Salt and Silver am Meer - Thomas Kosikowski - E-Book

Salt and Silver am Meer E-Book

Thomas Kosikowski

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Beschreibung

Das Gute liegt so nah! Die beiden Weltenbummler und Bestsellerautoren Cozy & Jo verwirklichen ihren Lebenstraum: am Meer zu arbeiten und zu leben. An der Nordseeküste eröffnen sie ihr Restaurant am Meer. Der Weg dorthin gestaltet sich alles andere als geradlinig, denn was mit improvisierten Caterings aus der WG-Küche beginnt, wird über die Jahre zu einem kulinarischen Wirbelsturm, der die zwei Freunde erst durch Küchen auf der ganzen Welt wirbelt, bis sie schließlich in St. Peter-Ording ihr Zuhause finden. Hier entwickeln Cozy & Jo aus den unterwegs gesammelten Erfahrungen und Geschmäckern einzigartige Gerichte, die man unbedingt probieren muss! Das Besondere dabei: Es werden hauptsächlich heimische Zutaten verwendet, während die Ideen und Aromen von ihren Reisen nach Beirut & Tel Aviv, Marokko & Portugal, Mexiko & Peru, Südkorea & Japan kommen. Einfach nachzukochen und mit der Salt & Silver-Geschmacksgarantie!

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Seitenzahl: 142

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INHALT

VORWORT

AWAY

AUF DER SUCHE NACH DEM BESTEN GESCHMACK

Marokko

California

Libanon

Israel

Toskana

Portugal

Japan

Korea

Lateinamerika

HOME

UNSER RESTAURANT AM MEER

DIE REZEPTE

Austern

Frühling

Sommer

Herbst

Winter

Grundrezepte

DAS TEAM

ZUTATEN

GLOSSAR KÜCHENWERKZEUG

UNSERE LIEFERANTEN

REZEPTVERZEICHNIS

Vorwort

Zehn Jahre sind vergangen, seit wir beschlossen haben, uns zusammen kopfüber in ein neues Leben zu stürzen. Hinter uns liegen zweiundzwanzig bereiste Länder, zwei Kochbücher, eine eigene Doku-Serie im ZDF, zwei Restauranteröffnungen, Existenzkampf, Corona.

Wir haben jeder über hundert Tattoos gesammelt im Laufe der Jahre, einige graue Haare sind wohl auch dazugekommen. Cozy und Jo, Salt & Silver. Aus zwei Freunden wurde ein unzertrennbares Duo, zusammengeschweißt durch unendlich viele gemeinsame Erlebnisse. Wir aßen in einigen der besten Restaurants der Welt, wir grillten Piranhas im Amazonas-Regenwald, wir lernten die Geschmäcker Beiruts kennen, wir bekochten den Weinkönig der Toskana und seine Entourage. Wir probierten das perfekte Ei, lernten, Miso zu machen in Tokio, und durchstöberten Fischmärkte in Seoul. Wir kochten Tajines auf schwedischen Inseln, bereiteten für marokkanische Fischer peruanisches Ceviche zu, erkundeten mit unseren Restaurantteams die Küchen von Tel Aviv und Portugal. Wir haben Geschmackssensationen gejagt und gefunden, sie haben sich nicht mal gut versteckt. Die Wahrheit ist, es gibt sie überall in Hülle und Fülle.

Die mit Abstand größte Herausforderung fanden wir jedoch nicht in einem entlegenen Teil der Welt, sondern hier zu Hause in Deutschland: die Entwicklung unserer eigenen kulinarischen Vision. Vom leckeren Essen anderer Köchinnen und Köche zu schwärmen ist schön und inspirierend, doch die wahre Kunst liegt darin, es mit guten Produkten selbst herstellen zu können. Die Materie zu durchdringen, die Techniken zu beherrschen, die Natur jeder Zutat zu begreifen, wurde zu unserer neuen Mission.

Also eröffneten wir 2017 unser erstes Salt & Silver-Restaurant in Hamburg, um unsere Inspiration in eigenen Gerichten zu formulieren. Erst da merkten wir, wie unendlich viel wir noch lernen müssen. Noch mal einige Jahre und zwei weitere Restaurant-Eröffnungen später sind wir immer noch lange nicht am Ziel, denn mit dem Kochen ist es paradox: Je mehr wir wissen, desto deutlicher fällt uns gleichzeitig auf, wie wenig wir wissen. Je genauer man hinschaut und schmeckt, desto mehr neue Fragen kommen auf. Als wir 2014 unser erstes Kochbuch schrieben, hatten wir – vom heutigen Standpunkt aus betrachtet – von Tuten und Blasen keine Ahnung. Mittlerweile liegen viele Jahre Praxisübung hinter uns, den Unterschied macht aber vor allem, dass wir heute ein internationales Team aus begnadeten Köchinnen und Köchen an unserer Seite haben, die in einigen der besten Restaurants lernten und nun gemeinsam mit uns an unserer Vision feilen. Mit ihrer Hilfe schafften wir es, eine eigene Salt & Silver-Geschmackssprache zu entwickeln, inspiriert von den Entdeckungen unserer Reisen, technisch adaptiert und auf heimische Zutaten angewandt. Das Fundament unserer Rezepte bilden Erlebnisse und Geschmäcker aus Beirut und Tel Aviv, aus Marokko und Portugal, aus Mexiko und Peru, aus Südkorea und Japan, aus der Toskana und Skandinavien – und doch schmeckt alles unverwechselbar nach Salt & Silver: mit Bumms, Crunch, Schlonzigkeit, Frische und Tiefe.

Zum Glück hatten wir in den etwa fünfhunderttausend Gästen, die unsere drei Restaurants bisher besucht haben, eine stattliche Armee an Testessern für dieses Kochbuch.

Auf den folgenden 264 Seiten nehmen wir euch mit auf zwei Reisen: auf eine geschmackliche – nämlich an die für uns spannendsten kulinarischen Orte – und auf unsere persönliche Reise als Quereinsteiger, die in die wundersame Welt der Gastronomie hineinwachsen.

Wir hoffen, es wird für euch genauso schmackhaft und spannend wie für uns.

Cozy und Jo

AWAY

Auf der Suche nach dem besten Geschmack

Unser Kochstil ist ein Produkt unserer Erlebnisse auf Reisen. Die Aromen, Zutaten, Gewürze und Techniken, die wir für unsere Gerichte verwenden, sind inspiriert von den Ländern, in denen wir unterwegs waren. Diese Eindrücke finden auf unseren Tellern zu einem eigenen Stil zusammen. Wer unsere Gerichte genießt, der probiert gleichzeitig viele unsichtbare Schichten aus Erlebnissen auf der ganzen Welt, die schlussendlich zu diesem Geschmacksbild geführt haben. In diesem Kapitel nehmen wir euch mit an die wichtigsten Stationen, die auf unseren Tellern bleibende Spuren hinterlassen haben, und erzählen, was diese Orte kulinarisch so wertvoll für uns gemacht hat.

MAROKKO

September 2018, Marrakesch

Kurz nach unserer zweiten Restaurant-Eröffnung in Hamburg bekamen wir einen Anruf vom ZDF, ob wir Interesse hätten, eine Reise-Surf-Koch-Doku angelehnt an unser erstes Kochbuch zu drehen. Wir wählten Marokko als Destination und machten uns samt Kamerateam auf die Reise. Eine ereignisreiche Odyssee durch das Wüstenland nahm ihren Lauf: Die Parkour-Künstler Arradi und Wassim zeigen uns die legendären Nachbarschaftsöfen Marrakeschs, in die die Familien morgens ihre Tangias bringen – Amphoren aus Ton, gefüllt mit Schmorfleisch und Gewürzen, die dann den ganzen Tag in der Glut der Öfen gegart werden.

Als wir unsere Tangia nach einem langen Tag voller waghalsiger Stunts auf den Dächern abholen und auf der Dachterrasse unseres Riad – das sind die traditionellen marrokanischen Häuser mit Innenhof – öffnen, ist das Fleisch so saftig, würzig und weich geschmort, dass wir dieses Abendmahl bis heute als eines der besten Gerichte unseres Lebens in Erinnerung behalten. Nicht umsonst gibt es seitdem immer ein Gericht ähnlicher Natur in unseren Restaurants: über Nacht in Gewürzen geschmorte Rinderbacken, Lammkeulen, Short Ribs – alles inspiriert von diesem Mahl in Marrakesch. Der weitere Verlauf der Reise führt uns von Taghazout über den kleinen Surf- und Fischerort Imsouane, wo wir knusprig gegrillte Sardinen lieben lernen, durch das Atlasgebirge bis tief in die Sahara. Unser Guide Ali Tamara begleitet uns auf Kamelen durch die Wüste zu einer der letzten nomadisch lebenden Berberfamilien Marokkos. Sie begrüßen uns warmherzig mit einer Teezeremonie, für die das Wasser erst mal aus einem fernab gelegenen Wüstenbrunnen geschöpft werden muss. Während das Familienoberhaupt eine Ziege zu Ehren unseres Besuchs schlachtet, kommt ein Sandsturm auf, der dem Geschehen eine apokalyptische Stimmung verleiht. Wir fühlen uns versetzt in eine andere Zeit und Welt, während wir vermummt von Kopf bis Fuß das Fell der Ziege im dürftigen Schutz einer einfachen Steinmauer abziehen. Schließlich verbringen wir die Nacht in dicke Tücher gehüllt auf Teppichen unter freiem Himmel, während über uns die Milchstraße hell leuchtet. Nur die krachenden Fürze der um uns herum wiederkäuenden Ziegenherde stören die romantische Stille dieser Nacht in der Sahara. Neben diesen Erinnerungen sind es vor allem die unvergleichbaren Aromen von jahrelang eingelegten Salzzitronen und die schmackhaften Tajines (breite runde Tonschalen mit gewölbtem Deckel) und Tangias, die ihren festen Platz in unserem Kochrepertoire finden.

Bivouac du Bedouin, Sahara

CALIFORNIA

Januar 2019, Oceanside

San Diego liegt so nah an der Grenze zu Mexiko, dass die mexikanische Küche praktisch überall in der Stadt zu riechen und zu schmecken ist. Diese Vermischung von zwei benachbarten und doch grundlegend verschiedenen kulinarischen Welten bietet ein ganz eigenes und sehr überzeugendes Potenzial. In unserem Kochstil wollen wir den „spicy funk“ von mexikanischem Streetfood mit der „freshness“ kalifornischer „health kitchen“ paaren (sorry für die vielen Anglizismen). Also gehen wir auf dem Tuna Harbor Dockside Market auf die Jagd nach frischem Seafood, kaufen auf einem der zahllosen Farmers Markets Salate und knackfrisches Gemüse ein und holen uns in einem mexikanischen Mercado Tortillas und alles Weitere, was wir für die Zubereitung köstlicher Chili-Salsas brauchen. Dann schmeißen wir den Grill auf dem Balkon von Surflegende Rob Machado an und kochen für ihn und seine Familie. Während auf dem Flatscreen an der Wand die Oscarverleihung läuft, verbringen wir bei gegrillten Seafood-Tacos einen entspannten Abend zusammen und lernen nebenbei Todd und Jenna Glaser kennen, durch die wir in unser nächstes Abenteuer in einem anderen Teil der Welt schlittern werden. Doch dazu später mehr.

Restaurant La Fachada, San Diego

LIBANON

Januar 2019, Beirut

Diese Reise ins Herz der Levante-Esskultur hinterließ bleibende Spuren auf unseren Tellern. Der Duft gerösteter Gewürze, die unzähligen verschiedenen Mezze-Gerichte, Tische so vollgestellt mit Leckereien, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll – so wollten auch wir für unsere Gäste kochen.

In Beirut treffen wir auf dem Markt Souk el Tayeb auf Kamal Mouzawak, Libanons berühmtester Foodaktivist, Kochbuchautor und Gastronom, der schon einst den amerikanischen Starkoch Anthony Bourdain in Beiruts kulinarische Geheimnisse einweihte. Er macht uns mit den Hotspots und gastronomischen Vorreitern der Stadt bekannt.

Im Restaurant Baron lernen wir Küchenchefin Rita und ihre rechte Hand Joyce kennen, die dort so begnadet kochen, dass reihenweise internationale Zeitungen ihre Food-Editoren vorbeischicken, um über ihre Küche zu schreiben.

Gewürzhändler Harout Tenbellian führt uns in die Welt der Gewürze ein, die für die einmalige Aromenvielfalt der levantinischen Küche verantwortlich ist. Von Bäckerin Farah und ihrem Freund lernen wir in ihrer Wohnung bei Kerzenschein – die Stromversorgung in Beirut war damals so desolat, dass um siebzehn Uhr in einigen Stadtteilen der Strom abgestellt wurde –, wie man Kibbeh und Manouche herstellt.

Als wir schließlich nach Deutschland zurückkehren, verändert sich unsere eigene Küche, inspiriert von den vielen Eindrücken, grundlegend. Die Erkenntnis, dass Essen am meisten Spaß macht, wenn die ganze Tafel voller kleiner Leckereien steht, bestimmt von diesem Moment an unseren Kochstil. Auch, dass man aus einfachen Grundzutaten mithilfe von Geschmacks-Boostern wie Melasse, Za’atar, Sumach, Aleppo-Chili und sauer eingelegtem Gemüse schnell sensationelle Aromen herauskitzeln kann, prägen wir uns gut ein. Und schließlich den gezielten Einsatz von Holzkohle und Ofengrill, durch deren rauchige Röstaromen beispielsweise aus einem einfachen Blumenkohl schnell ein goldenes Aromenfeuerwerk werden kann.

Souk El Tayeb, Beirut

Tenbelians Spice Shop, Bourj Hammoud, Beirut

ISRAEL

Februar 2020, Tel Aviv

Nach unserem turbulenten Beirut-Trip war für uns klar, dass wir schnellstmöglich auch in das zweite Epizentrum der Levante-Küche müssen: nach Tel Aviv. Da wir zu diesem Zeitpunkt bereits eines unserer beiden Hamburger Restaurants auf libanesisch inspirierte Küche umgestellt hatten, kamen wir auf die Idee, unser ganzes zweiundzwanzigköpfiges Team mit auf eine Fortbildungsreise nach Tel Aviv zu nehmen. Zusammen besuchten wir das Tzora-Weingut in den Judäischen Hügeln, badeten im Toten Meer, lernten Hummus machen auf dem Carmel Markt und aßen uns durch die halbe Stadt. Auf dieser Kurzreise festigte sich unser Beschluss, mehr levantinische Lebensfreude und Geschmacksvielfalt in unsere Küche einzuflechten, denn auch hier fanden wir die Leichtigkeit und die gleiche Vorliebe für mit Leckereien vollgepackte Tische, die sich unter der Last der vielen Gerichte förmlich biegen. Eine neue Erfahrung: Im Restaurant North Abraxas servierte man uns das gesamte Menü nicht auf Tellern, sondern legte kurzerhand den Tisch mit Packpapier aus und häufte die Köstlichkeiten einfach in die Tischmitte darauf. Mit Hand und Fuß essen, Flecken auf allen Klamotten und fettige Weingläser, applaudieren bei jedem Gang, der serviert wird – endlich wieder Mensch sein.

TOSKANA

TOSCANA

Oktober 2019, Poggio al Casone

Als wir in Kalifornien in Rob Machados Wohnzimmer Todd und Jenna Glaser kennenlernten, ahnten wir noch nicht, dass diese Bekanntschaft uns zu einem der spannendsten Erlebnisse unserer Kochkarriere führen würde. Jenna schenkte uns damals ein Glas toskanischen Rotwein ein, der so gut war, dass wir über den Winzer des Weines ins Gespräch kamen, da Jenna ihn persönlich kannte: ein Cavaliere aus der Toskana namens Piergiorgio, in dessen toskanischem Weingut regelmäßig Nachwuchskünstler und Surflegenden aus der ganzen Welt einkehren, um mit ihm auf die Jagd nach mysteriösen Geheimwellen an der italienischen Küste zu gehen – und natürlich um die kulinarischen Schätze Norditaliens zu erleben. Wir fliegen wenig später nach Pisa, fahren zum Weingut und klopfen an seine Tür. Es steht ein großes Jubiläum im Weingut an. Nach einigen Tagen des Kennenlernens engagiert Piergiorgio uns, damit wir das Kulinarische des Festabends übernehmen – ein Mahl für fünfzig geladene Gäste, darunter Künstlerinnen aus Japan und New York, einige Stars aus Mailands Kunst- und Kulturszene und die toskanische Foodie-Legende Paolo Parisi. Sogar Todd und Jenna reisen aus San Diego an. Wir fliegen sicherheitshalber unser Team aus Hamburg ein und machen uns an die Arbeit. Deutsche, die für den toskanischen Weinadel und seine internationalen Gäste kochen? Das bedeutet mehr als je zuvor: abliefern – oder untergehen.

Das Fest steigt in einer jahrhundertealten, stillgelegten Tabakfabrik. Wir servieren Panzanella und Ribollita, Pasta mit Wildschweinragout und weißen Trüffeln, die wir am Tag zuvor mit Trüffelhund Giotto aufgespürt haben, und grillen toskanische Salsiccia im Kaminfeuer. Zum Glück haben wir eine echte italienische Nonna an unserer Seite, die uns mit dem prüfenden Blick von über achtzig Jahren Kocherfahrung auf die Finger schaut. Am Ende sind Piergiorgios Gäste durchweg begeistert und ein wenig überrascht, dass dieses Mahl von Deutschen zubereitet wurde. Ab jetzt dürfen wir stolz behaupten: Wir haben uns ins Herz der Toskana gekocht.

PORTUGAL

REPÚBLICA PORTUGUESA

März 2023, Algarve

An einer Ecke der Markthalle des kleinen Örtchens Sagres an der Algarve liegt das Café Flamingos, mit Sukkulenten in Terracottatöpfen und rostigen Coca-Cola-Stühlen vor der Tür. Die örtliche Fischerei-Elite sitzt im Windschatten der Halle und trinkt Bier. Es ist halb zehn morgens, die Sonne brennt bereits gnadenlos, so wie scheinbar auch der Durst der Anwesenden. Aus der Markthalle weht der Wind den salzigen Duft von frisch gefangenen Sardinen herüber. Wahrscheinlich ist es der Fang des Tages, zu dessen Feier hier nun angestoßen wird. Die Wirtin kommt aus der Tür, stellt ein Pastel de Nata – eines dieser herrlichen Puddingtörtchen – auf einer Untertasse vor einen der Einheimischen und singt „Happy Birthday“ auf Portugiesisch, einige stimmen schief mit ein. Wir sitzen auf einer Steinbank in einigen Metern Abstand, nippen an unserem Kaffee und beobachten das Treiben. Vor wenigen Tagen haben wir die erste Saison in unserem neuen Restaurant Salt & Silver am Meer abgeschlossen, zur Belohnung und Erholung haben wir uns nun für einige Wochen nach Portugal abgesetzt.

Zu Europas südwestlichstem Zipfel haben wir bereits seit Jahrzehnten eine besondere Beziehung, wir kommen mindestens einmal im Jahr hierher, um Wellen und Fische zu jagen. Küchenchef Simon Lindow hat an der Algarve seine Ausbildung im Zwei-Sterne-Restaurant Vila Joya gemacht.

Im Februar 2023 fliegen wir sogar mit unserem gesamten Gastroteam aus Hamburg nach Portugal, um unserem Team die inspirierende Meeresküche und Grilltechniken näherzubringen. Die gewaltigen Zackenbarsche, die wir ab und zu in Sankt Peter-Ording ganzheitlich verarbeiten, stammen aus Sagres an der Algarve, denn sie werden dort vor der steil in den Atlantik abfallenden Küste in kleinen Fischerbooten per Handangel gefangen und in der Fracht von Passagierflugzeugen mit zu uns in den Norden gebracht. Wenn wir so darüber nachdenken, könnte es sein, dass die rustikalen Fischgrill-Restaurants an der Küste Portugals die Hauptinspiration für Salt & Silver am Meer waren: frischer Fisch im Butterfly-Schnitt, mit Öl bepinselt und über Holzkohle goldbraun gegrillt, bis die Haut knusprige Blasen wirft – das ist nicht nur an Portugals Küsten der Hit, sondern neuerdings auch am Strand von São Pedro, wie wir unseren neuen Heimatort Sankt Peter-Ording liebevoll nennen.

JAPAN

Oktober 2019, Tokio

Als wir 2019 das erste Mal hier waren, eröffnete sich uns eine völlig neue Welt. Angefangen bei den hochfrequentierten Ramen-Bars in Tokios Amüsierviertel Shinjuku, erkundeten wir die halbe Stadt auf der Suche nach kulinarischen Kostbarkeiten. Im Morgengrauen schlichen wir uns auf eine Thunfisch-Auktion in Osaka, gingen wandern in Wäldern voller Wildschweine im Hinterland von Kōbe und lernten das Herstellen von Misopaste in Chigasaki. Und zum Glück überlebten wir den Megasturm Hagibis unbeschadet, der sich als stärkster Taifun der letzten sechzig Jahre erwies. Wir übernachteten in einem winzigen Hochhaus-Apartment, mit nichts außer einigen Dosen Bier und einer Handvoll Mandarinen bewaffnet. Die Regale in den Lebensmittelgeschäften waren bereits seit dem Vormittag wie leergefegt. Während das ganze Haus im Sturm hin und her wogte, bebte auch noch die Erde mit 5,7 auf der Richterskala. Wir schickten Stoßgebete gen Himmel und hielten uns an der Heizung fest.

Zum Glück war am nächsten Morgen alles beim Alten, und wir konnten uns weiter auf Genuss und Research konzentrieren. Unter Köchen herrscht die weitverbreitete Ansicht, dass es weltweit nur zwei essenzielle Grundküchen gibt: die französische und die japanische. Völlig andere Kochtechniken finden hier statt. Es wird gedämpft statt gekocht, Fisch roh serviert statt erhitzt, Gemüse fermentiert statt gegart. Auch die Philosophien unterscheiden sich: Während wir im Rest der Welt möglichst komplexe Gewürzmischungen und verschiedene Gartechniken kombinieren, reduzieren die Japaner ihre Gerichte auf eine möglichst klare, filigrane kulinarische Sprache. Im Fokus steht immer das Produkt. Wer so reduziert kocht, achtet automatisch auf Produktqualität und übt sich, beim Abschmecken in feinen Nuancen zu denken. Die japanische Küche ist also eine gute Gelegenheit, seinen Feinsinn in der Küche zu trainieren. Am besten startet man dafür mit einem Dashi, der japanischen Grundbrühe. Das Rezept dazu steht auf Seite 233.

KOREA

September 2023, Seoul