von der Kultur überarbeitet und weiterentwickelt werden, wird sich aber erst über sehr lange Zeiten und entsprechend langsame Mechanismen der Evolution auch in der Natur niederschlagen.
Niedergang der Reiß und Raubtierzähne
Betrachten wir unseren Verdauungstrakt, der zuerst und vor allem mit Nahrung zu tun hat, müssen wir an seinem Anfang und damit beim Gebiss beginnen. Dieses teilt uns direkt und über seine Geschichte einiges mit. Offenbar liegt das frühe Jagdstadium weit hinter uns, wo die Beute noch unter Einsatz des Gebisses gerissen werden musste, da sich die ehemaligen Reißzähne als sogenannte Canini oder Eckzähne auf sehr bescheidene Ausmaße zurückgebildet haben und die aggressiven Schneidezähne in der Minderzahl sind.
Die Mühle im Mund
Betrachten wir die Anzahl der verschiedenen Zähne, ergibt sich, dass die defensiven Mahlzähne gegenüber den aggressiv schneidenden deutlich in der Überzahl sind. »Mola« heißt lateinisch Mühle, und unsere Molaren und Prämolaren wollen folglich mahlen – ihrer Art entsprechend vor allem Kohlenhydrate wie etwa Getreide, denn Fett braucht nicht gemahlen zu werden und Fleisch wird dabei nur ekelhaft faserig. Und wie das Sprichwort weiß: Gottes Mühlen mahlen langsam. Die Molaren sind uns eindeutig von Gott beziehungsweise der Evolution mitgegeben. Wir sollten von daher, nach einem durchaus herzhaften Zu- und Abbeißen, wofür unsere Schneidezähne gerade stehen, unsere Mühlen mahlen lassen.
Jedem das Seine
Alle alten großen Kulturen hatten ihr bevorzugtes Getreide als Ernährungsbasis. Die Inder und andere Kulturen des Ostens setzten in der Vergangenheit und bis heute auf Reis, die Ägypter hatten ihren Weizen, die Indianer Mais und die Germanen Hafer. Das reichte offenbar, um unser Gebiss entsprechend zu gestalten, und so ist es geprägt von der Notwendigkeit des Mahlens.
Wer sich das Mahlen spart, erntet Blähungen
Bei genauerer Betrachtung haben wir nicht die Wahl, ob wir Getreide mahlen, sondern nur, ob wir das selbst in unserem Mund machen oder es sozusagen »outsourcen« und beim Müller in Auftrag geben. Wenn wir es ganz verweigern, bekommen wir postwendend Verdauungsprobleme. Vor allem, wenn die zweite Säule der Ernährung, die Vollwertigkeit, einbezogen wird, beschwört zu sparsames Kauen Gefahren herauf. Wo ganze Körner und ungenügend gekaute, zu große Obst- und Gemüsestücke in den Magen gelangen, kann der sie mit seiner Säure nicht zerkleinern, ebenso wie der Dünndarm mit seinen Fermenten chancenlos bleibt. Er ist auf viel kleinere Teile eingestellt. So werden die zu dicken Brocken unverdaut in den Dickdarm abgeschoben, wo sie zu gären beginnen und solcherart Gase erzeugen. Diese brauchen Auswege. Eine Zeit lang können sie den Bauch aufblähen, der in der Regel dank unterentwickelter Bauchmuskeln auch meist nachgibt. Allerdings sind der Expansion auf dieser Ebene Grenzen gesetzt. Nachdem das ästhetische Inferno eines aufgeblasenen Kugelbauches angezettelt ist, müssen die Gase trotzdem stinkend entweichen. Symbolisch spricht es im Übrigen Bände, seinen Verdauungstrakt durch Vorstülpen gleichsam auszulagern und so sein Problem mit der Verdauung des Lebens ständig und für alle sichtbar vor sich herzutragen. Erschwerend kommt hinzu, dass dann die vom Zwerchfell ausgehende verdauungsfördernde Atemmassage der Därme ausfällt.
Die lange harte Frühzeit
Allerdings geht der für unser Gefühl schon langen Zeit der Hochkultur seit ca. 10.000 vor Christus noch eine ungleich längere voraus, wo unsere Vorfahren als reine Naturwesen eher fleischorientiert gewesen sein dürften, denn anders hätten sie – zumindest in unseren Breiten – die kalten Perioden der Eiszeiten gar nicht überlebt. Ob das ihre Gesundheit förderte, muss heute bezweifelt werden, aber immerhin sicherte es ihr Überleben.
Der Mensch als Allesfresser
Biologisch gesehen, ist unser Gebiss das eines Alles(fr)essers, auch wenn vereinzelte Schöngeister das nicht wahrhaben wollen. Der Mensch kann ganz offensichtlich auch Fleisch essen, aber er muss natürlich andererseits nicht alles machen, was er kann – denn offensichtlich kann die Natur von der Kultur überspielt werden. Wir können Kriege führen wie unsere entsetzliche Geschichte zeigt. Aber haben wir nicht schon genug gekriegt und auch mehr als genug abgekriegt? Wir könnten uns reif machen für Friedens-Essen oder neudeutsch »Peace-Food«.
Standortbestimmung über die Darmlänge
Wenn wir den Menschen auf einer Skala zwischen reinen Vegetariern wie Rehen auf der einen und Fleischfressern wie Tigern auf der anderen Seite einordnen, gehört er dazwischen, ähnlich wie etwa das Schwein. Man kann die verschiedenen Tiere auf dieser Skala stimmig einordnen, indem man ihre Körperlänge mit der ihres Darmes vergleicht. Je länger der Darm im Verhältnis zur Länge des Tieres ist, desto mehr neigt der Besitzer zum Vegetarismus. Reine Raubtiere brauchen nur wenig Darm, um das leicht verdauliche Eiweiß aufzunehmen, während Vegetarier viel Aufwand in einem langen Darm treiben müssen, um die wenigen Nährstoffe aus dem Grünfutter zu holen. So hat ein Rind einen viele Meter langen und der Löwe nur einen sehr kurzen Darm.
Mensch und Schwein in einträchtiger Nähe
Will man den Menschen in dieses »tierische« System einordnen, muss man allerdings darauf achten, dass man entweder seine langen Beine nicht mitzählt, oder aber auch bei den Tieren deren Hinterbeine mit in Rechnung stellt. Vergleicht man nun die Länge des Darmes mit der der Wirbelsäule, wird das ganze fair, und der Mensch landet nicht in der Mitte zwischen den beiden Extremen, sondern nahe bei den Rehen oder reinen Vegetariern, ohne aber wirklich dazuzugehören. So peinlich das manchen sein mag, rangieren wir in der Nähe der Schweine, die überwiegend vegetarisch leben, aber ab und zu auch Engerlinge und Würmer mit verspeisen. So bräuchten auch wir keine Bedenken zu haben, hin und wieder beim Genuss von Himbeeren und Pflaumen einige Würmer mitzukriegen.
»Vegetarische Indizien« beim Menschen
Auch die Tatsache, dass Menschen kauen und schlucken können, spricht dafür, dass sie Pflanzliches erst kauen und dann schlucken sollten, ansonsten würde eben der viel einfachere Schlingakt der Fleischfresser ausreichen. Da die Natur niemals Sinnloses mit Aufwand entwickelt, kann man davon ausgehen, dass wir als überwiegend pflanzen(fr)essende Wesen ins Rennen (der Evolution) geschickt worden sind. Dafür spricht auch, dass wir im Gegensatz zu Fleischfressern gar nicht in der Lage sind, Vitamin C in unserem Verdauungstrakt selbst herzustellen, sondern es täglich aufnehmen müssen. Obendrein verbindet uns mit Pflanzenfressern die Fähigkeit, Stärke über entsprechende Enzyme in Glucose aufzuspalten. Außerdem haben wir Schweißdrüsen wie viele Pflanzenfresser, um unseren Wärmehaushalt zu regeln.
In der ganz frühen Vorzeit unseres Anfangs können unsere Ururahnen wiederum wohl nur als sammelnde Rohköstler durchgekommen sein mangels Beherrschung des Feuers und mangels Waffen, um Tiere zu erlegen.
»Fleischliche Argumente«
Auf der anderen Seite müssen wir aber auch sehen, dass unser Verdauungstrakt nicht in der Lage ist, riesige Mengen von Grünzeug zu verdauen wie der der Kuh. Würden wir im gleichen Ausmaß Salat und Gras zu uns nehmen, würde das den allermeisten nicht reichen. Von Natur aus haben wir nur einen relativ kleinen, Säure produzierenden Magen. Ähnlich wie Raubtiere sind wir auch nicht (mehr?) in der Lage, Vitamin B12 selbst herzustellen, und mit Vitamin D tun sich reine Vegetarier zumindest schwer, wenn die Sonne lange nicht scheint. Wir müssen bestimmte Amino- wie auch einige Fettsäuren aufnehmen, die wir deshalb auch »essentiell« nennen. Bei Kohlenhydraten ist das ganz anders. Der Mensch könnte theoretisch ohne Kohlenhydrate überleben, da er sie selbst aus Eiweiß herstellen kann, ohne bestimmte essentielle Fett- und Aminosäuren kommt er aber nicht aus. Diese könnte er aber auch aus Pflanzen wie der Lupine beziehen, die alle essentiellen Aminosäuren enthält.
Hinzu kommt noch, dass wir in unserer Entwicklung offensichtlich Zähne einbüßen. In Afrika bei archaischen Menschen fand ich noch regelmäßig durchgekommene 8-ter, also Weisheitszähne, und vereinzelt 9-er. Bei Modernen fehlt aber schon immer häufiger die Anlage von 8-ern. Das mag andeuten, dass wir insgesamt dahin tendieren, unsere Zähne weniger einzusetzen. Im übertragenen Sinn könnte auch das ein Hinweis sein, das Leben friedlicher zu verdauen.
Wir müssen nicht alles tun, was wir können ...
All das heißt, dass wir heute – wie ich an mir selbst sehe – gut und gern auf alles Tierische verzichten können. Wir bekommen alle Aminosäuren und Fette auch aus Pflanzen, selbst Vitamin B12 gibt es in Rotalgen und Vitamin D in Steinpilzen. Da das aber nicht immer leicht ist, nehme ich selbst – etwa auf Reisen, wenn ich nicht aus dem eigenen Bio-Garten von ungewaschenem Gemüse und Obst leben kann – B 12 ein.
Entwicklungsgeschichtliches Hin und Her
Zusammenfassend könnte es so gewesen sein, dass wir vor unendlich langen Zeiten einmal vegetarisch angefangen haben wie etwa Obonos und Schimpansen, deren Erbgut bis auf zwei Prozent mit unserem übereinstimmt. Aus der Not, die dem Auswandern aus dem ostafrikanischen Paradiesgarten und dem sich in nördlicheren Gefilden ändernden Klima geschuldet war, ergaben sich Zwänge zur Veränderung des Speiseplans. Während der Eiszeiten mauserten wir uns sicher zu Alles(fr)essern, um erst wieder in jüngerer Zeit – die letzten 12.000 Jahre sind ja nur ein Wimpernschlag in der Evolution – andere Optionen zu erproben.
Vor allem aus kulturellen Gründen wechseln mittlerweile immer mehr bewusste Menschen zurück zu überwiegend vegetarischer oder sogar veganer Kost. Letzteres wäre übrigens heute auch die einzige Chance, die enorm gewachsene und immer noch weiter expandierende Menschheit durchzubringen, wie auch die ökologischen Probleme der Gegenwart zu bewältigen. Viele Anregungen dazu finden sich in »Peace Food«.
Als die Kälte ins neue (Nahrungs-)Paradies kam