Deutsche Außenpolitik 1871-2015 im Zeichen von Reparationen - Thomas Andres - E-Book

Deutsche Außenpolitik 1871-2015 im Zeichen von Reparationen E-Book

Thomas Andres

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Beschreibung

Die Idee zu diesem Buch entstand, als die Griechen 2015 mit der neuen Regierung unter Alexis Tsipras wieder Reparationsforderungen wegen des 2. Weltkrieges erhoben. Dabei hat sich der Autor die Frage gestellt, ob das Anliegen der Griechen eventuell berechtigt ist. Da man die Reparationen nach dem Zweiten Weltkrieg ohne den Versailler Vertrag 1919 nicht erklären kann und diesen Versailler Vertrag nicht ohne den Frieden von Frankfurt 1871, beginnt das Buch bei der Gründung des Deutschen Reiches. Die Außenpolitik von 1871 bis 2015 zeigt, wie sich die Weimarer Republik 1918 isoliert wiederfand und dementsprechend auch die Außenpolitik ausgerichtet war und wie die Bundesrepublik Deutschland sich im Gegensatz dazu ab 1949 in die Diplomatie des Westens integriert hatte und sich in die Europäische Union und weitere europäische Verträge und Institutionen einband.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Der lange Weg zur Reichsgründung

Der französisch-deutsche Krieg

Der Frieden von Frankfurt

Die Jahre bis zum 1. Weltkrieg

Der 1. Weltkrieg

Friedensvertrag von Brest-Litowsk

Das Ende des 1. Weltkrieges

Friedensvertrag von Versailles

Die Jahre zwischen den Weltkriegen

Der 2. Weltkrieg

Die Potsdamer Konferenz

Die Jahre nach dem 2. Weltkrieg

Nach der Wiedervereinigung

Gezahlte Reparationen nach dem Zweiten Weltkrieg

Sollte Deutschland noch Reparationen zahlen?

Einleitung

Das Thema Kriegsbeute ist so alt wie der Krieg selber. So gut wie jeder Staat oder Stamm, der aus einem Krieg siegreich hervorging, legte dem Besiegten seine Bedingungen auf. Es gab viele Möglichkeiten der Kriegsbeute, sei es Materialien, Gold oder Gebiete, Waffen und in früheren Zeiten natürlich auch Menschen als Sklaven. Während der Antike gab es Raubzüge, die nur auf Kriegsbeute ausgerichtet waren, um Einnahmen und Prestige zu gewinnen. Auch im Mittelalter war dieses Motiv besonders bei den Wikingern verbreitet, die nur auf Reichtum aus waren. Der Mensch als Kriegsbeute hatte weiterhin Bestand, allerdings wurden zumindest in Europa nicht mehr Sklaven gefangen genommen, sondern eher Adlige, für die Lösegeld gefordert werden konnte. Häufig wurde Kriegsbeute nicht nur nach dem Krieg sondern auch währenddessen gemacht, zum Beispiel gab es im dreißigjährigen Krieg Plünderungen, um die Söldner zu ernähren und zu bezahlen. Kriegsbeute ist seit der Haager Landkriegsordnung 1907 verboten und in Deutschland und vielen Ländern strafbar.

Nachdem die Kriege später etwas zivilisierter geführt wurden und Disziplin in den Armeen einkehrte, verschwand der Aspekt der persönlichen Kriegsbeute und es wurden eher Beutestücke geraubt, die zur Ausrüstung des Heeres dienten, wie zum Beispiel Geschütze und andere Waffen. Im 19. Jahrhundert gab es durch die Napoleonischen Kriege noch einen Rückschlag, da die Franzosen wieder vermehrt plünderten, danach wurde aber, besonders bei den preußischen Armeen, so gut wie keine Kriegsbeute mehr während des Krieges geplündert. Eine Ausnahme bildet die Raubkunst im 2. Weltkrieg, als die Deutschen aus den besetzten Gebieten Kunstgegenstände ins Deutsche Reich schafften. Auch die Alliierten trieben indirekt Kriegsbeute ein, als sie am Ende und kurze Zeit nach dem Krieg Patente (eher die westlichen Alliierten) und wiederum Kunstgegenstände (eher die Sowjetunion) aus Deutschland entnahmen.

Statt der Kriegsbeute, die selten beziffert wurde, kam es ab dem 19. Jahrhundert zu Reparationen, die mit Schadensersatzforderungen zu vergleichen sind. Im Gegensatz zur Kriegsbeute sind Reparationen vertraglich niedergelegt und werden meistens in einem Friedensvertrag schriftlich festgehalten. Die Reparationen werden daher nach einem Krieg gezahlt.

Die Idee zu diesem Buch kam mir als die Griechen 2015 mit der neuen Regierung unter Alexis Tsipras wieder Reparationsforderungen wegen des 2. Weltkrieges erhoben haben. Dabei habe ich mir die Frage gestellt, ob das Anliegen der Griechen eventuell berechtigt ist. Da es zu diesem Thema keine aktuellen Bücher gibt, habe ich mich entschieden selbst eins zu schreiben.

Da man die Reparationen nach dem Zweiten Weltkrieg, beziehungsweise eher die nicht gezahlten Reparationen, ohne den Versailler Vertrag 1919 nicht erklären kann und diesen Versailler Vertrag nicht ohne den Frieden von Frankfurt 1871, habe ich mich entschieden bei der Gründung des Deutschen Reiches 1871 anzufangen. Ich habe über die Außenpolitik von 1871 bis 2015 geschrieben, um zu zeigen, wie sich die Weimarer Republik 1918 isoliert wiederfand und dementsprechend auch die Außenpolitik ausgerichtet war und wie die Bundesrepublik Deutschland sich im Gegensatz dazu ab 1949 in die Diplomatie des Westens integriert hatte. Dabei führe ich fast nur außenpolitische Ereignisse auf, da die Innenpolitik in Bezug auf Reparationen nicht interessant war.

Was Deutschland speziell nach dem Zweiten Weltkrieg an Reparationen gezahlt hat und ob Deutschland an Griechenland Entschädigungsleistungen zahlen sollte, führe ich zum Schluss auf.

Als ich das Buch angefangen hatte, war ich mir über die Antwort unsicher, ob Deutschland Reparationen zahlen sollte. Erst spät habe ich dann für mich eine Antwort gefunden. Natürlich bleibt es jedem Leser überlassen, für sich die Frage zu beantworten, ob Deutschland den Griechen noch Reparationen zahlen sollte.

Der lange Weg zur Reichsgründung

Das heutige Deutschland bestand seit Jahrhunderten aus kleineren und mittleren Fürstentümern, lose vereinigt im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, das aber 1806 während der napoleonischen Kriege vom österreichischen Kaiser Franz II. aufgelöst wurde. Im 17. Jahrhundert reformierte sich Preußen unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm und wuchs in den nächsten Jahrhunderten zur zweiten bestimmenden Macht im deutschsprachigen Gebiet heran. Im 19. Jahrhundert begann sich in Deutschland die Idee einer deutschen Nation auszubreiten, es kam zu Vereinsgründungen und Festen wie z.B. auf der Wartburg. Das Deutschland-Lied stammt zwar auch aus dieser Zeit, war zu dem Zeitpunkt aber wenig verbreitet und kam erst im 20. Jahrhundert zur größeren Bedeutung.

Die Bevölkerung beschäftige sich früh für mit der deutschen Frage und bildete in Frankfurt eine Nationalversammlung, die eine Verfassung ausarbeitete. Dem König von Preußen Friedrich Wilhelm IV. wurde die Kaiserkrone 1849 angeboten, dieser lehnte aber ab. Der nächste Rückschlag folgte 1850. 1848 erhoben sich die Schleswig-Holsteiner gegen Dänemark und kämpften für die Einheit ihrer beiden Herzogtümer. Nachdem der Deutsche Bund mit Dänemark Frieden schloss, waren die Schleswig-Holsteiner auf sich allein gestellt. Am 24. und 25. Juli 1850 kam es zur Schlacht bei Idstedt, die die Dänen für sich entscheiden konnten. Danach war der Krieg verloren, Schleswig blieb bei Dänemark und auch Holstein und Lauenburg kamen wieder unter die Herrschaft von Dänemark.

In Frankreich kam es im Jahr 1851 zum Staatsstreich von Charles-Luis-Napoleon Bonaparte, der sich 1852 als Napoleon III. zum Kaiser der Franzosen krönen lässt. Zwischen 1853 und 1856 kämpfen im Krimkrieg das Osmanische Reich, Frankreich und Großbritannien gegen Russland. Durch den Krieg wurde das Osmanische Reich weiter am Leben gehalten, Russland zu Reformen gezwungen und Österreich geschwächt, da es versucht hatte, sich neutral zu verhalten und damit alle Seiten enttäuscht hatte. Im Jahr 1859 kommt es zum sardinischen Krieg zwischen Sardinien und Frankreich gegen Österreich, der am 10. November mit dem Frieden von Zürich beendet wurde. Österreich verlor die meisten Schlachten und daher auch den Krieg. Sie verloren die Lombardei und später auch die Herzogtümer Modena, Parma und Toskana. Die Einigung Italiens wurde durch diesen Krieg weiter vorangetrieben.

1860 zog Garibaldi dann gegen Neapel, konnte Sizilien erobern und schließlich am Volturno die entscheidende Schlacht gewinnen. Parallel besiegte Sardinien den Kirchenstaat und 1861 wurde Viktor Emanuell II. von Sardinien König von Italien. Auch im Osten Europas entstand aus den beiden Donaufürstentümern Moldau und Walachei mit dem Fürstentum Rumänien ein neuer Staat.

In Deutschland übernahm 1859 der Kronprinz Wilhelm I. die Regentschaft von seinem Bruder Friedrich Wilhelm IV. da dieser nicht mehr regierungsfähig war. Der neue König war bereit mit Preußen der Vorkämpfer für die nationale Sache der Deutschen zu werden. Die ersten Jahre regierte er teilweise unglücklich, direkt im ersten Jahr verweigerte er Österreich die Hilfe des Deutschen Bundes beim sardinischen Krieg, konnte daher aber beim Friedensvertrag nicht mitwirken. Die Heeresreform seines Kriegsministers Albrecht von Roon konnte er auch nicht durchsetzen.

Daher übernahm Bismarck 1862 das Amt des Ministerpräsidenten und regierte fürs erste nur mit dem Vertrauen des Königs, ohne Rückhalt im Parlament. Die Bestrebungen, das Land zu einen, führte er, nicht unbedingt von Anfang an gewollt, weiter.

Als Dänemark 1864 einen Vertragsbruch beging und Schleswig mehr in den Gesamtstaat einbinden wollte, nutzte er die Gelegenheit aus, zog Österreich auf seine Seite und begann den Krieg. Die österreichischen Truppen konnten sich in den Kämpfen auszeichnen, während die preußische Armee unter Generalfeldmarschall von Wrangel ihre Ziele nicht immer erfüllen konnten. Unter anderem gelang es nicht bei Missunde die Schlei zu überqueren sondern erst einige Tage später bei Arnis. Nachdem von Wrangel abgelöst worden war, befahl Bismarck die Stürmung der Düppeler Schanzen. Diese Verteidigungsanlage schützte die Insel Alsen mit der Stadt Sønderborg. Nachdem die Düppeler Schanzen gestürmt waren, war der Weg nach Jütland offen und auch Alsen selbst wurde erobert.

Düppeler Schanzen

Im Frieden von Wien 1864, der den deutsch-dänischen Krieg beendete, wurde die Gebietsabtretung für Schleswig-Holstein festgelegt, ansonsten aber nur geringe Reparationszahlungen gefordert. Darunter fielen zum Beispiel Pensionseinzahlungen, Kosten für Gefängnisse und während des Krieges in Beschlag genommene Handelsschiffe und ihre Waren. Insgesamt waren es keine Bedingungen, die sehr schmerzhaft waren und nach Rache schrien, da die Herzogtümer Schleswig und Holstein auch vorher nicht direkt zu Dänemark gehört hatten. Dies war auch der letzte große Krieg, an dem Dänemark teilnahm.

Zu dem Zeitpunkt war noch nicht klar, ob es eine große deutsche Lösung mit Österreich geben würde oder ob Österreich trotz der deutschen Sprache bei einem vereinten deutschen Staat aussen vor bleiben müsste. Allerdings sorgte die Situation in Schleswig-Holstein selbst für Unfrieden zwischen den beiden großen deutschen Mächten und auch der Vertrag von Bad Gastein vom 14. August 1865 konnte diesen nicht auflösen. Österreich wollte eine zweite deutsche Großmacht nicht akzeptieren, Preußen aber eine Führungsrolle im deutschsprachigen Gebiet übernehmen. Es begann die Suche nach Verbündeten und beide Staaten sicherten sich mit einigen Zugeständnissen die Neutralität von Frankreich. Auch Russland blieb neutral und Preußen konnte sogar Italien für ein geheimes Bündnis gewinnen.

1866 war eine Entscheidung gefallen, nachdem Preußen immer weiter provoziert hatte, und schließlich führte eine weitere Provokation in Schleswig-Holstein von Seiten der Preußen zum Krieg. Österreich beantragte die Mobilmachung des Bundes und wenig später erklärte Italien Österreich den Krieg, war aber nur mäßig erfolgreich und auch in Deutschland begann der Krieg zwischen den beiden deutschen Großmächten. Einige kleinere deutsche Staaten standen auf Seiten der Österreicher, aber deren Armeen wurden rasch von Preußen besiegt. Auch durch den gut organisierten Nachschub war Preußen in der Schlacht von Königgrätz am 3. Juli 1866 überlegen. Fast 1 Million Soldaten kämpften in dieser Schlacht und Österreich schien die Oberhand zu gewinnen. Als dann allerdings die 2. Preußische Armee unter dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen eintraf und die Österreicher in die Zange nahm, wendete sich das Blatt und unter Verlusten mussten sich die Österreicher zurückziehen. Keine 3 Wochen später kapitulierte Österreich.

Um Österreich nicht in die Arme von Frankreich zu treiben, verzichtete Preußen auf die Fortführung des Krieges und zu harte Friedensbedingungen. Es annektierte die Fürstentümer Schleswig-Holstein, Hannover, Nassau, Hessen-Kassel und die Freie Stadt Frankfurt. Zusätzlich trat Sachsen dem norddeutschen Bund bei. Dieser Bund wurde von Preußen neugegründet, nachdem Österreich der Auflösung des Deutschen Bundes zustimmen musste. Österreich verlor Venetien an Italien, da es dieses schon während des Krieges an Frankreich abgegeben hatte. Ansonsten blieb das Gebiet Österreichs unberührt und so konnten sich die beiden Staaten schnell wieder auf diplomatische Weise annähern.

Die österreichische Vorherrschaft in Deutschland war damit allerdings vorbei und Preußen übernahm die Vormachtstellung. Der Norddeutsche Bund war nur noch ein verlängerter Arm und Preußen bestimmte die Außenpolitik. Österreich orientierte sich daher in Richtung Ungarn, schuf den österreichisch-ungarischen Ausgleichs und gründete Österreich-Ungarn, umgangssprachlich auch k.u.k.-Monarchie genannt.

Nachdem Preußen die Vorherrschaft in Deutschland übernommen hatte, nahmen die Spannungen mit Frankreich zu. Napoleon III. hatte gehofft, nach dem Deutschen Krieg an den Friedensgesprächen teilnehmen zu können, um Vorteile für Frankreich herauszuschlagen. Dies vereitelten Preußen und Österreich, da sie selbstständig und früh Frieden schlossen. Auch die Hoffnung, dass die kleinen deutschen Länder von Frankreich abhängig werden würden, erfüllte sich nicht.

Im Jahr 1867 kam zusätzlich noch die Luxemburg-Krise dazu. Napoleon III. wollte sein Land unbedingt vergrößern, besonders nachdem Preußen an der Ostgrenze so mächtig geworden war. Luxemburg gehörte dem König der Niederlande, der aber für den Preis von 5 Millionen Florins bereit war, das Land zu verkaufen. Als nach und nach mehrere Geheimverträge an die Öffentlichkeit kamen, empfahl Bismarck dem König der Niederlande dann doch Luxemburg nicht zu verkaufen. Am 11. Mai 1867 kam es zum Londoner Vertrag und die Großmächte einigten sich darauf, dass Luxemburg neutral und unter der Herrschaft der Niederlande bleibt. Die preußische Garnison musste sich zurückziehen und Luxemburg zerstörte daraufhin die Festung. Die Spannungen zwischen Preußen und Frankreich verschärften sich weiter, da Frankreich sich von Preußen betrogen fühlte.

1870 entzündete sich der Funken, der zum Krieg führte, an der offenen spanischen Thronfolge. 1868 wurde die spanische Königin Isabella II. vom Militär abgesetzt und es begann die Suche nach einem Nachfolger. Napoleon III. lehnte die ersten 3 Kandidaten ab, da er gerne den Sohn von Isabella, Alfonso, auf dem Thron gesehen hätte. Als vierter Kandidat kam dann Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen in Frage. Er war im Gegensatz zu Wilhelm I. katholisch und auch mit Napoleon III. verwandt. Zuerst wollte er ablehnen, aber Bismarck überredete sowohl ihn die Kandidatur anzunehmen als auch König Wilhelm I. seine Zustimmung zu geben.

Nachdem diese Kandidatur in Frankreich bekannt wurde, fürchtete Napoleon III. eine Umklammerung durch die Preußen. Dies war insofern unrealistisch, da Prinz Leopold und König Wilhelm I. zwar beide Hohenzollern waren, aber ihre Linien nicht so eng verwandt, wie Leopold mit Napoleon III. verwandt war und Leopold nur einer Linie der Hohenzollern entstammt, die im Gegensatz zur protestantischen Hauptlinie von König Wilhelm I. katholisch war. Napoleon III. wollte diese Gelegenheit nutzen, um Stärke zu zeigen. Bismarck wollte es nutzen, um Preußen weiter zu stärken. Napoleon III. hatte wohl nichts gegen Prinz Leopold selbst, da er diesen vorher als König von Griechenland in Betracht gezogen hatte.

Der französische Außenminister Herzog von Gramont, der sehr antipreußisch eingestellt war, nutzte auch diese Krise um Stärke zu zeigen. Von Beginn an schloss er die Bevölkerung mit ein und nutzte von Anfang schärfere Formen der Diplomatie, als nötig gewesen wären. In einer Erklärung drohte er Preußen regelrecht mit einem Ultimatum, dass zumindest etwas Wirkung zeigte, denn Prinz Leopold zog seine Kandidatur zurück. Allerdings war durch die Aktionen von Gramont in der französischen Öffentlichkeit eine Erwartungshaltung aufgebaut worden, dass König Wilhelm I. und Preußen als Entschuldigung Zugeständnisse machen müssen.

König Wilhelm I. befand sich zu dem Zeitpunkt in Bad Ems auf Kur und der französische Botschafter Vincent Graf Benedetti übermittelte persönlich die Forderung, dass König Wilhelm I. auch in Zukunft darauf verzichten sollte, dass ein Hohenzoller für den Thron in Spanien kandidiere. Wilhelm lehnte dies ab, da er dies nicht für alle Zukunft garantieren könne und wolle. Graf Benedetti ersuchte dann erneut um Audienz, die Wilhelm ablehnte, da er keine neuen weiteren Nachrichten aus Berlin erhalten hatte.

Treffen in Bad Ems

Bismarck erhielt von diesen Unterredungen telegrafisch Kenntnis und bearbeitete die Nachricht seines Mitarbeiters. Durch diese Kürzung klang die Erklärung so, dass Graf Benedetti unhöflich vorgegangen war, der König ihn nicht mehr sehen wollte und nur ein Adjutant ihn empfangen hat. Diese Erklärung von Bismarck wurde als Emser Depesche am 13. Juli in der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung veröffentlicht und somit erhielt sowohl die deutsche als auch die französische Öffentlichkeit Kenntnis darüber. Es gab einen Aufschrei in der französischen Bevölkerung und Napoleon III. musste am 19. Juli unter Druck der Öffentlichkeit Preußen den Krieg erklären. Durch die ungeschickte Diplomatie der französischen Regierung gab es für sie keinen Ausweg außer dem Krieg. Allerdings gingen sie auch sehr optimistisch in diesen Krieg, da sie der Überzeugung waren, ihn zu gewinnen.

Bismarck selbst handelte eher zurückhaltend und nutzte die Gunst der Stunde. Hätte Gramont nicht darauf bestanden das König Wilhelm I. die Zugeständnisse macht, wäre es wohl nicht zum Krieg gekommen. Bismarck hatte sich eigentlich schon mit dem Rückzug von Prinz Leopold abgefunden. Die Steilvorlage der Franzosen wusste er dann aber zu nutzen und in Deutschland breitete sich durch den Angriff der Franzosen deutscher Patriotismus aus. Selbst die süddeutschen Staaten standen fest an preußischer Seite.

Da Frankreich der Angreifer war und Preußen nach dem Deutschen Krieg mit den süddeutschen Staaten Schutzbündnisse abgeschlossen hatte, traten diese auf Seiten der Preußen in den Krieg ein, was Frankreich auch nicht erwartet hatte. Die anderen Staaten hielten sich zurück, da der Kriegsanlass augenscheinlich sehr nichtig war und sich Frankreich selbst in die Bredouille gebracht hatte. Österreich war noch mit Reformen beschäftigt und von Russland etwas in Schach gehalten. Diese wären sonst der richtige Verbündete für Frankreich gewesen und darauf hat Napoleon III. eigentlich auch gehofft. Ein Zwei-Fronten-Krieg hätte Preußen vor einige Probleme gestellt und ob dann die süddeutschen Staaten, die ja eigentlich auch den Österreichern noch verbunden waren, mitgezogen hätten, wäre auch fraglich gewesen. So aber war Frankreich auf sich alleine gestellt und zog ab dem 19. Juli in den Krieg.

Der französisch-deutsche Krieg

Noch vor der französischen Kriegserklärung am 19. Juli mobilisierte Preußen schon seine Truppen und daher stand frühzeitig bei Trier, Speyer und Mainz jeweils eine deutsche Armee. Durch das sehr gut ausgebaute Schienennetz war es General Helmuth von Moltke möglich seine Soldaten schnell zu bewegen. Die Franzosen taten sich etwas schwerer und so waren bei Kriegsbeginn die deutschen Armeen im Grenzgebiet an Mannschaftsstärke den Franzosen überlegen.

Am 2. August begann der Angriff der französischen Armeen. Diese konnten allerdings nur Saarbrücken einnehmen, das von den Preußen aber auch nicht wirklich verteidigt wurde und wenig später von den Franzosen auch wieder verlassen wurde. Einen Tag später waren die 3 deutschen Armeen an der Grenze und marschierten nach Frankreich ein.

Wiederrum einen Tag später kam es zur Schlacht bei Weißenburg, bei der die 3. Armee unter dem Kronprinzen gegen die „Elsass-Armee“ von Marschall Mac Mahon kämpfte. Um 8 Uhr morgens begann der Angriff der Deutschen und um 14 Uhr war die Schlacht vorbei. Die Franzosen unter ihrem General Douay, der beim Kampf um den Geisberg fiel, wurden von den Deutschen überrascht und auch die tapfer kämpfenden Algerier konnten die Deutschen nicht aufhalten. Die 3. Armee zog nach Südwesten weiter und traf am 6. August bei Wörth wieder auf die Franzosen. Auch diese Schlacht konnten sie gewinnen und wieder hielten nur die Algerier die Deutschen etwas auf. Die Verluste waren auf beiden Seiten deutlich höher, die Franzosen verloren neben 20000 Soldaten auch vieles an Ausrüstung und Geschützen. Mac Mahon musste das Elsass und das Rheintal räumen und die Deutschen rückten nach.

Auch weiter im Westen bei Spichern kam es zu einer Schlacht, die auch die Deutschen gewannen. Etwas eigenmächtig wurde der Kampf von General Kameke begonnen, aber nachdem weitere Divisionen eingetroffen waren und die Franzosen zu umzingeln drohten, zogen sich diese zurück.

Die französische Rheinarmee unter Marschall Bazaine wurde bei Mars-la-Tour und Gravelotte besiegt und musste sich nach Metz zurückziehen. Die Belagerung der Stadt dauerte bis zum 27. Oktober und als dann die Versorgung ausblieb, musste Bazaine kapitulieren. Die komplette Armee mit circa 150000 Soldaten kam in Gefangenschaft. Die beiden preußischen Armeen waren somit für weitere Kämpfe, wie z.B. der Belagerung von Paris wieder frei. In einigen französischen Städten begannen Volkserhebungen.

Die Niederlagenserie der französischen Armeen ging weiter und nach 2 kleineren Gefechten wurde die zweite große Armee unter Mac Mahon bei Sedan am 1. September gestellt und geschlagen. Die Armee flüchtete sich in die Festung und kapitulierte dort am 2. September. Fast 90000 Soldaten gingen in Kriegsgefangenschaft. Unter den Gefangenen war auch Kaiser Napoleon III. der sich dort ohne Wissen der Deutschen aufgehalten hatte.

Schlacht von Sedan Übergabe des Kaisers

Somit war auch die zweite große Armee besiegt und Preußen auf dem Weg zum Sieg. In Paris kam es allerdings zur Absetzung des Kaisers und die Republik wurde ausgerufen. Die neue Regierung war an Frieden und Waffenstillstand nicht interessiert, da es keine Gebietsverluste hinnehmen wollte, um nicht vorbelastet zu starten. Die Preußen hatten dort schon die Annektierung vom Elsass und von Lothingen zur Bedingung gemacht. Es gab in Frankreich auch noch genügend Männer und Waffen und so wurde der Krieg fortgeführt.

Keine 3 Wochen später wurde Paris allerdings von den Preußen belagert. Es gab zwar genügend waffenfähige Männer, allerdings wurden die Ausfälle der Franzosen aus Paris immer wieder zurückgeschlagen. Nach der Kapitulation von Metz waren wieder deutsche Truppen frei, um die neuaufgestellten französischen Einheiten zu schlagen. Orleans wurde im Oktober von bayerischen Truppen besetzt, die sich allerdings im November zurückziehen musste. Am 3. und 4. Dezember fand eine weitere Schlacht um Orleans statt, die wieder die Deutschen gewonnen und diesmal wurde die Stadt endgültig besetzt. Zwar waren die Franzosen zahlenmäßig überlegen, aber meistens nur kurz ausgebildet und zu unerfahren, so dass es häufig zu Fluchten und panischen Rückzügen kam. Die französische Armee wurde in 2 Teile gesplittet, wovon der eine Teil nach der Schlacht an der Lisaine schliesslich in der Schweiz interniert wurde und der zweite nach und nach von den Deutschen besiegt wurde. Damit war für die Deutschen eine Gefahr aus dem Süden als Entsatz für Paris gebannt.

Die Kämpfe zwischen den frisch ausgehobenen französischen Truppen, die teilweise hinter der deutschen Front kämpften, und den Deutschen wurden teilweise sehr hart geführt, was zu Verbitterung auf beiden Seiten führte. Die Freischärler konnten bei den Schlachten aber meistens geschlagen werden. Bei diesen Kämpfen um Paris sorgte dies teilweise für Bestürzung, da es häufig auch einfache Bürger aus Paris waren, die bei diesen Kämpfen fielen. Auf deutscher Seite fielen während des Krieges fast 50.000 Soldaten, während es bei den Franzosen fast 140.000 waren. 370.000 französische Soldaten gerieten außerdem in deutsche Gefangenschaft.

Anfang Januar kam es zur Schlacht bei Le Mans, die auch von den Deutschen gewonnen wurde. Der Rückzug von Teilen der französischen Armee artete wieder in Fluchten aus und besonders die frisch rekrutierten Soldaten desertierten. Viele wurden auch gefangen genommen und somit war auch diese Armee keine Gefahr mehr für die Deutschen. Weder die Belagerung von Paris noch von der Festung Belfort, die seit November belagert wurde, konnten von den Franzosen beendet werden.