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Second Chance E-Book

Emma Smith

4,6

Beschreibung

Elly hat in ihrem Leben schon so einiges erlebt. Gezeichnet durch schwere Schicksalsschläge meidet sie seit Jahren jedes Gefühl. Hass, Wut oder Liebe hat sie schon lang nicht mehr gespürt. Doch als der attraktive Devon neben ihr einzieht, ändert sich alles. Ellys Gefühle drängen immer mehr an die Oberfläche. Devon ist alles, was sie nicht will, und doch kann sie ihn nicht einfach ignorieren. Langsam aber sicher fühlt sie sich zu diesem arroganten und fiesen Unterground-Boxer hingezogen. Wäre da nicht seine Freundin, die ständige Geheimniskrämerei und vor allem die Frage: Kann man sein Herz verschenken, obwohl es eigentlich schon immer jemand anderem gehört hat?

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Second Chance

eBook Ausgabe 10/2016

Copyright ©2016 by Eisermann Verlag, Bremen

Umschlaggestaltung: Sabrina Dahlenburg

Satz: André Ferreira

Lektorat: Myriam Blümel

http://www.Eisermann-Verlag.de

ISBN: 978-3-946172-88-8

Emma Smith

Second Chance

Die Erste Liebe vergisst du nicht, die Zweite lässt du nie wieder gehen.

Prolog

2011:

Ich hatte eine Zukunft. Sie stand seit Monaten fest, und ich fühlte mich damit mehr als wohl. Ich war angekommen.

Ich strich mir über meine heranwachsende Kugel. Ich war bereits im 5. Monat. Man sah es mir mittlerweile nicht nur an, ich fühlte auch selbst, dass sich mein Körper veränderte.

Mein Gynäkologe hatte mir letzte Woche noch gesagt, dass ich jetzt in meiner besten Zeit wäre. Keine Übelkeit mehr, der Nestbautrieb fing so langsam an und die ersten Bewegungen in meinem Bauch konnte ich nun auch spüren.

Und jetzt stand ich hier. Im Krankenhaus, dass ich erst wieder betreten wollte, wenn die Wehen einsetzen sollten. Das war der Plan.

Das war der Plan den ich und Sam gemacht hatten. Dennoch kam alles anders.

»Was wollen Sie uns damit sagen, Doktor?«

Meine zukünftige Schwiegermutter sah den Arzt entsetzt an. Ich hatte seinen Namen schon wieder vergessen. Irgendwie war alles nur noch Schemenhaft, seitdem das Krankenhaus mich angerufen hatte. Selbst wie ich hier her gekommen war, konnte ich nicht mal mehr genau sagen.

»Es tut mir leid...«

Mein Blut pulsierte wie verrückt in meinem Körper, als die Stimme des Arztes auf einmal brüchig wurde. Dass mein Körper gerade so intensiv reagierte, war nicht gut. Das wusste ich. Das konnte nicht gesund sein. Und wenn das nicht gesund für mich war, dann war das auch nicht gesund für meinen Bauch.

Ich hörte ein Schluchzen, ein leises Wimmern. Wer weinte da? Ich konnte es nicht genau sagen, denn jetzt verschwamm auch alles vor meinen Augen. Ich wusste, was der Arzt gerade gesagt hatte. Ich hatte seinen Gesichtsausdruck bereits deuten können, als er uns entgegen kam. Und dieses leise Wimmern war einfach eine Reaktion darauf, was dieser Mann uns gerade erklärt hatte.

»Elly?«

Das war mein Name. Und ich glaube die Stimme meines zukünftigen Schwiegervaters hatte ihn gerade geschockt gesagt. Aber warum?

»Oh Gott, da ist so viel Blut.«

Blut? Was für Blut?

Dann spürte ich einen festen und harten Schmerz. Das war dieser eine Schmerz, wenn ein Körper auf den Boden fiel. Ja, das musste es sein. Und dann war alles nur noch Dunkel

Kapitel 1

Liebes Tagebuch, 10. September ´15

heute kam ein halber Kindergarten in den Laden. Als Selbständige sollte ich mich ja echt freuen: Hey, mehr Umsatz für heute. Trotzdem wäre ich am liebsten raus gerannt und hätte mich zwei Blocks weiter auf die Bank gesetzt, und so lange gewartet, bis sie wieder weg gewesen wären. Erwachsen, was?!

Sie waren alle in demselben Alter. Auch wenn du es vielleicht nicht mehr hören kannst, aber Sie wäre jetzt schon 4 Jahre alt. Sie wäre jetzt auch im Kindergarten.

Ich möchte vielleicht auch einfach nur an den Schmerz erinnert werden, der mich zu dem gemacht hat, wer ich jetzt bin. Meine Schwester sagt immer: »Du musst endlich leben. Vergiss die Vergangenheit.«

Aber Leben wir nicht durch die Vergangenheit? Alles, was wir erleben, erlernen, durchleben, macht uns doch aus? Oder nicht?

Und ich habe gelernt, bei Gott, das habe ich.

So, ich muss noch eine Runde Brownies backen. Wir lesen uns.

Deine Elly

»Oh Gott, Jaaaa.«

»Du bist der Wahnsinn, Elly!«, stöhnte er und brachte es endlich zu Ende.

Seufzend lag er auf mir und ich war froh, diese Leere für eine kurze Zeit gefüllt zu haben. Wenige Momente später legte er sich neben mich und lächelte mich an. Ich erwiderte das Lächeln, meines war nur nicht ernst gemeint. Ihm rann der Schweiß noch von der Stirn.

»Du bist wirklich schön, weißt du das?«Okay, das reicht.

»Ich muss morgen wirklich früh raus«, antwortete ich ihm auf sein Kompliment hin. Ich wusste, was das werden sollte, und ich wollte es beenden, bevor es begann.

Er sah mich erschrocken an. Jepp, mein Freund. Ich hab es gesagt. Und ich meine auch, was ich sage.

»Oh, okay.«

Gut, er war also keiner von denen, die eine Szene machten. War doch einfacher als ich dachte. Während er aufstand und nach seiner Hose griff, zog ich mir meine Decke enger um den Körper.

Als er wieder vollständig angezogen war, sah er wieder zu mir rüber.

»Kann ich dich anrufen?«Oh Gott, also doch einer von denen.

»Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.«

Unsere Blicke trafen sich. Er hatte mit meiner ehrlichen Antwort nicht gerechnet, dass sah man ihm an. Aber ich stand zu dem, was ich sagte. Das tat ich schon immer. Damit hatte noch nie ein Mann umgehen können, aber das war nicht mein Problem.

»Oh okay.«

Er wiederholte sich. Und er kann es auch nicht.

Er war wirklich hübsch, sein wirres Haar, dass ihm über die Stirn fiel, die kleinen Bartstoppeln, die kuschelweich an meiner Wange kitzelten.

»Dann danke und tschüss,«beendete ich meine Träumerei.

»Danke...«, er klang unsicher. »Dir auch. Bye.«

Dann legte ich mich wieder hin. Zwei Atemzüge später war er aus meinem Schlafzimmer verschwunden und nur noch das Geräusch der Tür, die ins Schloss fiel, konnte ich hören.

Ich war wieder allein.

------

»Zwei Zimtschnecken und einen Muffin bitte.«

Ich nahm die Bestellung meiner Stammkundin entgegen und packte ihr das gewünschte in eine Tüte.

»Macht 6 Dollar 50.«

Die Türglocke ertönte.

»Guten Morgeeen«, rief meine Schwester in die Konditorei und verdrückte sich sofort nach hinten. Ich nahm das Geld entgegen, erhielt es passend und lächelte der Kundin freundlich zu.

»Wiedersehen«, verabschiedete ich sie.

»Du glaubst es nicht«, kam es von meiner kleinen Schwester, als wir wieder allein im Laden waren. Sie band ihre blonden langen Haare zu einem Zopf. Ihre Schürze hatte sie schon angelegt.

»Was denn?«

Ihre braune Augen funkelten wie verrückt. Oho. Das ist nie gut.

»Hier.«

Sie hielt mir ihre Hand hin. Ich musste zweimal blinzeln. Ein kleiner aber wunderschöner Ring starrte mich an. Oder ich starrte ihn an?!

»John hat mich endlich gefragt.«

Ich war sprachlos.

»Andie, das ist...«

Was soll ich sagen? Ich will mich freuen. Wirklich. Ich will sie umarmen.Wirklich. Ich wollte ihr zeigen, dass ihre große Schwester sich für sie aufrichtig freute und den ganzen Kram halt. Aber so etwas konnte ich einfach nicht. Egoistisch und bekloppt war das!

»Tut mir leid. Ich dachte, ich könnte es dir sagen.«

Ihre Stimme klang wie die pure Enttäuschung. Mist.

Sie senkte enttäuscht den Kopf.

»Ach, Sorry.«

Ich umarmte sie, um ihr damit zu zeigen, dass es natürlich eine schöne Sache war. Wenn ich es schon nicht sagen konnte, dann zeigte ich es eben.

»Alles klar?«

Sie ließ mich los und sah mich mit ihren großen braunen Augen an.

Andie und ich sahen uns ähnlich. Zumindest sagten das die meisten immer wieder. Wir waren beide blond, hatten eine große Klappe und waren fast gleich groß. Der Unterschied zwischen uns bestand darin, dass sie noch schlanker und sportlicher war als ich. Außerdem hatte sie diese tollen, großen, rehbraunen Augen, wobei ich eher mit trüben grünen Augen beschenkt war. Auf jeden Fall hatte sie die tollen Gene unserer Mom geerbt. Hatte ich schon erwähnt, dass sie auch mit perfekten Brüsten gesegnet war?

»Frag mich ja nie wieder, ob alles klar ist, wenn du endlich heiratest. Es sollte nur um dich gehen.«

Während ich das aussprach, was ich auch wirklich meinte, sortierte ich die Plunderteile in der Verkaufstheke.

»Sicher?«

Ich bemerkte Andies Blick. Das war ihr, ‘Ich starre bis du endlich die Wahrheit sagst’-Blick. Der funktionierte meistens, bei mir hatte er allerdings kaum noch Wirkung. Nennt es Immunität.

»Es wird doch auch langsam Zeit. Wie lange seid ihr jetzt zusammen?«

Gedankenverloren starrte ich vor mich her.

»Drei Jahre«, antwortete Andie mir grinsend.

Da war sie also wieder. Meine glückliche, kleine Schwester!

»Dann erzähl mal, wie hat er dir den Antrag gemacht?«

Ich wollte es wirklich wissen. Die Schwester der zukünftigen Braut sollte so etwas doch wissen wollen.

»Guten Morgen.«

Jimmy, meine zweite Aushilfskraft kam herein. Er war noch Student und verdiente sich nebenbei etwas dazu. Jimmy war wirklich eine Bereicherung für mich. Wenn Andie und er den Laden hüteten, konnte ich auch mal andere Dinge erledigen. Meine kleine Schwester war nämlich seit ihrem Collegeabschluss der Meinung, sie müsste sich nur mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten. Eine Endlosdiskussion hatte es darüber schon viel zu oft gegeben.

»Morgen«, begrüßten wir ihn beide.

»Nicht so laut bitte.«

Er verschwand nach hinten und kam einige Sekunden später wieder zurück, aber nicht ohne gegen das Licht anzukämpfen.

»Da hatte aber jemand eine kurze Nacht«, trällerte Andie grinsend.

»Hör bloß auf. Und nicht so laut bitte.«

Er rieb sich die Stirn.

Jimmy war größer als wir, fast einen Kopf. Er war süß und obwohl er nur einige Jahre jünger war als ich, sah er eher wie ein Schüler auf der Highschool aus, als ein echter Collegestudent.

»Die Nacht war kurz, der Morgen kam zu früh, und dann such ich erst mal eine halbe Stunde lang einen Parkplatz, weil vor deinem Haus irgend so ein Penner seinen Umzugswagen hingestellt hat.«

»Bei dir zieht jemand ein?«, fragte meine Schwester mich.

Ich zuckte mit den Schultern.

»Keine Ahnung. Heute Morgen stand noch keiner.«

»Das liegt daran, dass du auch zu einer unmenschlichen Zeit in den Laden gehst«, konterte Jimmy, und schüttete sich eine extra große Portion Kaffee ein.

»Ohh...neue Nachbarn, wie aufregend«, klatschte Andie vor Freude in die Hände.

Wer wohnt eigentlich in dem Haus? Ich oder Sie?

»Wooow.«

Jetzt hatte auch Jimmy Andies neues Schmuckstück entdeckt.

»Dann kann man wohl gratulieren?«

Andie wurde sichtlich rot, nickte dann aber grinsend.

»Toll, das freut mich für dich und John.«

Er drückte sie kurz und lächelte dann aufrichtig.

-----

»Mitten auf der Tanzfläche?«, fragte ich sie nochmal, als sie mir die komplette Geschichte erzählt hatte.

John war überhaupt nicht der impulsive Typ. Es überraschte mich wirklich, zu hören, dass er meine Schwester vor all den Leuten gefragt hatte.

»Ich war genauso überrascht wie du jetzt.«

Wir gingen die Stufen zu meinem Apartment hoch, bepackt mit reichlich Tüten. Andie aß jeden Montag bei mir, dass hatten wir schon immer so gemacht. Auslöser war der Tod unserer Eltern vor 9 Jahren.

Damals war Andie noch auf der Highschool, ich kurz vor meinem Abschluss. Wir hatten keine engen Verwandten mehr, und da ich damals schon Volljährig war, bekam ich die Fürsorge. Ich musste zwar lange darum kämpfen, aber es hatte sich gelohnt.

Als sie aufs College ging und ich auf die Konditorschule, machten wir aus, jede Woche einmal zusammen Abend zu essen. Damit wir uns nicht auseinander lebten und immer wussten, was der andere so trieb. Das schöne daran war, dass trotz der Smartphone-Generation und den sozialen Netzwerken, das gute Verhältnis zwischen uns bestehen blieb. Gut, vielleicht lag es auch daran, dass sie mit John nur wenige Blocks entfernt von mir wohnte, und immer wieder im Laden aushalf.

Ich schaute noch nach der Post, während Andie bereits hoch zum Apartment ging.

»Hey Elly, ich glaube du bekommst einen neuen Nachbarn«, rief sie quer durch den Flur.

Ich nahm meine Post mit, zog die Tüten wieder in meine Hand und ging die Stufen weiter hoch. Und tatsächlich:

Gegenüber von meiner Wohnung standen einige Kartons im Flur. Andie stand direkt vor meiner Tür und schielte neugierig in die andere Wohnung hinein. Mist. Es war so ruhig auf meiner Etage gewesen. Die Wohnung stand jetzt seit Monaten leer und ich hatte den Luxus genossen, so laut wie nur möglich sein zu können. Denn ein Manko hatte dieses Haus: Es war sehr hellhörig.

Das war auch der Grund, wieso ich mich mit Mrs. Whitaker nicht verstanden hatte. Sie wohnte neben mir, und sang so laut unter der Dusche, dass ich nie zum Schlafen kam. Wenn sie wenigstens Talent gehabt hätte, wäre das ja nicht so schlimm gewesen, aber weder die Stimme, noch die Texte waren korrekt. Und nicht zu vergessen der Gestank, wenn sie versucht hatte, indisch zu kochen.

Jepp, die amerikanischste Mit-Vierzigerin versuchte sich an indischem Essen. Alles was ich in der Zeit im gesamten Haus roch, war Curry.

Bitte, bitte lieber Gott, sorge dafür dass ich wenigstens Schlaf bekomme.

Ich kramte meinen Schlüssel aus meiner Hosentasche, als Andie Jemanden begrüßte. Eine hübsche junge Frau packte sich gerade einen Karton, der noch im Flur stand und sah uns skeptisch an. Sie musterte uns.

»Hey, willkommen im neuen Heim. Ich bin Andie.«

Wie immer grinste meine Schwester freundlich.

»Hi«, begrüßte ich sie und bemerkte selbst, dass meine Stimme ziemlich leise war.

Dann war da aber dieser Blick, mit dem sie uns anstarrte. Der war nicht freundlicher Natur!

»Ihr wohnt hier?«

Nicht mal ein Hallo, Wow. Sie mochte ja echt hübsch sein, aber sie war eine unfreundliche, hübsche Brünette.

Ihr Top war ziemlich eng anliegend, große Brüste, doch einfach zu eng. Die Jeans, ja die Jeans stand ihr. Sie war super schlank, so wie Andie. Beide hätten auch aus einem Katalog entsprungen sein können und man, ich hätte diese Jeans sofort bestellt.

»Susan, bringst du bitte die restlichen Klamotten rein?«

Der Kerl, zu dem die Stimme gehörte, kam an die Tür, sah erst die Brünette an, dann nahm er uns wahr.

Heiliges Kanonenrohr!

Er war also der Kerl, der aus dem dazugehörigen Herrenkatalog gehüpft war.

Er hatte dunkele kurze Haare, ein Hauch von Bartstoppeln umschloss sein tolles, markantes Gesicht. Der Kerl hat intensive Augen, die Farbe konnte ich von hier aus nicht bestimmen, aber sie waren intensiv. Genau diese intensiven Augen musterten erst Andie und dann folgten sie mir. Moment mal, normalerweise mustern die Kerle Andie länger?!

Oh ja, mein neuer Nachbar war heiß. Verboten heiß.Zu heiß.

Er trat näher in den Flur herein. Der Kerl trug ein 08/15 T-Shirt und eine Jogginghose. Praktisch für den Umzug. Er war verboten gut gebaut, das sah ich an seinen Armen. Natürlich, er sah ja auch aus wie ein südländischer Gott. Unfair. Die Welt war einfach nur unfair.

Natürlich war da noch seine genauso heiße Freundin. Nur ihr Outfit passte da gar nicht. Sie trug diese engen Klamotten um ihn zu beeindrucken. Sie können also noch nicht lange zusammen sein. Seit wann versuche ich so etwas zu analysieren?

Vorteilhaft um Kartons zu schleppen, waren die Klamotten jedenfalls nicht. Jetzt hör aber mal auf, Elly!

»Sie wohnen nebenan.«

Seine Freundin sagte es völlig emotionslos und doch hatte ich das Gefühl, als würde da Verachtung in der Tonlage stecken.

»Oh cool. Ich bin Devon. Wohne ab sofort dann wohl neben Euch.«

Hat er gerade gesagt, dass nur ER hier wohnt?

Er hielt Andie die Hand hin, die sie ohne zu zögern annahm.

»Ich bin Andie, aber ich bin nur zu Besuch.«

»Okay?«

Er sah zu mir, ich winkte aber nur kurz, da ich immer noch mit Tüten bepackt war.

»Dann sind WIR wohl Nachbarn. Ich bin Elly.«

Er nickte und sah mich dabei an. Wie ich fand zu lang, aber das konnte auch nur Einbildung gewesen sein.

»Ihr seid Schwestern?«, fragte er uns und zeigte zwischen uns beiden hin und her.

»Schuldig«, rief Andie lautstark und ich verdrehte nur die Augen.

Wir waren uns äußerlich vielleicht ähnlich, aber so verschieden vom Charakter her, dass das jedem sofort auffiel.

Die ganze Zeit waren mir die Blicke seiner Freundin bewusst. Was hatte sie für ein Problem?

»Ich bin Susan«, begrüßte sie uns plötzlich überfreundlich.

Das Lächeln das sie uns schenkte, war unecht, aber gut, egal was sie für ein Problem hat. Ich hatte keines.

»Braucht ihr noch Hilfe?«

Ich war vielleicht nicht der beste Unterhalter, hilfsbereit war ich aber immer noch. Vor allem wenn ich die vielen Kisten hier noch so sah.

»Fünf Minuten in der Wohnung und schon sorgst du für Damenbesuch, Riley! Ich bin begeistert!«

Wir drehten uns zu der Stimme um, und ein echt attraktiver Kerl kam uns entgegen. Anstatt dunkles, wie Devon, trug er kurzes blondes Haar und hatte strahlend blaue Augen. Er trug ein Basecap und war etwas kleiner als Devon. Sein Grinsen war auch anders, spitzbübischer. Als wüsste er genau, was er für eine Wirkung auf andere hatte. Oh ja. Er war schlicht und ergreifend ein Jäger.

»Max, das sind Andie und Elly.«

Devon sagte es eher genervt, als freundlich.

»Freut mich. Ich bin Max.«

Er nickte Andie zu, sah den Ring und blickte mich dann an. Sein Blick folgte meinem Hals und ging dann weiter meinen Körper hinunter. Max checkte mich also ab!

»Willst du nicht die Kisten in die Wohnung bringen?«, sprach Devon ihn scharf an.

»Ich begutachte nur die Gegend, in der du jetzt wohnst. Immerhin hoffe ich ja, öfters meinen guten alten Buddy besuchen zu können.«

Er zwinkerte mir verführerisch zu und ging dann in die Wohnung.

»Sorry.«

Devon rieb sich verlegen seinen Nacken.

»Muss es nicht, unsere Elly hier ist Solo«, verkündete Andie so lautstark, das ich ihr am liebsten vor den Kopf gehauen hätte.

Devon sah mich wieder an, während ich mein Gesicht am liebsten in den Tüten versteckt hätte. Ach, direkt Tüte über den Kopf. Wäre vermutlich besser.

Nur irgendwas in seinem Blick beruhigte und bewegte mich. Meine Haut kribbelte. Gar nicht gut.

»Lass uns weiter machen, Devon. Sonst werden wir nicht rechtzeitig fertig bis Morgen«, beendete seine Freundin diesen einen Moment. Ach was, das war kein Moment!

»Ach ja, die Party.«

Ich drehte mich um, um endlich in meine Wohnung zu kommen.

»Wenn ihr Lust habt, kommt morgen rüber. Ich gebe eine Einweihungsparty.«

»Toll«, kam von meiner Schwester.

»Mitten in der Woche?«, fragte ich und alle Augen sahen mich jetzt an.

»Elly«, fauchte Andie mich so leise an, das auch nur ich das mitbekommen konnte.

»Äh ja«, antwortete Devon und sah mich fragend an.

Super. Nicht nur, dass ich einen heißen Nachbar abbekommen habe, dessen Perle mich angafft als wäre ich Sondermüll, jetzt will er an Tag Zwei seines Einzuges schon mitten in der Woche eine Party steigen lassen. Bravo. Meine Gebete wurden, wie immer, nicht erhört!

»Ich komme gerne«, antwortete Andie begeistert.

»Du weißt schon, das du um Sieben Uhr im Laden stehen musst«, erklärte ich ihr.

Auch wenn ich nie wirklich die Chefin raus hängen lasse, jetzt tue ich es.

»Spießer«, hustete Susan in ihre Hand und Devon schmunzelte daraufhin.

Bleib locker, Elly. Leg dich nicht mit den neuen Nachbarn an, wenn sie gerade einziehen. Du willst nicht schon wieder ein peinliches Schweigen im Hausflur wenn man sich zufällig begegnet. Ach, scheiß drauf.

»Ach Susan? So heißt du doch?«

Sie sah mich fordernd an.

Jepp, mach dir Sorgen das ich dich direkt anrede.

»Ich würde dir raten das nächste Mal bequemere Sachen anzuziehen. Für Größe Zero bist du definitiv zu...«

Ich setze alles auf eine Karte und starrte sie von Kopf bis Fuß an.

»...Ach, das weißt du sicher selbst.«

Dann ging ich in meine Wohnung und verzog mich in die Küche.

»Hat sie das wirklich gerade gesagt?«, hörte ich Max lachen.

Der war doch gar nicht mehr im Flur?!

»Hör auf zu lachen, Max«, fauchte diese Susan im Flur herum.

»Na ja, das Top ist schon ziemlich unvorteilhaft.«

War das Devon? Hat er mir Recht gegeben?

»Schwesterherz?«

Sie schmiss die Tür laut zu und folgte mir dann in die Küche. Ich stellte die Tüten auf den Küchentresen ab und begann alles auszupacken.

»Was war das gerade?«

»Nichts.«

»Nichts?«

Andie setzte sich an meine Kücheninsel und beobachtete mich weiter.

»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, das da wirklich gerade eine Emotion aufgetaucht ist. Ja, ich bin mir sogar sehr sicher dass meine Schwester gerade Miss Busenwunders Ego verletzt hat. Absichtlich!«

»Miss Busenwunder?«, schmunzelte ich und sah sie an.

»Entschuldige mal, aber hast du ihre Titten gesehen?«

Wir beide lachten lautstark.

»Das gefällt mir....«, sprach sie weiter nach dem sie sich beruhigt hatte.

»Was?«, fragte ich sie.

»Das du noch wütend werden kannst.«

Kapitel 2

Liebes Tagebuch, 12.September ´15

meine kleine Schwester wird heiraten. Habs gerade erfahren, und werde es vermutlich nicht so schnell verarbeiten. Ist das nicht gemein? Sie hat Verständnis dafür, dass ich nicht vor Freude in die Luft gesprungen bin. Ich hatte so ein schlechtes Gewissen.

Und doch habe ich es nicht über mich gebracht, das zu tun, was eine gute Schwester tun würde. Eine normale Schwester würde sich sofort mit ihr zusammen setzen, um die Hochzeit zu besprechen. Sie immer wieder umarmen, sich mit freuen.

John ist ein toller Kerl. Er liebt meine Schwester. Und ich liebe sie. Wieso schaff ich das also einfach nicht? Wieso schaffe ich es nicht einfach, meine Liebe zu ihr, über die Trauer zu Sam zu stellen? Sam ... S-A-M. Drei Buchstaben und doch schon so lange nicht mehr geschrieben. Ich weiß nicht mal mehr, wann ich ihn das letzte Mal ausgesprochen habe.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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