Rosenöl - Sagen und Kunde des Morgenlandes - Joseph Freiherr von Purgstall - E-Book

Rosenöl - Sagen und Kunde des Morgenlandes E-Book

Joseph Freiherr von Purgstall

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Beschreibung

Erleben Sie die Märchen und Sagen aus aller Welt in dieser Serie "Märchen der Welt". Von den Ländern Europas über die Kontinente bis zu vergangenen Kulturen und noch heute existierenden Völkern: "Märchen der Welt" bietet Ihnen stundenlange Abwechslung. Ein Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis dieses Buches: Erstes Bändchen I. Ruh, der Geist. II. Israfel. III. Gabriel ...

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Rosenöl

Sagen und Kunden des Morgenlandes aus arabischen, persischen und türkischen Quellen gesammelt

Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall

Inhalt:

Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall – Biografie und Bibliografie

Erstes Bändchen

I. Ruh, der Geist.

II. Israfel.

III. Gabriel.

IV. Michael.

V.  Israel.

VI. Semhael.

VII. Rafael.

II. Edris oder Enoch.

III. Noe.

IV. Hud.

V. Saleh.

VI. Abraham.

VII. Ismail.

VIII. Loth.

IX. Ishak.

X. Jakob

XI. Job,

XII. Jusuf.

XIII. Schoaib auf syrisch Jethro.

XIV. Silkefel

XV. Jonas.

XVI. Moses.

XVII. Harun (Aaron).

XVIII. Josue.

XX. David.

XXI. Suleiman.

XXII. Sekeria oder Zacharias.

XXIII. Jahja oder Joannes.

XXIV. Ißa oder Jesus,

Zweytes Bändchen

I.

II.

III.

IV.

V.

VI.

VII.

VIII.

IX.

X.

XI.

XII.

XIII.

XIV.

XV.

XVI.

XVII.

XVIII.

XIX.

XX.

XXI.

XXII.

XXIII.

XXIV.

XXV.

XXVI.

XXVII.

XXVIII.

XXIX.

XXX.

XXXI.

XXXII.

XXXIII.

XXXIV.

XXXV.

XXXVI.

XXXVII.

XXXVIII.

XXXIX.

XL.

XLI.

XLII.

XLIII.

XLIV.

XLV.

XLVI.

XLVII.

XLVIII.

XLIX.

L.

LI.

LII.

LIII.

LIV.

LV.

LVI.

LVII.

LVIII.

LIX.

LX.

LXI.

LXII.

LXIII.

LXIV.

LXV.

LXVI.

LXVII.

LXVIII.

LXIX.

LXX.

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LXXV.

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LXXIX.

LXXX.

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LXXXIII.

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LXXXV.

LXXXVI.

LXXXVII.

LXXXVIII.

LXXXIX.

XC.

XCI.

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CI.

CII.

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CIV.

CV.

CVI.

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CX.

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CXXVI.

CXXVII.

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CLI.

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CLXVIII.

CLXIX.

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CXCIII.

CXCIV.

CXCV.

CXCVI.

CXCVII.

CXCVIII.

CXCIX.

Rosenöl, Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849603557

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Frontcover: © Sweet Angel - Fotolia.com

Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall – Biografie und Bibliografie

Orientalist, geb. 9. Juni 1774 in Graz als Sohn des Gubernialrats Joseph v. Hammer, gest. 23. Nov. 1856 in Wien, empfing seine Ausbildung hauptsächlich auf der orientalischen Akademie in Wien, machte als Dolmetsch und Sekretär unter Sidney Smith den Feldzug gegen die Franzosen in Ägypten mit, wurde 1802 Legationssekretär für Konstantinopel, erhielt 1807 eine Stelle bei der Hofkanzlei in Wien, rückte 1817 zum Hofrat auf und wurde 1835, nachdem er Hainfeld, die in Steiermark gelegene Fideikommißherrschaft der kinderlosen Gräfin Purgstall, ererbt, unter dem Namen H.-P. in den erbländischen Freiherrenstand erhoben. Seine vielseitige, nur leider sehr oberflächliche Kenntnis der türkischen, arabischen und persischen Philologie sowie der meisten abendländischen Sprachen, verbunden mit ungewöhnlicher Arbeitskraft, machte ihn zu einem seinerzeit viel genannten, jetzt aber fast schon ganz antiquierten Interpreten der schönen und geschichtlichen Literatur des Orients. Seine hauptsächlichsten Werke sind: »Des osmanischen Reiches Staatsverfassung und Staatsverwaltung« (Wien 1815, 2 Bde.); »Geschichte der schönen Redekünste [704] Persiens« (Wien 1818); »Geschichte des osmanischen Reiches« (2. Aufl.; neue Ausg., Pest 1840, 4 Bde.); »Geschichte der osmanischen Dichtkunst« (das. 1836–1838, 4 Bde.); »Gemäldesaal der Lebensbeschreibungen großer moslimischer Herrscher« (Darmst. 1837–39, 6 Bde.); »Geschichte der Goldenen Horde in Kiptschak« (Pest 1840); »Geschichte der Ilchâne« (Darmst. 1842 bis 1843, 2 Bde. u. Register); »Literaturgeschichte der Araber« (Wien 1850–56, 7 Bde.) u. a. Ferner gab H. verschiedene orientalische Texte mit Übersetzung heraus, namentlich des türkischen Dichters Fasli »Gül u Bülbül« (Pest 1834), des Persers Mahmûd Schebisteri mystisches Gedicht »Rosenflor des Geheimnisses« (das. 1838), das alttürkische Lehrgedicht »Der Falknerklee« (das. 1840) u. a. Aus dem Persischen übersetzte H. den Diwan des Hafis (Stuttg. u. Tübing. 1812–13, 2 Bde.), aus dem Arabischen teilweise die »Märchen der 1001 Nacht« (das. 1823–24, 3 Bde.), aus dem Türkischen die lyrischen Gedichte des Baki (Wien 1825) u. a. H. veröffentlichte außerdem ein »Leben des Kardinals Khlesl« (Wien 1847–51, 4 Bde.), eine »Porträtgalerie des steiermärkischen Adels« (das. 1855) und verschiedene andre Werke nicht orientalistischen Inhalts. Endlich begründete er mit Graf Rzewuski die »Fundgruben des Orients« (Wien 1810–19, 6 Bde.). Vgl. Gräffer, Historisch-bibliographisches Bunterlei (Brünn 1824); Schlottmann, Joseph von H., ein kritischer Beitrag (Zürich 1857); Ahlwardt, Chalef elahmar's Qaßide etc., nebst Würdigung J. v. Hammers als Arabisten (Greifsw. 1859).

Erstes Bändchen

I. Ruh, der Geist.

Der größte, und höchste, und edelste, und mächtigste der Cherubim ist Ruh, der Geist. Sein Hauch ist Lebensodem, der die Thiere beseelt. Er bewegt die Himmel, und was unter dem Monde ist, die Thiere, Pflanzen, und die Elemente erhält seine Hand in steter Bewegung. Er ist so ungeheuer groß, daß, wenn er seinen Mund öffnete, er alle Engel verschlänge, die aus Furcht nicht zu ihm aufzusehen wagen. Er hat zwölftausend Flügel, von denen zwey allein den Aufgang und Untergang umspannen, siebzigtausend Gesichter, und siebzigtausend Zungen, die beständig den Herrn preisen.

II. Israfel.

Israfel, der Bewahrer der Tafel des Schicksals, und Verkünder des Gerichts. Mit den Füßen steht er auf der siebenten Erde, das Haupt tragt er hoch über dem siebenten Himmel. Er bewahrt die Tafel, und die Feder des Schicksals, und am Tage des Gerichts bläst er in die Posaune, deren Schall die Himmel und die Erden erschüttern, und verdorrtes Gebein zum Leben erwecken wird.

Mit zwölftausend Fittichen verfinstert er die Sonnen, siebzigtausend Schleier aus Licht gewoben, trennen ihn vom Antlitz Gottes.

III. Gabriel.

Gabriel, der Bothe der Offenbarung, der Hüter des Allerheiligsten, auch sonst der heilige Geist, der größte Gesetzgeber, der Pfau der Engel, steht am Baume Sidretol muntecha, dem Baume des Lebens und der Weisheit im Paradiese. Sechs Fittiche, deren jeder aus tausend andern besteht, entfalten sich um seine Schultern. Zwey andere solcher tausendfältiger Fittiche, die seinen Rücken decken, entfaltet er nur dann, wenn er als Bote im Grimm des Herrn gesendet wird, Länder zu verwüsten, und Völker zu vertilgen. Selbst Mohammed, dem er nur einmal in seiner ganzen Herrlichkeit erschien, konnte den Anblick derselben nicht aushalten, sondern stürzte besinnungslos zu Boden.

IV. Michael.

Michael sorgt für Nahrung und Erhaltung des Menschengeschlechtes. Die ihm untergeordneten Engel leiten auf seinen Befehl die immer fortwirkenden Naturkräfte. Dies sind die Engel der Winde, der Wolken, der Pflanzen, der Steine, der Vögel, der Fische, der vierfüßigen Thiere; Ihre Zahl, so wie die Zahl von Michaels Fittichen, kennt nur der Herr. Wenn er seinen Mund aufthäte, erschiene die Welt darinn nicht größer als ein Senfkorn, wenn er sich den Himmeln und den Erden nahen wollte, vergiengen sie in Flammen vor dem Glanze seines Angesichts.

V.  Israel.

Israel, der Todesengel, der dem Leben Einhalt thut, aller Bewegung Stillstand gebeut, und die Körper von den Seelen trennt. Auf die tiefste der Erden gefußt steht er, das Gesicht hingewandt gegen die Tafel des Schicksals, im höchsten Himmel, auf daß er die Geister, deren Stunde gekommen, sogleich abfordre und empfange.

Die fünf genannten Cherubim sind die höchsten Engel der ersten fünf Himmel, der höchste Engel des sechsten Himmels heißt

VI. Semhael.

Die ihm untergeordneten Legionen von Engeln haben Kindergestalten.

VII. Rafael.

Der höchste Engel des siebenten Himmels, dessen Schaaren den Menschenkindern gleichen.

Die dem Menschen zugegebenen Engel sind sieben an der Zahl, fünf Schutzengel, und zwey Aufzeichner seiner guten und bösen Thaten. Zwey der ersten beschützen ihn des Tages, die zwey anderen die Nacht hindurch, der fünfte verläßt ihn weder bey Tag noch bey Nacht. Die beyden Aufzeichner, der eine zur Rechten, der andere zur Linken, halten Buch über alle seine Gedanken, Worte und Werke. Nach den Schutzengeln (Hafaza) folgen die Schatzengel (Chazana), das ist, die Thürhüter des Paradieses, welche die Schätze desselben bewahren. Der oberste derselben heißt Riswan. Die Folterengel (Rebanye) sind über die Hölle gesetzt, ihr Haupt heißt Maleb. Die Grabesengel, Munkir und Nikir, nehmen, sobald der Mensch in die Erde gesenkt ist, im Grabe das erste Verhör seines vergangenen Lebens vor, mild und sanft mit den Gerechten streng und fürchterlich mit den Bösen. Der eine ist schwarz, der andere blau1.

Ueber die Engel, deren Pflicht es ist, die Seele beym Scheiden vom Körper zu übernehmen, hat die Ueberlieferung folgende Stelle aus Mohammeds Munde aufbewahret: "Wenn der Tod dem Gerechten naht, kommen die Engel des Paradieses mit einem weiß- seidenen Tuche, und sagen: Zieh aus, o reiner Geist! zufrieden wie der Herr mit dir zufrieden ist; zieh hin, zu Ruh und Gewinn; der Herr zürnt dir nicht, Er weiset dir ein holdselig Angesicht. Und er zieht aus wie Moschusgeruch, so daß die Engel denselben von Hand zu Hand geben, des süßen Geruchs zu genießen, bis sie kommen an des Paradieses Thor. Welch herrlicher Duft, sagen die Hüter desselben, steiget herauf von Erden! Die Engel bringen ihn zu den übrigen Gerechten, die sich seiner freuen, wie Ihr Euch freuet über die Rückkehr eines abwesenden Freundes. Die Einen fragen ihn um diesen und jenen seiner Bekannten; belästiget ihn nicht mit Fragen, sagen die Andern, er ist froh, dem Kummer der Erde entflohen zu seyn. Aber der Gerechte antwortet ihnen doch: dieser und jener ist gestorben, kam er denn nicht zu Euch? So ist er denn, sagen die Engel, hinuntergegangen zu seiner Mutter der Hölle. Wenn den Bösen die Todesangst peinigt, kommen die Folterengel mit lumpichtem Tuch, und sagen: Zieh aus, unreiner Geist, griesgramend wie der Herr dir grimmt, zieh aus zum ewigen Graus, Geh ein zur Höllenpein!

Und er zieht aus mit Aasgestank; sie tragen ihn zu den Pforten der Erde. Welch ein Gestank! sagen die Hüter derselben, und sie bringen ihn zu den Verdammten."

Die Zauberengel Harut und Marut sind aus Strafe für Missethaten, die sie auf Erden begiengen, in einem Brunnen zu Babel mit eisernen Ketten an den Füßen aufgehängt, bis zum Tag des Gerichts. Von ihnen lernten die Menschen die Zauberey.

Die Reiseengel bereisen die Erde nach allen Richtungen, mischen sich unter die Gesellschaften der Menschen, und leiten dieselben zum Guten als Missionarien der Tugend. Endlich die Engel, welche für das Wachsthum und Gedeihen aller Steine, Pflanzen und Thiere auf Erden Sorge tragen, insgemein die Engel der Geschöpfe genannt.

Außer den sieben Chören der Cherubim, welche unter der Anführung des Geistes, Gabriels, Michaels, Israfels, Israels, Semhaels und Rafaels die sieben Himmel bewohnen, außer den sieben Legionen der Schut- und Schatz-, der Folter- und Gerichts-, der Zauber-, Reise-und Geschöpfe-Engel, welche auf der Erde schweben und weben, schuf der Herr noch unzählige himmlische Geister und Engel zu seinem Lob und Preis. Voll prophetischer Begeisterung verkündigte Mohammed einst von der Kanzel die folgenden Worte: "Gott der Herr hat die Himmel durchfurcht, und mit Schaaren von Engeln besäet. Einige derselben liegen anbetend auf ihrem Gesichte, ohne dasselbe zu erheben, andere halten beständig das Knie gebeugt, ohne sich je niederzuwerfen, oder aufzurichten. In unveränderliche Reihen geschaaret, singen sie unaufhörlich Lob und Preis. Kein Schlaf kömmt in ihre Augen, Verstandesschwäche und Körperträgheit, und vergeßlicher Sinn befällt sie nicht. Einige derselben sind die Boten der Offenbarung, die Gottes Wort seinen Gesandten bringen, andere die Vollstrecker seiner Befehle; einige die Beschützer der Menschen. Andere die Hüter der Pforten des Paradieses; – Tag und Nacht preisen sie den Herrn, und fürchten ihn, und thun, was Er befiehlt."

Wiewohl sich die Zahl der Menschen, Dschinnen, Thiere und Engel eigentlich nicht berechnen läßt, so hält man folgendes Verhältniß ihrer Anzahl für das richtigste:

Das ganze Menschengeschlecht ist ein Zehntel des Dschinnengeschlechtes; beide zusammen ein Zehntel der Land-, und diese ein Zehntel der Seethiere. Die Summe aller derselben ein Zehntel der zum Schutz der Menschen auf der Oberfläche der Erde waltenden Engel. Diese wieder nur ein Zehntel der Engel, so im ersten Himmel wohnen, und so fort nach derselben Stufenleiter, bis in den siebenten und höchsten Himmel, und zum Gezelte Gottes.

Wie die Engel aus Licht, so werden die Dschinnen (Genien) aus Feuer erschaffen, und ihnen die Erde zur Herrschaft eingeräumt, auf der sie lange vor der Erschaffung Adams hausten, unter einer Dynastie von vierzig, oder, nach Andern, von siebzig Salomonen, deren Wesir Simurg der berühmte Vogelgreis war2.

Die Gestalten dieser Salomonen, so wie der Völker, die sie beherrschten, lassen an Sonderbarkeit und Abenteuerlichkeit die wildeste Einbildungskraft weit zurück. Vielköpfig, vielarmig, vielfüßig, vielleibig, mit Löwenrachen und Drachenschwänzen, und Pferdehufen und Bocksfüßen. Dies sind die Dschinnen oder Diwe, die nach Adams Erschaffung von der Erde verjagt wurden, vor ihm aber die Herrschaft derselben ausschließlich besaßen3.

Gott schuf, wie schon gesagt, Dschan Ben Dschan, den Vater des Dschinnengeschlechtes, aus Feuer, und aus seiner Rippe die Mutter des Dschinnengeschlechtes, wie er in der Folge Eva schuf aus der Rippe Adams. Diese kam mit dreißig Eiern nieder, aus denen sich die verschiedenen Geschlechter von Dschinnen oder Diwen, welche damals die ganze Erde bevölkerten, und heute noch das Gebirge Kaf, und die Wüsten Afrika's bewohnen, entwickelt haben4.

Ob auch die Peri's, diese zarten, schönen, lieblichen Geschöpfe, die Feen und Grazien des Dschinnistans, und die Takwins, die wahrsagenden, Schicksal verkündigenden Schwestern, die Parcen und Sibyllen der voradamischen Welt, den Eiern der Dschinnenmutter entschlofen, oder nicht vielmehr besonders von Gott aus Duft, wie der Dschinnenvater aus Feuer, und die Engel aus Licht, erschaffen worden seyen, ist ungewiß. Wahrscheinlicher das Letzte. Denn aus Dust gebildet, zarter, durchsichtiger Gestalt, leben die Peri's nur von Wohlgerüchen, und schweben wie unsere ihnen nahverwandten Elfen in luftigem Reigen über Blumen dahin.

Was unterm Monde gleicht

Uns Peris flink und leicht?

Wir spiegeln uns im Thau

Der sternenhellen Au.

Wir tanzen auf des Baches Moos,

Mir wiegen uns am Frühlingssproß,

Und ruhn in weicher Blumen Schooß.

Matthisson5.

Die Takwins, nicht minder schön als die Peri's, mit Fittigen leicht beschwinget, gaben den Salomonen der voradamischen Welt Aufschluß über die Zukunft durch Orakelsprüche, und Rath in schwierigen Fällen. Aber ihr erster hochbetrauter Staatsrath war doch immer der weise Greis, der ungeheure Vogel Simurganka, der sich noch am Hofe Salomons, des Sohnes Davids, als Repräsentant der Vögelgeschlechter einfand, seitdem aber in trüber Abgeschiedenheit auf dem Gebirge Kaf lebt als Staatsmann in der Einsamkeit6.

Die sieben Reichskleinodien dieser Salomonen voradamischer Welt waren eben so viele Talismanen, um deren Besitz spätere Helden, und vorzüglich die alten Könige Persiens die Züge ins Gebirge Kaf unternahmen, und so manches Abentheuer mit diesen und Diwen ritterlich bestanden. Nämlich:

Der Siegelring, das Symbol der höchsten Herrschaft über die Dschinnen, so hernach in Salomons, des Sohnes Davids, Besitz gerieth, und wodurch er ward

zum Herrn und Meister

der Menschen und der Geister.

Der diamantne Schild, den Kajunerß, der Stifter der ältesten persischen Dynastie, auf der Insel Ceilon fand, und seinem Sohne Huscheng vererbte.

Der undurchdringbare Harnisch.

Das Flammenschwert.

Der Reiger von Simurgs Federn, den in der Folge König Tahmuraß zuerst aufsetzte, seit wann Reigerbüsche zum königlichen Hauptschmucke geworden.

Der Becher, später in Dschemschids Händen das Symbol der Vortrefflichkeit, des Glanzes, der segenreichen Fruchtbarkeit.

Der Spiegel, oder das weltenerleuchtende Glas, worin Alexanders Eroberergenie die ganze Welt vor sich ausgebreitet erblickte7.

Die Residenzstadt der voradamischen Dschinnenkaiser hieß Fanum, sie war zugleich die Hauptstadt der ganzen Erde. Als dieselbe noch von Diwen, und nicht von Menschen bewohuet ward, mußte alle Macht und Herrschaft nur in Einem Punkte versammelt seyn. Die gesammten Symbole derselben mußten nur Einem, und zwar dem Stärksten der Dämonen angehören, damit er die unbändige Wuth der übrigen zu zähmen vermöchte. Als aber Menschen an die Stelle der Dämonen traten, wurde die Alleinherrschaft der Erde unter mehrere Könige vertheilt. Denn die Strahlen der Macht, im Brennpunkt der Weltherrschaft gesammelt, sind wohl für Dämonen, aber nicht für Menschen, nöthig und leidentlich. In der Folge der Zeiten war ein einziger der sieben genannten Talismane genug, um seinem Besitzer außerordentliche Macht und Herrschaft über seine Zeitgenossen zu verschaffen. So ward Huscheng durch den Schild, Thamuraß durch den Reiger, Salomon durch den Siegelring, Dschemschid durch den Becher der Fülle, Alexander durch den Eroberungsspiegel unsterblich in der Geschichte. Welchem Herrscher das Flammenschwert ward, ist uns nicht bekannt, noch weniger, welchem der Harnisch, sich dagegen zu vertheidigen.

Dschan Ben Dschan, der letzte der voradamischen Salomonen, füllte die Erde mit Unrecht und Empörung durch Uebermuth und Mißbrauch der Weltherrschaft. Da sandte Gott einen seiner Engel Iblis, oder auch Hereß, das ist, der Hüter genannt, auf Erden die Dschinnen zu bändigen, und sie von ihren Wohnsitzen zu verbannen, weit hinter das Gebirge Kaf. Zugleich beschloß Er, die Erde künftig mit einem neuen Geschlechte zu bevölkern, dem Geschlechte der Menschen. Denn Iblis hatte sich des Besitzes der Erde, die er von Dschinnen gereiniget hatte, durch den stolzen Gedanken, daß er der Engel höchster, und allein der Herrschaft der Erde werth sey, vor dem Angesicht des Herrn derselben unwürdig gemacht.

Ich will, sprach der Herr zu den Engeln, mir einen Stellvertreter setzen auf Erden; wirst du einen setzen, fragten die Engel, der Verderbniß übe, und Blutvergieße? Ich, entgegnete der Herr, weiß allein, was ihr nicht wisset.

Gott befahl also dem Engel Gabriel, auf Erden niederzusteigen, und eine Handvoll Erde zu nehmen, woraus er den Menschen erschaffen möge. Gabriel senkte seinen Flug dorthin, wo heut das heilige Haus die Caaba steht. Was willst du? fragte ihn die Erde. Eine Handvoll von dir, woraus der Herr seinen Stellvertreter schaffen will, der dich beherrschen soll. O Gabriel, antwortete die Erde, bei Gott dem Schöpfer aller Dinge! beschwör' ich dich, verschone mich mit diesem Auftrage. Dieser Stellvertreter der Gottheit wird mich mit Sünden und Blut bestecken, sich wider den Herrn empören, und mich zum Mitschuldigen seiner Verbrechen machen wollen. Gabriel kehrte unverrichteter Dinge zum Herrn zurück, dem er vom Flehen der Erde Bericht gab. Gott ertheilte denselben Auftrag dem Engel Michael, der ebenfalls mit leeren Händen zurückkam. Ihm folgte Israfel, und als auch dieser durch die Bitte der Erde bewegt sich seines Auftrags nicht entledigte, ertheilte Gott denselben dem Todesengel Israel. Dieser unerbittlich, und unbewegt durch Thränen nahm eine Handvoll Erde; das ist, vierzig Joche von allen Gattungen von Erden, denn soviel umfaßt die Handvoll des Todesengels.

Hieraus schuf Gott den Körper des ersten Menschen, und befahl den Engeln, denselben auf die Erde zu legen, noch ein unförmliches Gebilde aus mannigfaltigem Lehm geformet. Vierzig Jahre lang lag er den Strahlen der Sonne ausgesetzt, durch deren belebende Kraft sein Aeußeres und Inneres zur vollkommenen schönen menschlichen Gestalt ausgebildet ward. Die Engel strömten in Haufen herbey, dies sonderbare unbeseelte Gebilde anzustaunen, keinen beschäftigte es mehr, als Iblis, den stolzen Hüter der Erde. Als der Mund und die Nasenhöhlen geformet waren, kroch er hinein, und durchschloff alle Adern und Höhlungen dieses neuen Kunstwerks der Schöpfung. Da war alles hohl und leer, und ohne Leben und Geist, und als er wieder herausgekrochen war, sprach er zu den Engeln seinen Gehülfen: Das ist. Nichts, denn was sollte aus dem Leeren wohl werden! Sollte dies der Stellvertreter auf Erden werden, so verjage ich ihn daraus, wie ich das Geschlecht der Dschinnen verjaget habe, was meinet ihr? Wir gehorchen, antworteten sie, den Befehlen des Herrn. Er hat uns dir zu Gehilfen gegeben, das Geschlecht der Dschinnen zu vertreiben, Er ist dein und unser Herr!

Iblis, der die Abneigung der Engel, sich wider die Befehle des Herrn zu empören, einsah, antwortete für diesmal: Es ist gut, was ihr meinet, ist auch meine Meinung. Um nun den Körper zu beleben, befahl der Herr dem Geiste hineinzuziehen. Der Geist, als er sah, wie eng und finster, und ungemächlich die ihm bestimmte Wohnung sey, weigerte sich dessen. Da sprach der Herr: Zieh ein, o Geist, mit Widerwillen, und dann zieh aus zur Straf' mit Widerwillen. Der Geist gehorchte, gieng ein durch den Mund, in die Brust, in das Herz. Die Lungen hoben sich, das Herz strömte Blut aus. Von da stieg er auf in den Kopf, und als er ins Gehirne gekommen war, da nieste Adam und öffnete die Augen. Sage: Lob sey Gott, sprach ihm Gebriel, der zunächst stand, in das Ohr. Lob sey Gott, wiederholte Adam, und seine Enkel, die Moslimen, wiederholen es seitdem, so oft sie nießen.

Des ersten Menschen erste Begier, sobald er Augen und Mund geöffnet hatte, war nach Speise, es hungerte ihn, und er verlangte zu essen, denn der Geist rumorte schon in dem Magen. Doch vermochte er nicht aufzustehen, um seinem Wunsche Genüge zu leisten, denn der Geist war noch nicht in die Lenden und in die Füße vorgedrungen. Als er aber den ganzen Körper beseelet hatte, und die Engel das Meisterstück der Schöpfung vor sich sahen, in aufrecht stehender gegen Himmel gerichteter Gestalt, priesen sie den Herrn und sprachen: Lob sey Dir, wir wissen nur, was Du uns lehrtest; sagt ichs Euch nicht, erwiederte der Herr, ich weiß die Geheimnisse des Himmels und der Erde, ich weiß, was ihr offen haltet und verborgen.

Den ersten Ausdruck des Gefühls von Dankbarkeit und Lobpreis, hatte Gabriel dem Menschen in den Mund gelegt, aber die Bezeichnung seiner Begriffe mit Namen lehrte ihn Gott der Herr selbst. Er lehrte ihn die Namen der Thiere und Pflanzen, und Steine, und schenkte ihm den ganzen Reichthum der Sprache, so wie er ihm die Herrschaft über alle Thiere und andere Geschöpfe auf Erden verlieh. Nun befahl er auch den Engeln, dem Vater der Menschen zu huldigen, und sie huldigten ihm Alle, ausgenommen Iblis der Stolze, welcher sich weigerte, den neuen Herrn der Erde anzuerkennen.

Was hindert dich, ihm zu huldigen, fragte ihn der Herr. Wie sollte ich, antwortete er, huldigen einem sterblichen Geschöpfe, das du erschaffen aus Erde. So verlaß, sprach der Herr, die Erde, Verruchter, und sey bis an den Tag des Gerichts verflucht!

Iblis, verlor die himmlische Gestalt, von nun an ein verworfener Engel, oder Teufel, Satan, der Verruchte, der Verfluchte.

Er verließ die Erde, und schlug seinen Thron auf über den unermeßlichen Wassern des Meeres, umgeben von den Ungeheuern der grundlosen Tiefe; den Vater der Menschen hingegen trugen die Engel ins Paradies Gottes, wo er zuerst von den Früchten des Paradieses genoß, und dann in süßen Schlummer sank. Während er schlief, formte Gott aus seiner Ribbe Eva seine Gefährtin, die Mutter der Menschen, und gab ihnen das Paradies zum Genusse, einen einzigen Baum ausgenommen, den Baum des Getreides, der erst seit dem Falle Adams zur Aehre verkrüppelt ist. So genoß Adam durch hundert Jahre mit seiner Gefährtin des Paradieses und des Umgangs der Bewohner desselben, das ist, der Geister und Seelen der Propheten, welche Gott zugleich mit Adams Geiste erschaffen hatte, und welche das Paradies bewohnen, so vor als nach ihrem vorübergehenden Aufenthalte auf Erden.

Adam grüßte sie mit den Worten: Heil sey Euch, (Selem aleikum), und sie erwiederten den Gruß mit Euch sey Heil (Aleikum selem); dies ist also der Gruß des Paradieses, mit dem sich noch heut die Moslimen befreunden. Auf der Stirne dieser verklärten Geister, welche in späten Jahrhunderten erst auf der Erde verkörpert erscheinen sollten, war die Zahl ihrer Lebensjahre mit leuchtenden Buchstaben angeschrieben. Wer, fragte Adam den Herrn, wer ist der Mann, mit dem Seherblick hoher Begeisterung, und der von Wohllaut schwellenden Lippe, dem nur vierzig Jahre an die Stirne geschrieben sind?

Es ist, antwortete der Herr, dein Sohn David, der fromme König, der hohe Sänger. O so lege ihm, flehte Adam, sechzig Jahre von meinem Leben zu, und Gott willfahrte dem Vater der Menschen. In dessen sann Satan, voll listiger Rathschläge, wie er Adam verführen, und des Paradieses, dessen er selbst verlustig geworden, berauben möchte. Hundert Jahre lang war er um die hohen demantenen Mauern geschlichen, um die Gelegenheit zu erspähen, wo er sich unbemerkt hinein stehlen könnte; aber umsonst, der Engel Riswan, der wachsame Hüter der Pforten des Paradieses, wieß ihn immer mit flammendem Schwerdt zurück. Endlich fand Satan eines Tages die Schlange, die sich außer den Mauern des Paradieses ins Gras gelagert hatte, sich dort zu sonnen. Sie hatte damals nicht die heutige verworfene Gestalt, sondern war ein schönes Thier mit Füßen und Händen, und Flügeln, nach dem Menschen das schönste. Satan überredete sie, daß er, einer der ersten Cherubim, nur in zeitliche Ungnade bey Gott gefallen sey, bald aber zur vorigen Gunst zurückkehren werde, wo er sich dann erkenntlich zeigen wolle, wenn sie ihm itzt nicht den kleinen Dienst versagte, ihn, von Riswan unbemerkt, ins Paradies zu tragen. Die Schlange ließ sich bethören, erlaubte, daß er in ihren Mund kroch, und schwärzte ihn so unter der Zunge über die Schwelle des Paradieses.

Satan nahte sich Adam in seiner wahren Gestalt, und gab sich ihm zu erkennen für den in die allerhöchste Ungnade gefallenen Cherubim Iblis. Du befindest dich, Adam, sprach er, sehr wohl hier, nur Schade, daß es nicht ewig währen soll! Und warum nicht? fragte Adam. Hat man dir denn nicht verboten, von der Frucht jenes Baumes zu essen, dies ist der Baum des ewigen Lebens, dessen Genuß Euch die ewige Fortdauer des itzigen Glückes gewähren würde. Adam weigerte sich lange, Satans Einsprechungen Gehör zu geben, da wandte er sich an Eva, die er mit weniger Müh überredete, und dieser kostete es nur süßer Schmeichelworte, um Adam zum Genuß der verbotenen Frucht zu bewegen. Aber kaum hatte die Frucht ihre Kehle hinab geglitten, als sich das Gewand des Paradieses von ihren Körpern lößte; Adam und Eva waren nämlich am ganzen Leibe mit einem hornartigen, weichen, glänzenden, rothen Panzer bekleidet, der nun Stück für Stück herabfiel; nur an den äußersten Enden der Finger und Zehen blieben einige Ueberbleibsel davon zurück, die Nägel, den Menschenkindern zum ewigen Angedenken, daß ihre Aeltern das Paradies verloren; und auch diese Reste des paradiesischen Flügelkleides verlören alle Aehnlichkeit damit, wenn reinliche Sorgsamkeit sie nicht von Niednägeln und Auswüchsen, womit die indische Natur dieselben stets verunstaltet, zu säubern besorgt wäre. Die Frauen, denen der Verlust des schönen paradiesischen Kleides am nächsten zu Herzen geht, ersetzen die ursprüngliche Farbe desselben, an den Nägeln mit dem hellen Roth Henna.

Als sich Adam und Eva am ganzen Körper entkleidet sahen, die Spitzen der Finger und Zehen ausgenommen, schämten sie sich gegenseitig. Gott aber sprach in seinem Grimm: Steigt hinunter zur Erde ein feindlich Geschlecht. Adam, Eva, Satan, und die Schlange, jedes seiner Missethat bewußt, klammerten sich an die vier Aeste des Kornbaums in Angst vor dem Grimme des Herrn. Er entwurzelte ihn und schleuderte ihn aus dem Paradies hinab auf die Erde, wo Adam auf die Insel Serendib (Ceilon), Eva in die Gegend um Mekka, die Schlange auf Isfahan, Satan in Kermans salziger Wüste, die Frucht des Baumes aber, das Getreidekorn, auf die ganze Erde verbreitet, niederfiel, als Nahrung bestimmt den Menschenkindern, unter dem Schweiß ihres Angesichts zur Strafe des Ungehorsams ihrer Aeltern.

Adam war auf den höchsten Berg gefallen in Ceilon, der noch heute seinen Namen trägt. Reuesvoll blieb er auf seinem Gesichte liegen, und vergoß Thränen der bittersten Reue. Aus seinen Thränen sproßten alle die großen Bäume Indostans wie der Kokosbaum, die Myrobolane und andere. So lag er hundert Jahre, ohne das Gesicht aufzuheben, oder seinen Thränen Einhalt zu thun. Da sandte der Herr, der nicht sein Verderben wollte, den Engel Gabriel zu ihm. Gabriel nahm ihn sanft beim Arme, hebte sein Haupt auf und sprach: Gott der Herr läßt dich grüßen und dir sagen, er habe dich ja nicht ohne Zweck erschaffen, er habe dich ja nicht umsonst ins Paradies gesetzt, und dir eine Seele gegeben. Zu was das Weinen, und unnütze Klagen! Ach! Gabriel, erwiederte Adam mit großem Schluchzen, ich weine um die verlorne Nachbarschaft des Herrn, von dem ich nun so weit entfernt bin. Betrübe dich nicht unmäßig, sprach Gabriel, und lies einmal dahier. Hier hielt er ihm eine Rolle mit folgendem Verse des Korans hin:

Lob Dir, es ist kein Gott als Du! Herr, ich erkenne meine Missethat, und habe bös gehandelt gegen meine Seele. Verzeihe mir, denn Du bist der Beste der Verzeihenden. Lob Dir, es ist kein Gott als Du!

Adam las, und der Herr nahm seine Reue an. Darob vergoß Adam einen neuen Strom von Thränen, aber nicht von bitteren der Reue, sondern von süßen der Freude, aus denen Hyacinthen, Violen und andere wohlriechende Blumen sproßten.

Nun hungerte Adam zum erstenmal auf Erden. Gabriel brachte ihm das Korn und lehrte ihn, wie er die Erde pflügen, dasselbe säen, ärnten und kochen müsse, lehrte ihn auch die Zubereitung der sauern Milch, Hogurd genannt. Als Adam gegessen hatte, fühlte er neue Nothdurft, die ihm im Paradiese unbekannt geblieben war, denn dort verdufteten die Speisen, und suchten keinen Ausweg; auch hierin schaffte ihm Gabriel Erleichterung. Adam hatte damals noch die ganze Körpergröße, mit der er erschaffen worden war, wie aus seinen noch heut auf dem Adamsberg gezeigten Fußstapfen zu ersehen. Gabriel geschmeidige seinen für die Erde zu großen Körper, indem er ihn mit seinen Flügeln vom Haupte gegen die Erde zusammendrückte. Adam durchwanderte nun die Erde, und war bis in die Gegend von Mekka gekommen, ohne Ruhe zu finden, denn rastlos trieb ihn die Sehnsucht nach der verlornen himmlischen Wohnung auf Erden umher. Gott sandte ihm seinen Boten Gabriel, der sagte ihm: Adam! umsonst ist hier auf Erden dein Streben nach Ruhe, aber um deine Sehnsucht nach himmlischer Wohnung nur einigermaßen zu stillen, sendet dir der Herr aus dem Paradies ein Haus aus funkelndem Rubin. Gabriel setzte es gerade auf der Stelle nieder, wo heut die Kaaba steht. Der so hoch verehrte schwarze Stein war einer von den Steinen jenes himmlischen Hauses, ursprünglich ein hellstrahlender paradiesischer Stein, der nur durch das Berühren sündiger Menschen finster und schwarz geworden. Gabriel lehrte Adam den Umgang ums himmlische Haus, so wie er noch heute bey der Pilgerschaft nach Mekka um die Kaaba gehalten wird. Adam befand sich nun nicht ferne von Eva. Sie fanden und erkannten sich das erstemal auf dem Berge Arafet, der deßhalben der Berg der Erkenntniß heißet. Sie schlachteten Lämmer, und verfertigten sich aus den Fellen derselben die ersten Kleider.

Iblis, der noch immer das Glück des Menschen, selbst nachdem er gefallen, beneidete, fieng an, dem Herrn zu flehen: Herr, mein Gott! So viele Aeonen habe ich Dir gedienet, in jedem Himmel bin ich dreyhundert Jahre lang anbetend vor dir auf dem Gesicht gelegen, und doch hast Du mich von Deinem Throne verstoßen, erhöre doch wenigstens eine meiner Bitten. Verfluchter, Verruchter! antwortete Gott, du bist auf Ewigkeit verworfen, und aus dem Paradiese verstoßen, aber eine andere Bitte als die, um Rückkehr in meine Gnade, will ich dir gewähren aus ewiger Huld. Herr! flehte Satan, gieb mir vom wahren Wege Verirrtem, daß ich die Menschenkinder vom wahren Wege verführen dürfe. Meines Versprechens und meiner Ehre halber, antwortete der Herr, sey dir die Bitte gewähret. – Sogleich knüpfte Satan mit Adam die alte Bekanntschaft an. Vater der Menschen, sprach er zu ihm, wir sind nicht gemacht, aufeinander immer zu grollen. Laß uns Freunde seyn, ich bin ja dein älterer Bruder, und um einen Kopf größer als du. Adam nahm das Anerbieten an, und nannte sogar eines seiner Kinder nach ihm Abdahareß, doch starb es zwey Jahre nach seiner Geburt. Seine übrigen Kinder vermählte er untereinander. Abel und Cain, Zwillinge, liebten beyde eine ihrer Schwestern, die doch nur Einem von ihnen werden konnte. Sie kamen überein, beyde dem Herrn ein Brandopfer zu bringen, und wessen Opfer von himmlischem Feuer entzündet würde, dem werde die Schwester. Abel, als Hirte, legte ein Lamm, Cain, als Ackersmann, legte Garben auf dem Altar. Eine Flamme vom Himmel entzündete das Opfer des Ersten, das angenehmere dem Herrn. Neid und Eifersucht erstickten die Gefühle der Bruderliebe im Herzen Cains. Die Erde ward mit dem ersten Menschenblute durch Brudermord geröthet.

Adam wußte, daß seine bestimmte Lebenszeit 1000 Jahre sey. Als nun der Todesengel erschien, seine Seele zu fordern, entrüstete sich Adam, weil noch vierzig Jahre von tausend fehlten. Hast du denn vergessen, sagte der Todesengel, daß du mit vierzig Jahren deines Lebens dem König David ein Geschenk gemacht. Ach! entgegnete Adam, damals war ich im Paradiese und wußte nicht, wie theuer das Leben auf Erden sey, meine Schenkung hat keine Kraft. Der Todesengel ließ sich abspeisen mit der Antwort, aus Ehrfurcht vor dem Vater der Menschen, aber nach vierzig Jahren kehrte er wieder, und Adam übergab seinen Geist ohne Widerrede in dessen Hände.

Fußnoten

1 Sobald der Mensch

Sich selbst in düstrer Grabesdämmerung

Erblickt und um sich her die Todten schaut,

Begrüßt er sie als Freunde und Bekannte,

Und jammert laut: –

Noch klaget er, und schon erscheinen die

Zwei Engel des Gerichts und fragen ihn;

Sag an: Wer ist dein Gott? Wer dein Prophet?

Wer dann an schönen Werken reich sich fühlt,

Der singt frohlockend wie die Nachtigall;

Wer aber voll von Sünden ist, –

Dem öffnen weit der Hölle Pforten sich u.s.w.

Von den letzten Dingen. Deutscher Merkur.

Julius 1796.

2 Die folgenden kurzen Beiträge, oder vielmehr Andeutungen dieser präadamischen Fabelgeschichte sind aus Herbelot genommen, der dieselben aus den sieben persischen Geschichten und Romanen, Schahname, Kehramanname, Hüschengname, Suleimanname, Tahmurasname, Kejnmersname und Iskendername gesammelt hat.

3 Die Namen der vorzüglichsten sind: Dschan Ben Dschan der Erste, Soliman Hat, Soliman Raad, Soliwan Daki, Soliman Imlak, Soliman Jared, Soliman Schadi, Soliman Mirani, Soliman Biwaki, Soliman Tschagi, Soliman Hekki, und der Letzte derselben Dschan Ben Dschan.

Herb. Soliman.

4 Die bekanntesten Gattungen dieser Dämonen sind: die Gul, eine Art von Irrwischen, welche die Wanderer vom Wege ableiten; die Ifrit, eine Art von Satyrn oder Waldteufeln; die Kothrob, eine Art von Wüstenteufeln, wie Bossens Herzensbrüderchen Puhx; die Nisnas oder Pagmäen; die Mared oder Faunen; die Bahari oder Wassermänner; die Saal, Wakaris, Dewaßik, Hawam, Hamamiß, Dschesair u.s.w.

Mesudi, XLVl. Hauptst.

5 Die Wortverwandtschaft zwischen Tairy und Peri, Dschinn und Genius, Diw und Divus, springt wohl Jedem, der sich auch nicht mit Wortforschungen abgiebt, ins Auge. Siehe auch über die Peri's den Aufsatz aus Ousely's Oriental, Miscellanies übersetzt und mit Anmerkungen begleitet, im deutschen Merkur, Oktober 1796.

6 Vielleicht ist er es, der von Zeit zu Zeit in der Minerva von Archenholz spukt.

7 S. Herders Ideen zur Geschichte der Menschheit. Erster Theil, S. 72 u. 73, wo jedoch der Becher mit dem Splegel vermengt wird.

II. Edris oder Enoch.

Zu seiner Zeit verehrten die Menschen schon das Feuer, und er ward gesandt als Prophet, dieselben zum wahren Dienste Gottes zu belehren. Er las ihnen die Bücher vor, welche Adam und Seth vom Himmel erhalten hatten, und schrieb selbst mehr als dreyßig zusammen. Bis auf ihn hatten sich die Menschen in Thierhäute gekleidet, er lehrte sie zuerst wollene Kleider weben, und nähen. Er verfertigte für die ganze Welt Röcke, und Kaftane, und betete bey alledem Tag und Nacht ohn' Unterlaß, ja einmal brach er sich zehn Jahre lang den Schlaf ab. Deswegen liebten ihn die Engel Gottes, und sogar Israel, der Todesengel, verliebte sich in ihn, und wohnte lange Zeit unerkannt mit ihm.

Als er sich nun zu erkennen gab, sagte Edris: Bist du gekommen, meine Seele zu fordern? – Nein – nimm sie immer – das darf ich nicht ohne Befehl des Herrn. – Lieber Todesengel, so erwirke mir die Gnade vom Herrn, daß ich sterben, und wieder lebendig werden möge. Meines ersten Lebens bin ich satt, vielleicht wird mirs im zweyten besser. Israfel trug des treuen Dieners Bitte dem Herrn vor, er starb, und wachte wieder zum Leben auf, und die innige Freundschaft mit Israel gieng ihren Gang fort. Lieber Todesengel, du hast mir Muth zum Bitten eingeflößt, thu mir die Freundschaft, und laß mir das Paradies sehen. – Dazu muß ich die Erlaubniß vom Herrn einholen, und Gott der Herr ertheilte die Erlaubniß. Sie kamen miteinander an die Thore des Paradieses, vor denen der Cherubim Riswan die Wache hält. Kein Einlaß hier für sterbliche Menschen vor dem Tode, rief er ihnen entgegen; sie beriefen sich auf die Erlaubniß des Herrn aber Riswan hatte noch kein Einlaßbillet erhalten, Auch dieses kam, und Edris lustwandelte nach Gefallen zwischen den Lauben des Paradieses. Der Hüter des Paradieses, wiewohl ein Cherubim, ist doch nicht weniger läßig, als die Hüter anderer Gärten. Hinaus, hinaus, rief er, die Zeit ist längst vorbey, und zog den Propheten beim Kleide über die Schwelle des Paradieses fort. Noch Eines hab ich darin vergessen, rief Edris, und sprang zurück, denn in der That hatte es ihm darin so gut gefallen, daß er nicht mehr heraus wollte. Da legte Riswan Hand an, ihn mit Gewalt hinauszuwerfen. Wie so? rief Edris, das mir! mir, einem Propheten, einem Gottgesandten Seher! Wie schickt sich dies für einen Cherubim, wie dich? Nun erscholl die Stimme des Herrn, laß ihn, o Riswan! meinen getreuen Diener verweilen nach Gefallen. Edris blieb im Paradiese, und ist seitdem noch stets darinnen. So hat er durch Andacht und Fleiß Gnade vor dem Herrn gefunden, durch Freundschaft dem Todesengel das Leben, und durch Beharrlichkeit dem Cherubim des Paradieses den Aufenthalt darinnen abgewonnen.

III. Noe.

Noe hatte vier Söhne, Sam, Ham, Jafet und Canaan. Der letzte weigerte sich, der Einladung seines Vaters in die Arche zu folgen. Ich flüchte mich auf die hohen Berge, sprach er, wider die Wasser. Eine Woge verschlang ihn vor den Augen seines Vaters. Herr! rief Noe, hast du mir nicht verheißen die Rettung meiner Familie. Er gehört nicht in deine Familie, rief der Herr, denn er war von den Ungläubigen. Da reute Noe'n das gesprochene Wort. Ich flüchte mich zu dir, o Gott, rief er, in Dingen, die ich nicht verstehe. Als die Arche ausgezimmert war, hieß Moses die Thiere eingehn auf Gottes Befehl, je Paar und Paar.

Der Esel weigerte sich, über die Schwelle der Arche zu treten, denn Iblis hatte sich unter seinem Schweife versteckt. Noe, der Weigerung zürnend, rief voll Erbitterung: Herein, Verfluchter! und der Esel sprang in die Arche. Als Noe den Satan in der Arche sah, fragte er ihn mit Verwundern: Wie kamst denn du herein? – Auf deinen Ruf und Befehl. – Du lügst. – Nicht doch, als der Esel sich weigerte hereinzukommen, weil ich mich unter seinem Schweife verborgen hielt, riefst du: Herein, Verfluchter! Unter Gottes Geschöpfen ist aber keines verflucht, als ich.

So hat der erste auf Erden von Menschen ausgesprochene Fluch den Teufel in die Arche gebracht, und der Esel war dumm genug, Noe's Fluch auf seinen Schweifreiter, und nicht auf sich selbst auszulegen.

Wie Satan in die Arche überzählig eingegangen war, so giengen auch zwey Thiere, die nicht hineingegangen waren, heraus, das Schwein und die Katze, die vor der Sündfluth nicht erschaffen waren. Der Unrath der vielen Thiere, und die Zahl der Mäuse und Ratten hatte sich in der Arche so sehr vermehrt, daß in dem ersten die Menschen fast ersticken, die zweyten die Wände der Arche fast durchnagen wollten. Da streichelte Noe den Rücken des Elephanten, der das Schwein fallen ließ, das sogleich allen Unrath auffraß. Dann schlug er mit geballter Faust auf die Stirne des Löwen. Der Löwe nieste, und aus seiner Nase sprang die Katze heraus, welche sogleich die Mäuse und Ratten verzehrte.

Noch heut sind deswegen auf Schiffen Schweine und Katzen die nützlichsten Thiere.

Als die Wasser sich zu setzen anfiengen, sandte Moses den Raben aus, der ohne Kunde zurück kam, hierauf die Taube, welche einen Olivenzweig im Schnabel trug. Noe fluchte dem Raben, und segnete die Taube. Der erste ist seitdem ein Unglücksbote, und die zweyte als Briefträgerin, Geberin fröhlicher Kunde geblieben.

Der Einzige Mensch, der außer der Arche von der Sündfluth gerettet ward, war der Riese Audsch, Anak's Sohn. Er war so ungeheuer groß, daß ihm die Wasser der Sündfluth nur bis an die Kniee reichten. Mit der einen Hand griff er in den Abgründen der Fluch nach Delphinen und Wallfischen, und mit der andern hielt er dieselben hoch empor, um sie an der Sonne zu braten.

IV. Hud.

Nicht so ungeheuer groß als Audsch, Anak's Sohn, aber doch von Riesenschlag, und noch mehr von Riesenstärke, war das Volk Aad, ein arabischer Stamm, der die südlichen Küsten Arabiens bewohnte. Dort, wo sich heute zwischen den beyden fruchtbaren Provinzen von Hasramut und Oman die Sandberge Alahkaf austhürmen, an der Seeküste Schahar, war das Thal Mogaiß, der Sitz dieses durch den Grimm des Herrn ausgerotteten Volkes, das unter starksäuligen Zelten wohnte. Daher des Korans Wort: Siehst du nicht, was der Herr gethan mit Aad, den Bewohner von Crem voll starker Säulen.

Der Stamm Aad betete zuerst nach der Sündfluth Idole an, deren drey Sada, Samud und Haa hießen. Um sie zu bekehren, und auf den wahren Weg seiner Verehrung zurückzuführen, sandte ihnen Gott den Propheten Hud. Aber sie hörten ihn nicht, auf ihre Stärke und ihre Baukunst pochend. Sie waren so stark, daß, wenn sie nicht auf Felsen giengen, und auf der Erde mit gewöhnlichem Schritte auftraten, sie jedesmal bis an die Kniee versanken, so wie der Wanderer noch heut in den Sand, der ihre Fluren deckt, versinkt bis an die Kniee. Sie bauten sich Wohnungen aus Felsen, die sie oft bis zur Vollendung statt des Gerüstes mit ihren Schultern stützten1. Was sich noch von alten Ruinen und Gebäuden überschwenglicher Größe und Stärke auf Erden findet, schreibt man insgemein dem Volke Aad zu, als Erbauer derselben. Hud predigte, und Aad baute; sie sagten: wer kann uns strafen, denn wer ist stärker als wir! Fünfzig Jahre hatte er fruchtlos gepredigt, da versagte der Herr dem Lande den Regen; drey Jahre lang war kein Tropfe vom Himmel gefallen, das ganze Land schmachtete in versengender Trockenheit. Indeß wollten sie doch nicht glauben den Worten Hud's, und sich zum wahren Glauben bekennen, sondern sie wählten drey Männer aus ihrem Mittel, die nach dem Orte des himmlischen Hauses zu Mekka wandern, und dort den Gott desselben um Regen anflehen sollten. Zwar stand das himmlische Haus nicht mehr auf Erden (denn Engel hatten es in den Himmel zurückgetragen bey der Sündfluth), aber die Stelle desselben war schon damals eben so verehrt bey den Völkern Arabiens, als die seitdem darauf gebaute Kaaba. Die drey Abgeordneten hießen Lokman Morßed und Cail. Die beyden Ersten hatten sich insgeheim zu Hud's Lehre bekehrt, und als sie in der Gegend des himmlischen Hauses angekommen waren, entdeckten sie ihrem Gefährten ihren Glauben und die innigste Ueberzeugung, daß alle Opfer nichts nützten, wenn sie nicht im Namen des wahren und alleinigen Gottes dargebracht wären. Cail nahm es auf sich, allein das Opfer darzubringen. Er stieg auf den Berg Nima, hob die Hände empor, und betete so, wenn dies Beten heißen kann: Gott des himmlischen Hauses, ich flehe Dich nicht, daß Du meinem Volke wider seine Feinde helfest, denn es ist stark genug, dieselben allein zu bändigen. Alles, was ich von Dir begehre, ist ein Bischen Wasser. Da erschienen drey Wolken am Himmel, eine weiße, eine rothe, eine schwarze; und aus den Wolken tönte die Stimme: Wähle! – Cail dachte, die rothe Wolke ist nichts als Sonnenwiderschein, die weiße Hagel, die schwarze Regen. Er wählte also die letzte, und sogleich begann es zu tröpfeln. Voll Freude zog er nach Haus, und die Wolke hinter ihm her, denn Gott hatte seinen Gerichtsengeln befohlen, dieselbe zu regieren. Das Volk Aad freuete sich der Ankunft der Wolke, als sie aber über dessen Scheitel hieng, siehe, da stürzte herab auf Volk und Land ein wüthender Orkan, der Menschen, und Thiere, und Häuser, und Felsen mit sich in die Luft führte, und hinaus ins Meer riß; das Volk Aad war ausgerottet; nur Lokman und Morßed, die dem Propheten geglaubet haben, blieben am Leben. Der Erste ward sieben Rhinocerosalter, das ist, dreytausend fünfhundert Jahre alt. Des Propheten Hud Grabmal erhebt sich noch heut am Eingange der Sandberge Ahkaf, mit denen der Orkan die fruchtbaren Fluren des Volkes Aad bedeckte. Dieser Stamm ist von einem zweyten ebenfalls verloschenen desselben Namens zu unterscheiden. Aus diesem war Schedad, der Sohn Ads, der Erbauer des irdischen Paradieses Erem. Ob im Koran unter Crem voll starker Samiten die Wohnungen des ersten oder zweyten Volkes gemeint seyen, hierüber sind die Meinungen der Ausleger getheilt. Schedad glaubte sich selbst einen Gott auf Erden, und baute sich ein irdisches Paradies, dessen Mauern aus Gold, die Palläste aus Diamanten und andern Edelsteinen bestanden. Schaaren der schönsten Jünglinge und Mädchen sollten die Stelle der Huris und der Paradiesesknaben vertreten. Alles nur Wollust einathmen und ausströmen. Der Bau war vollendet, die Sonne und die Mauern funkelten, die Gärten und die Mädchen blühten. Schedad nahte, sich als irdischer Gott seines Paradieses zu freuen. Da rührte ihn und sein Volk die gewaltige Hand des Herrn an. Sie erstarrten auf ewig. Wirbelwinde bedockten die Gegend weit umher mit wogendem Sand. In der Mitte unzugänglicher Wüsten stehet noch der herrliche Bau von Jrem, nur durch die Ueberlieferung einzelner Reisenden bekannt, die von Jahrtausenden zu Jahrtausenden so glücklich waren, den Weg hin und wieder zurückzufinden, und Juwelen ungesehener Größe mit sich brachten.

Fußnoten

1 Die Caryatiden des Morgenlandes.

V. Saleh.

Themud, einer der ältesten arabischen, so wie Aad verloschenen Stämme, bewohnte ein Felsenthal im nordwestlichen Arabien, und hatte sich seine Wohnungen in Stein gehauen. Noch heut bestaunen die Carawanen auf ihrem Wege von Syrien nach Mekka dieses außerordentliche Thal mit seinen Grotten und Felsenwohnungen, und gehen beschleunigten Schrittes und mit großem Geschrey durch, nach dem Beyspiel des Propheten, um das fürchterliche Geschrey des dorthin verbannten Kameels Saleh's nicht zu vernehmen. Diese Felsenstadt heißt Hadscher die steinerne, bey den alten Geographen Petra, wovon das ganze umliegende Land den Namen des steinigten Arabiens erhalten.

Das Volk Themud, von dem der Koran sagt, sie gruben ihre Wohnungen in die Felsen, betete Idole an; Um es zu bekehren, sandte ihnen der Herr den Propheten Saleh, ihren Bruder, wie der Koran sagt, das heißt, einen aus ihrer Mitte.

Lange predigte er ihnen, aber sie verlachten ihn nur, und foderten von ihm Zeichen, als Beweise seiner Sendung. Und was für ein Zeichen begehrt ihr denn? – Begehre vom Herrn, daß der Fels sich spalte, und ein Kameel herausgehe mit rothem Schweif, und seinem Jungen, daß beyde grasen, und trinken, und dann wollen wir deinen Worten Glauben beymessen, o Saleh.

Das ist dem Herrn nur ein Spiel, erwiederte Saleh, aber ihr Ungläubigen werdet auch dann nicht glauben wollen, werdet das Kameel tödten, und den Grimm des Herrn auf Euch laden. – Nein! nein! wir tödten es nicht!

Saleh wandte sein Gesicht zu dem Herrn und flehte; da kreiseten die Felsen, als ob sie in Geburtsnöthen wären, der Berg spaltete sich, und ein Kameel mit rothem Schweife gieng heraus, mit seinem Jungen. Beyde weideten, wie die anderen Kameele, und gieugen dann zur Tränke zum einzigen Brunnen des ganzen Stammes Themud.

Da tranken die beyden Kameele so viel, daß mehrere Männer waserlos blieben, die dann darüber groß Geschrey erhoben. Ihr habt es ja selbst begehrt, da Felsenkameel mit seinem Jungen, sprach Saleh, hütet Euch nun, demselben etwas zu Leide zu thun, wenn ihr nicht in die Strafe des Herrn verfallen wollet; theilet mit dem Kameele das Wasser, so daß einen Tag Ihr, und den andern das Kameel mit seinem Jungen trinke. So wird das Wasser genügen. Hütet Euch, Hand anzulegen an dasselbe, sonst wird Euch der Herr vertilgen in seinem Zorn.

Das Volk, erschreckt durch des Propheten Drohung, theilte sich mit dem Felsenkameel in das Wasser des Brunnen, so daß einen Tag das Volk, den andern die beyden Kameele tranken. Dies hielten sie durch dreyßig Jahre, während deren Saleh ihnen unaufhörlich prophezeihte, sie würden dennoch zuletzt das Kameel tödten, und auf sich laden den Grimm des Herrn. Vielleicht hätten sie's längst gethan ohne diese Prophezeihung. Sie enthielten sich der Frevelthat nicht aus Furcht des Herrn, sondern um seinen Gesandten Lügen zu strafen. Ein hartnäckiges Volk, wie der Felsen, in den es sich eingegraben. Des Propheten Wort schien auf dessen Starrsinn berechnet.

Du bist ein Lügner, sagten sie zu Saleh. Dreyßig Jahre sind verflossen, während deren wir das Wasser den Lippen absparten, um deine Kameele zu tränken. Du siehst sie weiden wohlgemuth, ungeachtet deiner Prophezeihung, daß wir sie tödten, und ins Zorngericht des Herrn fallen würden.

O ihr Felsenherzen und Steinköpfe! Der Mörder des Kameels wird dieses Jahr geboren werden. – An was sollen wir ihn erkennen? – An rothen Haaren und Katzenaugen. Laßt uns den Seher Lügen strafen, sprachen sie unter einander, und jedes neugeborne Kind, das diese Zeichen trägt, aus dem Wege räumen.

Neun Weiber waren dieses Jahr mit so gezeichneten Kindern niedergekommen, und die neun unschuldigen Kinder wurden gemordet, den Seher Lügen zu strafen. Nun ward auch das zehnte geboren mit rothen Haaren und Katzenaugen, aber die Väter der neun Gemordeten, die ihren Verlust deweinten, stimmten dafür, daß man es leben lasse. Denn, seht ihr nicht, sagten sie, daß Saleh seine Prophezeihungen auf unsern Eigensinn baut, wie wir unsere Häuser auf Felsen, und daß er uns nun auch unserer Kinder berauben möchte, wie seit dreißig Jahren des Wassers. So ließen sie das Kind am Leben, und schworen den Untergang des Sehers.

Als der Knabe zwölf Jahre alt geworden, und die Väter der neun Gemordeten denselben in voller Jugendblüthe erblickten, schwoll ihnen das Herz neuerdings von Rache. Sie stellten sich in nächtlichen Hinterhalt, den Propheten zu tödten, aber der Fels stürzte über ihnen zusammen, und begrub sie. Das Volk, entrüstet über den Verlust ihrer Brüder, ergrimmte gewaltig wider den Propheten; Hinweg, schrien sie von nun an, mit Saleh und seinem Kameele, wir bedürfen weder des einen noch des andern. Der Aufruhr gohr, und als das Kameel zum Brunnen gieng, erschlug dasselbe der zwölfjährige bösgeartete Knabe mit rothen Haaren und Katzenaugen.

Das Junge entfloh in die Felsen. Hab' ichs Euch nicht vorausgesagt, sprach Saleh, ihr würdet das Kameel tödten, und Euch des Gerichts des Herrn schuldig machen, geht und bringt wenigstens das Junge zurück. Sie folgten den Fußtapfen desselben zwischen die Felsen, aber sie fanden es nicht; sie hörten dreymal das Geschrey desselben, aber sie sahen es nicht.

In drey Tagen, verkündete Saleh, ergeht über Euch das Gericht des Herrn. Da erhob sich von der Wüste der brennende Odem Samum's, und fuhr über die Felsen, die unter seinem Hauche erglühten. Mit gelben Gesichtern flüchteten sich die Bewohner der Steinstadt in ihre Felsenwohnungen.

Keine Kühlung, keine Erfrischung gewährte die Nacht. Am andern Morgen war keine Sonne sichtbar, und doch brannte weitherum der Gesichtskreis, ein flammender Kessel, hochaufqualmend von siedendem Dunst und Sand. Das Wasser sott in dem Brunnen, das Blut in den Adern, die Felsen waren bis ins Innerste durchglüht, und die Bewohner derselben brannten mit rothen Gesichtern. Am dritten Morgen war der Himmel verfinstert, voll Asche und Rauch, wie eine ausgebrannte Kohle, Heißer, und mit jedem Hauch heißer, stieß die Hölle ihren Odem aus; es gohr und glomm, und sott und schmolz, wie im tiefsten Abgrund, Gluthen ohne Glanz und Flammen ohne Schein.

Ein fürchterliches Getümmel, Donnerhall und Felsengekrach, untermischt mit Sturmgeheul, worein das Geschrey des unsichtbaren Kameels tönte, erscholl von allen Seiten, und die Leiber des Volks Themud schrumpften in schwarze Mumien zusammen.

Dies wird gemeint durch die Stelle des Korans: Sie thaten Frevel, und es erscholl der Schall, und der Morgen fand sie erstarrt in ihren Wohnungen.

Saleh, und nur die an ihn glaubten, wurden gerettet; so der Koran: Und nachdem unser Gericht vollzogen war, retteten wir Saleh, und die da glaubten.

Als Mohammed auf seinem Zuge gegen Tebub in dieses Thal gelangte, und die Kameele am Brunnen gewässert waren, wollten mehrere seiner Gefährten die Felsengrotten besuchen, um die Reste des Volks Themud zu besehen. Der Prophet verbot es aber, die Wohnungen eines Volkes, das den Zorn des Herrn auf sich geladen hatte, zu besuchen, und zog mit beschleunigtem Schritte der Kameele durchs Thal. Seitdem befolgen alle Karawanen das Beyspiel des Propheten, und ziehen, ohne sich aufzuhalten, mit beschleunigtem Schritte und mit lautem Geschrey, um des verirrten Kameels Geschrey nicht zu hören, vorbey1.

Fußnoten

1 So lange das Beyspiel des Propheten bey den Karawanen befolgt wird, dürfte die nähere Kenntniß dieser von europäischen Reisenden ungesehenen Grotten und Felsenwohnungen und der vermutlich dort noch befindlichen Mumien, wohl bis zur Unmöglichkeit erschweret bleiben.

VI. Abraham.

Abraham ward zu Zeiten Nimrods, des gewaltigen Herrschers und Weltdrängers, zu Babylon geboren. Die Seher und Priester der Götzen hatten ihm verkündet, es werde in diesem Jahr ein Kind geboren werden, das dem Altare und dem Throne Umsturz drohte. Der Befehl ergieng, alle Neugebornen zu würgen, die unschuldigen Kinder wurden gemordet, Abraham ausgenommen, den seine Mutter gleich nach der Geburt in eine abgelegene Höhle trug, und so der Wuth der Mörder entzog.

Drey Tage lang konnte sie sich nicht zur Höhle begeben, aus Furcht der Auflaurer; sie verzweifelte an ihres Kindes Leben, das sie zwar von dem Schwerte gerettet, aber dem Hungertod überliefert hatte.

Mit verzweifelndem Herzen nahte sie sich am vierten Tage der Höhle, und siehe da! sie fand den Säugling frisch und blühend, seine Nahrung aus seinen Fingern fangend. Wer auf unbekannten Wegen zu Nahrung und Kenntniß gelangt, von dem sagt man seitdem, er hat es aus den Fingern gesogen, wie Abraham. Die Mutter verwahrte den äußeren Eingang der tief im Inneren des Berges gelegenen Grotte mit einem Steine, so daß sie den Menschen, wie dem Tage unzugänglich war. Fünfzehn Jahre lang blieb Abraham eingeschlossen, nur von Zeit zu Zeit besucht von seiner Mutter. Nun erst dachte sie, daß die Gefahr vorübergegangen, und daß es Zeit sey, den Sohn aus dem Eingeweide der Erde auf die Oberfläche herauszuführen. Abraham trat aus der Höhle.

Es war Nacht, eine wilde stürmische. Der Engel der Winde rauschte mächtigen Fluges einher, ein einziger Stern blickte durch die zerrissenen Wolken. Abraham sah nichts als die Finsterniß, hörte nichts als die Windesbraut, da meinte er, das reine Licht, das mitten im Kampfe der Naturkräfte so ruhig herabblinkte, sey die höchste Kraft, welche Einheit und Ordnung unter die übrigen bringe. Er warf sich nieder und betete es an; Als aber der Stern untergegangen war, erkannte Abraham seinen Irrthum und rief: ich bete nicht an, was untergeht.

Nun erhob sich der Mond in Glanz und Klarheit. Dies ist mein Herr! rief Abraham, und warf sich nieder, ihn anzubeten.

As aber der Mond untergegangen war, rief Abraham: Er ist es nicht, mein Herr, ich bete nicht an, was untergeht.

Nun stieg empor in voller Pracht und Herrlichkeit die Sonne, und durch Licht und Wärme entfalteten sich vor Abrahams Augen zum erstenmale die Wunderwerke der Schöpfung.

Er ists, mein Gott und Herr, rief er im Entzücken der höchsten Wonne, und stürzte anbetend zur Erde. Die Sonne vollbrachte ihren Lauf, und sank in Westen unter. Er ist es nicht, mein Gott und Herr, rief Abraham, ich bete nicht an, was untergeht, ich wende mein Gesicht zu dem, der das kleine, und das große, und das größte Licht erschaffen, zum Herrn der Himmel und der Erden, er ist mein Herr und Gott!

Abrahams Väter Aser war Nimrods Wesir. Da er als ein kluger Mann aus jedem Holz Bolzen zu schnitzen wußte, so beschäftigte er sich in leeren Stunden mit Schnitzung von Götzenbildern, die er dann um baares Geld verkaufte. Dermalen wußte er seinen Sohn zu nichts Besserem zu verwenden, als daß er ihn mit diesen Kunstprodukten auf dem Markt herumschickte. Der junge Abraham erlaubte sich viel Spaß Mit den Göttern seines Vaters; Bald legte er ihnen Stricke um den Hals an, als wollte er sie erdrosseln, bald gab er ihnen Ohrfeigen, weil sie weder essen noch trinken wollten.

Die Leute, so diese Mißhandlungen des Heiligsten mit Schmerzen sahen, überboten sich in den Summen für Abrahams Kram, blos um ihre Götter aus den Händen des Spötters zu retten, den sie sich doch nicht zu verklagen trauten, weil er der Sohn des Wesirs war. Als er es aber zu arg trieb, und sein Wesen zu des Wesirs Ohren kam, verklagte er, der erste bey Nimrod, seinen ungerathenen Sohn, und bat den König, daß er ihn zu erbaulicher Zucht und Lehre ins Priesterkollegium des großen Tempels senden möge, um dort Ehrfurcht vor den Göttern zu lernen.

Abraham ward in den Tempel aufgenommen, während aber eines Tages die Priester zu einem feyerlichen Aufzuge ausgezogen waren, zerhieb er mit der Art die Götter des Tempels. Bald hernach starb Aser, ohne seinen Sohn zum Götzendienste bekehrt zu haben, und von ihm zum wahren Glauben unbekehrt. Nimrod beschloß, zu Ehren seiner Götter ein Glaubensgericht zu halten, und den Spötter lebendig zu verbrennen. Ein ganzes Jahr lang ward Holz zugeführt zum Scheiterhaufen. Die Kameele, vernünftige und tolerante Thiere, welche wußten, das Holz sey zu einem Auto-da-fe bestimmt, weigerten sich des von ihnen verlangten Dienstes, und warfen die Holzbündel ab, so oft man ihnen damit den Rücken belud. Die Esel und Maulesel hingegen trugen mit regem Eifer Holz der Menge zu. Deswegen halten die Moslimen noch heute die Kameele ganz besonders in Ehren, und schimpfen und schlagen die Esel und Maulesel nach Gebühr. Aber diese nicht allein, sondern alle fanatischen Götzendiener trugen Holz zu, besonders Pfaffen und alte Weiber, welche den jungen schönen Abraham umsonst zu bekehren versuchet hatten.

Nun war der Scheiterstoß fertig, eine Quadratmeile groß; fürchterlich schlug die Flamme an allen vier Ecken zum Himmel empor; Nimrod saß auf seinem Thron, und Abraham ward in Ketten herbeygeführt, um ins Feuer geworfen zu werden.

Die Hitze war aber so groß, daß die Henker keineswegs nahe genug zu kommen vermochten, den Propheten ins Feuer zu werfen. Da nahm Satan die Gestalt eines alten Priesters an mit Talar und Gürtel, und nahte sich Nimrod. Weltbeherrscher! sprach er, sich tief in den Staub beugend, seit zweyhundert Jahren bete ich Dich an, und preise nur Deinen Namen. Aus Eifer für Deinen Ruhm komme ich, Deiner Göttlichkeit einen unvorgreiflichsten Einschlag zu geben, wie dieser ruchlose Gotteslästerer ins Feuer zu schleudern sey, ohne Gefahr Deiner Lieben und Getreuen.

Thue nach deinem Sinn, antwortete Nimrod. Da ließ Satan Bäume und Stricke bringen, und verfertigte daraus Flaschenzüge und einen Krähenschnabel, wie er noch heut zur Hebung und Wendung von Lasten gebrauchet wird. Eine Erfindung, die vor diesem Tage in der Welt nicht bekannt war. Abraham wurde aufgezogen, die Rollen schrien aus Mitleid für den Propheten, und aus Unwilleu, daß sie zu solchem Unrecht als Werkzeuge dienen mußten. Sie schreyen noch immer, wenn sie sich jenes Tages erinnern, oder unrechtes Gut aufzuheben gezwungen sind.

Als nun Abraham zwischen Himmel und Erden schwebte, befahl Gott dem Erzengel Gabriel, sich ihm zu nahen, und zu fragen, ob er nichts bedürfe.

Gabriel schwebte nieder, und that die ihm aufgetragene Frage. Von dir bedarf ich nichts, antwortete Abraham, meine Nothdurft ist bey Gott dem Herrn.

Sogleich kühlte der Hauch des Herrn das Feuer, und als Abraham niedersank, trennten sich die Flammen. Aus den Gluthen sproßte grüner Rasen, und aus dem Rasen sprudelte ein krystallener Quell, an dem sich Abraham in lieblicher Kühlung niedersetzte.

Nimrod war indessen auf den Gipfel des Thurmes gestiegen, den er besonders hatte erbauen lassen, um von dort auf den Scheiterhaufen hinabzusehen. Als er nun Abraham mitten unter Blumengestrauch am sprudelnden Quell erblickte, konnte er sich nicht fassen vor Erstaunen.

Abraham! rief er, wer hat dir aus dem Scheiterhaufen einen Lusthain bereitet? Gott der Herr, antwortete Abraham, der mich und Dich und alle Dinge erschaffen. So komm heraus. – Abraham gieng durchs Feuer, unter seinen Schritten sproßten Blumen. Es ist doch ein großer Gott, dein Gott, sprach Nimrod, ich will ihm zu Ehren große Opfer veranstalten. – Er bedarf deiner Opfer nicht – doch, doch, Er wird Gefallen daran haben. – Viele tausend Kameele, Stiere und Schaafe wurden geschlachtet, aber an keinem einzigen hatte der Herr Wohlgefallen, denn auf kein einziges fiel Feuer vom Himmel, wodurch in jenen Zeiten das Wohlgefallen der Gottheit an den Opfern der Menschen sich auszusprechen pflegte.

Den gewaltigen Herrscher Nimrod verdroß die Verschmähung seines Opfers gewaltig. Aus Verdruß schloß er sich drey Tage in seinen Pallast ein, ohne sich sehen zu lassen, am vierten beschloß er, dem Gott Abrahams, dem Gott Himmels und der Erden öffentlich den Krieg zu erklären. Zu diesem Ende ließ er einen großen Kasten verfertigen mit zwey Thüren, die eine nach oben, die andere nach unten gerichtet; an die vier Ecken des Kastens wurden vier Lämmergeyer festgekettet, Nimrod und sein Wesir setzten sich mit Bogen und Pfeil in den Kasten, und wurden von den Lämmergeyern gegen Himmel getragen, den Herrn desselben zu bekämpfen.