Schlaflos - Thomas Andres - E-Book

Schlaflos E-Book

Thomas Andres

4,6

Beschreibung

Erik Königstein ist 23 und hat seine eigene Firma. Beruflich ist alles in Ordnung, nur privat ist sein Leben nicht perfekt. Früh hat er seine Eltern verloren, früh war er auf sich alleine gestellt. Doch er hat sich durchgebissen. Nur die Schlaflosigkeit beschäftigt ihn. Doch dann findet er seine große Liebe, seine Firma erweitert er und das Glück scheint sich mit Riesenschritten zu nähern….

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Buch

Erik Königstein ist 23 und hat seine eigene Firma. Beruflich ist alles in

Ordnung, nur privat ist sein Leben nicht perfekt. Früh hat er seine Eltern

verloren, früh war er auf sich alleine gestellt. Doch er hat sich durchgebissen.

Nur die Schlaflosigkeit beschäftigt ihn. Doch dann findet er seine große

Liebe, seine Firma erweitert er und das Glück scheint sich mit riesen

Schritten zu nähern….

Das Buch ist reine Fiktion. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind

nicht beabsichtigt.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Dezember 2014

Januar 2015

Februar 2015

März 2015

April 2015

Mai 2015

Juni 2015

Juli 2015

August 2015

September 2015

Oktober 2015

November 2015

Prolog

Schlaflos. Schlaflos. Zum 6. Mal diese Woche. Das hieß: Heute war Samstag.

Wieder saß er alleine zu Hause. Keine Arbeit, keine Freunde. Das einzige, was er hatte, waren die billigen Pornos und viele Taschentücher. Er ging kaum aus dem Haus, hatte in der Wohnung selbst auch nichts zu tun. Unterschichtenfernsehen. Ja, das war sein Zeitvertreib. Und die Pornos. Von denen träumte er auch nachts. Er selber würde nie eine abbekommen, aber so eine aus den Pornos…

Oh, falscher Anfang.

Es war Samstag. Ein kühler Wintertag war vorbei. Der erste Schnee war gefallen und eine dünne Schneedecke lag über der Landschaft. Über den Bäumen, über den Häusern, auf den Autos. Er konnte wieder einmal nicht schlafen, wie so häufig diese Woche. Und erneut trieb es ihn hinaus auf den Balkon. Eine dicke Hose und den Mantel hatte er angezogen, bei unter 0° Celsius war dies auch ratsam. Er sah zum Horizont, in die Dunkelheit. Kein Licht zu sehen, nur Schwärze. Trotzdem schien es ihn dort hinzuziehen. Der Grund? Er wusste es nicht. Eigentlich war er hier doch glücklich. Ein kleines Dorf, nicht weit von der Ostsee, idyllisch und ruhig. Aber warum zog es ihn hinaus? Warum diese Anziehungskraft? Er wusste es nicht. War es einfach nur die ferne Welt? Er ist hier nie weggekommen.

23 Jahre war er alt. Fertig mit dem Studium in Wirtschaftsrecht. Studiert in Wismar, damals nach dem Abi vor 4 Jahren angefangen und in 8 Semestern fertig geworden. Er blieb in Renzow wohnen. Das Haus hatte er von seinen Eltern geerbt, die vor fast 5 Jahren gestorben waren. Sie hinterließen nicht nur das Haus und den nagelneuen Opel. Er hatte auch genug Geld, so dass er das Abitur beenden, sein Studium bezahlen konnte und noch etwas Startkapital hatte. Das Gebäude war wie für ihn geschaffen. Im Nebentrakt hatte er sich sein kleines Unternehmen eingerichtet. Momentan nutzte er nur den Flur, den Warteraum, die kleine Küche und sein Büro. Aber die Geschäfte gingen gut. Viele hier im Landkreis kannten ihn. Wussten um seinen Verstand, seine Intelligenz und seine schnelle Auffassungsgabe. Viele kleinere Firmen ließen sich mittlerweile von ihm beraten. Es gab zwar nicht so viel Geld, wie es bei den großen Firmen gegeben hätte, aber er mochte es lieber familiär. Die Kleineren waren überschaubarer, einfacher zu handhaben. Und viel Konkurrenz hatte er hier nicht. Es ging ihm gut. Sehr gut sogar. Nur diese Schlaflosigkeit….

Er blieb noch eine Weile auf dem Balkon, blickte nach Süden. Warum? Wismar im Norden liegt an der Ostsee, da ist es näher zur weiten Welt. Im Osten lag Schwerin. Warum der Süden? Oder war es einfach nur die Dunkelheit?

Morgen jährte sich der Todestag seiner Eltern zum fünften Mal. Beide Beamte im Dienste des Ministeriums. Sie hatten gut verdient und konnten sich ein schönes Leben leisten. 2 Urlaube im Jahr und 2009 ging es dann im November weit weg. Sie wollten dem Winter entfliehen und buchten ein kleines Ferienhaus auf Kreta. Zum ersten Mal raus aus Deutschland. Deutschland kannten sie schon. Jede Ecke haben sie gesehen und planten auch die nächsten Sommerurlaube im Heimatland verbringen. Aber diesmal sollte es für eine Woche nach Griechenland gehen. Der Flug war perfekt und die Ferienanlage wunderschön. Am ersten Abend blieben sie lange wach, viele Gäste waren zwar nicht mehr dort, aber mit Mitte 40 konnte man noch bis 2 Uhr feiern. Am nächsten Morgen standen sie trotzdem um 9 Uhr auf und gingen zum Frühstück. Den zweiten Urlaubstag nutzten sie, um die kleine Stadt zu erkunden. Sie machten viele Fotos und verbrachten einen erholsamen Tag. Am Nachmittag ging es zurück zum Ferienhaus und dort genossen sie die Aussicht. Am heutigen Abend wurde nicht gefeiert, aber die beiden saßen noch eine Weile auf der Terrasse bei einer Flasche Wein und waren glücklich.

So wurde es zumindest erzählt. Um 22 Uhr wurden sie gesehen, als sie ins Haus gingen. Die Lichter erloschen circa 30 Minuten später und in der Ferienanlage war es komplett ruhig. Die Hoteliers wunderten sich, als sie um 11 Uhr noch nicht zum Frühstück erschienen waren. Um 12 Uhr ging der Portier zum Haus, klopfte und klingelte, aber es kam keine Reaktion. Er holte die Schlüssel und zu dritt schauten sie nach ihren Gästen. Im Schlafzimmer, im Bett, fanden sie die beiden. Friedlich schlafend, für immer. Sie waren eingeschlafen und wachten nicht mehr auf. Beide Herzen blieben stehen, keine Fremdeinwirkung, keine Krankheiten. Einfach eingeschlafen.

Ihn traf die Nachricht wie ein Schlag. 18 Jahre alt und auf sich allein gestellt. Die Großeltern? Nie kennengelernt. Geschwister? Sowohl er, als auch seine Eltern waren Einzelkinder. Aber damals zeigte sich schon, wie reif er war. Er brauchte nur eine kurze Betreuung und dann ging das Leben weiter. Das Abitur schloss er mit 1,2 ab und ging dann nach Wismar zum Studieren. Er war beliebt, da er intelligent, aber nicht arrogant war. Er war auf den Partys und Veranstaltungen dabei, aber trank nie zu viel. Er ging nicht als erstes, aber auch nicht als Letztes. Eine feste Freundin hatte er seitdem keine mehr, keine Liebschaft. Keine Beziehungen, sondern immer nur gute Freunde. In Renzow und Umgebung kannte jeder seine Geschichte. Zuerst waren sich alle unsicher, wie sie mit ihm umgehen sollten, aber mit der Zeit normalisierte es sich. Unterstützung bekam er, wenn er fragte. Die Nachbarin kümmerte sich um das Haus, reinigte es, passte auf den Garten auf und der Nachbar von gegenüber half bei den bürokratischen Dingen. So war die Dorfgemeinschaft. Bei unter 500 Einwohnern kannte jeder jeden und als er dieses Jahr sein Studium beendete und seine Firma gründete, wusste jeder, dass er Erfolg haben wird.

5 Monate ist der Abschluss mittlerweile her und die Firma blühte auf. Erik Königstein Wirtschaftsrechtgesellschaft mbH. Beruflich ging es ihm gut, aber was war privat? In der Dorfgemeinschaft war klar, dass ein junger Mann wie er doch seine Prinzessin verdient hätte. Aber es gab sie nicht. Er war auf den Dorffesten, beim Schützenfest, aber immer alleine. Nicht dass er nicht mit Frauen umgehen konnte. Auf den Festen forderte er verschiedene auf mit ihm zu tanzen. Aber die richtige? Die richtige war nicht dabei. Und was in ihm vorging konnte niemand wissen. Niemand wusste von den schlaflosen Nächten auf dem Balkon. Von den Blicken in die Ferne. Er hatte immer in diesem Dorf, in diesem Haus gelebt, aber war das auch seine Zukunft? Er blieb noch eine Weile auf dem Balkon, ging zum Kühlschrank und nahm noch einen Schluck aus der Wasserflasche. Ein kurzer Blick auf die Uhr: 3 Uhr. Er legte sich wieder ins Bett und konnte sogar einschlafen.

Sonntagmorgen um 10 Uhr wachte er wieder auf, machte sich sein Frühstück und trank die ersten 2 Tassen Kaffee. Er schaltete kurz den PC an, prüfte seine privaten und geschäftlichen Mails und fuhr den Rechner wieder herunter. Heute brauchte er nicht zu arbeiten und er wollte sich einen Tag Erholung gönnen. Den Opel hatte er nicht mehr. Vor 2 Monaten hatte er ihn verkauft und sich stattdessen einen neuen Audi geleistet. Aber als erfolgreicher Geschäftsmann wollte er dies auch mit seinem Wagen repräsentieren, einer Audi A4 Limousine in Eissilber. Das Auto war zwar nicht günstig gewesen, aber er hatte das Geld, seiner Firma ging es gut und man sollte dies auch sehen.

Viel nahm er für die heutige Tour nicht mit. Normale Stoffhose, ein einfaches schwarzes T-Shirt und einen schwarzen Pullover. Da es kühl war, zog er sich wieder seinen dicken Mantel an. Taschen nahm er keine mit, an einem Sonntag konnte er sowieso nicht einkaufen. Er ging runter in die Garage, stieg ins Auto, öffnete das Garagentor und fuhr raus. Hinter sich machte er zu und bog auf die Landstraße ein. Den Weg nach Schwerin kannte er natürlich und so war er schnell da. Es war mittlerweile 12 Uhr, aber in der Innenstadt war nichts los. Er fand einen freien Parkplatz und ging erst einmal Richtung Schloss. Vorher kam er noch an einem kleinen Café vorbei und trank einen Kaffee und genoss die Aussicht auf den Schweriner See. Viele Passanten waren nicht unterwegs und auch das Café war relativ leer. Nur 3 andere Gäste saßen an den Tischen. Ein Pärchen und ein einzelner Mann, vielleicht Ende 50, Anfang 60. Die Bedienung hatte einen ruhigen Tag und plauderte mit dem Mann.

Nachdem er den Kaffee ausgetrunken hatte, ging er wieder raus und an der Uferpromenade spazieren. Während er am See entlang ging, dachte er darüber nach, was aus ihm werden sollte. Er kannte hier viele Menschen, aber heute wollte er alleine sein. Er kannte auch niemanden, mit dem er über seine Gefühle hätte sprechen können. Und das war es, was ihm fehlte. Eine Person an seiner Seite, eine die für ihn da war. Er kam beim Schloss an und spazierte einmal herum. Danach ging er zum Auto zurück. Auf dem Weg dorthin wurde ihm klar, dass er etwas machen müsste. War das der Grund für die Schlaflosigkeit und immer dieser Blick in die Fremde? Wartete dort draußen die Eine für ihn? Aber wo sollte er suchen? Auf dem Weg zum Auto kam er an einem Reisebüro vorbei und sah sich dort die Aushänge an. Die Bahamas sprangen ihm ins Auge. Sollte er vielleicht mal verreisen? Wartet woanders das Glück auf ihn? Aber da stach ihm etwas ins Herz. Der Tod seiner Eltern. Ihr erster Urlaub im Ausland und auch ihr letzter.

Er stieg in sein Auto und fuhr zurück nach Renzow. Mittlerweile war es später Nachmittag und er machte noch einen Abstecher nach Pokrent zum Friedhof. Minutenlang stand er stumm am Grab seiner Eltern, die zu früh von ihm gegangen sind. Als er schließlich ging, stand für ihn fest, dass er in den Urlaub fahren würde. Seine Eltern haben es erst mit Mitte 40 geschafft, sich zu überwinden, und er wollte nicht auch so lange warten. Er fuhr gedankenverloren nach Hause und machte sich dort erst einmal was zu essen, wie so häufig gab es Nudeln. Nach dem Essen setzte er sich wieder an den Rechner um Mails abzurufen und die Nachrichten zu lesen. Er plante aufgrund seiner Termine und seiner Mails den morgigen Tag, der nicht so arbeitsreich werden sollte. Den Vormittag hatte er sogar Zeit und er entschied sich nach Schwerin zu fahren und die Reise zu buchen. Vom 15. bis zum 22. Dezember wollte er fliegen. Vor Weihnachten war nicht so viel zu tun, das meiste kam dann Anfang des Jahres und so konnte er sich davor noch erholen. Die Kunden würden es verstehen und Termine hatte er in der Woche noch keine.

Auch sonst müsste er etwas in seinem Leben ändern. Als er in der Jugend Tennis im Verein gespielt hatte, war er körperlich fit und ausgeglichen. Als seine Eltern gestorben waren, hatte er den Spaß verloren und nur noch wenig gespielt. Seit er seine Firma hatte, war das Interesse am Sport gänzlich zum Erliegen gekommen. Wenn er so an sich herunterschaute, war zu sehen, dass er sich zwar gesund ernährte, aber dennoch die Bewegung fehlte. Er nahm sich daher vor, nach dem Urlaub wieder mit Sport anzufangen, nur welche Sportart müsste er sich noch überlegen. Als er seinen Rechner heruntergefahren hatte, ging Erik noch raus auf den Balkon. Sollte er mit dem Laufen anfangen? Da müsste er sich nur 2-3-mal in der Woche 30-45 Minuten Zeit nehmen und er müsste sich nach niemandem richten, als wenn er eine Mannschaftssportart betreiben würde. Noch etwas unsicher bei diesem Gedanken ging er wenig später ins Bett.

Dezember 2014

Am Montagmorgen fuhr er nach Schwerin und buchte den Urlaub. Am Nachmittag hatte er einen Termin in Lützow und die restliche Zeit verbrachte er in seinem Büro. Es gab noch einiges an Schreibkram zu erledigen und er überlegte sich wieder einmal, ob er nicht eine Sekretärin anstellen sollte, die ihm Tätigkeiten, wie Rechnungen schreiben, abnehmen könnte. Dafür müsste er aber den Gebäudetrakt etwas umstrukturieren. Es waren auch noch einige Räume im 1. Stock frei, die er sich am Abend anschaute. Das eine könnte man sogar als Chefbüro einrichten, allerdings standen dort noch alte Gegenstände und Dinge von seinen Eltern. Auch den Flur müsste man neu streichen und die anderen Räume auch schon einmal leer räumen. Der Keller war leer, dort wäre also Platz für die Akten. Die Sekretärin würde in seinem jetzigen Büro sitzen und er könnte das große Zimmer nutzen.

Abends war er bei den Nachbarn zum Essen eingeladen. Dort erzählte er als erstes von den Plänen für sein Büro und die sie erklärten sich sofort bereit, ihm m beim Um- und Aufräumen zu helfen. Danach informierte er sie noch über seinen gebuchten Urlaub und sie waren natürlich erstaunt und überrascht. Dies legte sich aber relativ schnell und sie verbrachten noch einen gemütlichen Abend bei netten Gesprächen. Um 23 Uhr ging er dann nach Hause und in sein Bett. Heute schlief er, so wie Sonntag, ohne Probleme durch.

Dienstag hatte er zwei Termine außerhalb und einen in seinem Büro. Der letzte war um 16 Uhr zu Ende und danach ging er runter in den Keller. Dieser war komplett leer und es war genügend Platz um einige Regale auszustellen. So viele Akten hatte er noch nicht, der Raum würde also für einige Jahre reichen. Er maß kurz nach und ging dann in den 1. Stock. Dort maß er auch die anderen Räume ab und natürlich auch sein neues Büro und schrieb sich auch noch von diesen die Daten auf. Als er damit fertig war, kamen die Nachbarn und halfen ihm, alte Akten in den Keller zu bringen. Die Gegenstände von seinen Eltern, die er nicht mehr nutzen konnte und wollte, brachten sie in den Lieferwagen eines Nachbarn und dieser würde sie am nächsten Tag zum Sperrmüll fahren. Sein neues Büro und der zweite Raum waren jetzt komplett leer, es fehlten also noch Regale für den Keller und die komplette Inneneinrichtung für das neue Büro. Seine jetzigen Sachen wollte er nicht mit nach oben nehmen. Sie waren zwar auch relativ neu, allerdings wirkten sie im größeren Büro doch zu klein. Den zweiten Raum wollte er fürs erste leer lassen, aber ohne Gerümpel sah es nun einmal besser aus und wenn man sowieso gerade Sachen wegwarf, konnte man gleich weitermachen.

Mittwochvormittag hatte er wieder frei und so fuhr er nach Schwerin, um die Möbel zu bestellen. Die Regale für den Keller waren einfach, aber robust. Er bestellte gleich so viele, dass das Archiv vollständig damit eingerichtet werden konnten. Mit der Einrichtung für das Büro tat er sich etwas schwerer. Aber nach einer Weile fand er dann doch die richtige Ausstattung. Tisch, Stuhl, Schränke, Besprechungsecke… Alles was dazu gehört. Geliefert werden sollte alles am 7. Januar, also blieb auch noch Zeit, um das neue Büro zu streichen.

Nach dieser Shoppingtour fuhr er ins Büro zurück und machte sich wieder an die Arbeit. 2 Wochen musste er noch bis zum Urlaub aushalten, einige Anfragen lagen auf dem Stapel und es würden auch noch welche dazukommen. Am Nachmittag bekam er noch einen Telefonanruf von einem Kunden, was eher selten vorkommt. Meistens kommunizierte er per Mail. Das Telefonat dauerte 20 Minuten, da das Thema schnell abgehandelt werden konnte. Danach ging es mit einer Anfrage weiter und um 17 Uhr ging er wieder in die Wohnung zurück. Er machte sich sein Abendessen, wusch ab und setzte sich dann an den Computer. Er rief zuerst die privaten Mails ab und surfte dann im Internet. Er informierte sich etwas über die Bahamas und bestellte online bei einem Bürolieferanten einige Sachen. Die neueste Fachzeitschrift für Dezember war heute auch in der Post gewesen, aber Lust sie zu lesen hatte er nicht. Er machte sich lieber einen gemütlichen Abend vor dem Fernseher. Vielleicht hätte er doch die Zeitschrift lesen sollen, denn normalerweise sind diese sehr gut zum Einschlafen geeignet. Damit hatte er auch heute wieder Probleme. Wieder stand er bis 3 Uhr auf dem Balkon und dachte an die Bahamas, bis er dann ins Bett ging und einschlafen konnte.

Nach 3 Stunden Schlaf klingelte der Wecker und etwas müde stand Erik auf, schlich unter die Dusche und nach 2 frischen Kaffees war er dann wach. Beim Frühstücken las er sich die Tageszeitung durch und um 8 Uhr ging er wieder ins Büro. Nach der Tagesplanung machte er sich an die Arbeit und die eine Anfrage, die ihm zuerst leicht erschien, beschäftigte ihn dann doch den kompletten Tag. Um 17:30 Uhr wurde er erst damit fertig und die restlichen Anfragen verschob er auf Morgen. In der Post war nichts Neues und so ging er in die Wohnung zum Abendessen. Heute musste er auch wieder Wäsche waschen und nebenbei schaute er in die Fachzeitschrift. Gerade kurz vor dem Jahreswechsel stand doch einiges Interessantes drin und so las er sie dann doch noch am Abend durch. Kurz vor Mitternacht ging er dann ins Bett und heute konnte er sogar gleich einschlafen.

Am Freitagmorgen war er fitter als gestern, da er bis 6:30 Uhr schlief, aber dafür das Duschen ausfallen ließ. Nach dem Frühstück, das wie fast immer aus 2 Scheiben Brot mit Käse bestand, und dem Zeitunglesen ging es ins Büro und er machte sich über die liegengebliebenen Anfragen her. Auch heute kamen wieder einige kleinere per Mail und er war den ganzen Tag gut ausgelastet, arbeitete sogar bis 17 Uhr, was für einen Freitag doch ungewöhnlich war. Dafür konnte er alles erledigen und hatte das Wochenende über seine Ruhe. Es gab freie Tage, da dachte er zuviel an die Arbeit und schaffte es nicht, abzuschalten. Wenn nichts mehr auf dem Schreibtisch blieb, hatte er das Problem nicht. Nach dem Abendessen und dem Abwasch legte er die Wäsche zusammen, setzte sich mit einem Buch auf die Couch und las den Abend über. Um 22 Uhr versuchte er zum ersten Mal zu schlafen, aber ging dann doch wieder für paar Stunden auf den Balkon. Es war schließlich 2 Uhr, als er beim zweiten Versuch einschlafen konnte.

Samstag konnte er wieder ausschlafen und so schlief er ausnahmsweise mal bis 10 Uhr. Nach dem Duschen und dem Frühstück setzte er sich ins Auto und fuhr nach Schwerin zum Friseur und zum Einkaufen. Normalerweise kaufte er unter der Woche ein, wenn er gerade zu Kundenterminen unterwegs war, aber in Schwerin war die Auswahl größer und samstags war immer ein Wochenmarkt, über den er auch schlenderte. Zwischen dem Friseurtermin und den Einkaufen kehrte er noch kurz in ein Café zum Kaffeetrinken ein und nach dem Einkaufen ging es gleich zurück nach Renzow.

Nachmittags war er dann fertig mit ausladen und einräumen, etwas Zeit hatte er noch und so ging er noch kurz spazieren. Abends fand dann im Gasthaus eine kleine Dorf-Weihnachtsfeier statt und Erik war natürlich dabei. Als Vorspeise gab es Tomatencremesuppe und als Hauptgericht Gänsebraten, dazu trank er Rotwein. Als Dessert gab es Bratapfel und danach begannen die Gespräche. Knappe 70 Leute waren heute gekommen, die sich auf 3 Räume verteilt hatten. Erik sprach mit vielen, blieb aber nie sehr lange bei einer Gruppe stehen beziehungsweise sitzen, sondern war eigentlich ständig unterwegs. Da er seinen Altersgenossen von der Reife und der Art weit voraus war, unterhielt er sich meistens mit den Älteren. Getanzt wurde nicht, dafür war die Musik zu weihnachtlich. Trotzdem amüsierte sich eigentlich alle, Erik auch.

Von den fünf Frauen in seinem Alter, die anwesend waren, hatten alle schon versucht, sich an ihn ranzumachen, und auch heute probierten es wieder zwei. Aber er war nicht interessiert. Er war nicht unhöflich, flirtete auch ein wenig, aber trotzdem war klar, dass nicht viel laufen würde. Fast rastlos streifte er durch die Räume, aber immer auf einen Small-Talk vorbereitet. Ab Mitternacht zerstreute es sich langsam und um 1 Uhr machte sich auch Erik auf den Heimweg. Er ging alleine zurück, da seine Nachbarn schon früher aufgebrochen waren. Nachdem er zu Hause war, ging er sofort ins Bett, konnte aber einmal mehr nicht einschlafen. Er ging also auf den Balkon, konnte von dort das Gasthaus nicht sehen, hörte auch nichts mehr von der Feier, sondern schaute einfach nur in die Dunkelheit.

Seine Gedanken waren wieder bei der Büroeinrichtung, den Bahamas und bei der Suche nach einer Frau. Die Frauen, die heute dabei gewesen sind, waren nichts für ihn. Nicht, dass sie hässlich oder von schlechtem Charakter waren. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er mit keiner von ihnen glücklich werden würde. Etwas in ihm sagte, dass sein Glück woanders liegt. Irgendwo, aber er wusste nicht wo.

Beim zweiten Versuch um 4 Uhr morgens schlief er ein und wachte erst um 12 Uhr auf. Sonntagmorgen, aber er war schon seit Ewigkeiten nicht mehr in der Kirche gewesen. Zum letzten Mal bei der Beerdigung seiner Eltern. Er glaubte zwar an Gott, aber die Gottesdienste waren nichts für ihn. Mit dem Pastor kam er gut zurecht, die Predigten waren auch nicht schlecht, aber Erik hatte kein Bedürfnis am Sonntagmorgen 1 Stunde in der Kirche zu verbringen. So zog er nur die Jalousien nach oben und blieb noch etwas im Bett liegen. Schließlich stand er doch auf, frühstückte und setzte sich an den Computer. Die eine Mail, die er im Posteingang hatte, beantworte er gleich, danach surfte er noch kurz und fuhr wenig später den Rechner runter. Einige seiner Studienkollegen schworen auf die Partnersuche im Internet, aber er war dafür wohl zu altmodisch. Er nutzte den PC nur wenig und für so etwas schon gar nicht.

Es war noch früh am Nachmittag und Erik wollte nicht den restlichen Tag zu Hause verbringen. So setzte er sich ins Auto und fuhr nach Wismar. Er spazierte durch die Altstadt, für die er sich nie richtig interessiert hat, aber heute empfand er es als sehr beruhigend. Während seiner Studienzeit war er zwar auch häufig hier gewesen, aber heute hatte er doch einen anderen Blickwinkel. Sein Auto hatte er tagsüber auf einem Parkplatz gestellt und holte es jetzt ab um damit direkt zu einem Restaurant zu fahren, in dem er früher häufiger gegessen hatte. Es war allerdings auch ein Nachteil, dass er mit dem Auto da war, denn viele kannten seinen Audi mit dem Kennzeichen NWM-NW-82 und so traf er auch einen Firmeninhaber, mit dem er fast jede Woche zu tun hatte. Er kam aber gut mit ihm aus und so setzte sich der Kunde mit seiner Frau zu ihm. Sie aßen zusammen, plauderten ein wenig und um 20 Uhr fuhr Erik zurück nach Hause. Er sah sich noch einen Spielfilm an und versuchte danach zu schlafen. Allerdings war der Versuch nicht erfolgreich und so ging er wieder auf den Balkon. Um 2 Uhr fielen ihm dann doch die Augen zu.

Nach 4 Stunden Schlaf stand er auf und nach dem Duschen und Frühstücken ging er ins Büro. Auf in eine neue Arbeitswoche, die letzte für dieses Jahr. Er rief zuerst die Mails ab, machte die Planung für den heutigen Tag und schrieb dann an seine Kunden, dass er vom 15.12. bis 04.01. im Winterurlaub sei. Danach ging es an die Anfragen und das Arbeiten wurde nur kurz durch den Postboten unterbrochen, der 2 Pakete brachte. Erik machte die Anfrage noch fertig und öffnete dann die Pakete. 2 Kunden hatten ihm Weihnachtsgeschenke geschickt, Bürozubehör wie Stifte und Brieföffner. Natürlich edlere Gegenstände, die er auch sogleich auf dem Schreibtisch platzierte. Wenn sein neues Büro fertig ist, werden diese dann verlagert. Am Nachmittag machte er mit der Arbeit weiter und ging um 17 Uhr dann in den Feierabend. Nach dem Essen las er dann eine Sonderausgabe seiner Fachzeitschrift, die auch heute per Post gekommen war. Er war mit dieser schnell durch und nahm sich noch ein Buch vor. Um 23 Uhr ging er dann ins Bett und konnte sogar gleich einschlafen. Aber nach der kurzen Nacht gestern war er logischerweise auch müde.

Der Dienstagmorgen begann mit den üblichen Tätigkeiten und um kurz vor 8 Uhr saß Erik wieder im Büro. Ein halbes Jahr saß er jetzt in diesem Zimmer, aber freute sich mittlerweile auf sein neues größeres Büro. Heute gab es nur wenig zu tun, aber die ersten Kunden schrieben jetzt schon, dass sie Anfang des Jahres einiges an Arbeit für Erik hatten. Einige vorbereitende Tätigkeiten wollte er die nächsten Tage noch ausüben, aber der große Schwung würde wohl im neuen Jahr kommen. Insgesamt war es heute ruhiger als gestern, so dass er schon um 16:30 Uhr in seine Wohnung ging. Die Zeit nutzte er, um mal wieder ein neues Gericht auszuprobieren, das ihm sogar einigermaßen gelang. Zumindest wurde er satt. Nach dem Abwasch ging es noch an die Wäsche, danach las er das Buch von gestern zu Ende. Er ging noch kurz ins Internet, um Bücher zu bestellen, da er die jetzigen alle durchgelesen hatte. Diese würden wohl Freitag oder Samstag bei ihm eintreffen. Die ersten Nachtstunden verbrachte er wieder auf dem Balkon, bis er sich dann um 3 Uhr schlafen legte.

Als er aufwachte, fühlte er sich etwas gerädert. Das Duschen half nicht wirklich und auch nach dem Frühstück und dem Kaffee war er nicht richtig fit. Heute ging er erst um 8:30 Uhr ins Büro. Viele Anfragen gab es heute nicht und so konnte er nebenbei Zeitung lesen. Den ganzen Tag über fühlte er sich matt, arbeitete langsamer als sonst und um 17 Uhr ging er in die Wohnung zurück. Es gab nur ein einfaches Abendessen und nach dem Abwasch legte er sich auf die Couch. Er schlief dort für eine Stunde, aber munter war er danach immer noch nicht. Er versuchte noch eine Zeitschrift zu lesen, aber irgendwie war er zu unkonzentriert. Um 22 Uhr legte er sich ins Bett und schlief auch gleich ein.

Am Donnerstag war er dafür sehr munter, frühstückte gutgelaunt und las die Zeitung komplett durch. Um 8 Uhr saß er wieder im Büro und da er sich heute besser fühlte, schaffte er auch mehr als gestern. Die Arbeit verging wie im Flug und um 17:30 Uhr machte er sich sein Abendessen. Die Zeitschrift, die er gestern Abend versucht hatte zu lesen, fing er noch einmal an und diesmal ging es besser, so dass er sie durchlas. Um 23 Uhr ging er ins Bett und schlief sofort ein.

Auch am Freitag war er gutgelaunt, freute sich richtig auf den Urlaub und um 14 Uhr beendete er die Arbeit für dieses Jahr. Er war sich aber sicher, dass er nach der Woche auf den Bahamas bestimmt noch einmal ins Büro gehen würde. Er fuhr dann noch kurz nach Lützow um einen Weihnachtsbaum zu kaufen, den er in den Keller brachte. Danach ging er zu den Nachbarn auf mehrere Partien Skat und auch diesen Abend schlief er gleich ein.

Den Samstag verbrachte er dann in Lübeck, spazierte über den Weihnachtsmarkt, ging ab und zu in Geschäfte und aß dort auch abends. Um 21 Uhr war er zu Hause, las noch kurz ein Buch und ging dann ins Bett. Heute konnte er gleich einschlafen und am Sonntag schlief er wieder aus, packte die Sachen, wusch noch einmal die Wäsche, räumte etwas auf und um 22 Uhr legte er sich schlafen.

Am Montagmorgen stand er zeitig auf, duschte, frühstückte und packte den Koffer fertig. Seine Kunden wussten alle, dass er für eine Woche nicht erreichbar war und die Nachbarn würden schon auf das Haus aufpassen. Sie fuhren ihn auch nach Berlin zum Flughafen und von dort ging der Flieger nach Paris. Er wechselte das Flugzeug und flog auf die Bahamas. Dort angekommen, checkte er erst ein, nahm das Abendessen zu sich und ging dann aufs Zimmer. Er war noch etwas müde vom Flug und schlief deshalb gleich ein.

Am nächsten Morgen wachte er um 8 Uhr auf und frühstückte ausgiebig. Das Frühstücksangebot hier war auch deutlich besser als ihm daheim und im Urlaub wollte er sich auch etwas gönnen. Die nächsten Tage verbrachte er in den verschiedenen Nationalparks, tauchte in den Riffs und zwischen den Korallen, wanderte durch Mangroven- und Feuchtgebiete und fotografierte Riesenschildkröten und Mengen von Flamingos. Die Abende verbrachte er in den Strandbars, plauderte mit anderen Gästen und besserte so sein Englisch auf. Die meisten Touristen kamen auch aus dem kalten Europa, größtenteils aus den nordischen Ländern. Mit einer kleinen Reisegruppe aus Schweden, die aus 4 Frauen und 2 Männern bestand, verbrachte er die meiste Zeit. Diese hatten die Semesterferien genutzt, um zu entspannen und sich zu erholen.

Die beiden Männer studierten Informatik, 3 der Frauen Pädagogik und die Vierte Recht. Alle besuchten die Universität in Göteborg und waren im dritten Semester. Sie sprachen die Abende über die Bahamas, über das Studieren, über Schweden, über Deutschland, einfach über alles und er kam mit den 6 sehr gut zurecht. Besonders angetan war Erik von Katharina, der Rechtswissenschaftsstudentin. Sie war 22 Jahre alt, blond, etwa 1,70m groß und sprach selbst gut Deutsch. Sie hatte viele Winterferien in Bayern beim Skifahren verbracht und dabei die Sprache sehr gut gelernt. Die anderen 5 konnten nur einige Brocken, also verständigte man sich auf Englisch. Am 21.12. wurde dann abends noch eine kleine Abschiedsfeier gefeiert, Adressen ausgetauscht, da auch die Gruppe am nächsten Tag wieder heimwärts fliegen wollte. Das nächste Treffen sollte dann Silvester in Göteborg stattfinden, da Erik noch nichts geplant hatte. Es war dort eine größere Party geplant, aber er kannte ja schon mal 6 Leute und mit seiner Art würde er dort keine Probleme haben.

Am 22. kam er abends nach einem Zwischenstopp in Paris wieder in Berlin an und wurde dort von seinen Nachbarn abgeholt. Auf der Fahrt zurück nach Renzow erzählte er von seinem Urlaub, den Nationalparks und den Abenden. Als er dann zu Hause war, packte er den Koffer aus und legte sich ins Bett. Es war mittlerweile 23 Uhr, aber er konnte wieder nicht schlafen. Für einige Zeit lag er wach in seinem Bett und dann ging er auf den Balkon. Diesmal aber nicht auf den Richtung Süden, sondern den Gegenüberliegenden. Blickte wieder hinaus, Richtung Wismar oder Schweden. Er wusste es nicht, zumindest nach Norden. Etwas in ihm sagte Schweden und es muss wohl im Urlaub geschehen sein. Hatte er auf den Bahamas das Glück gefunden? Katharina? Katharina.

Schließlich ging er doch wieder ins Bett und schlief ein. Am nächsten Morgen wachte er um 10 Uhr auf, noch müde vom Rückflug. Die 3 Tassen Kaffee halfen ihm etwas wach zu werden, den Rest erledigte die Dusche. Nach dem Frühstück prüfte er die Post und die Mails, sowohl geschäftlich, als auch privat. Danach ging er runter in sein Büro und sah sich noch einmal um. Groß zu tun gab es erst mal nichts mehr, jetzt hieß es auf die Möbel warten und auf den Jahresanfang, wenn wieder die Anfragen der Firmen kamen. Er war sich noch unsicher, ob er wirklich eine Sekretärin brauchte und wollte fürs erste die ersten paar Wochen im neuen Jahr abwarten. Den momentanen Schreibkram konnte er noch selbst erledigen, nur wenn er noch mehr Aufträge bekam, würde es eng werden. Am Nachmittag fuhr er zum Einkaufen, um für die Feiertage gerüstet zu sein und seinen Kühlschrank und die Speisekammer aufzufüllen.

Am 24.12. fuhr er vormittags wieder zum Friedhof nach Pokrent, zum Grab seiner Eltern. Er erzählte ihnen von seinem Urlaub, von Katharina, von seinem Büro. Er wusste, dass sie ihn hörten. Er spürte, dass sie mit allem einverstanden und stolz auf ihn waren. Nachdem es alles aus ihm raus gesprudelt war, blieb er für eine Weile stumm am Grabstein stehen. Als er sich abwendete und gehen wollte, kam der Pastor zu ihm und die beiden redeten einige Minuten miteinander. Der Pastor wusste, dass vor kurzem der Todestag von Eriks Eltern gewesen war, war vormittags auch in der Nähe vom Grab gewesen, aber da Erik erst später da war, hatte er ihn nicht mehr angetroffen. Er erkundigte sich nach Erik und sie sprachen auch über die Firma, wobei auch der Pastor es ansprach, ob Erik nicht den nächsten Schritt gehen wolle und Mitarbeiter einstellen möchte. Immerhin betrug die Arbeitslosenquote hier über 11 % und 1-2 junge Erwachsene, die eine feste Arbeit hätten, würden besonders hier nicht schaden. Der Pastor fand auch, dass Erik als Vorbild einfach sehr gut geeignet wäre und dies auch weitergeben sollte. Erik verabschiedete sich vom Pastor und fuhr heim. Er hatte auch genug, worüber er nachdenken musste. Seine Eltern, die Firma, neue Mitarbeiter, Katharina… Katharina.

Am Abend feierte er alleine Weihnachten. Bei den Nachbarn wollte er nicht feiern und so blieb er in der Wohnung. Zum Essen hatte er sich einen kleinen Gänsebraten gemacht und nach dem Essen und Abwasch ging er wieder ins Wohnzimmer. Den kleinen Tannenbaum hatte er aufgestellt und geschmückt und verbrachte den Abend davor. Aus der Stereoanlage erklangen Weihnachtslieder und er hatte wieder die gleichen Gedanken wie bei der Autofahrt. Er versuchte, an alles zu denken, aber seine Gedanken waren bei Katharina. Die letzten Jahre hatte er immer alleine Weihnachten gefeiert, aber noch nie war er so einsam gewesen wie heute. So viele Gedanken bedrückten ihn und Katharina war weit weg. Ihm war bewusst, dass sie etwas Besonderes war. Daher vermisste er sie so sehr und hoffte, die nächsten Jahre mit ihr Weihnachten verbringen zu können. Um 23 Uhr machte er die Kerzen aus, schaltete die Stereoanlage aus und ging ins Bett. Wieder konnte er nicht einschlafen. Er wälzte sich im Bett hin und her und stand dann doch irgendwann auf und ging auf dem Balkon hinaus.

Dort stand er und blickte nach Norden. Er dachte an das Gespräch mit dem Pastor und viele Fragen bedrängten ihn. Er war noch jung und hatte nie Verantwortung für andere übernommen. Weder in der Schule, während des Studiums oder in der kurzen Zeit, in der er die Firma hatte. Aber er wusste auch, dass er sich ändern musste. Allerdings wusste er auch nicht, wie sich die Firma entwickeln würde. Würde es mit neuen Mitarbeitern besser oder schlechter werden? Momentan reichen die Einnahmen zwar locker für ihn und vielleicht könnte er auch einen Mitarbeiter bezahlen, aber wäre der Aufwand nicht zu groß? Würden mehr Aufträge kommen? Könnte er mit Mitarbeitern umgehen? Würde er überhaupt gute Mitarbeiter finden? Die Räume waren vorhanden, die Möbel werden Anfang des Jahres geliefert. Er würde sich schon mal Profile ansehen. Aber wo? Extra anmelden wollte er sich nicht. Vielleicht beim Arbeitsamt nachfragen? Ja, das wäre eine Möglichkeit. Vielleicht hatten die ja welche, die für die Stelle in Betracht kämen. Aber er war sich immer noch unsicher. Konnte er Angestellte führen? Er hat immer alleine gearbeitet. Vorstellungsgespräche hatte er nie welche gehabt. So viele offene Fragen… Aber mit wem sollte er darüber sprechen? Mit den Nachbarn? Eher nicht. Mit seinen Eltern? Was würden seine Eltern machen? Sein Vater hätte es gemacht. Seine Mutter wohl eher nicht. Ihm wurde wieder bewusst, dass er wirklich jemanden zum Reden und Zuhören brauchte.

Und seine Gedanken gingen weiter. Diesmal zu Katharina. Deutlich sah er ihr Gesicht vor sich und freute sich schon auf Silvester. Fühlte sie das Gleiche wie er? Sie kannten sich doch kaum, aber er war sich sicher, dass es Liebe auf den ersten Blick war. So was hatte er vorher nie gespürt. Und das er eine Frau so vermisste wie Katharina hat er auch noch nie gehabt. Sie haben sich nur 4-5 Abende gesehen und doch war es um ihn geschehen. Katharina…. Katharina.

Er ging wieder in das Wohnzimmer und machte sich Notizen für den nächsten Tag. Ein kurzer Blick zur Uhr: 4 Uhr morgens. Zeit für einen 2. Versuch. Diesmal konnte er sogar schlafen und wurde erst um 10 Uhr wieder wach. Er aß Frühstück und machte sich mit einer Tasse Kaffee nach dem Einschalten des Rechners über seine Notizen her. Als erstes schaute er nach Verbindungen nach Göteborg. Mit der Bahn wäre er 19 bis 20 Stunden unterwegs und so entschied er sich für einen Flug. Am 29.12. wollte er hinfliegen und am 02.01. wieder zurück. Er notierte sich die Daten und schrieb dann eine E-Mail an Katharina. Zuerst wünschte er ihr Frohe Weihnachten und schrieb dann nach einer kleinen Einführung die Daten für seine Flüge und fragte, ob es so passen würde. Die Mail schickte er ab und danach ging es an die nächste Notiz.

Er schaute kurz auf verschiedenen Jobbörsen, ob er dort auch Profile sehen konnte. Dies war leider nirgendwo möglich, also müsste er doch beim Arbeitsamt nachfragen. Mittags fuhr er wieder nach Pokrent zur Kirche und dem Friedhof. Es fand anscheinend ein kleiner Gottesdienst statt und so ging er zuerst zum Grab seiner Eltern. Doch verharrte er eine Zeitlang, stieg dann in sein Auto und fuhr zurück. Eine Mail von Katharina war eingetroffen. Die Zeiten waren ok und so buchte er den Hin- und Rückflug. Katharina erzählte vom Heiligabend bei ihr zu Haus und er schrieb in seiner Antwortmail, wie er früher Weihnachten gefeiert hatte.

Am Nachmittag machte er sich an die Stellenbeschreibung. Als sie fertig war, schrieb er noch welche vom Studium an, mit der Beschreibung im Anhang und der Bitte um Hilfe. Danach fuhr er nach Schwerin, ging spazieren und setzte sich am frühen Abend in ein Restaurant. Nach dem leckeren Essen blieb er eine Weile sitzen, gönnte sich einen doppelten Espresso, bezahlte und fuhr wieder heim. Dort machte er es sich vor dem Tannenbaum bei Weihnachtsmusik bequem und ging zur gleichen Zeit wie gestern ins Bett. Aber es kam, wie es kommen musste. Schlaflosigkeit….

Er ging wieder raus auf den Balkon. Diesmal dachte er nicht an Politik, nicht an seinen Eltern, nicht an seine Firma. Nur an Katharina…. In 4 Tagen würde er sie endlich wiedersehen. Er freute sich riesig darauf, war aber gleichzeitig immer noch unsicher. Die ganze Nacht dachte er an sie, auch noch als er später ins Bett ging. Am Morgen stand er vor 8 Uhr auf und fuhr nach Pokrent. Um einen klaren Kopf zu bekommen, ging Erik zum ersten Mal seit der Bestattung seiner Eltern wieder in die Kirche. Er war zwar noch in der Kirche, evangelisch getauft und konfirmiert, aber die Kirche hat er nie als wichtig in seinem Leben erachtet. Aber jetzt schien es ihm, als ob die Kirche ihm eine Hilfe sein könnte. Er hörte sich die Predigt an, sah einige bekannte Gesichter, die erstaunt waren, ihn hier zu sehen. Nach dem Gottesdienst verließ er die Kirche und fuhr nach Hause zurück.

Mittags ging er zu den Nachbarn, um gemeinsam mit ihnen zu essen. Er sagte ihnen die Daten für seinen Urlaub in Göteborg und sie waren sofort bereit, ihn wieder zum Flughafen zu fahren. Nach dem Essen plauderten sie noch eine Weile, tranken Kaffee und am späten Nachmittag ging er in sein Haus. Er rief kurz seine Mails ab und es waren 2 wegen der Stellenbeschreibung dabei. 2 Studienkollegen hatten sie angepasst und meinten, diese wäre nun in Ordnung. Als Letztes las er die Mail von Katharina. Sie freute sich schon auf Silvester, schrieb noch ein wenig von Göteborg und von ihren Eltern. Auch diese Nacht verbrachte er zur Hälfte wieder auf dem Balkon. Geantwortet hat er Katharina noch nicht, dass wollte er dann morgen machen. Heute schlief er schon um 2 Uhr ein, dafür klingelte der Wecker aber um 8 Uhr. Es war Freitag, zwar hatte er eigentlich frei, aber trotzdem ging er hinunter in sein Büro. Er beantwortete Mails, bearbeitete die Post und erledigte die Aufgaben, die noch offen waren. Er schrieb außerdem noch eine kurze Mail an Katharina, in der er ihr etwas über Deutschland und seine Gegend erzählte. Bis 15 Uhr blieb er im Büro und spazierte danach durch Renzow. Nach Einbruch der Dunkelheit war er wieder zurück und legte sich zur Entspannung in die Badewanne. Der Abend selbst war dann auch erholsam, denn er las nach dem Essen nur in einem Buch. Dafür konnte er, wie so häufig, nicht einschlafen und ging erst um 1 Uhr ins Bett.

Samstagvormittag kaufte er noch etwas ein, besonders Nahrung, die sich auch über die Feiertage halten würde. In Schwerin ging er dann doch in einen Sportladen und suchte sich Laufschuhe und Laufkleidung aus. Den Nachmittag und den Abend verbrachte er dann auch dort, aß in Schwerin und fuhr danach wieder zurück.

Sonntag frühstückte er ausgiebig und obwohl es leicht schneite, schnürte er sich seine neuen Laufschuhe und lief zum ersten Mal seit Jahren wieder. Es fiel ihm sehr schwer und nach 4 km war er erschöpft und froh wieder daheim zu sein. Nach der Dusche erholte er sich und blieb den Tag in der Wohnung. Den Weihnachtsbaum dekorierte er ab und brachte ihn dann in den Schuppen, um ihn im Sommer zu Brennholz zu verarbeiten, während die übrige Weihnachtsdekoration im Keller verstaut wurde. Nach dem Abendessen packte er seinen Koffer und nach dem Sonntagabendfilm ging er wieder raus auf den Balkon und dachte dort an den morgigen Tag. Was würde er bringen? Was würde Silvester bringen? Er spürte etwas Unsicherheit vor dem Flug nach Göteborg. Was, wenn die Sache mit Katharina für sie nur ein Urlaubsflirt gewesen war und er nun nicht willkommen wäre? Sie hatte ihm zwar immer geantwortet, aber vielleicht konnte sie nicht nein sagen. Was würde ihn erwarten? Erst um 3 Uhr ging er ins Bett, immer noch unsicher und zwischendurch hatte er sogar überlegt, nicht zu fliegen. Unruhig schlief er ein.

Am 29.12. stand er um 7 Uhr auf und frühstückte. Seine Sachen hatte er schon gepackt und um 10 Uhr fuhren ihn die Nachbarn nach Berlin zum Flughafen. Der Flieger flog pünktlich los und er kam schnell in Göteborg an. Nach der Landung nahm er sein Gepäck und ging in die Wartehalle. Er schaute sich dort um und dann sah er sie: Katharina….

Dort stand sie. Dick angezogen wie er auch, denn Göteborg war fest in der Hand des Winters. Sie gingen aufeinander zu und umarmten sich. Als sie voneinander abließen, sahen sich die beiden in die Augen und Katharina flüsterte: »Ich habe dich vermisst.« »Ich dich auch«, kam die Erwiderung von Erik. Sie gingen zu ihrem Auto und fuhren zum Haus ihrer Eltern. Dort stellte sie ihn vor und nachdem er seine Sachen ins Gästezimmer gebracht hatte, gab es Hirschragout. Während des Essens unterhielten sie sich viel über Deutschland und etwas über Erik. Auch Katharinas Eltern sprachen etwas Deutsch, auch wenn sie ab und zu übersetzen musste. Nach dem Essen saßen sie noch eine Weile auf der Couch, bis die beiden dann in ihre Zimmer gingen. Erik schlief gleich ein und war am Morgen munter und ausgeschlafen.

Zu viert frühstückten sie, wobei Erik den Haferflockenbrei probierte, der ihm von Katharina empfohlen worden war. Danach fuhren die beiden zu der kleinen Siedlung im Norden, wo sie mit den anderen Studenten feiern wollten. Sie unterhielten sich die ganze Fahrt über und Erik spürte, dass auch Katharina etwas für ihn empfand. Die Zweifel vom Sonntag schwanden mit jedem Kilometer, den sie fuhren. Sie redeten über das Studium, das hinter ihm lag und das sie noch absolvierte. Es lagen noch 5 Semester vor ihr und sein Studium war ja noch nicht so lange her. Nach einigen Stunden kamen sie schließlich an ihrem Ziel an und sie waren die Ersten. Es gab insgesamt 7 Häuser mit jeweils 4 Räumen. In jedem Zimmer stand ein Doppelbett. Die Zimmereinteilung wurde schon vor Weihnachten von den Schweden gemacht und Katharina und Erik haben ein Zimmer zugewiesen bekommen. Katharina erzählte Erik, dass sie auf dem Rückflug von den Bahamas ihren 5 Freunden von ihm vorgeschwärmt hatte.

Sie verstauten ihre Sachen und setzen sich dann nach draußen. In der Mitte war ein großer Platz für ein Lagerfeuer und mehrere Bänke waren aufgestellt. Sie setzten sich auf eine Bank an einem Tisch und redeten weiter. Nach und nach kamen immer mehr Studenten an und bevölkerten die Zimmer. Einige hatten ihre Gitarren mitgebracht, andere genug zu essen und zu trinken. Erik wurde allen vorgestellt, hatte natürlich Probleme sich die Namen zu den Gesichtern einzuprägen, aber alle würde er sich sowieso nicht merken müssen. Es wurde dann mit Bier angestoßen und das Lagerfeuer angezündet. Durch das Feuer wurde es zwar wärmer, trotzdem kuschelten sich Katharina und Erik näher aneinander. Bei den Gitarrenklängen und dem leisen Gesang wurde es Erik richtig warm ums Herz. Der Bahamasurlaub hatte sein Leben wirklich verändert und er war froh Katharina kennengelernt zu haben. Bis spät in die Nacht saßen sie am Feuer und erst als nach Mitternacht dieses langsam ausging, verschwanden sie in den Zimmern.

Am nächsten Tag wachten sie um 10 Uhr auf und es gab draußen Frühstück. Der Schnee wurde wieder stärker, aber dies machte die Landschaft hier nur noch schöner. Die beiden gingen dann für 1-2 Stunden spazieren. Sie standen dann am Fjord und blickten Arm in Arm stumm auf das Wasser hinab. Nach einer Weile, die Erik wie eine Ewigkeit vorkam, drehte sich Katharina zu ihm um und sie sahen sich wieder tief in die Augen. Ja, das war die Liebe seines Lebens.

»Ich liebe dich!« Er war der Erste, der die Worte fand. »Ich dich auch.«