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ROSIE ist Rentnerin und lässt sich, damals wie heute, von ihrem inneren Strahl, welcher natürlich Rosie-rosafarben ist, leiten.
Und so cruist sie mit ihrem Freund
ADALBERT, einem pinkfarbenen Campingwagen, genüsslich über die Lande. Aber nicht einfach so, sondern mit einer Herz-Mission, jeder Menge Kaffee und mit zwei Stühlen im Gepäck. Eine Klapptafel mit der Aufschrift
KUMMERKASTEN 24 ist auch dabei. Tja, und was es mit dieser auf sich hat, das entdecken Sie am besten selbst.
Bei diesem frühlingshaften Ausflug spielen neben
EIERLIKÖR und
KOPFSALAT auch
OFALNAZEN,
ANANASBLÄTTER und ein
SPIEGELEIER-BAUCH eine Rolle.
Wir wünschen viel Freude mit dieser leichten Schmunzelkost!
#bringdieweltzumlächeln
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Ich, Rosie, trinke gerade Kaffee und sitze an einem türkisblauen, stillen See, umgeben von meiner großen Adoptivfamilie. Diese ist bunt zusammengewürfelt aus menschlichen und tierischen Kindern und OFALNAZEN (sprechenden Pflanzen) und vielerlei anderer märchenhafter Geschöpfe. Libellen, Elfen und Wespen umschwirren meinen reichlich gedeckten Tisch. Für alle ist in Hülle und Fülle da. In einem aus Ananasblättern gewebten Schwebestuhl blinzle ich durch und durch glücklich zum Himmel und sinniere über meine Zeit, als ich noch mit meinem pinkfarbenen Campingwagen über asphaltierte Straßen fuhr. Nicht wie jetzt, wo ein jeder von uns — mit Flügeln oder ohne — über unendlich grüne Oasen und blaue Gewässer bis in die höchsten Höhen und in die tiefsten Tiefen FREQUENZ-FLIEGEN kann.
Damals, war ich ganz frisch im Rentnerdasein angelangt. Ja, so nannte man das früher, als man sich mit 65 Lenzen und nach jahrzehntelanger Schufterei endlich Zeit fürs eigentliche Leben nehmen konnte, in der Hoffnung, man hätte noch ein paar Jahre etwas davon und die mühsam erarbeitete Rente langte für Essen, Trinken, Miete und Hobbys. Gott sei es gedankt — reichte meine Rente! Und so begab ich mich mit meinem pinken Freund auf vier Rädern auf Kurzreisen. Aus dem Impuls heraus steuerte ich ein Ziel an und ließ mich von meinem inneren Strahl, der ganz und gar Rosie-Rosa war, lenken. Dieser lotste mich immer an die richtigen Rastplätze und dort traf ich auf Menschen, welche lustiger Weise immer eine kleine Verbindung zu meinem Tageserlebnis hatten. Dies war für mich immer eine himmlische Bestätigung, dass ich das Richtige tue. Und diesem inneren ROSA-STRAHL folge ich auch heute noch. Die kleine Geschichte, welche ich Ihnen erzählen möchte, fängt im nächsten Kapitel an.
Bis gleich!
Ihre Rosie
So, hier lesen wir uns also wieder. Wie im EINKLANG bereits verraten wurde, lautet mein holder Vorname Rosie. Ich bin nicht zu groß und nicht zu klein, manchmal rund und manchmal schlank, manchmal blond und manchmal grau, eine sich dem Lebensfluss hingebende kluge Frau. Ein Leben ohne Kaffee kann ich mir gar nicht vorstellen und ein Leben ohne Adalbert auch nicht! Adalbert ist mein pinkfarbener Campingbus auch bekannt als KUMMERKASTEN 24. Was es mit diesem Namen auf sich hat? Ganz einfach! Da, wo wir, mein Gefährte auf vier Reifen und meiner einer, Rast machen, da kann jeder zu uns kommen und sich nach Herzenslaune und frei von der Leber weg verbal erbrechen. Über dies und das und über den und die. Ganz egal, ich höre Ihnen auf alle Fälle aufmerksam zu. Wir haben 24 Stunden rund um die Uhr geöffnet. Einen Kaffee gibt es gratis dazu und nach einer Stunde fühlen Sie sich besser und werfen entweder eine Spende in mein rosa FAHR-SCHWEIN oder Sie laden mich zu einem Essen ein oder Sie schenken mir ein Lächeln und das ist unbezahlbar! Ja, so funktioniert das und das funktioniert auch ganz prima. Mit meinen nun 65 Erdenjahren weiß ich eines ganz genau: es gibt keinen besseren SEELEN-QUICKIE als diesen hier bei mir! Sich bei einem fremden Menschen mal so richtig Luft zu machen, ohne Diskussion, ohne Widerworte, ohne Erklärung, einfach mal all den Ballast abwerfen, tut einfach nur saumäßig quickend gut! Und mit einem dankbaren Lächeln im Gesicht und einem klaren Kopf gehen Sie mit neuem Elan wieder ans Tageswerk. Das einzige, was Ihnen passieren kann, ist, dass Sie sich in einer meiner Geschichten wiederfinden, wie in dieser.
Eines Tages, die Rente war frisch auf meinem Konto eingetroffen, beschloss ich in Richtung Lüneburger Heide zu fahren und ich packte alles für eine Woche Kurzurlaub ein. Es war der erste März und das Frühlingserwachen frohlockte. Die Vöglein hießen mit fröhlichem Gezwitscher die ersten Knospen willkommen und Adalbert konnte es — wie ein Pferd in einer Box, welches mit den Hufen scharte und endlich auf die Weide zu seinen Artgenossen wollte — es auch kaum erwarten, endlich wieder on Tour zu gehen. Ich meinte ihn laut wiehern zu hören. Der Winter war also vorüber und somit ging es los! Abgesehen von unserem OLDTIMER-ALTER liebten wir es schon immer SLOWLY und so ging es ganz gemütlich und entspannt über Landstraßen, den Fröschen und Vögeln entgegen. Ab März — vielleicht waren wir auch etwas zu früh dran — hieß es, konnte man in den Mooren der Heide ein BLAUES WUNDER sehen. Es war die Paarungszeit der Frösche, die Männchen färbten sich für dieses LIEBES-EVENT nahezu komplett blau. Vielleicht hatten wir auch Glück, den Tanz der Kraniche zu erleben und das Stelldichein tausender Zugvögel. Das war das Gute am Rentner-Dasein, Zeit zu haben und in meinem Falle auch genug Geld. Nach 27 Kilometern hielt ich Ausschau nach einem geeigneten Rastplatz und fuhr in ein Gewerbegebiet. Da war erfahrungsgemäß immer viel zu sehen und zu erleben, speziell in der Mittagszeit, und die hatten wir jetzt, es war 13 Uhr. Ich schob die Seitentüre auf, stellte meine zwei braunen (es muss nicht immer und überall pink sein) Bambusstühle auf, platzierte die große Klapptafel KUMMERKASTEN 24 daneben und kochte Kaffee. Nur wenig später vernahm ich ein Räuspern und eine Männerstimme: „Guten Tag!“
„Ebenfalls einen guten Tag, ich bin gleich bei Ihnen", rief ich freundlich zurück und goss den frisch gebrühten Kaffee in zwei (in diesem Falle wieder) pinkfarbene Becher: „Trinken Sie Ihren Wachmacher schwarz oder mit Milch und Zucker?“ fragte ich.
„Ähm, schwarz“ erhielt ich als Antwort.
Vor mir stand ein groß gewachsener Mann in einem dunkelblauen Anzug. Alles an ihm war sorgfältig glattgebügelt, einzig seine Sorgenfalten auf der Stirn waren es nicht. „Na, wo drückt der Schuh?" Und mit einer einladenden Geste gab ich ihm zu verstehen, doch bitte auf einem der Stühle Platz zu nehmen, was er auch tat. Ich reichte ihm mit einem Lächeln einen Kaffeebecher und setzte mich neben ihn und ließ ihn reden.
„Na, also, ich habe von Ihnen schon gehört, liebe Frau Rosie, und als ich vorhin aus dem Fenster unseres Büros blickte und ihren pinkfarbenen Bus sah, da jubelte ich innerlich und rannte gleich los. Wissen Sie, Gott muss mein Wunsch-Gebet erhört haben und ein Engel muss Sie hierher gelotst haben. Ich heiße übrigens Manuel."
Er stand auf und reichte mir seine freie, rechte Hand und ich reichte ihm meine: „Freut mich sehr", antwortete ich. Er nahm wieder Platz, lächelte sichtlich nervös und ich schlürfte meine schwarze Brühe und nickte ihm wortlos zu, er fuhr mit seinem Anliegen fort.
„Wenn man einfach nicht mehr kann, so wie ich, dann hilft Hoffen und Beten und … Genau vor einer Woche ist etwas passiert und ich bin im Zwiespalt mit mir und weiß weder ein noch aus. Es war bei unserer Jubiläumsfeier, alles fing harmlos an. Wir freuten uns, dass unser veganes Lederprojekt ANANAS ME so erfolgreich war. Unsere Chefs hatten feine Delikatessen ausgewählt und so gab es winzig kleine Häppchen zum Naschen und damit es zu keiner ausufernden Firmenfeier käme, hatte unsere Chefetage für jeden Anwesenden maximal zwei Glas Sekt einkalkuliert. Sprich, der Stoff war alle, noch ehe irgendjemand von uns auch nur ansatzweise betrunken sein konnte. Als wir uns dann alle an diesem Freitag hungrig und nüchtern und noch sehr früh am Nachmittage verabschiedeten, kam Leonie, die Sekretärin von Dr. Peters, einem meiner Vorgesetzten, zu mir. Sie fragte mich, ob ich sie ein Stück mitnehmen könne, da sie ihr Auto zuhause gelassen hatte, weil sie mit einigen Umdrehungen mehr gerechnet hatte. Also, wir alle waren Frau und Herr unseres klaren Geistes und es hätte alles harmlos ausgehen können, doch eine Stimme in mir, ließ mich einen anderen Weg nehmen, den Weg direkt in Leonies Appartement. Als Dankeschön für die Heimfahrt hieß es, auf einen Espresso zu verzichten und wir wissen doch alle, dass das nie bei einer Tasse bleibt. Und ich hätte es am allerbesten wissen sollen und dennoch ging ich ihr hinterher, ich ferngesteuerter Affe! Vielleicht auch, weil mein Magen grummelte und ich — es war gerade mal 17 Uhr — sehr hungrig war. Leonie wohnte so wie sie aussah, ausgesprochen stilvoll. Zu meiner Verwunderung, in Anbetracht ihrer Anstellung, wohnte sie auch ausgesprochen luxuriös, alleine der Stoff ihrer Couchgarnitur musste sündhaft teuer gewesen sein, eine Art widerstandsfähiges und dennoch fein strukturiertes Leintextil. Mir konnte in Sachen Gewebe so schnell keiner was vormachen, schließlich bin ich Textilingenieur. Nun nahm sie meinen Mantel ab und fragte, ob ich mit ihr zusammen etwas Leichtes Essen möchte. Für ein ausgesprochenes Männer-Essen würde es nicht reichen, aber für einen großen Salat allemal. Sie lächelte mich an und ich nickte. Sie gab mir zu verstehen, mich bitte wie zuhause zu fühlen und überreichte mir drei silberne Fernbedienungen, sogenannte Hebel der Macht, zur freien Bedienung. Ich schaltete nicht — wie viel zu oft zuhause — den großen Fernsehschirm, sondern die Musikanlage an und lauschte klassischen Tönen. Während Leonie in der Küche irgendetwas schnippelte. Und ich fühlte mich so sauwohl. Komisch, aber alles fühlte sich ab der ersten Sekunde wirklich heimelig an, obwohl ich vorher noch nie bei ihr war. Der Geruch des Raumes, die Ausstattung, alles ließ mich seit langer Zeit mal wieder so richtig innerlich entspannen und natürlich sie … Naja, dann kam sie und servierte mit einer neckischen Spitzenschürze aus Großmutters Zeiten den Salat. Es war eine riesige Schüssel mit Kopfsalatblättern, und mir kam unweigerlich unser VEGGIE Leder aus grünen Ananasblättern in den Sinn. Wirklich appetitanregend war das jetzt für mich nicht gerade. ‚Moment‘, sagte sie und ging abermals in die Küche und kam mit einem Tablet und einem runden Korb zurück, darin lag in einem weißen Baumwolltuch ein lecker duftendes und noch dampfendes Baguette Brot und zwei kleine Kristallgefäße versteckten sich ebenfalls darin. In der anderen Hand hielt sie eine Sauciere aus Porzellan. Und was dann passierte, das irritierte mich sehr, denn noch nie wurde mir beim Anblick eines Porzellankännchens und der daraus fließenden Tunke so lustvoll im gesamten Gemüt. Ganz schwach und gleichsam lüstern fühlte ich mich. Mit offenem Mund beobachtete ich, wie sie die goldgelbe Soße über den Salat goss, bereits geriebene Apfelscheiben hinzufügte, mit silbernem Salatbesteck alles liebevoll vermengte und auf die Teller gab. Darüber mischte sie mit ihren wunderschönen Fingern noch eine Art Kräutergewürz aus einer der Glasschälchen und — wie sie mir sagte — obendrauf noch getrocknete Früchte und Blüten aus der anderen Schale aus Glas. Wir brachen das warme Franzosenbrot und aßen genüsslich diesen knackigen Augenschmaus. Das Dressing war das beste Dressing, welches ich jemals gegessen hatte, es war lecker und schmeckte so ganz anders. Es wärmte meinen Hals und Magen und als ich fragte, was darin sei, antwortete sie mir: ‚Dies ist ein Geheimrezept meiner Familie, es hat ausgesprochen magische Kräfte. Eine Zutat verrate ich Dir, Eierlikör gibt dem Ganzen die nötige Farbe und Kraft!‘ Ein simpler Likör aus Eiern, wer hätte das gedacht, erweckte in mir eine hochflammende Leidenschaft. Leonie sah so wunderschön aus und ihr Blick war so warm und tief und so vertraut und ich konnte nicht anders als mich mit einem Kuss bei ihr zu bedanken, einem Kuss, der alles andere als kurz war. Naja, ich möchte Ihnen, liebe Rosie, keine peinliche Röte ins Gesicht jagen. Nur so viel will ich verraten, da dies wichtig ist: Wir haben uns gestreichelt und geküsst, jedoch haben wir nicht miteinander geschlafen. Das nicht! Womöglich bewahrte mich mein SPIEGELEIER-BAUCH davor, irgendwelche Dummheiten zu begehen."
Ich stutzte und schaute ihn fragend an.
Manuel antwortete mir: „Naja, wie meine Lebensgefährtin scherzhaft zu pflegen sagte: ‚Du brauchst ja mittlerweile einen Spiegel, um Deine Eier zu sehen!‘ Er kicherte mit etwas Scham in der Stimme: „Pardon, liebe Frau Rosie!"
Und ich nickte, lächelte ihm gutmütig zu und lauschte weiter seinen Worten.
„In den letzten zwei Jahren habe ich mich körperlich etwas gehen lassen, früher hatte ich einen Waschbrettbauch und fühlte mich durch und durch fit. Heute habe ich Schmerzen im Rücken und in der Brust. Aber darum geht es mir gar nicht, also zurück zum besagten Abend. Jedenfalls stand ich fünf Minuten nach 24 Uhr wieder in meinen eigenen vier Wänden und mein Herz pochte immer noch wie wild, mich überkam die pure Scham. Wie sollte ich das meiner Lebensgefährtin Marlene beibringen? Am besten gar nicht! Und so sagte ich ihr, die Party wäre so lange gegangen. Sie klopfte mir kurz auf den Rücken, ich ging duschen und legte mich danach zu ihr ins Bett. Samstag und Sonntag — es regnete in Strömen — verbrachten wir mal wieder vor der Mattscheibe und diese trug ihren Namen nicht ohne Grund! Lange genug vor dieser Scheibe gesessen und man fühlte sich wirklich matt. Meine Gedanken waren die ganze Zeit bei Leonie. Ab und zu ging ich ins Badezimmer und haute mir vorm Badezimmerspiegel selber eine links und eine rechts rein, hielt mich am Waschbeckenrand fest und schüttelte meinen Kopf. Klar war mir Leonie schon immer aufgefallen, noch nie hatte war ich fremdgegangen! Und Fremdgehen fängt bei mir schon bei einem Kuss auf den Mund an. Da hatte ich ganz klare Grenzen! Wo fängt es an und wo hört es auf. Ein heimliches Tête-à-Têtebrachte immer nur Kummer und Leid und ausgerechnet mir war das nun passiert! So ein Mist! So ein riesengroßer Scheißmist! Ich versuchte dem Ganzen auf den Grund zu gehen, denn es gab immer irgendeinen Grund für irgendetwas! Nur welchen? Analytisch betrachtete ich die letzten Jahre und fand so gar nichts, was irgendwie nicht rund lief. Gut, nach vier Jahren Beziehung schläft schon mal was ein, da dürfen Mann wie Frau kreativ sein. Damit meine ich jetzt keinen Partnertausch oder so. Nein, für mich war und ist Sex absolutes Hingeben und Vertrauen und natürlich Lust am eigenen Körper und am Körper der geliebten Frau. Sex ist so viel mehr, reine Hingabe, die tief in die Seele reichen kann. KAMASUTRA wollte ich daher gerne einmal ausprobieren, Marlene aber nicht! Gut, gab auch noch anderes, was eine Beziehung ausmacht. Unser Haus zum Beispiel, der Kredit ist in einem halben Jahr abbezahlt, das verbindet auch irgendwie. Ja, also ich überlegte weiter und fand nichts, was in unserer Beziehung sonderlich schieflief. Marlene war auch zufrieden mit ihrem Job und ihrem Leben — glaube ich — und wir kamen gut miteinander aus. Warum sollte ich alles aufs Spiel setzen, für ein bisschen Schmetterlinge im Bauch, im Herzen und in meiner Seele … Hach, diese wenigen Stunden an diesem Abend, diese Streicheleinheiten und diese tiefen Blicke haben mich komplett aus meinem strukturierten Lebensplan gerissen und alles, wirklich alles auf den Kopf gestellt! Mit einem Schlag fallen mir gerade meine Gehirngespinste wieder ein, all das, was ich an Verrücktheiten und Fantastereien noch erleben und erreichen wollte. Eine ganze Woche lang ging ich Leonie aus dem Weg und sinnierte darüber, ob ich meinen Job aufgeben und mir eine neue Anstellung suchen sollte, ob ich meiner Frau die Wahrheit sagen sollte, oder was sonst zu tun sei. Mir fiel nichts ein und dann, dann kamen sie heute auf den Parkplatz gefahren und … "
Manuel schaute auf seine rosegoldene Uhr und ich schmunzelte. So kontrolliert, analytisch wie er sich gab und dann so eine vorwitzige Uhr, es war kein mir bekanntes Marken-Protzding, es war eine rosametallic Uhr, die mir zeigte, dass so viel mehr in ihm schlummerte. Ich trank den letzten Schluck Kaffee und wischte mir mit dem Ärmel meines Pullovers über den Mund. Nun lächelte er mich an. „Ja, ich müsste einfach mal was wagen! Einfach den Kontrollhebel aus meinem Kopf nehmen und meinem Herzen übergeben. Wissen Sie, wenn ich das jetzt mache, nach einer Woche Gedankenirrfahrt, dann sehe ich SIE ganz genau vor, hinter, unter und neben mir: LEONIE! Ja, sie ist die Frau, mit der ich mein weiteres Leben verbringen will. LEONIE! LEONIE entflammt mein Herz und bringt meine Augen zum Leuchten. In den letzten Jahren war sie es, auf die ich mich freute. Am Wochenende war mir so seltsam, so langweilig und jeden Montag sprang ich voller Freude aus dem Bett. Marlene hielt mir immer vor, lieber im Büro als bei ihr zu sein. Damals schüttelte ich verneinend den Kopf, doch jetzt erkenne ich, sie hatte ja so recht! Marlene fühlte viel eher als ich, dass ich abwesend war. Ja, abwesend ist das richtige Wort. In letzter Zeit fühlte ich mich selber gar nicht mehr, ich war nicht im Hier und Jetzt. Ich kann Ihnen, liebe Rosie, gar nicht sagen, wo ich genau war, aber ich war nicht bei Marlene, körperlich ja, aber nicht geistig noch emotional. Wie ein Roboter funktionierte ich und dann, dann war da dieser Eierlikör und Kopfsalat, so simple, so liebevoll in seinen Details und Leonie, so wunderschön, warm und weich. Manchmal trifft man auf einen Menschen, eine vertraute Seele, die alle Träume und Wünsche wieder in einem entfacht. Zum richtigen Moment. Ja, Leonie holte mich zurück ins Leben und unser Leben ist ein Abenteuer, oder? Also, ich habe jetzt ganz große Lust darauf und ich weiß jetzt ganz genau, was ich zu tun habe!"
Er stand auf, wollte mir den Kaffeebecher zurückgeben und merkte, dass dieser noch randvoll gefüllt war, mit mittlerweile abgekühlter Tunke und er trank sie hastig aus. „Kalter Kaffee ist der beste, oder?" Lachte er vergnügt und zog aus der Innentasche seines Sakkos eine Geldbörse. Ich winkte ab und sagte zu ihm: „Wissen Sie, ich bin jetzt bis nächsten Sonntag in der Lüneburger Heide, dort muss es gerade wunderschön sein. Vielleicht kreuzen sich dort zufällig unsere Wege und sie laden mich dort zum Essen ein. Eine Frage hätte ich allerdings noch: ‚Wie kommen Sie zu dieser Uhr?‘" Er blickte auf sein linkes Handgelenk und lachte auf: „Diese Uhr, ja diese Uhr hatte mir mal meine Tante zum Studienabschluss geschenkt, mit den Worten: ‚Damit Du Dich daran erinnerst, dass das Leben nicht nur dunkelblau, sondern durchaus auch rosa sein kann!‘" Er schüttelte lachend seinen Kopf: „Hm. Meine Tante war schon immer sehr weise und sie bezog es darauf, dass ich bereits als Kind eine Vorliebe für dunkelblaue Klamotten hatte. Sie war froh, dass ich dunkelblau und nicht schwarz trug, obwohl das zu meiner Kinderseele noch besser gepasst hätte. Tja, so ist es. So schließt sich der Kreis." Er schaute abermals auf seine rosafarbene Uhr: „Liebe Rosie, ich möchte Ihnen diese Uhr gerne schenken. Als Andenken, wenn Sie mögen. Dieser Zeitmesser hat mich bis hierhin begleitet und sein Auftrag ist nun erfüllt. Und was ist schon Zeit? Ich lebe ab sofort im Hier und Jetzt!"
Manuel zog sich sein Sakko aus, nun erblickte auch ich seinen WASCHBÄR-BAUCH, der so gar nicht zu ihm passen wollte, aber nun mal da war. Alles Körperliche (Äußere) ist ein Ausdruck des GEISTIGEN (Inneren). Für mich war es ein Kummerspeck-Bäuchlein und dieses würde er nun — wie seine Uhr — ablegen, da war ich ganz sicher. Wir lachten und verabschiedeten uns und als ich die Stühle und die Tafel eingepackt, die Becher und die Kanne abgewaschen hatte und losfahren wollte, da sah ich erst, dass ein Zettel zwischen Frontfenster und Scheibenwischer klemmte: „Liebe Rosie, ich werde einiges zu erledigen haben. Schön, dass es Sie gibt. Von Herzen Ihr Manuel". Da wusste ich, dass wir uns in der Lüneburger Heide nicht wiedersehen werden. Ich startete Adalbert, fuhr langsam an dem Bürokomplex vorbei, hupte dreimal und streckte meinen Arm ganz weit aus dem Fenster und winkte wie wild durch die Luft.
Ja, am Ende gibt sich ein jeder selbst die Antwort auf seine Fragen. Wer auch sonst könnte das am besten tun?
Kurze Zeit darauf probierte ich mal so ein Eierlikör-Dressing, mein Versuch schmeckte allerdings grässlich. Die richtige Mischung machte es wohl aus und da mir das magische Originalrezept fehlte, beließ ich es bei diesem Versuch. Ja, das war mein damaliger Ausflug in die Lüneburger Heide und natürlich sah ich paarungswilde, blaue Frösche und Kraniche und ich hatte eine herrlich geruhsame Zeit. Dort traf ich auch noch auf Frau Paul, die mir ihre Geschichte erzählte, aber dies steht auf einem anderen Ananas-Blatt geschrieben.
Soeben frage ich mich, was wohl aus Leonie und Manuel geworden ist. Und just in diesem Augenblicke scheint ein dicker goldener Sonnenstrahl auf mein linkes Handgelenk und ich muss lächeln. Seine Uhr läuft immer noch und ich trage diese mit Freude und ehre sie, wie alle meine kleinen und größeren Geschenke, die ich von dankbaren Herzen erhalten habe. Mir scheint, jetzt ist der rechte Moment, dass ich mal nach Adalbert sehe. Er hat heute neue Seitenflügel bekommen, rosa natürlich und mit einem Hauch von Glitzerstaub. Diese werden wir sogleich mal ausprobieren und über das glasklare Wasser SEE-CRUISEN. Mal schauen, wer uns begleiten will.
P.S. Ein jeder von uns hinterlässt bei anderen Lichtpunkte, Impulse. Jede Begegnung. Jede Bewegung. Jedes noch so kleine Lächeln. Es ist ein Flügelschlag unserer wundervollen Seele, der andere Seelen berührt und inspiriert. Ein jeder von uns ist einzigartig und richtig und wichtig, und zwar ganz genauso wie er ist! Seien Sie sich Ihres wichtigen Seins hier auf Erden stets bewusst! Wir alle beflügeln einander, denn wir alle entspringen einem großen, unendlichen Kokon!