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Zwei Urlaus-Klassiker von Kurt Tucholsky: Schloß Gripsholm: Der berühmteste deutsche Urlaubsroman: eine leichte, heitere Sommergeschichte um ein verliebtes Pärchen, die dennoch nicht oberflächlich ist. Denn außer Vergnügungen zu erleben und Witze zu reißen, müssen der Erzähler und seine "Prinzessin" auch ein Kind aus den Fängen einer furchtbaren Gouvernante befreien. Rheinsberg wurde zu Tucholskys glänzendstem Publikumserfolg. Die wunderbar leichte Geschichte des verliebten Pärchens, das im und um das romantische Schloss seinen Schabernack treibt, ist mit seinem Sprachwitz bis heute lebendig geblieben.
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Seitenzahl: 238
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Kurt Tucholsky
Rheinsberg. Ein Bilderbuch für Verliebte
Schloß Gripsholm
Seinen eigentlichen Anfang nahm das Abenteuer erst, als sie in Löwenberg ausstiegen. Der D-Zug ruhte lang und dunkel in der Halle unter dem Holzdach – sie durchschritten einen Tunnel, oben, in hellem Sonnenlicht, stand die Kleinbahn, wie aus Holz gefügt, steif und verspielt.
Sie stiegen ein.
»Claire?«
»Wolfgang?«
»Diese Bahn scheint noch lange hier zu stehen… machen wir einen kleinen Spaziergang?«
»Setz dich und falte die Hände! Sie geht gleich ab.«
Der Zug ruckte und ruckelte sich gemächlich durch Salatgärten, Hofmauern. Der Horizont flimmerte blendend weiß… War es eine Schönheit, diese Landschaft? – Nein: da standen Baumgruppen, durch nichts ausgezeichnet, das Land wurde wellig in der Ferne, versteckte ein Wäldchen und zeigte ein anderes – man freute sich im Grunde, daß alles da war… Das Maschinchen schnob und klingelte zornig, durch den staubigen Rauch hindurch klingelte es melodisch, wie eine läutende Kirchturmsglocke bei Sturm.
»Wolf, den Reiseführer!«
Sie hatten ihn im D-Zug liegen lassen – er hatte ihn im D-Zug liegen lassen. Sie hielten, mitten im Walde, auf der Strecke. Die Köpfe heraus; die Beamten waren zurückgelaufen, hatten Schaufeln mitgenommen: die Lokomotive mußte Funken ausgeworfen haben, ein kleiner Brand war entstanden…
»Ich will mitlöschen.«
Er kugelte den sandigen Abhang herunter; die Reisenden lachten. Oben stand Claire und verdrehte die Augen.
»Du mußt ja…!«
Er kam zurück, ganz bestaubt, lächelnd, glücklich. Er hatte sich wieder einmal betätigt. Die Beamten kamen, stiegen auf, der Zug ruckte an…
»Eigentlich…«
»Na?«
»Ich finde es heiter. Denk mal, mein Papa und mein’ Mama sitzen jetzt im Kontor, fahren in der Stadt herum und glauben ihr Töchterchen wohlgeborgen im Schoße der treusorgenden Freundin. Hingegen…«
»Hingegen…«
»Na, ja, treusorgen sorgst du ja für mich…«
Der Jäger von nebenan hatte schon lange in sich hineingelacht. Er saß da, grün, bepackt, schwer und braungebrannt. Man hatte, wenn man ihn sah, die Empfindung von ganz frühen, feuchten Morgen, ein Mann tappt durch den halbdunklen Wald, es riecht kräftig und gut… Das kleine, runde Loch der Büchse guckte unheilverkündend, schwarz und dunkel in die Luft: kleine Kugeln werden herausfliegen, das Reh, auf das es morgen gerichtet wird, lief vielleicht jetzt gerade mit seinen Gefährten zur Quelle, trank und war zierlich im Walde verschwunden… Der Jäger stand auf, stopfte sich eine Pfeife und sagte beim Herausgehen: »Schonzeit, junger Mann, Schonzeit« – und trampfte lachend davon.
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