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Drei Sennen verbringen den Sommer auf einer einsamen Alp. In ihrer Langeweile basteln sie sich eine weibliche Puppe, die auf einmal lebendig wird und zu sprechen beginnt. Sie ist den drei Männern zu Willen und wird ihnen zugleich immer unheimlicher. Hansjörg Schneiders Dramatisierung der schaurigen Alpensage war 1972 ein Skandal, zog sogar einen Prozess wegen Pornografie nach sich – und hat bis heute nichts von ihrer Sprengkraft eingebüßt.
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Seitenzahl: 145
Hansjörg Schneider
und andere frühe Texte
Mit einem Bericht von Thomas Hürlimann und einem Nachwort von Ulrich Weber
Diogenes
SCHAUSPIEL IN FÜNF BILDERN
BENEDIKT, der Senn
FRIDOLIN, der Zusenn
MANI, der Bub
MARIA, das Sennentuntschi
Ort: eine Sennhütte
Zeit: irgendwann
Zugrunde liegt folgende Sage, die im ganzen deutschsprachigen Alpengebiet bekannt ist: »In der prächtigen, reichgesegneten Blüemlisalp, wo es so milchreiche Kräuter gab, dass sie die Kühe dreimal täglich melken mussten, wurde es den Knechten zu wohl, und im Übermut verfertigte der Senn einen Tunsch und nannte ihn Maria. Dem gaben sie Nidel und Milchreis. Zuerst wollte er nicht, dann fing er an zu fressen, wurde lebendig, und sie konnten ihm nicht genug zu fressen geben, so viel mocht er. Aber reden konnte er nicht. Als sie im Herbst abfahren wollten, sagten Hirt und Zusenn zum Senn: ›Mach du’s mit dem Tunsch aus, du hast ihn gemacht.‹ Er meinte, mit dem wolle er schon fertig werden, und blieb zurück. Als die Älpler beim Alptürli zurückschauten, sahen sie, wie der Tunsch gerade des Senns Haut auf dem Hüttendach ausspreitete.« Zitiert aus Sagen aus Uri, gesammelt von Josef Müller, drei Bände, Basel 1926–1945.
Das Sennentuntschi wurde 1972 im Zürcher Schauspielhaus (Nachtstudio) uraufgeführt. Es wurde von vielen Bühnen nachgespielt, u.a. in Berlin, München, Wien und Paris, und es wurde vom Schweizer Fernsehen in einer eigenen Produktion 1981 aufgezeichnet.
Abend. In der Hütte dämmriges Licht. Mani kocht am Herd Suppe. Über der Hütte leuchtet das Alpenglühen. Benedikt betet den Alpsegen.
BENEDIKT
Har Chuoli zuo Lobä.
All Schritt und Tritt i Gottes Namä lobä.
Und in aller Heiligä Gottes Namä lobä.
Hier auf dieser Alp ist ein goldner Ring,
darin wohnt die lieb Mutter Gottes
mit ihrem herzallerliebsten Kind.
Ave Maria. Ave Maria. Ave Maria.
Jesus. Jesus. Jesus.
O du herzallerliebster Herr Jesus Christ.
Wir bitten dich, behüt uns die Alp
und alles, was dazu gehört und ist.
Das walt Gott und der lieb heilig Sant Anton.
Das walt Gott und der lieb heilig Sant Wendel.
Das walt Gott und der lieb heilig Sant Jakob.
Der woll uns allen zusammen eine gute, glückhaftige Nachtherberg halten.
Das walt Gott und der lieb heilig Sant Josef,
der woll uns zu Trost und Hilf kommen auf dem Todbett.
Das walt Gott und der lieb heilig Sant Galli (Gallus),
und die andern lieben Heiligen und Auserwählten Gottes alli (alle).
Das walt Gott und das lieb heilig Kreuz, amen.
Gelobt sei Jesus Christ. Gelobt sei Jesus Christ. Gelobt sei Jesus Christ.
Das Alpenglühen erlischt. In der Hütte wird es heller. Auftritt Fridolin, der seine Arbeit draußen beendet hat. Er kratzt sich.
MANI Hast du Flöhe?
FRIDOLIN Kommt die Suppe?
MANI Bald. Was will das Wetter?
FRIDOLIN Ich weiß nicht.
MANI Der Stier hat wüst getan heute. Ich glaube, es kommt.
FRIDOLIN Vielleicht.
MANI Es wäre wieder einmal an der Zeit. Hoffentlich verirrt sich kein Rind.
FRIDOLIN Die bleiben bei der Hütte. Übrigens, es waren einmal drei Flöhe, zwei Männchen und ein Weibchen, die wohnten in einem Hosenlatz, wo es schön warm und feucht war.
MANI Du erzählst wieder Scheißdreck. Und dann?
FRIDOLIN Ein Flohmännchen konnte wie verrückt springen, das andere nicht.
MANI Und das Weibchen?
FRIDOLIN Was das Weibchen?
MANI Konnte das Weibchen auch springen?
FRIDOLIN Das Weibchen? Das weiß ich nicht. Das ist auch nicht wichtig in dieser Geschichte. Also, ein Männchen konnte wie verrückt springen, das andere nicht, und einmal an einem schönen Abend …
Auftritt Benedikt, versorgt den Alpsegentrichter.
BENEDIKT Erzählst du wieder eine von deinen verrückten Geschichten?
Fridolin stellt sich vor den Spiegel, versucht sich zu kämmen.
BENEDIKT Was ist, willst du auf den Tanz?
Mani lacht, Fridolin geht beleidigt in die Kammer. Benedikt streichelt Mani.
BENEDIKT Was ist, bist du in Form?
MANI Es geht.
BENEDIKT Heute Nacht?
MANI Ich weiß nicht.
Benedikt setzt sich mit dem Buchhaltungsbuch an den Tisch, schreibt buchstabierend hinein.
BENEDIKT 1 Käse à 39 Kilogramm. Das ist wieder ein Prachtstück. So schöne Brocken haben wir noch nie gehabt. Ich glaube, es läuft gut heuer.
MANI Warum sollte es nicht?
BENEDIKT Man kann nie wissen. Es hat auch schon schlechte Jahre gegeben.
Mani schöpft Suppe.
MANI Fridolin! Das ist das letzte Jahr, dass ich auf der Alp bin.
BENEDIKT So.
MANI Es ist langweilig.
BENEDIKT Soso.
MANI Und ein Stückchen Fleisch hin und wieder würde auch nichts schaden.
BENEDIKT Denkst du wieder an deine Liselotte?
MANI Es nimmt mich wunder, was sie macht unten.
BENEDIKT Die? Um die musst du dir nicht Kummer machen. Die weiß sich schon zu helfen.
MANI Was macht wohl deine Frau unten?
BENEDIKT Denk arbeiten.
MANI Und sonst?
BENEDIKT Was sonst?
MANI Hast du nie Langezeit nach ihr?
BENEDIKT Frag nicht so blöd.
MANI Was ist denn da so blöd dran?
BENEDIKT Fridolin!
Auftritt Fridolin, setzt sich und isst.
FRIDOLIN Wann gibst du mir endlich meine fünf Franken zurück?
BENEDIKT Hast du wieder deinen schlechten Tag erwischt?
FRIDOLIN Gar nichts hab ich. Aber was man schuldig ist, gibt man zurück.
BENEDIKT Du kannst sie ja nicht brauchen hier oben.
FRIDOLIN Morgen geh ich runter, auf den Tanz.
BENEDIKT Bist du wieder bockig?
FRIDOLIN In eurer Gesellschaft vergehts einem.
MANI Willst du noch Suppe?
FRIDOLIN Wenn du mir jetzt nicht endlich meine fünf Franken zurückgibst, so schlage ich dich grün und blau.
BENEDIKT Grün und blau sagst du, soso, grün und blau. Ich gebe sie dir, wenn wir hinuntergehen. Du bekommst sie schon, nur keine Angst.
FRIDOLIN Ich habe jetzt genug!
Blitz und Donner.
MANI Ich glaube, es kommt. Der Stier hat heute ziemlich wüst getan.
Benedikt steht auf, reißt ein Kalenderblatt ab.
BENEDIKT Es geht jetzt noch 16 Tage, dann bin ich wieder unter Menschen.
FRIDOLIN Freust du dich auf deine Frau? Benedikt ab.
FRIDOLIN Jaja, morgen gehe ich runter. Soll ich der Liselotte einen schönen Gruß ausrichten?
MANI Warum? Du triffst sie ja gar nicht.
FRIDOLIN Wenn ich auf den Tanz gehe, so treffe ich sie wohl. Wer weiß, vielleicht tanze ich auch mit ihr.
MANI Die bleibt zu Hause.
FRIDOLIN Bist du sicher?
MANI Wenn ich auf der Alp bin, so bleibt die zu Hause.
FRIDOLIN Die wäre schön blöd.
MANI Von diesen Dingen verstehst du nichts. Die ist nicht wie die andern.
FRIDOLIN So, ist die anders? Was hat die denn zwischen den Beinen? Die ist wie die andern und will hin und wieder etwas zwischen den Beinen haben. Etwas Hartes.
MANI Die ist nicht so.
FRIDOLIN Also, ich lasse sie schön grüßen. Vielleicht frage ich sie auch, ob sie wirklich nicht so ist wie die andern. Ich wette, die ist genau gleich. Vielleicht trifft es sich gut, wer weiß, die Nächte sind ja noch ziemlich warm. Er singt. »Einmal hin, einmal her, rundherum, das ist nicht schwer.« Macht es Benedikt auch so?
MANI Was?
FRIDOLIN Jaja, was wohl. Vielleicht sage ich der Liselotte auch, dass du hinten lieber bist als vorne. Holt Chiantiflasche. Gib mir ein Glas. Er muss das Glas selber holen. So ein großes Loch hat sie, schau mal, so geht das. Er schenkt sich Wein ein, indem er den Flaschenhals ins Glas hineinstellt. Und schau, so ziehe ich ihn dann wieder heraus. Er stellt die Flasche wieder hin. Mani schaut gebannt zu. Und so schlürfe ich dran. Er schlürft am Glas. Hast du gesehen? Hast du gut aufgepasst? Siehst du, von mir kannst du etwas lernen.
Mani weint.
FRIDOLIN Was ist denn? Hör doch auf zu weinen. Sei doch nicht traurig, Benedikt tröstet dich schon.
MANI Hör auf.
Mani flüchtet in die Kammer.
FRIDOLINsingt »Einmal hin, einmal her, rundherum, das ist nicht schwer.«
Er holt Karten, legt sich Patience. Auftritt Benedikt.
BENEDIKT Was hat der Mani?
FRIDOLIN Er hat Langezeit nach seiner Liselotte. Ich glaube, du musst ihn trösten.
Blitz und Donner.
BENEDIKT Ich glaube, es kommt richtig.
FRIDOLIN Lass es kommen, wenn es kommen will.
BENEDIKT Hast du ihn geplagt?
FRIDOLIN Ich habe ihn gefragt, ob ich der Liselotte einen schönen Gruß ausrichten soll.
BENEDIKT Lass ihn in Ruhe, hörst du?
Fridolin pfeift »einmal hin, einmal her«.
BENEDIKT Er ist noch ein Kind.
FRIDOLIN Verführung Minderjähriger, jaja.
BENEDIKT Was ist auch in dich gefahren? Er setzt sich, trinkt auch Wein. Hör mal, du spürst das Wetter.
Blitz und Donner.
BENEDIKT Es stürmt aber auch.
FRIDOLIN Ich hab es gern, wenn es stürmt.
BENEDIKT Es geht jetzt noch 16 Tage. Prost.
FRIDOLIN Was kann ich deiner Frau ausrichten?
BENEDIKT Gehst du sie besuchen?
FRIDOLIN Wer weiß.
BENEDIKT Sag ihr einen schönen Gruß.
FRIDOLIN Und sonst?
BENEDIKT Sie soll Sorge tragen zu sich.
FRIDOLIN Das ist aber schön von dir, dass du dich so um deine Frau kümmerst.
BENEDIKT Sie hat viel zu tun.
FRIDOLIN Jaja, die arme Frau. Arbeiten und arbeiten, und nie ein Vergnügen. Vielleicht geht sie auf den Tanz, wer weiß?
BENEDIKT Vielleicht. Dann triffst du sie bestimmt.
FRIDOLIN Meinst du, die habe Zeit, auf den Tanz zu gehen?
BENEDIKT Wer weiß? Ich würde einmal hingehen. Und richte ihr einen schönen Gruß aus.
FRIDOLIN Ja, das werde ich tun. Und sie soll nicht immer so viel arbeiten und hin und wieder ein bisschen fröhlich sein, oder?
BENEDIKT Natürlich. Sie soll auch hin und wieder ein bisschen fröhlich sein und sich freuen. Die Freude ist nämlich die Hauptsache im Leben. Wenn man keine Freude hat, so ist das Leben sinnlos. Dann ist das Leben nur traurig, und der Herrgott hat auch keine Freude an uns.
FRIDOLIN Jaja, und die Jungfrau Maria auch nicht.
BENEDIKT Jaja.
FRIDOLIN Und Sant Anton auch nicht.
BENEDIKT Auch nicht.
FRIDOLIN Und Sant Wendel auch nicht.
Blitz und Donner.
BENEDIKT Ich glaube, heute kommt es richtig. Ich glaube, ich bete ein Ave Maria. Betest du auch mit?
FRIDOLIN Nein.
BENEDIKT Warum nicht?
FRIDOLIN Ich mag nicht.
Benedikt betet vor einem Kreuz, das an der Wand hängt.
BENEDIKT Gegrüßt seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus. Heilige Maria, Mutter Gottes, bitt für uns arme Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Absterbens, amen.
FRIDOLIN Willst du nicht Mani trösten gehen, der hätte es auch nötig, nicht nur du.
BENEDIKT Jetzt nicht.
Blitz und Donner.
BENEDIKT Wenn nur das Dach hält.
FRIDOLIN Warum sollte es nicht halten? Und wenn es nicht hält, so fliegen wir eben ein bisschen durch die Luft. Ich möchte schon lange ein bisschen fliegen. Du nicht?
BENEDIKT Hör auf zu trinken.
FRIDOLIN Ich trinke, wenn es mir passt.
BENEDIKT Was ist eigentlich los mit dir?
FRIDOLIN Es geht dich einen Dreck an.
BENEDIKT Ich glaube, es ist gut, dass du wieder einmal hinuntergehst. Dann wirst du vielleicht wieder normal.
FRIDOLIN Stört dich etwas? Dann kannst du es mir sagen. Prost, auf deine Frau.
Benedikt ab in die Kammer.
FRIDOLIN Tröste ihn gut!
Fridolin legt Patience. Plötzlich hört man Schritte, die über das Dach hingehen. Fridolin geht auf die Knie, betet in Todesangst.
FRIDOLIN Gegrüßt seist du, Maria, voll der Gnade, bitt für uns, Maria, du voll der Gnade, voll der Gnade, heilige Maria, du Maria, bitt für uns, Maria, du Maria.
Die Schritte hören auf. Auftritt Benedikt.
BENEDIKT Das war er.
Fridolin schweigt.
BENEDIKT Das war er.
Fridolin trinkt. Auftritt Mani.
BENEDIKTzu Mani Komm, hilf beten.
FRIDOLIN Ihr mit eurer Maria.
BENEDIKT Versündige dich nicht.
BENEDIKTundMANIbeten Gegrüßt seist du, Maria usw.
FRIDOLIN Versündigen, hahaha. Ahmt die beiden mit hoher Stimme nach. Heilige Maria, bitt für uns, für Mani, für Benedikt, für Fridolin, bitt vor allem für Fridolin, für den armen, armen Fridolin.
BENEDIKT Hör auf.
FRIDOLIN Er ist längst wieder fort.
BENEDIKT So früh ist er noch gar nie gekommen.
MANI Wer?
BENEDIKT Schweig.
Fridolin schenkt ein.
FRIDOLIN Nehmen wir noch einen. Prost.
MANImacht mit Prost.
BENEDIKT So früh ist er noch gar nie gekommen.
FRIDOLIN Er kommt, wenn es ihm passt, nicht wenn es dir passt. Er kommt zu dir, er kommt dich holen, huuuuu.
BENEDIKT Pass auf, was du sagst.
Fridolin holt eine Gabel, jagt damit Mani durch die Hütte, stellt sich dann drohend vor Benedikt, sodass dieser einen Moment lang wirklich Angst hat.
FRIDOLIN Huuuuu, huuuuu, ich hole dich, ich hole dich, du bist mein. Huuuuu. Ich steche dich mit einer feurigen Gabel, ich steche dich in den Arsch, huuuuu. Dann, die Spannung auflösend. Machen wir einen Jass.
FRIDOLINzu Mani Verteil die Karten.
BENEDIKT Du bist ein Mondkalb.
Blitz und Donner.
BENEDIKT Wenn nur das Dach hält.
MANI Weil es so stürmt?
BENEDIKT Weil es so stürmt.
MANI Das Dach hält doch, es hat noch immer gehalten.
FRIDOLIN Möchtest du nicht einmal ein bisschen durch die Luft fliegen? Bis zur Schrattenfluh hinauf würde er dich vielleicht tragen.
MANI Wie eine Dohle. Krä, krä.
FRIDOLIN Ja, oder noch weiter, wie ein Adler. Schschsch.
BENEDIKT Jetzt hört auf. Das ist nicht zum Spaßen. Er bietet450.
FRIDOLIN O Jehmineh, o Jemineh. 600.
MANI Ich habe wieder mal nichts.
BENEDIKT 620.
FRIDOLIN Sagen wir einmal 650.
BENEDIKT Du hast ja nichts.
FRIDOLIN Soso, ich habe nichts.
BENEDIKT 670.
FRIDOLIN Ich habe gar nichts. Es reicht immerhin für 700.
BENEDIKT Also gut, fall doch auf die Schnauze. Zu Mani Nimm dich zusammen.
FRIDOLIN Da hilft alles Zusammennehmen nichts. 150, und Schilte ist Trumpf, und hier habe ich ein paar Böcke.
BENEDIKT Beim Eid, da ist nichts zu machen.
FRIDOLIN Gar nichts ist da zu machen. Macht genau 400 und 7. Er schreibt und verteilt neu. Jetzt kommt ihr in den Schneider, meine Herrschaften, jetzt hagelt es Trümpfe.
Blitz und Donner.
MANI Hoffentlich kommt der Regen bald.
BENEDIKT Hör nicht hin. Was ist Trumpf? Die verdammten Rosen.
FRIDOLINsummt »Ich habe an einem Ort ein Röslein gesehen, ein Röslein rot und weiß.«
MANI Es heißt »Ich habe an einem Ort ein Blümlein gesehen, ein Blümlein rot und weiß«. Und nicht »Ein Röslein rot und weiß«. Da. Er spielt aus.
FRIDOLINsticht mit Trumpf. Hier habe ich grad noch einmal ein Röslein gesehen, »ein Röslein rot und weiß«. Und was ist wohl das da? Er spielt eine Rose aus. Und das? Spielt wieder eine Rose aus. Und was habe ich hier noch gefunden? Wieder eine Rose.
BENEDIKT Du hast Gopferdammich Weihnachten heute.
FRIDOLIN Weihnachten ist eine schöne Zeit. Prost.
MANI Prost. Zu Benedikt Stößt du nicht an?
BENEDIKT Doch doch, prost.
FRIDOLIN So, jetzt kommen die Böcke. Da, und da, und da, und da.
BENEDIKT Gopferdammich, du hast ein Sauschwein. So, aber der Rest gehört mir.
FRIDOLIN Diesen Bettel kannst du von mir aus haben.
BENEDIKTzählt3, 3, 3, 13, 13, 17, 28, 32, 32. Und der Letzte. Macht 37. Er schreibt. Die Schellenzehn hättest du mir geben können.
MANI Fridolin muss auch einmal etwas haben, gell du, Fridolin.
FRIDOLIN Aber sicher. Jetzt gehts euch an den Kragen. Er schreibt. Macht hundert und zwanzig. Schnäbedibäng, schnäbedibäng, schnäbedibäng bäng bäng, schnäbedibäng schnäbedibäng schnäbedibäng.
MANI Schnäbedibäng. Er haut die Karten zum Abheben auf den Tisch. Prosit Neujahr.
BENEDIKT So kann man ja nicht jassen.
Mani verteilt.
MANI Stramers Heinz hat einmal bis morgens drei gejasst, und immer gewonnen, und als er heimkam, war das Kalb abgegangen. Das hat mir der Emil erzählt.
FRIDOLIN Was? Einfach abgegangen? Wohin ist es denn gegangen?
MANI Gestorben ist es.
FRIDOLIN Einfach gestorben? Er nimmt seine Karten auf, sieht drei Buben. Ei, ei, ei. In seinen letzten vier Karten ist der 4. Bube. Ei.
BENEDIKT Was spielen wir hier?
FRIDOLIN Feierabend, meine Herrschaften, nichts mehr wird gespielt. Er legt die vier Buben auf den Tisch. Ein Bube, zwei Bube, drei Bube, vier Bube. Das macht genau 200, und wenn ich mich nicht ganz gottverdammt täusche, so seid ihr im Schneider. Stimmts? Er schreibt hinten auf die Tafel.
BENEDIKT Gottverdammich, das ist ja grauenhaft, wie du Glück hast. Machen wir noch ein Spiel.
Er mischt die Karten neu. Fridolin schenkt sich den Rest der Flasche ein, die Flasche ist leer.
FRIDOLIN Was, die ist schon leer?
BENEDIKT Das kann noch lustig werden. Zu Mani Hol noch eine.
Mani holt eine neue Flasche.
FRIDOLINredet mit der leeren Flasche. Soso, du bist schon leer. Das ist aber gar nicht schön von dir, gar nicht schön ist das. Du bist eine schlechte Flasche, eine böse Flasche, eine ganz hässliche Flasche bist du, schäm dich. Du musst aber trotzdem einen Kuss haben. Er küsst die Flasche, wiegt sie dann zärtlich in den Armen. »Schlaf, Kindchen, schlaf. Der Vater hütet d’Schaf.«
BENEDIKT Du bist in Form.
Mani bringt eine neue Flasche, schaut gebannt zu.
BENEDIKTzu Mani Gib.
Benedikt, der bis jetzt fast nichts getrunken hat, öffnet die neue Flasche, schenkt sich ein, trinkt schnell, um den Vorsprung der andern einzuholen.
FRIDOLIN Aber du hast ja noch gar keine Augen, du Armes, Armes. Komm, ich mache dir Augen, dann siehst du, wer ich bin. Er schwankt zum Feuerherd, um ihr mit Ruß Augen zu zeichnen. So, und so. Und einen Mund brauchst du auch, einen Mund oder ein Mäulchen, dass du schmusen kannst mit mir. Er zeichnet ihr einen Mund, verküsst sie dann. So, du Schatz, komm jetzt jassen. Du und ich gegen den Rest der Welt. Er setzt sich und stellt die Flasche verkehrt auf den Tisch. So, jetzt gehts los. Er verteilt die Karten.
MANI Soll ich ihr zu trinken geben?
FRIDOLIN Klar, die hat doch Durst, die ist ja ganz trocken, die muss auch etwas zu saufen haben.
Mani gibt ihr zu trinken.
MANI So, Schatz, sauf. Prima machst du das, ganz gut.