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Eine der beliebtesten Sherlock Holmes-Geschichten über ein verschwundenes Rennpferd und dessen getöteten Trainer! Als Sherlock Holmes und Dr. Watson nach Dartmoor reisen, um den Fall zu untersuchen, stoßen sie schon bald auf die Spur – im wahrsten Sinne des Wortes – des erfolgreichen Rennpferdes. Es gibt zwar einen Verdächtigen, aber Sherlock Holmes glaubt an dessen Unschuld. Schritt für Schritt nähert er sich der Wahrheit...-
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Seitenzahl: 48
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Arthur Conan Doyle
Saga
SilberstrahlCopyright © 1892, 2019 Arthur Conan Doyle und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726372410
1. Ebook-Auflage, 2019
Format: EPUB 2.0
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„Mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben, Watson, als hinzugehen“, sagte Holmes eines Morgens zu mir, als wir beim Frühstück sassen.
„So? Wohin denn?“
„Nach Dartmoor — nach Kings Pyland.“
Das überraschte mich nicht; im Gegenteil, ich hatte mich schon gewundert, dass er nicht längst zur Mitarbeit an dem ungewöhnlichen Fall aufgefordert worden war, der in ganz England das Tagesgespräch bildete. Mit gerunzelten Brauen, den Kopf auf die Brust gesenkt, war mein Gefährte einen ganzen Tag lang ruhelos im Zimmer aufund abgegangen, hatte immer wieder den stärksten schwarzen Tabak in seine Pfeife gestopft und war für alle meine Fragen und Bemerkungen stocktaub gewesen. Die neuesten Nummern sämtlicher Tagesblätter überflog er nur mit einem Blick und warf sie dann in den Winkel. Er blieb stumm, aber ich wusste genau, worüber er brütete. Es lag ja nur ein Fall vor, der genug öffentliches Aufsehen erregte, um ihn zu bewegen, die ganze Kraft seines kritischen Scharfsinns aufzubieten, nämlich das seltsame Verschwinden des Rennpferdes, welches die grösste Anwartschaft auf den Ehrenpreis von Wesser gehabt hatte, und die rätselhafte Ermordung des Stallmeisters John Straker. Als Holmes mir daher plötzlich mitteilte, er wolle sich auf den. Schauplatz des Dramas begeben, hatte ich bereits auf diesen Entschluss von seiner Seite gewartet und gehofft.
„Ich würde dich sehr gern begleiten, wenn ich dir nicht im Wege bin“, sagte ich.
„Du würdest mir den grössten Gefallen damit erweisen, lieber Watson, auch wäre es sicher keine Zeitverschwendung; der Fall enthält nämlich so interessante Einzelheiten, dass er wohl in seiner Art einzig dasteht. Wir können, glaube ich, gerade noch einen Zug erreichen, unterwegs will ich dann eingehender mit dir über die Sache reden. Bitte nimm auch deinen Feldstecher mit, wir brauchen ihn vielleicht.“
So sass ich denn etwa eine Stunde später in der Ecke eines Wagens erster Klasse, und während der Bahnzug mit uns nach Exter davonsauste, vergrub Sherlock Holmes sein scharfgeschnittenes, ausdrucksvolles Gesicht in einen Haufen neuer Zeitungen, die er sich am Zeitungsstand des Bahnhofs in Paddington gekauft hatte. Erst als Reading längst hinter uns lag, warf er die letzte Nummer unter den Sitz und holte seine Zigarrentasche heraus.
„Wir fahren rasch“, sagte er, nachdem er einen Blick aus dem Fenster geworfen und auf seine Uhr gesehen hatte, „unsere Fahrgeschwindigkeit beträgt augenblicklich dreiundachtzig und eine halbe Meile in der Stunde.“
„Ich habe mir nicht die Zeit genommen, die Meilensteine zu zählen.“
„Ich auch nicht“, erwiderte er. „Aber die Telegraphenstangen dieser Linie haben einen Abstand von sechzig Metern; da lässt sich’s leicht berechnen. Vermutlich ist dir die Ermordung John Strakers und das Verschwinden von Silberstrahl schon samt allen näheren Umständen bekannt?“
„Was ,Telegraph‘ und ,Chronicle‘ darüber mitteilen, habe ich gelesen.“
„Bei diesem Fall ist es für die Schlussfolgerung wichtiger, die vorhandenen Angaben genau zu untersuchen, als sich nach immer neuen Beweismitteln umzusehen. Das Trauerspiel ist so ungewöhnlicher Art und für eine grosse Anzahl Personen von solcher Tragweite, dass uns die überfülle unbegründeter Annahmen, Mutmassungen und Voraussetzungen zu verwirren droht. Da gilt es vor allem, die nackten Tatsachen, soweit sie unleugbar und bestimmt feststehen, von dem unnützen Beiwerk zu trennen, welches Berichterstatter und Theoretiker hinzugefügt haben. Erst wenn man eine sichere Grundlage gewonnen hat, wird man Schlüsse ziehen und die besonderen Punkte ins Auge fassen können, um welche sich das ganze Geheimnis dreht. Am Dienstag abend bin ich sowohl von Oberst Ross, dem Eigentümer des Pferdes, als auch von Polizeiinspektor Gregory, dem der Fall übergeben wurde, auf telegraphischem Wege um meine Mitarbeit gebeten worden.“
„Am Dienstag abend!“ rief ich. „Und heute ist schon Donnerstag. Warum bist du denn nicht gestern hingefahren?“
„Weil ich mich in einem Irrtum befand, lieber Watson — was leider häufiger vorkommt, als die Leute glauben mögen, die mich aus deinen Aufzeichnungen kennen. Ich hielt es nämlich nicht für möglich, dass das berühmteste Rennpferd Englands lange verborgen bleiben könnte, noch dazu in einer so öden Gegend, wie der Norden von Dartmoor es ist. Von Stunde zu Stunde habe ich gestern auf die Nachricht gewartet, dass man sein Versteck entdeckt hat, und dass der Räuber des Pferdes zugleich John Strakers Mörder ist. Als aber die Zeitungen heute, ausser der Festnahme des jungen Fitzroy Simpson, nichts Neues brachten, da fühlte ich wohl, dass etwas geschehen müsse und es für mich an der Zeit sei, tätig einzugreifen. Trotzdem halte ich auch den gestrigen Tag nicht gerade für verloren.“
„Also hast du dir schon eine Ansicht gebildet?“
„Wenigstens ist mir klar geworden, welches die wesentlichen Tatsachen sind. Ich werde sie dir aufzählen, denn es gibt kein besseres Mittel, Licht über einen Fall zu verbreiten, als wenn man ihn jemand auseinandersetzt; auch kann ich ja nur auf deine Mitwirkung rechnen, wenn ich dir zeige, welchen Standpunkt ich selbst einnehme.“
Ich lehnte mich nun in die Kissen zurück und rauchte meine Zigarre, während Holmes vornübergebeugt dasass, einen kurzen Umriss der Ereignisse entwarf, welche uns zu der Reise veranlasst hatten, und dabei mit dem langen, dünnen Zeigefinger auf der Fläche seiner linken Hand die verschiedenen Punkte beschrieb, die ihm wichtig erschienen.