Sanft gebären: Mein Weg zur schmerzfreien Geburt - Katharina Pahl - E-Book

Sanft gebären: Mein Weg zur schmerzfreien Geburt E-Book

Katharina Pahl

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Beschreibung

Schmerzfrei gebären ist möglich! Als Katharina Pahl im Alter von 44 Jahren zum ersten Mal schwanger wird, gilt sie als Risikogebärende. Doch sie beschließt, sich nicht verrückt machen zu lassen – und stattdessen auf ihren Körper sowie uraltes Hebammenwissen zu vertrauen. So gelingt ihr, wovon viele Frauen träumen: die (nahezu) schmerzfreie Geburt ihres gesunden Sohnes. Auf Bitten des Krankenhauspersonals beginnt sie, ihr Wissen in Workshops weiterzugeben, um anderen Frauen zu helfen – mit enormem Erfolg. Nun fasst sie zum ersten Mal in einem Buch zusammen, wie die Wohlfühlgeburt gelingen kann. Ihr Programm beruht im Wesentlichen auf drei Säulen: • Ernährung & Bewegung • Achtsamkeit & Schlaf • Selbst-Coaching & Gedankenhygiene

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Seitenzahl: 369

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Wichtiger Hinweis: Die in diesem Buch beschriebenen Techniken und Methoden sollen weder einen medizinisch und anatomisch genauen Überblick über Schwangerschaft und Geburt geben noch eine medizinische Beratung oder Verfahrensweise darstellen. Der Inhalt dieses Buches soll die Beratung durch einen Arzt nicht ersetzen. Jede schwangere Person sollte medizinisches Fachpersonal aufsuchen und sich beraten lassen, bevor sie eine schwangerschaftsrelevante Methode anwendet.

Personen, die den in diesem Buch empfohlenen Handlungsanleitungen folgen, tun dies auf ihre eigene Verantwortung. Weder die Autorin noch der Verlag übernehmen Verantwortung oder Haftung bei Komplikationen, die in Verbindung mit der Schwangerschaft und der Geburt auftreten.

Für die Inhalte der in dieser Publikation enthaltenen Links auf die Webseiten Dritter übernehmen wir keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Wir haben uns bemüht, alle Rechteinhaber ausfindig zu machen, verlagsüblich zu nennen und zu honorieren. Sollte uns dies im Einzelfall aufgrund der schlechten Quellenlage leider nicht möglich gewesen sein, werden wir begründete Ansprüche selbstverständlich erfüllen.

Die Ereignisse in diesem Buch sind größtenteils so geschehen, wie hier wiedergegeben. Für den dramatischen Effekt und aus Gründen des Personenschutzes sind jedoch einige Namen und Ereignisse so verfremdet worden, dass die darin handelnden Personen nicht erkennbar sind.

Bei der Verwendung im Unterricht ist auf dieses Buch hinzuweisen.

echtEMF ist eine Marke der Edition Michael Fischer.

1. Auflage

Originalausgabe

© 2020 Edition Michael Fischer GmbH, Donnersbergstr. 7, 86859 Igling

Covergestaltung: Sonja Bauernfeind, unter Verwendung eines Motivs von ©Tanya Antusenok über shutterstock.com

Redaktion: Angela Kuepper

Bildnachweis: Icons von ©DinosoftLab und ©sandra über thenounproject.com,

©Tanya Antusenok über shutterstock.com

Layout und Satz: Sonja Bauernfeind

Herstellung: Anne-Katrin Brode

ISBN 978-3-7459-0474-1

www.emf-verlag.de

Inhalt

Vorwort

Kapitel 1Die Umdeutung der Geburt oder: Schmerz und Paparazzi

Kapitel 2 Selbstbestimmung oder: Energie folgt unserer Aufmerksamkeit

Kapitel 3 Die Possibilisten oder: Wissen, was man will!

Kapitel 4 Information overload oder: Niemals googeln!

Kapitel 5 Selbstfürsorge oder: Freiheit durch Struktur

Kapitel 6 Ernährung oder: Der Mensch ist, was er isst!

Kapitel 7 Der gute Schlaf oder: Jeder hat seine Zeit

Kapitel 8 Der eigene Weg oder: Vorbereitung ist alles

Kapitel 9 Achtsamkeit oder: Veränderung geschieht jetzt

Kapitel 10 Das Fundament oder: Die Macht des Atems

Kapitel 11 Alles Muskeln oder: Unten wie oben!

Kapitel 12 Der Geburts-verlauf oder: Das Wunder der Entfaltung

Kapitel 13 Unser Gehirn oder: Wir sind, was wir denken

Kapitel 14 Das Unter-bewusstsein oder: Die Angst vor der Angst loslassen

Kapitel 15 Mehr Booster oder: Machen Sie es sich leichter

Kapitel 16 Die Kliniktasche oder: Was frau so braucht

Kapitel 17 Das Geburtsfest oder: Entschuldigung, aber ist das das Köpfchen?

Fazit oder: Auf der Reise zur besten Version meiner selbst

Das Kleine-Helfer-ABC

Dank

Für meine Mutter,

meinen besonderen Mann

und meinen wunderbaren Sohn

Vorwort

Sie greifen zu diesem Buch, weil Sie schwanger sind? Herzlichen Glückwunsch, wie wunderbar! Genießen Sie die Magie der nächsten Monate.

In Ihrem Leben ist nun nichts mehr, wie es war. Vertrauen Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass Sie diese Zeit zu einer der besten und prägendsten in Ihrem Leben gestalten können. Damit Sie mir hinterher nicht vorwerfen können, ich hätte es nicht gesagt, hier die drei wichtigsten Wahrheiten über dieses Buch:

Es ist das Buch, das ich während meiner Schwangerschaft vermisst habe – obwohl ich viele Bücher gelesen habe, was Ihnen jetzt wiederum zugutekommt.

Dieses Buch enthält keine Ratschläge. Eine alte Coaching-Weisheit besagt: Ratschläge sind auch Schläge. Sie werden sehen, Ihre Umwelt wird Ihnen ab dem Moment, da Sie Ihre Schwangerschaft bekannt geben, eine Menge ungebetener Ratschläge erteilen. Da muss ich nicht auch noch mitmachen. Denn so besonders, bedeutsam und einzigartig jede von uns ist, so sind es auch unsere Wünsche, Träume und Bedürfnisse – und so individuell verlaufen jede Schwangerschaft und Geburt.

Nutzen Sie die Inhalte aus diesem Buch, die Ihnen helfen, vertiefen Sie, was Sie interessiert – und vergeuden Sie keine Energie für das, was Ihnen nicht passend erscheint.

Schwangerschaft und Geburt bedeuten Arbeit, denn wie bei allen wundervollen Zielen, die unser Leben für immer verändern und bereichern, hängt der Erfolg von unserem Einsatz und unserer Disziplin ab. Das muss gesagt werden, denn wir können unsere gemeinsame Reise nicht mit einer Lüge beginnen. Schließlich teile ich private und intime Inhalte mit Ihnen.

Hand aufs Herz: Es werden Tage kommen, an denen Sie aufgewühlt, beunruhigt, unsagbar müde und genervt sein könnten. Trotzdem verspreche ich Ihnen, dass, wenn Sie bereit sind, sich voller Zuversicht und Vorfreude auf die wahrscheinlich intensivste und nachhaltigste Veränderung in Ihrem Leben einzulassen, diese Zeit zu einer der lehrreichsten, erhebendsten und wundervollsten Phasen in Ihrem Leben zählen wird.

Sie haben die Chance, mehr zu lernen als in allen Seminaren und Selbsterfahrungsgruppen. Sie werden über sich selbst hinauswachsen.

Das Leben schenkt Ihnen zehn magische Monate. Es fragt nicht, wer oder was Sie sind, sondern gibt Ihnen die Chance, zu gestalten, wer Sie sein wollen, was Sie für Ihr Kind verkörpern und ihm vorleben möchten und wie Ihr gemeinsames Leben aussehen soll.

Schwangerschaft und Geburt sind wie ein Reset-Knopf für unser Leben, und zwar ab dem Moment, in dem wir unser Herz draußen tragen, weil dieser einzigartige, uns an jedem Tag bedingungslos liebende Mensch in unser Leben tritt und es für immer verändert …

Hier komme ich ins Spiel. Niemand würde eine Expedition in unbekanntes Terrain allein und ohne Vorbereitung beginnen.

Sie sind der Experte für Ihr Leben, und mit den Fragen in diesem Buch können Sie die für Sie wertvollste Lösung erarbeiten. Es kann ihr persönlicher Cheerleader, ihre Kraftquelle, ihr Tröster, Gedankenentwirrer, Perspektiven-Aufzeiger und ihre gute Freundin sein.

Man sagt, um ein Kind großzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf; genauso entscheidend ist ein gutes Team, um eine erfüllte und entspannte Schwangerschaft zu genießen.

Ich war mir immer sicher, dass ich als Letzte von meinen Freundinnen heiraten und ein Kind bekommen würde. Ich wollte wachsen, die Welt erkunden, Eindrücke sammeln und mein Leben nach meinen Wünschen führen. Und ich wollte erst dann heiraten, wenn ich mit mir allein ein erfülltes Leben genießen und mit dem entsprechenden Partner weiter wachsen könnte. Erst, wenn ich meine mich einengenden Glaubenssätze und Ängste aufgelöst hätte und für mein Kind ein entspannter Fels in der Brandung sein könnte. Ich stellte mir Ehe und Mutterschaft als ein Ankommen vor, nachdem ich viel erreicht und erlebt hätte. Ich hatte zu oft beobachtet, dass Frauen plötzlich das Gefühl hatten, etwas zu verpassen, oder sich nicht gefunden hatten und viele ihrer unerfüllten Wünsche und ungelösten Ängste auf ihr Kind, dieses wunderbare Geschöpf, übertrugen.

Meine Mutter hat immer gesagt: Wähle weise, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen.

Meine Mutter hat immer gesagt: Wähle weise, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen. Karriereschritte, Reisen, Yoga und Ayurveda-Kurse, die eine oder andere Beziehung gingen ins Land. Eltern und Freunde unterstellten mir, zu anspruchsvoll zu sein, den richtigen Moment verpasst zu haben. Nach dem Motto: Die Wahrscheinlichkeit, in deinem Leben von einem Tiger gefressen zu werden, ist höher, als zu heiraten und ein Kind zu bekommen.

Anscheinend hatte ich einiges zu lernen, denn geheiratet habe ich erst mit vierzig, und meinen Sohn habe ich mit vierundvierzig zur Welt gebracht. So ist das mit den Wünschen. Es war kein Glaube, sondern ein Gefühl, das mich allen Unkenrufen zum Trotz daran festhalten ließ, dass ich ein gesundes Kind zur Welt bringen würde. Ich bereitete mich mit Ayurveda und Akupunktur darauf vor, schwanger zu werden, während mein Umfeld irgendeine Uhr ticken hörte.

Irgendwann las ich, dass man sich in der Schwangerschaft auf eine sanfte Geburt vorbereiten kann und Schmerz, wenn es gut läuft, dabei nicht vorgesehen ist. Die sanfte Geburt ist kein Ereignis oder Wunder, sondern eine innere Haltung und das Resultat einer ausgewogenen Vorbereitung. Die notwendige Konsequenz aus achtsamer Geisteshaltung, Selbstfürsorge, gesunder Ernährung, Bewegung, einem langen Atem und mentaler Stärke.

In einer Zeit, in der das technische Niveau und die Sicherheitsstandards so hoch sind wie nie, gleichzeitig aber die Verfügbarkeit von Hebammen und Hilfspersonal immer weiter abgebaut wird, ist es umso bedeutender, als Schwangere so aufgeklärt, mündig, vorbereitet und selbstermächtigt zu sein, dass man seine Sicherheit im Inneren aufbaut, statt sie im Außen zu suchen.

Dabei stehen die Wertschätzung und der Respekt jeder einzelnen Frau gegenüber ihren Lebensumständen, ihren Kräften, Vorstellungen, Wünschen und Gefühlen im Vordergrund.

Alles dreht sich darum, Schwangerschaft und Geburt zu genießen und entspannt zu meistern. Beides als das anzuerkennen, was es ist – „andere Umstände“ und keine Krankheit.

Es ist es an der Zeit, zum Ursprungsgedanken zurückzukehren und die Geburt als Millionen Jahre alten, natürlichen Vorgang zu begreifen und nicht als eine höchst gefährliche, schmerzbehaftete, von der Apparatemedizin gesteuerte und unter ärztliche Kontrolle zu bringende Krankheit. Nur so treten das Wohl von Mutter und Kind wieder an die erste Stelle und ökonomische Interessen sowie gesellschaftliche und religiöse Prägungen in den Hintergrund.

Spätestens jetzt verwundert es Sie vermutlich nicht mehr, dass ich mein eigenes Vorbereitungsprogramm zusammengestellt habe. Ich teile mit Ihnen in diesem Buch alle Irrungen und Wirrungen, Vorurteile und wunderbaren Erlebnisse, das Wissen und die Tipps, die uns als Familie zu einem unvergesslichen und für uns im besten Sinne prägenden Geburtsfest verholfen haben.

Treten Sie ein in die Magie, die diese wundervollen Erlebnisse umgibt. Dabei bedeutet Mut nicht immer die Abwesenheit von Angst. Können wir loslegen?

Über dieses Buch oder: Wie Sie den größten Nutzen daraus ziehen können

Dieses Buch ist nicht entstanden, weil ich schmerzfrei geboren habe. Vielmehr ist es aus der Erfahrung gewachsen, welche Reaktionen meine Geschichte hervorruft, welche Kräfte sie bei anderen Frauen freisetzt und was wäre, wenn wir auf der Basis all dessen, was an „hartem“ Faktenwissen, aber auch an „weicher“ Erfahrung existiert, Schwangerschaft neu denken. Wenn wir nicht weitermachen wie bisher, sondern die Chance nutzen, das Beste für die Gebärende und ihr Baby in Einklang zu bringen?

Wenn wir diese Chance nutzen würden, Liebe, Hingabe, Geduld, Zärtlichkeit, Vertrauen und mentale Stärke zu fördern? Eigenschaften, die wir mehr denn je langfristig brauchen werden.

Wenn ich im Folgenden meine Geschichte, meine Erfahrungen, mein Vorbereitungsprogramm teile – alles, was für mich hilfreich war, mir gutgetan hat –, dann liegt die Betonung auf meine Erfahrungen … Welche Tipps Ihnen guttun und zu Ihnen passen, können nur Sie spüren und entscheiden. Jede von uns ist einzigartig und besonders, bringt ihre eigenen Geschichten und Erfahrungen mit und hat ihre eigenen Bedürfnisse, Ziele und Wünsche.

Wenn Sie neue Routinen etablieren, denken Sie daran: Ausgewogenheit und Ihr eigenes Tempo führen zu den dauerhaftesten Veränderungen und Verbesserungen. Am motivierendsten ist es dabei, klein anzufangen und winzige Veränderungen im Tagesablauf vorzunehmen.

Die meisten von uns sind aber immer noch so geprägt, dass wir glauben, der Aufwand lohne sich nicht, wenn wir nicht mindestens 30 Minuten laufen oder eine Stunde Sport machen. Nun kämen Sie beim Zähneputzen auch nicht auf die Idee zu sagen: Was sollen diese zwei Minuten dreimal am Tag, da nehme ich mir doch lieber am Sonntag die Zeit und putze gründlich 42 Minuten am Stück.

Genauso ist es bei Veränderungen in unserem Leben, seien es Bewegung, Atmung, Schlaf oder Nahrung: Die Regelmäßigkeit und Nachhaltigkeit machen den Unterschied.

Wie können Sie also das meiste aus diesem Buch herausholen?

Achten Sie beim Lesen darauf, was Sie anspricht, interessiert und zu Ihnen passt. Markieren Sie diese Stellen mit einem Marker oder Klebezetteln, damit Sie sie später leichter wiederfinden.Wenn Sie mögen, lassen Sie sich auch von den Symbolen leiten: Der Lotussitz zeigt Ihnen alle praktischen Übungen im Buch; Die „Wissensperle“ bietet zusätzliches, vertiefendes Wissen an.Gehen Sie ein paar Tage schwanger mit dem, was Sie gelesen haben. Nehmen Sie sich dann die Zeit, einmal ganz in Ruhe all Ihre persönlichen Wünsche, Bedürfnisse, Gedanken, Ängste und vielleicht sogar Ihre mit der Schwangerschaft und Geburt verbundenen Ziele niederzuschreiben. Erlauben Sie sich, statt „Das kann ja gar nicht sein!“ ein „Was wäre, wenn?“ zu denken. Betrachten Sie anschließend Ihre Liste oder Mindmap, und schauen Sie, welche Inhalte, Tipps und Empfehlungen aus diesem Buch Sie am besten auf Ihrem Weg unterstützen können.Nutzen Sie nach Möglichkeit ein bis zwei Maßnahmen aus den Kategorien Schlaf, Achtsamkeit, Ernährung und Bewegung, um eine Ausgewogenheit zu erreichen. Genau wie die Schwangerschaft Ihnen zehn Monate schenkt, um sich auf die Geburt Ihres Kindes und das Leben danach vorzubereiten, ist dieses Buch nicht auf kurzfristige Änderungen, Lösungen oder gar Hau-ruck-Methoden aus. Es möchte Sie dabei unterstützen, ein ausgewogenes Leben im Gleichklang mit Ihren und den Bedürfnissen Ihres Kindes vorzubereiten und zu leben. Es gibt Ihnen die Chance, sich noch einmal neu zu erfinden. Wie möchten Sie wahrgenommen werden als Frau, Mutter, Partnerin, Freundin, in Ihrem Beruf? Welche Werte sind Ihnen wichtig? Wie wollen Sie Familie und Beziehung leben? Was würden Sie sich für sich und Ihr Kind während Schwangerschaft und Geburt wünschen, wenn Angst keine Rolle spielen würde?Kombinieren und integrieren Sie nach Lust und Laune. Bei der Gelegenheit nehmen Sie sich auch noch einmal die Zeit zu überlegen, was Sie vielleicht nicht mehr wollen und brauchen, was keinen Platz mehr in Ihrer neuen Lebensphase hat. Lassen Sie es los oder gehen, wenn es zwei Beine hat. Wählen Sie die neuen Aspekte, die Sie ansprechen, und kombinieren Sie diese mit Dingen, die schon einen festen Platz in Ihrem Tagesablauf haben.Lassen Sie Ihren Partner oder Ihre Partnerin das Buch lesen, damit Sie einen common ground für gemeinsame Überlegungen haben und Veränderungen vornehmen können, was zu nachhaltigen Ergebnissen führt. Vor allem aber auch, damit der andere einen Blick in Ihre derzeitige Gedankenwelt bekommt.

Ein Tipp am Rande: Wenn Sie beide gerne kreativ sind, nutzen Sie ein ausgiebiges Samstagsfrühstück, um eine gemeinsame Vision für Schwangerschaft, Geburt und die Zeit als Familie zu gestalten.

Decken Sie sich dafür mit Ihren Lieblingszeitschriften ein, kaufen Sie sich eine große Leinwand, Kleber und nutzen Sie das Frühstück, damit jeder seine Wünsche, Befürchtungen und Ziele einbringen kann. Schneiden Sie dann Fotos aus, die zu Ihren gemeinsamen Lebensvisionen passen, und gestalten so ein großes Bild. Dieses hängen Sie dort auf, wo nur Sie beide es sehen können. An trüben Tagen kann solch ein Vision Board daran erinnern, was man sich gemeinsam vorgenommen hat, und Kraft spenden, um die kleinen Stolpersteine auch klein zu belassen.

Ich lade Sie ein, Ihre ganz persönliche Schwangerschaft und Geburt zu gestalten und Ihrem bestmöglichen Leben näherzukommen.

Ihre Katharina Pahl

Im Herbst 2020

Kapitel 01

Die Umdeutung der Geburt oder: Schmerz und Paparazzi

Zu keiner Zeit waren die Bedingungen für eine gesunde Wohlfühlschwangerschaft und eine schmerzfreie Geburt in den westlichen Industrienationen so optimal wie heute. In Sachen Hygiene, Ernährung sowie ärztliche Versorgung hat der Lebensstandard einen historischen Höhepunkt erklommen. Schulmedizin, Apparatetechnik, Geburtshilfe, Yoga,Meditation und Visualisierung, alternative Heilbehandlungen wie Homöopathie, Akupunktur oder Osteopathie, Geburtsvorbereitungsprogramme wie Hypno-Birthing – die Bandbreite der Unterstützungsangebote ist so vielfältig wie in keiner anderen Epoche. Noch nie genossen wir Frauen solch eine große Wahlfreiheit auf derart hohem versorgungstechnischem Niveau. Und dennoch sorgen sich viele von uns vor dem Vorgang der Geburt.

Was trennt uns davon, Vertrauen in unsere Gebärkompetenz zu haben? Wieso googeln wir angebliche Expertenmeinungen zu Schwangerschaft und Geburt, anstatt auf unser Bauchgefühl zu hören? Warum unterziehen sich viele von uns unzähligen Tests und Vorsorgeuntersuchungen, um eine statistische Wahrscheinlichkeit der Gesundheit des Ungeborenen zu erhöhen? Wieso fällt es unserer Umgebung so leicht, uns zu verunsichern?

Es ist die Angst. Das angstbasierte Denken, das unsere Zivilisation beherrscht. Die Angst, zu versagen und etwas falsch zu machen. Die Angst, unserem ungeborenen Kind zu schaden. Angst ist etwas Natürliches: Sie mahnt uns generell zur Aufmerksamkeit, um Gefahr abzuwenden. Doch wenn sie von außen grundlos geschürt wird, ist sie fehl am Platz, schränkt uns ein, nimmt uns die Gelassenheit. Die Geburt wird hierzulande nicht mehr als ein uralter natürlicher Vorgang betrachtet, sondern wurde zu einem schmerzhaften, höchst komplizierten und gefährlichen Risikoereignis erklärt – und nebenbei zu einem lukrativen Produktionsprozess entwickelt.

Einen Meilenstein in dieser negativen Entwicklung stellt der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe im Jahre 1966 in München dar. Damals führte man als Gegenstück zur Geburtshilfe die Geburtsmedizin ein. Die Begründung: Da die Geburt als der gefährlichste Lebensabschnitt des Menschen anzusehen sei, bedürfe die Gebärende nicht nur einer Hilfe, sondern auch einer geburtsmedizinischen Oberaufsicht. Eine als Fürsorge getarnte Entmündigung, deren Wortwahl zugleich offenbart, mit wie viel Angst, Defizitdenken, Risikoannahme und dementsprechend panischer Absicherungsorientierung an das Thema herangegangen wird.

Der Paradigmenwechsel von 1966 wirkt bis heute nach. Wurden 1970 im Mutterpass noch 17 Risikofaktoren benannt, so hat sich die Zahl bis 2017 auf satte 52 Warnungen mehr als verdreifacht. Der gemeinnützige Verein GreenBirth, der sich für die Stärkung von Müttern und Vätern und für eine naturgemäße Geburt einsetzt, schreibt dazu auf seiner Homepage: „Der Mutterpass erweiterte sich ohne Mitwirkung der Hebammen zu einem Kon-trollinstrument. Keine Frau kann unterscheiden, was eigentlich Vorsorge ist und was darüber hinaus Angebote des Gesundheitsmarktes sind. 1970 waren zur Dokumentation einer Vorsorge zwei DIN-A6-Seiten erforderlich. Jetzt ist eine Batterie von Untersuchungen, Tests und Eintragungen ,abzuarbeiten‘, welche die Schwangere in eine feste Terminstruktur der Arztpraxen einbindet. Schwangere werden so nach wissenschaftlichen Untersuchungen zu fast 80 Prozent zu Risikopatientinnen. Ein ruhiges Wachsen des Kindes und eine gelassene Erwartung der bevorstehenden Geburt ist unter solchen Bedingungen immer weniger möglich.“1

Geburtshilfe versus Geburtsmedizin

Geburtshilfe ist auf eine naturgemäße Schwangerschaft und Geburt ausgerichtet, wobei die Hebamme im Sinne der Gesunderhaltung von Mutter und Kind unterstützend tätig ist.

Geburtsmedizin ist auf die Pathologie, die Lehre von den Krankheiten, ausgerichtet. Normabweichungen werden gesucht, Frauen durchlaufen Routinekontrollen, werden technisch überwacht, Geburten werden eingeleitet und Kaiserschnitte terminiert. Körper- lichkeit, spüren, fühlen und auf sich vertrauen treten hierbei in den Hintergrund.

Diese Handhabung des Themas Geburt verunsichert uns Frauen und schürt unnötige Ängste. Gleichzeitig wurde der Beruf der Hebamme, der unabhängig vom Arzt die gesamte Schwangerschafts- und Geburtsbegleitung oblag, immer weiter ins Abseits gerückt. In Kliniken, in denen Hebammen fester Bestandteil sind, „leiten“ sie zwar offiziell die Geburten, das tatsächliche Sagen im Kreißsaal haben die Ärzte. Nur sie sind weisungsbefugt. Durch diese Konstellation sind Konflikte auf Kosten der Gebärenden und der Kindergesundheit vorprogrammiert. Um es klar zu sagen: Ich bin dankbar, dass es Ärzte, Klinikpersonal, Apparatemedizin und die Möglichkeit von Eingriffen gibt – bei Bedarf und für den Notfall. Mir geht es darum, für eine Entwicklung zu sensibilisieren, die sich immer weiter vom Ursprungsgedanken entfernt, einfach nur helfend zu unterstützen. Stattdessen wurde die ehrwürdige Kunst der Geburtshilfe in eine Disziplin verwandelt, die Ängste schürt, ungeduldig drängt, bisweilen verbissen überwacht und nicht immer frei von ökonomischen Aspekten ist.

Die Anzahl der Vorsorgeuntersuchungen steigt und zieht immer mehr Eingriffe nach sich. Gleichzeitig gehen das Erfahrungswissen und das Vertrauen in die Hebammen verloren. Dabei stellen sie eine unverzichtbare Ergänzung, wenn nicht gar eine Alternative dar. Denn ihre wichtige Botschaft und der Charakter ihrer Arbeit stehen für Wissen und Gewissen statt operativer Überwachung, intuitive Wachsamkeit statt des kühlen Entbindungshandwerks und einfühlsame Kunst statt eines strukturierten Prozesses.

Doch es ist nicht nur die Angst vor dem Schmerz, vor Fehlern oder davor, etwas zu übersehen, die der Gebärenden schadet. Die gesamte Sinnhaftigkeit des Geburtsprozesses an sich wird infrage gestellt, betrachtet man die Entwicklung der Kaiserschnittrate und den in Mode gekommenen Wunsch nach Kaiserschnittentbindungen. War der Eingriff früher nur die Ausnahme im dringend angebrachten Notfall, wendet man ihn heute aufgrund von Terminwünschen oder Befindlichkeiten an. Die Geburt wird von der Natur zum optimalen Zeitpunkt für das Kind initiiert. Wenn diese Tatsache in unserer Gesellschaft schon nicht mehr ausreicht, um sich danach zu richten, dann darf man sich die Frage stellen, welche Priorisierung ihrer Bedürfnisse die Kinder im Nachgang erfahren werden. Die nachhaltigen Vorteile einer natürlichen Geburt für Mutter und Kind (bei Beibehaltung aller Sicherheitsstandards, dazu später mehr) werden ausgeblendet oder nicht länger klar genug dargestellt.

Anstieg der Kaiserschnittgeburten

Eine Studieim BJOG, einem Fachblatt für Geburtshilfe und Gynäkologie, zeigt, dass es in Europa sehr große regionale Unterschiede in der Geburtshilfe gibt. Im Jahr 1985 vertraten Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Ansicht, dass der Anteil der Kaiserschnittentbindungen in Ländern mit einer niedrigen perinatalen Mortalität nicht über zehn Prozent liegen solle. Weltweit sollte die Rate auf 15 Prozent gedeckelt werden. Diese Ansicht ist längst Geschichte. Nach den von Alison McFarlane von der City University London vorgestellten Daten gibt es in Europa nur ein einziges Land, das die „Minimalforderung” der WHO erfüllt: Island. Dort liegt die Rate bei 14,7 Prozent, in allen anderen Ländern ist sie höher. Den Spitzenwert liefert Zypern, wo 52,2 Prozent aller Kinder per Kaiserschnitt geholt werden. In Deutschland sind es 31,1 Prozent, in den Niederlanden dagegen nur 17 Prozent. Der Entschluss zum Kaiserschnitt fällt häufig bereits vor der Geburt, zum Teil gänzlich frei von einer Notwendigkeit. In Zypern beträgt der Anteil der Wunsch-Kaiserschnitte 38,8 Prozent, in Finnland sind es nur 6,6. Auch hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen Deutschland (15,4 Prozent) und den Niederlanden (7,7 Prozent).

Es gibt viele Beispiele, die belegen, dass es auch anders geht: die Statistiken der Farm etwa, einem der ersten Geburtshilfezentren in den USA. Es wurde 1971 von Ina May Gaskin gegründet, auch „Mutter der authentischen Geburtshilfe“ genannt. Das Zentrum unterstützt Frauen in ihrer Gebärkompetenz und hat seit über vierzig Jahren eine extrem niedrige Rate von medizinischen Interventionen bei gutem Geburtsverlauf.

In den Jahren 1970 bis 2000 gab es bei 2028 Schwangerschaften mit einem Anteil von 44,7 Prozent Erstgebärenden lediglich eine Rate von 1,4 Prozent Entbindungen per Kaiserschnitt.

Eine Studie zeigt auf, dass die nationale Kaiserschnittrate der USA zwischen 1965 und 1985 von 4,5 Prozent auf 22,7 Prozent anstieg, während die Hebammen der Farm sie bei lediglich 1,8 Prozent hielten. Auch das zwanzigjährige Experiment von Professor Alfred Rockenschaub, dem ehemaligen Chefarzt der Geburtshilfe an der Ignaz-Semmelweiß-Klinik in Wien, bestätigt diese Entwicklung. In 42.000 Fällen zwischen 1965 und 1985 zeigte er, dass mit einer intensiven, von Hebammen betreuten Geburtshilfe eine Kaiserschnittrate von nur einem Prozent notwendig ist.

Risiken Kaiserschnitt

Unmittelbare mütterliche Risiken durch den Kaiserschnitt:

Häufigeres Auftreten von Thrombosen, Embolien oder InfektionenVerstärktes Blutungsrisiko mit der Notwendigkeit einer BluttransfusionGebärmutterentfernung wegen unkontrollierbarer BlutungWundheilungsstörungen, NarbenschmerzenVerletzungen der umliegenden Organe können langfristig Blasen-, Harnleiter- und Darmprobleme nach sich ziehen.Teils erhebliche Gesundheitsrisiken bei Folgeschwangerschaften Für Tage Einschränkung der Bewegungsfähigkeit. Stehen, Sitzen und Liegen unter Mühen, was auch Auswirkung auf die Versorgung des Neugeborenen durch die Mutter hatEine wesentlich geringere Ausschüttung von Hormonen, was zu Störungen der Milchbildung führen. Viel bedeutsamer scheint mir, dass die geringe Ausschüttung des Bindungshormons dazu führen kann, dass die Mutter sich schwerer damit tut, eine Bindung zum Kind aufzubauen, was kurzfristig zu Verstimmungen und langfristig zu Depressionen führen kann.

Kindliche Risiken:

Anpassungsstörungen bei der Atmung, da das Kind nicht auf die Einatmung vorbereitet wird.Einfluss auf die Entwicklung des Immunsystems, da die mikro-bielle Begrüßung fehlt.Erhöhte Anfälligkeit für Autoimmunkrankheiten und AllergienTraumatisierung durch das Geburtsgeschehen, die emotionale Störungen des Kindes nach sich ziehen kann.

Ist es ketzerisch, zu spekulieren, ob die immense Zunahme der Kaiserschnittraten nicht dem Wohl der Gebärenden, sondern den ökonomischen Vorteilen der Kliniken geschuldet ist? Die Vorteile für die Klinik liegen schließlich auf der Hand. Beim Wunsch-Kaiserschnitt handelt sich um eine etwa eine Stunde dauernde, gut planbare Operation, die im Vergleich zur langsamen vaginalen Entbindung noch dazu knapp das Doppelte einbringt. Der Personaleinsatz ist viel einfacher vorherzusehen, und in der Nachsorge der OP wird ein Bett in jedem Fall für mehrere Tage belegt. Bei diesen ökonomischen Vorteilen verliert die meist zeitintensivere, nicht planbare Spontan-geburt gleich im mehrfachen Sinne an „Wert“. Die erheblichen Nachteile, die dieser für die Klinik lukrative Weg jedoch für Mutter und Kind hat, lässt man dezent unter den Tisch fallen.

Nicht nur das medizinische Umfeld macht es der Schwangeren schwer. Unsere Gesellschaft trägt seit Langem maßgeblich dazu bei, dass die Angst vor den Schmerzen und der Geburt von Generation zu Generation „vererbt“ wird. Schon kleinen Kindern wird oftmals erzählt, welche Tortur die Mutter erleiden musste, um sie zur Welt zu bringen. Eine Erzählung, die zusätzlich zur späteren Angst vor der eigenen Schwangerschaft bei den Töchtern auch noch dazu beiträgt, hartnäckige Schuldgefühle zu implantieren. Mädchen wachsen mit den Horrorgeschichten von Großmüttern, Müttern, Freundinnen sowie Freundinnen von Freundinnen auf. Sogar von ihren eigenen Partnern werden junge Frauen mittlerweile unter Druck gesetzt, die natürliche Geburt zu meiden.

Der Mythos von der unvermeidlich schmerzvollen Geburt wurzelt im Christentum. Die alten Kulturen verehrten die Frauen und huldigten ihnen als Lebensspenderinnen. Geburt galt als die höchste Erscheinungsform der Natur. In The Joy of Natural Childbirth: Natural Childbirth and the Christian Family zitiert Helen Wessel eine Reihe von Bibelstellen, die noch den Segen der Geburt in der Zeit von Mose preisen, als jüdische Frauen ihre Kinder leicht und innerhalb einer kurzen Zeitspanne bekamen. Später fasste Soranos von Ephesos, ein antiker griechischer Arzt, die Arbeiten von Aristoteles und Hippokrates über die Geburt zusammen. In keiner der Aufzeichnungen gibt es Hinweise auf Schmerz bei einer unkomplizierten Geburt. Gleichzeitig hebt Soranos die Bedeutung der Entspannung, die Verbindung von Körper und Geist sowie das Eingehen auf die Wünsche der Gebärenden hervor.

Ganz anders prägt die jüdisch-christliche Auffassung unser Bild von Frauen und der Geburt. Im Buch Mose der Lutherbibel heißt es: Gott hat Adam und Eva untersagt, von den Früchten des verbotenen Baumes zu essen. Die Schlange verführte Eva, dennoch einen Apfel zu pflücken. Sie wiederum verleitete ihren Mann dazu. Als Gott ihn zur Rechenschaft zog, schob Adam die gesamte Schuld auf Eva, „die Frau, die du mir hier zur Seite gesetzt hast“. Darauf sprach Gott zu Eva: „Ich will deine Geburtsschmerzen vergrößern; mit Schmerz wirst du Kinder gebären.“

Dieses Bild Evas als Verführerin zog äußerst schädliche Folgen für die Frauen im Christentum nach sich. Nicht die Biologie unseres Körpers, sondern der Glaube an einen Fluch verkuppelte den Schmerz mit der Geburt – mit weitreichenden Konsequenzen. Diese geringe Wertschätzung von Frauen führte dazu, dass Hebammen und Heilerinnen – die weisen Frauen, die ihren Geschlechtsgenossinnen einst bei der Geburt zur Seite gestanden hatten – um ihr Leben bangen mussten. Frauen wurden während der Schwangerschaft und Geburt isoliert, und alle Heil- und Unterstützungsmethoden verboten. Die Macht über die medizinische Praxis und deren Anwendung ging in die Hände der Priester und Mönche über. Die Geburtshilfe wurde abgeschafft. Man(n) stellte sicher, dass Frauen selbst bei komplizierten Geburten nicht mehr geholfen wurde.

Die Geringschätzung der Frauen findet sich auch in den Worten des Reformers Martin Luther wieder: „Wenn sie müde werden oder sogar sterben, so macht das nichts aus. Lasst sie im Kindbett sterben, dafür sind sie da.“ Luther war es auch, der den Hebammen entsprechend der damaligen Wahrnehmung von Geburt den Namen „Wehmütter“ gab, also Mütter des Leids. Das Bild vom freudigen Geburtsfest wandelte sich zu einer äußerst schmerzhaften, gefährlichen, einsamen und gefürchteten Qual. Die Auslegungen von „Evas Fluch“ führten dazu, dass Frauen den Preis für die Erbsünde jahrhundertelang teuer bezahlen mussten und biblische als gesellschaftliche Denkmuster weitervererbt wurden.

Wer es heutzutage dennoch schafft, die üblen Geschichten und den Druck seiner Umgebung wegzustecken, scheitert spätestens an der Darstellung der Geburt in Filmen. Wer kennt sie nicht, die schreienden, unbeherrschten Frauen und die hilflosen Männer? Diese Bilder setzen als populäre Kultur den uralten Mythos von der Geburt als Vorgang unter buchstäblich biblischen Qualen fort.

Was aber wäre, wenn Geburt auch ganz anders geht?

Was aber wäre, wenn Geburt auch ganz anders geht?

In ihrem Buch Die selbstbestimmte Geburt erzählt Ina May Gaskin die Anekdote eines Filmteams, das einige Geburten filmen und über die Besonderheiten ihres Zentr-ums berichten wollte. Die Medienprofis verbrachten eine Weile auf der Farm, doch am Ende wurde der Beitrag nie gesendet. Die Geburten seien so unaufgeregt verlaufen, dass man damit keine Einschaltquote generieren könne.

Als ich ein Jahr nach der Geburt meines Sohnes einen Vortrag zum Thema „Angst und Schmerzen“ auf dem Hebammenkongress halten durfte, gaben mir erfahrene Hebammen in vielen Punkten recht. Sie sagten, dass vieles von dem alten Wissen, das ich in meinen Vorbereitungskurs integriert hätte, vor dem Siegeszug der Apparatemedizin auch in der Geburtshilfe üblich gewesen wäre. Auf meine Frage, warum dieses Wissen heute nicht mit den Schwangeren geteilt werde, erhielt ich die Antwort, dass man sich nicht der Enttäuschung und den Vorwürfen der Gebärenden aussetzen wolle, wenn es mit der sanften Geburt vielleicht doch nicht klappen würde. Da wäre es einfacher, die Frauen auf den Schmerz vorzubereiten.

Diese Haltung vergisst, dass Schmerz in vielen Fällen keine unausweichliche Sache ist, sondern eine Erwartungshaltung, die im Kopf entsteht. Bei den meisten von uns reicht bereits der Gedanke an den Zahnarzt aus, um Stress und manchmal schon im Vorfeld Schmerzen zu erzeugen. Umgekehrt lassen sich mit entsprechendem Training in Meditation, Selbsthypnose und gezielter Akupressur sogar auf dem Zahnarztstuhl Narkosen vermeiden.

Wer unter der Geburt auf den Schmerz lauert, wird beim leisesten Anzeichen entsprechend reagieren und von da an sogar eine Steigerung erwarten, die mit innerer Nervosität und Verkrampfung einhergeht. Diese teuflische Spirale hat Dr. Wolf Lütje, Präsident der Deutschen Gesellschaft für psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe, sehr gut zusammengefasst: „Das größte Geburtshindernis ist der Kopf, den wir den Frauen machen. Wenn wir mehr von Chancen als von Risiken sprechen, wird der Weg wieder frei für die Geburt. (…) Ständig heißt es zu groß, zu klein, zu viel, zu wenig, zu früh, zu spät, zu alt, zu jung. Kein Wunder, dass im Becken alles zugeht.“ 2

Geburt und Schmerz gehören in unserer Gesellschaft zusammen wie Stars und Paparazzi. Aber wer hat die beiden verkuppelt? Die Natur war es bestimmt nicht. Sie hat diesen im wahrsten Sinne des Wortes wunderbaren Prozess, an dessen Ende ein vollkommenes Wesen steht, perfekt konzipiert. So hat sie die Plazenta bereitgestellt, die anders als alle anderen Organe eigenes Wachstum steuern und parallel dazu volle Funktionstüchtigkeit sicherstellen kann. Gleichzeitig übernimmt sie die Aufgaben der Lunge, des Verdauungssystems, der Ausscheidungsorgane und vor allem der beiden Herzkammern. Was für eine Multitaskerin! Die Natur hat auch für die Fruchtblase gesorgt, einen Miniatur-Ozean mit konstanten 38 Grad und regelmäßigem Wasserwechsel. Gegen Ende der Schwangerschaft wird das Fruchtwasser sogar alle zwei Stunden komplett erneuert. Die Natur hat entschieden, das menschliche Baby im Schnitt drei Monate früher als den Nachwuchs aller anderen Säugetiere auf die Welt kommen und dort nachreifen zu lassen, da anderenfalls der Kopf für die natürliche Geburt zu groß werden würde. Zu guter Letzt vollbringt es die Natur, diesen hochkomplexen und zum Niederknien schönen Prozess innerhalb von rund vierzig Wochen zum Abschluss zu bringen.

Glauben Sie also wirklich, dass die Natur entschieden hat: So, und jetzt, da alles so perfekt entwickelt ist, sollten wir am Ende noch eine gute Portion Schmerz hinzufügen?

Wirklich?

Kapitel 02

Selbstbestimmung oder: Energie folgt unserer Aufmerksamkeit

Von klein auf bringt man uns bei, unsere Macht an äußere Instanzen wie Lehrer, Trainer oder Ärzte abzugeben. Andere wiegen, messen und bewerten uns. Doch wer sagt denn, dass der Kunstlehrer recht mit seiner Behauptung hatte, wir könnten nicht malen? Wir haben es geglaubt. Noch gravierender ist, dass den meisten von uns schon sehr früh das Vertrauen in sich selbst und die eigene Intuition genommen wird. Wer kennt nicht die Situation, dass ein kleines Kind fällt, und noch bevor es in sich hineinhorchen oder sich sortieren konnte, sagt ein wohlmeinender Erwachsener: „Das hat nicht wehgetan.“ Uns wird ab- und anerzogen, wann uns etwas wehtut, wann wir hungrig oder müde sind. Wen wundert es, dass viele sich selbst, ihre Bedürfnisse und Gefühle kaum wahrnehmen? Die meisten haben es schlicht nie gelernt.

So kommt es, dass heutzutage zahlreiche Menschen nicht länger ihrem (Bauch-)Gefühl vertrauen. Das betrifft auch Schwangere, die eher auf Technik als auf ihr eigenes Gefühl setzen. Um eine Wohlfühlschwangerschaft und eine schmerzfreie Geburt zu erleben, braucht man die Fähigkeit, ganz bei sich und dem ungeborenen Kind zu sein. Dabei reicht es nicht, Gefühle, Veränderungen und Befindlichkeiten bloß wahrzunehmen – man muss sich selbst und seiner Urteilskraft vertrauen. Es gilt, für sein eigenes Wohlergehen und das des Kindes konsequent die Verantwortung zu übernehmen, sich hinreichend zu informieren und die Expertenrolle selbst zu besetzen. Bei einem so persönlichen Thema gibt es kein „richtig“ oder „falsch“, sondern nur die Entscheidung, was Ihnen guttut, was Sie wollen. Die individuellen Lebensumstände, Möglichkeiten, Erfahrungen und Wünsche sind zu betrachten und ein für sich am besten passender Weg zu gehen.

In diesem Sinne formuliert es auch Prof. Dr. med. Alfred Rockenschaub, der mutige Wegbereiter für eine frauenorientierte Geburtshilfe. Er plädierte für eine intensive Geburtsvorbereitung, die das Selbstbewusstsein der Frauen stärkt, da nach seiner Meinung der Schmerz aus Unwissenheit und Angst entsteht.

Geburt bedeutet Arbeit, die aber gut funktioniert, wenn die Gebärende entsprechend informiert ist und weiß, was vonstatten geht, die Zusammenhänge versteht und ein tiefes Verständnis davon besitzt, wie brillant die Natur den gesamten Prozess gestaltet hat. Dementsprechend ist die Herausforderung an die Geburtshilfe die Wissensvermittlung und die damit einhergehende notwendige Vorbereitung.

Entsprechend ist es für jede werdende Mutter wichtig, ihre persönlichen Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen zu formulieren und ein Unterstützer-Team um sich zu scharen.

Genau so habe ich es auch gehalten …

„Alles in Ordnung, die Werte sind einwandfrei. Wie fühlen Sie sich denn?“ Meine Frauenärztin sieht mich interessiert an und lehnt sich in ihrem Stuhl zurück.

„Alles in allem geht es mir gut. Ich habe nur noch keine Hebamme gefunden, die zu mir passt. Die, die mir gefällt, arbeitet nicht mehr für die Klinik, und mit den wenigen, die zur Verfügung stehen, mag ich nicht zusammenarbeiten – oder sie nicht mit mir. Eine sagte tatsächlich am Telefon, nachdem ich ihr meine Wünsche und mein Programm erläutert hatte: ‚Sie wissen ja mehr als ich, da fühle ich mich unwohl.‘ Die Letzte hat mich wie ein Baby behandelt, aber ich bin weder hilflos noch eine Patientin!“ Ich habe mich ein wenig in Rage geredet.

Frau Doktor Mölker lacht: „Ich sehe das bildlich vor mir.“

Sofort wird sie wieder ernst und sieht mich teilnahmsvoll an: „Was haben Sie jetzt vor?“

„Übers Wochenende habe ich viel nachgedacht. Das Krankenhaus steht fest. Am liebsten möchte ich die ersten zwei Drittel der Geburt allein mit meinem Mann zu Hause verbringen und erst für das letzte Drittel ins Krankenhaus fahren. Sie sind ja zum Glück die ganze Zeit während der Schwangerschaft an meiner Seite. Wenn ich mich mit meinem Programm gut vorbereite, ist es dann nicht egal, auf wen ich im Krankenhaus treffe? Was meinen Sie – kann ich das alleine?“

„Ach, Frau Pahl, Sie rotzen denen das Kind schneller in die Wanne, als die gucken können.“

Während ich den Satz noch verdaue, stammelt Frau Dr. Mölker: „Es tut mir leid, das ist mir so rausgerutscht.“ Wortreich entschuldigt sie sich und merkt gar nicht, wie ich strahle.

„Danke! Jetzt fühle ich mich viel besser. Ehrlicher ging es nicht.“

Wir prusten laut los, und ich frage mich, was die anderen im Wartezimmer wohl denken. Im nächsten Augenblick steckt Frau Lück, die emsige Arzthelferin, den Kopf durch die Tür.

„Hier alles okay?“

Wir nicken nur und brauchen noch ein paar Sekunden, um uns zu fangen.

Das Lachen hat meine gesamte Anspannung der letzten Tage einfach weggefegt. Ich bin wieder ruhig und voller Zuversicht.

Lachen als Medizin

Der Psychotherapeut Dr. Rolf Merkle fasst es in einem Artikel so zusammen: „Die Fähigkeit zu lachen ist eine Medizin, die uns nahezu jederzeit kostenlos zur Verfügung steht. Lachen kann uns gesund erhalten oder zu unserer Gesundung beitragen.”3 Untersuchungen belegen, dass Lachen von Stress, Ärger und Angst befreit. Eine Minute Lachen wirkt auf die Gesundheit wie zehn Minuten Joggen oder ein 45-minütiges Entspannungs-training. Glückshormone werden ausgeschüttet, die Immunabwehr gesteigert, der Stoffwechsel angeregt und die Produktion von schmerzstillenden und entzündungshemmenden Stoffen im Blut angekurbelt. Darüber hinaus knetet das Lachen den Magen-Darm-Bereich durch und fördert die Verdauung. Lauter gesunde „Nebenwirkungen”, die man in der Schwangerschaft gut gebrauchen kann.

Wer nun denkt, er habe leider nichts zu lachen, dem sei gesagt: Es funktioniert auch andersherum. Lachen wir „grundlos”, sendet der Mund Signale an das Gehirn, dass wir glücklich sind, und zwar unabhängig davon, ob wir uns so fühlen oder nicht. Sicher kann man nicht jede Situation „weglachen”, aber es ist ratsam, achtsam mit sich und seinen Gedanken umzugehen, da unser Körper sofort mit der entsprechenden Hormonausschüttung reagiert. Dementsprechend lieber einmal zu viel lachen, selbst wenn Ihnen nicht unbedingt danach ist – Ihr Körper vertraut Ihnen und flutet Sie sogleich mit den entsprechenden Hormonen.

Jetzt erst fällt mir auf, dass Frau Dr. Mölker mich ernst anguckt.

„Wir müssen heute noch über das Thema Pränataldiagnostik sprechen, da die Untersuchungen zwischen der zehnten und 14. Schwangerschaftswoche gemacht werden.“

Und schon ist meine Anspannung wieder da. Ab 40 besteht ein stärker erhöhtes Risiko für eine kindliche Chromosomenstörung. Trotz positiver Grundeinstellung sind die damit verbundenen Fragen sehr ernst und hängen erst einmal wie ein Damoklesschwert über einem.

„In Ihrem Alter ist die statistische Wahrscheinlichkeit, dass das Kind mit einer Erkrankung oder Behinderung auf die Welt kommt, wesentlich höher. Haben Sie und Ihr Mann sich schon darüber Gedanken gemacht?“

„Wenn es nach mir geht, möchte ich eigentlich gar keinen Test. Wir freuen uns auf dieses Kind, und ich bin zutiefst überzeugt davon, dass es gesund ist.“ Während ich das sage, ruht meine Hand auf meinem Bauch, und ich könnte schwören, dass mein Schatz „Alles okay!“ gesagt hat.

„Mir ist es wichtig, Sie über die Risiken aufzuklären und Ihnen die unterschiedlichen Untersuchungen kurz vorzustellen. Danach können Sie sich mit Ihrem Mann noch einmal Gedanken machen. Die Entscheidung liegt natürlich bei Ihnen.“

Ich nicke und lasse meine Ärztin erzählen.

„Man unterscheidet zwischen invasiven und nicht invasiven Methoden. Zu den invasiven Verfahren gehören die Plazenta-Punktion, die Nabelschnur-Punktion und die Fruchtwasseruntersuchung …“

„Davon kommt für uns nichts infrage“, unterbreche ich sie. „Hätte die Natur gewollt, dass man den Bauch während der Schwangerschaft kurz aufmacht, um nachzuschauen, dann hätte sie einen Reißverschluss eingebaut.“

Ups, da ging mal wieder meine Überzeugung mit mir durch. Derlei Bemerkungen rutschen mir einfach heraus. Nicht aus Respektlosigkeit, sondern weil ich zutiefst davon überzeugt bin, dass die naturgegebene Zeit der Schwangerschaft den Zweck hat, uns optimal auf die Elternschaft vorzubereiten. Sie eröffnet uns die Chance, in unserer ansonsten visuell geprägten Welt das Fühlen zu lernen, das sensible Hinspüren, die innere Kommunikation mit dem Kind. Fähigkeiten, die die Basis beim Umgang mit einem Neugeborenen darstellen. In den ersten Monaten braucht es Achtsamkeit, Einfühlungsvermögen und das Vertrauen in die Intuition weit mehr als rational-logisches Vorgehen und Schlussfolgern.

Unbeirrt von meinem Einwurf, setzt Frau Dr. Mölker ihre Erklärungen fort: „Zu den nicht invasiven Methoden gehören der hochauflösende Ultraschall, die Bluttests im Erst- und Zweittrimester, die genetischen Bluttests auf Chromosomen-Abweichung wie die Trisomie 21 und der Nackentransparenztest. Wenn Sie das Kind auf jeden Fall behalten möchten, dann könnten Sie in dem Fall, dass sich eine Erkrankung oder Fehlbildung herausstellt, dieses frühe Wissen nutzen. Bei manchen Indikationen sind vorgeburtliche Therapien möglich. Oder Sie könnten die Entbindung in einem Spezialkrankenhaus planen, um die optimale Erstversorgung des Kindes sicherzustellen.“

„Gut“, resümiere ich, „aber am Ende sprechen wir hier über Statistik. Über eine Risikoeinschätzung und nicht über eine Diagnose. Ich bin mir nicht sicher, ob mir das nicht eher schadet als nützt. Mich einfach nur verunsichert. Letztlich zieht es einen Rattenschwanz an weiteren Fragen und Untersuchungen nach sich. Was wäre denn Ihre Empfehlung?“

„Bei dem Thema kann ich nichts empfehlen, aber ich gebe zu bedenken, dass der Ersttrimester-Test, der aus einem Bluttest bei Ihnen und einer Ultraschall-Untersuchung des kindlichen Nackenbereichs besteht, eine aussagekräftige Risikoeinstufung ohne große Nebenwirkungen liefert. Es gibt in Düsseldorf eine sehr gute Praxis, die von einem erfahrenen Professor geleitet wird. Frau Lück kann Ihnen die Kontaktdaten geben. Jetzt aber genug von so ernsten Themen. Alles, was wir heute sehen und prüfen konnten, sieht perfekt aus.“

Pränataldiagnostik

Pränataldiagnostik bedeutet „vorgeburtliche Diagnostik”. Unter diesem Begriff werden Untersuchungen zusammengefasst, die über die regulären, im Mutterpass vorgesehenen Vorsorgeuntersuchungen hinausgehen und gezielt nach Hinweisen auf Fehlbildungen oder Störungen beim ungeborenen Kind Ausschau halten. Invasive Verfahren wie die Plazenta-Punktion, die Fruchtwasseruntersuchung und die Nabelschnur-Punktion sind mit einem erhöhten Risiko verbunden, das Kind durch eine Fehlgeburt zu verlieren. Das Problem auch bei nicht invasiven Tests ist, dass bei einem abnormen Befund immer weiter gesucht wird. Dabei weiß man heute, dass Gedanken und Vorstellungen einen weitaus größeren Einfluss auf unsere Gesundheit haben als Testergebnisse. Laut einer Studie, die bereits 1988 im Fachblatt Obstet Gynecol publiziert wurde, hielt die Angst, die bei Frauen mit einem ungewissen Befund ausgelöst worden war, auch drei Monate nach der Geburt des gesunden Babys weiter an. Praktisch bedeutet das, dass die Muttermilch in diesem Zeitraum voller Stresshormone steckt … und da wundert man sich, wieso viele Neugeborene so unruhig sind.

Ausgestattet mit den Kontaktdaten des pränatalen Experten, verlasse ich nachdenklich die Praxis. Um mich selbst zu beruhigen, sage ich meine Lieblingsaffirmation auf: „Mühelos und glücklich bringe ich unser gesundes Kind zur Welt.“

Schon besser.

Affirmationen sind wunderbare Unterbrechungen, um den inneren Bedenkenträger zum Schweigen zu bringen.

Die kommenden Tage nutze ich für Recherchen und den Austausch mit Jürgen, meinem Mann. Jede weitere Meinung wäre mir eine zu viel. Am Ende ist es unser Leben – und unsere Entscheidung.

Allein schon die kurze Überlegung, ob ich meine Freundin um Rat fragen sollte, befeuert meinen inneren Angsthasen. Frei nach dem Motto: „Da gibt es so viel zu berücksichtigen. Du bist ja wirklich nicht die Jüngste, und alles kann positives Denken auch nicht heilen.“ Mir reicht schon mein eigener innerer Kritiker, da brauche ich nicht auch noch die Angstmache anderer. Und so verzichte ich auf das Freundinnen-Gespräch. Es gelingt mir, mich zu fokussieren, auf mein Bauchgefühl zu hören und alle anderen Stimmen verstummen zu lassen.

Ein echter Kraftakt.

Jürgens Meinung ist ganz klar: „Wir bekommen unser Kind und nehmen es so an, wie es ist.“ Aus seiner Klarheit schöpfe ich Zuversicht, und nachdem wir uns mit allen Ängsten, Befürchtungen und Wünschen auseinandergesetzt haben, entscheiden wir uns für den nicht invasiven Ersttrimester-Test.

Damit greifen wir nicht in die Schwangerschaft ein, können uns aber im Falle gravierender Fehlbildungen noch einmal mit unserer Verantwortung als Eltern, Paar und dem Kind gegenüber auseinandersetzen. Vielleicht können wir aufgrund unseres Alters nicht immer da sein, um das Kind zu pflegen? Würde unsere Ehe so eine Belastung aushalten? Empfindet man es überhaupt als Belastung? Das Fragenkarussell dreht sich weiter und weiter.

Ich googele die Website der Praxis für pränatale Untersuchungen und drücke auf den für mich wichtigsten Button:„Unser Team“. Schlagartig bin ich beruhigt. Da ist unser Arzt. Ein Mann, der Menschlichkeit, Expertise und innere Ruhe ausstrahlt. Er macht einen sehr zugewandten Eindruck und verfügt darüber hinaus über 30 Jahre Erfahrung. Ich vertraue auf meine Intuition, ein Gefühl sagt mehr als tausend Worte und drei akademische Titel.

Einige Tage später sitze ich wieder vor meiner Frauenärztin.

„Und, wie haben Sie und Ihr Mann sich entschieden?“

„Wir machen nur den Ersttrimester-Test, und ich möchte ausschließlich zu Herrn Professor Ludowick.“

„Dann drücke ich Ihnen mal die Daumen, dass alles gut aussieht.“

Ich bleibe sitzen, schaue sie an und hole Luft.

„Bei der Recherche für die Entscheidung habe ich auch viel über Ultraschall und seine Wirkung oder besser, seine Nebenwirkung, gelesen. Ich möchte Sie deswegen bitten, dass wir Ultraschall nur dann einsetzen, wo es absolut notwendig ist, und sie den Schallkopf immer nur kurz auf meinem Bauch belassen und dann direkt wieder entfernen.“

In ihrer für eine Schulmedizinerin bewundernswerten Ruhe erklärt mir Frau Doktor Mölker, dass sie meine Befürchtungen zwar ausdrücklich nicht teilt, aber dafür Verständnis hat.

Bei einer Spätgebärenden sind drei Ultraschall-Untersuchungen vorgesehen. Wir kommen überein, diese so kurz wie nötig zu halten.

Ultraschall & CTG

Der Einsatz von Ultraschall hat die Entwicklung weg von der Hebammenkunst hin zu Bild und Ton in der Geburtsmedizin stark beeinflusst. Die Meinungen darüber, inwieweit die Schallwellen Schädigungen des Fötus verursachen, gehen weit auseinander. Der pädiatrische Neurologe Paul Rosman vom Boston Medical Center vertritt die Meinung, dass die Sicherheit des pränatalen Ultraschalls dringend auf den Prüfstand gehöre, da die Geräte immer leistungsfähiger werden. Als mögliche Effekte werden Beeinträchtigungen bei der Entwicklung des Gehirns und des Nervengewebes, vorzeitige Wehen oder Fehlgeburt, ein geringes Geburtsgewicht, eine verzögerte Sprachentwicklung sowie Lese- und Rechtschreibschwäche aufgeführt.

Physikalisch bezeichnet Ultraschall Schallwellen oberhalb des menschlichen Hörbereichs. Allerdings verursacht pränataler Ultraschall sekundäre Schwingungen in der Gebärmutter, die das Kind hören kann. Die Geräuschkulisse ist vergleichbar mit einem startenden Flugzeug. Das erklärt vielleicht, warum so viele Ungeborene versuchen, sich während der Untersuchung zu verstecken.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bereits 2016 Empfehlungen zur Schwangerenvorsorge veröffentlicht und dabei vom routinemäßigen Gebrauch von CTG und Ultraschall abgeraten; eine Ultraschalluntersuchung sei laut WHO in der Frühschwangerschaft ausreichend.

Das „Dauerüberwachen” per CTG stört während der Geburt nachhaltig den sensiblen Prozess, aber welchen Mehrwert bringt es?

Zu diesem Aspekt hat das New England Journal of Medicine 1990 eine Metastudie veröffentlicht, die besagt, dass die fötale Herztonüberwachung während der Geburt keinen Nutzen für Früh- oder Neugeborene hat. Sie vergrößere nur das Risiko eines Kaiserschnitts.