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Eine Auswahl von Gedichten aus den letzten Jahren über die Freuden und Widrigkeiten im Leben.
Das E-Book Rostige Zeiten wird angeboten von Books on Demand und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Zeitgenössische Gedichte, Persönliche Erfahrungen
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Seitenzahl: 98
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Zum Buch:
Eine Auswahl meiner Gedichte und Collagen aus den Jahren 2016 bis 2022.
Es ist die sehr persönliche Wahrnehmung und Deutung der Welt um mich herum,
meine Beschreibung der Freuden und Widrigkeiten des Lebens, der immer wiederkehrenden Auseinandersetzungen der Gefühle mit der Wirklichkeit.
Kurz und lang, gereimt und ungereimt, wütend und nachsichtig, graphisch hinterlegt oder nur mit Worten, politisch und privat, hoffnungslos hoffnungsvoll.
Vielleicht täuscht es ja, dass die Zeiten rostiger sind. Immerhin gibt es noch genügend polierte Flächen, viel funkelnden Geist und strahlende Menschen in den von mir diagnostizierten Rostigen Zeiten. Auch wenn der Optimismus schrumpft, die Hoffnung lässt sich nicht kleinkriegen.
Nur der Zeitgeist wird wahrscheinlich mein ständiger Antipode bleiben....
Autor:
Jürgen Schuhmann, Ochsenfurt
Umschlagbild:
Anton Kestel, Ochsenfurt
Satz, Gestaltung:
Konrad Grimm, Ochsenfurt
Gewidmet meinem Enkel Milo, der noch nicht lesen kann
Eines Tages, wenn er lesen und verstehen kann
und ich nicht mehr bin, kann er in diesem Buch
von Haltung, Geist und Werten seines Großvaters erfahren.
Mein Dank geht an
meine Frau Brigitte Schuhmann
und meine Freundinnen
Irène Froehlich-Wiener
Lisa Schnicke-Heinze
Martina Esser
Nadya Daoud
für die Ermunterung und Unterstützung
Und dann sitzt da einer
Kopfwäsche
Arbeit und Spiel
Immer dieses Suchen
Rostige Zeiten
Untrügliche Zeichen
Dringlich
Geräumiger Tag
Feuer
Löschwasser
Möglichkeiten
Schwierig
Mein Herd
Im Flussdelta
Meschugge
Zwischenspiel
Armutszeugnis
Sommerschreck
Bedenklich
Augenhöhe
Am Rand
Alleinerziehend
Abschied vom Sommer
Bedrohte Art
Diese Tage, diese Nächte
Kirchenasyl
Bitte freundlich
Spiegel
Wissen und Weisheit
Die Zeit ist ein Rahmen
Einsamkeit
April, April
Ihr Kinderlein kommet
Schoß des Schweigens
Selbstbestimmung
Symbiose
Ort und Zeit
Schizophrenes Biest
Homo sapiens
Wechselnde Zeiten
Zeit und Licht
Der kleine Vorteil
Fränkisches Rezept
Echte Demut
Recht und schlecht
Grundhaltungen
Bruchstücke
Verpackt
Bilanz
Keine Frage
Die nächste Sau
Stiller Genuss
Störenfriede
Keine Fragen mehr
Beweise
So, so
Geschenkt
Binsenweisheiten
Blaues Wunder
Schicksalsgemeinschaft
Phantasie ist reines Wasser
Lust und Frust
Vernunft und Konsorten
Wasser fürs Rind
Leuchtsteine
Zutritt verwehrt
Locker machen
Weltuntergang
Kraft
Fettansatz
Gewichtung
Erkenntnis
Über die Würde
Visum
Nicht leicht
Verunsicherung
Zuviel Eifer
Großes Theater
Reife Zeit
Fragezeichen
Glaube
Gleich um die Ecke
Wahlmöglichkeit
Was übrig bleibt
Leidenschaft
Nicht mit uns
Seiltanz
Schluss mit Lustig
Alternativlos
Der falsche Platz
Ach, Herr Doktor
Kostbarer Tag
Angst und Zweifel
Besser als gedacht
Gemach
Maskenball
Fragezeichen
Entwurf
Fluch und Segen
Dormiveglia
Erlaubter Kontakt
Sieben, zwei, eins
Diesseits, Jenseits
Suspekt
Umkehrschluss
Selbstberuhigung
Allzu menschlich
Unzuverlässig
Bänkelsänger
Regen braucht es
Verlogen
Lesen und Einlassen
Mein Neujahr
Verständigung
Blutsverwandt
Rette den Tag
Durch den Tag
Empfindliche Zeit
Erkenntnis
Großer Sommer
Frühling
Fallobst
Nicht leicht
Unterschied
Maßgenau
Alles ist möglich
Den Hintern heben
Gejammer
Hybris
Leichtigkeit
Falsche Erwartung
Haltung
Wahrheit
Maximierung
Licht I
Licht II
Sitzend ratlos
Löchriger Panzer
Der letzte Tanz
Rundumschau
So wie alle
Allgemeine Verunsicherung
Halbe Wahrheit
Hasenjagd
Gedanken über Gedanken
Leuchtturm versus Glühwürmchen
Winterkuss
Verlorene Blumen
Feier des Lebens
Auf dem Rechten sehen sie nicht
Irrgarten
Köstlich dümmlich
Neue Lage
Wohlgesonnen
Entwicklungshilfe
Weite Ruhe
Schlummer
Ballast abwerfen
Alpha und Omega
Ohne höheren Sinn
Ein Gedanke entert von außen den Kopf,
ein gehörtes Wort, eine gelesene Zeile,
welches Gewürz muss in den Suppentopf,
wer verschenkt Liebe, wer verschießt Pfeile.
Aus Myriaden von Eindrücken werden Ideen,
die unruhig werden und Einlass begehren,
trommelnd und pfeifend vorm Großhirn stehen,
sich nicht um geschlossene Pforten scheren.
Und dann sitzt da einer, der denkt und schreibt,
über Geist und Ungeist der Zeitläufte grübelt
und, weil flüchtiges Denken nicht kleben bleibt,
in die fragende Wand die Antworten dübelt.
Die Wand ist brüchig und ziemlich porös,
aus den Dübeln rutschen die grellen Bilder.
Und dann sitzt da einer und lächelt nervös,
die Wirklichkeit draußen ist wesentlich wilder.
Sie prallt an den Kopf, die fragenden Mauern,
findet Wege zum Hirn, provoziert den Geist.
Den Grübler jedoch muss niemand bedauern,
er beschreibt nur farbig, was Menschsein heißt.
Der letzte Besuch der Poesie ist nicht lange her.
Er endete in einem veritablen Streit.
Sie besucht mich nicht allzu oft,
wohnt aber auch nicht gerade um die Ecke.
Es war mehr eine Beschimpfung als ein Streit
„Was fällt dir ein, meinen Namen zu benutzen?“
Ihr Zorn war ganz und gar nicht poetisch.
„Was du schreibst ist linguales graues Rauschen,
mit einem Füller voll verflüssigter Auspuffgase
geschrieben. Deine Verse fallen und steigen nicht,
die Töne scheppern wie verrostete Kotflügel, die
Pinsel für deine Bilder sind vom Rauhaardackel.
Mancher Spruch an der Klowand hat mehr Poesie.“
Aber..., also.....Ich war wie vom Blitz getroffen
aber die Tür war schon zu. Und ging wieder auf:
„Lass meinen Namen aus dem Spiel und den von
Lyrik auch. Schreib Gedichte. Gedichte kann jeder.
Diesmal war die Tür endgültig zu. Sehr laut auch.
Ich glaube, ich stand ziemlich einfältig herum.
Und wütend und beschämt und nachdenklich.
Auspuffgas! Dann leerte ich den Füller, mischte
neue Farben an und besorgte feinere Pinsel.
Seitdem schreibe ich Gedichte. Die kann jeder.
Kürzlich bekam ich einen Anruf von der Poesie.
Sie war freundlich und witzig. Es ist gut wie es ist.
Die Erinnerung ist ein lockeres Mädchen
mit nackten Beinen, sehr kurzem Rock
und wachen, funkelnden Augen.
Sie hebt sich deutlich ab vom Gedächtnis,
einem eher introvertiert wirkenden Wesen,
die Augen meist nach innen gerichtet.
Ich sitze häufig am Rand der tiefen Grube
meiner Vergangenheit und beobachte sie,
so wie man Kindern beim Spielen zusieht.
Das Gedächtnis steigt meist vorsichtig hinab,
gesichert mit Seil und Helm auf dem Kopf,
Schaufel, Eimer und Rucksack immer dabei.
Nach stundenlangem Graben darf ich sie sehen,
die Schätze, die oft schwer sind und erdig.
Es sieht nach Arbeit aus, nicht nach Spiel.
Die Erinnerung hingegen hüpft in die Grube,
singt vor sich hin, braucht nicht Spaten und Eimer.
Mit einem Blick erspäht sie das Glänzende,
das Runde, das immer leicht Wirkende.
Rätselhaft Geformtes lässt ihre Augen leuchten.
Auf den schweren Brocken tanzt sie herum.
Es sieht nach Spiel aus und nicht nach Arbeit.
Meine Vergangenheit ist ihr einziger Spielplatz,
die Grube ihr ultimatives Abenteuer.
Ich mag beide, gerade wegen ihrer Unterschiede.
Aber, um ehrlich zu sein, der Erinnerung mit ihrer
Begeisterung zum Polieren der Fundstücke und
ihrem Augenzwinkern ist schwerer zu widerstehen.
Es wurde nicht besser, es wurde schlimmer.
Ständig war ich dabei, etwas zu suchen;
den Lebenssinn, den Schlüssel zum Zimmer,
das Rezept für den Rhabarberkuchen.
Ich suchte nach den mystischen Orten,
an denen die Phantasien sich verstecken,
hob Deckel von Töpfen mit heimlichen Worten,
um mit ihnen die Löcher des Selbstbetrugs,
des Zweifels zu stopfen und abzudecken.
Ich ging durch die Straßen mit verengten Pupillen
und suchte und lernte bald zu verstehen:
Man muss Gassen durchstreifen, nicht die Alleen,
nicht die glatten Straßen mit schweigenden Villen,
um dem Geist der Zeit aus dem Weg zu gehen.
Ich suchte die Wärme jenseits der Gruft,
wo nie Sonne auf erfrorene Gedanken fällt,
um zu erfahren, dass auch heiße Luft
sich wie Frost strangulierend um Knospen legt
und die Lust am Erblühen gefangen hält.
Die puren Essenzen von Sonne und Regen
zog ich auf Vorrat in große Flaschen.
Für mich gab es nur ein dafür, ein dagegen
und ich suchte die Ufer von Flüssen und Seen,
um die Zweifel mit Zorn oder Liebe zu waschen.
Dann sah ich ein Zeichen und habe verstanden:
Das Finden ist Herr, das Suchen Vasall.
Es kam von den Bremer Stadtmusikanten:
Etwas Besseres als den Tod findest du überall.
Der Gegenwart müssen die Ohren klingen
beim Rasseln der Säbel, wachsendem Leid.
Miserable Sänger machen sich breit,
die lauthals nach falschen Noten singen.
Die Lieder der Hoffnung erfrieren im Wind,
ihr Klang zerschellt auf schwarzen Pfaden.
Auf den Scherben tanzt ein kleines Kind,
sieht nicht die Lügen, nur Golddukaten.
In den Glaspalästen dröhnt das Schweigen,
die Plutokratie schnitzt ihre Schranzen,
während die Straßengeister ihren Reigen
auf dem dünnen Seil der Einfalt tanzen.
Die Gegenwart sieht mit Gleichmut zu,
wie die Nichtigkeiten über die Ufer treten,
die Straßen fluten mit dem nächsten Coup
und wie Menschen zu tauben Göttern beten.
Durch äußere Pracht schimmert innere Leere,
ein Abklatsch Potemkinscher Architektur.
Die Fassade gereicht nur der Einsicht zur Ehre:
Auch die teuersten Dinge schweigen nur.
Der Gasdruck im Kessel der Menschheit steigt.
Wo Streichhölzer die Köpfe zusammenstecken,
spielt kein Orchester, wird nicht mehr gegeigt,
es singt ein Chor von Verwüstung und Schrecken.
Die Gegenwart muss mehr als die Finger heben.
Die Dämme zu flicken ist nicht mehr die Zeit.
Sonst wird sie eine Zukunft in Rost erleben;
auch Schrott hat eine glänzende Vergangenheit.
Wenn die Farben ineinander laufen,
sich Himmelblau mit Licht vermengt,
die Maulwürfe im Erdloch schnaufen,
weil eine Schaufel sie bedrängt,
Menschen aus Eimern Sangria saufen
und sich ihr Blick auf Sex verengt,
die Dielen wieder Eis verkaufen,
die Sonne bleiche Haut versengt,
im Biergarten die Kerle raufen,
weil plötzlich da „last order“ hängt,
die Mädchen weiße Kleider hissen,
dann ist es Sommer, musst du wissen.
Die Fragen werden dringlicher.
Säuerliche Gerüche wabern um die Köpfe.
Misstrauen schleicht durch die Straßen.
Höhnisches Gelächter prallt an die Fenster.
Hass und Dummheit aalen sich in der Sonne
und werfen täglich schwerere Schatten.
Gewissheiten und Anstand zerbröseln.
Das Schwungrad der Freiheit verliert an Masse.
Lügen werden stolz an die Leine gehängt
verdecken die durchgewetzte Weste der Toleranz.
Das Gift der Zwietracht wird Nahrungsmittel.
In einst farbigen Klanggalerien knarren schwarze Raben.
Einfach gestrickte Gemüter lesen die neuen Leviten,
nutzen virtuos die Zunge als Trompete der Gewalt.
Ihre Parolen reißen Löcher der Scham in die Seele.
Gesichter mit weit aufgerissenen Augen und Mündern
erscheinen wie verstörende Allegorien von Bosch.
Aus maßlos siedendem Zorn wird ein Lagerfeuer,
aus unruhiger Nacht nicht bewohnbarer Tag.
Mitgefühl wird aus Sätzen gelöst, fällt zu Boden wie Stein.
Und die Halde wird größer, die Steine schwerer.
An den Farben der hellen Zeit wird heftig gekratzt.
Das schmutzige Braun darunter ist kein schöner Anblick
und es ist kein schöner Geruch, wenn Liebe verfault.
Die Fragen werden dringlicher.
Ist das noch mein Land, meine ehemals vertraute Welt,
in der Braun unter meinen Sohlen nur Staub war,
wo an den Rändern der Wege freundliches Grün lächelte
und ich gelassen durch meinen Himmel spazierte?
Warum stehe ich da wie ein Schaf auf vertrockneter Weide,
kaue am Schweigen als beruhigende Droge
und decke die Ausscheidungen gewissenhaft zu
mit säuberlich geschriebenen Buchhalterzeilen?
Die Antworten werden dringlicher.
Die Zeit zwischen Jetzt und der Dämmerung wird kürzer.
Ein früher Blick durch das geöffnete Fenster.
Die Stille korrespondiert mit dem diesigen Himmel.
Die verworrenen Träume der Nacht lösen sich auf
in den zarten Farben der frühen Früchte.
Nicht gesprochene Worte verlieren sich
im einladenden, freundlich zuhörenden Raum.
Das Morgenlicht ist noch nicht gebündelt,
die Sonne noch nicht Meister über Licht und Schatten.
Sie bläst gerade erst ihre Backen auf am Horizont.
Vom Glühen der Welt ist noch nichts zu sehen,
es liegt noch kein gebratenes Licht über dem Land.