Schlaf erfolgreich trainieren - Tilmann Müller - E-Book

Schlaf erfolgreich trainieren E-Book

Tilmann Müller

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Beschreibung

Nachts wieder einmal richtig ein- oder durchschlafen zu können, davon träumen diejenigen, die seit Jahren unter Schlafproblemen leiden. Tagsüber kommen ständige Müdigkeit und Gedanken an die bevorstehende Nacht hinzu – auf Dauer beeinträchtigen Schlafstörungen erheblich die Lebensqualität. Der Ratgeber richtet sich an Betroffene, die ihre Schlafprobleme wieder in den Griff bekommen möchten. Das Buch beschreibt, wie anhand der nachweislich wirksamen Methode der "Schlafkompression" nach und nach ein erholsamer nächtlicher Schlaf aufgebaut werden kann. Konkrete Hinweise und Übungen sind so zusammengestellt, dass sie über acht Wochen hinweg selbstständig als "Schlaftraining" durchgeführt werden können. Ziel ist es dabei, auch den Alltag bewusst zu gestalten, der einen erheblichen Einfluss auf den Schlaf hat. Interessante Fakten zum Thema Schlaf und Schlafstörung ergänzen den Ratgeber.

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Tilmann Müller

Beate Paterok

Schlaf erfolgreich trainieren

Ein Ratgeber zur Selbsthilfe

Dr. phil. Tilmann Müller, geb. 1962. Psychologischer Psychotherapeut. 2001 – 2011 Tätigkeit am Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrum der Universitätsklinik Münster. Seit 2011 niedergelassener Psychologischer Psychotherapeut.

Dr. phil. Beate Paterok, geb. 1959. Langjährige Mitarbeit am Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrum der Universitätsklinik Münster, seit 2004 niedergelassene Psychologische Psychotherapeutin.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autor:innen bzw. den Herausgeber:innen große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autor:innen bzw. Herausgeber:innen und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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Umschlagabbildung: © PhotoAlto / Antoine Arraou via Getty Images

Satz: Franziska Stolz, Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG

Format: EPUB

4., aktualisierte Auflage 2024

© 2010, 2014, 2017 und 2024 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-3253-3; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-3253-4)

ISBN 978-3-8017-3253-0

https://doi.org/10.1026/03253-000

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|5|Vorwort zur vierten Auflage

Kurzfristige Schlafstörungen gehören zum normalen Leben – wie eine Erkältung oder ein Schnupfen – dazu. Wer aber regelmäßig schlecht schläft oder sogar unter wiederkehrenden chronischen Ein- und/oder Durchschlafstörungen leidet, merkt schnell, wie wichtig ein stabiler Schlaf für die Vitalität am Tage ist. Schlafstörungen gehören zu den häufigsten Beschwerden, wegen derer hausärztliche Hilfe aufgesucht wird. Erstaunlicherweise machen Betroffene mit ausgeprägten Schlafstörungen leider oft die Erfahrung, dass sie in ihrer Klage über das schlechte Schlafen von ihrem Umfeld (innerhalb der Partnerschaft, im Arbeitsumfeld oder Freundeskreis) nicht richtig ernst genommen werden. Auch innerhalb der Medizin werden chronische Schlafstörungen nach wie vor stiefmütterlich behandelt: In erster Linie sieht man Schlafstörungen als Symptom einer anderen Erkrankung an (z. B. einer Depression). Schlafexpert:innen sind hingegen schon lange überzeugt, dass gerade eine chronische Schlafstörung eine eigenständige Erkrankung darstellt, die auch einer eigenständigen schlafspezifischen Therapie bedarf. Therapeutisch beschränkt sich die Behandlung chronischer Schlafstörungen in der Regel auf die Verschreibung von Schlafmitteln oder schlafanstoßenden Antidepressiva. Dabei gibt es längst gut überprüfte, nichtmedikamentöse Behandlungsansätze, die gleich wirksam sind wie Schlafmittel und vor allem im Langzeitverlauf sogar erfolgreicher abschneiden. Das spezifische Fachwissen über chronische Schlafstörungen und gezielte Angebote für Betroffene sind nach wie vor wenig verbreitet.

Inzwischen gibt es mehrere Studien, die zeigen, dass auch Selbsthilfeansätze in der Behandlung von chronischen Schlafstörungen erfolgreich sind. Das war unsere Motivation, dieses Selbsthilfebuch auf der Grundlage des von uns entwickelten Schlaftrainings zu schreiben. Es erscheint jetzt in der vierten Auflage, in der wir den aktuellen Wissensstand bzgl. Diagnostik und medikamentöser Therapie aufgenommen haben. Das ungebrochene Interesse an diesem praktisch orientierten Selbsthilfebuch und die zahlreichen positiven Rückmeldungen von Betroffenen zeigen, dass der Bedarf an solchen Angeboten sehr groß ist. Wir, Autorin und Autor dieses Buches, sind beide psychotherapeutisch tätig mit Expertise im Bereich der Somnologie (Lehre vom Schlaf) und haben viele Jahre Erfahrung im Bereich Schlafmedizin und in der Diagnostik und Therapie von Ein- und Durchschlafstörungen gesammelt.

|6|In diesem Buch finden Sie eine Vorgehensweise beschrieben, mit der Sie selber über konkrete Verhaltensregeln einen direkten, körperlich wirksamen, schlafanstoßenden Effekt erzielen können – ähnlich wie das auf eine andere Art eine Schlaftablette bewirkt. Die ursprüngliche Technik wurde von dem amerikanischen Schlafforscher Arthur Spielman 1987 vorgestellt und gilt heute als einer der wirksamsten Therapiebausteine in der Behandlung von Schlafstörungen.

Das Buch ist so aufgebaut, dass Sie in seinem Hauptteil eine praktische, wochenweise Anleitung bekommen, nach der Sie durch die Technik der sogenannten „Schlafkompressionstherapie“ Ihren Schlaf über die Dauer von acht Wochen verbessern und wieder kontrollierbarer machen können. Darüber hinaus werden Sie zu einer Expertin bzw. einem Experten in eigener Sache ausgebildet und erhalten zahlreiche Informationen zum Thema Schlaf und Schlafstörungen, von denen wir aufgrund langjähriger therapeutischer Erfahrung wissen, dass sie für das Verständnis und den Umgang mit Ihrer Schlafstörung wichtig sein können.

Die hier beschriebene Vorgehensweise verlangt Ihnen viel Einsatz und Geduld ab. Um Ihnen diese Arbeit zu erleichtern, finden Sie in diesem Buch eine Reihe an Übungen und Hausaufgaben. Wir haben daher das Vorgehen bewusst als „Schlaftraining“ bezeichnet. Denn genau darum geht es: Das Schlafen neu zu lernen bzw. das Schlafen zu trainieren.

Münster, im März 2024

Tilmann Müller und

Beate Paterok

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur vierten Auflage

Teil 1: Einführung

1  Wenn die Nacht zum Alptraum wird – ein Blick in die Schlafsprechstunde

2  Welche Schlafstörung habe ich?

2.1  Formen von Schlafstörungen

2.2  Ein Fragebogen zur Selbstdiagnose

2.3  Diagnose: Primäre Insomnie

3  Teufelskreis Schlaflosigkeit – Verlauf und Ursachen chronischer Schlafstörungen

3.1  Verbreitung von Schlafstörungen

3.2  Dauer von Schlafstörungen

3.3  Der leidvolle Weg eines Menschen mit Schlafstörungen

3.4  Teufelskreislauf Schlaflosigkeit oder: „Warum hören Schlafstörungen von allein nicht auf?“

4  Den eigenen Schlaf unter die Lupe nehmen: Das Schlafprotokoll

4.1  Was ist ein Schlafprotokoll?

4.2  Wie wertet man ein Schlafprotokoll aus?

Teil 2: Das Schlaftraining

5  Das Schlaftraining: Grundlagen und Wirkprinzip

5.1  Das Prinzip der Schlafkompression

5.2  Wie wirkt die Schlafkompression?

5.2.1  Schlafdruck

5.2.2  Regelmäßigkeit

5.2.3  Teufelskreislauf der Schlaflosigkeit

5.3  Für wen ist das Schlaftraining geeignet und welche Nebenwirkungen können auftreten?

6  Der Ablauf des Schlaftrainings

6.1  In den Startlöchern – konkrete Vorbereitungen für das Schlaftraining

6.2  Die erste Woche des Schlaftrainings

6.3  Die zweite Woche des Schlaftrainings

6.4  Die dritte Woche des Schlaftrainings

6.5  Die vierte Woche des Schlaftrainings

6.6  Die fünfte Woche des Schlaftrainings

6.7  Die sechste Woche des Schlaftrainings

6.8  Die siebte Woche des Schlaftrainings

6.9  Die achte Woche des Schlaftrainings

Teil 3: Ausbildung zur Expertin bzw. zum Experten in eigener Sache

7  Eine Reise durch die Nacht – Aufklärung über den Schlaf

7.1  Schlaf und Schlafkultur im Wandel der Zeit

7.2  Moderne Schlafforschung: Fakten über den Schlaf

7.2.1  Eine Nacht im Schlaflabor: Schlafstadien

7.2.2  Schlafarchitektur

8  Wie viel Schlaf braucht der Mensch?

8.1  Schlafveränderungen im Alter

8.2  Jahreszeit

8.3  Aktuelle Belastungen

8.4  Kurz- und langschlafende Menschen

8.5  Kann man lernen, mit weniger Schlaf auszukommen?

9  Schlafen und Wachen als biologischer Rhythmus

9.1  Die „innere Uhr“

9.2  Abend- und Morgenmenschen

9.3  Biologische Rhythmen und das Schlaftraining

10  Regeln des gesunden Schlafes – Schlafhygiene

10.1  Die richtige Matratze gegen Ihre Schlafstörungen? Vom Einfluss des Schlafzimmers auf den Schlaf

10.2  Das Wochenende als Schlafstörer: Vom Nutzen regelmäßiger Aufstehzeiten

10.3  Fluch und Segen des Mittagsschlafes

10.4  Alkohol – das älteste Schlafmittel der Welt?

10.5  Ein Kaffee am Morgen vertreibt alle Sorgen? – der Einfluss von Genussmitteln (Koffein und Nikotin) auf den Schlaf

10.6  Sich so richtig verausgaben – der Einfluss von Sport auf den Schlaf

10.7  Magie im Alltag – Sinn und Unsinn von Zubettgehritualen

10.8  Auf die Plätze, fertig, los! Schlafen will vorbereitet sein

10.9  Aufstehen oder liegen bleiben?

10.10  Das Bett ist nur zum Schlafen da

10.11  Der heimliche Gang zum Kühlschrank … die Nachteile nächtlichen Essens

10.12  Entspannen Sie sich!

10.13  Zusammenfassung der Regeln des gesunden Schlafes

11  Medikamentöse Therapie bei Schlafstörungen

11.1  Wie lange und wie häufig soll man Schlafmittel nehmen?

11.1.1  Dauer der Schlafmitteleinnahme

11.1.2  Häufigkeit der Schlafmitteleinnahme und Behandlungskonzepte

11.1.3  Absetzen von Schlafmitteln

11.2  Welche Schlafmittel gibt es?

11.2.1  Pflanzliche Mittel

11.2.2  Benzodiazepine

11.2.3  Nichtbenzodiazepinhypnotika bzw. Benzodiazepinrezeptoragonisten

11.2.4  Orexinrezeptorantagonisten

11.2.5  Antidepressiva

11.2.6  Neuroleptika

11.2.7  Antihistaminika

11.2.8  Melatonin

12  Andere Schlafstörungen

12.1  Schlafbezogene Atmungsstörungen – krankhaftes Schnarchen

12.2  Eigenständige Hypersomnien: Zuviel Schläfrigkeit am Tage

12.3  Restless Legs: Das Syndrom der unruhigen Beine

12.4  Parasomnien: Aus dem Schlaf heraus auftretende Verhaltensauffälligkeiten

12.4.1  Tiefschlafparasomnien: Pavor Nocturnus und Schlafwandeln

12.4.2  REM-Schlaf-Parasomnien

12.5  Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen

12.5.1  Schlafstörungen bei Schichtarbeit

12.5.2  Verzögertes Schlafphasensyndrom

13  Die Untersuchung im Schlaflabor

13.1  Was passiert im Schlaflabor?

13.2  Wie lange muss man im Schlaflabor bleiben?

13.3  Wie finde ich ein Schlaflabor?

Anhang

Literaturhinweise

Zitierte Literatur

Adressen

Arbeitsblätter

|11|Teil 1: Einführung

|13|1  Wenn die Nacht zum Alptraum wird – ein Blick in die Schlafsprechstunde

Frau K. hat sich in der Schlafambulanz der Universitätsklinik angemeldet, um endlich etwas gegen ihre Schlafstörungen zu unternehmen. Etwas unruhig steht sie zusammen mit zwei anderen Betroffenen vor dem Behandlungszimmer und wartet auf das erste Gespräch mit dem „Somnologen“ (Schlafexperten).

Fallbeispiele

Frau K., eine 45-jährige Bürokauffrau, berichtet zu Beginn des Gesprächs: „Ich habe schon seit Jahren massive Ein- und Durchschlafstörungen. Es gibt Nächte, da kriege ich gar keinen Schlaf. Selbst, wenn es ein bisschen besser läuft: Ich habe das Gefühl, dass mein Schlaf nicht mehr richtig ist, nur noch oberflächlich und zerstückelt. Richtigen Tiefschlaf habe ich schon seit Jahren nicht mehr. Tagsüber bin ich dann total gerädert und schaffe kaum noch meine Arbeit.“

Für Herrn H., einen 34-jährigen Elektriker, der seit einem halben Jahr über Schlafstörungen klagt, sind vor allem die Stunden nachts, in denen er nicht schlafen kann, belastend und quälend: „Ich liege dann erst ganz entspannt da. Aber nach einer halben Stunde werde ich immer unruhiger und angespannter. Mein Herz beginnt zu klopfen und ob ich will oder nicht: Ich fange dann an, über alles und jedes zu grübeln. Probleme, die mir tagsüber klein und handhabbar erscheinen, werden riesig groß. Das geht dann immer so weiter, bis ich ernsthaft das Gefühl bekomme, ich könnte verrückt werden. Meistens stehe ich dann auf und versuche mich mit Fernsehen irgendwie abzulenken …“

Frau M., eine 60-jährige Hausfrau, leidet vor allem an den Auswirkungen auf den Tag: „Daran, dass ich nachts wach liege, habe ich mich fast gewöhnt – zumindest rege ich mich nachts nicht mehr auf. Aber tagsüber, das ist schlimm: Ich bin immer wie gerädert, schaffe kaum meine Arbeit. Zu nichts hat man richtig Lust. Mein Arzt meinte schon, dass ich Depressionen habe. Dabei bin ich ein ganz anderer Mensch, wenn ich mal eine Nacht lang gut geschlafen habe. Eigenartig ist: Selbst wenn ich die ganze Nacht wach war, kann ich trotzdem am nächsten Tag nicht einschlafen. Und selbst die Nacht darauf ist meistens eine Katastrophe. Das ist doch nicht normal.“

|14|Was löste die Schlafstörung aus?

Nachdem sich der Somnologe einen ersten Eindruck gemacht hat, fragt er genauer nach, wann die Schlafstörungen zum ersten Mal aufgetreten sind: Im Falle von Frau K. begannen die Schlafprobleme in einer beruflichen Überforderungssituation: Versetzung in eine neue Abteilung, Umstellung auf eine neue Unternehmenssoftware, neue, ihr unsympathische Kolleg:innen – dies alles führte dazu, dass sie nachts immer häufiger grübelte und nicht in den Schlaf fand. Herr H. kann sich auf den Tag genau an den Beginn seiner Schlafstörung erinnern: „Das war, als wir von unserem Amerikaurlaub zurückkamen. Das war ein sehr schöner Urlaub – und dann das: Von heute auf morgen konnte ich nicht mehr einschlafen. Erst habe ich gedacht: Das ist die Zeitumstellung. Aber das kann doch nicht sein, dass so etwas sechs Monate lang anhält …“ Frau M. hatte hingegen schon als junge Erwachsene häufig mal schlecht geschlafen. So richtig schlimm seien die Schlafstörungen dann erst mit den Wechseljahren geworden. Ihre Frauenärztin habe ihr dann Hormone verschrieben, die auch gut gegen die Wechseljahrsbeschwerden geholfen hätten. Der Schlaf sei trotzdem weiter schlecht geblieben.

Nicht jeder, der unter Schlafstörungen leidet, kann den in der Regel schleichenden Beginn von Schlafstörungen nachvollziehen. Überlegen Sie an dieser Stelle einmal selber, wann Ihre Schlafprobleme zum ersten Mal aufgetreten sind und ob es mit einem speziellen Vorfall verbunden war. Krankheiten, seelische Belastungen, größere Veränderungen im Leben oder in den Lebensgewohnheiten können bereits der Auslöser für Schlafstörungen sein. Bei vielen Betroffenen treten Schlafstörungen auch ohne konkrete, nachvollziehbare Ursachen auf. Häufig fühlt man sich in diesem Falle noch hilfloser und besonders stark beunruhigt („Mit mir stimmt etwas nicht“). Tatsächlich können Schlafstörungen durch eine Vielzahl versteckter Faktoren ausgelöst werden, die allerdings der betroffenen Person in diesem Moment nicht bewusst sind. Hormonelle Schwankungen, versteckte Infektionen, der Alterungsprozess, Wetterfühligkeit usw. gehören dazu.

|15|Krankheitsverlauf oder: Wie ging es weiter?

Im Verlauf des Gesprächs fragt der Somnologe genauer nach dem weiteren Störungsverlauf. Alle drei Betroffenen berichten über ebenso typische wie vergebliche Versuche, die Schlafstörung in den Griff zu bekommen: Schlaftees, Baldrian, Besuche ärztlicher Sprechstunden, Heilpraktiker:innen, Autogenes Training, Wünschelrutengänger:innen, streckenweise auch Medikamente (sogenannte Hypnotika) setzten sie ein. In der psychosomatischen Medizin nennt man den langen Weg einer solchen Person treffend „Patientenkarriere“. Das Typische, das sich dabei im Verlauf der Patientenkarriere einstellt, zeigt folgender Gesprächsausschnitt.

Fallbeispiel Frau K.

Somnologe: „Frau K., haben Sie gemerkt, dass besondere Ereignisse am Tage, Belastungen, Stress und Ähnliches die Schlafstörung verstärken?“

Frau K.: „Das ist es eben. Früher war das so, als ich mich noch an meinem neuen Arbeitsplatz zurechtfinden musste. Heute ist aber alles in trockenen Tüchern. Ich fühle mich inzwischen in der Arbeit sehr wohl und kann trotzdem nicht schlafen. Es ist sogar so weit gekommen, dass ich auch am Wochenende, im Urlaub oder wenn wir gar nichts vorhaben, nicht schlafen kann.“

Somnologe: „Ich kann mir vorstellen, dass das für Sie besonders beunruhigend ist.“

Frau K.: „Ja, deshalb bin ich ja auch hierhergekommen, weil ich mir meine Störungen nicht mehr erklären kann. Ich weiß nur, dass ich schon am Tage Angst vor der nächsten Nacht habe.“

Somnologe: „Da haben Sie jetzt etwas sehr Wichtiges gesagt. Können Sie diese Ängste näher beschreiben? Was gehen Ihnen in Bezug auf den Schlaf für Gedanken durch den Kopf?“

Frau K.: „Na ja, schon nach dem Aufstehen denke ich: Das war wieder eine furchtbare Nacht. Wie sollst du bloß den Tag rumkriegen?! Dann nach dem Duschen und Frühstücken geht es mir doch wieder etwas besser. Vormittags denke ich nicht so viel daran. Am schlimmsten ist es am Nachmittag und am frühen Abend: Ich schleppe mich durch die Stunden, werde immer kribbeliger und denke: Hoffentlich wird die Nacht besser. Manchmal ist es auch so, |16|dass ich schon vorm Fernseher einschlafen könnte, sobald ich mich aber ins Bett begebe, bin ich hellwach. Dann weiß ich schon, dass die Nacht wieder gelaufen ist.“

Dieses Beispiel verdeutlicht, wie aus einer zunächst noch erklärbaren Schlafstörung eine chronische Schlafstörung wird, die für viele Patientenkarrieren typisch ist. Die ursprünglichen Ursachen, die eine Schlafstörung ausgelöst haben, spielen häufig über kurz oder lang keine Rolle mehr. Dennoch klappt es weiterhin mit dem Schlafen nicht: Die Schlafstörung hat sich verselbstständigt. Diese Verselbstständigung wird durch Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen gesteuert. Bei Frau K. sieht das konkret so aus: Der abendliche Gedanke („Ich werde bestimmt wieder nicht schlafen können, dabei habe ich morgen in der Arbeit einen wichtigen Termin“) führt zu einer ängstlichen Beunruhigung, Anspannung und körperlichem Erregungsanstieg („Ich bin dann plötzlich hellwach“): Die nächste schlechte Nacht ist vorprogrammiert.

Dieser Verlust der Unbefangenheit gegenüber dem Schlafen wird sehr gut durch das folgende Sprichwort versinnbildlicht: Der Schlaf ist wie eine Taube: Wenn man nach ihr greift, fliegt sie davon – wenn man ruhig die Hand ausstreckt, kommt sie herbei und setzt sich darauf. Mit anderen Worten: Es hat sich ein Teufelskreislauf gebildet. Je mehr man den Schlaf herbeiwünscht, desto weniger kommt er. Es ist verständlich, dass jemand, der in einem solchen Kreislauf gefangen ist, vieles unternimmt, um aus diesem Kreislauf auszubrechen: Schlaftees, Baldrian, Besuche bei ärztlichem Fachpersonal und Heilpraktiker:innen. Sehr häufig ändern Betroffene auch bewusst oder unbewusst ihre Alltagsgewohnheiten, um irgendwie mit der Schlafstörung klarzukommen.

Fallbeispiel Frau K. (Fortsetzung)

Somnologe: „Wie sieht es nach der Mittagspause aus? Erleben Sie da ein Leistungstief?“

Frau K.: „Ja, da geht es wieder los. Ich bin dann so zerschlagen und kaputt. Natürlich kann ich mich auf der Arbeit aber nicht hinlegen.“

Somnologe: „Legen Sie sich denn hin, wenn Sie von der Arbeit kommen?“

|17|Frau K.: „Sobald ich das einrichten kann, ja. Früher habe ich das nicht gemacht, aber jetzt kann ich einfach nicht mehr und lege mich nach der Arbeit etwas hin. Richtig schlafen kann ich dann aber auch nicht, höchstens dösen und entspannen.“

Somnologe: „Um wie viel Uhr ist das normalerweise?“

Frau K.: „Zwischen 16 und 18 Uhr.“

Somnologe: „Wie verbringen Sie den weiteren Abend?“

Frau K.: „Meistens zu Hause, weil ich inzwischen keine Lust mehr habe, auszugehen. Ich merke, dass mich Unternehmungen am Abend immer so aufregen, dass ich dann erst recht nicht schlafen kann.“

Somnologe: „Haben Sie auch am Wochenende weniger Lust als früher, etwas zu unternehmen?“

Frau K.: „Ja, das ist so. Ich bin immer so müde, dass ich das gar nicht richtig genießen könnte. Und das Wochenende brauche ich ohnehin, um mich wenigstens etwas zu erholen.“

Somnologe: „Wie sieht Ihr Schlafrhythmus am Wochenende aus? Wann stehen Sie samstags und sonntags auf?“

Frau K.: „Ich liege meistens bis 9 oder 10 Uhr im Bett. Ab 7 Uhr schlafe ich dann zwar sowieso nicht mehr – ganz selten, dass das mal gelingt. Ich genieße aber das Dösen.“

Die Art und Weise, wie Frau K. mit der Schlafstörung und deren Folgen umgeht, ist zwar verständlich, sie wirkt aber dem gesunden Schlaf entgegen. Das Dösen am Nachmittag, die eintönigen und passiven Abende vorm Fernseher, das lange Liegenbleiben am Wochenende, fehlende körperliche und geistige Betätigung, kurzum das „Leben auf Sparflamme“, können die Schlafstörung zusätzlich verstärken. Bei Frau K. hat sich im Laufe der Jahre ein richtiges Rückzugsverhalten herausgebildet. Kontakte zu Freund:innen und Bekannten sind immer weniger geworden, ihren Interessen und Hobbys geht sie kaum noch nach. Diese verminderte Lebensqualität führt häufig zu zusätzlichen depressiven Verstimmungen. Auch sie können erheblich die Schlafstörung verstärken. Bevor das erste Gespräch zwischen Frau K. und dem Somnologen endet, gibt er ihr einen kurzen Fragebogen zu ihren Schlafgewohnheiten (siehe unten) mit, den sie zum nächsten Termin ausgefüllt mitbringen soll.

In diesem Abschnitt sind Sie in ein für Sie wahrscheinlich wohlvertrautes Thema eingestiegen. Bevor Sie weiterlesen, versuchen Sie, für sich folgende Fragen zu beantworten.

|18|Fragen zur Schlafstörung

Wann und wodurch wurde Ihre Schlafstörung ausgelöst? Können Sie sich noch an die Anfänge erinnern? Haben Sie schon früher schlecht geschlafen?

Spielen diese Ursachen auch heute noch eine Rolle? Sind andere Ursachen hinzugekommen?

Treten Ihre Schlafstörungen, ähnlich wie bei Frau K., auch dann auf, wenn es dafür eigentlich keinen Grund gibt (Verselbstständigung)?

Kennen Sie ähnliche Verhaltensgewohnheiten, wie Frau K. sie entwickelt hat, um mit ihrer Schlafstörung zu leben (Mittagsruhe, Rückzugsverhalten, langes Liegen am Wochenende)?

Füllen auch Sie den Fragebogen „Meine Schlafgewohnheiten“ aus, bevor Sie weiterlesen!

|19|Fragebogen: Meine Schlafgewohnheiten

Die folgenden Fragen beziehen sich auf Ihr Schlafverhalten der letzten zwei bis vier Wochen. Auch wenn jede Nacht natürlich sehr unterschiedlich ausfallen kann: Versuchen Sie trotzdem, eine grobe Schätzung vorzunehmen.

Wann gehen Sie üblicherweise werktags abends zu Bett?

 Uhr

 2.

Wann stehen Sie üblicherweise werktags morgens auf?

 Uhr

 3.

Wie lange brauchen Sie in der Regel ungefähr, um einzuschlafen?

 Minuten

 4.

Wie häufig werden Sie nachts wach?

 Mal

 5.

Was schätzen Sie: Wie lange liegen Sie insgesamt nachts wach?

 Minuten

 6.

Wie viel Schlaf bekommen Sie im Durchschnitt pro Nacht?

 Stunden

 7.

Wann gehen Sie üblicherweise am Wochenende abends zu Bett?

 Uhr

 8.

Wann stehen Sie üblicherweise am Wochenende morgens auf?

 Uhr

 9.

Wie häufig pro Woche leiden Sie nachts unter Schlafstörungen?

 (1 – 7 Mal)

10.

An wie vielen Tagen in der Woche haben Sie den Eindruck, dass Ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist?

 Tage

11.

An wie vielen Tagen in der Woche haben Sie den Eindruck, dass Ihre Stimmung tagsüber beeinträchtigt ist?

 Tage

|20|2  Welche Schlafstörung habe ich?

Während des ersten Gesprächs in der Schlafambulanz prüft die somnologische Fachkraft sorgfältig, welche Form der Schlafstörung und welche möglichen Ursachen vorliegen. Das ist besonders wichtig, weil das Schlaftraining nicht für jede Schlafstörungsart geeignet ist. Bei bestimmten Formen von Schlafstörungen kann es sich sogar gesundheitlich nachteilig auswirken, wenn man das Schlaftraining trotzdem durchführt. Daher ist es wichtig, dass Sie dieses Kapitel besonders aufmerksam durcharbeiten.

2.1  Formen von Schlafstörungen

Bei Schlafstörungen denken die meisten Menschen an Ein- oder Durchschlafstörungen. Fachkundige sprechen jedoch lieber von Schlaf-Wach-Störungen, denn viele Schlafstörungen zeigen sich so richtig erst im Wachzustand bzw. am Tage. In der internationalen Klassifikation der Schlafstörungen werden über 80 verschiedene solcher Schlaf-Wach-Störungen unterschieden. Sie lassen sich von ihren Symptomen her in sechs große Gruppen einteilen:

Ein- und/oder Durchschlafstörungen (Fachbegriff: Insomnien): Typisch hierfür sind Klagen über Einschlafschwierigkeiten, häufiges Erwachen in der Nacht, Wiedereinschlafschwierigkeiten, zu frühes Erwachen am Morgen, das Gefühl „nicht richtig tief zu schlafen“ sowie Klagen über nicht erholsamen und zu wenig Schlaf.

Schlafbezogene Atmungsstörungen: Typisch sind Störungen der Atmung im Schlaf, wie das krankhafte Schnarchen (obstruktive und zentrale Schlafapnoen, schlafbezogene Hypoventilationen).

Störungen mit vermehrter Tagesschläfrigkeit (Fachbegriff: Hypersomnien): Typisch hierfür sind Probleme, tagsüber wach zu bleiben, ungewolltes Einschlafen oder Einnicken am Tage, das Gefühl, trotz ausreichender Schlafdauer permanent schläfrig sein. „Schläfrig“ meint hier die tatsächliche Einschlafneigung am Tage und nicht etwa die Müdigkeit, über die Menschen mit Ein- und Durchschlafstörungen klagen, welche häufig tagsüber trotzdem nicht einschlafen können.

Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus: Typisch hierfür sind Probleme, zur normalen Zeit schlafen zu können. Stattdessen gehen die Betrof|21|fenen wesentlich früher oder wesentlich später zu Bett, haben dann aber in der Regel keine Schlafprobleme. In anderen Fällen ist überhaupt kein vorhersagbarer Schlaf-Wach-Rhythmus auszumachen. Häufig treten Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen als vorübergehendes Problem nach Fernreisen auf. Auch die durch Schichtarbeit ausgelösten Schlafstörungen zählen zu dieser Gruppe.

Während des Schlafens auftretende Störungen/Auffälligkeiten (Fachbegriff: Parasomnien): Hierzu zählen aus dem Schlaf heraus auftretende Auffälligkeiten wie Schlafwandeln, Sprechen im Schlaf und Ähnliches.

Schlafbezogene Bewegungsstörungen: Hierzu zählt vor allem das sogenannte „Restless-Legs-Syndrom“ (Syndrom der unruhigen Beine) und das damit häufig verbundene Syndrom der periodischen Bewegungen der Gliedmaßen im Schlaf.

2.2  Ein Fragebogen zur Selbstdiagnose

Der folgende Fragebogen soll Ihnen helfen, durch gezielte Fragen festzustellen, ob und unter welcher Form von Schlafstörung Sie leiden. Füllen Sie den Fragebogen vollständig aus und gehen Sie dann die Auswertung am Ende sorgfältig durch. Natürlich ersetzt ein so kurzer Fragebogen noch lange keine ärztliche oder somnologische Untersuchung. Er kann aber Ihnen und der Sie behandelnden Person einen ersten wichtigen Hinweis dafür liefern, in welche Richtung Sie weiter untersucht und behandelt werden sollen.

Fragebogen

A

Schlafstörung: Ja oder Nein?

Ja

Nein

Ich habe das Gefühl, dass mein Schlaf nur leicht und oberflächlich ist.

2.

Ich brauche im Allgemeinen länger als 30 Minuten um einzuschlafen und/oder liege nachts längere Zeit wach.

3.

Ich bekomme üblicherweise weniger als sechs Stunden Schlaf.

4.

Ich wache nachts häufig auf.

5.

|22|Meine Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit ist durch die Schlafstörung beeinträchtigt.

6.

Ich fühle mich häufig niedergeschlagen oder unausgeglichen/nervös nach schlechten Nächten.

7.

Tagsüber fühle ich mich häufig müde/erschöpft.