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Die rote Wunderwaffe!
Schon unsere Großmütter wussten die roten Rüben zu schätzen: Rote Bete schmeckt in ihren vielen Variationen nicht nur ausgesprochen lecker, sondern ist auch eine wahre Schatzgrube für unsere Gesundheit. Sie reguliert den Blutdruck und entschlackt, schützt Herz und Gefäße ebenso wie Leber und Galle; in der Naturheilkunde setzt man sie sogar vorbeugend gegen Krebserkrankungen ein. Auch in der Haute Cuisine erfährt die Rote Bete derzeit eine Renaissance und ist auf vielen Speisekarten zu finden. – Das erste Buch über die Vielfältigkeit und die erstaunlichen Eigenschaften eines alten Gemüses.
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Seitenzahl: 185
FRANZISKAVONAU ist Journalistin und Autorin. Nach ihrer Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München arbeitete sie als Redakteurin, Kolumnistin und Textchefin für verschiedene Tageszeitungen und Frauenmagazine. Ihre Themenschwerpunkte sind u. a. Gesundheit und Ernährung sowie alte Brauchtümer und überliefertes Wissen. Zu ihren erfolgreichen (Ernährungs-)Ratgebern gehört z. B. Die Hausapotheke. Von Au lebt bei Monchique an der Algarve in Portugal.
FRANZISKAVONAU
Rote Bete
Die heilsamen Kräfte
der Wunderknolle
WILHELMHEYNEVERLAG
MÜNCHEN
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Rezepte: Medienservice Pro Genuss
Originalausgabe 01/2014
© 2014 by Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.
Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München
Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
ISBN: 978-3-641-12052-8V002
www.heyne.de
Inhalt
Vorwort
Rote-Bete als Star in Küche und Literatur
Die Geschichte der Roten Bete
Eine Wunderrübe?
Vom ungeliebten Gemüse zum Kulinaro-Hit
Teil 1: Warenkunde Rote-Bete
Kapitel 1: Anbau, Ernte und Lagerung
Die »Beta-Gruppe«
Welche Sorten gibt es?
Wann sät und pflanzt man?
Was Rote Beten mögen und was nicht
Aussäen und Pikieren
Erntesaison
Überwintern
Regionale Ernte vs. Importware
Kapitel 2: Vitamine und Inhaltsstoffe und was sie bewirken
Vitamine in der Roten Bete
Mineralien und Spurenelemente
Sekundäre Pflanzenstoffe
Fett, Eiweiß und Kohlenhydrate
Ballaststoffe
Vorsicht! Oxalsäure und Nitrate
Auf einen Blick: die Inhaltsstoffe der Roten Bete
Kapitel 3: Gesund bleiben – gesund werden
Heilpflanze aus alten Zeiten
Saft, Knolle oder Blätter?
Das Immunsystem stärken
Rote-Bete-Möhren-Knoblauch-Saft
Apfel-Möhren-Rote-Bete-Saft
Entgiften und heilen, entsäuern und reinigen
Schutz für Herz und Gefäße
Behandlung bei Krebs: die Rübentherapie
Aus der Hausapotheke
Fitness und Wohlbefinden
Hier die Nährwerte von Roter Bete auf einen Blick:
Teil 2: In der Küche
Kapitel 4: Einkaufen – Zubereiten – Tipps und Tricks
Der Einkauf – was man beachten sollte
Die Zubereitung
Schälen, einfrieren, weiterverarbeiten
Tipps für Geschmack und Aroma
Kapitel 5: Klassische Rezepte
Matjessalat mit Roter Bete
Rote-Bete-Salat mit Speck und Zwiebeln
Hirtentopf mit Kräuterrahm
Eingekochte Rote Bete
Hamburger Labskaus
Russischer Borschtsch
Altdeutsches Rote-Bete-Eiergericht
Rote-Bete-Zwiebel-Eintopf
Helgoländer Rote-Bete-Fisch-Frikadellen
Omas Bismarckherings-Salat mit Roter Bete
Allgäuer Rote-Bete-Kartoffelauflauf
Niederbayerischer Rote-Bete-Kuchen
Kapitel 6: Rohkost und Säfte
Rote-Bete- und Karottensnacks mit dreierlei Dips
Rote-Bete-Fenchel-Rohkost mit Zitrusfilets
Rote-Bete-Rohkost mit Aprikosen
Rote-Bete-Rettich-Rohkostsalat
Rote-Bete-Eissalat mit Pfefferbeeren
Roher Rote-Bete-Salat mit Äpfeln
Möhren-Tomaten-Drink
Pikanter Rote-Bete-Gurken-Shake
Rote-Bete-Joghurt-Smoothie
Buttermilchdrink mit Rote Bete und Rucola
Pfirsichtraum mit Rote Bete
Rote-Bete-Mango-Shake
Kapitel 7: Salate und Dressings
Rote-Bete-Rauke-Salat mit Pilzplätzchen
Winterlicher Rote-Bete-Salat mit gebratenem Ziegenkäse
Rote-Bete-Käsesalat mit Spargel und Nüssen
Fruchtiger Rote-Bete-Sauerkraut-Salat
Wintersalat mit Speckpflaumen und Rote Bete
Provenzalischer Salat auf Rote-Bete-Scheiben
Rote-Bete-Endivien-Salat
Rote-Bete-Pfifferlings-Salat
Salatvariation mit Roter Bete aus der Salzkruste
Rote-Bete-Bohnensalat mit Mozzarella
Pikanter Fetasalat mit Papaya und Roter Bete
Löwenzahnsalat mit Rote Bete und Pilzen
Feldsalat mit Rote-Bete-Dressing
Gebratener Rote-Bete-Kartoffelsalat mit Chili
Kapitel 8: Suppen
Rote-Bete-Suppe mit Korianderschaum
Rote-Bete-Käsesuppe mit Brunnenkresse
Rote-Bete-Auberginen-Suppe
Toskanische Rote-Bete-Bohnensuppe
Rote-Bete-Gemüsesuppe mit Buchweizennocken
Kalte Rote-Bete-Gazpacho
Pikante Rote-Bete-Karottensuppe
Rote-Bete-Bohnentopf
Rote-Bete-Kürbissuppe mit Mango
Indische Rote-Bete-Pastinaken-Suppe
Kapitel 9: Als Vorspeise oder Zwischengericht
Carpaccio von Rote Bete mit Kräuterjoghurtdip
Pikante Rote-Bete-Gemüse-Pizza
Deftige Rote-Bete-Lasagne
Rote-Bete-Paprikagemüse mit geräuchertem Tofu
Forellenfilets auf würzigem Rote-Bete-Orangen-Chutney
Gebackene Rote-Bete-Reisbällchen mit Korianderjoghurt
Crostini mit Rote-Bete-Avocado-Creme und Truthahnschinken
Zucchiniblüten mit Rote-Bete-Grünkern-Füllung
Rote-Bete-Zucchini-Röllchen mit Minz-Marinade
Rote-Bete-Gemüseflammkuchen
Kapitel 10: Beilage
Süßsauer marinierte Rote Bete
Glacierte Rote Bete
Rote-Bete-Risotto
Rote-Bete-Kartoffelpüree
Abendländliche Gewürz-Rote-Bete
Gratinierte Rote Bete mit Nusskruste
Rote-Bete-Kartoffelpuffer
Ungarisches Rote-Bete-Karotten-Gemüse
Deftige Rote Bete mit Esskastanien
Pikante Rote Bete in Orangenmarmelade
Kapitel 11: Hauptgericht
Fettuccine mit Pilzen, Rote Bete und Gemüse
Rote-Bete-Kartoffelgulasch
Vollkornspaghetti mit Rote-Bete-Gemüseragout
Gebratene Meeresfrüchte mit Rote-Bete-Herbstgemüse
Rote Bete mit Reisfüllung
Rote-Bete-Gemüse-Gratin mit Kürbiskernen
Hühnerfrikassee mit Roter Bete und Kokos
Rote-Bete-Flan
Rote-Bete-Frühlingsröllchen mit Tomatendip
Rote-Bete-Gnocchi mit Champignons
Pilz-Ravioli auf geschmorter Rote Bete
Rote-Bete-Polenta-Bratlinge
Gefüllte Rote-Bete-Nudeln
Rote-Bete-Risotto mit Lachssaté
Rinderröllchen mit Rote-Bete-Schmorgemüse
Rote Bete mit Wokgemüse und Pangasius
Rote-Bete-Ragout mit kleinen Kalbsschnitzeln
Cannelloni mit Rote-Bete-Quinoa-Füllung
Kapitel 12: Desserts und Marmeladen
Rote-Bete-Beerengrütze mit Quarkpudding
Rote-Bete-Sorbet
Mandel-Pannacotta mit Rote-Bete-Erdbeer-Püree
Rote-Bete-Buttermilch-Muffins mit Heidelbeeren
Warmer Schokoladenkuchen mit Rote-Bete-Erdbeer-Rhabarber-Ragout
Bete-Quark-Mousse mit Orangensauce
Rote-Bete-Rhabarber-Terrine mit Vanillesoße
Rote-Bete-Lebkuchen-Parfait
Kapitel 13: Spezialitäten
Rote-Bete-Brot mit Dörrpflaumen
Tête de Moine auf Roter Bete
Rote-Bete-Partykugeln
Rote-Bete-Sauerkraut-Kartoffel-Kuchen
Rote-Bete-Chips
Literatur und Quellen
Quellen im Internet
In meiner Kindheit waren die »roten Rüben«, die unsere bayerische Großmutter mindestens einmal in der Woche auf den Tisch brachte, schon nach dem ersten »Genuss« auf der Hitliste ungeliebter Speisen ganz oben gelandet. Nicht nur, weil sie als besonders gesund galten – das hatten sie mit dem ebenfalls nicht gerade beliebten, angeblich so feinen Rahmspinat gemein. Sondern weil sie uns Kindern einfach nicht schmeckten. Es gab sie nämlich nur in einer einzigen Variante: als leicht säuerlicher Salat, in der Konsistenz eher labbrig und schlaff. Ganz und gar nicht das, was der kindliche Gaumen sich wünschte. Eigentlich schade, denn im Grunde sind Rote Beten ein eher süßes Rübengemüse, aus dem sich die leckersten Gerichte zaubern lassen. Kein Arme-Leute-Gericht mehr wie in alten Zeiten, als man die Redensart kannte: »Man mag die Rübe schneiden, wie man will, Talerstücke gibt sie nicht.« Will heißen: Wer Rüben essen muss, kann kein reicher Mann sein. Denn die Rübe gedeiht auch auf ungünstigen Böden, sie stellt keine besonderen Ansprüche. Wobei so manches Armenessen heute als Gourmetspeise wiederentdeckt wird – dazu gehören auch die Roten Beten.
Nie hätte ich gedacht, dass sich das ungeliebte Gemüse aus meiner Kindheit in unseren Zeiten zu solch einem kulinarischen Höhenflug emporschwingt. Von den »Trüffeln des Nordens« ist da in manchem Bericht die Rede, von einer echten Delikatesse, die nicht nur in der Regionalküche, sondern auch in der Nouvelle Cuisine wahre Triumphe feiert. Sogar literarisch werden Rote Beten zum Star. Etwa beim amerikanischen Autor Tom Robbins, der seinen Roman Pan Aroma: Jitterbug Perfume mit den Worten beginnt: »Die Rote-Bete ist das intensivste aller Gemüse …« Und er leitet seine furiose Erzählung von der Jagd nach einem göttlichen Parfümfläschchen mit einem Sprichwort aus der Ukraine ein: »Eine Geschichte, die mit einer Roten Bete anfängt, endet mit dem Teufel.«
Robbins ist nicht der Einzige, der Rote Beten zum Star macht. Die erfolgreiche Comic-Serie Chew– Bulle mit Biss! von John Layman und Rob Guillory erzählt vom Spezialermittler Tony Chu, der eine besondere Begabung hat: Beißt er in ein Lebensmittel, erfährt er alles über dessen Inhaltsstoffe, über seine Herkunft und Verarbeitung – ja sogar, wer es in Händen hatte (das ist natürlich in den Storys stets ein Bösewicht). Um beim Essen nicht völlig verrückt zu werden, sucht Chu nach einer dauerhaften Ernährung, bei der alles neutral bleibt und er nichts Besonderes empfindet. Nur mit dieser »Neutralisierung« kann Chu echte Verbrechen aufklären. Das Einzige, was ihm zum Essen bleibt, sind – Rote Beten. Und so ermittelt Tony Chu in mittlerweile acht Bänden (in Deutschland sind bisher sechs erschienen), löst jeden Fall mit Bravour, stets griffbereit sein rotes Rübengemüse …
Rote Beten sind ein wirklich »altes« Gemüse. Das sieht man auch daran, wie unterschiedlich allein im deutschen Sprachraum ihre Bezeichnungen sind: In Deutschland kennt man die Rote-Bete, Biete, Beete oder Rübe, mancherorts auch die Rotmöhre, Salatbete, -rübe oder -runkel; in der Schweiz nennt man sie Rande, in Österreich und manchen Regionen Bayerns heißen sie Rahner oder Rauna, Rana, Rahne oder Ranne, Rohne oder Rone und Randig. Das Wort »Beete« übrigens – Sie ahnen es vielleicht – kommt nicht von Beet oder gar Bett, es hat natürlich auch nichts mit frommen Gebeten zu tun, sondern leitet sich vom lateinischen Namen beta für Rübe ab.
Die Ursprungspflanze stammt aus den Küstengebieten am östlichen Mittelmeer und wohl auch, nachdem man Rote-Bete selbst in Asien kennt, aus den Steppen- und Wüstengebieten Zentral- und Nordasiens. Schon etwa 1000 vor unserer Zeitrechnung kultivierte man Rote-Bete auf Sizilien. Die ursprüngliche Geschichte der Wunderknolle beginnt schon viel früher: In einer jungsteinzeitlichen Küstensiedlung in Nordholland fand man eine Urform der Beta vulgaris cruenta rubra – so der vollständige botanische Name der Roten Bete. Allerdings verzehrte man damals, noch etwa ein Jahrtausend vor der Antike, wohl weniger die Wurzel als vielmehr das Blattgrün. Das tut man heute in Griechenland ganz traditionell übrigens noch immer: Chorta nennt sich dieses bei Touristen kaum bekannte »Spezialgericht«, bei dem je nach Jahreszeit und Region neben Löwenzahn, Portulak und Wurzelwerk auch dem Blattspinat ähnliche Pflanzen zubereitet werden: genau das Blattgrün der Roten Beten also, das zusammen mit der gekochten Knolle und mit skordalia, einer leckeren und sehr typischen Knoblauch-Weißbrot-Paste, gegessen wird. Selbst in unserer modernen deutschen Küche verschmäht man die Blätter Roter Beten nicht mehr, sondern richtet sie als Salat an oder serviert sie als sautiertes Gemüse zu Fleisch und Fisch.
Zu uns nach Mitteleuropa kam das Gemüse mit den Römern, das zeigten archäologische Ausgrabungen in römischen Kastellen. Aber selbst damals galt noch: Von der »Rübe« aß man das Blattwerk, nicht die Wurzel. Erst ab etwa dem 13. Jahrhundert entwickelte sich nach und nach ein dicker unterirdischer Knollen, bis dahin kannte man lediglich eine lange, harte und dünne Wurzel, die nicht wirklich verzehrbar war. 200 Jahre später finden sich die Beschreibungen unterschiedlicher Rübenformen, und ab dem 16. Jahrhundert endlich wurde die Rote-Bete in ganz Europa kultiviert – als Speisepflanze, deren Knolle man verzehrte. Die heutigen, modernen Sorten entstanden erst sogar im 19. und 20. Jahrhundert. Mit der Zeit sind Rote Beten ein typisches Wintergemüse geworden. Auch weil man sie in der kalten Jahreszeit gut und günstig einlagern konnte – wichtig für die weniger Begüterten, die sich keine frischen Lebensmittel leisten konnten. Heute kann man Rote-Bete das ganze Jahr hindurch frisch bekommen, denn sie werden mittlerweile in allen Ländern mit gemäßigtem Klima angebaut.
Anfangs waren die Wurzelknollen in Farbe und Form viel abwechslungsreicher: Es gab kugelige und zylinderförmige Rote Beten, lang gestreckte oder plattrunde. Die einheitliche tiefe Rotfärbung war ebenfalls eine Besonderheit: Weiße, gelbe, hellrote und sogar nicht ganz durchgefärbte Rüben, die aufgeschnitten ein Ringmuster zeigen, waren an der Tagesordnung. Heute werden diese alten Sorten wieder gezüchtet.
Ägypter und Griechen schrieben der Pflanze, die eine Verwandte von Mangold und Spinat, Zucker- und Runkelrübe ist, heilende Wirkung zu. Die Überlieferung berichtet sogar, dass man dem griechisch-römischen Gott Apollon bei bestimmten Festen Rote-Bete auf silbernem Geschirr darreichte. Damals allerdings wohl eher in ihrer Urform als Meeresstrandrübe oder Seemangold, also nicht als die rote Knolle, wie wir sie heute kennen. Als Apollon Epikurios war der schöne Olympier neben vielem anderen auch für die Heilkunst zuständig, und die Griechen der Antike ahnten wohl und glaubten fest daran, was sich heute wissenschaftlich bestätigen lässt: nämlich dass dieses Gemüse ein wahrer Jungbrunnen ist.
Rote Beten gelten nämlich auch heute als wahre Wundermittel. Es gibt ein altes deutsches Sprichwort: »Durch Rote Rüben werden die Schwachen stark und die Schüchternen mutig«. Kein Wunder, dass Paracelsus sie 1540 bei Blutkrankheiten verordnete und deutsche Ärzte sie Anfang des 20. Jahrhunderts bei »Schwächezuständen« verschrieben. Wir wissen es heute noch besser, denn die Forschung hat es nachgewiesen: Die Inhaltsstoffe der Roten Bete machen nicht nur fit und sorgen für unser Wohlbefinden. Sie sind auch maßgeblich daran beteiligt, unseren Organismus zu entgiften, das Immunsystem zu stärken, den Blutdruck zu senken und damit sogar dem Risiko eines Schlaganfalls vorzubeugen. Sie helfen bei Appetitlosigkeit und Leberbeschwerden, lindern Arteriosklerose und Gallenleiden, erhöhen die Sauerstoffzufuhr in den Körperzellen und werden sogar erfolgreich bei der sanften Krebstherapie eingesetzt.
Früher kannte man »nur« die eingangs erwähnten sauer eingelegten Rote-Bete-Scheiben als Salat und ein paar wenige regionale Gerichte: etwa Labskaus und natürlich den roten Heringssalat, der zu manch einer Silvesterfeier einfach dazugehört. Heute findet man eine ganze Reihe höchst leckerer Speisen, die sich aus der Roten Rübe zubereiten lassen. Eben nicht nur die riffelig geschnittenen Scheiben in Essig eingelegt, die wir als Kinder kannten und oft verabscheuten und die uns deshalb oft noch im Erwachsenenalter den Genuss der Roten Bete verleiden. Im zweiten Teil dieses Buches finden Sie, liebe Leser, daher hundert Rezepte, die es Ihnen leicht machen werden, Rote-Bete nicht nur mit völlig anderen Augen zu sehen, sondern ganz neue Gaumengenüsse kennenzulernen. Dazu wünsche ich Ihnen guten Appetit!
Franziska von Au
Monchique/Portugal
im September 2013
Im ersten Teil finden Sie alles Wissenswerte um die »Wunderrübe«: von Anbau, Ernte und Lagerung sowie über die Inhaltsstoffe und deren Wirkung auf Wohlbefinden und Gesundheit.
Rote Beten sind aus einer gemeinsamen Urform von Mangold, Runkelrüben und Zuckerrüben entstanden: dem roten See-Mangold. Noch heute sind sie deshalb, so unwahrscheinlich das auf den ersten Blick aussehen mag, eng verwandt mit dem Mangold, wie wir ihn heute kennen und (wieder) mögen. Mangold war, wie so manch andere Gemüsesorte, in Vergessenheit geraten: Noch bis ins 17. Jahrhundert galt er jedoch als beliebtestes Gemüse in Deutschland, dann kam der Siegeszug des Spinats, der von den Arabern über Spanien zu uns gelangte und seit etwa 700 Jahren in Europa angebaut wird.
Mangold, Spinat und eben auch die Rote-Bete gehören – wie auch die Zucker- und die Futterrübe – zur Familie der Gänsefußgewächse (botanisch: Chenopodiaceae). Diese wiederum ist eine Unterfamilie der Fuchsschwanzgewächse (botanisch: Amaranthaceae).
Die Pflanzengattung in der Botanik, aus der die Rote-Bete stammt, nennt sich »Beta-Gruppe« – von Beta vulgaris, dem botanischen Namen für »Gemeine Rübe«. Die einzelnen Sorten der Beta-Gruppe – Mangold, Spinat, Zuckerrübe und Rote-Bete – sind in vielen Jahrhunderten durch Züchtungen zu dem Gemüse geworden, das wir heute kennen:
Bei Mangold und Spinat stand der kräftige Blattwuchs im Fokus der Zucht,bei den Rüben dagegen die Ausbildung eines kräftigen Wurzelkörpers.Die Form der roten Knolle hat sich seit Beginn der Züchtung kaum verändert: Meist ist die Rote-Bete fast kugelrund und zeigt am unteren Ende eine kleine Spitze. Im Handel findet man sie in Größen von etwa zehn Zentimeter Durchmesser, sie wiegen dann bis zu 500 Gramm. Die Schale zeigt sich schwarzgrau, das Fleisch der Knolle ist dunkelrot, sehr saftig und aromatisch. Die Farbe der Roten Bete hängt übrigens vom Anteil des Inhaltsstoffes Betanin ab: Je mehr Betanin die Sorte enthält, desto intensiver und dunkler ist das Rot des Fruchtfleischs. Beten mit gelbem Fruchtfleisch enthalten Betaxanthin, ebenfalls ein Pflanzenfarbstoff aus der Gruppe der Betalaine.
Die heute allgemein bekannte Sorte mit der gleichmäßig tiefrot gefärbten Knolle ist noch recht jung: Sie stammt aus Züchtungen der vergangenen 200 Jahre. Im Supermarkt kaum zu finden, jedoch im Angebot manch eines Delikatessgeschäfts oder beim Bauern direkt sind etliche andere Knollen zu finden: Rote Beten in Birnenform, leicht platt gedrückt und weniger »kugelig« oder sogar zylinderförmig und länglich, und damit im Aussehen eher einer dicken Möhre gleichend. Wobei sie mit Karotten ganz und gar nichts zu tun haben, selbst wenn Mohrrüben in Süddeutschland und Österreich »gelbe Rüben« genannt werden. Botanisch sind Karotten etwas ganz anderes: nämlich aus der Familie der Doldenblütler (botanisch: Apiaceae) stammend.
Ein paar Zahlen …
Im EU-Sortenkatalog finden sich unter den mehr als 10 000 gelisteten Gemüsearten gut 150 Sorten von Roter Bete (Quelle: Datenbank der Europäischen Kommission, Gesundheit und Verbraucher).Im Jahr 2012 gab es in Deutschland mehr als 1600 landwirtschaftliche Betriebe, die auf gut 1400 Hektar Rote Bete produzierten (Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, Gemüseanbau in Deutschland).Es widerspricht ein bisschen dem eigentlichen Namen »Rote Bete«, aber es gibt tatsächlich Sorten mit gelblichem und orangefarbenem oder fast weißem, ja sogar mit rosarotem, »geringeltem« oder gestreiftem Fruchtfleisch. Diese Gelben oder Weißen Beten sind sehr alte Sorten, sie unterscheiden sich im Geschmack kaum von ihrer roten Verwandten, sind vielleicht etwas süßlicher. Sie enthalten meist weniger Nitrate als die Roten Beten. Die Farbe der Gelben Bete ist jedoch ähnlich intensiv, und wer sie in der Gemüseabteilung oder auf einem Bauernladen sieht, sollte zugreifen: Zaubert sie doch an dunklen Wintertagen ein wenig Sonne auf den Teller …
In Großmutters Gemüsegarten standen ganz sicher neben den tiefroten auch nicht ganz durchgefärbte Formen der Roten Bete. Sie sind in Italien und auch der südlichen Schweiz immer noch sehr verbreitet, bei uns heute eher seltener zu bekommen – außer man hat einen gut sortierten italienischen Feinkostladen oder einen Bio-Bauern in der Nähe. Man kann sie gut selbst im Garten anbauen. Da gibt es beispielsweise die Sorte Tondo di Chioggia, die sich durch eine besondere Süße auszeichnet und etwas milder im Geschmack ist. Beim Aufschneiden der Rübe zeigen sich rote und weiße Ringe – ein besonderer Augenschmaus. Wegen dieser Optik nimmt man die Tondo di Chioggia oft für Rohkostsalate her, obwohl man sie natürlich auch gekocht und in allen anderen Zubereitungsarten genießen kann, die im Rezeptteil aufgeführt werden.
Rote-Bete-Sorten im üblichen Angebot zum Beispiel sind:
Die Ägyptische Plattrunde: eine sehr alte Sorte mit viel Geschmack. Sie ist in vielen Hobbygärten zu finden und kann schon früh im Jahr geerntet werden. Ihre plattrunde Form ist »typisch Rote Bete«, das Fruchtfleisch zeigt sich dunkelrot – die Blätter haben rote Adern (die beim Zubereiten auch ausbluten können).Die Albina Vereduna: eine sehr traditionelle und sehr ertragreiche Rote Bete aus Norddeutschland. Im Geschmack ist die Albina eher süßlich. Sie ist nicht sehr saftig und hat weißes Fruchtfleisch: optimal, wenn man einen Heringssalat ohne die typische Rotfärbung zubereiten möchte.Die Baby Beets: eine besonders kleine Rübe, deren Knollen nur einen Durchmesser von drei bis fünf Zentimetern haben. Baby Beets nimmt man vor allem zum Einlegen in Essig, man kann sie aber auch sehr gut als Rohkost und als Food-Dekoration einsetzen. Die Rübchen sind sehr zart und fein-süß im Geschmack.Die Bernstein: eine runde, dunkelrote Sorte aus Österreich, die sehr aromatisch schmeckt und sich lange lagern lässt.Die Bietola da Orto Paonazza d’Egitto: eine Sorte mit relativ kleinen, flachen Knollen. Man kann sie schon früh aussäen und erntet bereits im Sommer dunkelrote, fleischige Rüben.Die Burpee’s Golden: eine echte »Gelbe Bete«. Sie stammt aus Großbritannien und ist außen orange und innen gelb. Der Geschmack: süß und aromatisch.Die Crapaudine: eine französische Sorte mit langen, konisch zulaufenden Knollen. Sie ist sehr ertragreich – das Gewicht der einzelnen Knollen kann leicht über 500 Gramm sein. Im Geschmack ist das rote Fleisch aromatisch und mild.Die Detroit 2 (oder: Bolivar): eine bewährte Sorte, die tiefrote und runde Knollen hat. Ihr Vorteil: Sie ist besonders nitratarm gezüchtet worden. Die Blätter sind rot-grün.Die Formanova: eine Sorte mit eher länglicher Form. Sie stammt aus Skandinavien. Die Knolle ist tiefrot.Die Forono: eine sehr verbreitete Rote-Bete-Sorte mit mild-süßem Geschmack. Durch ihre eher längliche Form kann man sie gut in feine Scheiben schneiden. Die Forono ist gleichmäßig dunkelrot durchgefärbt und kann bereits im Sommer und Frühherbst geerntet werden.Die Jannis: eine »typische« Rote Bete in Kugelform mit besonders mildem Geschmack und deshalb gut geeignet für Rohkost-Rezepte. Die Jannis hat eine besonders glatte Schale und wird schon früh erntereif. Man kann sie hervorragend einlagern.Die Moneta: eine runde und robuste Sorte mit glatter Haut und purpurroter Knolle. Der Geschmack ist ebenfalls sehr typisch: erdig und leicht süßlich. Die Moneta ist sehr saftreich und deshalb gut zum Auspressen geeignet.Die Pablo: Die einjährige Pflanze hat eine Kugelform und ist besonders saftreich. Man kann sie ab dem Spätsommer ernten und in kühlen Kellerräumen gut bis zum Frühjahr lagern.Die Robuschka (oder: Rote Kugel 2): eine runde Sorte mit glatter Schale und angenehm fruchtig-süßem Geschmack. Die Robuschka lässt sich bestens einlagern, aber auch sehr gut frisch und sogar als Rohkost verarbeiten. Sie hat rot-grünes Blattwerk.Die Rocket: eine walzenförmige Rote Bete, die bis zu 20 Zentimeter lang wird. Die Sorte ist ausgesprochen saftreich und zeigt beste Lagerqualität.Die Rote Kugel: ist die robuste Standardsorte für den Gemüseanbau. Sie bringt sehr gute Erträge, und man kann sie schon früh im Jahr ernten.Die Tondo di Chioggia: die Spezialität aus Italien mit einer hellrot leuchtenden Schale, das Fruchtfleisch ist rot-weiß gestreift. Bei einem Rohkost-Rezept bleibt diese Streifenzeichnung erhalten; kocht man die Tondo di Chioggia, verlaufen die Streifen dekorativ ineinander.Andere kugelrunde Rote Beten sind beispielsweise die Sorten Akela, Belushi, Boltardy, Larka, Libero Ryz, Monty, Moulin Rouge oder Zeppo.Zylinderförmig zeigen sich Carillon, Cylindra, Loma oder Lomako. Der Vorteil der länglich geformten Bete liegt auf der Hand: Man kann sie etwas dichter aussäen und bringt so – falls man im eigenen Garten ernten möchte – eine größere Vielfalt in den Gemüsekorb.Rote Bete ist zwar eine zweijährige Pflanze. Jedoch gibt es mittlerweile viele Neuzüchtungen, die lediglich einjährig sind. Für den Hausgarten sind sie bestens geeignet und vor allem praktisch: Man muss die Rüben nicht überwintern, um im darauffolgenden Sommer Blüten und damit Samen zu bekommen.
Wer schnellen und sicheren Erfolg beim eigenen Anbau haben möchte, sollte zu einer dieser bewährten Sorten greifen. Besonders ertragreich und Platz sparend sind die langen, walzenförmigen Sorten. Bekannt und zuverlässig im Gedeihen ist die »Rote Kugel«. Runde Rote Beten muss man nach dem ersten Auskeimen meist vereinzeln. Denn sie wachsen zunächst in Büscheln. Mittlerweile wurden allerdings auch neue, einkeimige Sorten gezüchtet. Sie lassen sich bestens als Einzelkornsaat ausbringen und müssen später nicht pikiert (= vereinzelt) werden. Der Standort sollte sonnig sein. Rote Bete gedeiht aber auch im Halbschatten, reichert dann aber mehr Nitrat an.
Der richtige Boden
Im Grunde hat niemand in seinem Garten den »Idealboden« für alle Gemüsesorten. Gute Erfolge erzielt man in fast jedem Boden, der nicht zu sandig ist. Schon die Urpflanze war genügsam und gedieh wild selbst auf kargen Böden. Das hat sich bei den Züchtungen ein wenig verändert, aber prinzipiell haben Rote Beten keine besonderen Ansprüche und lassen sich auch in eher ungünstigen Lagen leicht ziehen. Am besten gedeihen sie auf durchlässigem, nährstoffreichem und feuchtem Humusboden. Sie sind Tiefwurzler – bis zu eineinhalb Meter kann das Wurzelwerk einer voll ausgebildeten Pflanze sich in den Boden hinunterarbeiten. Deshalb überstehen Rote Beten kurze sommerliche Trockenperioden ohne größere Probleme. Nur wenn sie über längere Zeit keinerlei Wasser bekommen, werden die Knollen leicht holzig. Wer im Heimgarten aussät, sollte den pH-Wert des Bodens überprüfen und darauf achten, dass dieser zwischen sechs und sieben liegt. Bei höheren Werten kommt es zu Mangelerscheinungen an Blattwerk und Knolle.
Grundsätzlich teilt man Pflanzen nach dem Kriterium ein, wie viel an Nährstoffen (z. B. Stickstoff) sie verbrauchen. Man unterscheidet danach:
Starkzehrer entziehen dem Boden viel Stickstoff.Mittelzehrer haben einen mittleren Nährstoffbedarf. Rote Beten gehören zu dieser Gruppe.Schwachzehrer benötigen nur wenig Stickstoff aus dem Boden.