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In Marlene Nachtmanns packendem Horrorroman Schatten der Schoßhunde wird die Idylle eines kleinen Vororts zur tödlichen Falle, als unscheinbare Schoßhunde wie Chihuahuas, Shih Tzus und Yorkshire Terrier plötzlich ihre wahre, schreckliche Natur enthüllen. Nachts verwandeln sich die scheinbar harmlosen Haustiere in monströse Bestien – riesig, aggressiv und intelligent. Sie beginnen, ihre Besitzer und alle, die ihnen zu nahe kommen, brutal zu töten. Während die Angriffe eskalieren und die Tiere die Kontrolle übernehmen, kämpfen die wenigen Überlebenden ums Überleben, während sie die düstere Wahrheit hinter der unheimlichen Verwandlung aufzudecken versuchen.
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Seitenzahl: 161
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Vorwort
Die Autorin Marlene Nachtmann ist eine deutsche Autorin, die vor allem durch ihre düsteren und intensiven Horrorgeschichten bekannt wurde. Mit einem einzigartigen Schreibstil, der Brutalität und Emotionen meisterhaft miteinander verbindet, hat sie sich einen Namen in der modernen Horrorliteratur gemacht.
Nach ihrem Studium der Psychologie an der Universität Heidelberg begann Marlene, sich mit den dunklen Facetten der menschlichen Psyche und existenziellen Ängsten zu beschäftigen – Themen, die in ihren Werken zentral sind. Ihre Romane und Kurzgeschichten erkunden häufig die Grenzen zwischen Überlebenswillen und Verzweiflung, wobei sie die Leser in brutale und zugleich tief emotionale Welten entführt.
Titel: Schatten der Schoßhunde
Kapitel 1: Das perfekte Haustier
Der Wind wehte sanft durch die Straßen der kleinen Vorstadt. Es war ein typischer Herbsttag, an dem die Blätter von den Bäumen fielen und die Welt in warmen Brauntönen gefärbt war. In den Schaufenstern der Läden leuchteten bereits die ersten Weihnachtslichter, und eine harmonische Ruhe lag über der Stadt. Niemand ahnte, dass der unscheinbare Laden am Ende der Hauptstraße, eine unscheinbare Tierhandlung namens „Fluffy Dreams“, der Ursprung eines Grauens war, das bald alles verändern würde.
Die Eingangstür der Tierhandlung öffnete sich mit einem leisen Klingeln, und eine junge Frau trat ein. Lisa, Mitte zwanzig, trug eine dicke, flauschige Jacke und eine Wollmütze, die ihre roten Locken nur halb verbarg. Ihr Blick schweifte durch den Laden, in dem es nach Sägespänen, Hundefutter und etwas Unbestimmtem roch, das an alte, feuchte Erde erinnerte.
„Guten Tag!“, begrüßte sie die Verkäuferin mit einem Lächeln, das zu strahlend wirkte, als sei es einstudiert. Die Frau war groß, schlank und trug eine makellose Schürze mit dem Logo des Ladens. Ihre Augen schienen Lisa direkt zu durchbohren.
„Ich suche einen Hund“, begann Lisa, ihre Stimme zögerlich. „Einen kleinen, der in meine Wohnung passt. Ich habe gehört, dass kleine Hunde weniger Arbeit machen.“
Die Verkäuferin nickte verständnisvoll und führte Lisa zu einer Reihe von Käfigen. Hinter den Gitterstäben saßen kleine, pelzige Wesen, die sie mit großen, treuen Augen ansahen. Ein Shih Tzu mit seidigem Fell, ein Chihuahua mit riesigen Ohren und ein Yorkshire Terrier, der wie ein winziger König wirkte, blickten sie an.
„Das sind unsere besten Begleiter“, erklärte die Verkäuferin. „Sie sind ruhig, treu und absolut ungefährlich. Perfekt für Wohnungen.“
Lisa beugte sich vor und betrachtete die Hunde. Ihre Hand glitt über das Fell des Yorkshire Terriers, der ihre Berührung still hinnahm. Sein Fell war weich, fast wie Seide, und seine Augen schimmerten dunkel, fast zu dunkel.
„Der hier ist süß“, sagte Lisa schließlich. „Wie heißt er?“
Die Verkäuferin lächelte. „Er hat noch keinen Namen. Sie können ihn benennen, wie Sie möchten.“
Lisa nickte und entschied sich, den kleinen Terrier mitzunehmen. Sie spürte ein warmes Gefühl in ihrer Brust, das Versprechen eines neuen Anfangs. Doch in einer Ecke des Ladens, versteckt im Schatten, glühten für einen Augenblick zwei gelbliche Augen auf.
In einem anderen Teil der Stadt betrat ein älterer Mann den Laden. Herr Müller war pensioniert und suchte Gesellschaft, seitdem seine Frau vor zwei Jahren gestorben war. Er fühlte sich oft einsam in seinem großen Haus, und die Idee eines kleinen Hundes, der ihm Gesellschaft leistete, erschien ihm perfekt. Auch er wurde von der Verkäuferin begrüßt, und wenige Minuten später verließ er den Laden mit einem Chihuahua, den er liebevoll „Bobby“ nannte.
Und so ging es den ganzen Tag weiter. Eine alleinerziehende Mutter kaufte für ihren kleinen Sohn einen Shih Tzu, den sie „Fluffy“ nannten. Ein junges Paar entschied sich für einen Pomeranian, und eine ältere Dame adoptierte einen Malteser.
Keiner der neuen Hundebesitzer bemerkte, wie die Augen der Verkäuferin ihnen folgten, kalt und berechnend, während sie den Laden verließen. Niemand ahnte, dass die Tiere, die sie in ihre Häuser brachten, nicht das waren, was sie zu sein schienen.
Am Abend saß Lisa auf ihrer Couch und beobachtete, wie ihr neuer Hund, den sie „Charlie“ getauft hatte, den Raum erkundete. Er schnüffelte an den Möbeln, kletterte auf das Sofa und ließ sich schließlich auf ihrem Schoß nieder. Lisa spürte, wie die Anspannung des Tages von ihr abfiel. Sie kraulte Charlie hinter den Ohren, und er schloss zufrieden die Augen.
„Du bist wirklich perfekt“, flüsterte sie. „Ich habe schon jetzt das Gefühl, dass wir beste Freunde werden.“
Doch als die Nacht hereinbrach, änderte sich die Atmosphäre. Charlie, der zuvor still und lieb gewesen war, begann unruhig zu werden. Er sprang von Lisas Schoß und lief zur Tür, seine kleinen Krallen klickten auf dem Holzboden. Lisa beobachtete ihn verwirrt.
„Alles in Ordnung, Charlie?“, fragte sie, aber der Hund reagierte nicht. Stattdessen starrte er die Tür an, als würde dahinter etwas auf ihn warten. Seine Augen wirkten plötzlich anders – schärfer, konzentrierter. Lisa schob den Gedanken beiseite und ging ins Bett, ohne zu ahnen, dass diese Nacht der Beginn ihres Albtraums war.
Ähnliche Szenen spielten sich in den Häusern der anderen Hundebesitzer ab. Bobby, der Chihuahua von Herrn Müller, begann ohne Grund zu knurren, während er aus dem Fenster starrte. Fluffy, der Shih Tzu der alleinerziehenden Mutter, biss in die Sofakissen, was völlig untypisch für den zuvor ruhigen Hund war. Es war, als hätten die Tiere einen Teil ihrer Niedlichkeit abgestreift und durch etwas Unerklärliches, Dunkles ersetzt.
Und dann schlug die Uhr Mitternacht.
Kapitel 2: Die erste Nacht
Mitternacht kam wie ein stiller Dieb, der sich durch die Dunkelheit schlich und etwas Unerklärliches mit sich brachte. Die Stadt war ruhig, die Straßen leer, und nur das monotone Ticken der Wanduhren durchbrach die Stille in den Schlafzimmern der neuen Hundebesitzer. Doch in dieser friedlichen Fassade begann sich etwas zu regen, etwas, das lange verborgen geblieben war.
Lisa erwachte mit einem seltsamen Gefühl. Ihr Schlafzimmer war dunkel, nur der schwache Schein der Straßenlaterne drang durch die dünnen Vorhänge. Sie blinzelte in die Dunkelheit und lauschte. Es war kein Geräusch, das sie geweckt hatte, sondern eine ungreifbare Präsenz, die den Raum erfüllte. Sie spürte es wie ein Kitzeln auf ihrer Haut, ein Gewicht in der Luft, das nicht da sein sollte.
„Charlie?“ Ihre Stimme war ein Flüstern, als sie sich aufsetzte und nach dem kleinen Hund suchte.
Das Bett neben ihr war leer. Sie griff zum Lichtschalter, und die gelbliche Lampe über ihrem Nachttisch flackerte kurz, bevor sie den Raum in ein sanftes Leuchten tauchte. Der Raum sah aus wie immer, doch Charlie war nirgends zu sehen.
„Charlie!“ Sie rief nun etwas lauter, doch es kam keine Antwort. Sie hörte nur das leise Ticken der Uhr und ihren eigenen Herzschlag, der schneller wurde. Vorsichtig schwang sie die Beine aus dem Bett und trat mit nackten Füßen auf den kalten Boden.
Die Tür zu ihrem Schlafzimmer stand einen Spalt weit offen. Sie war sich sicher, dass sie sie geschlossen hatte, bevor sie ins Bett gegangen war. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, doch sie schob das Gefühl von Unbehagen beiseite. Es war schließlich nur ein Hund.
Mit langsamen Schritten näherte sie sich der Tür. Als sie den Flur betrat, bemerkte sie eine seltsame Stille. Es war die Art von Stille, die die Welt einnahm, bevor etwas Schreckliches geschah. Ihre Augen wanderten die dunkle Treppe hinunter, die in das Wohnzimmer führte.
Und dann hörte sie es. Ein leises, tiefes Knurren. Es war kein Knurren, wie sie es je zuvor gehört hatte. Es klang rau und grollend, wie ein entferntes Donnern. Ihr Herz setzte einen Schlag aus.
„Charlie?“, flüsterte sie erneut, doch ihre Stimme zitterte.
Langsam stieg sie die Treppe hinunter, jede Stufe knarrte unter ihrem Gewicht. Das Knurren wurde lauter, und als sie den letzten Treppenabsatz erreichte, sah sie ihn – Charlie. Oder zumindest das, was einmal Charlie gewesen war.
Die kleine, flauschige Gestalt des Yorkshire Terriers hatte sich verändert. Sein Körper war gewachsen, sein Rücken gekrümmt und von muskellosen Beulen durchzogen. Das einst weiche Fell war an Stellen abgerissen und hatte einer zähen, lederartigen Haut Platz gemacht, die in einem unheimlichen Licht glänzte. Sein Maul, das zuvor so winzig und liebenswert gewesen war, hatte sich zu einem breiten Rachen voller gezackter Zähne geöffnet. Die Augen, die sie immer treu angesehen hatten, waren nun gelblich glühende Schlünde, die pure Wildheit ausstrahlten.
Lisa stand wie versteinert. Ihre Kehle war trocken, und ihr Atem kam stoßweise. Sie wollte weglaufen, schreien, irgendetwas tun, doch ihre Beine fühlten sich an wie aus Blei. Charlie richtete sich auf seine Hinterbeine auf, sein riesiger Schatten tanzte an den Wänden. Sein Kopf neigte sich zur Seite, und ein seltsames Geräusch entkam seinem Maul – ein tiefes Grollen, das in ein unmenschliches Lachen überging.
Dann sprang er.
Lisa warf sich zur Seite, gerade rechtzeitig, um dem Angriff auszuweichen. Der massive Körper des mutierten Hundes krachte gegen die Wand, riss Bilder von den Nägeln und ließ Putzbrocken zu Boden fallen. Lisa stolperte zurück, ihr Blick hektisch nach einem Ausweg suchend.
„Nein, nein, das kann nicht wahr sein!“, keuchte sie, während sie in die Küche rannte. Hinter sich hörte sie die schweren Schritte von Charlies neuen, monströsen Pfoten, die den Boden erzittern ließen. Sie griff nach einem Messer aus dem Block auf der Arbeitsplatte, ihre Hände zitterten so stark, dass sie es beinahe fallen ließ.
Charlie sprang erneut, und diesmal landete er direkt vor ihr. Seine gewaltige Gestalt versperrte ihr den Weg. Das Messer in ihrer Hand fühlte sich plötzlich lächerlich klein an. Der Hund ließ einen tiefen, kehlig klingenden Laut hören, und für einen Moment schien es, als würde er sie anlächeln – ein grausames, unnatürliches Grinsen.
Lisa schrie und stach zu. Die Klinge bohrte sich in die Schulter des Tieres, doch es war, als hätte sie nichts weiter als Luft getroffen. Charlie schüttelte sich, das Messer rutschte aus seiner Haut, als wäre sie aus Stahl. Dann schnappte er zu.
Der Schmerz war unbeschreiblich. Lisas Schrei wurde in einem nassen Gurgeln erstickt, als die Zähne des Tieres sich in ihre Kehle bohrten. Blut spritzte in einem scharlachroten Strom über die Küche, tropfte von den Schränken und verwandelte den Boden in eine klebrige Lache. Ihr Körper zuckte noch ein paar Sekunden, dann ließ Charlie sie fallen. Sie war nur die erste.
Ähnliche Szenen spielten sich in der ganzen Stadt ab. Herr Müller, der friedlich in seinem Sessel schlief, wachte auf, als Bobby, sein kleiner Chihuahua, sich in einen Albtraum aus Muskel und Zähnen verwandelte. Der Hund sprang ihm direkt ins Gesicht und riss es mit einem einzigen Biss zur Unkenntlichkeit.
Fluffy, der Shih Tzu, der anfangs so sanftmütig gewirkt hatte, verwandelte sich in eine riesige Bestie mit rotglühenden Augen und massiven Krallen. Er zerriss die Mutter und ihren kleinen Sohn in Sekunden.
Das Rudel, das bisher in trügerischer Niedlichkeit verteilt gewesen war, begann, die Stadt in ein blutiges Schlachtfeld zu verwandeln.
Die Nacht war erfüllt von Schreien, die niemand hören würde, und das Knurren der Schattenwesen wurde zum letzten Klang, den viele Menschen in dieser Stadt je hören würden.
Kapitel 3: Das Blutbad beginnt
Als die Sonne hinter den Horizont sank und die Stadt in Dunkelheit hüllte, war nichts mehr wie zuvor. Die Straßen, die noch am Morgen belebt gewesen waren, lagen nun verlassen da. Fenster, die üblicherweise Licht und Wärme ausstrahlten, waren dunkel, die Stille in der Nachbarschaft wurde nur durch gelegentliches Rascheln in den Büschen unterbrochen. Doch unter dieser Ruhe brodelte etwas – ein unaussprechliches, bösartiges Grauen, das sich von Haus zu Haus ausbreitete.
In einem bescheidenen Reihenhaus am Stadtrand lag Herr Müller, oder besser gesagt, was von ihm übrig war, in einem grotesken Winkel auf dem Boden seines Wohnzimmers. Die graue Polstercouch, auf der er gewöhnlich seine Abende verbrachte, war mit tiefen Kratzspuren übersät, und der Boden unter ihm war getränkt von einer tiefroten Pfütze. Der Chihuahua Bobby, der kleine Begleiter, der einst sein Leben bereichert hatte, war nun eine monströse Gestalt, die in der Dunkelheit lauerte.
Bobby war nicht mehr allein. Vor dem Fenster, das halb offen stand, bewegten sich Schatten. Zuerst war es nur einer, doch nach und nach gesellten sich mehr hinzu. Sie kamen lautlos, ihre leuchtenden Augen durchdrangen die Schwärze der Nacht. Ihre Umrisse waren schwer zu erkennen, doch ihre Bewegungen waren geschmeidig, fast katzenhaft – ein Rudel, das instinktiv wusste, dass sie zusammen stärker waren.
Ein leises Kratzen an der Tür ließ den Postboten Peter, der in der Nachbarschaft arbeitete und abends noch eine Runde drehte, innehalten. Er wohnte in einem Haus gegenüber von Herrn Müller und hatte dessen Chihuahua oft gesehen. Einmal hatte der kleine Hund versucht, ihn zu beißen, doch das war eher lächerlich gewesen. Heute jedoch, als er die Schatten durch das Fenster sah, durchzuckte ihn eine seltsame Angst.
„Herr Müller? Alles in Ordnung?“, rief Peter zögerlich und trat näher an die Tür heran.
Das Kratzen verstummte, und eine gespannte Stille legte sich über die Szene. Dann kam ein Geräusch, das Peter das Blut in den Adern gefrieren ließ: ein tiefes Knurren, rau und fremdartig, gefolgt von einem dumpfen Schlag. Die Haustür barst mit einem Mal auf, als hätte etwas Unvorstellbares sie mit bloßer Kraft eingetreten.
Peter schrie, als die Bestie aus der Dunkelheit auf ihn zusprang. Sie warf ihn zu Boden, ihre massiven Klauen rissen durch seine Jacke, und ihr Maul, das mit Zähnen gespickt war, die wie Dolche aussahen, grub sich in seinen Bauch. Blut spritzte in die Nachtluft, seine Schreie wurden in einem grausamen Gurgeln erstickt.
Die Bestie, die einst Bobby war, hielt inne, den Kopf geneigt, als lauschte sie auf etwas. Aus der Ferne erklang ein weiteres Geräusch – ein Knurren, ein Heulen, das durch die Nacht hallte. Es war wie ein Signal, eine Ruf, auf den die Bestien reagierten. Und so stürzte sich das Rudel in Bewegung, ihre riesigen Gestalten tauchten in der Dunkelheit unter.
In einem anderen Teil der Stadt saß das junge Paar, Lisa und Marc, in ihrem gemütlichen Wohnzimmer und lachte über eine alberne Serie im Fernsehen. Zwischen ihnen lag ihr neuer Hund, ein flauschiger Pomeranian, der sich gegen Marcs Bein lehnte und friedlich schlummerte.
„Ich glaube, das war die beste Entscheidung überhaupt“, sagte Lisa und strich über das weiche Fell des kleinen Hundes. „Er bringt so viel Leben ins Haus.“
Marc nickte. „Und er ist so ruhig. Fast zu ruhig.“
Plötzlich öffnete der Hund die Augen. Es war, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Seine Pupillen, die vorher dunkel und sanft gewesen waren, glühten nun in einem unnatürlichen Rot. Seine kleinen Pfoten zuckten, und ein scharfer Laut, der wie ein tiefes Knurren klang, durchbrach die Stille.
„Was war das?“, fragte Lisa und rückte zurück.
Bevor Marc antworten konnte, verwandelte sich der Hund vor ihren Augen. Seine Knochen knackten, das Fell wich an einigen Stellen zurück, und seine Gestalt wurde größer, kräftiger. Sein Maul öffnete sich, enthüllte einen Satz monströser Zähne, die in seinem kleinen Schädel zuvor keinen Platz gehabt hätten.
„Oh mein Gott!“, schrie Lisa, doch der Hund sprang bereits. Marc versuchte, ihn abzuwehren, doch die Bestie war zu stark. Mit einem einzigen Biss durchtrennte sie seine Kehle, und Blut spritzte auf die cremefarbenen Wände. Lisa stolperte rückwärts, ihre Hände zitterten so sehr, dass sie kaum den Türgriff erreichte.
Sie stürmte hinaus in die Nacht, barfuß und völlig außer sich. Doch die Schreie aus den anderen Häusern verrieten ihr, dass sie nicht die Einzige war, die in dieser Nacht mit dem Grauen konfrontiert wurde.
Das Rudel wuchs. Haus um Haus fiel den Bestien zum Opfer, und überall hinterließen sie blutige Spuren. Die Polizei, die schließlich auf die Szene aufmerksam wurde, verstand nicht, womit sie es zu tun hatte. Die Leichen, die sie fanden, waren auf eine Weise verstümmelt, die unmöglich von normalen Tieren verursacht worden sein konnte.
„Das… das ist unmöglich“, stammelte Officer Kramer, als er in einer Blutlache stand, die sich in der Küche eines Einfamilienhauses ausbreitete. „Es sieht aus, als hätte hier ein verdammter Bär gewütet.“
Doch die Wahrheit war schlimmer. Viel schlimmer.
Kapitel 4: Die Polizei ermittelt
Die Morgensonne schien trügerisch friedlich über der Stadt und warf lange Schatten auf die Straßen. Doch mit dem Licht kamen die Schrecken der Nacht ans Tageslicht. Überall in der Stadt wurden die Spuren der Massaker entdeckt: Türen, die aus ihren Angeln gerissen waren, Fenster, die von innen zersplittert waren, und Blut, das in dunklen Lachen auf Böden, Wänden und sogar an den Decken klebte.
Detective Lena Gruber stand mit verschränkten Armen vor einem der Tatorte. Das kleine Haus in der Falkenstraße hatte wie jedes andere gewirkt – ein bescheidener Ort mit gepflegtem Garten und einer liebevoll dekorierten Veranda. Doch jetzt war es ein blutiger Tatort. Die Polizeiabsperrungen flatterten im leichten Wind, und der metallische Geruch von Blut hing in der Luft.
„Was zur Hölle ist hier passiert?“ Ihr Partner, Max Leitner, trat neben sie und zog sich die Latexhandschuhe über. Sein Gesicht war blass, und seine Augen waren weit geöffnet. Die beiden waren schon bei grausamen Verbrechen gewesen, aber dies war anders.
„Wir haben drei Leichen“, erklärte ein junger Streifenpolizist, der mit zittrigen Händen in sein Notizbuch schrieb. „Herr Müller, der Besitzer, wurde… zerfetzt. Die Nachbarn haben Schreie gehört, aber niemand hat etwas gesehen. Sie sagten, er hatte einen kleinen Hund, einen Chihuahua. Der Hund ist verschwunden.“
Lena runzelte die Stirn. „Ein Chihuahua? Du willst mir sagen, ein Chihuahua hat das getan?“ Sie deutete auf die tiefe Kratzspur an der Wand, die aussah, als hätte ein riesiges Tier mit Klauen aus Stahl zugeschlagen.
Der Polizist zuckte mit den Schultern. „Das macht keinen Sinn, ich weiß. Aber wir haben keine anderen Hinweise. Keine Einbruchsspuren, keine fremden DNA-Proben. Nichts.“
Lena trat in das Wohnzimmer, wo die Leiche von Herrn Müller noch lag. Oder das, was von ihm übrig war. Sein Körper war bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, und der Boden unter ihm war mit Blut getränkt. Seine Arme waren in unnatürlichen Winkeln verdreht, und sein Gesicht war völlig zerstört – als hätte etwas mit unglaublicher Kraft zugebissen.
„Das sieht aus, als hätte hier ein Raubtier gewütet“, murmelte Max. „Aber wir sind nicht in der Wildnis, Lena. Wir sind in einer verdammten Kleinstadt. Was soll das gewesen sein? Ein Bär, der aus dem Zoo entkommen ist?“
Lena schüttelte den Kopf. „Das hier… fühlt sich falsch an. Schau dir die Muster an.“ Sie kniete sich hin und untersuchte die Kratzspuren näher. „Das sind keine zufälligen Angriffe. Das Tier – was auch immer es war – hat ihn gejagt. Es hat gewartet, bis er allein war. Das ist nicht normal.“
Während die Ermittler versuchten, die Geschehnisse zu verstehen, wurden in anderen Teilen der Stadt weitere Leichen entdeckt. Ein junges Paar war in seinem Haus getötet worden, ihre Körper auf so grausame Weise zugerichtet, dass selbst die erfahrensten Polizisten mit den Tränen kämpften. Auch hier war der Hund – ein kleiner Pomeranian – spurlos verschwunden.
In der Innenstadt fanden Arbeiter den Postboten Peter, dessen Körper in einer Blutlache vor einem geöffneten Haus lag. Sein Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, und seine Hände waren noch immer zu Fäusten geballt, als hätte er verzweifelt versucht, sich zu verteidigen.
Die Stadt war in Aufruhr. Die Bewohner sprachen von wilden Tieren, von Verrückten, die mit Messern umgingen, oder sogar von Ritualmorden. Doch niemand hatte die wahren Täter gesehen – oder wenn doch, waren sie tot, bevor sie berichten konnten.
Am Nachmittag versammelten sich Lena und Max im Polizeirevier, um die Berichte zusammenzutragen. Der Raum war still, abgesehen vom Klicken der Tastaturen und dem gelegentlichen Rascheln von Papier.
„Wir haben mittlerweile acht Tote“, sagte Lena und ließ die Fotos der Opfer auf den Tisch fallen. „Und bei jedem Tatort gibt es eine Gemeinsamkeit: Die Opfer hatten alle einen kleinen Hund, der jetzt verschwunden ist.“